OGH 4Ob157/99p

OGH4Ob157/99p22.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Trude K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Michael Goriany und Dr. Franz Guggenberger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dieter M*****, vertreten durch Dr. Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, wegen Beseitigung und Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 500.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 23. April 1999, GZ 3 R 215/98d-10, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Wettbewerbsabsicht hat grundsätzlich derjenige zu beweisen, der sie behauptet. Handelt ein Gewerbetreibender im Wettbewerb, dann spricht allerdings schon nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung für Wettbewerbsabsicht; sie kann aber durch einen Gegenbeweis des belangten Verletzers widerlegt werden (4 Ob 40/89). Ein solcher Beweis ist dem Beklagten hier - entgegen seiner im Rechtsmittel vertretenen Ansicht - nicht gelungen. Nach den maßgeblichen Festellungen des Erstgerichts hat der Beklagte Teile der Kundenkartei der Klägerin für seinen eigenen Geschäftsgebrauch kopiert, nachdem er von der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin, seiner Kündigung, dem Verkauf von Filialen der Klägerin und davon erfahren hat, daß die Schließung jener Filiale in Wien 7 bevorstehe, in der er bisher tätig war. Daß er mit guten Gründen habe davon ausgehen können, die Klägerin werde ihre Geschäftstätigkeit überhaupt einstellen, hat der Beklagte hingegen weder behauptet, noch wurde solches als bescheinigt angenommen (die Klägerin führt vielmehr drei Filialen, darunter auch jene in Wien 7, ununterbrochen fort). Das Rekursgericht ist unter diesen Umständen zutreffend vom Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht des Beklagten ausgegangen.

Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist für sich allein

selbst dann noch nicht wettbewerbswidrig, wenn es zielbewußt und

systematisch erfolgt; erst durch Hinzutreten besonderer Umstände, die

den Wettbewerb verfälschen, wie etwa das Beschaffen von Kundenlisten

auf unlautere Weise, das Abwerben von Kunden während des aufrechten

Dienstverhältnisses, das Anschwärzen von Mitbewerbern oder die

Schädigung der Mitbewerber als einziges Ziel, wird ein

wettbewerbsrechtlich verpöntes Verhalten verwirklicht (stRsp ua ÖBl

1993, 13 = WBl 1993, 162 - Nissan-Kundendienst mwN; SZ 59/153 = WBl

1987, 13 = RdW 1987, 132 = ÖBl 1987, 125 - Montagetechnik; ÖBl 1995,

112 - Reinigungsarbeiten trotz Konkurrenzverbots; ÖBl 1997, 158 -

S-Powerfrauen; ÖBl 1998, 22 = MR 1997, 163 = ARD 4935/25/98 - Elektronik Aktuell mwN). Die Rechtsprechung hat die Verwertung von Betriebsgeheimnissen (worunter auch Kundenlisten fallen können: ÖBl 1988, 13 - Tenniskartei) durch ausgeschiedene Dienstnehmer dann nach § 1 UWG geahndet, wenn sich die Dienstnehmer den Zugang zu diesen unbefugt in der Absicht der Verwertung nach Beendigung des Dienstverhältnisses beschafft haben oder wenn sie sich zu diesem Zweck von anvertrauten Unterlagen durch Abschriften oder sonstige Aufzeichnungen die dauernde und sichere Kenntnis gesichert haben (SZ 25/251; SSt 36/65; ÖBl 1988, 13 - Tenniskartei mwN zur Lehre; ZAS 1993/14 [Klicka]; Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3, 325).

Die angefochtene Entscheidung wendet diese Rechtsprechung richtig auf den Einzelfall an, wenn sie das Verhalten des Beklagten, sich die ihm (wenn auch in redlicher Weise) zugekommene Kenntnis der Kundenkartei der Klägerin durch Anfertigung von Kopien dauernd zu sichern und nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu Zwecken des eigenen Geschäftsbetriebes zu verwenden, als sittenwidrig iSd § 1 UWG beurteilt. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte