OGH 9ObA66/03a

OGH9ObA66/03a25.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden (gefährdeten) Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Mathes und Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Mario S*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 36.340,-), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. März 2003, GZ 9 Ra 7/03w-33, womit über Rekurs der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. November 2002, GZ 8 Cga 156/02x-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende (gefährdete) Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Der Beklagte (Gegner der gefährdeten Partei) hat die Kosten seines Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende (gefährdete) Partei (in der Folge: Antragstellerin) betreibt den Handel mit Feuerlöschgeräten und deren Ersatzteilen sowie das Service von Feuerlöschgeräten.

Der Beklagte (Gegner der gefährdeten Partei; in der Folge: Antragsgegner) war bei bei der Antragstellerin vom 1. 4. 1996 bis zum 31. 12. 2001 als Servicemitarbeiter für Tirol und Vorarlberg im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Seine Aufgabe war der Verkauf und das Service von Feuerlöschgeräten bei Kunden.

Das Arbeitsverhältnis endete durch Dienstgeberkündigung.

Der Arbeitsvertrag des Antragsgegners enthielt ua folgende Bestimmungen:

"§ 2

Tätigkeit

Ziffer 2: Geheimhaltung und Ausschließlichkeit:

Der Dienstnehmer ist verpflichtet, seine berufliche Tätigkeit ausschließlich F***** zu widmen und die Interessen der Gesellschaft nach bestem Wissen und Können zu wahren. Er hat alles zu unterlassen, was F***** abträglich sein könnte und haftet gemäß den Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes.

Der Dienstnehmer ist verpflichtet, alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie Betriebs- und Arbeitsmethoden der Gesellschaft geheim zu halten und weder unmittelbar noch mittelbar für sich oder Dritte einen Gebrauch zu ermöglichen. Die Verschwiegenheitspflicht bleibt auch nach einer allfälligen Beendigung des Dienstverhältnisses mit F***** wirksam und bezieht sich die Verschwiegenheitspflicht insbesondere auf den Kundenkreis und die Kundenadressen von F*****. Nach Beendigung des Dienstverhältnisses darf der Dienstnehmer keinesfalls kundenspezifisches know-how oder Kundenadressen für sich oder Dritte verwenden bzw zugänglich machen.

...

§ 6

Zeitlicher Geltungsbereich

Ziffer 3: Konkurrenzverbot und Konkurrenzklausel:

Der Dienstnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen von F***** zu widmen. Die Übertretung des Konkurrenzverbotes stellt einen Entlassungsgrund dar.

Der Dienstnehmer nimmt zur Kenntnis, dass es ihm im Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses ein Jahr lang, jedenfalls aber für die gemäß AngestelltenG jeweils höchstzulässige Zeit untersagt ist, selbständig oder unselbständig, direkt oder indirekt für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu sein. ............ Für den Fall des Zuwiderhandelns verpflichtet sich der Dienstnehmer vorbehaltlich der Geltendmachung eines darüber hinaus gehenden Schadens zur Bezahlung einer Konventionalstrafe in Höhe des letzten vereinbarten Bruttojahresentgelts (incl Provisionen)."

Kaufen Kunden bei der Antragstellerin einen Feuerlöscher, schließen sie in vielen Fällen einen Wartungsvertrag, was ihnen garantiert, dass ihr Feuerlöscher nach zwei Jahren automatisch von einem Mitarbeiter der Antragstellerin kontrolliert und serviciert wird. Die Servicetermine werden bei der Klägerin per Computer erfasst und verwaltet. Pro Monat sind ca 400 Feuerlöscher vom Servicetechniker der Antragstellerin zu warten. Um die Wartungen wahrnehmen zu können, übermittelte die Antragstellerin dem Antragsgegner während des aufrechten Dienstverhältnisses monatlich Aufstellungen mit Namen und Adressen der Kunden sowie den Serviceterminen. Es ist nicht bescheinigt, dass der Antragsgegner diese Listen vernichtet hat. Außerdem hat der Antragsgegner - um ihm die Berechnung und Kontrolle seines Provisionsanspruchs zu ermöglichen - Provisionslisten erhalten, die ebenfalls Namen und Adressen der Kunden sowie die Servicetermine enthielten.

Der Antragsgegner ist seit Anfang 2002 bei einem Konkurrenzunternehmen der Antragstellerin tätig.

Trotz der zur Antragstellerin bestehenden Wartungsverträge sucht er seine bisher von ihm betreuten Kunden auf und bietet - mit oder ohne Aufklärung über seinen neuen Arbeitgeber - die Wartung an. So kam es beispielsweise zu einer Beschwerde eines Kunden, der - als er einen Rechnung vom neuen Arbeitgeber des Antragsgegners erhielt - überrascht und vor vollendete Tatsachen gestellt war. Der Antragsgegner greift im Rahmen seiner Tätigkeit für seinen nunmehrigen Arbeitgeber auf die Aufzeichnungen und das Datenmaterial der Antragstellerin zurück. Diesen Unterlagen entnimmt er insbesondere auch den jeweils zutreffenden Wartungstermin. Er besitzt gegenüber der Antragstellerin einen Wettbewerbsvorteil, weil er deren Kalkulation und Preisgestaltung gut kennt.

Die Antragstellerin erhob gegen den Antragsgegner eine auf Unterlassung gerichtete Klage. Zuletzt begehrte sie, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen a) Kunden, die bisher von der Antragstellerin betreut wurden, abzuwerben, sofern dies auf Kundendaten, insbesondere Daten über Kundennamen, Wartungstermine und Wartungsintervalle, welche von der Antragstellerin herrühren, zurückzuführen ist und b) Kundendaten, insbesondere Daten über Wartungstermine und Wartungsintervalle, zu verwenden, die von der Antragstellerin stammen.

Ferner beantragte die Antragstellerin zur Sicherung dieses Anspruchs die Erlassung einer gleichlautenden einstweiligen Verfügung für die Dauer des über die Klage durchzuführenden Verfahrens.

Die Antragstellerin brachte im Wesentlichen vor, dass der Antragsgegner, dessen Kündigung von ihm selbst verschuldet worden sei, durch seine Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen gegen die vereinbarte Konkurrenzklausel verstoße. Darüber hinaus setze er seine Kenntnisse, Informationen und Aufzeichnungen aus dem Arbeitsverhältnis zur Antragstellerin systematisch und planmäßig ein, um dieser Kunden abzuwerben. Er begebe sich jeweils wenige Wochen vor dem Wartungstermin zu den Kunden und warte deren Feuerlöschgeräte gerade rechtzeitig vor dem Eintreffen von Mitarbeitern der Antragstellerin. Dabei kläre er die Kunden nicht darüber auf, dass er für ein Konkurrenzunternehmen tätig werde. Vielmehr gebe er sich als Mitarbeiter der Antragstellerin aus, sodass die Kunden erst durch die Zusendung der Rechnung des Konkurrenzunternehmens von dessen Einschreiten Kenntnis erlangten. Durch diese irreführenden Praktiken und die Verwendung des "Geheimwissens" der Antragstellerin verstoße er gegen § 1 UWG. Auf diese Weise habe der Antragsteller der Antragsgegnerin bislang mindestens 333 Kunden abgeworben. Die hohe Zahl der betroffenen Kunden zeige, dass er planmäßig und systematisch vorgehe. Es bestehe die Gefahr, dass der Antragstellerin durch den Kundenverlust ein nicht unwesentlicher Schaden entstehe.

Der Antragsgegner beantragte, das Klagebegehren und den Provisorialantrag abzuweisen und brachte im Wesentlichen vor, weder über Unterlagen mit den von der Antragstellerin behaupteten Daten zu verfügen noch sich als Angestellter der Antragstellerin auszugeben. Vielmehr habe er sich stets als Mitarbeiter seines nunmehrigen Arbeitgebers zu erkennen gegeben. Er bestreite auch, ehemalige Kunden der Antragstellerin planmäßig besucht zu haben. Die behauptete Zahl der der Antragstellerin abgeworbenen Kunden sei unrichtig. Selbst wenn einzelne ehemalige Kunden der Antragstellerin heute in Geschäftsbeziehung zu seinem neuen Arbeitgeber stehen sollten, könne dies den Sicherungsantrag nicht rechtfertigen, weil der Antragsteller keine verwerflichen bzw wettbewerbswidrigen Mittel angewendet habe. Die ihm im Arbeitsvertrag überbundene, über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinausreichende Verschwiegenheitspflicht sei knebelnd und daher sittenwidrig. Diese Verpflichtung konkretisiere nur die vereinbarte Konkurrenzklausel.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Antragsgegner mit der planmäßigen Verwendung der Unterlagen der Antragstellerin verwerfliche Mittel angewendet habe. Sein Verhalten sei daher wettbewerbswidrig.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es vertrat folgende Rechtsauffassung:

Eine gegen das UWG verstoßende Handlung liege immer nur bei Verletzung (auch) einer allgemeinen - außervertraglichen - Rechtspflicht vor. Eine Vertragsverletzung sei für sich allein nicht wettbewerbswidrig. Erst das Hinzutreten besonderer Umstände, die den Verstoß nicht mehr als reine Vertragsverletzung, sondern (auch) als Verletzung einer allgemeinen Rechtspflicht erschienen ließen, begründe die Wettbewerbswidrigkeit.

Das bloße - selbst systematische - Abwerben von Kunden sei noch kein Verstoß gegen § 1 UWG. Eine unzulässige Wettbewerbshandlung sei nur dann gegeben, wenn dabei verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt würden. Letzteres sei etwa der Fall, wenn das Abwerben auf Basis von unlauter beschafften Kundenlisten oder durch das Anschwärzen des Mitwerbers erfolge oder wenn die Schädigung des Mitbewerbers das einzige Ziel sei.

Hier habe die zwischen den Streitteilen vereinbarte Konkurrenzklausel ihre Wirkung mit 31. 12. 2002 infolge Zeitablaufs verloren. Sie scheide daher als Grundlage für die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus, sodass nähere Ausführungen über ihre Wirksamkeit entbehrlich seien.

Die Antragstellerin habe sich aber auch auf die Verletzung der nachvertraglich fortwirkenden Geheimhaltungspflicht berufen. Diese Verpflichtung sei nach der Rechtsprechung zulässig; sie gelte nicht als Konkurrenzklausel und unterliege nicht den für letztere geltende Beschränkungen.

Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt habe der Antragsgegner gegen diese Verpflichtung zumindest mehrmals verstoßen.

Nach der Rechtsprechung handle ein Arbeitnehmer, der über den Bruch der Konkurrenzklausel hinaus planmäßig den Wettbewerb seines neuen Arbeitgebers fördere, sittenwidrig. Die planmäßige Förderung des Wettbewerbs setze ein subjektives Unrechtselement voraus, das den Bruch der Konkurrenzklausel unlauter erscheinen lasse. Diese Rechtsprechung sei auch auf die Verletzung einer nachvertraglich wirkenden Geheimhaltungspflicht zu übertragen. Der Bruch einer solchen Verpflichtung sei daher wettbewerbswidrig, wenn damit eine planmäßige Förderung des Wettbewerbs des neuen Arbeitgebers einhergehe.

Ein unlauteres planmäßiges Vorgehen bestehe etwa darin, dass das vertragliche Verbot gerade aus der Überlegung heraus missachtet werde, dadurch gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber einen geschäftlichen Vorsprung zu gewinnen. In diesem Fall erlange die Vertragsverletzung auch einen sittenwidrigen Charakter.

Dass der Antragsgegner in dieser für die Antragsgegnerin beeinträchtigenden Weise seine Geheimhaltungspflicht verletzte, liege im Hinblick auf die vom Erstgericht implizit festgestellte "Vorwegnahme" der periodischen Wartungstermine der Antragstellerin bei zumindest mehreren Kunden auf der Hand. Dieses Vorgehen des Antragsgegners lasse nämlich erkennen, dass er der Antragstellerin systematisch Kunden ausspannen und sie dadurch schädigen wolle. Im Zusammenwirken mit dem Bruch der vertraglich übernommenen Geheimhaltungspflicht überschreite dieses Verhalten die Grenze zwischen dem zulässigen Leistungswettbewerb und dem unerlaubten Behinderungswettbewerb. Auch der Umstand, dass der Antragsgegner gegenüber den Kunden nicht immer offen gelegt habe, für einen neuen Arbeitgeber einzuschreiten, wirke auf eine solche Qualifikation seines Verhaltens hin. Damit erweise sich das Sicherungsbegehren als berechtigt.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, unter welchen Voraussetzungen der Verletzung einer nachvertraglich wirkenden Geheimhaltungspflicht sittenwidriger Charakter zukomme.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Provisorialantrags abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin beantragte, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig. Die von der Antragstellerin zu Recht ins Treffen geführte Entscheidung 8 ObA 122/01a (= RdW 2002,105), in der bereits die wesentlichen Aspekte der hier zu beurteilenden Fragen angesprochen werden, steht dem nicht entgegen, zumal dort die Frage der Verletzung einer nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht nur eines der zur Begründung der Sittenwidrigkeit des Verhaltens des Betroffenen angeführten Argumente war.

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Das Vorbringen des Revisionsrekurswerbers zu seinem Einwand, das Erstgericht habe die Beweise nicht gewürdigt, ist inhaltlich als unzulässige Bekämpfung des von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalts anzusehen. Darauf ist nicht näher einzugehen.

Ebenso wenig bedarf der Einwand der Erörterung, dass die zweite Instanz im Zusammenhang mit den negativen Feststellungen, es könne nicht festgestellt werden, dass der Antragsgegner ihm überlassene Listen vernichtet habe bzw dass er sämtliche Daten auswendig wisse, die Beweislast verkannt habe. Wie der Revisionsrekurswerber selbst erkennt, hat das Erstgericht nämlich ausdrücklich festgestellt, dass der Antragsgegner bei seiner Tätigkeit auf Aufzeichnungen und Datenmaterial der Antragstellerin zurückgreift. Angesichts dieser für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellung kommt es auf die zitierten negativen Feststellungen überhaupt nicht mehr an.

Unberechtigt sind auch die Einwände gegen die Wirksamkeit der vom Antragsgegner im Arbeitsvertrag mit der Antragstellerin übernommenen, über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinausreichenden Verpflichtung zur Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen.

Eine Geheimhaltungsvereinbarung über echte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ist nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine Konkurrenzklausel im Sinn des § 36 AngG und unterliegt nicht deren (insbesondere zeitlichen) Beschränkungen. Ebenso wie das Verbot der Abwerbung von Beschäftigten hindert auch eine Verpflichtung zur Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse den Arbeitnehmer nicht an seiner selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit im Geschäftszweig seines bisherigen Arbeitgebers (SZ 68/87; SZ 69/270). Ein Geschäftserfolg des bisherigen Arbeitnehmers, der sich ausschließlich (oder vorwiegend) darauf gründet, dass er bestimmte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse seines bisherigen Arbeitgebers preisgibt oder verwertet, ist nicht vom Schutzzweck der durch Art 6 StGG gewährleisteten Erwerbsfreiheit erfasst. Die Geheimhaltungsklausel umfasst ganz generell nicht nur den Schutz vor Verrat an Dritte, sondern auch den vor der Benützung der Betriebsgeheimnisse als Mitbewerber (SZ 68/87 mit ausführlicher Darstellung von Lehre und Rechtsprechung; zuletzt 8 ObA 122/01a). Der gegen dieses Ergebnis vorgebrachte Einwand, der Antragsgegner könne bei Einhaltung der von ihm übernommenen Verpflichtungen nie mehr Kunden seines früheren Arbeitgebers ansprechen, ist schon deshalb unberechtigt, weil er den hier ganz Wesentlich ins Gewicht fallenden Umstand außer Acht lässt, dass sich der Antragsgegner bei seinem Verhalten vor allem auf die ihm bekannten Termine der nächsten fälligen Wartung im Rahmen der mit der Antragstellerin bestehenden Wartungsverträge gestützt hat.

Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis liegt vor, wenn die in Frage kommenden Tatsachen oder Vorgänge in einer Beziehung zum Betrieb des Unternehmens stehen und für seine Wettbewerbsfähigkeit Bedeutung haben, wenn sie nur einem eng begrenzten, im Wesentlichen geschlossenen Personenkreis bekannt sein dürfen, dem diese Kenntnis entsprechend der Natur des Geschäftsbetriebes nicht verwehrt werden kann, wenn sie nach dem Willen des Unternehmers geheimgehalten, somit vertraulich behandelt werden sollen und wenn außerdem ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse vorhanden ist (ÖBl 1988, 13; 8 ObA 131/98t; 9 ObA 338/00x; zuletzt 8 ObA 122/01a). Der Geheimhaltungswille des Dienstgebers muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben. Es genügt, dass sich ein durchschnittlicher Beschäftigter über diesen Willen klar sein muss (ÖBl 1988, 13; 8 ObA 122/01a).

Dass es sich bei den hier betroffenen Daten um ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis in diesem Sinn handelt, wird vom Revisionsrekurswerber gar nicht bestritten.

Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist für sich allein auch dann nicht wettbewerbswidrig, wenn es zielbewusst und systematisch (planmäßig) erfolgt (Arb 10.892 uva). Wettbewerbswidrig wird es erst durch Hinzutreten besonderer Umstände, die den Wettbewerb verfälschen. Dies ist dann der Fall, wenn beim Eindringen in den fremden Kundenkreis verwerfliche Mittel (zB Beschaffen von Kundenlisten auf unlautere Weise, Anschwärzen des Mitbewerbers, irreführende Praktiken) angewendet oder damit verwerfliche Ziele (Schädigung des Mitbewerbers als einziges Ziel) verfolgt werden (ÖBl 1993, 13 uva).

Wie der Revisionsrekurswerber selbst einräumt, ist es daher als wettbewerbswidrig zu beurteilen, wenn ein Arbeitnehmer die Kenntnis der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse während des Dienstverhältnisses durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßende eigene Handlung erlangt hat und nach Ende des Dienstverhältnisses diese Geheimnisse zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt verwertet oder an Andere mitteilt (8 ObA 122/01a). Darüber hinaus hat die Rechtsprechung die Verwertung von Betriebsgeheimnissen durch ausgeschiedene Dienstnehmer dann nach § 1 UWG geahndet, wenn sie sich den Zugang zu diesen unbefugt in der Absicht der Verwertung nach Beendigung des Dienstverhältnisses beschafft haben oder wenn sie sich zu diesem Zweck von anvertrauten Unterlagen durch Abschriften oder sonstige Aufzeichnungen die dauernde Kenntnis gesichert haben (ÖBl 1992, 231 mwH). Auch die Verwertung redlich gewonnener Kenntnisse, insbesondere von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen, durch einen früheren Beschäftigten wurde als sittenwidrig erkannt, wenn der ehemalige Angestellte noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses einen inneren Frontwechsel vorgenommen hat, indem er sich nicht mehr als loyaler Mitarbeiter seines Dienstherrn, sondern bereits als dessen künftiger Konkurrent verhalten hat (ÖBl 1988, 13).

Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof in der von der Antragstellerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung zitierten Entscheidung 8 ObA 122/01a die Tatsache, dass der damals beklagte Arbeitnehmer eine von ihm auch für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses übernommene Verpflichtung zur Wahrung von ihm bekannt gewordenen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen verletzt hat, als einen den Wettbewerb verfälschenden Umstand gewertet, der im Sinne der wiedergegebene Rechtsprechung das konkurrenzierende Verhalten des Betroffenen wettbewerbswidrig erscheinen ließ.

Dieser Auffassung ist zu folgen.

Berücksichtigt man ferner, dass der Antragsgegner nicht nur sein Wissen um die Kundendaten und die Termine der fälligen Wartungen - unter Verletzung seiner Geheimhaltungspflicht - verwertet sondern überdies die angesprochenen Kunden ungeachtet der bestehenden (und ihm natürlich bekannten) Wartungsverträge mit der Antragstellerin für seinen neuen Arbeitgeber angesprochen hat, wobei er in zumindest mehreren Fällen sein Einschreiten für den neuen Arbeitgeber nicht offen legte, erweist sich die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, sein Verhalten sei wettbewerbswidrig, jedenfalls als zutreffend.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO bzw auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte