BVwG W123 2133357-1

BVwGW123 2133357-112.9.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W123.2133357.1.00

 

Spruch:

W123 2133357-1/21E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2016, ZI 1059498801/150351400, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 18.08.2017 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. In seiner Erstbefragung am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Afghanistan verlassen habe, da Feinde seines Vaters erfahren hätten, dass der Beschwerdeführer noch am Leben sei. Seine Eltern seien vor neun Jahren von diesen Leuten umgebracht worden; den Grund dafür könne der Beschwerdeführer nicht angeben. Die Feinde hätten von der Existenz des Beschwerdeführers erfahren und beabsichtigt, den Beschwerdeführer umzubringen.

 

3. Im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 28.07.2016 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen erneut befragt ua Folgendes wortwörtlich an:

 

"[ ]

 

LA: Sie haben nunmehr die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat zu schildern. Bitte schildern Sie möglichst lebensnahe, also konkret und mit sämtlichen Details, sodass auch unbeteiligte Personen Ihre Darstellung nachvollziehen können.

 

VP: Meine Probleme soll ich erzählen, die in Afghanistan hatte?

 

LA: Ja!

 

VP: Anfänglich hatte ich keine Probleme. Ich besuchte die Schule. Hatte ein glückliches Leben. Wegen meinen Freunden geriet ich auf den falschen Weg. Sie sagten ich solle in da Madrassa gehen, ich dachte, dass dies ein Ort ist, wo man vieles lernt. Es war aber nicht so. Dort waren Gruppierungen, die Taliban so wie auch die Daesh. Ich ging dorthin. Die Taliban gaben mir Geld und auch Kleidung. Sie sagten wir sollen gegen die Amerikaner Jihad betreiben. Sie gaben uns Geld und haben auch Waffen gelehrt. Ich war vier Tage dort, danach kam ich nach Hause zu meinem Onkel. Ich erzählte ihm welchen Unterricht ich dort bekomme. Mein Onkel hat mich geschlagen. Er sagte mir ich hätte dorthin nicht gehen dürfen, es sei ein gefährlicher Ort. Er sagte, ich darf nicht mehr dorthin gehen. Ich ging dann nicht mehr in diese Madrassa. Ein Freund von mir hat mich zu dieser Madrassa gebracht, über den haben die Taliban ausrichten lassen, warum ich nicht mehr in die Madrassa gehe. Ich sagte dem Freund, dass ich wegen meinem Onkel nicht mehr dorthin gehe. Ich war dann zu Hause, ich ging nicht einmal mehr zur Schule. Die Taliban haben diesen Zettel in unser Haus geworfen. Sie wollten, dass ich mich ihnen anschließe. Ich wollte nicht zu den Taliban. Kennen Sie Mazar? Ich ging dann dorthin, um dort zu leben. Jedoch war es dort sehr problematisch. Nach drei Tagen kam ich wieder zu meinem Onkel nach Hause. Er sagte, es ist sehr schwierig für mich hier weiter zu leben, ich solle hier weggehen und Richtung Iran reisen. Ich ging dann in den Iran und wollte dort leben. Die Polizei belästigt die Afghanen. Afghanen werden dort geschlagen und die Einheimischen behandeln die Afghanen schlecht. Dann ging ich in die Türkei und weiter in Richtung Österreich.

 

LA: Haben Sie dem Vorbringen zur Gefährdungslage etwas hinzuzufügen? Haben Sie noch Details Ihrer Schilderung hinzuzufügen?

 

VP: Nein, das wars.

 

[ ]"

 

4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

 

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer keine aktuelle und konkrete Verfolgung aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Gründe drohe sowie, dass im gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte hervorgekommen seien, aufgrund derer darauf zu schließen sei, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan einem erhöhten Gefährdungsrisiko in Hinblick auf die Verletzung einer Art. 2 bzw. Art. 3 EMRK bzw. der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein werde. Die Ausweisungsentscheidung gemäß Spruchpunkt III. wurde mit einer zu Lasten des Beschwerdeführers ausgehenden Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK begründet.

 

5. Gegen den obgenannten Bescheid der belangten Behörde richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 08.08.2016, in welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wurden, mit dem Begehren dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. in eventu jenen eines subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zuzuerkennen bzw. in eventu dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen bzw. in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Zudem wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausführungen in der Beweiswürdigung zum großen Teil Spekulationen und Interpretationen seitens der belangten Behörde seien. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers sei daher asylrelevant. Hätte die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt richtig beurteilt, hätte diese dem Beschwerdeführer aufgrund der gefährlichen Situation für ihn in Afghanistan zumindest den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen.

 

6. Am 18.08.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

 

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung nahm der Beschwerdeführer insbesondere zu seiner Herkunft und seiner Familie Stellung. Zu seinen Fluchtgründen erneut befragt, gab er ua Folgendes wortwörtlich an:

 

"[ ]

 

R: Erzählen Sie, warum Sie geflohen sind.

 

BF: Ich kann mich wortwörtlich daran erinnern, was ich beim BFA gesagt habe. Ich möchte gerne zum Fluchtgrund, den ich beim BFA geschildert habe, Folgendes ergänzen: Als ich aus Mazar nach XXXX gekommen bin, habe ich die Bestätigung der Taliban bekommen, ich glaube das im Protokoll steht, dass dies vor meiner Flucht aus Mazar-e Sharif geschehen ist.

 

R: Seit wann kennen Sie den von Ihnen angegebenen Freund XXXX?

 

BF korrigiert: XXXX, Sohn von XXXX. Während meines Aufenthaltes in XXXX, habe ich ihn kennengelernt und wir haben uns seit fünf oder sechs Jahren gekannt.

 

[ ]"

 

7. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 01.09.2017 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der ausgehändigten Länderberichte die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgeschlossen sei, weil keine Aussagen betreffend die Situation von jungen männlichen Tadschiken, die in einer Madrassa der Taliban rekrutiert worden seien, vorhanden seien.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

 

1.1. Feststellungen zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist volljährig, nennt sich XXXX und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Der Beschwerdeführer stammt ursprünglich aus der Provinz Parwan/Distrikt XXXX/Dorf XXXX, jedoch zog die Familie des Beschwerdeführers nach dessen siebten Lebensjahr in die Provinz Baghlan/Stadt XXXX. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben und der Beschwerdeführer war in weiterer Folge bei seinem Onkel mütterlicherseits wohnhaft. Der Beschwerdeführer war auch – ohne Bedrohungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen zu sein – drei Tage in Mazar-e Sharif aufhältig.

 

Sein Onkel mütterlicherseits und seine Tante väterlicherseits leben derzeit in XXXX. Weiters hat der Beschwerdeführer Verwandte (Cousins väterlicherseits) in seinem Heimatdorf.

 

Der Beschwerdeführer besuchte in Afghanistan neun Jahre die Grundschule und arbeitete als KfZ-Mechaniker.

 

Sein Onkel mütterlicherseits lebt in Afghanistan in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, hatte keine Geldsorgen und unterstützte den Beschwerdeführer auch in finanzieller Hinsicht. Es ist diesem daher möglich, den Beschwerdeführer bei dessen Rückkehr nach Afghanistan durch Überweisungen finanziell zu unterstützen.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu 154 Hv 3/2017s vom 28.02.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 2a

2. Fall SMG, § 15 StGB sowie § 27 Abs. 2a 1. Fall SMG sowie § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten verurteilt. Dieses Urteil erwuchs mit 04.03.2017 in Rechtskraft.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt zu 046 Hv 7/2017b vom 08.06.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten verurteilt. Dieses Urteil erwuchs am 08.06.2017 in Rechtskraft.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund und hat in Österreich bis auf einen Cousin väterlicherseits keine Familienangehörigen. Er ist in ein Mädchen verliebt. Er verfügt kaum über Deutschkenntnisse, geht derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nach und verfügt über keine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer hat in Österreich einen kleinen Freundeskreis.

 

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.

 

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

 

1.2.1. Staatendokumentation (Stand 02.03.2017):

 

Kabul

 

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

 

Distrikt Kabul

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

21

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

18

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

50

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

31

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

28

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

151

  

 

(EASO 11.2016)

 

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Provinz Kabul

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

5

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

89

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

30

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

36

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

1

Andere Vorfälle

0

Insgesamt

161

  

 

(EASO 11.2016)

 

Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

 

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

 

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erhaltungskosten in Kabul

 

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

 

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

 

Balkh

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

30

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

81

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

26

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

70

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

18

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

226

  

 

Im Zeitraum 1.1. –

31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

 

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

 

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

 

High-profile Angriff:

 

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

 

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.2.2. Auszug Gutachten des länderkundigen Sachverständigen Dr. XXXX vom 03.01.2017 zur Versorgungs- und Sicherheitslage:

 

Personen, die nicht aus der Provinz Kabul stammen, können außerhalb der Stadt Kabul kaum Fußfassen, weil sie dort keine Arbeit finden und auch keine Geschäfte gründen. Außerhalb der Großstädte werden die Fremdlinge kaum von der einheimischen Bevölkerung akzeptiert und sie können sich dort nicht niederlassen. Nur in Großstädten, wie Kabul, Mazar-e Sharif, Bamiyan, Herat, Kandahar und Jalalabad könnten auch Fremdlingen sich niederlassen.

 

Die Sicherheitslage in Kabul, in Mazar-e Sharif, in Herat, in Jalalabad und in Bamiyan ist relativ sicher. Außerhalb Jalalabad in der Provinz Nangarhar, in Kandahar, Helmand, Faryab, in Teilen Badakhshans, Maidan Wardak, Logar und Takhar ist die Sicherheitslage sehr prekär. Die Taliban greifen nur staatliche und ausländische Stellen sporadisch in Kabul an. Es wird in der Woche, nach meiner Schätzung, von einem Anschlag in einem Teil der Stadt Kabul gemeldet. Aber diese Anschläge gelten nicht gegen die Zivilisten. Allerdings können die Zivilisten auch von diesen Anschlägen betroffen sein, wenn sie zufällig in der Nähe des Anschlages der den Ausländern oder der Armee gilt, sich befinden.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.

 

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zu Identität, Sprachkenntnissen, Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde, in dem Beschwerdeschriftsatz und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

 

Die Feststellungen bezüglich der zwei rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers basieren auf der Einsichtnahme in die Strafregisterauskunft.

 

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen ist, wie bereits die belangte Behörde feststellte, als nicht glaubhaft zu qualifizieren.

Dies aufgrund nachstehender Erwägungen:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass es für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer ohne die Erlaubnis seines Onkels die Madrassa aufgesucht und nicht zuvor dessen Einverständnis eingeholt haben soll (vgl. Seite 7 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: Und Ihrem Onkel ist es nicht aufgefallen, dass Sie auf einmal mehrere Tage nicht zu Hause sind? – BF: Mein Onkel war arbeiten und ich hatte nicht die Gelegenheit, ihm zu erzählen, was ich vorhabe. Ich habe überlegt, wenn ich zurückkomme, ihm alles erzählen werde. Als ich dann schließlich wieder nach Hause gekommen bin, habe ich ihm berichtet, dass es sich bei dieser Madrassa um eine Schule der Taliban handelt und dass nun mein Name dort registriert ist. Er wurde dann böse auf mich und hat mich sogar geschlagen."), wenn doch der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben seinem Onkel zu gehorchen gehabt habe, diesem nicht widersprechen habe dürfen und sein Onkel den Beschwerdeführer schlussendlich auch gezwungen habe, Afghanistan zu verlassen (vgl. AS 181, arg. "LA: Hat er das gesagt direkt nachdem Sie zurück kamen? – VP: Eine weitere Woche blieb ich noch bei meinem Onkel. Ich wollte nicht aus Afghanistan weggehen, aber mein Onkel hat mich gezwungen. – LA: Wie hat Ihr Onkel Sie gezwungen? – VP: Ich konnte ihm nicht widersprechen. – LA: Warum nicht? – VP: Meine Eltern sind verstorben und er hat mich groß gezogen. Er ist wie ein Vater und eine Mutter zu mir und es zählt was er sagt."). Zudem ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer während dieses drei- bis viertätigen Aufenthaltes in der Madrassa seinem Onkel nicht abgegangen sein soll, wenn er doch immer bei seinem Onkel übernachtet habe.

 

Überdies besteht hinsichtlich des behandelten Lehrstoffes während des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in der Madrassa ein Widerspruch hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers:

 

Zu Beginn der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer an, dass der Lehrer in der Madrassa nichts Konkretes von den Schülern verlangt habe (vgl. Seite 9 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: Hat dieser Talib von Ihnen bzw. von den anderen Schülern konkret etwas verlangt? – BF: Nein. Ich war nur drei oder vier Tage dort und in dieser Zeit wurden wir in Kriegsführung/Kampfführung unterrichtet. Als ich nach Hause gekommen bin und meinem Onkel davon erzählt habe, wurde er böse auf mich und er hat mich bedroht."), jedoch führte der Beschwerdeführer im weiteren Verlauf der Einvernahme aus, dass die Schüler aufgefordert worden seien, sich gegen die Amerikaner zu stellen (vgl. Seite 9 des Verhandlungsprotokolls, arg. "BF: [ ] Auch während der drei oder vier Tage Unterricht in der Madrassa, wurde uns gesagt, dass wir verpflichtet sind, gegen die Amerikaner Jihad zu machen und dass wir uns und unser Land verteidigen müssen.").

 

Des Weiteren ist für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht ersichtlich, warum die Taliban ausgerechnet am Beschwerdeführer so ein großes Interesse gehabt haben sollen, da der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt im Verfahren vorbrachte, eine politisch exponierte Person zu sein.

 

Schlussendlich erscheint es für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan lediglich aufgrund eines drei- bis viertätigen Aufenthaltes Ende 2014 in der Madrassa bei einer dortigen Anwesenheit von 70-100 Schülern noch Verfolgungshandlungen bzw. Bedrohungssituationen im Jahre 2017 ausgesetzt sein soll (vgl. Seite 6 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: Wann sind Sie mit ihm das erste Mal in die Madrassa gegangen? – BF: Das erste Mal bin ich Ende 2014, ich glaube, dass es ungefähr der zehnte Monat war, in die Madrassa gegangen. [ ] – R: Haben Sie dort in die drei, vier Tagen geschlafen oder waren Sie in der Zwischenzeit bei Ihrem Onkel? – BF:

Ja, ich habe dort geschlafen und die ganze Zeit dort verbracht."), zumal sich die vorgebrachte Verfolgungs- bzw. Bedrohungsgefahr lediglich auf Mutmaßungen und allgemeine Behauptungen des Beschwerdeführers stützt (vgl. Seite 11 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: Dass, was Sie soeben geschildert haben, sind allgemeine Befürchtungen zu Afghanistan bzw. generelle Gefährdungssituationen, die theoretisch jedem drohen könnten, Sie machen aber damit kein individuelles Bedrohungsszenario geltend, was sagen Sie dazu? – BF:

Ich befürchte, dass ich in Afghanistan Probleme mit den Taliban bekommen könnte. Es besteht die Möglichkeit, das ich von ihnen erneut gewarnt werde, sie mich mitnehmen und vielleicht sogar töten. Das Leben in Afghanistan ist wie ein Glückspiel, es kann sein, dass man den Taliban entkommt und dort ohne Probleme leben kann, es besteht aber die Möglichkeit, von ihnen gefasst zu werden und im Krieg eingesetzt zu werden.") und der Beschwerdeführer weder die prinzipiellen Zwecke der Taliban vereitelte bzw. in besonderem Maß gegen die Interessen der Taliban verstieß oder ihnen maßgebliche Schäden zufügte.

 

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher zum Ergebnis, dass die gesamten Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubhaft sind. Das Fluchtvorbringen erfüllt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes in seiner Gesamtheit somit nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl.

 

2.3. Zum Herkunftsstaat:

 

Es wurde vor allem Einsicht genommen in folgende Erkenntnisquelle des Herkunftsstaates der Beschwerdeführerin:

 

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017; Kabul, Balkh, Erhaltungskosten in Kabul

 

* Gutachten Dr. XXXX vom 03.01.2017 zur aktuellen politischen Lage in Afghanistan

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquelle sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Ausführungen zu zweifeln.

 

3. Rechtliche Beurteilung: 3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

 

§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse") regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

 

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

[ ]"

 

Zu Spruchpunkt A)

 

1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

 

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Der Beschwerdeführer brachte als fluchtauslösendes Ereignis im Wesentlichen vor, dass er aufgrund eines drei- bis viertätigen Besuches in der Madrassa im Jahre 2017 in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt sein soll.

 

3.3. Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

 

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH vom 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH vom 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 28.05.2009, 2007/19/1248; 23.01.1997, 95/20/0303) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

 

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Beweiswürdigung).

 

Abgesehen davon, bestünde aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif oder in Kabul, da der Beschwerdeführer jung und gesund, ist Berufserfahrung als KfZ-Mechaniker hat und nicht davon auszugehen ist, dass die Taliban den Beschwerdeführer aufgrund dessen drei- bis viertätigen Besuches in einer Madrassa im Jahr 2014 derzeit noch suchen bzw. finden würden, zumal der Beschwerdeführer selbst einräumte, während seines Aufenthaltes in Mazar-e Sharif keinen Bedrohungen ausgesetzt gewesen zu sein (vgl. Seite 10 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: Gab es während Ihres Aufenthaltes in Mazar-e Sharif irgendwelche Bedrohungen gegen Sie? – BF: Nein, ich bin nicht bedroht worden. Im Stadtzentrum war die Sicherheit etwas besser, als außerhalb der Stadt. Dort gab es eine Militärbasis der Deutschen, soweit ich weiß, gab es auch einen Anschlag auf das indische Konsulat.").

 

3.4. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert und die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl daher nicht gegeben sind. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. das angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

 

2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

3.5. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 leg.cit. mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 leg.cit. oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 leg.cit. zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 leg.cit. offen steht.

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 leg.cit. oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 leg.cit. abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. ua VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. ua VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

 

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (vgl. VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (vgl. ua VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).

 

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, 30240/96, D. v. United Kingdom; 06.02.2001, 44599/98, Bensaid v. Sweden; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, 30240/96, D. v. United Kingdom;

vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453;

09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059).

 

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).

 

3.6. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

 

Der Beschwerdeführer stammt ursprünglich aus der Provinz Baghlan. Nach den Länderinformationen ist diese strategisch gelegene Provinz von Infiltration durch den sogenannten Islamischen Staat und von Kämpfen der Regierungstruppen mit lokalen regierungsfeindlichen Truppen betroffen und zählt zu den relativ volatilen Provinzen Nordafghanistans; die Taliban sind in einer Anzahl von abgelegenen Bezirken aktiv.

 

Vom Bundesverwaltungsgericht wird nicht verkannt, dass die Provinz des Beschwerdeführers, in welcher dieser sich die letzten Jahre aufhielt, daher als "unsichere" Provinz zu qualifizieren ist. Jedoch besteht für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative für die Stadt bzw. die Provinz Kabul und für die Provinz Mazar-e Sharif. Dies aus nachfolgenden Erwägungen:

 

Zunächst ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in der das Höchstgericht Folgendes festhielt (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063):

 

"Vor dem Hintergrund der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach es sich bei dem Mitbeteiligten um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, lässt das angefochtene Erkenntnis auch eine ausreichende Beschäftigung mit dem der innerstaatlichen Fluchtalternative innewohnenden Zumutbarkeitskalkül vermissen, welches nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Mitbeteiligten in Kabul erfordert hätte (vgl. das ebenfalls zu Kabul ergangene hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2016, Ra 2015/20/0233). Dass der Mitbeteiligte in diesem Zusammenhang bisher keine Berufserfahrung habe und nicht über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul verfüge, reicht am Boden der bisherigen Feststellungen zur Situation in Kabul für die Annahme der Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht aus (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; siehe dazu auch jüngst VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016)."

 

Was die Sicherheitslage im Raum Kabul betrifft, ist davon ausgehen, dass in der Hauptstadt Kabul die Sicherheitslage durch die ANSF trotz einzelner medienwirksamer Anschläge und häufigen Hinweisen auf Anschlagsplanungen unverändert überwiegend kontrollierbar ist. Auch geht aus dem in den Sachverhaltsfeststellungen herangezogenen Berichten nicht hervor, dass jedermann, der sich in Afghanistan, vor allem in den großen Städten, die sich in der Hand der Regierung befinden, aufhält, ein reales Risiko einer Verletzung nach Art. 2 und/oder 3 EMRK trifft. Zwar mag auch in den Städten, die sich in Regierungshand befinden, etwa in Kabul, die Sicherheitssituation angespannt, aber nicht so schlecht sein, dass sich eine solche Annahme rechtfertigen ließe. Nach den Berichten funktioniert in Kabul und auch in den anderen großen Städten zudem die Polizei und kann für Sicherheit sorgen. Eine Situation, in der jedermann gefährdet wäre, eine Verletzung der genannten relevanten Rechte zu erleiden, liegt in gesamt Afghanistan, insbesondere mit Blick auf Kabul, daher jedenfalls ebenso wenig vor, wie das reale Risiko, dass der Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre. Zudem verfügt Kabul über eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit dem Bestehen eines Flughafens, der für den zivilen Flugverkehr geeignet ist. Auch aus dem (aktuellen) Gutachten des länderkundigen Sachverständigen Dr. XXXX geht hervor, dass die Stadt Kabul "relativ sicher" ist.

 

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung als KfZ-Mechaniker. Es ist daher anzunehmen, dass er in Kabul und/oder in Mazar-e Sharif in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und somit nicht in eine hoffnungslose Lage kommen wird. Überdies geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass von den in seinem Heimatort aufhältigen Familienangehörigen (seine Cousins väterlicherseits) und von den in XXXX wohnhaften Familienangehörigen (seine Tante väterlicherseits und sein Onkel mütterlicherseits) zu erwarten ist, dass dem Beschwerdeführer durch diese eine ausreichende Unterstützung zuteil wird (beispielsweise durch Überweisungen), zumal es dem Onkel des Beschwerdeführers wirtschaftlich gut ging, dieser gelernter KfZ-Mechaniker war und keine Geldprobleme bestanden (vgl. Seite 12 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: War die finanzielle Lage Ihres Onkels gut? – BF: Sowohl meinem Onkel als auch meinem Vater ging es wirtschaftlich gut, wir hatten keine Geldprobleme, wir besitzen auch landwirtschaftliche Grundstücke.") sowie der Onkel des Beschwerdeführers diesen bereits während dessen Aufenthaltes in Afghanistan unterstützte (vgl. Seite 10 des Verhandlungsprotokolls, arg. "R: Sind Sie alleine nach Mazar-e Sharif gegangen? Wer hat diese Reise finanziert? – BF: Ich bin alleine gefahren, ich habe selbst als Mechaniker gearbeitet und hatte Geld, ich wurde auch von meinem Onkel unterstützt.").

 

Zudem wird im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation davon ausgegangen, dass in Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung stehen. Dem Beschwerdeführer wäre eine Ansiedelung in Kabul auch ohne vorhandene soziale Kontakte in Kabul möglich, da er bereits in der Provinz Baghlan als KfZ-Mechaniker arbeitete und damit nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer in eine hoffnungslose Lage geraden wird.

 

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein werde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; VwGH 20.06.2002, 2002/18/0028). Wie der EGMR in seinem Urteil vom 20.07.2010, N. v. Sweden, 23505/09, Rz 52, ausführte, stellt sich die Lage in Afghanistan trotz der verfügbaren Berichte über ernste Menschenrechtsverletzungen jedenfalls nicht so dar, dass gleichsam jede Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, sondern es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob aufgrund der persönlichen Situation des Betroffenen die Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde.

 

Aufgrund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden. Weder droht dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

 

3.7. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit April 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

3.8. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR 27.10.1994, 18535/91, Kroon and others v. The Netherlands, Z 30; EGMR 22.04.1997, 21.830/93, X,Y and Z v. United Kingdom, Z 36)

 

Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Latvia). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.

 

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479).

 

3.9. Der Beschwerdeführer ist zum Aufenthalt in Österreich nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus sind keine Hinweise für eine ausreichend intensive Beziehung zu allfälligen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen oder ihm sonst besonders nahestehende Personen hervorgekommen, zumal die Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Afghanistan leben. Der Beschwerdeführer verfügt auch über keine nennenswerten sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich.

 

In Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhält (April 2015), kann selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale – wie etwa einfache Deutschkenntnisse – eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" noch nicht angenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, 2008/21/0533; VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, 2007/18/0305), zu geben ist.

 

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner geregelten Arbeit nach und verfügt weder über eine Einstellungszusage noch über ein ÖSD Zertifikat; er konnte somit noch keine guten Deutschkenntnisse vorweisen. Zudem hat der Beschwerdeführer in Österreich zwei Vorstrafen (siehe Feststellungen).

 

Es ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach

 

§ 55 AsylG 2005 nicht gegeben.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Wie bereits oben ausgeführt sieht auch der EGMR in seiner jüngsten Rechtsprechung die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art 3 EMRK verstoßen würde.

 

3.10. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg.cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit zwei Wochen festgelegt worden.

 

Zu Spruchpunkt B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte