BVwG W115 1424709-1

BVwGW115 1424709-111.1.2016

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W115.1424709.1.00

 

Spruch:

W115 1424709-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx und Rechtsanwalt Dr. Lennart BINDER, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX

A)

beschlossen:

Das Verfahren über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG idgF eingestellt.

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

II. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 idgF wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 11.01.2017 erteilt.

III. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1. Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er am XXXX geboren sei und in Afghanistan bis zu seiner Ausreise in XXXX, im Stadtteil XXXX gelebt habe. Vor ca. 25 Tagen habe er Afghanistan schlepperunterstützt verlassen. Versteckt in Fahrzeugen sei er durch ihm unbekannte Länder bis nach Österreich gebracht worden. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater vor ca. sieben Monaten aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten getötet worden wäre. Nach einer Anzeige bei der Polizei seien die Personen, die seinen Vater getötet hätten, zum Beschwerdeführer nachhause gekommen und hätten auch ihn töten wollen. Er habe aber fliehen können und habe daraufhin das Land verlassen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan habe er Angst getötet zu werden. Befragt nach seinen weiteren Familienmitgliedern gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht wisse, wo sich seine Mutter und seine beiden jüngeren Geschwister (Bruder und Schwester) im Moment aufhalten würden.

1.2. Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer.

1.3. Im Verlauf seiner niederschriftlichen Einvernahme im Zulassungsverfahren vor dem Bundesasylamt (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA], im Folgenden belangte Behörde genannt) am XXXX brachte der Beschwerdeführer im Beisein eines Rechtsberaters als gesetzlichen Vertreter und eines Dolmetschers für die Sprache Dari hinsichtlich seines Geburtsjahres ergänzend zusammengefasst vor, dass er annehme, dass er 16 Jahre alt sei. Er sei im Monat XXXX geboren. Dies hätte ihm seine Mutter aufgeschrieben. Befragt, ob er Dokumente hinsichtlich seines Alters vorlegen könne, antwortete der Beschwerdeführer, dass er dies nicht könne, da er zu seiner Mutter keinen Kontakt mehr habe.

1.4. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers veranlasste die belangte Behörde eine sachverständige medizinische multifaktorielle Altersschätzung.

1.5. In weiterer Folge wurden ein Röntgenbefund der linken Hand, eine Computertomographie der brustbeinnahmen Schlüsselbeinregion inkl. Befund, ein Panoramaröntgen des Gebisses sowie eine zahnärztliche Untersuchung inkl. Befund angefertigt sowie eine Anamnese und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. In der Folge kam der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige zu dem Schluss, dass beim Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt ein Mindestalter von XXXX Jahren vorlag. Das vom Beschwerdeführer angegebene Alter sei mit der erhobenen Befundlage nicht vereinbar. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der Beschwerdeführer mindestens 18 Jahre alt gewesen.

1.6. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer von einem Organ der belangten Behörde im Beisein eines Rechtsberaters als gesetzlichen Vertreter und in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari erneut einvernommen. Dabei wurde dem Beschwerdeführer im Wesentlichen das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung zur Altersfeststellung vorgehalten, woraufhin er erklärte, dass er mit dem Gutachten nicht einverstanden sei. Seine Eltern hätten ihm gesagt wie alt er sei. Von Seiten des Rechtsberaters als gesetzlichen Vertreter wurde keine Stellungnahme zum eingeholten Gutachten erstattet. Daraufhin wurde von der belangten Behörde mit Verfahrensanordnung die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt und der gesetzliche Vertreter von seiner Funktion entbunden. Der gesetzliche Vertreter nahm dies zur Kenntnis.

1.7. Nach Zulassung des Verfahrens durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte wurde der Beschwerdeführer am XXXX von der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Im Verlauf dieser Einvernahme wurde vom Beschwerdeführer ergänzend zusammengefasst vorgebracht, dass er keine Dokumente hinsichtlich seiner Identität verlegen könne. Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei Moslem. In Afghanistan habe er zusammen mit seiner Familie in der Stadt XXXX gelebt. Dort habe er zuerst vier Jahre lang eine staatliche Schule besucht. Anschließend habe er fünf Jahre lang - bis zur neunten Klasse - eine Privatschule besucht. Seine Familie habe für diese Schule ca. 200 Dollar pro Monat gezahlt. Sein Vater sei Händler gewesen und habe mit Glühbirnen und Lampen gehandelt. Außerdem habe er ein Restaurant besessen. Darüber hinaus habe seine Familie auch landwirtschaftliche Grundstücke besessen. Seine Familie habe keine finanziellen Probleme gehabt und sie hätten in einem Haus gewohnt, das ihnen gehört habe. Befragt nach seinen Familienmitgliedern gab der Beschwerdeführer an, dass sich bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan neben seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern noch zwei Onkeln und eine Tante mütterlicherseits sowie ein Cousin von ihm in XXXX aufgehalten hätten. Ob sie zum aktuellen Zeitpunkt auch noch dort leben würden, wisse er nicht, da er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe. Verheiratet sei er nicht und habe auch keine Kinder. Sein Vater sei vor ca. sieben Monaten im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten mit zwei einflussreichen Kommandanten getötet worden. Dies sei auch der Grund gewesen, warum der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen habe müssen. Nachdem sein Vater von ihnen getötet worden sei, sei nunmehr der Beschwerdeführer und seine Familie von diesen beiden Männern bedroht worden. Was mit seiner Familie passiert sei, wisse er nicht. Nach Afghanistan könne er nicht zurück, da die beiden Kommandanten sehr mächtig seien und ihn bei seiner Rückkehr sicher finden würden. Nach Vorhalt von Länderberichten zur aktuellen Situation in Afghanistan, gab der Beschwerdeführer dazu an, dass es in XXXX gefährlich sei. So würden gegen Geld Leute umgebracht werden.

1.8. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan wurde gemäß

§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Nach Darlegung des Verfahrensganges, Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle und Feststellungen zur Lage in Afghanistan führte die belangte Behörde begründend zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer afghanischer Staatsangehöriger sei und er der Volksgruppe der Paschtunen angehören würde sowie moslemischen Glaubens sei. Dies würde sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen ergeben. Die Identität würde nicht feststehen, da der Beschwerdeführer keine Dokumente, die seine Identität hätten belegen können, vorgelegt habe. Das Geburtsdatum sei aufgrund des Ergebnisses des eingeholten Sachverständigengutachtens festgesetzt worden. Den Feststellungen im Gutachten sei der Beschwerdeführer nicht fundiert entgegengetreten. Hinsichtlich Spruchpunkt I. wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass nicht habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Sein Vorbringen sei wenig detailreich, zu oberflächlich und auch in sich widersprüchlich gewesen und daher keinesfalls als glaubhaft zu qualifizieren gewesen. Somit habe nicht festgestellt werden können, dass er im Falle seiner Rückkehr in seinen Heimatstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt sein werde.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention noch eine ernsthafte Gefahr für das Leben oder die Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes als Zivilperson drohe. Der Beschwerdeführer sei in XXXX aufgewachsen und habe bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan eine Privatschule besucht. Weiters seien seine Familienangehörigen vermögend und würden ein eigenes Haus und Grundstücke besitzen. Der Beschwerdeführer verfüge über familiäre Beziehungen (Mutter, Geschwister, Tanten, Onkel, Cousin) und habe bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan in XXXX im Familienverband gelebt. Zudem handle es sich beim Beschwerdeführer um eine gesunde, erwachsene sowie arbeitsfähige Person, der es jedenfalls zumutbar sei, durch Arbeitsaufnahme in XXXX selbst für ihr Auskommen zu sorgen. Ebenso würden keine Hinweise dahingehend bestehen, dass der Beschwerdeführer nicht wieder in den Familienverband nach XXXX zurückkehren können würde.

Die Ausweisungsentscheidung (Spruchpunkt III.) wurde mit einer Interessensabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu Lasten des Beschwerdeführers begründet.

1.9. Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 AsylG 2005 für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine Rechtsberatung zur Seite gestellt.

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde mit der der Bescheid vollinhaltlich angefochten wurde. Der Beschwerdeführer brachte ergänzend zusammengefasst vor, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass die belangte Behörde sein Fluchtvorbringen als unglaubwürdig beurteilt habe. So habe er genauestens angegeben, welche Ereignisse zu seiner Flucht aus Afghanistan geführt hätten. In diesem Zusammenhang habe es die belangte Behörde auch unterlassen, sich mit Berichten zu Grundstücksstreitigkeiten in Afghanistan auseinanderzusetzen. In den getroffenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid würden sich keine entsprechenden Informationen finden, obwohl diese leicht zugänglich seien. In diesem Zusammenhang werde auf die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 10.11.2011 verwiesen, welche sich mit dieser Problematik ausführlich beschäftige. Aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten und der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie würde ihm asylrelevante Verfolgung drohen. Die afghanischen Sicherheitskräfte würden nicht in der Lage sein ihm Schutz zu bieten. Dies würde unter anderem auch aus der vorher zitierten Anfragebeantwortung hervorgehen. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Asylgerichtshofes zusammengefasst vorgebracht, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die aktuelle Sicherheitslage in XXXX zu berücksichtigen. Aus aktuellen Berichten würde hervorgehen, dass auch XXXX als nicht sicher gelte. Die Stadt würde regelmäßig Opfer von Terroranschlägen mit einer Vielzahl an Verletzten und Toten werden und die Sicherheitsbehörden seien nicht fähig ausreichenden Schutz dagegen zu bieten. Die Sicherheitslage in Afghanistan - auch in der Hauptstadt XXXX - sei so schlecht, dass bei einer Rückkehr eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 2 oder Art. 3 EMRK bestehe. Es sei daher auf jeden Fall subsidiärer Schutz zu gewähren.

Der Beschwerde beigefügt war eine ACCORD Anfragebeantwortung vom 13.01.2012 hinsichtlich der Sicherheitslage in der Stadt XXXX und der Schutzfähigkeit der Sicherheitsbehörden sowie eine ACCORD Anfragebeantwortung vom 10.11.2011 betreffend Grundstücksstreitigkeiten zwischen Verwandten in Afghanistan.

2.1. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Asylgerichtshof ein.

2.2. Mit Wirksamkeit 01.01.2014 wurde das nunmehr zur Behandlung der Beschwerde zuständige Bundesverwaltungsgericht eingerichtet und die Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

2.3. Mit Schriftsatz vom XXXX wurde unter Vorlage der diesbezüglichen Vertretungsvollmacht bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren vom MigrantInnenverein St. Marx und Rechtsanwalt Dr. Lennart BINDER vertreten wird.

2.4. Mit E-Mail vom XXXX wurden vom Beschwerdeführer integrationsbescheinigende Unterlagen in Vorlage gebracht. Weiters wurde vom Beschwerdeführer unter Vorlage der diesbezüglichen Heiratsurkunde vorgebracht, dass er am XXXX in Österreich geheiratet habe. Darüber hinaus wurde vom Beschwerdeführer ergänzend zusammengefasst ausgeführt, dass er in Österreich schon mehrere Deutschkurse besucht bzw. absolviert habe und sich inzwischen in dieser Sprache leicht mit anderen Personen verständigen könne. Weiters würde er in Österreich bereits über ein weitreichendes soziales Netzwerk verfügen. Bindungen zu seinem Herkunftsstaat würden kaum noch bestehen. So wisse er nicht, wo sich seine Verwandten aufhalten würden, da in den letzten Jahren zu diesen kein Kontakt mehr bestanden habe. Auch zu seiner Mutter habe er keinen Kontakt mehr.

2.5. Mit Schriftsatz vom XXXX wurden vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers weitere integrationsbescheinigende Unterlagen in Vorlage gebracht.

2.6. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX, wurde dem Beschwerdeführer für einen Fristsetzungsantrag gegen das Bundesverwaltungsgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 die Verfahrenshilfe bewilligt.

2.7. Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX,

XXXX, wurde der eingebrachte Fristsetzungsantrag dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 38 Abs. 4 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten die Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie derselben sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) an die antragstellende Partei, dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

2.8. Gegenständliche verfahrensleitende Anordnung ist der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2.9. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte in der Folge eine mündliche Verhandlung für den XXXX an und übermittelte gleichzeitig aktuelle Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan. Weiters wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der Ladung auf

§ 52 Abs. 2 BFA-VG hingewiesen und ihm unter Anführung der Kontaktdaten des für das Beschwerdeverfahren amtswegig zur Seite gestellten Rechtsberaters mitgeteilt, dass er, falls er eine Teilnahme dieses Rechtsberaters an der mündlichen Verhandlung wünsche, mit diesem ehestmöglich Kontakt aufnehmen solle. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom XXXX mit, dass die Teilnahme eines Vertreters an der Verhandlung aus terminlichen Gründen nicht möglich sei. Eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen wurde von den Parteien vorab nicht erstattet.

2.10. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX brachte der Beschwerdeführer nach Erläuterung des bisherigen Verfahrensganges und des Akteninhaltes im Beisein seines bevollmächtigten Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari auf richterliche Befragung im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er gesund sei und sich nicht in medizinischer Behandlung befinde. Er gehöre der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams an. Sein Vater habe der Volksgruppe der Paschtunen angehört. Seine Mutter gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an. Dokumente zum Nachweis seiner Identität könne er nicht vorlegen. Er könne sich solche Dokumente aus Afghanistan auch nicht nach Österreich schicken lassen, da er keinen Kontakt zu seinen Angehörigen mehr habe. Seine Muttersprache sei Dari. Er könne auch ein wenig Paschtu und Englisch sprechen. Zudem habe er in Österreich Deutsch gelernt (diesbezüglich wurden vom bevollmächtigten Vertreter Teilnahmebestätigungen von Deutschkursbesuchen vorgelegt). In Österreich würden sich keine Familienmitglieder von ihm aufhalten. Er habe in Österreich jedoch seine Ehefrau geheiratet. Sie sei australische Staatsangehörige und würde zurzeit in Australien in einem Kindergarten arbeiten. Aufgrund ihrer Arbeit könne sie nicht dauerhaft nach Österreich kommen. Auch würde ihre gesamte Familie in Australien leben. Nach der Hochzeit im Jahr XXXX hätten sie aber für drei Monate zusammengelebt. Auch im Jahr XXXX habe ihn seine Ehefrau für zweieinhalb Monate in Österreich besucht. Seine Ehefrau würde auch ein Kind erwarten. Sollte es ihm nicht möglich sein zu seiner Ehefrau nach Australien zu ziehen, würde diese nach Österreich kommen und sie würden sich hier ein Leben aufbauen. Befragt, wie sein Alltag in Österreich aussehe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er im Moment die Universität in XXXX besuche (diesbezüglich wurde vom Beschwerdeführer ein Ausweis für Studierende vorgelegt). Auch habe er in Österreich bereits viele Freunde gefunden, unter denen sich auch Österreicher befinden würden (Anmerkung: Die Befragung hinsichtlich der bereits erfolgten Integration wurde ohne Beiziehung der Dolmetscherin vorgenommen.). Befragt zu seinen Wohnorten im Herkunftsland, gab der Beschwerdeführer an, dass er in der Stadt XXXX geboren sei und auch dort bis zu seiner Ausreise gelebt habe. Befragt zu seinen Familienangehörigen gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater im Jahr XXXX im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten getötet worden sei. Wo sich seine Mutter und seine beiden jüngeren Geschwister (Bruder und Schwester) im Moment aufhalten würden bzw. ob sie noch am Leben seien, wisse er nicht. Er habe seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu ihnen. Unter der ihm bekannten Telefonnummer könne er keinen mehr erreichen. Auch zu seinen weiteren Verwandten (Tante und zwei Onkeln mütterlicherseits) habe er keinen Kontakt. Er wisse daher weder wo sich diese aufhalten würden, noch wie es ihnen gehen würde. Er und seine Familie hätten in Afghanistan ein gutes Leben geführt. Sie hätten keine finanziellen Schwierigkeiten gehabt. Sein Vater sei Händler gewesen und habe mit elektrischen Geräten wie zum Beispiel Lampen gehandelt. Sie hätten ein eigenes Haus besessen, in dem sie gewohnt hätten. Weiters habe seine Familie auch landwirtschaftliche Grundstücke besessen. Ob seine Familie weiterhin im Besitz dieser Grundstücke bzw. des Wohnhauses sei, wisse er nicht, da er keinen Kontakt mehr zu ihnen habe. Befragt zu seiner Schul- und Berufsausbildung antwortete der Beschwerdeführer, dass er bis zur neunten Klasse die Schule besucht habe. Er sei in eine Privatschule gegangen und seine Familie habe dafür 200 Dollar im Monat Schulgeld bezahlen müssen. Abgeschlossen habe er die Schule nicht, da er zuvor schon Afghanistan verlassen habe. Auch habe er keine Berufsausbildung in Afghanistan absolviert. Er sei immer nur Schüler gewesen und habe nie gearbeitet. Befragt ob es ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan möglich wäre in XXXX zu leben, antwortete der Beschwerdeführer, dass er dazu nicht in der Lage wäre. Da er keinen Kontakt zu seiner Familie habe, wüsste er bei einer etwaigen Rückkehr nicht, zu wem er gehen solle.

Befragt zu den Fluchtgründen gab der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers an, dass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005) zurückgezogen werde. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erwuchs somit in Rechtskraft.

Im Übrigen (hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides) wurde die gegenständliche Beschwerde ausdrücklich aufrechterhalten.

Nach Erörterung der mit der Ladung übermittelten Länderfeststellungen, wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers unter Verweis auf die aktuelle Berichterstattung in den Medien zu der Sicherheitslage in Afghanistan im Wesentlichen ergänzend zusammengefasst ausgeführt, dass seit dem Sommer 2015 die Anschläge in Afghanistan - vor allem in XXXX - intensiv zugenommen hätten. Terroristische Gruppierungen hätten manche Provinzen großteils okkupiert. Auch XXXX werde immer wieder von ihnen angegriffen. Die afghanischen Sicherheitsbehörden seien nach wie vor nicht in der Lage die Bevölkerung zu schützen bzw. Gebiete wie XXXX vor terroristischen Übergriffen zu sichern.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus.

1.1. Zur Person und dem Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams an.

Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan im Jahr XXXX in der Stadt XXXX gelebt. Sein Vater ist bereits verstorben. Wo sich die Mutter und die beiden jüngeren Geschwister des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt aufhalten, kann nicht festgestellt werden. Ebenso kann nicht festgestellt werden, wo sich die weiteren Familienmitglieder des Beschwerdeführers aktuell aufhalten. Der Beschwerdeführer hat seit mehreren Jahren keinen Kontakt mehr zu den vorhin genannten Familienmitgliedern.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Darüber hinaus verfügt er über gute Kenntnisse der deutschen Sprache.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in XXXX bzw. in Mazar-e Sharif oder Herat ein familiäres oder berufliches Netz zur Verfügung steht.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich am XXXX seine Ehefrau geheiratet. Nach den Angaben des Beschwerdeführers hält sich seine Ehefrau nicht in Österreich auf. Weiters hat der Beschwerdeführer in Österreich keine Kinder oder sonstige Familienangehörige.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes.

Die Frage, ob der Beschwerdeführer asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates glaubhaft gemacht hat, ist nach Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.

Festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Verbringung in den Herkunftsstaat aufgrund seiner individuellen Situation (Lebensumstände, familiäre Situation) im Zusammenhang mit der Sicherheits- und Versorgungslage in seiner Herkunftsregion ein reales Risiko einer Verletzung des Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), droht. Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Allgemeines:

Afghanistan ist eine islamische Republik und hat schätzungsweise 24 bis 33 Millionen Einwohner. Die afghanische Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Parlament vor, das aus einem Unterhaus und einem Oberhaus, deren Mitglieder von den Provinz- und Distriktsräten sowie vom Präsidenten bestellt werden, besteht.

(Country Report des U.S. Department of State vom 19. April 2013)

Die afghanische Nationalversammlung ("Shuraye Melli") besteht aus dem Unterhaus (Volksvertretung, "Wolesi Jirga") und dem Oberhaus (Ältestenrat/Senat, "Meshrano Jirga"), die nach dem Modell eines klassischen Zweikammersystems gleichberechtigt an der Gesetzgebung beteiligt sind. Die letzten Parlamentswahlen fanden am 18. September 2010 statt. Die Auseinandersetzung um die Ergebnisse bei den Parlamentswahlen hielt Monate an.

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 10. Jänner 2012, S. 7; United States, Country on Human Rights Practices 2012 - Afghanistan, vom 19. April 2013, S. 1, XXXX, Innenpolitik, vom April 2013; derstandard.at, "Afghanische Wahlkommission bestätigt Liste für Präsidentschaftswahl", vom 20. November 2013; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan vom Januar 2014, S.

4)

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet, die schließlich im Januar 2004 ratifiziert wurde. In der afghanischen Verfassung ist die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verankert und das Gesetz der Sharia wird nicht in dieser erwähnt. Jedoch wird Afghanistan als islamische Republik beschrieben, in welcher der Islam eine heilige Religion ist. Demzufolge darf es kein Gesetz geben, welches mit dem Glauben und der Religionspraxis im Islam in Konflikt gerät.

(IDEA [The International Institute for Democracy and Electoral Assistance]: Afghanistan: "An Electoral Management Body Evolves"; NDI [National Democratic Institute]: "Political Parties in Afghanistan - A Review of the State of Political Parties after the 2009 and 2010 Elections", vom Juni 2011; AREU [Afghanistan Research and Evaluation Unit]: "Women's Economic Empowerment in Afghanistan 2002-2012" vom Juli 2013)

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und 11 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban befindet sich Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Die nationale Aussöhnung mit den Aufständischen sowie die Reintegration versöhnungswilliger Mitglieder der Insurgenz bleiben weiterhin eine Grundvoraussetzung für die Schaffung eines friedlichen und stabilen Afghanistans. Anstrengungen, die zur Sicherung der bisherigen Stabilisierungserfolge und zur Verbesserung der Zukunftsperspektiven der Bevölkerung beitragen, werden noch lange Zeit notwendig sein.

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013, S. 4 und vom 31. März 2014, S.4)

Am Nato-Gipfeltreffen in Chicago im Mai 2012 wurden der schrittweise Abzug der inter-nationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012, S. 2)

Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 12)

Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 1)

Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012)

Sicherheitslage allgemein:

Die Zahl der im Afghanistan-Konflikt getöteten oder verletzten Zivilisten ist nach Angaben der Vereinten Nationen im ersten Halbjahr 2013 deutlich gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind 23 % mehr Opfer gezählt worden. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang im Jahr 2012 gibt es nun eine Rückkehr zu den hohen Zahlen von getöteten und verletzten Zivilisten des Jahres 2011. Von Jänner bis Oktober 2013 wurden insgesamt 2.568 Zivilisten getötet und 4.826 Zivilisten verletzt. Das entspricht einer Erhöhung um 13 % im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2012. Laut UNAMA sind 75 % der Opfer durch Angriffe von Aufständischen getötet oder verletzt worden. In 10 % der Fälle seien Regierungstruppen verantwortlich, weitere 13 % seien bei Kämpfen zwischen beiden Seiten getötet oder verletzt worden. Die verbleibenden 4 % der Fälle waren demnach keiner Konfliktpartei zuzuordnen und wurden in erster Linie durch Blindgänger verursacht.

(General Assembly/Security Council United Nations, "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" Rn. 24 vom 6. Dezember 2013; Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 15)

Die Zahlen unterstreichen die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan vor dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes. Die USA und ihre NATO-Verbündeten wollen bis zum Ende 2014 alle Kampftruppen aus dem Land abziehen. Die Internationale Sicherheits-Unterstützungstruppe (ISAF) wird wie bisher bis zum Ende der Übergangsphase (31. Dezember 2014) die Afghan National Security Forces (ANSF) ausbilden, beraten und unterstützen, jedoch wenn erforderlich auch Kampfunterstützung liefern.

Auf die Abzugspläne der deutschen Bundeswehr haben die veränderten Daten zur Sicherheitslage keine Auswirkungen. Es bleibt bislang auch bei den Absichten, von Ende 2014 an für eine Ausbildungs- und Trainingsmission der NATO zwischen 600 und 800 Bundeswehrsoldaten zur Verfügung zu stellen.

(ORF-online: "Afghanistan: 2013 bereits über 1.300 zivile Opfer" vom 31. Juli 2013; NATO "International Security Assistance Force" vom 1. August 2013; Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bundeswehr korrigiert Statistik über Sicherheit in Afghanistan" vom 31. Mai 2013)

Dieses Jahr stieg die Zahl der zivilen Toten an, laut UN wurden ungefähr 5000 Zivilisten in Afghanistan getötet. Dies bedeutet einen Anstieg um ein Viertel verglichen zur selben Periode im Vorjahr.

(BBC News, "Afghan conflict: 15 killed in Taliban attack on buses" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Karzai versucht, Afghanistan vor der Präsidentenwahl und dem Abzug der NATO-Truppen in diesem Jahr zu stabilisieren. Die ausländischen Soldaten übertragen immer mehr der Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan auf die 350.000 Mitglieder der einheimischen Sicherheitskräfte.

(APA: "Afghanisches Parlament feuert Innenminister wegen Gewaltwelle" vom 22. Juli 2013)

Im Juni 2013, eineinhalb Jahre vor Ende des Nato-Kampfeinsatzes, haben die afghanischen Sicherheitskräfte offiziell im ganzen Land die Verantwortung übernommen.

(TAZ: "Afghanen tragen jetzt die volle Verantwortung" vom 19. Juni 2013)

Der Konflikt in Afghanistan beeinflusst nun auch Provinzen, die bisher als die stabilsten im Land betrachtet wurden, wie etwa die Provinz Panjshir. Die Gewalt ist nicht auf XXXX oder allgemein auf städtische Zentren beschränkt. Die Aufständischen in ländlichen Gebieten gehen oft extrem gewalttätig vor.

Die Verbreitung von lokalen Milizen und bewaffneten Gruppen - sowohl pro- und anti-Regierung - im Norden, Nordosten und in zentralen Hochland-Regionen haben eine weitere negative Auswirkung auf die Sicherheitslage für Zivilisten.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 14)

Die Opfer unter den ISAF-Angehörigen gingen insbesondere aufgrund der Verringerung der Kräfte als auch des gewandelten militärischen Auftrages in den ersten fünf Monaten des Jahres 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 121 auf 60 zurück. Infolge des nahezu abgeschlossenen Aufwuchs der ANSF, der hohen Operationslast als Folge der Übernahme der aktiven Sicherheitsverantwortung und der damit einhergehenden Zielauswahl durch die regierungsfeindlichen Kräfte stiegen die personellen Verluste der ANSF von 499 auf 1.070 in den ersten vier Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich an. Auch in Zukunft ist infolge der weiter fortschreitenden Transition mit hohen Verlustzahlen unter ANSF-Angehörigen zu rechnen. Die Hauptursachen für den Anstieg der zivilen Opfer in der ersten Jahreshälfte 2013 waren die vermehrte willkürliche Verwendung von Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente sowie Selbstmordanschläge und komplexe Angriffe an Orten, an denen sich Zivilisten aufhalten, darunter auch zivile Regierungsgebäude. Wie UNAMA weiters ausführt, hat eine sich verändernde politische und sicherheitsrelevante Dynamik in der ersten Jahreshälfte 2013 den Schutz von Zivilisten behindert und den Zugang zu Menschenrechten beschränkt. Auf die Übertragung der Sicherheitsverantwortung von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte und die Schließung von internationalen Militärbasen haben regierungsfeindliche Elemente mit zunehmenden Angriffen auf die afghanischen Sicherheitskräfte, hauptsächlich an Checkpoints, auf strategisch wichtigen Highways, in einigen Gebieten, die an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden, und in Distrikten, die an Afghanistans Nachbarländer grenzen, reagiert.

(UNAMA, Mid-Year Report 2013, vom Juli 2013, S. 1f)

Die Planungen der NATO für den ISAF Folgeeinsatz Resolute Support Mission schreiten voran. Die konditionierte Zusage Deutschlands für seinen Beitrag zu Resolute Support vom 18. April 2013 bildet den Rahmen für die weiteren Planungen. Deutschland ist - vorbehaltlich der auch künftig jährlich einzuholenden Zustimmung des Deutschen Bundestages - zur Übernahme der Verantwortung als Rahmennation für den Norden von Afghanistan, Bereich Mazar-e Sharif, für zunächst zwei Jahre bereit und will mit seinen multinationalen Partnern die Arbeit fortsetzen. Daneben wird ein deutscher Truppen-Beitrag im Großraum XXXX eingesetzt werden.

Aufbauend auf dem im Juni 2013 durch die NATO-Verteidigungsminister gebilligten Operationskonzept für Resolute Support wurde im Oktober mit der Verabschiedung des sog. Strategic Planning Assessment (SPA) eine weitere Weichenstellung für die Planung der ISAF-Folgemission vorgenommen. Das im November 2013 zwischen Afghanistan und den USA verhandelte, aber noch nicht unterzeichnete bilaterale Sicherheitsabkommen dient als Grundlage für die bereits laufenden Verhandlungen zu einem umfassenden Stationierungsabkommen für die NATO und alle Partnernationen. Letzteres bildet auch eine wesentliche rechtliche Voraussetzung für die neue deutsche Mission.

(Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, S. 16 f)

Der afghanische Innenminister Umer Daudzai hat laut einem Anfang September 2013 veröffentlichten Artikel bekannt gegeben, dass seit März 2013 insgesamt 1.792 Polizisten getötet wurden - die meisten durch am Straßenrand platzierte Bomben.

(AlertNet: "Afghan police deaths double as foreign troops withdraw" vom 2. September 2013)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeich-neten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 % höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 5. März 2013)

In einem Bericht vom Juni 2013 erwähnt der UNO-Generalsekretär, dass im Zeitraum vom 16. Februar bis 15. Mai 2013 insgesamt 4.267 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 10-prozentigen Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar. 70 % der Vorfälle ereigneten sich im Süden, Südosten und Osten des Landes. Im Osten des Landes ist es zu einem Zustrom von Aufständischen in die Provinzen Nuristan und Badachschan und einem 18-prozentigen Anstieg der Anzahl der Vorfälle gekommen. Bewaffnete Auseinandersetzungen und Spreng- und Brandvorrichtungen machten weiterhin die Mehrzahl der Vorfälle aus.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 13. Juni 2013)

In einem im September 2013 erschienenen Bericht des UNO-Generalsekretärs wird erwähnt, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die meisten Operationen durchführen und ihre Opferzahl deutlich angestiegen ist. Berichten zufolge wurden im zweiten Quartal des Jahres 2013 mehr als 3.500 Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte bei Kampfhandlungen verletzt oder getötet. Am 1. Juli 2013 hat der afghanische Innenminister bekannt gegeben, dass zwischen Mitte Mai und Mitte Juni 2013 insgesamt 299 Polizisten getötet wurden. Dabei handelt es sich um einen 22-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Im selben Bericht wird angeführt, dass im Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2013 insgesamt 5.922 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 11-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und einen 21-prozentigen Rückgang im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2011 dar. Laut Bericht haben die Aufständischen ihren Schwerpunkt unter anderem auf Angriffe auf Sicherheitskontrollpunkte und Stützpunkte gelegt, die von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden. Generell wirkungsvoller Widerstand durch die afghanischen Sicherheitskräfte hat sich auf den Schutz von wichtigen städtischen Zentren, Verwaltungszentren von Distrikten und strategisch wichtigen Transportrouten fokussiert. Die Mehrheit der sicherheitsrelevanten Vorfälle (69 %) ereignete sich weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Gemäß ANSO gelingt es den afghanischen Sicherheitskräften nicht, die sich aus dem Abzug der internationalen Truppen ergebenden Lücken zu füllen. Dies zeigt sich insbesondere in den nordwestlichen Provinzen Faryab und Badghis, im gesamten Nordosten und in der südlichen Provinz Paktika. In einigen Gebieten, in welchen die Übergabe in Phase drei erfolgt ist, sind zunehmende Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen zu verzeichnen, während die Aktivitäten der afghanischen Sicherheitskräfte in diesen Gebieten zeitgleich zurückgegangen sind. Mit dem voranschreitenden Abzug der internationalen Truppen haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Angriffe kontinuierlich von den internationalen Zielen weg auf afghanische Ziele fokussiert, d.h. auf die afghanischen Sicherheitskräfte sowie auf afghanische Regierungsangehörige. Dies widerspricht der erwarteten Logik, dass die sinkende internationale Präsenz zu einem Rückgang der militärischen Aktivitäten der regierungsfeindlichen Gruppierungen führen würde.

Die Führung der Taliban ist weiterhin in der Lage, die militärischen Operationen der Bewegung von Pakistan aus strategisch zu lenken sowie die notwendigen Ressourcen zur Unterstützung der operationellen Prioritäten zu beschaffen. Seit 2009 lassen sich drei Entwicklungen erkennen: Erstens wurden auf der strategischen Ebene beträchtliche Anstrengungen hin zu einer stärkeren Zentralisierung der Kommando- und Kontrollstrukturen unternommen, um einer Fragmentierung der Bewegung entgegenzuwirken. Zweitens zeichnet sich eine Militarisierung der Administration ab. Der militärische Druck seitens der ISAF zwang zahlreiche Schattengouverneure in den Untergrund oder zur Flucht nach Pakistan und führte dadurch zu einem verminderten Einfluss dieser. In der Konsequenz ist die Macht der Militärkommissionen gestiegen, die vor Ort präsent sind. Drittens lässt sich auf der taktischen Ebene eine Professionalisierung der Bewegung feststellen.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 5 f; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, S. 12 und 17; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, S. 11)

In der afghanischen Hauptstadt XXXX sind bei einem Selbstmordanschlag acht Menschen getötet worden. Ziel des Attentäters sei ein Bus mit Militärangehörigen im stark abgesicherten Gebiet in der Nähe der Universität gewesen, teilte die Polizei heute mit. Mindestens fünf der Toten gehörten zur Luftwaffe. Bei der Explosion seien zudem 13 weitere Menschen verletzt worden. Vor zwei Wochen fand in Afghanistan eine Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Das Wahlergebnis sollte eigentlich heute bekanntgegeben werden.

(ORF-online; http://www.orf.at/#/stories/2236311/ , Acht Tote bei Selbstmordanschlag in XXXX, 02.Juli 2014)

Bei tagelangen Gefechten in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben mehr als 330 Menschen getötet worden, darunter Dutzende Zivilisten. Das Innenministerium in XXXX teilte am Sonntag mit, mindestens 250 Taliban-Kämpfer seien unter den Toten der vergangenen zehn Tage. Nach Angaben der Provinzregierung kamen mindestens 32 Angehörige der Sicherheitskräfte und 50 Zivilisten ums Leben, darunter Frauen und Kinder. Der Sprecher der Provinzregierung, Omar Zwak, sagte, rund 3200 Familien seien vor der Gewalt geflohen. Die Gesundheitsbehörden in Helmand meldeten mehr als 300 Verwundete.

Am vorvergangenen Freitag hatten nach Zwaks Angaben mehr als 1000 Taliban-Kämpfer in den Distrikten Nawzad, Sangin, Kajaki und Musa Qala Stellungen der Sicherheitskräfte angegriffen. Diese begannen daraufhin eine Gegenoffensive. Zwak sagte, die Aufständischen seien weitgehend zurückgeschlagen worden, Gefechte dauerten aber noch an. Die Taliban waren in den vergangenen Jahren von offenen Großangriffen auf Sicherheitskräfte abgekommen und hatten vor allem auf Anschläge mit Sprengfallen gesetzt. Ihre Offensive gegen afghanische Sicherheitskräfte im Süden könnte einen Strategiewechsel vor dem Auslaufen des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende signalisieren.

(DiePresse.com,http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/3829431/Sudafghanistan_Hunderte-Tote-nach-tagelangen-Kaempfen?from=suche.intern.portal , 29. Juni 2014)

Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind nach Polizeiangaben drei US-Soldaten getötet worden. Der an einem Motorrad befestigte Sprengsatz explodierte den Angaben zufolge gestern in der Nähe einer Patrouille der NATO-geführten Afghanistan-Truppe ISAF. Die ISAF bestätigte den Vorfall im Bezirk Nad Ali in der südafghanischen Provinz Helmand. Pentagon-Vertreter erklärten, es habe sich um US-Soldaten gehandelt. Die islamistischen Taliban bekannten sich in einer Textbotschaft zu dem Attentat.

(ORF-Online, Drei US-Soldaten bei Anschlag in Afghanistan getötet vom 21. Juni 2014)

Drei Selbstmordattentäter der Taliban haben in Afghanistan Anschläge auf NATO-Lastwagen verübt. An der Grenze zu Pakistan im Osten des Landes hätten sich Polizisten und Taliban-Kämpfer daraufhin einen Schusswechsel geliefert, meldeten afghanische Offizielle. Alle drei Angreifer seien getötet worden, hieß es aus der Provinzregierung. Einer habe sich selbst in die Luft gesprengt, die beiden anderen seien von Polizisten erschossen worden. Die Taliban bekannten sich zu den Anschlägen. Die Attentäter hätten die Wagen auf dem Parkplatz des NATO-Quartiers in der Provinz Nangarhar attackiert, sagte ein Sprecher der Grenzpolizei. Der Gebäudekomplex am Torkham-Checkpoint liegt an einer wichtigen Route für Lieferungen der NATO in Afghanistan - die meisten Transporte der Truppe laufen über diesen Grenzposten. Der durch die Anschläge ausgelöste Schaden ist offenbar verheerend. Der Provinzregierung zufolge wurden durch Explosionen, die bei dem Schusswechsel ausgelöst wurden, 37 NATO-Benzinlaster beschädigt oder gänzlich zerstört.

(Spiegel-Online,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-taliban-anschlag-auf-nato-lastwagen-a-976069.html , vom 19. Juni 2014)

Anschläge in ganz Afghanistan, unter anderem wurden auch Kontrollposten der Polizei von Taliban gestürmt. Zahlreiche Personen wurden getötet, darunter auch sechs Polizeioffiziere in der Provinz Kandarhar. In der Provinz Helmad, hat eine in einem Motorrad versteckte Bombe vier Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt. In XXXX wurde ein Armeeoffizier durch einen Sprengsatz getötet, seinen Fahrer verletzt. In der Stadt Herat hat ein Angreifer von seinem Motorrad aus zwei Armeeoffiziere getötet.

(The Washington Post, "Afghan gunmen kill 14 Shiite travelers on road from XXXX" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Die allgemeine Sicherheitslage hat sich seit der Verkündung der Wahlergebnisse ein wenig stabilisiert. Für afghanische Verhältnisse kann man sogar von einer Verbesserung sprechen. Solange sich die neue Regierung aber noch nicht formiert hat und die Ministerien noch nicht neu besetzt sind, kann davon ausgegangen werden, dass radikale Gruppierungen nach wie vor durch Anschläge, speziell gegen Regierung und ISAF (International Security Assistance Force), die Lage destabilisieren wollen, um die Handlungsunfähigkeit der Regierung unter Beweis zu stellen. Die Motive der Gruppierungen in Afghanistan sind einerseits politisch/religiös, andererseits rein wirtschaftlich bedingt. Die Maßnahmen der neuen Regierung wurden von der Zivilbevölkerung positiv aufgenommen. Es ist daher davon auszugehen, dass Gruppierungen, die die Handlungsunfähigkeit der Regierung unter Beweis stellen wollen, diesen Winter vermehrt Aktionen setzen werden. Mit nächstem Jahr wird auch ISAF in RSM (Resolut Support Mission) umfunktioniert und auf internationaler Seite eine massive Truppenreduktion eingeleitet. Auch das kann noch einmal zu einer Verschärfung der Lage führen. Sollte die Masse der Bevölkerung nicht ausreichend informiert werden, wird von radikalen Gruppen versucht werden, die planmäßige Reduktion der Truppen als Rückzug auf Grund des massiven Drucks gegen die IC (International Coalition) zu verkaufen. Trotzdem ist die Anzahl der Anschläge im Gesamten leicht rückgängig, ihre "Qualität" hat aber zugenommen.

(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19. November 2014, S. 11f)

In den ersten elf Monaten des Jahres 2014 sind nach Angaben der UN Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) 9.617 Zivilisten (3.188 Tote, 6.429 Verletzte) Opfer des Konflikts geworden. Damit sei die Zahl der zivilen Opfer gegenüber 2013 um 19 % gestiegen und die höchste seit Beginn der Zählung 2009. Insgesamt müsse für das Jahr 2014 mit über 10.000 zivilen Opfern gerechnet werden. Hauptursache seien Bodenkämpfe, bei denen Zivilisten ins Kreuzfeuer geraten seien. Weitere Ursachen: improvisierte Sprengsätze (IEDs), Selbstmordanschläge und sog. komplexe Angriffe, bei denen mehrere Taktiken gleichzeitig angewendet werden. Für mindestens 75 % der zivilen Opfer seien die Aufständischen verantwortlich. Außerdem wurden nach US-Angaben 2014 über 4.600 afghanische Soldaten und Polizisten getötet.

Mit Ablauf des Jahres 2014 endete die Mission der ISAF nach 13 Jahren, ausländische Truppen wurden weitgehend abgezogen. Im Rahmen der Nachfolgemission "Resolute Support" verbleiben rund 13.000 ausländische Soldaten, die die afghanischen Sicherheitskräfte ausbilden und beraten sollen, darunter bis zu 850 Deutsche. Die US-Soldaten dürfen allerdings für mindestens zwei weitere Jahre Anti-Terror-Einsätze gegen Aufständische/Taliban durchführen und die afghanischen Sicherheitskräfte bei Bedarf unterstützen.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 12. Jänner 2015)

Sicherheitslage in XXXX:

XXXX zählt zu jenen Gebieten, in denen infolge militärischer, überwiegend afghanisch geführter Operationen, starker Präsenz sowie politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen eine partielle Stabilisierung erzielt werden konnte und die Sicherheitslage überwiegend unter Kontrolle ist. XXXX bleibt unter der Führung der ANSF die sicherste Gegend Afghanistans.

(XXXX: Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013; Afghan

Analyst Network: "After the 'operational pause': ‚How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; Department of

Defense: "Report on Progress Toward Security and Stability in Afghanistan" vom Dezember 2012)

Laut internationalen NGOs ist XXXX trotz Vorfällen und Angriffen einer der wenigen Orte Afghanistans, wo die Sicherheitssituation relativ gut und stabil ist. Dem Internationalen Polizei-Koordinierungsausschuss zufolge gehören XXXX und andere große Städte in Afghanistan zu den Orten, wo die Afghanische Nationalpolizei (ANP) bei der Gewährleistung von Sicherheit gut funktioniert. Laut IOM ist XXXX trotz einiger Selbstmordanschläge, die das Leben der Bevölkerung beeinträchtigen, sicherer und stärker unter Kontrolle als andere Orte in Afghanistan. Die unabhängige Afghanistan Independent Human Rights Commission teilt diese Meinung.

(Danish Immigration Service: "Afghanistan Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process" vom Mai 2012)

Der Fokus des Terrors liegt nicht auf XXXX oder allgemein auf städtischen Zentren, sondern der Großteil der Gewalt passiert in ländlichen Gegenden. Die Taliban, einschließlich des Haqqani-Netzwerks, führen jedoch weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe in der afghanischen Hauptstadt durch und zeigen, dass sie überall im Land zuschlagen können und selbst den sog. "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden. Dies zielt darauf ab, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und damit möglicher "Financiers" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu schüren.

(Afghanistan Analyst Network: After the 'operational pause': "How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; ACCORD [Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation]: "Ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan:

Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für XXXX vom 10. Jänner 2013, vergleiche auch Afghan Analyst Network: After the 'operational pause': How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013)

Im April 2013 kündigten die Taliban ihre Frühlingsoffensive "Khalid ibn al-Walid" [auch "Khaled ben Walid"] an. Größere Zwischenfälle in XXXX involvierten u.a. eine Explosion nahe des Verteidigungsministeriums in XXXX im März 2013, bei dem neun Zivilisten ums Leben kamen. Ein Beispiel für erfolgreiche Vereitelung war die Entdeckung eines größeren Waffenversteckes und die Festnahme von 5 Personen am 13. März 2013.

(U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Weitere größere, sicherheitsrelevante Vorfälle in XXXX:

Am 18. Jänner 2014 starben mindestens 24 Menschen bei dem Anschlag der Taliban auf ein unter Ausländern beliebtes und stark gesichertes Restaurant in XXXX.

(Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Entsetzen nach Taliban-Anschlag", vom 18. Jänner 2014)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Bus der afghanischen Armee sind am 26. Jänner 2014 in XXXX 4 Menschen getötet worden, am 25. Jänner 2014 wurden bei einer Explosion 2 Personen verletzt.

(Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Selbstmordanschlag auf Regierungsbus in Afghanistan" vom 26. Jänner 2014)

In der afghanischen Hauptstadt XXXX sind bei einem Selbstmordanschlag 8 Menschen getötet worden. Ziel des Attentäters sei ein Bus mit Militärangehörigen im stark abgesicherten Gebiet in der Nähe der Universität gewesen, teilte die Polizei heute mit. Mindestens 5 der Toten gehörten zur Luftwaffe. Bei der Explosion seien zudem 13 weitere Menschen verletzt worden. Vor zwei Wochen fand in Afghanistan eine Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Das Wahlergebnis sollte eigentlich heute bekanntgegeben werden.

(ORF-online; http://www.orf.at/#/stories/2236311/ , "Acht Tote bei Selbstmordanschlag in XXXX" vom 02. Juli 2014)

In der Nacht zum 05.07.2014 explodierten in der Nähe von XXXX nach Raketenbeschuss zahlreiche geparkte, mit Benzin gefüllte Tanklastzüge. Je nach Quelle ist von mehreren Dutzend bis 400 Fahrzeugen die Rede. Personen scheinen nicht zu Schaden gekommen zu sein. Ein Sprecher der Taliban erklärte, die Fahrzeuge der ausländischen Einsatzkräfte seien aus taktischen Gründen zerstört worden.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 7. Juli 2014)

Anschläge in ganz Afghanistan, unter anderem wurden auch Kontrollposten der Polizei von Taliban gestürmt. Zahlreiche Personen wurden getötet, darunter auch sechs Polizeioffiziere in der Provinz Kandarhar. In der Provinz Helmad, hat eine in einem Motorrad versteckte Bombe 4 Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt. In XXXX wurde ein Armeeoffizier durch einen Sprengsatz getötet, seinen Fahrer verletzt. In der Stadt Herat hat ein Angreifer von seinem Motorrad aus 2 Armeeoffiziere getötet.

(The Washington Post, "Afghan gunmen kill 14 Shiite travelers on road from XXXX" 25. Juli 2014, Zugriff 28. Juli 2014)

Am 22.07.2014 sind bei einem Taliban-Selbstmordanschlag in der Nähe des XXXXer internationalen Flughafens drei AusländerInnen und ein afghanischer Dolmetscher getötet und mehrere weitere Personen verletzt worden. Laut Aussagen des stellvertretenden Innenministers ereignete sich der Anschlag vor einem Gebäude, in dem ausländische BeraterInnen der afghanischen Regierung untergebracht sind.

(RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: "Suicide Bomber Kills Foreigns Near XXXX Airport" 22. Juli 2014)

Aufständische haben den internationalen Flughafen der afghanischen Hauptstadt XXXX angegriffen. Wie das afghanische Innenministerium mitteilte, griffen die Kämpfer den Flughafen am frühen Morgen mit automatischen Waffen und Panzerfäusten an und eroberten ein im Bau befindliches Gebäude auf dem Gelände. Medienberichten nach feuerten sie von dort aus Raketen ab. Sicherheitskräfte haben das Gebiet nach Behördenangaben umstellt. Die afghanische Armee meldete, zwei der Angreifer seien getötet worden.

Wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete, waren auf dem streng gesicherten Flughafen, auf dem sich auch ein großer NATO-Stützpunkt befindet, Explosionen und Schüsse zu hören. Nach Angaben eines Behördenvertreters wurde der zivile Flugverkehr unterbrochen. Über dem Gelände kreisten Militärhubschrauber. Für den Angriff verantwortlich erklärten sich die radikalislamischen Taliban. Ihre Kämpfer hätten den Flughafen mit leichten und schweren Waffen angegriffen, teilte ein "Sprecher" mit.

(FAZ.net, "Taliban-Kämpfer greifen Flughafen von XXXX an" vom 17. Juli 2014)

Am 5. August 2014 tötete ein Mann in afghanischer Uniform einen amerikanischen General und verletzte einen deutschen General sowie mindestens weitere 14 ISAF-Soldaten. Der Anschlag ereignete sich in einem militärischen Trainingszentrum nahe XXXX anlässlich des Besuchs einer internationalen Militärdelegation. Bei dem von Personenschützern erschossenen Attentäter handelte es sich vermutlich um einen afghanischen Soldaten.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 11. August 2014)

Am 9. August 2014 kam bei der Explosion einer Autobombe auf einem Markt in XXXX eine Person ums Leben, eine weitere wurde schwer verletzt. Am 10. August 2014 starben bei einem Selbstmordanschlag auf einen Militärkonvoi der NATO in XXXX vier Zivilisten. Sieben weitere Personen wurden verletzt. Die Taliban bekannten sich zu der Tat.

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Deutschland, Briefing Notes vom 11. August 2014)

Die afghanischen Streitkräfte haben zwar in den meisten Teilen des Landes die Sicherheitsverantwortung übernommen. Aber im Sommer rückten die Kämpfe gefährlich nahe an XXXX heran. Zurzeit ist die Lage nach wie vor relativ ruhig für hiesige Verhältnisse. Selbst innerhalb XXXXs gibt es verschiedene Viertel die unterschiedliche Sicherheitslagen haben. Die Hauptziele der Angriffe sind meist Regierungsgebäude, hochrangige Ziele und internationale Sicherheitskräfte.

(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19. November 2014, S. 22f)

Am 26. August 2014 wurden bei Vorfällen in den Provinzen XXXX und Herat 27 Aufständische getötet und zwei Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen entführt. Am 29. August 2014 ermordeten Unbekannte in XXXX den Vorsitzenden des Friedenskomitees der Provinz.

Mitte September 2014 kam es zu militärischen Auseinandersetzungen in den Provinzen XXXX, Nangarhar, Baghlan, Kunduz, Zabul, Uruzgan, Maidan Wardak, Khost, Helmand, Ghazni, Kunar, Sar-i-Pul.

Am 16. September 2014 starben mindestens drei ISAF-Soldaten bei einem Selbstmordanschlag in XXXX.

Kurz vor der Vereidigung des neuen afghanischen Präsidenten am 29. September 2014 starben bei einer Bombenexplosion nahe dem XXXXer Flughafen zahlreiche Menschen.

Am 1. Oktober 2014 wurden bei zwei Selbstmordanschlägen der Taliban auf afghanische Militärfahrzeuge in XXXX mindestens sieben Menschen getötet und mehr als 15 verletzt.

Am 8. Oktober 2014 wurden bei zwei Selbstmordanschlägen auf afghanische Militärfahrzeuge in XXXX mindestens sieben Menschen getötet und mehr als 15 verletzt.

Am 13. Oktober 2014 verübten Taliban in XXXX einen Autobomben-Anschlag auf einen ISAF-Konvoi. Dabei wurden drei Menschen verletzt und einer getötet. Bei einer weiteren Bombenexplosion auf einem Markt am nördlichen Stadtrand von XXXX erlitten 22 Zivilisten Verletzungen.

Am 21. Oktober 2014 starben bei einem Anschlag der Taliban auf einen Militärbus in XXXX mindestens vier afghanische Soldaten. Etwa ein Dutzend Menschen, darunter Zivilisten, wurden verletzt.

Am 9. November 2014 gab es einen Anschlag der Taliban auf das Polizeipräsidium in XXXX. Dabei soll mindestens ein Mensch getötet worden sein, der Polizeichef selbst sei unverletzt geblieben.

Am 10. November 2014 kamen bei Bombenattentaten in drei Städten mindestens zehn Polizisten um. Betroffen waren XXXX und die Provinzen Logar sowie Nangarhar.

Am 16. November 2014 erlitt eine Abgeordnete in der Hauptstadt XXXX bei einem Selbstmordanschlag Verletzungen. Drei Menschen wurden getötet, 22 verletzt.

Taliban und andere aufständische Gruppierungen setzen ihre Angriffe und Anschläge auf afghanische Sicherheitskräfte, Repräsentanten des Staates und ausländische Einrichtungen fort.

Am 13. Dezember 2014 wurde nahe XXXX ein Anschlag auf einen Bus mit afghanischen Soldaten verübt. Dabei starben sieben Menschen, 18 wurden verletzt, darunter Zivilisten. Ebenfalls in XXXX wurde ein hochrangiger Justizbeamter erschossen. Bei einem Selbstmordanschlag auf ein französisches Kulturzentrum in XXXX kam am 11. Dezember 2014 ein deutscher Staatsangehöriger um, 15 Menschen wurden verletzt. Bei einem weiteren Anschlag in XXXX starben sechs afghanische Soldaten.

Am 26. Februar 2015 wurden bei einem Selbstmordanschlag der Taliban auf einen NATO-Konvoi in XXXX zwei Menschen getötet.

Am 19. März 2015 kam der Polizeichef der Provinz Uruzgan bei einem Selbstmordanschlag in XXXX um.

Am 25. und 29. März 2015 wurden bei zwei Bombenanschläge in der Hauptstadt XXXX ein Parlamentsmitglied und mindestens zehn Zivilisten getötet und ca. 40 weitere verletzt.

Bei weiteren Anschlägen in XXXX und der Provinz Baghlan wurden am 6. April 2015 acht Polizisten und zwei Zivilpersonen verletzt.

Im März 2015 wurden in XXXX 32 Vorfälle registriert.

Nach Angaben der UNAMA kamen am 13. Mai 2015 bei einer Geiselnahme von Gästen in einem Hotel in XXXX 14 Personen ums Leben, mehrere erlitten Verletzungen. Afghanische Sicherheitskräfte stürmten das Gästehaus. Unter den Todesopfern befinden sich ein US-Bürger und ein Italiener. Mindestens ein Taliban-Kämpfer soll getötet worden sein. Ein deutscher und ein britischer Mitarbeiter der EU-Polizeimission EUPOL starben am 17. Mai 2015 in der Nähe des Flughafens von XXXX, als ein Selbstmordattentäter ihr Fahrzeug rammte. Bei der Explosion wurden 18 afghanische Zivilisten verletzt.

(Briefing Notes des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1., 22., und 29. September 2014 sowie vom 6., 13., 20. und 27. Oktober 2014 10. und 17. November 2014 als auch vom 15. Dezember 2014 vom 2., 23. und 30. März 2015 sowie vom 7. und 13. April 2015 und vom 18. Mai 2015)

Justiz und (Sicherheits‑)Verwaltung:

Das Justizsystem funktioniert nur sehr eingeschränkt. Eine einheitliche Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia, Gewohnheits-/Stammesrecht) ist nicht gegeben. Auch rechtsstaatliche (Verfahrens‑)Prinzipien werden längst noch nicht überall eingehalten. Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern durch mächtige Akteure verhindern Entscheidungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen des Justizsystems. Nachdem die Justizbehörden Afghanistans seit 2004 mit einer vorläufigen Strafprozessordnung operierten, liegt dem Parlament nun zumindest eine neue Strafprozessordnung zum Beschluss vor. Auch das Strafrecht selbst wird zurzeit überarbeitet.

(Bericht des XXXX über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. März 2014, S. 5)

Richterinnen und Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen sowohl seitens lokaler Machthaber, Beamten aber auch Familienangehörigen, Stammesältesten und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt, was ihre Unabhängigkeit schwerwiegend beeinträchtigt. Die Urteile zahlreicher Gerichte basieren auf einem Gemisch von kodifiziertem Recht, Schari'a, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Gerichtsprozesse entsprechen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Verfahren. Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards; sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Trinkwasser und Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet.

Die Afghanische Nationale Polizei [ANP] gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, die inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front kämpfen, werden auch künftig auf internationale Unterstützung sowie Beratung und Ausbildung angewiesen sein. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stellt die hohe Ausfallquote dar: Rund 35 Prozent der Angehörigen der Afghanischen Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Die Desertionsrate in der Armee wird nur noch von jener der ANP übertroffen.

Die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre eigenen parallelstaatlichen Justizsysteme eingerichtet. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer äußerst strikt ausgelegten Interpretation der Shari'a; die von ihnen ausgeführten Bestrafungen umfassen auch Hinrichtungen und körperliche Verstümmelungen und werden von UNAMA teilweise als Kriegsverbrechen eingestuft.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 12f)

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht festzustellen. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen (Bericht des XXXX vom 04.06.2013). Blutfehden können zu lang anhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Pashtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Racheakte nicht an Frauen und Kinder verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann die Blutfehde ruhen, bis die Familie des Opfers sich in der Lage sieht, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters durch das formale Rechtssystem schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus.

Innerhalb der Polizei sind Korruption, Machtmissbrauch und Erpressung - ebenso wie in der Justiz - endemisch.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013)

Versorgungslage:

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die "Kornkammer" - des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten haben zur Folge, dass ca. 1 Mio. oder 29,5 % aller Kinder als akut unterernährt gelten.

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 20)

Medizinische Versorgung:

Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder aus älteren Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation von 2008-2011 vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen.

Grundsätzlich hat sich die medizinische Versorgung, insbesondere im Bereich der Grundversorgung, in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, fällt jedoch im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Aktuell liegt die Lebenserwartung in Afghanistan noch bei ca. 50 Jahren. Die Lebenserwartung bei Geburt liegt nunmehr bei 60 Jahren, gegenüber 68 Jahren im regionalen Vergleich, was für Afghanistan einen Anstieg um 18 Jahre über das letzte Jahrzehnt bedeutet. Über den gleichen Zeitraum sind auch die Verbesserungen in den Bereichen Mutter- und Kindersterblichkeit (bis zum fünften Lebensjahr) erheblich. Diese gingen um 70 %, bzw. 60 % zurück, bewegen sich mit 460 Todesfällen auf 100.000 Geburten und 257 von 1000 lebend Geborenen, die nicht das fünfte Lebensjahr erreichen, jedoch weiterhin zwischen 74 % und 84 % über dem regionalen Durchschnitt.

Die medizinische Versorgung leidet trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärzten und Ärztinnen, sowie gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 standen 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine Person qualifizierten medizinischen Personals gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen.

Durch die gute ärztliche Versorgung im "French Medical Institute" und dem Deutschen Diagnostischen Zentrum in XXXX können Patienten einschließlich Kinder auch mit komplizierteren Krankheiten in XXXX behandelt werden. Afghanische Staatsangehörige mit guten Kontakten zum ausländischen Militär oder Botschaften können sich unter bestimmten Umständen auch in Militärkrankenhäusern der ausländischen Truppen behandeln lassen.

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - findet, abgesehen von einzelnen Pilotprojekten, nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt. In XXXX gibt es eine psychiatrische Einrichtung mit 60 Betten, die stets erheblich überfüllt ist. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils nur 15 Betten für psychiatrische Fälle und in Masar-e Sharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn die Person kein unterstützendes Familienumfeld hat. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden eher in spirituellen Schreinen (z.B. dem Mia Ali Baba Schrein) unter teilweise unmenschlichen Bedingungen behandelt oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben".

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 20f)

Während sich der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für die städtische Bevölkerung verbessert hat, hat sich dieser für die ländliche Bevölkerung sowie für Nomaden verschlechtert. Insbesondere für Personen, welche in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher Gruppierungen leben, sind medizinische Einrichtungen schwer zu erreichen. 10 % der Kinder sterben, bevor sie das 5. Lebensjahr erreichen und die Müttersterblichkeit gehört noch immer zu den weltweit höchsten.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 21)

Rückkehrfragen:

Freiwillig zurückkehrende Afghanen kamen in den ersten Jahren meist bei Familienangehörigen unter, was die in der Regel nur sehr knapp vorhandenen Ressourcen (Wohnraum, Versorgung) noch weiter strapazierte. Eine zunehmende Zahl von Rückkehrern verfügt aber nicht mehr über diese Anschlussmöglichkeiten.

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10. Jänner 2012, S. 28)

Ob ein Schutz in XXXX für Personen aus einer Konfliktregion gegeben ist, hängt sehr von der Schwere des Konflikts ab, ob sie oder er in XXXX weiter verfolgt wird. Aufgrund der Stammesgesellschaft mit nahen Familiennetzen ist es kein Problem, jemanden zu finden, wenn man es wirklich will. Auch den nationalen Behörden ist es möglich, in XXXX Personen ausfindig zu machen. Die Problematik, die sich jedoch dabei stellt, ist, dass es in Afghanistan keine Registrierung der Adresse gibt.

(Danish Immigration Service, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to XXXX, vom 29. Mai 2012)

Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.04.2013). Gemäß UNHCR waren rund 40 % der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60 % der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.09.2013)

Rückkehrer können vor allem dann auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 2. März 2015, S. 5)

UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen.

(Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011)

Die traditionelle erweiterten Familien- und Gemeinschaftsstrukturen der afghanischen Gesellschaft bilden weiterhin den vorwiegenden Schutz- und Bewältigungsmechanismus, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Infrastruktur nicht so entwickelt ist. Afghanen sind auf diese Strukturen und Verbindungen zum Zweck der Sicherheit und des wirtschaftlichen Überlebens, einschließlich des Zugangs zur Unterkunft und eines angemessenen Niveaus des Lebensunterhaltes angewiesen.

Alleinstehende Männer und Kernfamilien können unter gewissen Umständen ohne Unterstützung von Familie oder Gemeinschaft in städtischen oder semi-urbanen Gegenden mit entwickelter Infrastruktur und unter effektiver Kontrolle der Regierung leben.

(UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 06.08.2013)

Ausweichmöglichkeiten:

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften. Für eine Unterstützung seitens der Familie kommt es auch darauf an welche politische und religiöse Überzeugung das jeweilige Heimatdorf dominiert. Für Frauen ist es kaum möglich, ohne familiäre Einbindung in andere Regionen auszuweichen.

(XXXX, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 31. März 2014, S. 16)

Nach Ansicht von UNHCR besteht in umkämpften Gebieten keine interne Fluchtmöglichkeit. Da regierungsfeindliche Gruppierungen wie die Taliban, das Haqqani-Netzwerk oder Hekmatyars Hezb-e Islami über operationelle Kapazitäten verfügen, Personen im ganzen Land zu verfolgen, existiert für von diesen Gruppierungen bedrohte Personen auch in Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative. Die afghanische Regierung hat in zahlreichen Gebieten des Landes die effektive Kontrolle an regierungsfeindliche Gruppierungen verloren und ist dort daher nicht mehr schutzfähig. Betreffend der Verletzung sozialer Normen muss in Betracht gezogen werden, dass konservative Akteure auf allen Regierungsstufen Machtpositionen innehaben und das weite Segmente der afghanischen Gesellschaft konservative Wertvorstellungen vertreten. UNHCR schließt für alleinerziehende Frauen ohne nahe männliche Angehörige eine innerstaatliche Fluchtalternative aus.

(UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2013, S. 72 bis 78)

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch die am XXXX durchgeführte mündliche Verhandlung Beweis erhoben.

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität getroffen wurden, beruhen diese auf den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer hat weder vor der belangten Behörde noch vor dem Asylgerichtshof bzw. dem nunmehr zuständigen Bundesverwaltungsgericht Dokumente, die seine Identität belegen hätten können, vorgelegt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und zur Religionszugehörigkeit, zur Herkunft sowie zu den Familienverhältnissen und Lebensumständen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers stützen sich auf die diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Verwaltungsverfahren sowie auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen hinsichtlich der Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers beruhen auf der eigenen Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen hinsichtlich der Eheschließung in Österreich, den Familienverhältnissen außerhalb des Herkunftsstaates sowie den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den vorgelegten Beweismitteln und den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauskunft.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Feststellungen zu den Gründen des Beschwerdeführers für das Verlassen seines Herkunftsstaates waren nach Zurückziehung seiner Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Feststellungen zur Frage, ob es glaubhaft ist, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK droht, und ob ihm eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative zur Verfügung steht, beruhen auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers zu seiner individuellen Situation (Lebensumstände) im Zusammenhang mit der Lage in seiner Herkunftsregion (Länderberichte).

So ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere zu seiner Herkunftsregion in Afghanistan, dem Zeitpunkt des Verlassens seines Herkunftsstaates, seiner Schul- und Berufsausbildung sowie dem nicht mehr vorhandenen Kontakt zu seinen Familienmitgliedern in Afghanistan, insgesamt betrachtet, soweit für die hier zu treffende Beurteilung wesentlich, gleichlautend und widerspruchsfrei. So tätigte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren im Wesentlichen übereinstimmende und nachvollziehbare und daher auch insgesamt als glaubhaft zu bewertende Angaben zu seiner Herkunftsregion, seiner Schul- und Berufsausbildung und seinen Familienmitgliedern. So hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am XXXX sowie im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend angegeben, dass sein Vater bereits verstorben ist und er zu seinen restlichen Familienmitgliedern keinen Kontakt mehr hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457).

Das Vorbringen des Asylwerbers ist immer dann glaubhaft, wenn es erstens genügend substantiiert ist, d.h. der Asylwerber den Sachverhalt nicht nur sehr vage schildert und sich auf Gemeinplätze beschränkt, sondern konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse macht. Um als glaubhaft zu gelten und schlüssig zu sein, darf sich der Asylwerber zweitens nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen. Das Vorbringen muss drittens plausibel sein, d.h. es muss mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Der Asylwerber hat viertens persönlich glaubwürdig zu sein. Das wird dann zutreffen, wenn sich das Vorbringen nicht auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel stützt, wenn keine wichtigen Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch dargestellt werden und wenn das Vorbringen im Laufe des Verfahrens nicht ausgewechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet wird bzw. die beschwerdeführende Partei mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert (AsylG 1991, RV270 Blg. NR.18; AB 328 Blg. NR 18. GP).

Der Verwaltungsgerichtshof betont die Wichtigkeit des persönlichen Eindrucks, den der zur Entscheidung berufene Richter in der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer gewinnt (vgl. VwGH 20.06.1999, Zl. 98/20/0435; 20.5.1999, Zl. 98/20/0505 zum insoweit vergleichbaren und beachtlichen persönlichen wichtigen Eindruck des zur Entscheidung berufenen Mitglieds der Berufungsbehörde vom Berufungswerber).

Der Beschwerdeführer hinterließ in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen persönlich glaubwürdigen Eindruck. Der Beschwerdeführer war in der Lage, Detailfragen zu seinen individuellen Lebensumständen und seinem familiären und sozialen Netzwerk in seinem Herkunftsstaat zu beantworten. Das Bundesverwaltungsgericht kann keinen Grund erkennen, an den diesbezüglichen - in dieser Hinsicht im Wesentlichen im gesamten Verfahren gleichlautenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln. Hinsichtlich einiger weniger Abweichungen, die jedoch nicht den Kern des Vorbringens des Beschwerdeführers betroffen haben, wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten für sich alleine nicht geeignet sind, den übereinstimmenden Kern einer Aussage des Asylwerbers zu erschüttern (vgl. VwGH 23.01.1997, Zl. 95/20/0303).

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (neben der aktuellen Lage in der Herkunftsregion vor allem die individuellen Lebensumstände des Beschwerdeführers im Herkunftsland) ist somit glaubhaft.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan stützen sich auf die zitierten Quellen. Die Zusammenstellung erfolgte aus öffentlich zugänglichen Länderinformationen staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, nach Überprüfung der Seriosität und Plausibilität der Dokumente, unter Bedacht auf die Ausgewogenheit der Auswahl.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Die Verfahrensparteien sind den in das Verfahren im Rahmen des Parteiengehörs eingeführten Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat nicht substantiiert entgegengetreten. Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wurde der Asylgerichtshof mit 1. Jänner 2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes (Bundesverwaltungsgericht). Dieses hat gemäß § 75 Abs. 19 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (im Folgenden: "AsylG 2005") alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren (nach Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG 2005) zu Ende zu führen.

Da das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig gewesen ist, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu A) Entscheidung in der Sache:

3.2.1. Zur Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht; darunter fällt auch die Zurückziehung der Beschwerde (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63 Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Mit der unmissverständlich formulierten Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides durch den bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX (siehe oben Punkt I. 2.10) ist dieser Spruchteil I. rechtskräftig geworden; einer Sachentscheidung durch das Gericht ist damit die Grundlage entzogen. Das diesbezügliche Verfahren war daher mit Beschluss einzustellen (vgl. dazu auch jüngst VwGH 29.04.2015, Zl. 2014/20/0047, wonach aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervorgeht, dass eine bloß formlose Beendigung [etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes] eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt).

3.2.2. Zu Spruchpunkt A) I. dieses Erkenntnisses:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit der Versorgung im Zielstaat können unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK relevant sein (VfSlg. 19.602/2011 mwN).

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Zu prüfen ist, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 AsylG 1997 iVm. § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt (vgl. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der dem Beschwerdeführer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfSlg. 19.739/2013; VfGH 12.6.2013, U 2087/2012).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (z.B. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443;

13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164;

16.07.2003, Zl. 2003/01/0059).

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gegeben sind:

Aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zwar, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

Zur Sicherheitslage in der XXXX XXXX, wo der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise gelebt hat, ist auszuführen, dass diese zwar - im Landesvergleich - relativ sicher ist, allerdings ist auch den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen zu entnehmen, dass es vor allem in den Jahren 2014 und 2015 zu zahlreichen sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen ist und eine positive Zukunftsprognose im Sinne einer Verbesserung der Sicherheitslage nach den derzeit vorhandenen Quellen nicht in Sicht ist.

Hinsichtlich der in Afghanistan vorherrschenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist weiters auszuführen, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist. Die soziale Absicherung liegt traditionell bei den Familien und Stammesverbänden. Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehren, stoßen auf größere Schwierigkeiten als Rückkehrer, die in Familienverbänden geflüchtet sind oder in einen solchen zurückkehren, da ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich zwar um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Es muss demgegenüber aber maßgeblich berücksichtigt werden, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen Erwachsenen handelt, der Afghanistan bereits in jungen Jahren verlassen hat und der über keine abgeschlossene Schulausbildung verfügt. Auch hat der Beschwerdeführer keinen Beruf erlernt und in Afghanistan noch nie gearbeitet. Es ist daher mehr als fraglich, ob er nach seiner langen Abwesenheit als quasi "Fremder" aus dem Westen eine Beschäftigung finden und ein ausreichendes Einkommen erzielen kann. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über keine ausreichenden familiären Kontakte mehr in Afghanistan. Sein Vater ist bereits verstorben und zu seinen übrigen Familienmitgliedern hat der Beschwerdeführer schon seit Jahren keinerlei Kontakte mehr. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer eigenständig (genügend) versorgen und eine neue Existenz für sich aufbauen kann.

Im konkreten Einzelfall wäre der Beschwerdeführer daher im Fall der Rückkehr nach Afghanistan vorerst auf sich alleine gestellt und gezwungen, nach einem - wenn auch nur vorläufigen - Wohnraum zu suchen. Wie aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ersichtlich ist, stellt sich die Versorgung mit Wohnraum und Nahrungsmitteln insbesondere für alleinstehende Rückkehrer ohne hinreichenden familiären Rückhalt meist nur unzureichend dar. Angesichts der derzeitigen politischen Lage in Afghanistan ist zudem ausreichende staatliche Unterstützung sehr unwahrscheinlich.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 8 Abs. 3 iVm § 11 AsylG 2005) steht dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen sowie auch im Hinblick auf die allgemein schlechte Versorgungslage in Afghanistan ebenfalls nicht zur Verfügung.

Im gegenständlichen Fall kann daher unter Beachtung der den Beschwerdeführer betreffenden individuellen Umstände nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er im Fall der Rückkehr nach Afghanistan - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, welche unter Berücksichtigung der oben dargelegten persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und der derzeit in Afghanistan vorherrschenden Sicherheits- und Versorgungslage mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde.

Die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan ist daher derzeit unter den dargelegten Umständen nicht zumutbar. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt sein, in Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt zu werden.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 sind sohin gegeben und war dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.3. Zu Spruchpunkt A) II. dieses Erkenntnisses:

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Im gegenständlichen Fall war der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen (siehe Spruchpunkt A) I. dieses Erkenntnisses). Daher war gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres zu erteilen.

3.2.4. Zu Spruchpunkt A) III. dieses Erkenntnisses:

Aufgrund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten war Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf eine ständige - in der Begründung zitierte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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