UFS RV/2218-W/11

UFSRV/2218-W/1129.6.2012

Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung an einer englischsprachig geführten Fachhochschule.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/13/0076 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 26.6.2013 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom 4. Februar 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom 2. Februar 2011 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 idgF sowie der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehen. Weiters strittig ist die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 idgF.

Sonderausgaben in Höhe von € 730,00 für Wohnraumschaffung wurden bereits vom Finanzamt im Zuge der Berufungsvorentscheidung anerkannt und sind nunmehr unstrittig (§18 EStG 1988 idgF).

Der Einkommensteuerbescheid wurde wie folgt begründet:

Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt in Höhe von € 2.368,00 nicht übersteigen würden.

Der Alleinerzieherabsetzbetrag konnte nicht berücksichtigt werden, da die Bw. im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner gelebt habe. Der Alleinerzieherabsetzbetrag stehe nur dann zu, wenn der (die) Alleinerzieher(in) im Kalenderjahr mehr als sechs Monate für mindestens ein Kind Anspruch auf Familienbeihilfe habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw. Berufung wie folgt: Sie habe kurz nach Steuererklärungsabgabe ein zusätzliches Schreiben von Wiener Wohnen betreffend Annuitätenbestätigung nachgereicht, welches bei o.a. Steuerbescheid bei Errechnung des Selbstbehalts nicht berücksichtigt worden sei.

Sie sei seit 1.9.2009 von ihrem Gatten getrennt lebend und daher treffe die Aussage im Einkommensteuerbescheid, sie habe im Veranlagungsjahr mehr als 6 Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner gelebt, nicht zu.

Sie beantrage den Alleinerzieherabsetzbetrag, da ihre Tochter noch studiere und Familienbeihilfe bekomme.

Als Beilage übersandte die Bw. die korrigierte Erklärung L1, den nachgereichten Beleg sowie den Beleg betreffend Rückzahlungen für den Kredit.

Das Finanzamt erließ eine Berufungsvorentscheidung (BVE), wobei der Einkommensteuerbescheid abgeändert wurde, und begründete diese wie folgt:

Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen sei, hätten nicht berücksichtigt werden können, da sie den Selbstbehalt in Höhe von € 2.320,01 nicht übersteigen würden.

Der Alleinerzieherabsetzbetrag stehe nur dann zu, wenn der (die) Alleinerzieher(in) im Kalenderjahr mehr als sechs Monate für mindestens ein Kind Anspruch auf Familienbeihilfe habe.

Daraufhin stellte die Bw. einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz mit folgender Begründung:

Sie habe laut beiliegendem Formular E30 am 23.08.2010 den Alleinerzieherabsetzbetrag bei ihrer Arbeitgeberfirma (Name ist aktenkundig) beantragt.

Weiters habe sie laut Meldung und Auskunft der Abgabenbehörde einen 2. Antrag am 24.08.2010 für diesen Absetzbetrag gestellt. Dazu habe sie am 15.09.2010 den Einkommensbescheid mit einer ergänzenden Gutschrift erhalten.

Es habe ihr kein Mitarbeiter des Finanzamtes und auch niemand der Personalabteilung ihrer Arbeitgeberfirma mitgeteilt, dass sie noch das Formular für Änderung des Familienbeihilfenbeziehers ausfüllen müsse. Erst in gegenständlichem Verfahren habe ihr dies ein Mitarbeiter des Finanzamtes mitgeteilt. Deshalb sei auch ihr Antrag im Jahr 2010 in der Erklärung L 1 bezüglich Alleinerzieherabsetzbetrag nicht genehmigt worden, sei ihr von einem Finanzamtsmitarbeiter mitgeteilt worden. Ihr Gatte habe auch bei seinem Auszug im September 2009 versichert, dass er alle Umänderungen veranlassen werde.

Weiters lege sie auch das Formular L1k bei, da ihre Tochter im Jahr 2010 6 Monate in 3500  Krems auf die Fachhochschule gegangen sei und auch dort während der Schulzeit ihren Alltag verbracht habe, dadurch sei es zu Mehrausgaben gekommen. Weiters absolviere ihre Tochter seit September 2010 ein Pflichtsemester in Paris/Frankreich, weshalb dadurch auch ihre Unterstützungskosten höher seien.

Ihre Tochter bekommt seit ihrer Trennung am 15.09.2009 von ihrem Vater bzw. vom Gatten der Bw. die Familienbeihilfe auf ihr eigenes Konto, aber es sei ihr nie mitgeteilt worden, dass auch der Familienbeihilfenbezieher von Name1 auf Name2, da die Tochter ja bei ihr wohne, geändert gehöre, trotz Meldung beim Finanzamt und in ihrer Firma. Sie ersuche daher ihren Antrag auf Familienbeihilfe, den sie nunmehr am 24.03.2011 beim Finanzamt abgegeben habe, rückwirkend mit 15.09.2009 anzuerkennen, da sie bis dato von niemanden über die Sachlage aufgeklärt worden sei und ihr nicht bewusst gewesen sei, etwas verabsäumt zu haben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Ad Alleinerzieherabsetzbetrag (AEAB):

In §33 (4) EStG 1988 wird Folgendes determiniert: Es stehen folgende Absetzbeträge zu:

           

2.

Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

-

bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

-

:::

 

Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

 

Der AEAB trägt der Einschränkung des Alleinerziehers im Erwerbsleben Rechnung. Der AEAB steht einem Alleinerzieher zu. Ein Alleinerzieher ist gem. § 4 Z 2 EStG 1988 idgF ein StPfl, der mit mind einem Kind (§106 Abs 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt. Für die Zuerkennung des AEAB muss ein Kind im steuerlichen Sinne vorhanden sein. Als Kind iSd EStG gilt in diesem Zusammenhang ein Kind, für das dem Stpfl mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach Abs 3 zusteht. Anspruchsvoraussetzung für den Kinderabsetzbetrag ist der Bezug von Familienbeihilfe. Nach dem Wortlaut des Gesetzes steht dem Stpfl der Kinderabsetzbetrag zu, dem aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird.

§ 2 Abs 2 Familienlastenausgleichgesetz (FLAG) 1967 besagt: Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist (BGBl 1977/646).

Da unstrittigerweise im Berufungszeitraum dem Vater der Bw. Familienbeihilfe zustand bzw. gewährt wurde, stand der Bw. im Berufungszeitraum auch der Kinderabsetzbetrag nicht zu, zumal aufgrund oben angeführter gesetzlicher Bestimmungen die Tochter der Bw. kein Kind im steuerlichen Sinn hinsichtlich des Bezugs des AEAB ist (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2010, Baldauf/Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner, § 33 Tz 33ff).

Daran kann auch eine nunmehr im Zuge des Berufungsverfahrens beantragte Ummeldung des Anspruchsberechtigten vom Vater ihrer Tochter nunmehr auf sie als Mutter und Alleinerzieherin nichts ändern.

Da die gesetzlich geforderten Voraussetzungen für den Bezug des Alleinerzieherabsetzbetrages iSd o.a. § 33 Abs. 4 EStG 1988 idgF nicht erfüllt sind, ist die Berufung in diesem Punkt abzuweisen.

Ad Krankheitskosten iHv € 800,00:

§ 34. (1) Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 lautet wie folgt: Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

           

1.

Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2.

Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3.

Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro .....................................................

6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ........................................

8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro .........................................

10%.

mehr als 36 400 Euro ...........................................................

12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

           

-

wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht,

-

für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

Diesbezüglich wird auf die Begründung in der Berufungsvorentscheidung hingewiesen. In diesem Punkt wird die Berufung abgewiesen, da die Krankheitskosten auch den nunmehr aufgrund der Berufungsentscheidung sich ergebenden Selbstbehalt nicht übersteigen (ersichtlich aus dem beiliegenden Berechnungsblatt).

Ad auswärtige Berufsausbildung der Tochter der Bw.:

§ 34 Abs. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 idgF lautet wie folgt: Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Sowohl bei Schulen als auch bei Hochschulen und Universitäten wird auf einen gleichwertigen (Hoch)Schulabschluss abgestellt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls seit 2009 in § 34 Abs. 8 EStG 1988 die mangelnde Zwangsläufigkeit kein Tatbestandsmerkmal bedeutet (s Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 13. EL § 34 Anm 57a; Stand: 1.6.2011; © 2001-2012 MANZ). Demgemäß trifft dies für gegenständlichen Berufungsfall die Einkommensteuer 2010 betreffend zu.

Wiederholt wurde ausgesprochen dass eine zwei- oder fremdsprachig geführte Schule mit einer deutschsprachig geführten nicht vergleichbar sein wird (vgl UFS [Wien], Senat 9 [Referent], 12. 1. 2005, RV/1430-W/04, zu einer deutsch/ungarischen Volksschule; UFS [Wien], Senat 12 [Referent], 21. 2. 2005, RV/1031-W/04, zur Ausbildung eines hochbegabten Kindes an einer ausländischen höheren Schule mit englischer Unterrichtssprache; s auch Anm 64; zum EStG 1972 hat der VwGH - siehe unten - diese Unterscheidung nicht getroffen; diesbezügliche Judikatur zum EStG 1988 besteht nicht).

Bei Universitäten sind nach der Judikatur die "Kernbereiche" maßgebend:

So entspricht das Studium der "Angewandten Betriebswirtschaftslehre" an der Universität Klagenfurt - im Jahr 1995 - bei einer Gegenüberstellung der Studienordnungen und Studienpläne bei weitgehend gleichen "Kernfächern" jenem der "Betriebswirtschaftslehre" an der Karl-Franzens-Universität Graz; Unterschiede müssten den "Kernbereich" des Studiums betreffen (VwGH 7. 8. 2001, 97/14/0068; ebenso VwGH 26. 5. 2004, 2000/14/0207 betreffend Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Linz und Studium der Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien und UFS [Graz], Senat 1, 16. 2. 2007, RV/0189-G/06, betreffend Studium der Volkswirtschaftslehre an der Karl-Franzens-Universität Graz und an der Wirtschaftsuniversität Wien).

Als gleichwertig erachtet wurde ferner das Musikstudium in Wien mit jenem am Mozarteum in Salzburg (FLD Wien, NÖ, Bgld, Senat V, 18. 3. 1994, 93/322X/09), ebenso das Musikstudium in Salzburg mit jenem in Genf (VwGH 11. 5. 1993, 90/14/0105).

Das Studium "Architektur" an der Kunstuniversität Linz ist trotz einzelner Unterschiede mit jenem an der Universität für angewandte Kunst in Wien gleichwertig (UFS [Linz], Senat 1 [Referent], 11. 3. 2003, RV/2109-L/02), das Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen im Kernbereich mit jenem an der Universität Graz (UFS [Graz], Senat 2 [Referent], 27. 5. 2003, RV/0595-G/02), das Studium der Wirtschaftsinformatik an der Universität Wien mit jenem an der Universität Linz (UFS [Linz], Senat 5, 22. 3. 2005, RV/0719-L/04), das Studium der Informatik an der Universität Klagenfurt (Abschluss: Mag. rer. soc. oec.) nach UFS (Klagenfurt), Senat 2 (Referent), 20. 7. 2007, RV/0087-K/06, mit jenem an der Technischen Universität Wien (Abschluss: Dipl.-Ing.), ebenso das Bakkalaureatsstudium der Informatik an der Universität Klagenfurt jenem an der Universität Wien (UFS [Klagenfurt], Senat 2 [Referent], 13. 5. 2008, RV/0356-K/07), das Studium der Rechtswissenschaften in Linz jenem in Salzburg (UFS [Salzburg], Senat 11 [Referent], 11. 3. 2008, RV/0250-S/07), das Bachelorstudium "Wirtschaftsrecht" an der Wirtschaftsuniversität Wien dem Bachelorstudium "Recht und Wirtschaft" an der Paris Lodron Universität Salzburg (UFS [Salzburg], Senat 13 [Referent], 19. 4. 2010, RV/0305-S/09, mit Darstellung der Studienpläne).

Freilich kann sich ein Studium trotz gleicher oder ähnlicher Bezeichnung von einem an einer anderen Universität betriebenen inhaltlich auch grundlegend unterscheiden (zB "Natural resources" an der Montanuniversität Leoben und an der Universität für Bodenkultur in Wien).

Die technische und wirtschaftliche Entwicklung in praktisch allen Berufszweigen, die internationale Verflechtung sowie die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt lassen es als geboten erscheinen, Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, die über das in Ausbildungsvorschriften normierte Ausmaß hinausgehen und allenfalls auch eine Ausbildung im Ausland - ganz oder teilweise - zu absolvieren.

Die zu den im Geltungsbereich des EStG 1972 nicht mit einem Pauschbetrag beschränkten tatsächlichen Berufsausbildungskosten ergangene Rsp hat Mehraufwendungen infolge eines Auslandsstudiums die (nach der damaligen Rechtslage zu prüfende) Zwangsläufigkeit abgesprochen (zB VwGH 4. 3. 1986, 85/14/0164; VwGH 2. 5. 1991, 90/13/0294; VwGH 11. 5. 1993, 91/14/0105; nach VwGH 14. 1. 2003, 97/14/0055 soll - abweichend von VwGH 25. 9. 2002, 98/13/0167 - diese Rsp auch weiterhin anwendbar sein). Hingegen besteht zivilrechtlich - s oben - bei entsprechenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen auch eine Unterhaltspflicht hins eines Auslandsstudiums (s Anm 59); auch unionsrechtlich - EuGH 28. 10. 1999, Rs C-55/98 , Vestergaard - wäre eine Beschränkung auf Ausbildungsgänge im Inland unzulässig und sind jedenfalls Ausbildungen in anderen Mitgliedstaaten der EU mit solchen in Österreich gleich zu behandeln (vgl auch BFH 13. 6. 2002, VI R 168/00).

Die zum EStG 1988 ergangene Rsp unterscheidet nunmehr zutreffenderweise nicht zwischen in- und ausländischen Studien (VwGH 7. 8. 2001, 97/14/0068). Es ist für die Anerkennung der nach Abs 8 pauschalierten Kosten eines Auslandsstudiums nach der nunmehrigen Rsp lediglich erforderlich, dass eine der Art nach vergleichbare Ausbildung im Einzugsbereich des Wohnortes nicht möglich ist (VwGH 25. 9. 2002, 98/13/0167).

Die Abzugsfähigkeit wurde von Berufungsbehörden etwa bejaht hins einer Teilnahme am Erasmus Programm in Coventry (FLD Wien, NÖ, Bgld, GA 17, 26. 9. 2000, RV/80X-17/99) oder einem viermonatigen geförderten Praktikum an der Universität Bangkok (UFS [Linz], Senat 7 [Referent], 21. 3. 2003, RV/1281-L/02), verneint bei einem einjährig postgradualem Wirtschaftsstudium in Boston, wenn das Kind bereits durch Arbeit bei mehreren Firmen seine Selbsterhaltungsfähigkeit unter Beweis gestellt hat (FLD Wien, NÖ, Bgld, GA 17, 3. 4. 2000, RV/81X-17/99), ebenso bei einem Post graduate Studium in New York nach vierjähriger Berufstätigkeit (UFS [Innsbruck], Senat 1 [Referent], 29. 8. 2005, RV/0441-I/04).

Nach Ansicht von UFS (Feldkirch), Senat 1 (Referent), 7. 5. 2003, RV/0116-F/03, ist bei einem Studium an einer fremdsprachigen Universität angesichts der Vermittlung der Lehrinhalte in einer Fremdsprache von unterschiedlichen Lehrinhalten und damit von einer fehlenden Vergleichbarkeit der auswärtigen Ausbildung mit einer inländischen (deutschsprachigen) auszugehen; Gleiches müsste für inländische Ausbildungsstätten mit fremdsprachigem Lehrplan gelten. Den Pauschbetrag vermittelt ein Auslandsstudium etwa auch, wenn der Studienplan an der inländischen Universität die Absolvierung eines Teils des Studiums an einer nichtdeutschsprachigen Universität vorschreibt (vgl UFS [Salzburg], Senat 5 [Referent], 11. 9. 2006, RV/0376-K/05). Die vorübergehende Ausbildung an einer High School in den USA im Rahmen eines einjährigen AFS-Schüleraustausches führt ebenfalls zur Gewährung des Pauschbetrages (UFS [Wien], Senat 17 [Referent], 19. 8. 2008, RV/1313-W/07; Amtsbeschwerde zu VwGH 2008/13/0197 anhängig).

Verfehlt erscheint eine allfällige Ansicht, die Eltern seien nicht verpflichtet, der Tochter eine Ausbildung an einer deutschsprachig geführten Tourismusschule in Salzburg zu ermöglichen, wenn eine ähnliche englischsprachige Schule im Nahebereich in Wien bestehe, auch wenn die Tochter die Aufnahmevoraussetzungen in diese Schule infolge schlechter Englischnoten im Abschlusszeugnis der Vorausbildungseinrichtung nicht erfüllt.

Auch nach dem Lohnsteuerprotokoll 2001 und Rz 876 LStR 2002 steht jedenfalls für Auslandsaufenthalte im Rahmen von (materiell oder immateriell geförderten) Austauschprogrammen sowie anlässlich von Studien an fremdsprachigen Universitäten der Pauschbetrag gem § 34 Abs 8 zu. Allerdings sind auch hier die Kosten mit dem Pauschbetrag begrenzt; die - bei einem Auslandsstudium idR diesen weit überschreitenden - tatsächlichen Kosten können lediglich in Ausnahmefällen (s Anm 76) steuerlich geltend gemacht werden (vgl VwGH 25. 9. 2002, 98/13/0167).

Auch die bisherige Rsp, wonach in Österreich idR die jeweils nächstgelegene öffentliche (Hoch)Schule bzw Universität zu wählen ist, die eine der besuchten Bildungseinrichtung vergleichbare Ausbildung anbietet, ist vor dem Hintergrund der fortschreitenden Autonomie der einzelnen Einrichtungen hins der konkreten Gestaltung der Ausbildung nicht mehr so ohne weiters auf alle Ausbildungsgänge anwendbar. Es ist vielmehr im Einzelfall - unter Berücksichtigung der Begabungen (beispielsweise der Sprachenbegabung) des Kindes - die tatsächliche Vergleichbarkeit zu prüfen. Ähnlichkeit allein genügt jedenfalls nicht. Das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg kann nach der derzeitigen Rechtslage deutliche Unterschiede etwa zum Jusstudium an der Universität Graz aufweisen.

Rz 876 LStR 2002 nehmen hierzu nicht unmittelbar Stellung, unterscheiden aber abweichend von den LStR 1999: Wird eine Ausbildungsmöglichkeit im Nahebereich des Wohnortes nur deswegen nicht wahrgenommen, weil qualitative Schwerpunkte (bestimmte Prüfungen sind "schwieriger", die Teilnahme an Seminaren erfordert eine bestimmte Qualifikation) gesetzt werden, sind aber Lehrinhalte und der Ausbildungsabschluss grundsätzlich gleich, liegt keine Zwangsläufigkeit der auswärtigen Berufsausbildung vor. Muss allerdings eine Ausbildungsmöglichkeit außerhalb des Nahebereiches deswegen in Anspruch genommen werden, weil ein Zugang im Nahebereich - etwa infolge besonderer Zugangsbeschränkungen oder eines strengen Auswahlverfahrens (vgl VwGH 25. 9. 2002, 98/13/0176, betr Reinhardt-Seminar; UFS [Innsbruck], Senat 3 [Referent], 11. 2. 2004, RV/0339-I/03, betr Akademie für den Physiotherapeutischen Dienst) - nicht möglich ist, steht der Freibetrag zu.

Ein mehrmonatiger Auslandsaufenthalt im Rahmen des American Field Service (AFS) mit Spanischunterricht und Arbeiten an lokalen biologischen Projekten im Regenwald (ganztags mit freien Wochenenden) kann eine nützliche Vorbereitung für ein Biologiestudium mit Spezialrichtung Ökologie darstellen und zu nach Abs 8 abzugsfähigen Aufwendungen führen (FLD Wien, NÖ, Bgld, GA 17, 1. 10. 2002, RV/22X-17/07/02). Hingegen soll nach UFS [Graz], Senat 6 [Referent], 14. 11. 2006, RV/0361-G/06, ein mehrmonatiger Schüleraustausch (Unterricht an einer Schule im Ausland) den Freibetrag unter Hinweis auf die im Inland mögliche Ausbildung nicht vermitteln (s aber die gegenteilige Entscheidung des UFS [Wien] zu einer High School in den USA in Anm 63).

Art 21 AEUV garantiert jedem Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet aller Mitgliedstaaten frei zu bewegen. Art 165 Abs 2 zweiter Teilstrich AEUV sieht ausdrücklich vor, dass die Tätigkeit der Gemeinschaft zum Ziel hat, die Mobilität von Lernenden und Lehrenden zu fördern. Art 166 Abs 2 dritter Teilstrich AEUV bestimmt darüber hinaus, dass die Tätigkeit der Gemeinschaft zum Ziel hat, die Aufnahme einer beruflichen Bildung zu erleichtern sowie die Mobilität der Ausbilder und der in beruflicher Bildung befindlichen Personen, insb der Jugendlichen, zu fördern (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 13. EL § 34 Anm 58 ff; Stand: 1.6.2011; © 2001-2012 MANZ).

Nach Ansicht des UFS ist in gegenständlichem Berufungsfall bei einem Studium an der Fachhochschule in Krems angesichts der Vermittlung der Lehrinhalte in einer Fremdsprache (nämlich Englisch) von unterschiedlichen Lehrinhalten und damit von einer fehlenden Vergleichbarkeit der auswärtigen Ausbildung mit einer deutschsprachigen (allenfalls an der Wiener Fachhochschule) auszugehen.

Gem. § 34 (8) EStG 1988 idgF gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Das Kind der Bw. studierte an der Fachhochschule f. Tourismus- und Eventmanagement in Krems. Im Zuge dieser Ausbildung studierte die Tochter der Bw. ab September 2010 ein (Pflicht)Semester in Paris. Anschließend absolvierte die Tochter der Bw. ein Semester Pflichtpraktikum (nämlich im Sommersemester 2011; erforderlich für die Fachhochschulausbildung in Krems) in Paris.

Die Tochter der Bw. hat sich im Jahr 2009 an den Fachhochschulen (FH) f. Tourismus- und Eventmanagement in Wien und Krems beworben. Sie hat im Juli 2009 die Zusage f. Krems erhalten, und für Wien wurde sie auf die Warteliste gesetzt. Sie hat natürlich dann f. Krems den Vertrag unterschrieben und die Studiengebühren einbezahlt. Im September 2009 bekam sie dann von der FH Wien eine Zuschrift, dass sie doch genommen werden würde. Dies war aber für sie dann nicht mehr relevant, da sie alles f. d. FH Krems erledigt hatte, diese auch in Englisch geführt wird (Unterrichtssprache), auch dadurch einen besseren internationalen Ruf hat und ihr dann auch mehr zusagte, da auf ihre Sprachenbegabung mehr eingegangen wird. Deshalb lehnte die Tochter der Bw. dann diese verspätete Zusage von Wien ab.

Die Tochter der Bw. absolvierte die ersten beiden Semester mit sehr gutem Erfolg. Im September 2010 begann sie dann ihr (Pflicht)Studiensemester in Paris und ab Jänner 2011 ihr Pflichtpraktikum in einem Reiseunternehmen in Paris, das ihr durch die FH Krems vermittelt wurde. Ab 19.09.2011 beginnt für sie das Bachelorjahr mit dem 5. Semester an der FH Krems.

Der UFS ist zu der Ansicht gelangt, dass aufgrund der Tatsachen, dass die Tochter der Bw. nach Aufnahmeverfahren sowohl an der Fachhochschule in Wien als auch an der diesbezüglichen Fachhochschule in Krems bereits im Juli 2009 von der Fachhochschule in Krems die Zusage für einen Studienplatz in Krems erhalten hat, und die Zusage der Fachhochschule Wien erst nach Beginn der Studienlehrgänge sowohl in Wien als auch in Krems erhalten hat, für ein zügiges Fortkommen in der Ausbildung selbstverständlich ist, dass die Tochter der Bw. den Studienplatz in Krems in Anspruch genommen hat, und alle dort vorgeschriebenen Formalitäten inklusive Zahlen der Studiengebühren usw. vor Semesterbeginn - wie dies vorgeschrieben ist - erledigt hat. Aus dem bisherigen Studienerfolg ist ersichtlich, dass die Tochter der Bw. erfolgreich ihre Ausbildung an der Fachhochschule Krems vorantreibt. Darüber hinaus unterscheiden sich die gegenständliche Fachhochschule in Wien und die gegenständliche Fachhochschule in Krems dahingehend, dass die FH in Krems in englischer Sprache geführt wird, was der diesbezüglichen Sprachbegabung der Tochter der Bw. entgegenkommt. Auch dies macht es im Sinne eines Nutzens der Sprachbegabung der Tochter der Bw. und des dadurch ermöglichten Absolvierens einer FH in Englisch geführter Unterrichtssprache Dem UFS erscheint es insgesamt sinnvoll und zielführend, dass sich die Tochter der Bw. für die englisch geführte FH entschieden hat, um dadurch - abgesehen von den Aufnahmeformalitäten und dem Warten auf eine allfällige Zusage der Wiener Fachhochschule - ihre Sprachbegabung nutzbringend einsetzen zu können und aufgrund der von ihr gewählten Ausbildung einen möglichen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt lukrieren zu können.

Nach Ansicht des UFS wäre es in gegenständlichem Berufungsfall für die Tochter der Bw. nicht zumutbar gewesen, auf den Studienplatz in Krems sozusagen zu verzichten und die Anmeldeformalitäten bzw. auch die finanziellen Forderungen seitens der FH Krems nicht zu erledigen, und abzuwarten, ob sie vielleicht doch - wenn auch bereits nach Semesterbeginn sowohl in Krems als auch in Wien - von der Wiener Fachhochschule eine Zusage erhalten würde, und daraufhin allenfalls doch in der Fachhochschule Wien, bereits verspätet nach Beginn des Studienlehrganges sowohl in Wien als auch in Krems, einsteigen zu können.

Die Bw. hat aus angeführten Gründen das Erfüllen der Voraussetzungen iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988 nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht. In diesem Berufungspunkt ist der Berufung daher stattzugeben.

Sonderausgaben in Höhe von € 730,00 für Wohnraumschaffung wurden bereits vom Finanzamt im Zuge der Berufungsvorentscheidung anerkannt und sind nunmehr unstrittig (§18 EStG 1988 idgF). Betreffend den Berufungspunkt Sonderausgaben ist daher stattzugeben.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am 29. Juni 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 18 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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