Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes nach Selbsterhaltungsfähigkeit
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 11. Juli 2003 gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom 12. Juni 2003 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 1999 und 2001 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber ist Angestellter und beantragte in den Erklärungen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 1999 und 2001 die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen für die Berufsausbildung seines Sohnes an der University of Columbia in New York in Höhe von jeweils 9.000 ATS (Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für jeweils 6 Monate).
In den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1999 und 2001 mit Ausfertigungsdatum 12. Juni 2003 wurden keine Pauschbeträge für eine auswärtige Berufsausbildung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt und in den Bescheidbegründungen dazu ausgeführt, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung gelten würden, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Voraussetzung sei ferner, dass die Absicht bestehe, durch zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel zu erreichen und die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen. Da dies im gegenständlichen Fall nicht gegeben sei, könne der Freibetrag für auswärtige Berufsausbildung nicht berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom 11. Juli 2003 erhob der Abgabepflichtige gegen die o.a. Bescheide Berufung und führte darin aus, dass sein Sohn ein internationales Wirtschaftsstudium an den Universitäten Innsbruck und Miami/USA abgeschlossen habe und als Ergänzung ein Post graduate-Studium an der Columbia-University in New York absolviert habe. Auslandsstudien seien bei dieser Studienrichtung vorgeschrieben und könnten daher nicht im Inland absolviert werden. Die Prüfungen seien im Übrigen alle mit Erfolg abgelegt worden.
Die in weiterer Folge seitens des Finanzamtes erlassene abweisende Berufungsvorentscheidung (Ausfertigungsdatum 10. August 2004) wurde im wesentlichen damit begründet, dass es sich bei den in Rede stehenden Belastungen, welche aufgrund des Post graduate-Studiums des Sohnes entstanden seien, um solche handle, die nicht zwangsläufig entstanden seien. Dies deshalb, weil nach Lehre und Rechtsprechung die Zwangsläufigkeit von Kosten nicht gegeben sei, wenn deren Anlass letztlich nur die Folge eines Verhaltens des Steuerpflichtigen gewesen sei, welches aus freien Stücken gesetzt worden sei; im streitgegenständlichen Fall habe der Berufungswerber seinem Sohn freiwillig ein zusätzliches Studium nach Beendigung des eigentlichen Studiums bezahlt, sodass die Kosten hierfür nicht zwangsläufig entstanden seien. Das laut Studienordnung vorgeschriebene Auslandssemester sei - wie in der Berufung erwähnt - bereits in Miami absolviert worden. Somit sei die Ausbildung bereits abgeschlossen gewesen, weshalb eine Zusatzausbildung nicht als zwangsläufig angesehen werden könne.
Mit Schreiben vom 24. August 2004 wurde seitens des Abgabepflichtigen der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt und ergänzend ausgeführt, dass es sich bei dem Post graduate-Studium um eine Berufsausbildung handle, die die Möglichkeiten im Beruf wesentlich erweitere.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs.1 EStG 1988 in der für den Berufungszeitraum geltenden Fassung, sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs.4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß Abs. 3 leg.cit. erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 7 Z 1 bis 3 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie bzw. die dort angeführten Absetzbeträge abgegolten.
Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nach § 34 Abs. 7 Z 4 erster Satz EStG 1988 nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Gemäß § 34 Abs 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 1.500 S pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes (§ 34 Abs. 8 EStG 1988) aus dem Titel der Unterhaltsverpflichtung getragen werden (VwGH 27.5.1999, 98/15/0100).
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der Sohn des Berufungswerber - wie die Erhebungen des Unabhängigen Finanzsenates ergeben haben - nach erfolgreichem Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaftslehre bereits ab Juni 1995 bis August 1999 (Beginn des Post graduate Studiums) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Dienstnehmer bei einem Kreditinstitut in nicht unbeträchtlicher Höhe bezogen hat.
Nach der Judikatur des OGH entfällt aber die Unterhaltspflicht der Eltern bei Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, welche dann als bestehend anzusehen ist, wenn das Kind die zur Deckung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel selbst erwirbt oder zu erwerben imstande ist bzw. dem Kind eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Jedenfalls tritt die Selbsterhaltungsfähigkeit mit dem Antritt einer Beschäftigung mit relativ hohen Einkünften ein (vgl. OGH 10.6.1999, 6 Ob 11/99g).
Dass der Sohn des Berufungswerbers im Berufungszeitraum bereits selbsterhaltungsfähig war, kommt schon allein durch dessen langjährige, dem Post graduate-Studium vorangehende Berufstätigkeit mit nicht unbeträchtlichen Einkünften zum Ausdruck, wobei zudem zu berücksichtigen ist, dass der Sohn des Berufungswerbers im Berufungszeitraum bereits 29 bzw. 31 Jahre alt war.
Da somit die Unterhaltspflicht der Eltern aufgrund des Alters des Sohnes des Berufungswerbers sowie dessen vorangehende berufliche Tätigkeit bereits erloschen war, würde schon aus diesem Grund eine Berücksichtigung der Pauschbeträge für eine auswärtige Berufsausbildung als außergewöhnliche Belastung nicht den gesetzlichen Regelungen entsprechen.
Das Berufungsbegehren war daher abzuweisen und erübrigt sich die weitere Prüfung, ob die auswärtige "Berufsausbildung" des Sohnes dem Grunde nach geboten ist, was dann nicht zutreffen würde, wenn am Wohnort des Abgabepflichtigen oder in dessen Einzugsbereich - unter Berücksichtigung der Talente des Kindes - eine gleichartige Ausbildungsmöglichkeit bestehen würde.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am 29. August 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Post graduate-Studium, Einzugsbereich, zwangsläufig, außergewöhnliche Belastung |
Verweise: |