Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Entgegen dem gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor.
Die Klägerin, die in der linken Hand einen Sonnenschirm und einen Schirmständer trug und sich mit der rechten Hand leicht am Stiegengeländer festhielt, rutschte am 18. 8. 2002 auf einer aus Holzbohlen bestehenden Treppe (die nass war, wobei sich im Wasser Spuren von Sonnenöl befanden) im vom Beklagten betriebenen Strandbad aus, stürzte und zog sich dabei ua einen Bruch des rechten Außenknöchels zu.
In den Jahren zuvor war auf der betreffende Treppe, die im Mai 2002 erneuert worden war, noch niemand gestürzt. Die Treppe wurde von einer Reinigungskraft je nach Bedarf - üblicherweise zweimal pro Woche - mit einem Besen abgekehrt oder mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt.
Unter ausdrücklicher Einräumung eines 50 %igen "Mitverschuldens" begehrte die Klägerin vom Beklagten, der seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, ein Schmerzengeld von EUR 4.500,-- sowie die Feststellung der Haftung für die Hälfte aller zukünftigen unfallskausalen Schäden.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Dass die Treppe nass gewesen sei, sei zufolge des üblichen Badebetriebes unvermeidbar gewesen. Damit habe jeder Besucher des Strandbades rechnen müssen. Da die Treppe regelmäßig gereinigt worden sei, treffe ihn kein Verschulden am Unfall der Klägerin.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Erstgericht habe zutreffend dargelegt, dass der Beklagte seiner Verkehrssicherungspflicht ausreichend nachgekommen sei. Der Inhaber einer Badeanstalt habe grundsätzlich im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nur jene Maßnahmen zu ergreifen, die von ihm nach der Verkehrsauffassung verlangt werden könnten. Vom Betreiber eines Strandbades könne wohl kaum verlangt werden, Einrichtungen im Rahmen eines solchen Betriebes völlig trocken und frei von Verschmutzung wie Spuren von Sonnenöl oder Sand zu halten. Die Treppe sei zum Zeitpunkt des Unfalles neu gewesen und sei zweimal in der Woche gereinigt worden. Besondere Umstände, die weitergehenden Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit verlangen würden, seien nicht ersichtlich. Das Auflegen von Matten auf der Treppe wäre nicht unbedingt geeignet gewesen, diese sicherer zu machen. Gerade auf Stufen könnten derartige Matten leicht verrutschen und somit ihrerseits eine nicht unbeträchtliche Gefahrenquelle darstellen. Auch ein vor der Treppe aufgelegter Fußabstreifer hätte ein Nasswerden der Treppe kaum verhindern können.
Rechtliche Beurteilung
Da eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, welche Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht von Betreibern von Strandbädern im Hinblick auf Bodenbeläge verlangt werden könnten fehle, sei die ordentliche Revision zulässig.
Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt aber nicht vor:
Zu grundsätzlichen Fragen der Verkehrssicherungspflichten liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor (vgl die Nachweise bei Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 5 zu § 1294; RIS-Justiz RS0023355). Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten ständigen oberstgerichtlichen Judikatur, wonach die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht nicht überspannt werden dürfen (JBl 1965, 474; RZ 1982/50; ZVR 1989/28; RZ 1992/77; ZVR 1996/112; RIS-Justiz RS0023487; RS0023893; RS0023950), soll sie keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (MietSlg 30.243; MietSlg 33.216; 7 Ob 51/00a, ZVR 2000, 384/94; RIS-Justiz RS0023950); sie findet ihre Grenze daher immer in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr (Harrer in Schwimann, ABGB2 VII, Rz 44, 55 zu § 1295 mwN; SZ 53/49; SZ 60/256; ZVR 1989/28; ZVR 1993/62; RIS-Justiz RS0023397). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (MietSlg 35.254; ZVR 1997/128; EvBl 2001/67; RIS-Justiz RS0023726). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden (RIS-Justiz RS0029874; RS0110202); entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (ZVR 2000/94; 6 Ob 333/00i; 7 Ob 156/01v ua). Ob eine Situation geschaffen wurde, die eine Schädigung wahrscheinlich macht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (7 Ob 151/98a; 7 Ob 156/01v ua; vgl RIS-Justiz RS0111380). Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO muss aber über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles hinaus Bedeutung haben. Dies ist bei bloßen Ermessensentscheidungen im Allgemeinen nicht der Fall (7 Ob 156/01v uva). Soweit sich das Berufungsgericht im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bewegt, die Rechtslage nicht verkennt und nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles seine Entscheidung trifft, ohne von einer in stRsp anerkannten Ermessensübung extrem abzuweichen, liegt eine erhebliche Rechtsfrage nicht vor (Kodek in Rechberger2 Rz 3 zu § 502 ZPO mwN).
Ein solches Abweichen des Berufungsgerichtes von der anerkannten Ermessensübung ist im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung der eben dargestellten Grundsätze nicht erkennbar. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Betreiber einer Badeanstalt verpflichtet ist, die seinen Gästen zur Verfügung gestellten Anlagen und Einrichtungen in einen solchen Zustand zu versetzen und zu erhalten, dass jene bei deren Benützung keinen Schaden erleiden können (EvBl 1974/248; MietSlg 30.243; 2 Ob 129/98d ua). Zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass der Inhaber einer Badeanstalt allerdings im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nur jene Maßnahmen ergreifen muss, die von ihm nach der Verkehrsauffassung verlangt werden können (RIS-Justiz RS0023950). Ein darüber hinausgehendes Verlangen würde nämlich die Verkehrssicherungspflicht überspannen und letzten Endes auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene, vom Verschulden unabhängige Haftung hinauslaufen (JBl 1965, 474; MietSlg 30.243; MietSlg 33.216; 2 Ob 129/98d). Wie bereits betont, ist vor allem entscheidend, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (2 Ob 129/98d; 7 Ob 51/00a, ZVR 2000/94; 6 Ob 333/00i ua).
Die Lösung der Frage, ob der Beklagte das ihm Zumutbare zur Verhütung eines Unfalles wie den gegenständlichen getan hat, bildet wegen der über den Anlassfall demnach nicht hinausgehenden Bedeutung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl RZ 1994/45 ua). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmen wäre, liegt unter den von den Vorinstanzen festgestellten Umständen nicht vor: Von der Klägerin wird in der Revision eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten allein darin erblickt, dass für die gegenständliche Treppe bzw deren Gehbelag das Material Holz gewählt wurde; der Beklagte habe es verabsäumt, rutschfreie Matten aufzulegen. Die Verwendung von entsprechend fixierten Matten im Freien erscheint aber, insbesondere auch wegen deren Reinigungsmöglichkeit, schon aus hygienischen Gründen problematisch. An sich können offenbar (da dort in den Jahren zuvor niemand sonst zu Sturz gekommen war) rutschfeste, imprägnierte Holzbohlen im Bereich eines Freibades nicht als ungeeigneter Bodenbelag bezeichnet werden, sofern eine entsprechende Reinigung vorgenommen wird, was im vorliegenden Fall - nunmehr in der Revision unwidersprochen - der Fall war.
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO erweist sich das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig und war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 40 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung lediglich ausgeführt, dass die Revision unberechtigt sei; auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Klägerin hat er nicht hingewiesen. Seine Revisionsbeantwortung kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung notwendig angesehen werden und ist deshalb nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0035962; RS0035979).
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