OGH 6Ob28/12d

OGH6Ob28/12d15.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** C*****, vertreten durch Dr. Michael Göbel Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei I***** AG, *****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 38.236,94 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Oktober 2011, GZ 2 R 108/11h-13, wodurch das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Februar 2011, GZ 14 Cg 92/10d-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm die Beklagte für alle sich künftig in seinem Vermögen ergebenden Schäden aus seinen Käufen von Aktien der beklagten Partei, nämlich 2.000 Stück I***** AG Inhaberaktien O.N., 1.485 Stück I***** AG Inhaberaktien O.N. (vormals 990 Stück I*****e***** AG Inhaberaktien O.N.) und 6.750 Stück I***** AG Inhaberaktien O.N. (vormals 4.500 Stück I*****e***** AG Inhaberaktien O.N.) haftet. Er brachte vor, er habe als Verbraucher einen großen Teil seines Vermögens vernünftig und risikoarm investieren wollen. Die beklagte Partei habe bewusst unrichtige Kapitalmarktinformationen gestreut, bilanzwirksam eigene Immobilien überbewertet und es unterlassen, wesentliche Informationen über ihre Geschäftsgebarung zu melden. Sie habe bewusste Marktmanipulationen vorgenommen.

Im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Kapitalmarktinformationen habe er in den Jahren 2006 und 2007 über die Bank A***** und die R*****bank ***** die Aktien erworben. Die Gesamtinvestitionssumme habe 67.406,69 EUR betragen. Bis zum 6. 5. 2010 sei deren Wert auf 29.169,75 EUR gesunken. Bei Kenntnis der wahren Umstände, insbesondere der hohen Verlustwahrscheinlichkeit der Aktien, hätte der Kläger die Aktien nicht gekauft. Aufgrund der bewussten Marktmanipulationen, die für seine Transaktionsentschlüsse maßgeblich gewesen seien, hafte ihm die Beklagte aus dem Titel des Schadenersatzes.

Darüber hinaus habe die beklagte Partei die bei der I*****e***** AG im Jahr 2007 durchgeführte, milliardenschwere Kapitalerhöhung nicht widmungsgemäß für den Ankauf von Immobilien in Osteuropa verwendet, sondern rechtswidrig für intransparente Zwecke innerhalb der als wirtschaftliche Einheit auftretenden Gruppe I***** herangezogen. In weiterer Folge sei es zu dramatischen Einbrüchen der Aktienkurse gekommen. Durch die im Auftrag der beklagten Partei über die C***** AG und deren Tochtergesellschaften vorgenommenen geheimen Aktienrückkäufe seien die Kurse der I*****- und der I*****e*****-Aktien gestützt bzw in die Höhe getrieben worden. Die beklagte Partei habe es schuldhaft unterlassen, den Kapitalmarkt über diese Rückkäufe zu informieren, wodurch sie zwingende börsen- und kapitalmarktrechtliche Informationspflichten verletzt habe. Der Kläger sei von der beklagten Partei bewusst über eine wesentliche Entscheidungsgrundlage, nämlich dass es sich um eine relativ sichere Vermögensanlage mit stabiler Wertsteigerung handle, getäuscht und zum Kauf der klagsgegenständlichen Papiere veranlasst worden. Wäre der Kläger über die angeführten Vorgänge informiert worden, so hätte er die klagsgegenständlichen Aktien rechtzeitig veräußern und so das eingesetzte Kapital retten können.

Der Umstand, dass er die Aktien auf dem Sekundärmarkt erworben habe, spreche nicht gegen Schadenersatzansprüche, weil die Ad-Hoc-Publizitätspflicht der beklagten Partei gegenüber dem Kläger ein Sonderrechtsverhältnis begründe. Im Übrigen treffe die beklagte Partei eine deliktische Haftung, weil § 48d BörseG als Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB zu qualifizieren sei.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wandte hinsichtlich der Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb von 5.490 Stück I*****e*****-Aktien mangelnde Passivlegitimation ein. Diese Aktien seien im Zuge der am 29. 4. 2010 erfolgten Verschmelzung von I*****e***** AG und I***** AG im Verhältnis 2 : 3 in I*****-Aktien umgetauscht worden. Die beklagte Partei sei aber durch diese Verschmelzung nicht Rechtsnachfolgerin der I*****e***** AG geworden. Vielmehr sei deren Betrieb auf Grundlage des Spaltungs- und Übernahmevertrags vom 21. 1. 2010 und des Beschlusses der Hauptversammlung der I*****e***** AG vom 21. 1. 2010 im Wege der Spaltung zur Aufnahme auf die I***** Beteiligungsverwaltungs AG übertragen worden. Damit seien diese Ansprüche nicht bei der I*****e***** AG verblieben, sondern auf die I***** Beteiligungsverwaltungs AG übergegangen, sodass diese Gesamtrechtsnachfolgerin der I*****e***** AG im Hinblick auf die Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb von 5.490 Stück I*****e*****-Aktien sei.

Im Übrigen widerspreche das Klagebegehren zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften. Die Leistung von Schadenersatz an einen Aktionär verstoße gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr. Die Interessen der sonstigen Gläubiger gingen den Interessen der auf den Prospekt vertrauenden Gesellschafter vor. Zudem enthalte das Klagsvorbringen nur unsubstantiierte Vorwürfe, die keinen Zusammenhang mit den Ansprüchen des Klägers erkennen ließen.

Daraufhin beantragte der Kläger die „Berichtigung“ der Parteienbezeichnung der beklagten Partei dahingehend, dass zusätzlich die I***** Beteiligungsverwaltungs AG als beklagte Partei geführt werde.

Das Erstgericht wies diesen Antrag sowie das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab. Der Kläger mache als Aktionär Ansprüche gegen die beklagte Partei als Emittentin wegen schuldhafter Marktmanipulationen und Verletzung von Publizitätsvorschriften geltend. Soweit sich diese auf Aktien der vormaligen I*****e***** AG bezögen, gehe der Anspruch schon deshalb ins Leere, weil die beklagte Partei diese Papiere nicht emittiert habe. Im Übrigen würden die Ansprüche des Klägers daran scheitern, dass er Aktionär der beklagten Partei sei, weil die Bejahung der Haftung und die auch bei dem bloßen Feststellungsbegehren im Raum stehende Möglichkeit eines späteren Leistungsbefehls gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 52 AktG verstoßen würde.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Abweisung des Antrags auf Berichtigung der Parteienbezeichnung, hob aber in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Erstgerichts auf. Anknüpfend an die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 7 Ob 77/10i und des deutschen Bundesgerichtshofs BGH II ZR 287/02 vertrat es die Auffassung, das Klagebegehren sei nicht bereits wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 52 AktG abzuweisen. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren den Kläger zu einem ausreichend schlüssigen und präzisen Vorbringen - insbesondere auch zum Kausalitäts- und Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen behaupteter Fehlinformation und seinen den realen Schaden darstellenden Vermögensdispositionen - anzuleiten und dazu entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit ausreichender Deutlichkeit feststehe, auf welches konkrete Vorbringen sich der Feststellungsanspruch hinsichtlich der im Urteilsbegehren enthaltenen 5.490 Stück I*****e*****-Aktien stütze, könne entgegen der Auffassung der beklagten Partei auch die Frage nicht abschließend beantwortet werden, ob es sich dabei um gegen die I*****e***** AG gerichtete, im Wege der Spaltung zur Aufnahme auf die I***** Beteiligungsverwaltungs AG übertragene Ansprüche handle.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Beschluss auf Aufhebung des Ersturteils sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur schadenersatzrechtlichen Haftung des Emittenten wegen der Verletzung kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten außerhalb der Prospekthaftung gegenüber Anlegern, die Aktien am Sekundärmarkt erworben haben, sowie zur Frage, ob einer Haftung des Emittenten gegenüber solchen Anlegern aktienrechtliche Bestimmungen über die Kapitalerhaltung entgegenstünden, vorliege. Wegen der Vielzahl vergleichbarer beim Erstgericht und beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien anhängiger Fälle reiche die Bedeutung der Beantwortung dieser Fragen über den Einzelfall hinaus.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

1. Der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss auf Aufhebung des Ersturteils ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der mehrfach veröffentlichten Entscheidung 7 Ob 77/10i bereits ausgesprochen, dass die Prospekthaftungsansprüche gegenüber aktienrechtlichen Bestimmungen über die Kapitalerhaltung Vorrang genießen. Die kapitalmarktrechtlichen Normen schützen die (potentiellen) Anleger durch Normierung von ihnen gegenüber einzuhaltenden Verhaltenspflichten und behandeln den Aktionär wie einen Drittgläubiger. § 11 KMG schafft somit ein Recht, das Gläubigerrechten näher steht als Aktionärsrechten. Die Prospekthaftungsansprüche schadenersatzberechtigter Gläubiger und deren Befriedigung stellen daher gar keinen Tatbestand der Einlagenrückgewähr nach § 52 AktG dar, weil sie nicht causa societatis erfolgen. Aus diesem Grund ist es auch nicht geboten, die Schadenersatzansprüche des als Drittgläubiger zu behandelnden Aktionärs auf das ausschüttbare Vermögen zu beschränken, weshalb sich das Problem der Gleichbehandlung der Aktionäre nach § 47 AktG nicht stellt. In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof auch dargelegt, dass die Lehre vom fehlerhaften Verband der Geltendmachung von kapitalmarktrechtlichen Schadenersatzansprüchen nicht entgegensteht.

2.2. Von dieser Auffassung abzugehen besteht kein Anlass. Der erkennende 6. Senat verkennt nicht, dass das vom 7. Senat erzielte Ergebnis in der Lehre vielfach kritisiert wurde. Zahlreiche Autoren haben teils vor Ergehen dieser Entscheidung, teils danach den Vorrang der Kapitalerhaltung vertreten (vgl Gruber, Kapitalmarktinformationshaftung der AG und Kapitalerhaltungsgrundsatz, JBl 2007, 2 ff und 90 ff; Gruber, Prospekthaftung der AG versus Kapitalerhaltung, GesRZ 2010, 73; Karollus, Nochmals: Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen und Kapitalerhaltung in der AG, ZFR 2010, 50; Eckert, Emittentenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation und aktienrechtliche Kapitalerhaltung, GesRZ 2010, 88; Harrer, Zivilrechtliche Irritationen im Kapitalmarktrecht, ZFR 2011, 9; Karollus, Neues zur Prospekthaftung, ÖBA 2011, 450).

2.3. Andererseits sind zahlreiche Autoren für den Vorrang der Prospekthaftungsansprüche eingetreten (Reich-Rohrwig, Grundfragen der Kapitalerhaltung 362 ff; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 11 Rz 47; Rüffler, Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation und Kapitalerhaltung in der AG, FS Straube 113 ff; insoweit die Entscheidung 7 Ob 77/10i billigend auch Graf, OGH verteidigt Prospekthaftung, ecolex 2011, 599; Rüffler, Kapitalmarkthaftung und Verbot der Einlagenrückgewähr - Eine Replik, GeS 2010, 4). Dabei wird allerdings vielfach die Auffassung vertreten, eine Befriedigung der Schadenersatzansprüche sei nur aus frei ausschüttbaren Mitteln, also aus Gewinn(-Vorträgen) und freien Rücklagen zulässig (Kalss/Oppitz/Zollner aaO; Artmann in Jabornegg/Strasser, Aktiengesetz4 § 52 Rz 5; Zivny, KMG § 11 Rz 60; Lorenz in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 11 Rz 31 f; Sauer in Doralt/Nowotny/Kalss, Aktiengesetz § 52 Rz 17).

3.1. Auch nach neuerlicher Prüfung findet der erkennende 6. Senat keinen Grund, von der der zitierten Entscheidung des 7. Senats zu Grunde liegenden Rechtsansicht abzugehen. Dies gilt - wie in Hinblick auf zahlreiche weitere anhängige Verfahren festzuhalten ist - auch für die Ablehnung der Auffassung Reich-Rohrwigs (Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung 364 ff), der dafür eintrat, den zivilrechtlichen Schutz von Anlegern auf Kleinanleger unterhalb der Grenze des § 3 Abs 1 Z 9 KMG zu beschränken.

3.2. Zusätzlich zu den vom 7. Senat angeführten Erwägungen ist darauf zu verweisen, dass gute Gründe schon deshalb für einen Vorrang des § 11 KMG sprechen, weil es sich dabei um die spätere Bestimmung handelt (Rüffler, GeS 2010, 4). In Österreich wurde eine Prospekthaftungsvorschrift erstmals mit § 80 BörseG 1989 eingeführt, der auch ausdrücklich den Emittenten in die Haftung miteinbezog. Sodann wurde mit dem KMG in dessen § 11 eine Prospekthaftungsvorschrift eingeführt, die auch eine AG als Emittentin betraf. Mit der KMG-Novelle 2005 wurde schließlich § 80 BörseG aufgehoben. Seither ist die Prospekthaftung auch für börsenotierte Gesellschaften in § 11 KMG geregelt. Alle diese Rechtsakte sind später als das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 52 AktG ergangen (Rüffler aaO).

3.3. Jedenfalls dann, als mit § 11 KMG eine ausdrückliche Haftungsvorschrift später dem Normenbestand hinzugefügt worden ist, ist ein Vorrang der Schadenersatzansprüche nach der lex posterior-Regel zu bejahen (Rüffler aaO). Wollte man § 11 KMG auf Ansprüche von Anlegern gegen eine AG als Emittentin verneinen, müsste man unterstellen, dass der Gesetzgeber bei Erlassung dieser Vorschrift an den in der Praxis wohl wichtigsten Fall überhaupt nicht gedacht hat. Für eine derartige Interpretation des Willens des Gesetzgebers fehlt aber jegliche Grundlage.

3.4. Dies gilt im Übrigen auch für andere kapitalmarktrechtliche Vorschriften wie die Verpflichtung zu Ad-hoc-Mitteilungen nach § 48d Abs 1 BörseG oder das Verbot der Marktmanipulation nach § 48a BörseG, kann doch nicht angenommen werden, dass dem Gesetzgeber die zivilrechtlichen Implikationen dieser - wie zu zeigen sein wird - nach ganz überwiegender Auffassung als Schutzgesetze anzusehenden Bestimmungen entgangen wären (Rüffler, GeS 2010, 4).

3.5. Für dieses Ergebnis spricht auch eine teleologische Erwägung: Die für das Funktionieren des Kapitalmarkts so wichtige Verpflichtung, einen richtigen Prospekt zu publizieren, wäre nämlich weitgehend sinnlos, wenn der praktisch wichtigste Fall, nämlich die Haftung einer emittierenden AG, entgegen dem Wortlaut von § 11 KMG zu keiner wirksamen, weil spürbaren Sanktion, nämlich der Haftung der Emittentin führte (Rüffler, Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht - Über eine schwierige Beziehung, ÖBA 2011, 699 [703]).

3.6. Der 7. Senat hat bereits überzeugend dargelegt, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft lediglich besagt, dass eine einmal ins Leben getretene Gesellschaft nicht mit Wirkung ex tunc wieder beseitigt werden kann. Ein weiterer Gedanke ist derjenige, dass auch im Innenverhältnis nicht einfach rückwirkend so getan werden kann, als sei die Gesellschaft nie entstanden. Beide Aspekte sind im vorliegenden Zusammenhang nicht unmittelbar tangiert (Rüffler, FS Straube 126). Vielmehr sehen die kapitalmarktrechtlichen Verhaltensnormen den Aktionär eben nicht (primär) als Gesellschafter einer spezifischen Gesellschaftsform, sondern als Marktakteur, sodass die aus der Verletzung kapitalmarktrechtlicher Verhaltensnormen resultierenden Ansprüche Gläubigerrechten näher stehen als Aktionärsrechten (vgl auch Rüffler, Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht - Über eine schwierige Beziehung, ÖBA 2011, 699 [703]).

4.1. Im Übrigen ist die teils heftig geäußerte Kritik, die etwa von einem aktienrechtlichen „Super-Gau“ spricht (Diregger, GesRZ 2011, 251 [258 ff]), schon aus tatsächlichen Gründen nicht überzeugend, entspricht doch die vom Obersten Gerichtshof erstmals in 7 Ob 77/10f ausgesprochene Rechtsansicht der internationalen Entwicklung.

4.2. So hat der deutsche Bundesgerichtshof in seiner - bereits in der Entscheidung 7 Ob 77/10i zitierten - Entscheidung II ZR 287/02 ausgeführt, dass jedenfalls die Ersatzforderungen jener Aktionäre, die ihre Aktien auf dem Sekundärmarkt von dritten Marktteilnehmern erworben haben, in erster Linie nicht auf ihrer mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger beruhten. Das Gesellschaftsvermögen werde also durch die Belastung mit einer derartigen Schadenersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Gläubiger in Anspruch genommen. Daher sei die Haftung der AG durch das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht ausgeschlossen. Zum selben Ergebnis gelangten eine Reihe weiterer Entscheidungen (vgl etwa BGH NZG 2008, 387 - Comroad VIII; OLG Stuttgart NZG 2008, 951 ua).

4.3. Diese Judikatur ist in der deutschen Literatur überwiegend auf Zustimmung gestoßen (vgl zB Fleischer, Konturen der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung, ZIP 2005, 1805; Möllers, BB 2005, 1637; weitere Nachweise bei Schmitt, Die Haftung wegen fehlerhafter oder pflichtwidrig unterlassener Kapitalmarktinformationen [2009] 141).

4.4. Der Vollständigkeit halber ist schließlich darauf zu verweisen, dass etwa auch in den USA die Haftung der Emittentin ganz einhellig bejaht wird (vgl Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung [2005] 1123).

5.1. Am Vorrang der Schadenersatzansprüche vor der Kapitalerhaltung ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger im vorliegenden Fall seine Ansprüche ausschließlich oder zumindest überwiegend auf eine Verletzung der Vorschriften über die Ad-hoc-Publizität und auf Marktmanipulation stützt. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in der - bereits in der Entscheidung 7 Ob 77/10i zitierten - Entscheidung II ZR 287/02 gerade den Erwerb auf dem Sekundärmarkt behandelt.

5.2. Wenngleich das BörseG wegen Verletzung der Ad-Hoc-Publizitätspflicht (§ 48d Abs 1 BörseG) oder wegen marktmanipulativer Handlungen (§ 48a Abs 1 Z 2 BörseG) nur verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen vorsieht (§ 48 Abs 1 Z 2, § 48c BörseG), die gemäß § 9 Abs 1 VStG gegen die Vorstandsmitglieder zu verhängen sind, entspricht es der ganz überwiegenden Auffassung, dass diese Bestimmungen als Schutzgesetze zu qualifizieren sind. Dies gilt für die Ad-hoc-Publizitätspflicht (Kalss, Anlegerinteressen 334; Kalss/Oppitz, Länderteil Österreich, in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung 857; Hausmaninger, Insidertrading 365 ff, 409; Brandl/Hohensinner, ÖBA 2002, 95; Gruber, ÖBA 2003, 248 f; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 14 Rz 53; ebenso nunmehr wohl Rüffler, GeS 2010, 4; offen gelassen noch bei Rüffler, Probleme der börserechtlichen Ad-hoc-Publizität bei personellen Veränderungen im Vorstand, ÖBA 2009, 724 ff, 727) ebenso wie für den Marktmanipulationstatbestand (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarkrecht I § 21 Rz 48; Oppitz, Kurspflege und Kursmanipulation - Vom „nobile officium“ zum Straftatbestand, ÖBA 2005, 169 ff, 182; zur Rechtslage vor der Börsegesetz-Novelle 2004 bereits Altendorfer, Kursmanipulation am Wertpapiermarkt: Ein rechtsvergleichender Blick auf den Sanktionenbereich, in Aicher/Kalss/Oppitz, Grundfragen des neuen Börserechts 207 ff, 234). Die gegenteilige Auffassung von Enzinger (Grundlagen und Voraussetzungen der Haftung für Erklärungen an die Öffentlichkeit, insbesondere am Kapitalmarkt, FS Straube 19 ff, 33 ff) ist demgegenüber vereinzelt geblieben.

5.3. Bejahte man trotz des anerkannten Schutzgesetzcharakters der Bestimmungen über die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten einen uneingeschränkten Vorrang der Bestimmungen über die Kapitalerhaltung, liefen zivilrechtliche Schadenersatzansprüche von Anlegern wohl in den meisten Fällen ins Leere. Anleger könnten sanktionslos mit falschen Versprechungen, unterlassenen oder unrichtigen Informationen zum Erwerb von Aktien, deren Verkauf oder deren Halten bewogen werden. Dazu kommt, dass gerade bei Erwerb auf dem Sekundärmarkt das Geschäft nicht gesellschaftsrechtlich geprägt ist. Warum Teilnehmer des Kapitalmarkts bei unrichtigen Angaben einer Aktiengesellschaft weniger schützenswert sein sollten als Teilnehmer am Verkehr von Waren und Dienstleistungen mit derselben Gesellschaft bzw aus welchen Gründen sie anders behandelt werden sollten als außenstehende Dritte, die unabhängig von ihrer Aktionärsstellung geschädigt wurden, ist nicht einzusehen (OLG München 23 U 4675/04 = ZIP 2005, 1241).

5.4. Damit wird die für die Erfüllung der Ad-hoc-Publizität verantwortliche Emittentin schadenersatzpflichtig, wenn pflichtwidrig und schuldhaft Ad-Hoc-Mitteilungen unterlassen wurden oder diese unrichtig waren (Gruber, ÖBA 2003, 248 f; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 14 Rz 53). Marktmanipulatives Verhalten von Organmitgliedern oder sonstigen Repräsentanten im Sinne des § 337 ABGB einer AG führt schon nach allgemeinen Grundsätzen zur Deliktshaftung der AG selbst (vgl nur Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1315 Rz 2a; Harrer in Schwimann, ABGB³ § 1315 Rz 19 ff). Darüber hinaus kommt - worauf der Vollständigkeit halber hinzuweisen ist - eine Schadenersatzpflicht der AG wegen anderer deliktischer Verhaltensweisen der Organmitglieder und sonstiger Machthaber in Betracht, etwa bei betrügerischen Handlungen im Sinne des § 146 StGB, bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 1295 Abs 2 ABGB (vgl 3 Ob 75/06k = ÖBA 2007, 816 [Eckert] = ZFR 2007, 106 [Heindl]) sowie bei Verstößen gegen § 255 AktG (Rüffler, GeS 2010, 4). Auf die zu letzterer Bestimmung in der Lehre teilweise vertretene Einschränkung, dass für die zivilrechtliche Zurechnung auf § 3 VbVG abzustellen sei, sodass eine Haftung nach dieser Bestimmung nur dann in Betracht käme, wenn die Straftat zu Gunsten des Verbandes begangen worden sei (Gruber, GeS 2010, 73 ff, 78; ebenso wohl Kalss/Eckert in Brandl/Kalss/Lucius/Oppitz/Saria, Handbuch Kapitalmarktrecht III 92 ff, 103 ff), ist im vorliegenden Fall nicht näher einzugehen.

5.5. Inwieweit auch eine Haftung einzelner Vorstandsmitglieder gegenüber Anlegern aus Schutzgesetzverletzung in Betracht kommt, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Hier ist jedoch darauf zu verweisen, dass im Schrifttum eine derartige Möglichkeit teilweise mit der Begründung verneint wird, dass § 48d Abs 1 BörseG bloß die Emittentin verpflichtet (Gruber, Ad-Hoc-Publizität, ÖBA 2003, 239 ff, 250; aA Brandl/Hohensinner, Die Haftung des Vorstands für Verletzungen der Ad-Hoc-Publizität nach § 82 Abs 6 BörseG, ecolex 2002, 92 ff, 96).

5.6. Dabei ist der Deutlichkeit halber festzuhalten, dass nicht jede Gläubigerstellung als solche bereits den Vorrang gegenüber dem Verbot der Einlagenrückgewähr begründet. Vielmehr ist zusätzlich die Prüfung erforderlich, ob die verletzten Normen bzw Verhaltenspflichten, auf die die Schadenersatzansprüche gestützt werden, den Aktionär eher als Drittgläubiger denn als Verbandsmitglied sehen (Rüffler, GeS 2010, 4). Die Interpretation, dass die Normen des KMG sowie des Börsegesetzes Anleger eher als Drittgläubiger behandeln, erscheint dem erkennenden Senat überzeugender, zumal dieses Ergebnis - wie ausgeführt - auch der Rechtslage in Deutschland sowie etwa in den USA entspricht (vgl oben 4.).

5.7. Gegen die Haftung der Gesellschaft bei auf dem Sekundärmarkt erworbenen Aktien spricht auch nicht der Umstand, dass die Ansprüche in diesem Fall höher sein können als bei Erwerb auf dem Primärmarkt. Im Übrigen kann der Schaden auch bei Erwerb auf dem Primärmarkt deutlich höher sein als der Aktienkurs, etwa wenn der Anleger wegen unrichtiger Prospektangaben vom Erwerb anderer Anlagen abgehalten wurde, die eine günstigere Entwicklung genommen hätten, sodass die aufgrund der Naturalrestitution geschuldete Verschaffung dieser Alternativpapiere seitens der Gesellschaft den Einsatz höherer Mittel erfordert, als ihr selbst seinerzeit zugeflossen sind. Nicht entscheidend ist auch, dass bei Erwerb auf dem Sekundärmarkt der Gesellschaft keine weiteren Mittel zugeflossen sind (vgl Eckert, GesRZ 2010, 88 [96]), hängt doch der Umfang des Schadenersatzes auch sonst nur von der Höhe des dem Geschädigten erwachsenen Schadens, nicht hingegen davon ab, wieviel dem Schädiger selbst zugeflossen ist.

6.1. Nicht überzeugend ist schließlich auch das Argument der beklagten Partei, das Vermögen der Gesellschaft würde zum Vorteil einiger weniger Aktionäre vermindert, aufgrund der zu erwartenden Klagen von zahlreichen weiteren Aktionären würde das Vermögen der Gesellschaft letztlich aufgezehrt, was in letzter Konsequenz zur Insolvenz der Gesellschaft und damit einer Benachteiligung der Gläubiger der Gesellschaft führen würde. Abgesehen davon, dass weder behauptet noch festgestellt wurde, dass die Befriedigung der Ansprüche von Aktionären, die durch kapitalmarktrechtliche Verstöße der beklagten Partei geschädigt wurden, dazu führen würde, dass die (anderen) Gläubiger der Gesellschaft nicht befriedigt werden können, wäre ein Fortbestand einer Gesellschaft, die Mittel zur Befriedigung der (sonstigen) Gläubiger lediglich durch Marktmanipulation und Verstoß gegen andere kapitalmarktrechtliche Pflichten erlangen bzw behalten kann, nicht schutzwürdig.

6.2. Im Übrigen ist mit der Bejahung der Haftung der Gesellschaft für Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften über den Rang der daraus resultierenden Ansprüche im Insolvenzfall noch nichts ausgesagt. Darauf kann im vorliegenden Zusammenhang nicht näher eingegangen werden. Teile der Lehre in Deutschland plädieren jedenfalls dafür, nach dem Vorbild des US Bankruptcy Code 11 USC 510b im Falle der Insolvenz die Ansprüche der geschädigten Aktionäre im Sinn des § 39 InsO im Rang hinter die Forderungen der Fremdgläubiger zurücktreten zu lassen (Langenbucher, Kapitalerhaltung und Kapitalmarkthaftung, ZIP 2005, 239 [243 ff]; Baums, Haftung wegen Falschinformation des Sekundärmarkts, ZHR 167 [2003] 139 [170]; Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften im System des Europäischen Kapitalmarktrechts [2005] 243; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalinformationshaftung - Recht und Reform in der Europäischen Union, der Schweiz und den USA, WM 2004, 1801 [1803]; Möllers, Das Verhältnis der Haftung wegen sittenwidriger Schädigung zum gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz - EM.TV und Comroad, BB 2005, 1637 [1642]).

7.1. Für eine Befassung des Europäischen Gerichtshofs zur Klärung der Vereinbarkeit von Schadenersatzansprüchen von Aktionären gegen die Gesellschaft im Zusammenhang mit Kursmanipulationen und Verstößen gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht mit Art 15 der Kapital-Richtlinie besteht kein Anlass.

7.2. Einerseits lassen die vom Obersten Gerichtshof anzuwendenden nationalen Regelungen nach Auffassung des erkennenden Senats keinen Interpretationsspielraum. Hier ist auf die vorstehenden Überlegungen zu verweisen. Dem österreichischen Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, die zivilrechtlichen Implikationen der von der weitaus überwiegenden Lehre als Schutzgesetze angesehenen Bestimmungen des BörseG verkannt zu haben und daraus resultierende Schadenersatzansprüche gerade gegen die Gesellschaft als in der Regel mit Abstand zahlungskräftigster Schuldnerin nicht gewähren zu wollen.

7.3. Vor allem aber ist ein Widerspruch zwischen der dargestellten innerstaatlichen Rechtslage und Unionsrecht nicht zu erkennen. In der literarischen Diskussion wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass der europäische Normsetzer für die Prospekthaftung und die Regelpublizität entweder eine Emittentenhaftung oder eine Organaußenhaftung verlangt (Art 6 der Prospektrichtlinie - RL 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. 11. 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der RL 2001/34/EG , ABl 2003 L 345/64 bzw Art 7 Transparenzrichtlinie - RL 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 12. 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der RL 2001/34/EG , ABl 2004 L 390/38).

7.4. Dabei kann nicht unterstellt werden, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Implikationen der sogar als erste Alternative angeführten Emittentenhaftung auf den Kapitalerhaltungsgrundsatz übersehen hat. Im Übrigen wäre eine Annahme einer umfassenden Organaußenhaftung für Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften als Alternative zur Emittentenhaftung in Anbetracht des Umstands, dass in neuerer Zeit zwei einschlägige Gesetzesinitiativen, die eine Organaußenhaftung für grob fahrlässige unrichtige Kapitalinformationen vorsehen wollten, letztlich nicht Gesetz wurden (vgl die Ministerialentwürfe zur BörseG-Novelle 2004 und zum GesRÄG 2005; dazu Gruber, Organaußenhaftung für Kapitalmarktinformationen?, wbl 2006, 445 ff; Göschke, Drastische Verschärfung der Vorstandshaftung in Sicht, ecolex 2004, 617 ff; Völkl, Überlegungen zum Entwurf eines § 82a BörseG - „Haftung für unrichtige oder unterlassene Finanzinformationen“, RdW 2005, 71 ff), nur schwer zu begründen. Damit kommt der Emittentenhaftung aber gerade auch unter dem Aspekt des Unionsrechts besondere Bedeutung zu. Derartigen Ansprüchen geschädigter Anleger, die nach dem Gesagten ihre Wurzel gerade nicht im Gesellschaftsverhältnis selbst haben, steht das unionsrechtliche Kapitalerhaltungsprinzip gerade nicht entgegen.

7.5. Auch der rechtsvergleichende Befund stützt dieses Auslegungsergebnis. Die kapitalmarktrechtliche Haftung genießt in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union Vorrang vor der Kapitalerhaltung (vgl den Überblick bei Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung 61, 114). Dabei kommt vor allem der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs besondere Bedeutung zu, ist doch anerkannt, dass die Konzeption der Kapital-RL maßgeblich auf der deutschen Rechtstradition beruht (Grünwald, Europäisches Gesellschaftsrecht 35; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht 56; Wild, Prospekthaftung einer AG unter deutschem und europäischem Kapitalschutz 280). Der deutsche Bundesgerichtshof sah aber - wie ausgeführt - Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien auf dem Sekundärmarkt als mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz vereinbar an; dieses Ergebnis findet auch im deutschen Schrifttum weithin Zustimmung. Aus diesem Grund ist der Auffassung, wonach auf Ebene des Europarechts von einem Vorrang des Verbots der Einlagenrückgewähr auszugehen sei (Karollus, ZFR 2010, 50 [51]; Roth, JBl 2012, 73), nicht zu folgen.

8. Auf den Einwand der mangelnden Passivlegitimation kommt die beklagte Partei in ihrem Rekurs nicht zurück, sodass darauf im derzeitigen Verfahrensstadium nicht weiter einzugehen ist.

9.1. Für das fortgesetzte Verfahren ist jedoch zu beachten, dass ein Feststellungsbegehren wegen Subsidiarität der Feststellungsklage dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn bereits ein entsprechender Leistungsanspruch erhoben werden kann (vgl Fasching in Fasching/Konecny² § 228 ZPO Rz 107 ff). Dies bedeutet im vorliegenden Zusammenhang, dass ein Feststellungsbegehren nicht in Betracht kommt, wenn bereits ein Begehren auf Geldersatz oder Naturalrestitution möglich wäre. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung ist, wenn der Kläger aufgrund der Fehlberatung von Seiten des Beklagten ein Finanzprodukt mit nicht gewünschten Eigenschaften erworben hat, der Schaden bereits durch den Erwerb eingetreten (RIS-Justiz RS0120784 [T7]); die gebührende Naturalrestitution besteht dann grundsätzlich in der Rückübertragung des Finanzprodukts Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Auf die spätere Kursentwicklung des Finanzprodukts und die dafür maßgeblichen Gründe kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (5 Ob 246/10b). Hätte der Anleger bei richtiger Beratung die Anleihe nicht gekauft, hat er im Rahmen der Naturalrestitution Zug um Zug gegen Übertragung der Anleihen Anspruch auf Rückzahlung der zum Erwerb der Anleihen gezahlten Kaufpreise abzüglich der erhaltenen Zinszahlungen (10 Ob 11/07a). Durch die Notwendigkeit, ein Leistungsbegehren im aufgezeigten Sinne zu erheben, wird die Möglichkeit des Anlegers, auf dem Rücken der beklagten Partei zu spekulieren, verhindert. Von dieser Rechtsprechungslinie, an der der Oberste Gerichtshof auch in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung 7 Ob 77/10i festgehalten hat, abzugehen, besteht trotz der in neuerer Zeit von M. Bydlinski (Zum Schadenersatz bei volatilen Vermögenswerten, JBl 2011, 681) daran geäußerten Kritik kein Anlass (vgl auch G. Kodek, ÖBA 2012, 12 [14 f]).

9.2. Diese Rechtsprechung wurde zwar anhand von fehlerhafter Beratung betreffenden Fällen entwickelt, sie lässt sich aber auf kapitalmarktrechtliche Verstöße übertragen. Dies entspricht auch der wohl überwiegenden Auffassung in Deutschland. Hier ist abermals auf die Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs II ZR 287/02 zu verweisen. Lediglich bei §§ 37b, 37c WpHG wird teilweise nur ein Ersatz des Differenzschadens, nicht aber ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile für möglich gehalten (für Naturalrestitution auch in diesem Fall aber Möllers/Leisch, Kölner Kommentar zum WpHG §§ 37b, 37c Rz 240 ff, 262, dagegen Sethe in Assmann/Schneider, WpHG5 §§ 37b, 37c Rz 75 f).

9.3. Der Zulässigkeit der Naturalrestitution steht auch nicht das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§§ 65 ff AktG) entgegen. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in seiner - bereits in der Entscheidung 7 Ob 77/10i zitierten - Entscheidung II ZR 287/02 ausgesprochen, dass einem Schadensausgleich in Form der Naturalrestitution nicht entgegensteht, dass die Gesellschaft gegen Erstattung des von den geschädigten Klägern aufgewendeten Kaufpreises die von diesen erworbenen Aktien übernehmen muss und dadurch formal gesehen - entgegen § 71 dAktG - eigene Aktien „erwirbt“. Auch insoweit habe das Integritätsinteresse der durch vorsätzlich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstands geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustands, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt (§ 249 Abs 1 BGB), Vorrang vor dem - ähnlich wie § 57 AktG auch der Kapitalerhaltung bzw Vermögensbindung dienenden - Verbot des Erwerbs eigener Aktien (vgl § 71 Abs 2 Satz 2 AktG). Die Tatsache, dass es im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs zu einer Übernahme eigener Aktien durch die Gesellschaft kommen kann, sei lediglich Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der ersatzpflichtigen Gesellschaft hinzunehmen: Während die eigentliche Belastung des Vermögens der Gesellschaft durch die Pflicht zur Erstattung des von den Anlegern aufgewendeten Kaufpreises stattfinde, beruhe die Verpflichtung des Geschädigten, die etwa noch in seinem Besitz befindlichen Aktien Zug um Zug an den am Erwerb nicht beteiligten Schädiger herausgeben zu müssen, vor allem darauf, dass ihm aus Anlass der Schädigung kein über den Ersatz des Schadens hinausgehender Vorteil („Bereicherungsverbot“) verbleiben soll. Haben die geschädigten Anleger etwa die Aktien schon (wieder) veräußert, so finde aus demselben Grund bei der Schadensabwicklung eine wertmäßige Anrechnung des aus dem Verkauf der Aktien erlangten Kaufpreises statt. Auch unter Wertungsaspekten wäre eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkonstellationen - Schadenersatz bei zwischenzeitlichem Verkauf der Aktien, Ausschluss des Ersatzes bei deren Vorhandensein im Hinblick auf § 71 AktG - nicht gerechtfertigt, zumal der nur in der zweiten Variante auftretende Gesichtspunkt des „Erwerbs eigener Aktien“ mehr oder minder zufällig sei und im Übrigen durch den getäuschten Anleger durch jederzeit zulässigen Verkauf der Aktien vermieden werden könne. Dieser Rechtsansicht ist auch für das österreichische Recht zu folgen, zumal die Kapital-RL in Art 20 lit d ausdrücklich den Erwerb „auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer gerichtlichen Entscheidung zum Schutz der Minderheitsaktionäre“ privilegiert.

9.4. Im Hinblick auf diese Rechtslage wird die Fassung des Klagebegehrens im fortgesetzten Verfahren mit dem Klagevertreter zu erörtern sein, kann doch das vom Kläger evident verfolgte Rechtsschutzziel nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung mit dem Klagebegehren in der gewählten Form nicht erreicht werden (vgl etwa 7 Ob 83/05i).

10.1. Der Oberste Gerichtshof hat in einer Reihe von fehlerhafter Anlageberatung betreffenden Entscheidungen bereits ausgesprochen, dass hypothetische Alternativanlagen zu berücksichtigen sind (6 Ob 231/10d; 7 Ob 77/10i). Demnach kann der Auffassung, dem Anleger stehe jedenfalls der Ersatz des realen Schadens zu, der in der Differenz von Erwerbspreis und Veräußerungspreis der empfohlenen Produkte liege, nicht beigepflichtet werden. Es kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Anleger bei richtiger Aufklärung eine völlig risikolose Veranlagung vorgenommen hätte. Diese Überlegungen sind auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Daher wird im fortgesetzten Verfahren im Zuge der Kausalitätsprüfung zu klären sein, wie der Kläger bei ordnungsgemäßen Ad-Hoc-Informationen konkret disponiert hätte.

10.2. Zutreffend ging das Berufungsgericht auch davon aus, dass den Kläger die Beweislast dafür trifft, in welcher Form er sein Vermögen gegebenenfalls anderweitig veranlagt hätte (vgl 7 Ob 77/10i; 10 Ob 103/07f; vgl auch 6 Ob 131/10d; G. Kodek, Ausgewählte Fragen der Schadenshöhe bei Anlegerschäden, ÖBA 2012, 11 [23 ff]). Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass auch Dullinger zumindest für den Fall, dass Schadenersatz für jenen Schaden verlangt wird, der durch den Nichterwerb der hypothetischen Alternativanlage entstanden ist, für die Beweislast des klagenden Anlegers eintritt (JBl 2011, 696 ff FN 25).

11. Abschließend ist auf einen weiteren Aspekt hinzuweisen: In der Literatur wurde bereits zu Recht auf die Gefahr einer Überkompensation hingewiesen, wenn dem Kläger der Kursdifferenzschaden ohne Rücksicht auf das von ihm zu vertretende allgemeine Marktrisiko zugesprochen würde (vgl Wagner, Schadensberechnung im Kapitalmarktrecht, ZGR 2008, 495; Schäfer/Weber/Wolf, Berechnung und Pauschalierung des Kursdifferenzschadens bei fehlender Kapitalmarktinformation, ZIP 2008, 197 [198]). Vergleichbare Überlegungen hat Wendehorst (Anlageberatung, Risikoaufklärung und Rechtswidrigkeitszusammenhang, ÖBA 2010, 562; zustimmend G. Kodek, ÖBA 2012, 11 [20]) für die Anlageberatung angestellt. Demnach kann der Geschädigte zwar Naturalrestitution begehren; er muss sich aber den „Vorteil“, der in der Rückabwicklung liegt, anrechnen lassen. Kursverluste, die nicht in Zusammenhang mit dem Beratungsfehler stehen, sind daher vom Anleger zu tragen. Diesen Überlegungen ist grundsätzlich beizupflichten. Mangels entsprechend konkreten Vorbringens und diesbezüglicher Feststellungen kann im vorliegenden Fall nicht beurteilt werden, ob der vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzanspruch derartige Elemente eines allgemeinen, unabhängig von den behaupteten Kursmanipulationen und sonstigen Verstößen der beklagten Partei eingetretenen Marktrisikos beinhaltet.

12. Damit erweist sich die dem Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts zu Grunde liegende Rechtsansicht aber als zutreffend, sodass dem unbegründeten Rekurs ein Erfolg zu versagen war.

13. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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