OGH 6Ob230/23a

OGH6Ob230/23a6.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni-Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E* B*, geboren am * 1945, *, vertreten durch Mag. Erhard Donhoffer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. V* Gesellschaft *, 2. V* AG, *, beide vertreten durch Dr. Peter Lösch Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Herausgabe, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2023, GZ 60 R 40/23x‑15, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 23. Februar 2023, GZ 14 C 515/22w‑11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00230.23A.1106.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

1. Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs wird verworfen.

2. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der Kläger schloss im Jahr 2004 mit der E* GmbH einen Vertrag über die Entnahme und Lagerung eigener Stammzellen aus Knochenmarkaspirat, die ihm im September 2004 entnommen wurden. Darin war vereinbart, dass Verfügungen über die Zellen nur vom Kläger und grundsätzlich nur zugunsten des Klägers getroffen werden konnten und eine Weitergabe an Dritte ebenso ausgeschlossen war wie eine kommerzielle Verwertung des Zellmaterials. Für die Herstellung des Präparats und an Lagergebühren bezahlte der Kläger an diese Gesellschaft und an deren Gesamtrechtsnachfolgerin insgesamt 2.478 EUR. Im Jahr 2014 wurde über die Gesamtrechtsnachfolgerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Masseverwalter verkaufte im November 2014 in einem Asset Deal das gesamte Aktivvermögen (mit Ausnahme der meisten Forderungen) der Insolvenzschuldnerin, insbesondere auch die Stammzellenbank, an die Erstbeklagte. Das Stammzellenpräparat des Klägers ist bei der Muttergesellschaft der Erstbeklagten, der zweitbeklagten deutschen Aktiengesellschaft, in Deutschland eingelagert. Der Aufforderung eines vom Kläger beauftragten Arztes, das Stammzellenpräparat herauszugeben, kamen die Beklagten nicht nach.

[2] Der Kläger begehrt die Herausgabe der ihm entnommenen und bei der Zweitbeklagten eingelagerten Stammzellen. Der Vertrag mit der E* GmbH habe die Entnahme, fachgerechte Aufbereitung und Lagerung des Stammzellenpräparats sowie die Abgabe an einen verordnenden Arzt vorgesehen. Der Masseverwalter habe das für den Betrieb des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin notwendige Aktivvermögen an die Erstbeklagte verkauft. Teil dieses Kaufvertrags sei insbesondere die Stammzellenbank samt aller dazu gehörigen Rechten und Pflichten gewesen. Die Erstbeklagte habe aus dem Kaufvertrag zumindest konkludent auch die Vertragsverhältnisse übernommen und sei daher vertraglich zur Herausgabe des Stammzellenpräparats verpflichtet. Darüber hinaus stünden die eingelagerten Stammzellen nach wie vor im Eigentum des Klägers. Da die Zweitbeklagte für die Erstbeklagte die Lagerung des Stammzellenpräparats des Klägers übernommen habe und dieses bei der Zweitbeklagten weiterhin lagere, bestehe der Herausgabeanspruch gegen beide Beklagte.

[3] Hilfsweise begehrte der Kläger die Zahlung von 5.492,25 EUR sA an Schadenersatz, bestehend aus den nutzlos gewordenen Zahlungen für die Herstellung und Lagerung des Präparats von 2.478 EUR sowie 3.014,25 EUR an vorprozessualen Vertretungskosten, die aufgrund der Weigerung der Beklagten, die Stammzellen des Klägers herauszugeben, entstanden und nicht vom Einheitssatz abgedeckt seien.

[4] Die Beklagten wendeten ein, durch den lediglich über das Aktivvermögen der Insolvenzschuldnerin abgeschlossenen Kaufvertrag der Erstbeklagten mit dem Masseverwalter habe weder eine Universalsukzession noch eine Übernahme des Vertrags des Klägers stattgefunden. Die Beklagten hätten auch danach mit dem Kläger keinen neuen Vertrag abgeschlossen. Weder hinsichtlich der Erst- noch hinsichtlich der Zweitbeklagten sei ein Vertragsverhältnis mit dem Kläger gegeben oder gegeben gewesen. Der Kläger habe seine Stammzellen nach den Bestimmungen des Gewebesicherheitsgesetzes (GSG) „gespendet“ und dadurch das nach der Trennung vom Kläger zunächst bestehende Eigentum an den Stammzellen verloren. Er sei daher für eine Herausgabeklage nicht aktivlegitimiert. Die Erstbeklagte sei nicht im Besitz der Präparate und daher hinsichtlich des Herausgabeanspruchs auch nicht passivlegitimiert. Die Zweitbeklagte sei zwar im Besitz der Stammzellen des Klägers, dürfe diese aber aus Gründen der Gewebesicherheit nach dem GSG nicht herausgeben.

[5] Das Erstgericht wies das Klagebegehren einschließlich des Eventualbegehrens ab, weil der Kläger durch seine „Spende“ nach dem GSG das Eigentum an den Stammzellen verloren habe. Vertragliche Ansprüche seien zu verneinen, weil der Kaufvertrag zwischen Masseverwalter und Erstbeklagter als „Asset Deal“ einzustufen sei und keine Universalsukzession vorliege. Die Zahlungen des Klägers für Entnahme und Einlagerung des Stammzellenpräparats habe dieser nicht an die Beklagten geleistet, sondern an seinen seinerzeitigen Vertragspartner. Auch allfällige Vertretungskosten des Klägers seien weder von der Erst- noch der Zweitbeklagten schuldhaft verursacht worden.

[6] Das Berufungsgericht gab dem Hauptbegehren statt. Eine „Spende“ des Klägers, die als Aufgabe seiner Eigentumsrechte angesehen hätte werden können, habe nicht vorgelegen. Das GSG sei überdies auf autologe Zellpräparate nicht anwendbar. Der Kläger sei daher Eigentümer des Stammzellenpräparats geblieben. Die Erstbeklagte sei durch den Kaufvertrag mit dem Masseverwalter nicht Eigentümerin des Präparats geworden und habe es auch nicht gutgläubig erworben, weil ihr klar gewesen sein musste, dass es sich bei den autologen Präparaten der Stammzellenbank um Fremdeigentum gehandelt habe. Der Kläger könne die Herausgabe daher auf seinen Vindikationsanspruch als Eigentümer stützen. Die beiden Beklagten stünden unstrittigerweise in einem Mutter/Tochterverhältnis. Die konkrete Vereinbarung zwischen den Beklagten sei im Prozess nicht offen gelegt worden. Das Stammzellenpräparat lagere bei der Zweitbeklagten, die offensichtlich über die Erstbeklagte in die Gewahrsame der Stammzellen gelangt sei, sodass in Anbetracht dieser Verflechtung der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum gegenüber beiden Beklagten seine Wirkung entfalte.

[7] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des Eigentumsübergangs bei Stammzellenpräparaten in Ansehung des Gewebesicherheitsgesetzes fehle.

Rechtliche Beurteilung

[8] Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Beurteilung des Herausgabeanspruchs durch das Berufungsgericht einer Korrektur bedarf. Sie ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.

[9] 1. Die behauptete Unzulässigkeit des Rechtswegs liegt nicht vor:

[10] 1.1. Die Beklagten haben erstmals in der Revision den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs erhoben. Sie stützten ihn darauf, dass eine Herausgabe (aus im Einzelnen dargelegten Gründen) gegen die Bestimmungen des GSG verstieße. Die Entscheidung darüber, ob ein solcher Verstoß vorliege, obliege dem Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen.

[11] 1.2. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist für eine bindende Entscheidung über eine Prozessvoraussetzung im Sinn des § 42 Abs 3 JN zwar nicht erforderlich, dass das Gericht über ihr Vorliegen ausdrücklich und spruchmäßig entschieden hat (6 Ob 20/23v [ErwGr II.2.]; RS0114196). Eine bloß implizite Bejahung der Prozessvoraussetzung durch meritorische Behandlung wird aber als nicht ausreichend erachtet (RS0114196 [T4, T8]; RS0039857 [T1]).

[12] 1.3. Beide Vorinstanzen haben weder im Spruch noch in den Entscheidungsgründen die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs behandelt. Somit liegt kein eindeutiger Entscheidungswille der Vorinstanzen und damit auch keine bindende Entscheidung im Sinn des § 42 Abs 3 JN vor. Die Einrede der Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ist daher gemäß § 42 Abs 1 JN vorweg zu prüfen (6 Ob 20/23v [ErwGr II.3.]; vgl RS0046249).

[13] 1.4. Entscheidend für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist, ob ein privatrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, der nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine Verwaltungsbehörde verwiesen wurde (6 Ob 143/23g [ErwGr 2.]; 2 Ob 45/20m [ErwGr 2.]). Dafür ist auf den Wortlaut des Klagebegehrens und den in der Klage behaupteten Sachverhalt abzustellen (RS0005896; RS0045584). Maßgebend ist die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs (RS0045584 [T71]; RS0045644 [T19, T20]; RS0045718 [T1, T30]). Ohne Einfluss ist hingegen, was der Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist; es kommt nur darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (RS0045584; RS0045718).

[14] 1.5. Der Kläger stützt seinen Herausgabeanspruch auf eine vertragliche Vereinbarung über die Lagerung der Stammzellen und daneben auf sein Eigentumsrecht an diesen. Damit behauptet er einen privatrechtlichen Anspruch (vgl zur Eigentumsfreiheitsklage RS0012079), weshalb der ordentliche Rechtsweg zulässig ist.

[15] Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nach den Feststellungen im vorliegenden Fall das Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen als für Österreich zuständige Behörde mit Bescheid vom 7. 12. 2021 auf Antrag des Klägers rechtskräftig ausgesprochen hat, dass sie nicht dafür zuständig ist, die Ausfolgung der hier streitgegenständlichen Stammzellen an den vom Kläger namhaft gemachten Arzt anzuordnen oder zu untersagen, weil es sich dabei um einen privatrechtlichen Anspruch handle.

[16] 1.6. Allfällige verwaltungsrechtliche Fragen, die dem hier geltend gemachten Herausgabeanspruch allenfalls entgegen stehen können, sind vom Gericht als Vorfragen zu behandeln (vgl 2 Ob 45/20m [ErwGr 2.]; RS0036837).

[17] Die Entscheidungsbefugnis des Zivilgerichts wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass Vorfragen geprüft werden müssen, zu deren selbständiger Entscheidung nicht die Zivilgerichte zuständig sind. Nur dort, wo das Gesetz ausdrücklich auch die Entscheidung über eine solche Vorfrage verwehrt, muss die Entscheidung der zuständigen Behörde eingeholt oder abgewartet werden (3 Ob 23/11w [ErwGr 1.2.]; RS0045567). Auch eine solche Verpflichtung ändert aber an der Zulässigkeit des Rechtswegs nichts. Es ist dann das Verfahren zu unterbrechen, die Entscheidung durch die zuständige Behörde abzuwarten und deren Erkenntnis der Entscheidung – soweit präjudiziell – zugrundezulegen (6 N 523/90 mwN).

[18] 1.7. Die Einrede der Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ist daher zu verwerfen.

[19] 2. Der behauptete vertragliche Anspruch des Klägers auf Herausgabe besteht nicht:

[20] 2.1. Das Vermögen der (Gemein‑)Schuldnerin wurde im Zuge des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung der Insolvenzschuldnerin im Wege eines „Asset Deals“ an die Erstbeklagte veräußert. Dabei handelt es sich um eine Unterart des Unternehmenskaufs, bei dem sich der Kauf des Unternehmens durch den Erwerb sämtlicher Wirtschaftsgüter („Assets“) des Unternehmens vollzieht. Hierbei werden die Wirtschaftsgüter eines Unternehmens im Rahmen der Singularsukzession übertragen. Der Kaufgegenstand umfasst üblicherweise das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen sowie die immateriellen Wirtschaftsgüter. Forderungen werden dagegen regelmäßig vom Transaktionsgegenstand ausgenommen, weil die Einbringlichmachung durch den Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse üblicherweise vorteilhafter ist. Für den Käufer besteht der maßgebliche Vorteil eines Asset Deals im Insolvenzverfahren darin, dass es zu keiner Übernahme von Verbindlichkeiten kommt und die Bestimmungen über die Erwerberhaftung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung keine Anwendung finden (§ 1409a ABGB, § 38 Abs 5 UGB, § 14 Abs 2 BAO, § 67 Abs 5 ASVG). Bei einem Asset Deal kommt es – von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – zu keinem automatischen Übergang von Vertragsverhältnissen. Die Übernahme bzw der Neuabschluss von Vertragsverhältnissen bedarf in jedem Einzelfall der Zustimmung der Vertragspartner (Huber in Klement/Fritz, Unternehmenserwerb aus Krise und Insolvenz Rz 6.90 ff; vgl auch 16 Ok 6/10).

[21] 2.2. Auch der Kaufgegenstand des Kaufvertrags des Masseverwalters mit der Erstbeklagten war das gesamte Aktivvermögen der Insolvenzschuldnerin (mit Ausnahme der meisten Forderungen). Es wurde nicht nur in Punkt 5.4. des Vertrags unter Hinweis auf die fehlende Erwerberhaftung (siehe Punkt 2.1.) festgehalten, dass jegliche Haftung des Käufers ausgeschlossen ist. Vielmehr erfolgte in Punkt 3.3. der unstrittig echten und richtigen Kaufvertragsurkunde (vgl RS0121557) eine ausdrückliche Regelung betreffend die Übernahme von Vertragsbeziehungen (auch) zu den Kunden. Demnach verpflichtete sich der Verkäufer ausschließlich über Aufforderung des Käufers alles zu unternehmen, was zur Übertragung der Vertragsbeziehung erforderlich ist. Der Verkäufer stimmte zu, dass der Käufer dafür sorgt, dass die neu abzuschließenden Verträge (auch) mit Kunden direkt mit dem Käufer abgeschlossen werden. Sollte der Käufer keine Übertragung der Vertragsbeziehung verlangen oder es, trotz Verlangen, zu keiner Übertragung kommen, insbesondere weil der Dritte der Übertragung nicht zustimmt, übernahm der Verkäufer keine Haftung.

[22] 2.3. Von einer aufgrund des Vertragsabschlusses (schlüssig) erfolgten Übernahme des Vertrags der Insolvenzschuldnerin mit dem Kläger durch die Erstbeklagte, die im Übrigen auch der Zustimmung des Klägers bedurft hätte, kann daher angesichts dieser Regelungen nicht gesprochen werden. Es oblag danach der Erstbeklagten, ob sie die Übertragung einer Vertragsbeziehung anstrebte, was insoweit weder behauptet noch festgestellt wurde. Letzteres gilt auch für sonstige Umstände, aus denen eine Übernahme des klägerischen Vertrags mit der Insolvenzschuldnerin abgeleitet werden könnte. Der behauptete vertragliche Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Herausgabe der Stammzellen besteht somit nicht.

[23] 3. Ob ein auf das Eigentumsrecht gestützter Herausgabeanspruch des Klägers besteht, kann noch nicht abschließend beurteilt werden:

3.1. Anwendbares Recht:

[24] 3.1.1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass sich die klagsgegenständlichen Stammzellen in Deutschland befinden und sich die Voraussetzungen eines (von ihr bestrittenen) sachenrechtlichen Herausgabeanspruchs des Klägers, insbesondere die dabei für Gewebebanken bestehenden Vorschriften, nach deutschem Recht richten müssten, ohne jedoch dazu nähere Ausführungen zu machen. Ist – wie hier – fremdes Recht maßgebend, so ist es von Amts wegen anzuwenden (RS0040189).

[25] 3.1.2. Stammzellen werden durch das Lösen der Verbindung zum Körper zu Sachen (Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 285 Rz 5 [Stand 1. 8. 2022, rdb.at]; Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 285 Rz 2 [Stand 1. 7. 2016, rdb.at]; Zoppel in Schwimann/Kodek, ABGB5 [2019] § 285 ABGB Rz 7; Bayer, Zivilrechtliche Aspekte der Forschung an Humansubstanzen [2016] 34 ff). Nach § 31 Abs 1 IPRG sind der Erwerb und der Verlust dinglicher Rechte an beweglichen und unbeweglichen körperlichen Sachen nach dem Recht des Staats der zum Anknüpfungszeitpunkt gegebenen Belegenheit zu beurteilen. Der Inhalt des Rechts unterliegt nach § 31 Abs 2 IPRG dem Recht des Staats, in dem sich die Sache befindet. Im Unterschied zu Abs 1 der zitierten Gesetzesstelle stellt deren Abs 2 nicht auf einen bestimmten Anknüpfungszeitpunkt ab. Die Wirkungen des allenfalls nach dem Recht eines anderen Staats erworbenen dinglichen Rechts richten sich daher nach dem Recht des (neuen) Lageorts (RS0076701; vgl auch RS0076753). Die Regel des § 31 Abs 2 IPRG umfasst insbesondere den Vindikationsanspruch des Eigentümers, dessen inhaltliche Ausgestaltung somit mit jedem Grenzübertritt der Sache eine Änderung erfahren kann (Heindler in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 31 IPRG Rz 14, 26 [Stand 1. 3. 2023, rdb.at]). Eine Rechtswahl ist ausgeschlossen (Neumayr in KBB7 [2023] § 31 IPRG Rz 1; Heindler in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 31 IPRG Rz 31 mwN).

[26] 3.1.3. Im vorliegenden Fall ist nicht zweifelhaft, dass die Entnahme der Stammzellen im Jahr 2004 und deren Lagerung zunächst in Österreich erfolgte. Auch der Kaufvertrag der Erstbeklagten mit dem Masseverwalter weist keinen Auslandsbezug auf. Der Eigentumserwerb oder ‑verlust an den Stammzellen durch die Entnahme, die Lagerung und in der Folge durch den Kaufvertrag des Masseverwalters mit der Erstbeklagten ist daher gemäß § 31 Abs 1 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen.

[27] 3.1.4. Die Stammzellen des Klägers sind mittlerweile bei der Zweitbeklagten in Deutschland eingelagert. Das deutsche Kollisionsrecht regelt die international privatrechtliche Anknüpfung von Sachenrechten in Art 43 EGBGB. Jedenfalls bei längerer Aufbewahrungsdauer mit ungewisser Verwendung sind entnommene Körpersubstanzen – wie nach österreichischem Verständnis – als Sachen zu beurteilen und fallen aus kollisionsrechtlicher Sicht in den Anwendungsbereich des Art 43 EGBGB (Wendehorst in Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKoBGB8 [2021] Art 43 EGBGB Rn 19; Mansel in Staudinger, BGB [2015] Art 43 EGBGB Rn 359). Art 43 EGBGB folgt – wie das österreichische Kollisionsrecht – grundsätzlich der Situs‑Regel und anerkennt auch Statutenwechsel: Nach Art 43 Abs 1 EGBGB unterliegen Rechte an einer Sache dem Recht des Staats, in dem sich die Sache befindet. Gelangt die Sache von einem Staat in einen anderen, entscheidet über den Bestand der dinglichen Rechtslage, die noch im Ausgangsstaat begründet wurde, weiterhin allein die alte lex rei sitae (Rechtsbestandsstatut), während die neue lex rei sitae über die Wirkungen entscheidet, die dieser dinglichen Rechtslage in der neuen rechtlichen Umwelt zukommen (Rechtswirkungsstatut; Art 43 Abs 2 EGBGB; BGH II ZR 286/07 NJW‑RR 2010, 983 [Rn 20 f]; Wendehorst in Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKoBGB8 [2021] Art 43 EGBGB Rn 6). Anhaltspunkte für einen Anwendungsfall der Ausweichklausel des Art 46 EGBGB, die in Ausnahmefällen eine Ergebniskorrektur erlaubt, wenn die Regelanknüpfung zu einer extrem sachfernen Rechtsordnung führt und ein anderes Recht erheblich sachnäher ist (Wendehorst in Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKoBGB8 [2021] Art 46 EGBGB Rn 13 ff [vgl auch Rn 20]), liegen gegenständlich nicht vor. Auch nach deutschem Recht ist bei Anknüpfung des sachenrechtlichen Statuts eine Rechtswahl unbeachtlich (Spickhoff in Hau/Poseck, BeckOK BGB68. Ed. [2023] Art 43 EGBGB Rn 6).

[28] Damit richtet sich die Berechtigung des auf das Eigentumsrecht gestützten Herausgabeanspruchs des Klägers nach deutschem Recht.

[29] 3.2. Der Kläger hat sein Eigentumsrecht an den Stammzellen weder durch die Entnahme und Einlagerung noch durch den Kaufvertrag des Masseverwalters mit der Erstbeklagten verloren:

[30] 3.2.1. Stammzellen werden durch das Lösen der Verbindung zum Körper zu Sachen, die im Eigentum des ursprünglichen Trägers stehen (Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 285 Rz 5 [Stand 1. 8. 2022, rdb.at]; Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 285 Rz 2 [Stand 1. 7. 2016, rdb.at]; Zoppel in Schwimann/Kodek, ABGB5 [2019] § 285 ABGB Rz 7; Bayer, Zivilrechtliche Aspekte der Forschung an Humansubstanzen [2016] 34 ff).

[31] 3.2.2. Im Zeitpunkt der Entnahme und Einlagerung der Stammzellen im Jahr 2004 war das Gewebesicherheitsgesetz (GSG; BGBl I 2008/49) noch nicht in Kraft. Vor Erlass des Gewebesicherheitsgesetzes gab es keine spezifischen Regelungen für die medizinische Verwendung von Geweben und Zellen beim Menschen. Die Entnahme von Humansubstanzen unterlag lediglich den allgemeinen Anforderungen für medizinische Eingriffe. Für die Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von Zellen und Geweben gelangte – aufgrund deren Qualifikation als Arzneimittel – das Arzneimittelgesetz zur Anwendung (Cakir in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht3 [2020] 1387 [Punkt XXXIIb. Gewebesicherheitsgesetz]). Eine Dereliktion der Stammzellen war in den Fällen der autologen Aufbewahrung, also jener für den ursprünglichen Träger selbst, nicht anzunehmen (Krejci, Wem gehört die Nabelschnur? RdM 2001, 67; vgl Schickmair in Schwimann/Kodek, ABGB5 [2019] § 386 Rz 10; Riss in KBB7 [2023] § 386 ABGB Rz 1). Ob das Eigentumsrecht an den entnommenen Zellen übertragen wurde, richtete sich nach dem Inhalt der der Entnahme und der Verwahrung zugrundeliegenden Verträge (Krejci, RdM 2001, 67).

[32] 3.2.3. Daran hat auch das Gewebesicherheitsgesetz, das – von der hier nicht relevanten Ausnahme des § 1 Abs 3 Z 1 GSG abgesehen – auch auf die autologe Verwendung, also die Entnahme von Zellen oder Geweben und ihre (spätere) Rückübertragung auf ein und dieselbe Person (§ 2 Z 17 GSG), anzuwenden ist (Cakir in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht3 1389; Polster, Gewebesicherheitsrecht [2011] 111; Leischner in Kopetzki, Gewebesicherheitsrecht [2009] 177), nichts geändert. Das GSG trifft keine Regelungen zu den Rechtsbeziehungen des Lebendspenders, sondern setzt das Bestehen von Vertragsbeziehungen zur Entnahmeeinrichtung und/oder zur Gewebebank voraus, wobei die Gewebebank auch lediglich als Erfüllungsgehilfe der Entnahmeeinrichtung fungieren kann (Leischner in Kopetzki, Gewebesicherheitsrecht [2009] 184). Ob bei der autologen Verwendung das Eigentumsrecht an den entnommenen Zellen übertragen wird, richtet sich nach dem Inhalt der Verträge (Leischner in Kopetzki, Gewebesicherheitsrecht [2009] 187). Da die Zellen dem Eigeninteresse des Spenders dienen, ist im Regelfall davon auszugehen, dass das Eigentum bei diesem verbleibt und Inhalt des Vertrags lediglich deren Entnahme und/oder die Lagerung ist (Polster, Gewebesicherheitsrecht [2011] 257).

[33] 3.2.4. Auch der Vertrag des Klägers mit der E* GmbH über die Entnahme und Lagerung seiner Stammzellen enthielt – wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat – keinen Hinweis darauf, dass eine Eigentumsübertragung gewollt war. Einen solchen vermag die Revision auch nicht aufzuzeigen. Vielmehr war vereinbart, dass Verfügungen über die Zellen nur vom Kläger und grundsätzlich nur zugunsten des Klägers getroffen werden konnten. Nach Punkt III.3. der unstrittig echten und richtigen Vertragsurkunde (vgl RS0121557) war bei Beendigung des Vertrags die Übergabe der Zellen an einen vom Kläger zu bestimmenden neuen Verwahrer vorgesehen. Beides spricht deutlich gegen eine Eigentumsübertragung auf die Verwahrerin. Das Eigentum an den Stammzellen ist daher beim Kläger verblieben.

[34] 3.2.5. Ein derivativer Eigentumserwerb der Erstbeklagten an den Stammzellen des Klägers aufgrund des Kaufvertrags mit dem Masseverwalter scheidet mangels Eigentums des Verkäufers aus. Den Ausführungen zu einem gutgläubigen Eigentumserwerb der Erstbeklagten nach § 367 ABGB, auf den sich die Beklagten überdies erstmals in der Revision stützen, ist entgegenzuhalten, dass § 367 ABGB nur den redlichen Erwerber schützt. Der Erwerber ist nach § 368 ABGB redlich, wenn er weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört, wobei schon leichte Fahrlässigkeit schadet (RS0010885). Lässt ein Merkmal den Erwerbsakt als objektiv verdächtig erscheinen, liegt kein gutgläubiger Erwerb vor (RS0010905; RS0010870). Im Hinblick darauf hat das Berufungsgericht die Redlichkeit der Erstbeklagten zutreffend unter Verweis auf Punkt 2.I.iii. des Kaufvertrags verneint. Nach dieser Bestimmung umfasste die Stammzellenbank neben zahlreichen allogenen Präparaten auch „ca. 10000 autologe Präparate“. Der Erstbeklagten musste somit bewusst gewesen sein, dass diese Präparate personengebunden waren, sodass sie zumindest weitere Nachforschungen über die Eigentumsverhältnisse daran anstellen hätte müssen. Damit korrespondiert auch, dass nach Punkt 4. der unstrittig echten und richtigen Kaufvertragsurkunde (vgl RS0121557) ein variabler Kaufpreisteil von 40 % des durch die Erstbeklagte erzielten Erlöses (lediglich) aus dem Verkauf der allogenen Präparate vereinbart wurde, bei denen von einem Eigentum der Insolvenzschuldnerin auszugehen war (vgl zur allogenen Spende Polster, Gewebesicherheitsrecht [2011] 255 f; Leischner in Kopetzki, Gewebesicherheitsrecht [2009] 187 f).

3.3. Zur Berechtigung des auf das Eigentumsrecht gestützten Herausgabeanspruchs des Klägers:

[35] 3.3.1. Die Rechte des Klägers als Eigentümer richten sich im vorliegenden Fall nach deutschem Recht (Punkt 3.1.2. f). Nach § 985 BGB kann der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. Anspruchsgegner ist der Besitzer; das gilt für alle Arten von Besitz, namentlich für unmittelbaren wie auch für mittelbaren Besitz. Auch der mittelbare Besitzer ist somit zur Herausgabe verpflichtet (Baldus in MüKoBGB9 [2023] § 985 Rn 32 ff; Fritzsche in BeckOK BGB68. Ed. [2023] § 985 Rn 18). Der mittelbare Besitz (§ 868 BGB) setzt ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis voraus; es genügt jedes konkrete Rechtsverhältnis, das ein Besitzrecht oder eine Besitzverpflichtung des Besitzmittlers (unmittelbaren Besitzers) begründet und ihr gewisse inhaltliche Konturen gibt (Fritzsche in BeckOK BGB68. Ed. [2023] § 868 Rn 10). Der Vindikationsanspruch kann sich auch gegen juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften richten (Fritzsche in BeckOK BGB68. Ed. [2023] § 985 Rn 8 f).

[36] Im vorliegenden Fall ist die Zweitbeklagte unmittelbare Besitzerin. Im erstinstanzlichen Verfahren wurden zum Rechtsverhältnis zwischen Erst- und Zweitbeklagter in Bezug auf die Verwahrung der Stammzellen des Klägers in Deutschland weder konkretes Vorbringen erstattet noch Feststellungen getroffen. Es kann daher noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die Erstbeklagte als mittelbare Besitzerin angesehen werden kann.

[37] 3.3.2. Der Herausgabeanspruch ist wegen rechtlicher Unmöglichkeit nach § 275 Abs 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Herausgabe ein gesetzliches Verbot entgegen steht (Fritzsche in BeckOK BGB68. Ed. [2023] § 985 Rn 27; vgl auch Ernst in MüKoBGB9 [2022] § 275 Rn 17). Der Tatbestand erfasst Fälle, in denen die Leistung auf Herbeiführung eines Rechtszustands gerichtet ist, der von der Rechtsordnung nicht anerkannt wird. Dieser Umstand kann etwa dadurch begründet werden, dass eine erforderliche Genehmigung versagt wird (Stadler in Jauernig, BGB19 [2023] § 275 Rn 15 ff; Lorenz in BeckOK BGB68. Ed. [2023] § 275 Rn 27). Eine weitere Fallgruppe besteht darin, dass der Schuldner zwar tatsächlich leisten könnte, aber von Rechts wegen nicht leisten darf, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen müsste (Ernst in MüKoBGB9 [2022] § 275 Rn 50).

[38] Auch ob gegenständlich ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vorliegt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.

[39] 3.3.3. Die Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen, die in Österreich im GSG umgesetzt wurde (§ 41 GSG), wurde in Deutschland mit dem Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) vom 20. 7. 2007 umgesetzt, womit insbesondere das Transplantationsgesetz (TPG), das Arzneimittelgesetz (AMG) und das Transfusionsgesetz (TFG) geändert wurden (vgl Heinemann/Löllgen, Die Umsetzung der Europäischen Geweberichtlinie, PharmR 2007, 183). § 20c AMG sieht in Umsetzung der RL 2004/23/EG eine Erlaubnispflicht für die Be- oder Verarbeitung, Lagerung, Konservierung und das Inverkehrbringen von Gewebe und Gewebezubereitungen vor (Rehmann, AMG5 [2020] § 20c Rn 1). Darunter fallen die von der RL 2004/23/EG erfassten Gewebe, für die die Anforderungen der „guten fachlichen Praxis“ nach § 3 Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) gelten (Pannenbecker in Kügel/Müller/Hofmann, AMG3 [2022] § 20c Rn 4). Inverkehrbringen ist jede Abgabe, also die Einräumung der Verfügungsgewalt an einen anderen durch körperliche Überlassung des Arzneimittels (Rehmann, AMG5 [2020] § 4 Rn 19). Für das Inverkehrbringen ist zusätzlich eine Genehmigung nach § 21a AMG erforderlich (Pannenbecker in Kügel/Müller/Hofmann, AMG3 [2022] § 20c Rn 16). Das Inverkehrbringen ohne Erlaubnis nach § 20c oder Genehmigung nach § 21a AMG ist gemäß § 96 Z 4a und Z 5a AMG strafbar. Die Freigabe von Gewebe oder Gewebezubereitungen darf gemäß § 38 AMWHV nur von der verantwortlichen Person nach § 20c AMG und nur nach von ihr vorher genehmigter Standardarbeitsanweisung vorgenommen werden. Die Freigabe darf nur erfolgen, wenn die Überprüfung aller dafür erforderlichen Unterlagen die Übereinstimmung der Gewebe oder Gewebezubereitungen mit ihren Spezifikationen, einschließlich der Endverpackung, bestätigt hat und bei Gewebezubereitungen, die der Genehmigungspflicht nach § 21a AMG unterliegen, die Übereinstimmung mit den Genehmigungsunterlagen vorliegt (vgl auch Wiesneth/Pannenbecker, Rechtliche Rahmenbedingungen für die Herstellung und das Inverkehrbringen von hämatopoetischen Stammzellpräparaten, hämotherapie 22/2014, 18 [24]).

[40] 3.3.4. Die Beklagten haben sich im Verfahren erster Instanz unter anderem darauf berufen, dass sie die Stammzellen des Klägers aus Gründen der Gewebesicherheit aufgrund der Vorschriften des österreichischen GSG nicht herausgeben dürfen und dazu konkrete Umstände behauptet.

[41] Aufgrund der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht der Vorinstanzen wurde mit den Parteien nicht erörtert, dass für die Beurteilung des klagsgegenständlichen, auf das Eigentumsrecht gestützten Herausgabeanspruchs die deutsche Rechtslage maßgeblich ist. Ebenso wurden keine Feststellungen zu den behaupteten, einer Herausgabe allenfalls entgegenstehenden Umständen getroffen.

[42] 3.4. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache in die erste Instanz. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht mit den Parteien die Sach- und Rechtslage zu erörtern und diesen Gelegenheit zur Erstattung geeigneten ergänzenden Vorbringens zu geben haben.

[43] Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass sich die Behauptungs- und Beweislast kollisionsrechtlich nach dem anwendbaren Sachrecht richtet (vgl Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1298 Rz 3 [Stand 1. 1. 2018, rdb.at]). Nach der Grundregel des insoweit anzuwendenden deutschen Rechts ist – wie in Österreich – jede Partei für die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm beweispflichtig (Rosenberg/Schwab/Gottwand, Zivilprozessrecht [2018] 698). Daher haben die Beklagten jene Umstände zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich nach der anzuwendenden deutschen Rechtslage die rechtliche Unmöglichkeit der Herausgabe der Stammzellen ergeben soll. In diesem Zusammenhang wird auch zu erörtern sein, ob diese Normen ausdrücklich dem Gericht die Entscheidung über eine solche verwaltungsrechtliche Vorfrage verwehren (siehe Punkt 1.6.). Die Klägerin hingegen hat jene Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die die Rechtsstellung der Erstbeklagten als mittelbare Besitzerin begründen sollen (siehe Punkt 3.3.1.). In der Folge wird das Erstgericht entsprechende Feststellungen zu treffen und eine neuerliche Entscheidung zu fällen haben.

[44] 4. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte