OGH 13Os33/24p

OGH13Os33/24p11.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * O* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen sowie im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * O* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 27. November 2023, GZ 318 Hv 9/23b‑267.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00033.24P.0911.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * O* jeweils mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB idF BGBl 1996/762 (I) und der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (III) sowie jeweils mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB und nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2004/15 (IV A und IV B), nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 (IV C) und nach § 201 Abs 1 StGB idgF (IV D)schuldig erkannt.

[2] Aus Anlass der vom Schuldspruch IV umfassten Taten (US 78) wurde die strafrechtliche Unterbringung des * O* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.

[3] Nach den Urteilsfeststellungen hat er

I) vom Frühjahr 2005 bis zum Frühjahr 2007 in W* seine damalige Freundin * S* wiederholt am Körper verletzt, indem er sie im Zuge von Auseinandersetzungen an den Handgelenken und den Armen packte und ihr Stöße versetzte, wodurch sie regelmäßig Hämatome erlitt,

III) während aufrechter Beziehung gegen nachgenannte Personen eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, und zwar

1) vom Jänner 2011 bis zum Oktober 2011 und vom Jänner 2012 bis zum Mai 2013 in W* und G* gegen * L* (vormals P*), indem er sie etwa wöchentlich schlug, durch die Wohnung schleuderte, gegen Möbelstücke stieß und fast bis zur Bewusstlosigkeit würgte, wodurch die Genannte regelmäßig Hämatome und Prellungen erlitt, sowie

2) vom Anfang des Jahres 2017 bis zum Oktober 2019 in W* gegen * F*, indem er ihr anfangs etwa ein Mal pro Monat und ab Anfang 2018 etwa zwei bis vier Mal pro Monat Stöße, Ohrfeigen und (teilweise mit der Faust) Schläge versetzte und sie mit beiden Händen würgte, wodurch sie regelmäßig Hämatome und Prellungen sowie einmal einen Bruch einer Zehe erlitt und bei einem anderen Vorfall bewusstlos wurde (US 15 f), weiters

IV) nachfolgende Personen mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, und zwar

A) vom Frühjahr 2006 bis zum Ende des Jahres 2009 in W* seine damalige Freundin * S*, indem er

1) sie vom Frühjahr 2006 bis zum Frühjahr 2007 mehrfach gewaltsam gegen ihren Willen auszog, an den Handgelenken festhielt und am Bett fixierte, während er den Beischlaf an ihr vollzog, wobei die Tat in einem Fall eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, zur Folge hatte, sowie

2) im Jahr 2009 ihre Badezimmertür versperrte, ihr dort gegen ihren erklärten Willen (US 9) gewaltsam ihre Hose und Unterhose hinunterzog und vaginal in sie einzudringen trachtete, was ihm aufgrund ihrer heftigen Gegenwehr nicht gelang, sodass es beim Versuch (§ 15 StGB) blieb,

B) vom Jänner 2011 bis zum Oktober 2011 und vom April 2012 bis zum Mai 2013 in W* seine damalige Lebensgefährtin * L*, indem er ihr nach den unter III 1 angeführten Gewalthandlungen etwa wöchentlich die Kleider vom Leib riss und sie durch Festhalten oder durch sein Körpergewicht fixierte, während er den Beischlaf an ihr vollzog, wobei die Tat in einem Fall eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung, zur Folge hatte,

C) vom Anfang des Jahres 2017 bis zum Oktober 2019 in W* seine damalige Lebensgefährtin * F* in zumindest acht Angriffen, indem er ihr, teilweise nach den unter III 2 angeführten Gewalthandlungen, die Unterwäsche herunterriss und sie durch Festhalten an den Armen oder durch sein Körpergewicht fixierte, während er den Beischlaf an ihr vollzog, zudem

D) Personen, indem er ihnen ohne ihr Wissen die bewusstseinsbeeinträchtigende Substanz Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB) in Form von sogenannten K.O.-Tropfen verabreichte und dann durch die solcherart erfolgte Ausschaltung ihrer Willensbildung oder Willensbetätigung den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung mit ihnen durchführte, wobei sie derart beeinträchtigt waren, dass sie sich gegen die geschlechtlichen Handlungen nicht zur Wehr setzen konnten, und zwar

1) am 11. Juli 2021 in M* * B*, indem er an ihr den Vaginalverkehr vornahm,

2) am 8. oder am 9. Oktober 2021 in M* * S*, indem er ihr die Hose und Unterhose hinunterzog und sodann seine Finger und seinen Penis in ihre Vagina einführte,

3) * K*

a) Mitte September 2021 in W*, indem er sich zu ihr legte, ihr die Kleidung auszog, ihre Brüste betastete, seine Finger in ihre Vagina einführte und anschließend an ihr den Vaginalverkehr vornahm, und

b) am 19. oder am 20. Oktober 2021 in M*, indem er sich zu ihr legte, sie auszog, ihren unbekleideten Körper und ihren Vaginalbereich betastete, seine Finger in ihre Vagina einführte und an ihr den Vaginalverkehr vornahm, sowie

4) am 4. oder am 5. November 2021 in M* * E*, indem er an ihr den Analverkehr vornahm.

Rechtliche Beurteilung

 

[4] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zum Vorbringen „betreffend den Ausspruch über die Unterbringung in ein forensisch-therapeutischen Zentrum gemäß § 21 Abs 2 StGB“:

[5] Die aus Z 4 erhobene Beschwerde ist als Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall iVm Z 4) zulässig, soweit sie sich auf einen auf die Annahme einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung und deren Einfluss auf die Anlasstaten gerichteten Antrag bezieht (vgl Haslwanter in WK2 StGB Vor §§ 21–25 Rz 9 sowie RIS‑Justiz RS0118581). Soweit eine Antragsabweisung die Gefährlichkeitsprognose betrifft, ist sie hingegen nur mit Berufung bekämpfbar (Haslwanter in WK2StGB Vor §§ 21–25 Rz 11).

[6] Der Beschwerde zuwiderwurden die auf Enthebung des (im Ermittlungsverfahren) von der Staatsanwaltschaft und (im Hauptverfahren) vom Gericht beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Univ.‑Doz. Dr. * H* und auf Bestellung eines „neuen“ Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie samt Einholung eines „neuen“ Gutachtens abzielenden Anträge des Angeklagten (ON 208.3 S 4 ff und S 18 ff; ON 236.4 S 3 ff; ON 242.2 S 94 ff; ON 267.3 S 5 ff) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen (ON 208.3 S 10 f, ON 212.3 S 13, ON 236.4 S 11, ON 242.2 S 99 und ON 267.3 S 7):

[7] Dem Angeklagten ist es im Ermittlungsverfahren offengestanden, gemäß § 126 Abs 5 erster Satz StPO die Bestellung eines Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahmen zu verlangen. Da er dies trotz entsprechender Information (ON 1.22) unterließ, kann die im Antrag behauptete „strukturelle“ Befangenheit des Sachverständigen (ON 208.3 S 5 f) im Hauptverfahren im Hinblick auf den durch dieses Unterlassen (der Sache nach) abgegebenen Grundrechtsverzicht nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0131744, RS0130055 [T5] und RS0130056 [T3]; Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 78 mwN).

[8] Liegt – wie hier – ein dem Angeklagten nachteiliges (schriftliches) Gutachten bereits vor, werden Mängel an der Sachkunde unter dem Aspekt subjektiver Rechte speziell von § 127 Abs 3 StPO erfasst. Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen kommt daher insoweit nur dann in Betracht, wenn sich dort beschriebene Mängel von Befund oder Gutachten durch Befragung des bereits bestellten Experten nicht beseitigen lassen (vgl RIS‑Justiz RS0117263 und RS0120023 [T1]; Danek/Mann, WK‑StPO § 221 Rz 23/3; Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 163 und § 127 Rz 31; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 373). Ein diesbezüglicher Antrag muss somit in § 127 Abs 3 erster Satz StPO angeführte Mängel im Befund oder im Gutachten (vgl dazu RIS‑Justiz RS0127941 und RS0127942 sowie Hinterhofer, WK‑StPO § 127 Rz 35 ff) unter substantiierter Auseinandersetzung mit den vom Sachverständigen vorgenommenen Modifikationen und Ergänzungen schlüssig darlegen (RIS-Justiz RS0117263 [T17], RS0115712 [T10] und RS0102833).

[9] Soweit sich die Verfahrensrüge – wie hier – auf vor der Vernehmung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung gestellte Anträge bezieht, vermag sie einen solchen Mangel naturgemäß nicht darzutun.

[10] Den dargelegten Erfordernissen haben aber auch die nach der ausführlichen Befragung des Sachverständigen (auch durch die vom Angeklagten beigezogene Person mit besonderem Fachwissen) in der Hauptverhandlung am 28. September 2023 gestellten Anträge (ON 242.2 S 94 ff) nicht entsprochen, weil sie sich mit der Replik des Sachverständigen gerade nicht auseinandersetzten (vgl dazu auch US 37 ff).

[11] Der Antrag auf Vernehmungder vom Angeklagten beigezogenen Person mit besonderem Fachwissen Prof. Dr. * U* als Zeugen zum Beweis dafür, „dass das Gutachten Dris. H* aufgrund der gravierenden Mängel im Sinne des § 127 Abs 3 StPO nicht lege artis erstattet wurde“ und „die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens unbedingt erforderlich“ sei (ON 208.3 S 18), ging daran vorbei, dass nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen (§ 154 Abs 1 StPO) Gegenstand einer Zeugenaussage sind (RIS-Justiz RS0097545 und RS0097540 [T8]).

[12] Gleiches gilt für den Antrag auf Vernehmung des Dr. * Z* als Zeugen zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte weder unter einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung noch an einer sexuellen Devianz iSd § 21 Abs 2 StGB leidet“ (ON 208.3 S 25).

[13] Auch die vom Angeklagtenangestrebte Einholung eines psychologischen Sub-Gutachtens zielte bloß auf eine Überprüfung der Beurteilung des vom Gericht beigezogenen Experten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie (vgl dazu § 430 Abs 1 Z 2 StPO) in der nicht indizierten Erwartung eines für den Angeklagten günstigeren Ergebnisses und damit auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS-Justiz RS0117263 [T17]).

[14] Zu Recht unterblieb auch die zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit belastender Aussagen angestrebte Vernehmung von * E* (ON 208.3 S 12 f), * O* (ON 208.3 S 14), * P* (ON 208.3 S 14 f) und * H* (ON 208.3, S 15) als Zeugen. Unmittelbare Wahrnehmungen dieser Personen zum hier in Rede stehenden Geschehen behaupten die diesbezüglichen Anträge nicht. Ebenso wenig enthielt das Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass * B*, * F* oder * L* in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt hätten (dazu RIS‑Justiz RS0120109 [insbesondere T3]). Davon, dass * L*, * S* und * F* in Kontakt standen, über die Anzeigen sprachen und das „durchziehen wollten“, sowie dass * L* bereits seit längerer Zeit eine Therapie gemacht habe, ging das Gericht ohnehin aus (US 14 und 51; ON 222.4,3). Die Gewichtung dieser Umstände im Rahmen der Prüfung der Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft kommt allein dem erkennenden Gericht zu (§ 258 Abs 2 StPO).

[15] Die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens bezüglich der Zeugin * S* (ON 212.3 S 6 ff) unterblieb schon deshalb zu Recht, weil im Antrag nicht behauptet wurde, dass die Genannte die erforderliche Zustimmung zu einer Exploration erteilt hätte oder erteilen würde (RIS‑Justiz RS0118956 [T5]).

[16] Im Rechtsmittel nachgetragenes, den Antrag ergänzendes Vorbringen ist ebenso unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618) wie Kritik an der Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses (RIS‑Justiz RS0116749).

[17] Entgegen dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen des Erstgerichts, wonach es der Angeklagte zumindest für möglich gehalten und sich billigend damit abgefunden habe, * S* und * L* durch sein Verhalten eine schwere Körperverletzung zuzufügen (US 9 und 13), ist die Ableitung dieser Konstatierungen aus dem objektiven Tatgeschehen (dazu RIS‑Justiz RS0098671 und RS0116882) in Verbindung mit dem vom Erstgericht für schlüssig befundenen (US 37) Gutachten des Sachverständigen Univ.‑Doz. Dr. * H*, wonach es für die Annahme, dass der Angeklagte zu den jeweiligen Tatzeitpunkten nicht in der Lage gewesen wäre, den Unrechtsgehalt seiner Handlungen zu erkennen und dementsprechend zu handeln, keine medizinischen Anhaltspunkte gebe (US 41), unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

[18] Dem weiteren Vorwurf (Z 5 zweiter Fall) zuwider ließ das Erstgericht die Angaben der Zeuginnen * B* und * E* beim Ausspruch über entscheidende Tatsachen nicht unberücksichtigt, sondern führte deren fehlende oder nur bruchstückhaft vorhandene Erinnerungen an die vom Schuldspruch IV D 1 und 4 erfassten Vergewaltigungen auf ihre Betäubung mit den vom Angeklagten verabreichten „K.O.-Tropfen“ zurück (US 57, 67 und 69). Dass das Erstgericht aus diesen Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0098400 und RS0099438).

[19] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil nur dann, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431 [T1]). Mit der Kritik, wonach getroffene Feststellungen von Depositionen der Zeugin * B* abweichen würden, wird kein solches Fehlzitat aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0099431 [T17]).

[20] Mit dem Hinweis auf die bereits von der Mängelrüge angesprochenen Angaben der Zeuginnen * B* und * E* weckt die Tatsachenrüge (Z 5a) beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

[21] Die Rechtsrüge (Z 9 lit b, nominell verfehlt auch Z 10) legt nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565), weshalb auf der Basis des Urteilssachverhalts zum Schuldspruch IV A 2, wonach der Angeklagte * S* zum Geschlechtsverkehr zwingen wollte, aber aufgrund ihrer heftigen Gegenwehr nicht in sie eindringen konnte (US 9), kein fehlgeschlagener Versuch (zum Begriff Bauer/Plöchl in WK2 StGB §§ 15, 16 Rz 158) anzunehmen sein sollte, der strafbefreienden Rücktritt (§ 16 Abs 1 StGB) von vornherein ausschließt (dazu RIS-Justiz RS0090229).

[22] Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt die rechtliche Unterstellung aller vom Schuldspruch III umfassten Taten nach § 83 Abs 1 StGB an. Soweit sie Feststellungen zur Eignung der Tathandlungen, die Opfer in ihrer freien Lebensführung schwerwiegend oder gravierend zu beeinträchtigen, vermisst, erklärt sie aber nicht, weshalb die erstgerichtlichen – eingangs referierten – Konstatierungen (US 11 f und US 15 f) für die Bejahung der – als Rechtsfrage zu beurteilenden (RIS‑Justiz RS0132824) – Eignung der gesetzten Gewalthandlungen, die Lebensführungsfreiheit der Opfer gravierend zu beeinträchtigen (Schwaighofer in WK2 StGB § 107b Rz 8 mwN, vgl RIS-Justiz RS0127377), nicht ausreichen sollten (RIS-Justiz RS0116565).

[23] Ebenso wenig leitet die Rüge aus dem Gesetz ab, weshalb über die zum Schuldspruch III getroffenen Feststellungen hinaus auch Konstatierungen zum tatsächlichen Vorliegen eines permanenten Angstzustands der Opfer bei dem als abstraktes Gefährdungsdelikt angelegten Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB erforderlich sein sollten (12 Os 93/19x, jüngst 13 Os 129/21a).

[24] Die gebotene Ableitung aus dem Gesetz vermissen lässt auch die Behauptung, die etwa dreimonatige Unterbrechung der Tathandlungen zum Nachteil der * L* (III 1, vgl dazu US 11) und die bloße Reduzierung der vom Jänner 2011 bis zum Oktober 2011 und vom Jänner 2012 bis zum Mai 2013 andauernden und zumindest wöchentlichen (auch Würge‑)Angriffe (vgl dazu US 52) ab der Schwangerschaft Ende 2012 (US 12) stünden – trotz der konstatierten Dauer, Dichte und Intensität der Tathandlungen während der verbleibenden Tatzeiträume – der rechtlichen Annahme einer fortgesetzten Gewaltausübung entgegen. Unter dem Aspekt des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt, dass die insoweit von der Beschwerde vertretene Rechtsansicht nicht zutrifft (vgl dazu RIS-Justiz RS0129716 [T2]).

[25] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[26] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[27] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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