OGH 10Ob23/24s

OGH10Ob23/24s10.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Stefula, Dr. Annerl und Dr. Vollmaier und die Hofrätin Dr. Wallner‑Friedl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz‑Eugen‑Straße 20–22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. *, 2. *, beide vertreten durch die FSM Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2024, GZ 2 R 29/23h‑23, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 4. Jänner 2023, GZ 20 Cg 14/22w‑13, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00023.24S.0910.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Klauselentscheidungen, Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 1.127,40 EUR (darin enthalten 187,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist ein zur Verbandsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband. Die Erstbeklagte betreibt in Wien eine Hausverwaltung und verwendet im Rahmen ihrer Tätigkeit Vertragsformblätter, die sie den für ihre Kunden abgeschlossenen Wohnungsmietverträgen im Teilanwendungsbereich des MRG (§ 1 Abs 4 MRG) zugrunde legt bzw ihren Kunden für den Abschluss von Mietverträgen empfiehlt. Die Zweitbeklagte gehört zum Kundenkreis der Erstbeklagten und bewirtschaftet ihre Immobilien durch Vermietung und Verpachtung. Sie verwendet beim Abschluss von Mietverträgen mit Verbrauchern die ihr von der Erstbeklagten empfohlenen Vertragsformblätter.

[2] Die Klägerin begehrt, es den Beklagten zu untersagen, insgesamt 37 der in diesen Vertragsformblättern enthaltenen Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern für den Abschluss von Wohnungsmietverträgen im Teilanwendungsbereich des MRG zu verwenden, sich darauf zu berufen oder – bezogen auf die Erstbeklagte – sie zu empfehlen. Weiters begehrt sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils in einer österreichweiten Samstagsausgabe der „Neuen Kronenzeitung“.

[3] Die Beklagten anerkannten die begehrte Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich 27 der klagegegenständlichen Klauseln. Im Übrigen sei das Klauselwerk rechtskonform, es bestehe weiters kein berechtigtes Interesse an einer bundesweiten Veröffentlichung.

[4] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme der Klausel 16 statt.

[5] Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin, das sich gegen die Klageabweisung in Ansehung der Klausel 16 richtete, Folge; der Berufung der Beklagten gegen die Untersagung der Klauseln 5, 6, 8, 10, 17 und 34 gab es indes nicht Folge, wohl aber deren Berufung gegen die Veröffentlichung in einer österreichweiten Zeitungsausgabe. Es ermächtige die Klägerin stattdessen nur zur Urteilsveröffentlichung in der Regionalausgabe der „Neuen Kronenzeitung“ für Wien sowie – hinsichtlich der Erstbeklagten – überdies für Niederösterreich. Zugleich sprach das Berufungsgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Klausel 16 fehle.

[6] Mit ihrer von der Klägerin beantworteten Revision streben die Beklagten die teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin an, dass die Klage in Ansehung der Klauseln 8 und 16 abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

[7] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Allgemeines

Für die Klauselprüfung im Verbandsprozess sind nach ständiger Rechtsprechung folgende Grundsätze maßgeblich:

[8] 1. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RS0016914). Ein Abweichen vom dispositiven Recht kann unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein, wenn sich dafür keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich somit am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RS0014676 [T7, T13, T43]). Der Einwand, eine gesetzwidrige Klausel werde in der Praxis anders gehandhabt, ist im Verbandsprozess unerheblich (RS0121943).

[9] 2. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Es soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden. Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169 [T2]; RS0115217 [T7]). Mit dem Verbandsprozess soll nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position oder ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermitteln (RS0115219 [T14, T21]; RS0121951 [T4]). Daraus kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219; RS0121951 [T2]).

[10] 3. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen; es ist von der für die Kunden der Beklagten nachteiligsten Auslegungsvariante auszugehen (RS0016590). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (RS0038205).

[11] 4. Maßgeblich für die Qualifikation einer (Teil‑)Klausel als eigenständig im Sinn des § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks; es können vielmehr auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz (4 Ob 235/22w Rz 40) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [T1]; 8 Ob 108/21x Rz 20 und 4 Ob 207/22b Rz 20 je mit Hinweis auf Geroldinger, Klauselbegriff und „blue pencil test“ in der AGB‑Rechtsprechung, ALJ 2/2015, 196 ff). Dabei kommt auch der sprachlichen Unselbständigkeit ein gewisses Gewicht zu (RS0121187 [T11]). Eine eigenständige Beurteilung der Klauseln ist auch dann gerechtfertigt, wenn sich eine Klausel zwar mit einem Verweis auf eine andere Klausel bezieht, darüber hinaus aber einen eigenständigen Regelungsinhalt aufweist (vgl 5 Ob 15/20x ErwGr B.2.5.2. mwN). Ergibt die Zusammenschau mehrerer Sätze die Intransparenz, so sind diese als Einheit zu beurteilen (8 Ob 108/21x Rz 21 mwN; 4 Ob 235/22w Rz 40).

II. Zu den einzelnen Klauseln

[12] 1. Klausel 8 (§ 3 Punkt 2. des Vertragsformblatts)

„Der Hauptmietzins wird wertgesichert nach dem Gesamtbaukostenindex für den Wohnhaus‑ und Siedlungsbau (Basisjahr 2010) auf Basis des im Monat der beiderseitigen Vertragsunterfertigung verlautbarten Indexwertes.

Er verändert sich zu Beginn eines jeden Jahres (1. 1.) im Verhältnis des Indexwertes für September des jeweiligen abgelaufenen Jahres zum Indexwert für den Basismonat. Die erstmalige Anpassung erfolgt mit 01. 01. 2022.

Dieser Indexwert bildet sodann auch die Basis für die weitere Wertsicherung. Sollte der zugrunde gelegte Index nicht mehr verlautbart werden gilt jener Index als Grundlage für die Wertsicherung der anstelle dieses Index verlautbart wird. In Ermangelung eines solchen jener, der dem Gesamtkostenindex für den Wohnhaus‑ und Siedlungsbau (Basisjahr 2010) am ehesten entspricht.“

[13] 1.1. Die Vorinstanzen sahen in der Vereinbarung einer Anpassung des Hauptmietzinses nach Maßgabe des Baukostenindex (Wohn- und Siedlungsbau) einen Verstoß gegen das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung der für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Baukostenindizes bildeten die Entwicklung der Material‑ und Lohnkosten von Bauunternehmen bei der Ausführung von Bauleistungen ab. Es fehle der enge Bezug zu den Kosten professioneller Vermieter. Eine nahezu vollständige Orientierung von Mietzinsen an (künftigen) Baukosten sei auch unter Bedachtnahme auf künftige vermieterseitige Bau‑ und Instandsetzungsmaßnahmen nicht sachlich gerechtfertigt.

[14] Dagegen führt die Revision der Beklagten ins Treffen, der Baukostenindex als Wertsicherungsparameter weise einen konkreten Bezug zum betreffenden Geschäft sowie zu den Kosten auf, die aus Sicht des Unternehmers anfielen. Bei der Vermietung von Wohnraum entstünden dem unternehmerischen Vermieter nämlich – neben den allgemeinen unternehmensbezogenen Kosten sowie den Finanzierungskosten – vor allem Kosten für die Erhaltung des Mietobjekts sowie der allgemeinen Teile der Liegenschaft. Diese würden durch den Baukostenindex abgebildet. Bei der Errichtung des Gebäudes und der anschließenden (Erst-)Vermietung seien die Kosten des Vermieters nun einmal die Baukosten für die Errichtung des Objekts. Der Oberste Gerichtshof habe die Wertanpassung anhand des Baukostenindex bereits wiederholt (5 Ob 81/99v; 6 Ob 633–636/92) implizit als rechtswirksam erachtet. Der Baukostenindex bilde die Kostenstruktur des unternehmerischen Vermieters jedenfalls deutlich besser ab als der Verbraucherpreisindex, der durch unzählige Positionen „verwässert“ werde, die mit der Vermietung von Wohnungen nichts zu tun hätten, und der nur dazu diene, die allgemeine Preisentwicklung bzw Inflation in Österreich darzustellen. Auch in anderen Branchen, etwa in der Versicherungsbranche, werde für die Wertsicherung auf den Baukostenindex zurückgegriffen.

Diesen Ausführungen kommt aus den folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

[15] Wertsicherungsklauseln in Wohnungsmietverträgen unternehmerischer Vermieter haben sich an den Erfordernissen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG messen zu lassen. Die Bestimmung konkretisiert § 879 Abs 3 ABGB (1 Ob 64/24d Rz 5) und dient dem Schutz des Verbrauchers vor überraschenden ebenso wie vor sachlich nicht gerechtfertigten Preiserhöhungen (10 Ob 125/05p; vgl auch RS0124336). Sie regelt die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Preisänderungsklauseln, zu denen neben den (weiteren) Erfordernissen der Zweiseitigkeit, der Festlegung im Vertrag und der Unabhängigkeit vom Willen des Unternehmers auch die sachliche Rechtfertigung der für die Entgeltänderung maßgeblichen Umstände zählt (6 Ob 226/18f ErwGr 1.2.; 2 Ob 36/23t Rz 9).

[16] Dieses Kriterium wurde durch die KSchG‑Novelle 1997 (BGBl I 1997/6) nachträglich in § 6 Abs 1 Z 5 KSchG eingefügt. Die Gesetzesmaterialien führen dazu aus, es solle nicht mehr zulässig sein, die Preisentwicklung an Parameter zu knüpfen, die keinerlei sachlichen Bezug zum konkreten Geschäft und insbesondere zu den Kosten des Unternehmers haben. Konsumentenschützer sähen praktische Probleme mit Preisgleitklauseln fast ausschließlich nur in solchen Fällen, in denen sachfremde Faktoren herangezogen würden, deren Entwicklung oftmals nur schwer vorhersehbar sei. In Zusammenhang mit der Anordnung der Zweiseitigkeit von Preisänderungsklauseln legen die Materialien weiters dar, es sei nicht recht einzusehen, dass sich ein Unternehmer zwar gegen eine allfällige Verteuerung gewinnbestimmender Faktoren (etwa der Preise von Betriebsmitteln) absichern könne, im Fall der Verbesserung der Faktoren aber den dadurch bedingten Mehrgewinn lukrieren dürfe (ErläutRV 311 BlgNR 20. GP  19).

[17] Nach herrschender Ansicht bezweckt die Regelung, das ursprüngliche Wertverhältnis der vertraglichen Leistung und der Gegenleistung auch während der Vertragslaufzeit aufrechtzuerhalten. Die von den Vertragsteilen einvernehmlich festgelegte subjektive Äquivalenz zwischen den wechselseitig zu erbringenden Leistungen soll im Zuge nachträglicher Preisanpassungen möglichst beibehalten werden (vgl nur Fenyves/Rubin, Vereinbarung von Preisänderungen bei Dauerschuldverhältnissen und KSchG, ÖBA 2004, 347 [350]; Schauer, Prämienanpassung und Kündigung in der Kfz‑Haftpflichtversicherung, ZVR 2009/238, 427 [431]; Apathy/Frösselin Schwimann/Kodek, ABGB5 § 6 KSchG Rz 26; Kronthaler in Painsi/Schinnagl/Spruzina/Stabentheiner/Terlitza, GeKo Wohnrecht II2 § 6 KSchG Rz 145 ua). Dies entspricht auch der Funktion von Wertsicherungsvereinbarungen, den inneren Forderungswert zu stabilisieren. Mit anderen Worten soll die Wertsicherungsvereinbarung dem legitimen Bedürfnis zum Durchbruch verhelfen, das ursprünglich vereinbarte Entgelt – insbesondere bei längeren Vertragslaufzeiten – an die tatsächliche Geldwertänderung anzupassen und damit das Äquivalenzverhältnis zu wahren (6 Ob 226/18f ErwGr 1.3; zustimmend Pesek, Anm zu OGH 6 Ob 226/18f, immolex 2019, 310 [311] mwN; Leitner, Wirksamkeit von Indexklauseln in Mietverträgen, wobl 2023, 422 [423 f]; vgl dazu auch schon die Materialien zur Stammfassung des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG [ErläutRV 744 BlgNR 14. GP  23 f], wonach besonders bei längerfristigen Schuldverhältnissen – namentlich in Zeiten beschleunigter Preissteigerungen – ein anerkennenswertes Bedürfnis nach einer Anpassung von Entgelten an inflationäre Preisentwicklungen bestehen könne). Im Ergebnis soll damit, wie sich auch aus den vorzitierten Gesetzesmaterialien ableiten lässt, die anfängliche Gewinnspanne des Unternehmers über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg erhalten bleiben; die Wertsicherungsvereinbarung soll aber dem Unternehmer keine darüber hinausgehenden „Zufallsgewinne“ ermöglichen (vgl 1 Ob 64/24d Rz 12; idS bereits Fenyves/Rubin, ÖBA 2004, 351; Kronthaler in Painsi/Schinnagl/Spruzina/Stabentheiner/Terlitza, GeKo Wohnrecht II2 § 6 KSchG Rz 145 mwN).

[18] Der Gesetzgeberder KSchG‑Novelle 1997 hatte zur Erreichung dieses Ziels primär jene Faktoren als zulässige Änderungsparameter vor Augen, die die laufenden Kosten des Unternehmers bestimmen (ErläutRV 311 BlgNR 20. GP  19: „preisbestimmende Umstände“).

[19] Es entspricht jedoch einhelliger Ansicht, dass eine Wertsicherungsklausel, um dem Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG zu genügen, die Kostenentwicklung des konkreten Unternehmers nicht punktgenau abzubilden hat (statt vieler Scharmer, Zur Zulässigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen [Indexklauseln] in Verbraucher-Mietverträgen – Grundsätzliches und Spezielles aus Anlass der „Paukenschläge“ OGH 2 Ob 63/23 und 8 Ob 37/23h, wobl 2023, 291 [299] mwN, unter Hinweis darauf, dass eine exakte Umschreibung der die Kostenentwicklung des Unternehmers beeinflussenden Faktoren die Preisänderungsklausel im Ergebnis intransparent im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 und § 6 Abs 3 KSchG machen könnte). Dementsprechend kann sich die sachliche Rechtfertigung einer vereinbarten Entgeltanpassung nach der Judikatur allgemein aus betriebswirtschaftlichen „oder vergleichbaren Gründen“ ergeben (10 Ob 125/05p; 1 Ob 64/24d Rz 7). Vor diesem Hintergrund und ausgehend von der weiteren Erwägung, dass auch der Gesetzgeber die Valorisierung der Kategoriebeträge sowie der Richtwerte an die Verbraucherpreisindizes 2000 bzw 2010 geknüpft hat (vgl § 16 Abs 6 MRG und § 5 Abs 2 RichtWG), besteht etwa weitgehende Einigkeit darüber, dass Wertsicherungsvereinbarungen, die die Höhe des Mietzinses an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex koppeln, dem Sachlichkeitsgebot des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG (ebenso wie jenem des § 879 Abs 3 ABGB) genügen, ist doch dieser die allgemeine Preisentwicklung darstellender Index ein geeigneter Wertmesser zur Erreichung des zuvor angeführten Ziels (vgl insb 6 Ob 226/18f; zuletzt 1 Ob 64/24d Rz 8 ff mwN; zustimmend ua Hausmann/Reithofer in Hausmann/Vonkilch 4 [2021] § 16 MRG Rz 86; Pesek, immolex 2019, 311; G. Graf, immolex 2019, 306; A. Vonkilch, wobl 2020/92, 297 [301]; weiters Scharmer, wobl 2023, 299; Punt, Das Wohnungsmietrecht in Österreich, NZM 2024, 73 [86]; ablehnendRosifka, Preisänderungsklauseln in Wohnungsmietverträgen, VbR 2023/117, 160 [162 f], unter Verweis darauf, dass der vereinbarte Hauptmietzins, bezogen auf den ursprünglichen Investitionsaufwand des Vermieters, eine von der Inflation unabhängige Verzinsung in einer konkreten Höhe bedeute; kontrakritisch Terlitza, [Un‑]wirksame Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, NZ 2024/52, 174 [177], unter Hinweis auf § 16 Abs 6 MRG und § 5 Abs 2 RichtWG).

[20] Zur Frage, inwieweit unter Berücksichtigung des Erfordernisses der sachlichen Rechtfertigung im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG in Wohnungsmietverträgen unternehmerischer Vermieter eine andere indexgebundene Wertsicherungsklausel wirksam vereinbart werden kann, die nicht an einen Verbraucherpreisindex anknüpft, hat der Oberste Gerichtshof bislang noch nicht Stellung genommen.

[21] Allgemein gilt – ausgehend vom zuvor dargelegten rechtspolitischen Motiv hinter dem im Rahmen der KSchG‑Novelle 1997 eingeführten Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung –, dass die vereinbarten Wertsicherungsparameter einen sachlichen Bezug zur Preiskalkulation unternehmerischer Vermieter aufweisen müssen (idS bereits Krejci in Rummel, ABGB3 § 6 KSchG Rz 85; weiters Eccher in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 6 Abs 1 Z 5 KSchG Rz 5 mwN). Wenn die Materialien zur KSchG‑Novelle 1997 davon sprechen, dass Wertsicherungsparameter, die „keinerlei sachlichen Bezug“ zum konkreten Geschäft und insbesondere zu den Kosten des Unternehmers haben, fortan unzulässig sein sollen, dann lässt sich daraus – wie Fenyves/Rubin (ÖBA 2004, 351) überzeugend darlegen – nicht im Gegenschluss folgern, dass eine sachliche Rechtfertigung nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nur dann zu verneinen ist, wenn dem vereinbarten Änderungsfaktor jeglicher Bezug zu den unternehmerischen Kosten fehlt. Eine solche Interpretation würde der durch die Novelle ausdrücklich in die Bestimmung aufgenommenen Zulässigkeitsvoraussetzung im Ergebnis jeden eigenständigen normativen Gehalt nehmen. Es stand nämlich bereits vor der in Rede stehenden Neuregelung außer Zweifel, dass eine Preisänderungsklausel, der ein sachlicher Kalkulationsbezug gänzlich fehlt, dem Sittenwidrigkeitsverdikt des § 879 ABGB unterliegt (vgl schon Krejci in Rummel, ABGB2 § 6 KSchG Rz 85). Weder deutet der Wortlaut des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG darauf hin, dass bereits das Vorhandensein irgendeines wenn auch noch so losen Bezugs der vereinbarten Wertsicherungsparameter zu den unternehmerischen Kosten eine ausreichende sachliche Rechtfertigung für die Preisänderungsklausel darstellen soll, noch sprechen teleologische Erwägungen für ein solches Verständnis: Um dem Normzweck hinter dem Gebot der sachlichen Rechtfertigung nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, das ursprüngliche subjektive Äquivalenzverhältnis zwischen den wechselseitig zu erbringenden Leistungen der Vertragsparteien zu wahren, vollends gerecht zu werden, bedarf es nicht nur eines losen Bezugs des vereinbarten Wertmessers zu den die laufenden Kosten des Unternehmers bestimmenden Faktoren. Zu fordern ist vielmehr mit Fenyves/Rubin (ÖBA 2004, 351) ein so enger sachlicher Bezug, dass „Zufallsgewinne“ zugunsten einer Vertragspartei durch die Anwendung der Preisänderungsklausel ehestmöglich ausscheiden. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt im Ergebnis G. Graf (Welche Preisänderungsklauseln sind in Verbraucherverträgen wirksam? wbl 2005, 197 ff), der mit Recht darauf hinweist, dass Wertsicherungsvereinbarungen wirtschaftlich betrachtet zu einer Risikoüberwälzung auf den Verbraucher führten, trage doch allgemein der unternehmerische Leistungsschuldner das Risiko, dass sich die Kosten der Leistungsbeschaffung und ‑erbringung zu seinen Lasten verändern. Daraus leitet er ab, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Faktoren sachlich zu bestimmen seien: Die Änderung dürfe nicht an betriebsinterne oder sonstige vom Unternehmer beherrschbare Umstände anknüpfen, sondern an die durchschnittliche Marktentwicklung.

[22] Dafür, dass die Vereinbarung eines mit dem Baukostenindex wertgesicherten Mietzinses einen solchen hinreichend engen sachlichen Bezug zu den maßgeblichen die Kosten professioneller Vermieter bestimmenden Faktoren herstellt, sprechen sich in jüngerer Zeit Scharmer (wobl 2023, 304) sowie Punt (NZM 2024, 85 f) aus. Bei der Vermietung von Wohnraum entstünden dem unternehmerischen Vermieter – neben den allgemeinen unternehmensbezogenen Kosten sowie den Finanzierungskosten – insbesondere Erhaltungskosten. Die Entwicklung eben jener (Erhaltungs‑)Kosten werde durch den Baukostenindex abgebildet, der als Parameter für die Entwicklung jener Kosten fungiere, die den Bauunternehmen bei der Ausübungen von Bauleistungen durch Veränderung der Kostengrundlage (Material und Arbeit) entstehen.

[23] Diesen Erwägungen zur sachlichen Rechtfertigung der Koppelung der Höhe des Mietzinses an die Entwicklung des Baukostenindex sowie der darauf aufbauenden Argumentation der Beklagten ist nicht zu folgen:

[24] Scharmer arbeitet im Rahmen seiner Untersuchung selbst zutreffend heraus, dass die laufenden Kosten professioneller Vermieter nicht – wie von den Beklagten postuliert – „vor allem“ aus den von diesen zu tragenden Erhaltungskosten für die allgemeinen Teile der Liegenschaft sowie für das Mietobjekt bestehen. Neben diese Kostenposition treten vielmehr andere wesentliche laufende Kosten, etwa jene der Finanzierung sowie allgemeine unternehmensbezogene Kosten (etwa für Mitarbeiter, Büroräumlichkeiten etc). Damit vermag aber der Baukostenindex nur einen Bruchteil der maßgeblichen Kostenfaktoren unternehmerischer Vermieter abzubilden.

[25] Hinzu kommt, dass Vermietern typischerweise Erhaltungs‑ und Instandsetzungsaufwand nicht beständig und gleichmäßig während des gesamten laufenden Mietverhältnisses erwächst. Größerer Sanierungsbedarf stellt sich in der Regel erst (wieder) lange Zeit nach der Errichtung oder Generalsanierung ein. Auch vor diesem Hintergrund ist eine Anbindung der Mietzinsänderung an die Entwicklung des Baukostenindex gerade bei befristeten Mietverhältnissen und Erstbezug nach Errichtung bzw Generalsanierung sachlich nicht angezeigt.

[26] Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang zudem auf die Errichtungskosten verweisen, so lassen sie unberücksichtigt, dass diese im Allgemeinen ohnedies bereits Eingang in die Kalkulation des ursprünglich vereinbarten Mietzinses gefunden haben. Damit haben sie aber bei der Beurteilung der sachlichen Angemessenheit der in der Wertsicherungsklausl vereinbarten Parameter außer Betracht zu bleiben.

[27] Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es mit Blick auf die dargelegte Funktion der Wertsicherungsvereinbarung, den inneren Forderungswert zu stabilisieren und die subjektive Äquivalenz der beiderseitigen Leistungen im Mietverhältnis beizubehalten, aus sachlichen Gesichtspunkten nicht angebracht ist, die Wertsicherung des Mietzinses an die Entwicklung nur eines von mehreren für die laufende Kostenbelastung des Vermieters entscheidenden Faktoren, namentlich dessen Erhaltungskosten, zu knüpfen. Ein solches Vorgehen muss zwangsläufig zu einer Verzerrung des ursprünglichen Äquivalenzverhältnisses führen. Eine Wertsicherung des Mietzinses nach der Entwicklung des Baukostenindex vermag somit weder die konkrete Kostenentwicklung unternehmerischer Vermieter noch die durchschnittliche Marktentwicklung auch nur annäherungsweise abzubilden. Schon deshalb fehlt der hier zu beurteilenden Wertsicherungsklausel die sachliche Rechtfertigung im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.

[28] Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch aus den Entscheidungen 5 Ob 81/99v und 6 Ob 633–636/92 nicht gefolgert werden, dass der Oberste Gerichtshof eine Anknüpfung der Höhe des Mietzinses an die Entwicklung des Baukostenindex implizit bereits als sachlich gerechtfertigt angesehen hätte. Die diesen beiden Entscheidungen zugrunde liegenden Mietverträge wurden vor dem Inkrafttreten des KSchG am 1. 10. 1979 und damit außerhalb seines zeitlichen Geltungsbereichs geschlossen (§ 39 Abs 1 KSchG). Aus diesem Grund waren die in diesen Mietverträgen enthaltenden Wertsicherungsklauseln von vornherein nicht an dem – im Übrigen erst 1997 in die Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG aufgenommenen – Kriterium der sachlichen Rechtfertigung zu messen.

[29] Ebenso wenig lässt sich die sachliche Rechtfertigung der Wertsicherungsklausel mit den Beklagten daraus folgern, dass der darin herangezogene Baukostenindex die Kostenstruktur unternehmerischer Vermieter weit besser abbilde als der – als zulässiger Wertmesser qualifizierte – Verbraucherpreisindex, dessen Warenkorb weitgehend Positionen enthalte, die keinen Bezug zur gewerblichen Wohnungsvermietung hätten. Es trifft zwar im Ausgangspunkt zu, dass der Verbraucherpreisindex über den angesprochenen Warenkorb die allgemeine Preisentwicklung abbildet, wie sie sich für den Durchschnittsverbraucher (nicht für den professionellen Vermieter im Rahmen seines Geschäftszweigs) darstellt. Die Argumentation lässt aber unberücksichtigt, dass gerade das Abstellen auf die allgemeine Inflation dem als legitim erachteten Bedürfnis, das Entgelt für die unternehmerische Leistung an die tatsächliche Geldwertveränderung anzupassen, im Wesentlichen zum Durchbruch verhilft (1 Ob 64/24d Rz 10, 12). Dass damit anstatt einer konkreten (punktgenauen) Bezugnahme auf die unternehmerische Preiskalkulation bloß eine grobe Durchschnittsbetrachtung zum Zug kommt, schadet aus den bereits dargelegten Gründen nicht.

[30] 1.2. Da die nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unzulässige Regelung des Baukostenindex als Parameter der Wertsicherung des Mietzinses nicht isoliert von anderen Bestimmungen der inkriminierten Klausel (§ 3 Punkt 2. des Vertragsformblatts) wahrgenommen werden kann, zumal die anderen Teilbereiche der Klausel aufgrund ihres Sinnzusammenhangs nicht getrennt von dieser Regelung beurteilt werden können, ist die Klausel zur Gänze als unwirksam zu qualifizieren.

[31] Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die darin enthaltene Vereinbarung eines Ersatzindex, der dem in der Klausel festgelegten Baukostenindex „am ehesten entspricht“, wie vom Berufungsgericht angenommen, dem in § 6 Abs 1 Z 5 KSchG normierten Erfordernis der Umschreibung der für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag nicht genügt (zu einer ähnlichen Klausel vgl 2 Ob 36/23t Rz 10; RS0121395 [T5]; kritisch dazu insb Leitner, wobl 2023, 426; Rössl, Die [Un‑]Wirksamkeit von Wertsicherungsklauseln in AGB im Lichte des § 6 KSchG, ÖBA 2023, 650 [651]; zustimmend demgegenüber Prader, OGH kippt Wertsicherungsvereinbarung in Mietverträgen, Zak 2023/292, 164; Scharmer, wobl 2023, 297; Terlitza, NZ 2024/52, 181 f).

[32] Ebenso wenig ist aus diesem Grund auf die – erst im Revisionsverfahren relevierte – Frage zurückzukommen, ob die Wertsicherungsklausel aufgrund einer sich dadurch bietenden Möglichkeit zur Entgelterhöhung in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verstößt (vgl zu diesem Fragenkreis 2 Ob 36/23t Rz 10, 8 Ob 37/23h Rz 14 und 8 Ob 6/24a Rz 6 ff sowie die an dieser Rechtsprechung geübte Kritik ua von Fidler, Inflationsbewältigung durch Vertragsrecht? Ein Beitrag zur Auslegung der § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, § 879 Abs 3 ABGB, wobl 2023, 399 [402 ff]; Kronthaler, Zum [möglichen] Verstoß von Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, wobl 2023, 414 [417 ff]; Leitner, wobl 2023, 426 ff; Terlitza, NZ 2024/52, 178 ff; Parapatits, Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen: Beurteilung im Individualverfahren, ÖJZ 2024/100, 603 [603 f], mwN zum Meinungsstand).

2. Klausel 16 (§ 3 Punkt 10. des Vertragsformblatts)

„Zusätze oder Erklärungen des Mieters auf Zahlscheinen gelangen zufolge maschineller Bearbeitung nicht zur Kenntnis des Vermieters.“

[33] Das Erstgericht sah die Klausel als zulässig an. In Zeiten ressourcenschonender elektronischer Zahlungsabwicklung könne einem Mieter zugemutet werden, Erklärungen an den Vermieter zu seinen Zahlungen – mit bloß geringfügigem Aufwand – anderweitig (per Mail, Post etc) mitzuteilen. Aufgrund der mittlerweile verkehrsüblichen maschinellen Bearbeitung wiesen Zahlscheine bereits ohnedies den Vordruck auf, dass der Verwendungszweck bei ausgefüllter Zahlungsreferenz nicht an den Empfänger weitergeleitet werde. Die verlässliche Abwicklung der Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter liege letztlich in beiderseitigem Interesse.

[34] Das Berufungsgericht untersagte demgegenüber die Klausel, weil sie gegen § 6 Abs 1 Z 4 KSchG sowie gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoße. Bei kundenfeindlichster Auslegung erlaube die Klausel dem Vermieter, Erklärungen auf Zahlscheinen zu ignorieren. Ein Zahlungsdienstleister habe nach § 45 Z 1 und § 54 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 Erklärungen auf Zahlscheinen an den Zahlungsempfänger weiterzuleiten. Daraus ergebe sich, dass solche Angaben und Erklärungen ein gesetzlich anerkanntes, außerdem für Zahlungswidmungen übliches Mittel der Kommunikation zwischen Zahler und Zahlungsempfänger seien. Die Klausel schließe diese bestimmte Form der schriftlichen Erklärung aus. Nach dem Zweck des § 6 Abs 1 Z 4 KSchG, ein Übersehen der Formerfordernisse und einen daraus resultierenden Rechtsnachteil für den Verbraucher zu verhindern, müsse eine solche Einschränkung vom dort normierten Verbot erfasst sein. Es fehle zudem eine ausreichende sachliche Rechtfertigung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Dem relevierten Interesse des Vermieters stehe ein zumindest ebenbürtiges Interesse des Mieters an der Einfachheit und Klarheit allfälliger Zahlungswidmungen durch Verwendung des Feldes „Verwendungszweck“ gegenüber.

[35] Dagegen argumentiert die Revision der Beklagten, die beanstandete Klausel normiere keine durch § 6 Abs 1 Z 4 KSchG untersagte Verschärfung von Form‑ oder Zugangserfordernissen für Erklärungen des Verbrauchers. Diesem stehe es weiterhin frei, Erklärungen formfrei an den Vermieter zu richten. Die sachliche Rechtfertigung der Klausel ergebe sich schon daraus, dass es dem Beklagten aus technischen Gründen rein faktisch nicht möglich sei, Erklärungen auf Zahlscheinen auszuwerten. Jedenfalls würde die einzelne Nachprüfung jedes Zahlungseingangs einen erheblichen personellen Mehraufwand bedeuten. Die verlässliche Kommunikation liege im beiderseitigen Interesse der Vertragspartner. Die diesem Zweck dienende Klausel benachteilige den Mieter zumindest nicht gröblich im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[36] Der Oberste Gerichtshof hat in den beiden kürzlich ergangenen Entscheidungen 9 Ob 4/23p (Klausel 18, [Rz 263 ff] sowie 8 Ob 158/22a (Klausel 15, [Rz 50 ff]) wortidente Klauseln mit der Begründung für unzulässig erklärt, sie suggerierten, dass Zahlscheinvermerke nicht wirksam wären, weil sie vom Beklagten systematisch nicht gelesen würden. Die Klausel lasse zudem nicht erkennen, ob mit „Zusätzen und Erklärungen“ auch die Angaben in der auf Zahlscheinen eigens dafür vorgesehenen Rubrik „Verwendungszweck“ gemeint sind oder nur sonstige Beifügungen. Der Verbraucher werde damit über seine Rechtsstellung verunsichert bzw in die Irre geführt, weshalb die Verwendung der Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KSchG und als gröblich nachteilig im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB untersagt sei.

[37] Die Revisionsausführungen der Beklagten, die sich im Wesentlichen in der Wiederholung der bereits im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente erschöpfen, geben keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzugehen. Das Berufungsgericht hat damit die Klausel 16 (§ 3 Punkt 10. des Vertragsformblatts) im Ergebnis zu Recht als unzulässig qualifiziert.

III. Ergebnis und Kostenentscheidung

[38] 1. Zusammenfassend erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts daher als frei von Rechtsirrtum, sodass der Revision der Erfolg zu versagen war.

[39] 2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

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