OGH 4Ob38/24b

OGH4Ob38/24b23.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacherals Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch Dr. Alexander Amann, LL.M., Rechtsanwalt in Gamprin‑Bendern, Liechtenstein, gegen die beklagte Partei * AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 5.500 EUR sA und Feststellung (10.000 EUR), über die Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2023, GZ 3 R 144/23a‑35, mit dem das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 27. August 2023, GZ 3 Cg 71/22z‑27, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00038.24B.0523.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren entscheidet das Gericht erster Instanz.

 

Begründung:

[1] Der Kläger kaufte am 5. 8. 2021 von einem privaten Verkäufer einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Audi A6 Allroad (Kilometerstand: 132.800) um angemessene 22.000 EUR. Das am 6. Juni 2012 erstmals zum Verkehr zugelassene und nach Euro 5 akkreditierte Fahrzeug ist mit einem Motor ausgestattet, bei dem nur von + 15 Grad Celsius bis + 33 Grad Celsius Außentemperatur eine volle Abgasrückführung erfolgt („Thermofenster“).

[2] Die Beklagte bot dem Kläger ein Software‑Update an, nach dem ein Thermofenster von + 5 Grad Celsius bis + 30 Grad Celsius Außentemperatur vorgelegen wäre. In diesem Bereich hätte das Klagsfahrzeug dann ein „annähernd“ konstantes Emissionsverhalten gehabt, bei dem die NOx‑Grenzwerte „weitestgehend“ eingehalten worden wären. Der Kläger lehnte das Software‑Update ab.

[3] Die EG‑Typengenehmigung des Fahrzeugs ist nach wie vor aufrecht.

[4] Der Kläger begehrte die Zahlung von 5.500 EUR Schadenersatz (Ersatz des Minderwerts des Fahrzeugs) samt 4 % Zinsen seit dem auf den Kaufvertragsabschluss über das Fahrzeug folgenden Tag und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden aufgrund des Thermofensters, das eine unzulässige Abschalteinrichtung sei. Als künftige Schäden nicht ausgeschlossen seien etwa der Entzug der EG‑Typengenehmigung, im Einzelnen vorgebrachte nachteilige Auswirkungen auf die Leistung und die Haltbarkeit des Fahrzeugs und seiner Teile sowie weitere Unannehmlichkeiten wie Software‑ und Hardware‑Updates.

[5] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und entgegnete, der Kläger habe keinen Schaden erlitten, weil die EG‑Typengenehmigung unverändert aufrecht sei. Der geltend gemachte Minderwert sei überhöht, auch weil ein allfälliger Schaden durch das angebotene Software‑Update beseitigt werden könne. Ein Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden bestehe nicht.

[6] Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren samt 4 % Zinsen ab dem auf die Klagszustellung folgenden Tag (6. 10. 2022) statt und wies das Zinsenmehrbegehren sowie das Feststellungsbegehren ab. Es stellte (auch) fest: „Würde man im Kaufzeitpunkt des gegenständlichen Fahrzeugs von einem Risiko von mindestens 50 % ausgehen, die Zulassung des Fahrzeugs zu verlieren, wäre von einer Minderung des objektiven Verkehrswerts von 20 % bis 30 % auszugehen“. Davon ausgehend sprach es aus, der geltend gemachte Ersatz eines Minderwerts von 25 % sei unter Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO angemessen. Zinsen stünden dem Kläger erst ab dem auf die Klagszustellung folgenden Tag zu, weil der Schadenersatzanspruch erst mit dem Zugang der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung mit der Klage fällig geworden sei. Der Kläger habe kein Feststellungsinteresse. Die von ihm geltend gemachten künftigen Schäden lägen außerhalb des Schutzzwecks der unionsrechtlichen Bestimmungen, auf deren Verletzung sein Schadenersatzanspruch gründe; es fehle also am Rechtswidrigkeitszusammenhang.

[7] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil. Es sprach dem Kläger nur den Ersatz von 2.200 EUR samt 4 % Zinsen seit dem auf die Klagszustellung folgenden Tag zu und wies das Mehrbegehren ab. Der Kläger habe innerhalb der von der Rechtsprechung angewendeten Bandbreite für die nach § 273 Abs 1 ZPO festgesetzte Wertminderung nur einen Anspruch auf den Ersatz von 10 % des Kaufpreises. Davon abgesehen trat es der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei. Die ordentliche Revision sei insbesondere deshalb zulässig, weil die Schadensbemessung beim Erwerb eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei, die jedoch aufgrund eines Software‑Updates beseitigt werden könnte, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.

[8] Gegen den das Klagebegehren abweisenden Teil des Urteils des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren auch insofern stattzugeben, und hilfsweise mit einem Aufhebungsantrag.

[9] Gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil des Urteils des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren auch insofern abzuweisen, und hilfsweise mit einem Aufhebungsantrag.

[10] In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, die Revision der jeweils anderen Partei als unzulässig zurückzuweisen, und hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revisionen sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

[12] Die Behandlung der Revisionen beschränkt sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

[13] 1. Beide Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass das Thermofenster, mit dem das Klagsfahrzeug ausgestattet ist, eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art 5 VO 715/2007/EG ist; dass die beklagte Herstellerin dem Kläger, der sein Fahrzeug behält, deshalb dem Grunde nach einen angemessenen Schadenersatz zu leisten hat; und dass der Oberste Gerichtshof regelmäßig einen im Sinn des § 273 Abs 1 ZPO nach freier Überzeugung – selbst mit Übergehung eines von der Partei angebotenen Beweises – festzusetzenden Betrag innerhalb einer Bandbreite von 5 % und 15 % des vom Kläger gezahlten und dem Wert des Fahrzeugs angemessenen Kaufpreises für adäquat erachtet. Davon ausgehend zeigen die Revisionen keine Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität auf.

2. Zur Revision des Klägers:

2.1. Zum Mehrbegehren an Kapital:

[14] 2.1.1. Die Möglichkeit, die Wertminderung nach freier Überzeugung festzusetzen (§ 273 Abs 1 ZPO), schließt zwar nach der Rechtsprechung nicht aus, die Wertminderung exakt festzustellen und dem Käufer den Ersatz derselben zu gewähren (8 Ob 109/23x [Rz 22]; 8 Ob 70/23m [Rz 26]; 4 Ob 165/23b [Rz 24]; 4 Ob 202/23v [Rz 41]; 8 Ob 71/23h [Rz 31]; 4 Ob 27/24k [Rz 21]; 6 Ob 19/24y [Rz 20]). Hier hat das Erstgericht festgestellt: „Würde man im Kaufzeitpunkt des gegenständlichen Fahrzeugs von einem Risiko von mindestens 50 % ausgehen, die Zulassung des Fahrzeugs zu verlieren, wäre von einer Minderung des objektiven Verkehrswerts von 20 % bis 30 % auszugehen.“ Die Wertminderung von 20 % bis 30 % steht also nur für den Fall fest, dass man von einem Risiko von mindestens 50 % ausgehen würde, die Zulassung des Fahrzeugs zu verlieren, was sich jedoch weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen ergibt. Das Berufungsgericht ist daher vertretbar davon ausgegangen, dass das Erstgericht die Wertminderung nicht exakt festgestellt hat und dass sie daher in der von der Rechtsprechung für die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO vorgegebenen Bandbreite festzusetzen ist.

[15] 2.1.2. Wenn der Kläger meint, es widerspreche dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot, den Minderwert des Fahrzeugs in seinem Fall mit unter 25 % festzusetzen, ist er ebenfalls auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen: Nach dieser begegnet die Pauschalbemessung des Minderwerts in den dargelegten Grenzen – 5 % bis 15 % des (angemessenen) Kaufpreises – schon deshalb keinen Bedenken, weil die unionsrechtlichen Vorschriften überhaupt gegen den (Weiter‑)Betrieb eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs sprechen würden (10 Ob 27/23b [Rz 40]; 8 Ob 88/22g [Rz 25]; 8 Ob 90/22a [Rz 24]; 9 Ob 2/23v [Rz 22]).

2.2. Zum Mehrbegehren an Zinsen:

[16] 2.2.1. Nach der gefestigten Rechtsprechung wird (auch) ein Schadenersatzanspruch wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach Art 5 VO 715/2007/EG erst mit der zahlenmäßig bestimmten Geltendmachung durch den Zugang einer Mahnung, Klage oder Klageerweiterung fällig, sodass Verzugszinsen erst ab diesem Zeitpunkt mit Erfolg gefordert werden können (vgl 10 Ob 2/23a vom 25. 4. 2023 [Rz 44]; 6 Ob 150/22k [Rz 47]; 3 Ob 121/23z [Rz 31]; 6 Ob 133/23m [Rz 10]; 6 Ob 197/23y [Rz 27]; 9 Ob 18/24y [Rz 22]). Das Berufungsgericht hat diese Rechtsprechung beachtet und dem Kläger Verzugszinsen erst ab dem auf die Klagszustellung folgenden Tag zuerkannt.

[17] 2.2.2. Der Kläger meint, der EuGH habe in Rz 97 der Entscheidung in der Rechtssache C‑295–298/04, Manfredi, ausgesprochen, dass Zinsen für Schadenersatzansprüche, die unmittelbar im Unionsrecht verankert seien, im Zeitpunkt der Schadensentstehung zu laufen begännen. Damit gelingt es ihm nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen: In der von ihm zitierten Entscheidung hat der EuGH zu Art 81 EG unter anderem aus dem Effektivitätsgrundsatz geschlossen, dass ein Geschädigter nicht nur den Ersatz des Vermögensschadens, sondern auch des entgangenen Gewinns sowie die Zahlung von Zinsen verlangen können müsse. In Rz 97 hat er unter Hinweis auf die Entscheidung C‑271/91 Marshall, ergänzt, dass die Zuerkennung von Zinsen nach den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften als unerlässlicher Bestandteil einer Entschädigung anzusehen sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Effektivitätsgrundsatz einen Anspruch des Klägers auf Zinsen aus dem zugesprochenen Schadenersatzbetrag ab dem Vertragsabschluss geböte, sind der zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht zu entnehmen.

[18] 2.2.3. Auch aus den weiteren Ausführungen des Klägers ist keine erhebliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit dem Beginn des Zinsenlaufs zu gewinnen: Ab wann er die Erfolgsaussichten einer Klagsführung einschätzen konnte, ist unerheblich, weil er den Zinsenlauf bereits mit einer Mahnung in Gang setzen hätte können. Der Verweis auf § 849 BGB und die dazu ergangene Rechtsprechung des BGH sowie deutscher Oberlandesgerichte geht schon mangels einer vergleichbaren österreichischen Norm ins Leere.

2.3. Zum Feststellungsbegehren:

[19] 2.3.1. Nach der Rechtsprechung wird der Käufer durch den Ersatz des – festgestellten oder nach § 273 Abs 1 ZPO festgesetzten – Minderwerts des Fahrzeugs so gestellt, als ob ihm die unzulässige Abschalteinrichtung bereits beim Vertragsabschluss bekannt gewesen wäre. Entschließt er sich daher dazu, keine Rückabwicklung des Vertrags anzustreben, sondern das Fahrzeug gegen Ersatz des Minderwerts weiter zu behalten, so nimmt er das Risiko allfälliger zukünftiger Schäden bewusst in Kauf und kann fortan keine weiteren Schadenersatzansprüche mehr stellen (8 Ob 105/23h [Rz 13]; 9 Ob 10/23w [Rz 27]; 8 Ob 92/23x [Rz 18]). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits zu allen Umständen, mit denen der Kläger sein zusätzlich zum Leistungsbegehren auf Ersatz der Wertminderung gestelltes Feststellungsbegehren begründen will, Stellung genommen: Er hat klargestellt, dass das Risiko des Entzugs der Zulassung bereits in die Bemessung des Schadenersatzes (also des mit dem Leistungsbegehren eingeklagten Minderwerts) einfließt (10 Ob 27/23b[Rz 44]; 8 Ob 105/23h [Rz 13]; 9 Ob 10/23w [Rz 27]; 10 Ob 31/23s [Rz 72]; 8 Ob 92/23x [Rz 18]); dass als möglich beschriebene Schäden aufgrund allfälliger künftiger Software‑Updates keinen Feststellungsanspruch begründen (6 Ob 158/22m [Rz 71 ff]); und außerdem, dass als nachteilig empfundene Eigenschaften, welche die Gültigkeit der EG‑Typengenehmigung oder der Übereinstimmungsbescheinigung nicht in Frage stellen und keine Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit der Fahrzeugnutzung mit sich bringen, nicht vom Schutzzweck der unionsrechtlichen Normen über unzulässige Abschalteinrichtungen erfasst sind (10 Ob 17/23g [Rz 26]). Allfällige sonstige Umstände, die ein Feststellungsinteresse des Klägers begründen könnten, liegen nach dem Vorbringen und den Feststellungen nicht vor. Die Abweisung des Feststellungsbegehrens durch das Berufungsgericht war schon vor diesem Hintergrund vertretbar.

[20] 2.3.2. Dem Argument des Klägers, der auf das Leistungsbegehren begrenzte Ersatz des Minderwerts – im Regelfall höchstens 15 % des (angemessenen) Kaufpreises – widerspreche dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot, hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt entgegnet, dass dem Kläger, der das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er von der unzulässigen Abschalteinrichtung gewusst hätte, auch ein Anspruch auf Zug‑um‑Zug‑Abwicklung – also auf Ersatz des Kaufpreises gegen Übergabe des Fahrzeugs – zur Verfügung stünde; dieser würde den unionsrechtlichen Vorschriften, die überhaupt gegen den (Weiter-)Betrieb eines mit unzulässiger Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs sprechen, noch effektiver zur Durchsetzung verhelfen (10 Ob 27/23b [Rz 40]; 9 Ob 2/23v [Rz 22]; 8 Ob 66/23y [Rz 18]). Auch insofern ist keine erhebliche Rechtsfrage zu erkennen. Sekundäre Feststellungsmängel zu den vom Kläger als nicht ausgeschlossen behaupteten künftigen Schäden gibt es daher nicht.

3. Zur Revision der Beklagten:

[21] 3.1. Wie das Berufungsgericht erblickt auch die Beklagte eine erhebliche Rechtsfrage darin, wie der Schaden des Käufers zu bemessen sei, wenn sein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei, die durch ein Software‑Update beseitigt werden könne. Die Beklagte argumentiert, der Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens entfalle, wenn der Schädiger dem Geschädigten ein Software‑Update anbiete oder aufspiele, das einen ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeugs herbeiführe und die ursprünglich bestehende Stilllegungsgefahr vollständig beseitige.

[22] 3.2. Diese Frage stellt sich hier aber gar nicht, weshalb mangels Präjudizialität keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (vgl RS0088931 [insb T2]; RS0111271):

[23] 3.2.1. Es steht fest, dass auch nach dem von der Beklagten angebotenen Software‑Update ein Thermofenster von + 5 Grad Celsius bis + 30 Grad Celsius vorläge. In diesem Bereich hätte das Klagsfahrzeug dann ein „annähernd“ konstantes Emissionsverhalten, bei dem die NOx‑Grenzwerte „weitestgehend“ eingehalten würden.

[24] 3.2.2. Der Oberste Gerichtshof hat auch ein nach unten hin größeres Thermofenster (- 5 Grad Celsius bis + 30 Grad Celsius), für das positiv feststand, dass in diesem Bereich keine temperaturabhängige Emissionsveränderung der NOx‑Werte mehr vorliegt und das Fahrzeug in diesem Bereich alle Grenzwerte einhält, als Abschalteinrichtung nach Art 5 VO 715/2007/EG qualifiziert, weil im gesamten Unionsgebiet (und auch in Österreich) regelmäßig sowohl höhere als auch tiefere Temperaturen vorherrschen und es sich dabei noch um Bedingungen handelt, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind (6 Ob 175/23p [Rz 59 f]). Diese Beurteilung als Abschalteinrichtung gilt umso mehr für das hier nach dem Software‑Update prognostizierte, um 10 Grad Celsius engere Thermofenster. Dass dieses unter eine Verbotsausnahme des Art 5 Abs 2 Satz 2 VO 715/2007/EG fiele, behauptet die Beklagte in ihrer Revision nicht mehr und wäre aus den Feststellungen nicht abzuleiten; es bleibt daher bei der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung.

[25] 3.2.3. Vor diesem Hintergrund stellt sich die vom Berufungsgericht und der Beklagten als erheblich angesehene Rechtsfrage nicht.

[26] 3.3. Im Übrigen wiederholt die Beklagte nur mehr ihre bereits im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente (fehlendes Verschulden; Bindungswirkung der aufrechten EG‑Typengenehmigung; Minderwert wäre nur mit 5 % anzusetzen gewesen), ohne eine damit verbundene erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

[27] 4. Die Revisionen sind daher mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.

[28] 5. Der Ausspruch über die Kosten gründet auf § 52 Abs 3 ZPO. Das Berufungsgericht hat die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten (§ 52 Abs 1, 2 ZPO). Das Erstgericht hat daher nun über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren zu entscheiden.

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