European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E131101
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichts, der im Übrigen als unangefochten unberührt bleibt, wird im Umfang der ersatzlosen Behebung der Feststellung des Nichtbestehens einer Nacherbschaft (Punkt I.1.) und der Zurückweisung des Rekurses gegen den Einantwortungsbeschluss (Punkt II.) aufgehoben. Ebenso werden der von dieser Aufhebung erfassteTeil deserstinstanzlichen Beschlusses ON 64 (Punkt 1.) und der Einantwortungsbeschluss ON 65 aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten im Verfahren über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Nacherbschaft.
Begründung:
[1] Der Erblasser hinterlässt seine Ehegattin sowie einen Sohn und eine Tochter. Mit wechselseitigem Testament vom 28. 2. 2003 hatten der Erblasser und seine Ehegattin einander als Universalerben des gesamten Vermögens eingesetzt (Punkt II.). Punkt III. dieses Testaments lautet:
„Der Zweitversterbende von uns beiden Ehegatten [...] und zwar ich, [...] und ich, [...] setzen unseren Sohn […] zu unserem Universalerben ein.
Unser Sohn hat somit das gesamte Vermögen zu erhalten, das der Zweitversterbende hinterlässt."
[2] Im Verlassenschaftsverfahren erklärten sowohl die Witwe als auch die Kinder des Erblassers, das Testament als echt und gültig anzuerkennen. Die Kinder machten ihren gesetzlichen Pflichtteilsanspruch geltend, der Sohn auch weitere Forderungen gegen den Nachlass. Der Sohn vertrat überdies die Rechtsansicht, dass Punkt III. des Testaments die Anordnung einer Nacherbschaft zu seinen Gunsten enthalte. Für den Fall, dass über seine Pflichtteilsansprüche und sonstigen Forderungen gegen die Verlassenschaft keine Einigung erzielt werden könne, beantragte er die Feststellung der Nacherbschaft und einen entsprechenden Ausspruch im Einantwortungsbeschluss. Die Witwe widersprach und gab eine bedingte Erbantrittserklärung aus dem Titel des Testaments zur gesamten Verlassenschaft ab. Sie stellte den Antrag, ihr die Verlassenschaft ohne Beschränkung durch eine Nacherbschaft einzuantworten. Zuletzt beantragte der Sohn noch die Ergänzung des Inventars durch Aufnahme einer Forderung als Passivum der Verlassenschaft. Der Gerichtskommissär legte den Akt dem Erstgericht zur Entscheidung vor.
[3] Das Erstgericht stellte mit dem Beschluss ON 64 fest, dass sich aus dem Testament keine Nacherbschaft für den Sohn ableiten lasse (Punkt 1.) und wies dessen weiteren Antrag auf Ergänzung des Inventars ab (Punkt 2.). Mit dem Beschluss ON 65 antwortete es der Witwe die Verlassenschaft – ohne Beschränkung durch eine Nacherbschaft – ein. Beide Beschlüsse wurden durch eine Rechtspflegerin gefasst.
[4] Das vom Sohn des Erblassers angerufene Rekursgericht behob den Beschluss ON 64in dessenPunkt 1. ersatzlos (I.1.) und hob ihn in dessen Punkt 2. zur neuerlichen Entscheidung (durch den Richter) auf (I.2.).Den gegen den Beschluss ON 65 gerichteten Rekurs wies es zurück (II.).Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands in Ansehung seiner Spruchpunkte I.1. und II. jeweils 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionrekurs insoweit nicht zulässig sei.
[5] Das Rekursgericht hielt den Sohn zwar zur Anfechtung des Beschlusses ON 64 berechtigt, verneinte jedoch seine Befugnis zur Bekämpfung des Einantwortungsbeschlusses (ON 65). Hinsichtlich der von ihm beantragten Feststellung der Nacherbschaft habe der Sohn als Antragsteller Parteistellung iSd § 2 Abs 1 Z 1 AußStrG und somit auch Rekurslegitimation. An dieser mangle es ihm aber hinsichtlich der Einantwortung, weil er keine Erbantrittserklärung abgegeben habe, was einem Nacherben bereits vor Eintritt des Nacherbfalls möglich sei. Einem übergangenen Erben sei es verwehrt, den Einantwortungsbeschluss zu bekämpfen, er könne seine erbrechtlichen Ansprüche gemäß § 164 Satz 2 AußStrG nur mehr mit Erbschaftsklage geltend machen. Der Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluss sei daher zurückzuweisen.
[6] Bei dem im Mai 2017 anhängig gewordenen Verlassenschaftsverfahren sei gemäß § 46 Abs 4 RPflG noch die Bestimmung des § 18 Abs 2 lit d RPflG idF vor dem BGBl I 2016/98 anzuwenden, wonach dem Richter ua die Erledigung von Verlassenschaftssachen mit angeordneter Nacherbschaft vorbehalten geblieben sei. Diese (funktionelle) Zuständigkeit des Richters gelte bereits bei Behauptung der Anordnung einer Nacherbschaft. Es liege daher ein grundsätzlich von Amts wegen wahrzunehmender Besetzungsmangel vor. Dieser könne allerdings wegen der Unzulässigkeit des Rekurses gegen den Einantwortungsbeschluss nur insofernberücksichtigt werden, als das Erstgericht durch die Rechtspflegerin über den Antrag auf Ergänzung des Inventars entschieden habe. In diesem Punkt sei der Beschluss ON 64 aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung durch den Richter aufzutragen. Dieselbe Vorgangsweise wäre an sich zwar auch geboten, soweit das Erstgericht über den Antrag auf Feststellung einer Nacherbschaft entschieden habe. Weil aber der Einantwortungsbeschluss nicht anfechtbar sei, könne auch der Streit zwischen der Witwe und dem Sohn über das Bestehen einer Nacherbschaft nicht mehr im Verlassenschaftsverfahren entschieden werden. Aus diesem Grund sei der Beschluss ON 64 in seinem Punkt 1. ersatzlos zu beheben.
[7] Gegen die ersatzlose Behebung derFeststellung des Nichtbestehens einer Nacherbschaft und die Zurückweisung des Rekurses gegen die Einantwortung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Sohnes mit den Abänderungsanträgen, die Nacherbschaft festzustellen und den Nachlass mit dieser Beschränkung einzuantworten. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
[8] Der Rechtsmittelwerber vertritt die Auffassung, es bestehe keine Verpflichtung des Nacherben, bereits vor dem Nacherbfall im Verlassenschaftsverfahren nach dem Erblasser eine Erbantrittserklärung abzugeben. Das Verlassenschaftsgericht habe ungeachtet einer Erbantrittserklärung gemäß § 178 Abs 2 Z 1 AußStrG im Einantwortungsbeschluss die Beschränkung der Rechte des Vorerben durch die Nacherbschaft anzumerken. Der Nacherbe besitze im gesamten Verlassenschaftsverfahren Parteistellung, um seine Rechte als Nacherbe wahrnehmen zu können und sei deshalb auch rekursberechtigt. Die falsche Besetzung des Erstgerichts wäre daher auch insofern wahrzunehmen gewesen.
[9] Die Witwe hat von der ihr durch den Obersten Gerichtshof freigestellten Möglichkeit einer Revisionsrekursbeantwortung keinen Gebrauch gemacht.
[10] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil es zur Parteistellung des Nacherben im Verlassenschaftsverfahren einer Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Das Rechtsmittel ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[11] 1. Nach ständiger Rechtsprechung wird ein potenzieller Erbe grundsätzlich erst mit Abgabe seiner Erbantrittserklärung Partei des Verlassenschaftsverfahrens. Vorher hat er keinen Einfluss auf den Gang des Verlassenschaftsverfahrens. Dem liegt der tragende Gedanke zugrunde, es könne nicht angehen, dass jemand einerseits die Erbantrittserklärung mit ihren weitreichenden Rechtsfolgen vorerst oder überhaupt unterlässt, andererseits aber Einfluss auf das Abhandlungsverfahren nehmen will (2 Ob 32/19y; 2 Ob 85/20v; vgl RS0006398; RS0007926; RS0106608). Eine der anerkannten Ausnahmen von diesem Grundsatz liegt allerdings in dem Umstand, dass für den potenziellen Erben aufgrund des Verfahrensstands noch keine Veranlassung zur Abgabe einer Erbantrittserklärung bestand (vgl 1 Ob 124/10g; 2 Ob 32/19y).
[12] 2. Auch der Nacherbe ist Erbe des letztwillig Verfügenden (§ 608 ABGB; RS0012564). Er erwirbt den Nachlass aber erst nach Eintritt des Nacherbfalls. Der eingeantwortete Vorerbe verliert dann ipso iure seine Rechtsstellung als Erbe und das Verlassenschaftsverfahren nach dem Erblasser wird von Amts wegen fortgesetzt. Voraussetzung dafür ist, dass die Einantwortung an den Vorerben mit der Beschränkung der Nacherbschaft erfolgte (§ 178 Abs 2 Z 1 AußStrG; vgl Apathy/Neumayr in KBB6 § 608 Rz 2; Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 Rz 26 f). Wurde hingegen dem Vorerben ohne Berücksichtigung einer angeordneten Nacherbschaft unbeschränkt eingeantwortet, ist der Nacherbe auf die Erbschaftsklage verwiesen (RS0006682; RS0008000; RS0008345).
[13] Diese Rechtslage bringt es mit sich, dass die eingangs (in Punkt 1.) zitierte Rechtsprechung nicht undifferenziert auf den Nacherben angewendet werden kann. Vielmehr muss zwischen seiner Beteiligung an der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Tod des Erblassers und jener in der nach Eintritt des Nacherbfalls fortgeführten Verlassenschaftsabhandlung (Nacherbschaftsabhandlung) unterschieden werden. In den beiden Verfahrensstadien sind die Interessen des Nacherben verschieden gelagert: Während er vor dem Nacherbfall auf die Wahrung und Sicherung seiner Rechte als künftiger Vollerbe bedacht sein muss, strebt er nach dessen Eintritt den Erwerb des Nachlasses durch Einantwortung an (dazu eingehend jüngst K. Holzner, Der Erbschaftserwerb des Nacherben, JBl 2020, 425).
[14] 3. Damit der Nacherbe den Nachlass des Erblassers durch Einantwortung erwerben kann, hat er wie jeder Erbe eine Erbantrittserklärung abzugeben. Diese Möglichkeit besteht jedenfalls nach dem Eintritt des Nacherbfalls, also im Zuge der Nacherbschaftsabhandlung (Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 Rz 26; K. Holzner, JBl 2020, 425 [431]).
[15] Zwar wurde es in der Rechtsprechung auch als zulässig erachtet, dass ein Nacherbe bereits in der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Tod des Erblassers eine Erbantrittserklärung abgibt (vgl 1 Ob 243/72 SZ 45/118; RS0007905; RS0007939; vgl auch Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 Rz 26; Sailer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 613 Rz 24; Eccher/Nemeth in Schwimann/Kodek 5 § 613 Rz 22; ggt K. Holzner, JBl 2020, 425, [431], die eine vor dem Nacherbfall abgegebene Erbantrittserklärung des Nacherben für rechtlich bedeutungslos hält). Allerdings wurde dem Nacherben in diesem Verfahrensstadium unabhängig von der Abgabe einer solchen Erklärung die Beteiligtenstellung eingeräumt:
[16] So entsprach es etwa ständiger Rechtsprechung zur Rechtslage nach dem AußStrG 1854, dass bei einem Streit zwischen Vorerben und Nacherben um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Nacherbschaft oder über deren Umfang die damaligen Bestimmungen der §§ 125 ff AußStrG 1854 über die Verteilung der Parteirollen analoge Anwendung zu finden hatten (vgl 6 Ob 2/84; 3 Ob 120/08f; RS0007946). Diese Vorgangsweise setzte jedenfalls die Beteiligung des Nacherben an der Verlassenschaftsabhandlung voraus (näher zur „in mehrfacher Hinsicht“ gegebenen Beteiligtenstellung des Nacherben zB 1 Ob 434/61 SZ 37/157), nicht aber auch dessen Erbantrittserklärung, denn der Nacherbe konnte „nicht gezwungen werden, schon bei der Abhandlung des Nachlasses des Testators die Erbserklärung abzugeben“ (5 Ob 681/79 EvBl 1980/60; RS0007939).
[17] 4. Anders als noch im AußStrG 1854 wird die Rechtsstellung des Nacherben in der derzeitigen Fassung des Gesetzes nur an zwei Stellen ausdrücklich geregelt, nämlich bei der Errichtung des Inventars (§ 165 Abs 1 Z 4 erster Fall AußStrG) und beim Inhalt des Einantwortungsbeschlusses (§ 178 Abs 2 Z 1 AußStrG). Nach diesen Bestimmungen ist von Amts wegen ein Inventar zu errichten, soweit auf eine Nacherbschaft Bedacht zu nehmen ist, und in den Einantwortungsbeschluss ist zwingend jede Beschränkung der Rechte der Erben durch Nacherbschaften oder gleichgestellte Anordnungen (§§ 707 bis 709 ABGB) aufzunehmen.
[18] Schon aus diesen wenigen gesetzlichen Regelungen ist abzuleiten, dass dem Nacherben auch nach der aktuellen Rechtslage in der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Tod des Erblassers Beteiligtenstellung zugestanden werden muss, soweit dies zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist. Der Nacherbe ist insoweit Partei iSv § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG, hätte doch eine unbeschränkte Einantwortung an den Vorerben eine unmittelbare Beeinflussung seiner rechtlich geschützten Stellung als Nacherbe zur Folge. Denn der Nachlass des Erblassers fiele in das Vermögen des Vorerben (RS0008000), der darüber – zumindest bis zum Erfolg einer Erbschaftsklage oder einer allfälligen, schon vor Eintritt des Nacherbfalls möglichen Klage auf Feststellung der Nacherbschaft – ohne Bindung an die Nacherbschaft über die Nacherbschaftsmasse verfügen kann. Eine erst nachträgliche Zustellung des Einantwortungsbeschlusses und dessen Anfechtung durch den am Verfahren nicht beteiligten Nacherben käme zufolge § 164 AußStrG nicht in Betracht (3 Ob 44/11h; anders noch zur alten, insoweit nicht vergleichbaren Rechtslage 1 Ob 434/61 SZ 37/157; 1 Ob 763/83 JBl 1985, 98). Um diese nachteilige Rechtsfolge zu vermeiden, ist er daher am Verlassenschaftsverfahren zu beteiligen. Als Partei steht ihm auch ein Rekursrecht gegen den Einantwortungsbeschluss zu, sofern dem Vorerben ohne Beschränkung durch die Nacherbschaft eingeantwortet wurde.
[19] 5. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der herrschenden Lehre überein, wonach der Nacherbe von einer zu seinen Gunsten angeordneten Nacherbschaft zu verständigen und ihm der Beschluss über die Einantwortung an den Vorerben zuzustellen ist (§ 178 Abs 5 AußStrG; vgl Fucik/Neumayr, Die Parteien des Verlassenschaftsverfahrens, iFamZ 2012, 139 [141]; K. Holzner, JBl 2020, 425 f; Bittner/Gruber in Rechberger/Klicka, AußStrG³ § 178 Rz 11; Apathy/Neumayr in KBB6 § 608 Rz 2; Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 Rz 19).
[20] Nicht zu folgen ist hingegen jenen Stimmen der Lehre, nach denen die Parteistellung des Nacherben schon in der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Tod des Erblassers von der Abgabe einer Erbantrittserklärung abhängig sein soll (so aber Sailer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 613 Rz 24; offenbar auch Eccher/Nemeth in Schwimann/Kodek 5 § 613 Rz 21 iVm § 797 Rz 6). Denn die Parteistellung des Nacherben ist in diesem Verfahrensstadium, anders als bei einem Vollerben, eben noch nicht auf den Erbschaftserwerb ausgerichtet, sondern von vornherein auf jene Einflussnahme beschränkt, die der Wahrung und Sicherung seiner Rechte dient. Dabei muss nicht näher untersucht werden, ob – wie es der Meinung von K. Holzner (in JBl 2020, 425 [431]) entspräche – eine dennoch abgegebene Erbantrittserklärung tatsächlich keine rechtliche Relevanz besitzt. Negative Konsequenzen für den Fall der Unterlassung der Erklärung ergeben sich für den Nacherben entgegen ihrer Auffassung nämlich auch dann nicht, wenn man an der Zulässigkeit einer Erbantrittserklärung bereits vor dem Nacherbfall festhält, weil der in Punkt 1. erwähnte Ausnahmefall (aufgrund des Verfahrensstands keine Veranlassung zur Abgabe einer Erbantrittserklärung) jedenfalls zum Tragen kommt.
[21] 6. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten:
[22] Wurde in einer letztwilligen Verfügung eine Nacherbschaft angeordnet, so hat der Nacherbe in der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Tod des Erblassers (vor dem Nacherbfall) Parteistellung, soweit dies zur Wahrung und Sicherung seiner Rechte erforderlich ist. Er ist insoweit Partei iSd § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG, daher von der Nacherbschaft zu verständigen und der Einantwortungsbeschluss ist ihm zuzustellen. Er hat ein Rekursrecht dagegen, wenn die Einantwortung an den Vorerben ohne Beschränkung durch die Nacherbschaft erfolgt. Diese Rechte stehen ihm unabhängig davon zu, ob er eine Erbantrittserklärung abgegeben hat.
[23] 7. Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass das Rekursgericht die Rekurslegitimation des Sohnes des Erblassers zu Unrecht verneinte:
[24] Der Sohn war an der Verlassenschaftsabhandlung nicht nur als Pflichtteilsberechtigter und Nachlassgläubiger beteiligt, sondern auch als Nacherbe. Dazu genügte es, dass er unter Berufung auf das Testament des Erblassers seine Einsetzung als Nacherbe behauptete. Da die Witwe dieser Auslegung widersprach, liegt ein Streit über das Bestehen der Nacherbschaft vor. Dieser ist nach herrschender Auffassung im Schrifttum, der sich der erkennende Senat anschließt, nunmehr in analoger Anwendung der §§ 161 ff AußStrG im Verfahren über das Erbrecht zu klären (vgl Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG² § 160 Rz 11; Verweijen in Schneider/Verweijen, AußStrG § 161 Rz 14; Apathy/Neumayr in KBB6 § 608 Rz 3; Ferrari in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht² Rz 12.72).
[25] Der Beschluss des Erstgerichts, mit dem es das Nichtbestehen der Nacherbschaft feststellte, ist als Entscheidung iSd § 161 AußStrG zu werten. Diese wurde in Übereinstimmung mit der oben erörterten Rechtslage ebenso wie der Einantwortungsbeschluss auch dem Sohn des Erblassers zugestellt, der gegen beide Beschlüsse zulässige Rechtsmittel erhob.
[26] 8. Aus deren Anlass hätte daher das Rekursgericht die von ihm richtig erkannte fehlerhafte Besetzung des Erstgerichts, die sich aus dem hier noch anzuwendenden § 18 Abs 2 lit d RpflG idF vor dem BGBl I 2016/98 (vgl § 46 Abs 4 letzter Satz RpflG) ergibt, auch in Ansehung des Ausspruchs über die Nacherbschaft und des Einantwortungsbeschlusses von Amts wegen wahrnehmen müssen (§ 55 Abs 3 iVm § 58 Abs 4 Z 2 AußStrG).
[27] 9. Ergebnis:
[28] In Stattgebung des Rechtsmittels des Sohnes ist daher die Entscheidung des Rekursgerichts, soweit es den feststellenden Ausspruch des Erstgerichts (nur) ersatzlos behob und den Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluss zurückwies, aufzuheben. Dies hätte an sich zur Folge, dass das Rekursgericht zunächst erneut über den gegen den Einantwortungsbeschluss gerichteten Rekurs zu entscheiden hätte. Da es aber in seiner Begründung ohnedies bereits damit argumentierte, dass auch der Einantwortungsbeschluss vom Richtervorbehalt betroffen ist, kann zwecks Vermeidung eines unnötigen Formalismus sofort mit Aufhebung an das Erstgericht vorgegangen werden. Dieses wird im fortgesetzten Verfahren nach Durchführung des Verfahrens gemäß §§ 161 ff AußStrG durch den Richter mit gesondertem Beschluss oder mit dem Einantwortungsbeschluss über das Bestehen oder Nichtbestehen der behaupteten Nacherbschaft, gegebenenfalls auch über deren Art und Umfang, zu entscheiden haben. Die Aufhebung auch nur eines Teils des erstinstanzlichen Verfahrens ist nicht erforderlich, weil ein solches vor der Rechtspflegerin bis zur Fassung der angefochtenen Beschlüsse nicht stattgefunden hat (vgl § 58 Abs 3 AußStrG).
[29] Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 185 AußStrG.
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