OGH 8Ob160/18i

OGH8Ob160/18i19.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers A* P*, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen den Antragsgegner R* S*, vertreten durch Hofbauer & Nokaj Rechtsanwalts GmbH in Wieselburg, wegen Unterhalt, über die Revisionsrekurse des Antragstellers und des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 19. September 2018, GZ 23 R 324/18x‑27, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom 30. Juli 2018, GZ 4 Fam 4/18p‑21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123950

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

1. Den Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Antragsgegner ist der Vater des 1994 geborenen Antragstellers. Dieser besuchte nach der Pflichtschule zunächst ein Jahr lang mit Erfolg eine private Informatikschule, während des zweiten Schuljahres wechselte er an eine HTL für Informationstechnik. Dieses Schuljahr konnte er nicht positiv abschließen.

Im Wintersemester wechselte der Antragsteller an eine HTL für Elektrotechnik, wo er den zweiten Jahrgang (2012/13) nach einer langen krankheitsbedingten Absenz wiederholen musste. In den folgenden Jahren war sein Lernerfolg immer positiv. Im Sommersemester 2017 legte er an der HTL für Elektrotechnik die Reife- und Diplomprüfung mit Erfolg ab.

Seit dem Wintersemester 2017/18 absolviert der Antragsteller ein Bachelorstudium für Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien, das eine dreijährige Mindeststudiendauer und den Erwerb von insgesamt 180 ECTS-Punkten erfordert, wovon er im ersten Studienjahr 30 Punkte erreicht hat.

Der Antragsgegner war zuletzt zur Leistung eines Geldunterhalts von 490 EUR monatlich an den Antragsteller verpflichtet. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 27. 11. 2013, bestätigt durch Beschluss des Rekursgerichts vom 8. 1. 2014, wurde er von seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Antragsteller enthoben. Das Rekursgericht ging damals in seiner Entscheidung (unrichtig) davon aus, dass der Antragsteller bereits zwei Schulen mit unterschiedlichem Ausbildungsschwerpunkt abgebrochen habe und befand, dass dies der Annahme einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung – unabhängig vom weiteren Schulweg – entgegenstehe.

Im nun verfahrensgegenständlichen Antrag wird vorgebracht, aufgrund des erfolgreichen Besuchs und Abschlusses der HTL für Elektrotechnik sei die Unterhaltspflicht des Vaters wieder aufgelebt. Der Antragsteller begehrt die Zahlung rückständigen Unterhalts ab Februar 2015 bis Jänner 2018 sowie laufenden Unterhalt ab Februar 2018 für die Dauer des Universitätsstudiums.

Der Antragsgegner verwies auf die rechtskräftige Entscheidung im Enthebungsverfahren und bestritt ein Wiederaufleben der Unterhaltspflicht. Der Antragsteller habe vielmehr mit seinem Studium erneut eine ganz andere Fachrichtung eingeschlagen, ohne ein konkretes Berufsziel zu nennen. Er weise weder eine besondere Begabung für das gewählte Studium auf, noch betreibe er es ernsthaft und zielstrebig.

Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze ab.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung teilweise dahin ab, dass es dem Antragsteller rückständigen Unterhalt ab Antragsstichtag bis einschließlich Dezember 2017 zuerkannte.

Der seinerzeitigen Enthebung des Vaters von der Unterhaltspflicht sei die Annahme zugrundegelegen, dass der Antragsteller nach der Informatikschule eine Handelsakademie besucht habe. Aufgrund des nun festgestellten Sachverhalts sei die damalige Beurteilung nicht aufrecht zu erhalten. Für die Dauer des Besuchs der HTL sowie eine angemessene Zeit der Arbeitssuche sei der Unterhaltsanspruch wieder aufgelebt.

Das Mehrbegehren sei nicht berechtigt, weil der Antragsteller mit seinem Studium des Wirtschaftsrechts tatsächlich eine neue Fachrichtung eingeschlagen habe, die keinen nachvollziehbaren Zusammenhang mit seiner HTL‑Ausbildung aufweise.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil auch die Ansicht vertretbar wäre, dass ein Hochschulstudium nicht zwingend eine logische fachliche Fortsetzung des bis zur Matura eingeschlagenen Ausbildungswegs sein müsse, um den Unterhaltsanspruch zu erhalten, und in diesem Fall die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Studienverlaufs unter Heranziehung der ECTS-Punkte einer Klarstellung bedürfte.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse beider Parteien. Der Antragsteller strebt eine Abänderung der Entscheidung im zur Gänze stattgebenden Sinn an, der Antragsgegner begehrt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind im Sinne des jeweils enthaltenen Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Revisionsrekurs des Antragsgegners

1.1. Vorangegangene Enthebung

Im außerstreitigen Verfahren ergangene Unterhaltsbeschlüsse sind der materiellen Rechtskraft zugänglich und können nur bei geänderten Verhältnissen abgeändert werden (vgl RIS‑Justiz RS0007171; RS0107666; RS0125638).

Eine relevante Änderung der Verhältnisse, der die Rechtskraft einer früheren Entscheidung nicht mehr entgegensteht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung aber nicht nur vor, wenn neue Tatsachen eingetreten sind, sondern auch, wenn schon zur Zeit der früheren Entscheidung eingetretene Tatsachen dem Gericht erst später bekannt werden (RIS‑Justiz RS0019012; vgl auch RS0007145 [T1]).

Der in Rechtskraft erwachsene Beschluss über die Enthebung des Vaters von der Unterhaltspflicht stand somit nur für die Zeit bis einschließlich November 2013 (Stichtag der Entscheidung erster Instanz) jedenfalls einer neuerlichen Beurteilung des Unterhaltsanspruchs entgegen. Danach, hier konkret ab dem Stichtag 1. 2. 2015, war der Antragsteller an der Geltendmachung geänderter Verhältnisse durch die Vorentscheidung nicht gehindert. Er konnte dabei auch Umstände geltend machen, die zwar schon zur Zeit der früheren Entscheidung vorhanden, aber dem Gericht damals nicht bekannt waren.

1.2. Zielstrebige Ausbildung

Von dieser in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eindeutig geklärten Rechtslage ausgehend zeigt der Revisionsrekurs des Antragsgegners keine dem Rekursgericht unterlaufene Fehlbeurteilung auf.

Im Zeitraum ab dem 1. 2. 2015 besuchte der Antragsteller durchgehend dieselbe berufsbildende höhere technische Lehranstalt, er musste keine Klasse mehr wiederholen und legte die Reife- und Diplomprüfung erfolgreich ab.

Von diesem Sachverhalt weicht der Revisionsrekurs des Vaters unzulässig ab, wenn er bemängelt, dass es der Antragsteller (auch) im obigen Zeitraum an einer Zielstrebigkeit des Schulbesuchs fehlen habe lassen oder bei seiner Ausbildung kein Berufsziel erkennbar gewesen sei. Überhaupt legt der Revisionsrekurs nicht dar, weswegen es zweifelhaft wäre, dass der HTL-Abschluss dem zuvor nur über Pflichtschulbildung verfügenden Antragsteller ein besseres berufliches Fortkommen ermöglicht.

Allgemein ist für das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs nicht entscheidend, ob eine Ausbildung in der Vergangenheit mit ausreichender Intensität betrieben wurde, sondern ob im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt diese Voraussetzung zu bejahen ist (RIS‑Justiz RS0110600 [T3]).

Die in der Vergangenheit durch wiederholten Schulwechsel verursachte Verzögerung des Ausbildungswegs belastet den Antragsgegner schon deswegen nicht über Gebühr, weil er dafür auch fast zwei Jahre von seiner Unterhaltspflicht befreit war.

1.3. Bemessungsgrundlage

Der Revisionsrekurs macht geltend, das Rekursgericht habe der Unterhaltsbemessung ein überhöhtes Einkommen des Antragsgegners zugrundegelegt, weil es einerseits nur die Hälfte der steuerlich geltend gemachten Diäten berücksichtigt und andererseits die jährlichen Einkommensteuergutschriften im Ergebnis doppelt angerechnet habe.

Ob diesen Ausführungen Berechtigung zukommt, kann auf der Grundlage der Feststellungen der Tatsacheninstanzen noch nicht entschieden werden.

Das Erstgericht hat wohl Feststellungen zum Einkommen des Antragsgegners getroffen, aber nicht dargelegt, aufgrund welcher Beweisergebnisse es zu den festgestellten Beträgen gelangt ist. Dadurch ist nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage seine Ausgangswerte des Nettoeinkommens (vor Berücksichtigung der Werbungskosten) beruhen und lässt sich die Revisionsrekursbehauptung, dass die Steuergutschrift zweimal angerechnet worden sei, nicht überprüfen.

Entgegen den Rechtsmittelausführungen sind Diäten nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, sofern der Verpflichtete nicht nachweist, dass diese Bezüge darüber hinaus der Abdeckung berufsbedingter Mehrausgaben dienen (RIS‑Justiz RS0047442). Eine solche Ausnahme wird im Revisionsrekurs gar nicht behauptet.

Die vom Erstgericht angewandte Berechnung der Bemessungsgrundlagen in Tabellenform ist bezüglich der Diäten aber methodisch nicht nachvollziehbar. Es ist daraus nicht zu erkennen, weshalb die Vorinstanzen bei der Ermittlung zwar die vom Vater steuerlich geltend gemachten Werbungskosten (Kilometergeld, Arbeitsmittel) jeweils vom Ausgangsnettobetrag abgezogen, aber die Hälfte der steuerlich geltend gemachten Diäten diesen Einkünften hinzugerechnet haben, statt sie ebenfalls (zur Hälfte) davon abzuziehen.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über die Höhe des Rückstands aufgrund ergänzender Feststellungen zur Bemessungsgrundlage aufzutragen.

2. Revisionsrekurs des Antragstellers

Der Antragsteller wendet sich gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass ihm für die Dauer seines Hochschulstudiums schon deswegen kein Unterhalt zustehe, weil es sich dabei um keine „logische Fortsetzung“ des bisherigen Bildungswegs handle. Diese Auffassung benachteilige in unsachlicher Weise alle Absolventen berufsbildender höherer Schulen, weil ihre Studienwahl bei sonstigem Verlust des Unterhaltsanspruchs erheblich eingeschränkt würde.

Dazu wurde erwogen:

Selbst wenn der Schulabschluss in einer berufsbildenden mittleren oder höheren Lehranstalt mit der Berechtigung zur Ausübung eines Lehrberufs oder den Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes verbunden ist, tritt nicht immer sogleich die Selbsterhaltungsfähigkeit ein. In ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird auch in solchen Fällen zunächst der Anspruch eines Kindes bejaht, die bereits erworbene berufliche Qualifikation durch eine weiterführende Berufsausbildung auf Kosten der Eltern im Rahmen derer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu ergänzen, wenn es die erforderliche Neigung und Begabung aufweist und den Abschluss einer solchen Ausbildung ernsthaft und zielstrebig verfolgt (RIS‑Justiz RS0047625; RS0047580; 2 Ob 141/11s; 8 Ob 43/11y). Eine Ungleichbehandlung der Absolventen von berufsbildenden und allgemeinbildenden höheren Schulen ist grundsätzlich nicht angebracht, zumal die Wahl der Schulform in der Regel auf einem Wunsch der Eltern beruht und in einem Alter getroffen wird, in dem das Kind meistens noch keine gefestigte Vorstellung von seinem künftigen Berufsweg hat (vgl 4 Ob 510/85).

Bei einer (nicht nur weiterführenden) Zweitausbildung ist das Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs nach der Rechtsprechung an strengere Voraussetzungen gebunden als jene, die für die Finanzierung der Erstausbildung maßgeblich sind (RIS‑Justiz RS0107722; 2 Ob 179/10b mwN). Demnach kann einem Kind eine zweite Berufsausbildung dann zugebilligt werden, wenn es eine ernsthafte Neigung und besondere Eignung sowie ausreichenden Fleiß für eine derartige weitere Ausbildung erkennen lässt, es dem Unterhaltsschuldner zumutbar erscheint, dafür Leistungen zu erbringen, und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass dadurch eine nicht unbedeutende Verbesserung des künftigen Fortkommens des Kindes eintreten wird (10 Ob 51/08k; 2 Ob 179/10b; 2 Ob 141/11s; RIS‑Justiz RS0107722). Die Bestimmungsfaktoren bilden ein bewegliches System, das eine den jeweiligen Umständen des Einzelfalls angepasste Ausmittlung der weiterbestehenden Unterhaltspflicht ermöglichen soll (2 Ob 179/10b; RIS‑Justiz RS0107723 [T3]).

Der Antragsgegner hat noch hinreichend deutlich geltend gemacht, dass das Studium des Antragstellers als eine mit dem bisherigen Ausbildungsweg nicht zusammenhängende Zweitausbildung anzusehen sei. Der Oberste Gerichtshof hat allerdings bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch hier ein an die Reifeprüfung anschließendes Studium selbst dann nicht als Zweitausbildung gilt, wenn die bisherige Fachrichtung nicht fortgeführt wird. Es könne keineswegs gesagt werden, dass ein Hochschulstudium nicht zur Erlangung besserer Berufschancen geeignet sei (4 Ob 510/85; allgemein RIS‑Justiz RS0047625; 2 Ob 7/15s).

Grundsätzlich gilt das Studium nach der Reifeprüfung nicht als Zweitausbildung, bei der es einer Prüfung der Berufsaussichten (1 Ob 567/84) bedarf (3 Ob 116/02h). Die Ablegung der Reifeprüfung allein genügt ja sonst meist auch nicht zur Erlangung der Selbsterhaltungsfähigkeit (RIS‑Justiz RS0047527). Ein wesentliches Argument, dies auch auf den Abschluss von HTL‑Ausbildungen zu erstrecken, die regelmäßig gute Berufschancen vermitteln, lag in der Überlegung, dass die Schulwahl in einem Alter erfolgte, in dem Kinder meist keine gefestigte Vorstellung von ihrem künftigen Berufsweg haben (vgl 4 Ob 510/85).

Im vorliegenden Fall hat aber der Antragsteller mehrmals die Schule gewechselt und hatte bei Beginn seiner letztlich vollendeten HTL Ausbildung im Herbst 2011 bereits das siebzehnte Lebensjahr vollendet. In diesem Alter kann durchaus erwartet werden und wird auch bei bestimmten Konstellationen von AHS Absolventen bereits erwartet, dass sie eine Vorstellung von ihrem Berufsweg haben (vgl auch § 172 ABGB). Der Antragsteller hat die HTL letztlich erst im Alter von 23 Jahren abgeschlossen. Auch der bisherige Studienfortgang spricht nicht für einen besonders raschen Abschluss des Studiums.

In einer solchen Konstellation ist dem Unterhaltsverpflichteten der Einwand zu ermöglichen, dass das Studium zu keiner Verbesserung des künftigen Fortkommens beitragen wird.

Für Absolventen einer HTL besteht nun notorisch eine besonders rege Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt und ihre erzielbaren Einstiegsgehälter können wohl bei oder sogar über jenen von Universitätsabsolventen anderer Fachrichtungen liegen (Quelle: Berufsinformationssystem des Arbeitsmarktservice, https://www.ams.at/bis/bis/ ). Ob das Studium einer nicht verwandten Fachrichtung unter diesen besonderen Umständen entgegen den im Regelfall heranzuziehenden Erfahrungssätzen (RIS‑Justiz RS0047580 [T1]) kein besseres berufliches Fortkommen des Kindes mehr erwarten lässt, betrifft ein Argument für den Entfall der Unterhaltspflicht und fällt als solches in die Behauptungs- und Beweislast des Antragsgegners (RIS‑Justiz RS0106533).

Es genügt aber nicht, wie das Rekursgericht ausführt, dass das gewählte Studium nicht facheinschlägig zur HTL-Ausbildung ist und der Antragsteller bisher kein konkretes Berufsziel vorgebracht hat. Da diese Frage in den Vorinstanzen mit den Parteien noch nicht erörtert wurde, wird ihnen Gelegenheit zur allfälligen Ergänzung des jeweiligen Vorbringens zu geben sein.

Das Erstgericht hat einen laufenden Unterhaltsanspruch schon deswegen verneint, weil die geringe Anzahl der im ersten Jahr vom Antragseller erreichten ECTS-Punkte auf mangelnde Zielstrebigkeit hinweise.

In diesem Punkt verweist der Revisionsrekurs zutreffend auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung, wonach das Studium im Zweifel bereits dann ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 lit b FamLAG erfüllt sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Studium in der Vergangenheit mit ausreichender Intensität betrieben wurde oder dass es in der Mindeststudienzeit beendet werden kann. Die Grenze für eine unzumutbare Belastung des Unterhaltspflichtigen bildet die durchschnittliche Gesamtstudiendauer der betreffenden Studienrichtung (RIS‑Justiz RS0110600 [T3, T4]).

Im vorliegenden Fall liegen keine Feststellungen zur durchschnittlichen Dauer des vom Antragsteller gewählten Studiums und zur Frage, ob er es unter Berücksichtigung des bisher erzielten Fortschritts noch wenigstens in der Durchschnittszeit erfolgreich beenden kann, vor.

Um den Anspruch des Antragstellers auf fortlaufenden Unterhalt abschließend beurteilen zu können, bedarf es daher noch einer Ergänzung des Sachverhalts im dargestellten Sinn.

Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass noch keine die Sache zur Gänze erledigende Entscheidung im Sinn des § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG vorliegt (vgl RIS‑Justiz RS0123011).

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