OGH 9ObA43/16p

OGH9ObA43/16p21.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. D***** S*****, vertreten durch GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 98.293,86 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 86.599,43 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 19. Jänner 2016, GZ 11 Ra 91/15d‑24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. Oktober 2015, GZ 8 Cga 6/15t‑18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im angefochtenen klageabweisenden Umfang aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Kläger war bei der Beklagten von 1. 1. 2006 bis 11. 11. 2014 als kaufmännischer Angestellter mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 5.387 EUR beschäftigt. Aufgrund einer Vordienstzeitenanrechnung für die Jahre 1989 bis 2005 ist von einer über 25‑jährigen Dauer des Dienstverhältnisses auszugehen. Auf das Dienstverhältnis war der Kollektivvertrag für Angestellte des Baugewerbes und der Bauindustrie anzuwenden.

Das Dienstverhältnis endete durch einen vorzeitigen Austritt des Klägers aus gesundheitlichen Gründen.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung folgenden wesentlichen Sachverhalt, teilweise ergänzt durch den unstrittigen Inhalt der Urkunden Blg ./3, 5 und 6 (9 ObA 159/14v; RIS‑Justiz RS0121557), zugrunde:

Mit Schreiben vom 6. 10. 2014 teilte die Klagevertreterin namens des Klägers der Beklagten mit, dass sich der Kläger seit Anfang April 2014 aufgrund eines diagnostizierten Burn-Out-Syndroms bei bestehenden Depressionen im Krankenstand befinde. Ursache für seine massiven gesundheitlichen Probleme seien aufgrund der beiliegenden ärztlichen Bestätigung eine chronische Überforderungssituation in seiner Arbeit sowie das an seinem Arbeitsplatz vorherrschende Arbeitsklima. Ärztlicherseits sei ihm dringend abgeraten worden, wieder in das bestehende Umfeld zurückzukehren und seiner bisherigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch die Zuweisung einer anderen Tätigkeit im Unternehmen der Beklagten, die dem Inhalt des Dienstvertrags und seinem bisherigen Tätigkeitsfeld entspreche, würde nicht dazu führen, dass er seine Dienstleistung ohne Schaden für seine Gesundheit fortsetzen könnte. Es erübrige sich daher, ihm eine andere Beschäftigung im Unternehmen zuzuweisen. Der Kläger beabsichtige daher, den berechtigten vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis zu erklären, gebe aber der Beklagten zuvor noch die Möglichkeit, Gespräche über eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zu führen.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23. 10. 2014 mit, dass sie weiterhin Interesse an der Zusammenarbeit mit ihm habe. Der Kläger solle die Rahmenbedingungen, basierend auf dem bestehenden Dienstvertrag, für einen Arbeitsplatz im Konzern bekanntgeben, welche eine zukünftige dauernde Gesundheitsgefährdung ausschließen würden.

Im Antwortschreiben der Klagevertreterin vom 11. 11. 2014 erklärte der Kläger ua, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen außer Stande sehe, das Angebot der Beklagten anzunehmen. Er sei schlichtweg nicht in der Lage, in deren Unternehmen zu arbeiten, und erklärte nunmehr seinen berechtigten vorzeitigen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis.

Der Kläger litt zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses am 11. 11. 2014 an einer depressiven Anpassungsstörung, verbunden mit einem psychovegetativen Erschöpfungszustand. Diese Krankheit hatte sich durch die Arbeit bei der Beklagten, insbesondere durch den immer größer gewordenen Arbeitsdruck und die vom Kläger infolge der Arbeitsprozesse geforderte erhöhte Flexibilität bereits seit dem ersten Quartal 2013 entwickelt. Dieser Erschöpfungszustand hatte dazu geführt, dass der Kläger ab 7. 4. 2014 im Krankenstand war. Im Sommer 2014 hatte sich der Gesundheitszustand des Klägers zu bessern begonnen.

Zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses am 11. 11. 2014 war die Leistungsfähigkeit des Klägers (am allgemeinen Arbeitsmarkt) noch dahin eingeschränkt, dass ihm Arbeiten nur mit Tragen bis 5 kg und Heben bis 10 kg möglich waren. Er konnte nur fallweise Arbeiten unter vermehrtem Arbeitstempo verrichten, wobei die tägliche Arbeitszeit mit 4 und die wöchentliche mit 20 Stunden begrenzt war. Seit März 2015 kann der Kläger am allgemeinen Arbeitsmarkt wieder uneingeschränkt arbeiten.

Eine Rückkehr in den Betrieb der Beklagten war und ist dem Kläger jedoch nicht möglich, weil er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als IT-Abteilungsleiter nicht mehr verrichten kann. Grund dafür ist das Arbeitsklima und Arbeitsumfeld im Unternehmen der Beklagten, das sich vor allem bei einem Dienstnehmer auswirkt, der in einer Leitungsfunktion tätig ist. Auf eine bloße Sachbearbeitertätigkeit, die in der Betriebshierarchie allerdings eine Stufe unter der zuletzt vor dem Krankenstand vom Kläger ausgeübten Tätigkeit liegt, hätte das Arbeitsklima und das Arbeitsumfeld weniger Einfluss. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger eine reine Sachbearbeitertätigkeit ohne Gefährdung seines Gesundheitszustands ausüben könnte.

Mit der Endabrechnung vom November 2014 wurde dem Kläger eine Weihnachtsremuneration von 2.510,20 EUR brutto ausbezahlt. Im Juni 2014 war an den Kläger ein Urlaubszuschuss von 2.168,72 EUR brutto bezahlt worden. Der Kläger erhielt 4.116,10 EUR brutto an Entgeltfortzahlung und Erfolgsprämie. Im Juli 2014 endete der Entgeltfortzahlungsanspruch. Im September 2014 bezog der Kläger noch 2.513,93 EUR brutto an Gehalt und Überstundenpauschale.

Der schriftliche Dienstvertrag enthält keine konkrete Beschreibung der Tätigkeit des Klägers, sondern nur die Einstufung des Klägers in die Verwendungsgruppe A3.

Der Kläger begehrt von der Beklagten nach Klagseinschränkung 98.293,86 EUR brutto sA, bestehend aus 203,86 EUR an restlichem Urlaubszuschuss für 2014, 2.372,58 EUR an Weihnachtsremuneration für 2014, 73.618,20 EUR an Abfertigung, 12.777,37 EUR an Urlaubsersatzleistung einschließlich Sonderzahlungen und 9.321,58 EUR an Kündigungsentschädigung einschließlich Sonderzahlungen. Er sei berechtigt vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ausgetreten. Einen für ihn geeigneten Ersatzarbeitsplatz habe es bei der Beklagten nicht gegeben. Er wäre daher von vornherein nicht verpflichtet gewesen, eine ihm allenfalls von der Beklagten angebotene Ersatzbeschäftigung zu verrichten.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Klagsabweisung. Der Kläger sei unbegründet ausgetreten. Er sei nur vorübergehend in seiner Gesundheit beeinträchtigt und dienstunfähig gewesen. Obwohl sie den Kläger an einem für ihn zumutbaren Ersatzarbeitsplatz weiter beschäftigen wollte, habe er jegliche weitere Tätigkeit im Unternehmen abgelehnt. Sämtliche dem Kläger zustehenden Ansprüche seien bezahlt worden.

Das Erstgericht sah den vorzeitigen Austritt des Klägers gemäß § 26 Z 1 AngG als berechtigt an. Es gab dem Klagebegehren im Umfang von 86.599,43 EUR brutto sA (203,86 EUR an restlichem Urlaubszuschuss für 2014, 73.618,20 EUR an Abfertigung gemäß § 23 Abs 4 AngG und 12.777,37 EUR an Urlaubsersatzleistung einschließlich Sonderzahlungen) statt. Das Mehrbegehren von 11.694,43 EUR brutto sA (2.372,58 EUR an Weihnachtsremuneration für 2014 und 9.321,58 EUR an Kündigungsentschädigung einschließlich Sonderzahlungen) wies es ab. Der Kläger habe gemäß § 31 AngG mangels eines Verschuldens der Beklagten an seiner Erkrankung keinen Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung. Der Anspruch auf Weihnachtsremuneration sei von der Beklagten durch Zahlung von 2.372,58 EUR erfüllt worden. Die Teilabweisung erwuchs in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den klagestattgebenden Teil der Entscheidung Folge und wies das Klagebegehren einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen klageabweisenden Teils zur Gänze ab. Die Mängelrüge der Beklagten wäre zwar berechtigt, der damit bekämpfte Sachverhalt aber für die rechtliche Beurteilung nicht relevant. Ein berechtigter vorzeitiger Austritt des Klägers scheide nämlich schon deshalb aus, weil der Kläger der Beklagten vor seiner Austrittserklärung nicht die Möglichkeit gegeben habe, ihm einen geeigneten Ersatzarbeitsplatz anzubieten. Der Kläger wäre aber verpflichtet gewesen, die Beklagte darüber aufzuklären, aus welchen konkreten Aspekten seine Gesundheit im Falle einer Weiterbeschäftigung gefährdet gewesen wäre. Der Beklagten könne es nicht zum Nachteil gereichen, dass sie dem Kläger, der vorab und kategorisch jegliche Ersatzbeschäftigung abgelehnt habe, keinen konkreten, dem Kläger zumutbaren Ersatzarbeitsplatz angeboten, sondern dem Kläger die Konkretisierung eines seine Gesundheit nicht gefährdenden Ersatzarbeitsplatzes überlassen habe. Dem Kläger wäre jedenfalls die ‑ vom Dienstvertrag auch gedeckte ‑ Tätigkeit im Rahmen eines „Home-Office“ zumutbar gewesen. Auf die Höhe der Ansprüche müsse nicht mehr eingegangen werden. Der Kostenrekurs des Klägers sei mit der klageabweisenden Entscheidung gegenstandslos.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob der Dienstgeber einem für die Ausübung der aktuell zugewiesenen Tätigkeit unfähig gewordenen Dienstnehmer, der jegliche Ersatzbeschäftigung von vornherein und kategorisch ablehne und die ‑ für den Dienstgeber nicht erkennbaren ‑ Gründe für seine Arbeitsunfähigkeit nicht konkret bekannt gebe, einen konkreten Ersatzarbeitsplatz anbieten müsse oder ob in diesem Fall die Übertragung der (im Wesentlichen uneingeschränkten) Wahl des Ersatzarbeitsplatzes ausreiche.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die ordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem auf Wiederherstellung des Ersturteils gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision des Klägers zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des subsidiär gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Nach § 26 Z 1 AngG ist der Angestellte zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn er zur Fortsetzung seiner Dienstleistung unfähig wird oder diese ohne Schaden für seine Gesundheit oder Sittlichkeit nicht fortsetzen kann.

1.1. Die erste Alternative des § 26 Z 1 AngG erfasst den Fall, dass der Angestellte erst während des Dienstverhältnisses unfähig wird, seine Tätigkeit fortzusetzen ( Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer , § 26 AngG Rz 6). Dabei muss die Einschränkung von so langer Dauer sein, dass nach den Umständen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar ist. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung berechtigt erst dann zum Austritt, wenn zu erwarten ist, dass sie über den in § 139 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum (von 26 Wochen) andauern und den Dienstnehmer an der Ausübung seiner vertraglich vereinbarten Tätigkeit hindern wird (8 ObA 88/10i; RIS-Justiz RS0060144). Das zeitliche Ausmaß nach § 139 Abs 1 ASVG stellt dabei aber keine starre Grenze dar, sondern dient als Richtlinie für die Beurteilung, ob die Wiederherstellung der Arbeitskraft nach objektivem Maßstab in absehbarer Zeit zu erwarten ist (8 ObA 88/10i). Bloß vorübergehende Erkrankungen berechtigen jedenfalls noch nicht zum Austritt (RIS-Justiz RS0028813; Pfeil in ZellKomm ² § 26 AngG Rz 4). Für das Vorliegen des Austrittsgrundes der Dienstunfähigkeit muss kein kausaler Zusammenhang mit der Dienstleistung bestehen (9 ObA 22/14x; Pfeil in ZellKomm ² § 26 AngG Rz 5). Die Unfähigkeit des Dienstnehmers muss sich auf seine Dienstleistung beziehen. Es kommt also einzig darauf an, dass der Dienstnehmer seine dienstvertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen kann ( Pfeil in ZellKomm ² § 26 AngG Rz 6; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer , § 26 AngG Rz 7; vgl 8 ObA 88/10i; RIS-Justiz RS0060144).

1.2. Der Austrittsgrund nach § 26 Z 1 zweiter Fall AngG besteht schon dann, wenn der Angestellte zwar derzeit seine Leistung noch erbringen kann, aber durch die Fortsetzung seiner bisherigen Tätigkeit seine Gesundheit gefährdet wäre und ihm daher die Fortsetzung seines Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (RIS‑Justiz RS0028773). Für den Austrittsgrund der dauerhaften Gesundheitsgefährdung ist die Prognose maßgeblich, zukünftig das Dienstverhältnis nicht ohne Gesundheitsgefährdung fortsetzen zu können (RIS-Justiz RS0125862). Zwischen der Dienstleistung und der Gesundheitsgefährdung muss ein kausaler Zusammenhang bestehen (9 ObA 130/09x; 8 ObA 82/10g; 9 ObA 22/14x; RIS‑Justiz RS0028688). Nach der Rechtsprechung können auch Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz oder das Arbeitsklima eine zum Austritt berechtigende Gesundheitsbeeinträchtigung bewirken (9 ObA 130/09x; 8 ObA 78/10v; 8 ObA 82/10g).

1.3. Der Angestellte, der wegen Dienstunfähigkeit oder Gefährdung seiner Gesundheit durch die von ihm zu verrichtende Tätigkeit aus dem Dienstverhältnis vorzeitig austreten will, ist verpflichtet, den Dienstgeber vor Ausübung des Austrittsrechts auf seine Dienstunfähigkeit oder Gesundheitsgefährdung aufmerksam zu machen, damit dieser seiner auf die Fürsorgepflicht des Dienstgebers beruhenden Verpflichtung, dem Dienstnehmer allenfalls einen anderen, geeigneten Arbeitsplatz zuzuweisen, nachkommen kann (8 ObA 69/04m; 9 ObA 28/08w ua; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer , § 26 AngG Rz 18, 22 mwN). Diese Aufklärungspflicht besteht jedoch dann nicht, wenn diese Umstände dem Dienstgeber ohnehin bekannt sind oder die Dienstunfähigkeit oder die gesundheitliche Gefährdung des Angestellten durch Zuweisung einer anderen Tätigkeit im Rahmen der übernommenen dienstvertraglichen Pflichten ohnehin nicht beseitigt werden kann (vgl RIS-Justiz RS0028663; RS0028651).

2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe im vorliegenden Fall seine ihn treffende Aufklärungspflicht jedenfalls verletzt, weil er die Beklagte nicht konkret genug über die Umstände seiner Gesundheitsgefährdung bei Fortsetzung seiner bisherigen Tätigkeit in Kenntnis gesetzt, sondern vielmehr vorab und kategorisch jegliche Ersatzbeschäftigung im Unternehmen der Beklagten abgelehnt habe, steht mit den dargestellten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht in Einklang. Zutreffend ist zwar, dass der Kläger die Beklagte trotz deren ausdrückliche Aufforderung nicht soweit ausreichend über seine die Dienstunfähigkeit bzw die Gesundheitsgefährdung bei Weiterarbeit im Unternehmen begründenden Umstände informiert hat, dass es der Beklagten möglich gewesen wäre, dem Kläger einen anderen konkreten, dem Kläger zumutbaren und vom Dienstvertrag gedeckten Ersatzarbeitsplatz anzubieten. Die Frage, ob die Beklagte ihrer grundsätzlichen Verpflichtung auf Anbot eines Ersatzarbeitsplatzes nicht ohnehin mit ihrem Schreiben vom 23. 10. 2014 nachgekommen ist, stellt sich insofern nicht.

Die Verletzung der den Kläger treffenden Aufklärungspflicht hat aber ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ‑ noch nicht jedenfalls zur Folge, dass der vorzeitige Austritt des Klägers unberechtigt erfolgt ist. Wie bereits oben erwähnt, besteht diese Verpflichtung des Dienstnehmers dann nicht, wenn dessen Verweisung auf einen anderen Arbeitsplatz im Rahmen des Dienstvertrags nach den gegebenen Umständen überhaupt nicht in Betracht kommt. Genau darauf hat sich der Kläger im Verfahren aber auch gestützt. Der Kläger hat schon vor seiner Austrittserklärung im Schreiben vom 6. 10. 2014, aber auch in seinem Austrittsschreiben vom 11. 11. 2014 keinen Zweifel darüber offen gelassen, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen keine Tätigkeit im Unternehmen der Beklagten mehr zumutbar sei, sodass ihm diese auch gar keinen Ersatzarbeitsplatz anbieten müsse. Die Richtigkeit dieser Behauptung des Klägers kann aber auf Grundlage des bislang unvollständig gebliebenen und nicht mängelfrei festgestellten Sachverhalts noch nicht abschließend beurteilt werden. Insbesondere wird ‑ nach Erörterung mit den Parteien ‑ festzustellen und rechtlich zu beurteilen sein, ob die Beklagte dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen zumutbare und von seinem Dienstvertrag gedeckte Ersatzarbeitsplätze anbieten hätte können. Für die Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Kläger jedenfalls „die Tätigkeit“ im Rahmen eines „Home-Office“ ohne Gefährdung seiner Gesundheit zumutbar gewesen wäre und „diese Tätigkeit“ im Rahmen der vom Kläger dienstvertraglich geschuldeten Leistungen gelegen wäre, bietet der unstrittige Sachverhalt keine ausreichende Grundlage.

3. Die unter Punkt 2. erläuterte Frage muss aber nur dann beantwortet werden, wenn, wie unter Punkt 1. dargestellt, der Kläger nachgewiesen hat (RIS-Justiz RS0101809), dass er zum Austrittszeitpunkt entweder dauernd dienstunfähig war (§ 26 Z 1 erster Fall AngG) oder ihm die Fortsetzung seiner bisherigen konkreten Tätigkeit ohne Gesundheitsgefährdung nicht zumutbar gewesen wäre (§ 26 Z 1 zweiter Fall AngG). Dass auch für die Beantwortung dieser Fragen noch kein mängelfrei festgestellter Sachverhalt vorliegt, hat bereits das Berufungsgericht aufgezeigt. Eine Prüfung der von der Beklagten im Berufungsverfahren zur Höhe des Klagebegehrens vorgetragenen Argumente ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht vorzunehmen. Auch ein Eingehen auf den vom Kläger erhobenen Kostenrekurs erübrigt sich.

In Stattgebung der Revision des Klägers waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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