Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Kosten des Berufungs‑ und Rekursverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war von 24. 5. 1988 bis 23. 9. 2003 mit Dr. J***** H*****, dem Sohn der Beklagten und Vater der Nebenintervenientin, verheiratet. Die Gemeinschaft der Eheleute endete am 31. 12. 2002. Das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe traf beide Parteien zu gleichen Teilen.
Dr. J***** H***** litt an einer angeborenen Blutgerinnungsstörung (Hämophilie). Wegen dieser Erkrankung wurde er ab 1. 6. 1995 pensioniert und bezog von diesem Tag an bis zu seinem Tod am 24. 10. 2006 Pflegegeld der Stufe 5. Dieses betrug von 1. 7. 1995 bis 30. 4. 1996 monatlich 799,40 EUR, von 1. 5. 1996 bis 31. 12. 2001 monatlich 842,35 EUR und von 1. 1. 2002 bis 31. 12. 2002 monatlich 842,40 EUR. Diese Pflegegeldbeträge wurden von Dr. J***** H***** angespart.
Die geschiedenen Eheleute schlossen im Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse am 7. 7. 2005 einen Vergleich. Nach dessen Punkt XIII sind von diesem Vergleich vermeintliche Ansprüche der Klägerin auf das von Dr. J***** H***** während der ehelichen Lebensgemeinschaft bezogene Pflegegeld aus dem Titel von vermeintlich von der Klägerin erbrachten Pflegeleistungen nicht umfasst. Dabei wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Klägerin die Erbringung derartiger Pflegeleistungen behaupte, Dr. J***** H***** die Erbringung dieser Leistungen durch die Klägerin jedoch bestreite. Es wurde festgehalten, dass etwaige Ansprüche der Klägerin gegen Dr. J***** H***** in einem dazu anhängig zu machenden Streitverfahren abzuklären seien.
Nach dem Tod des Dr. J***** H***** wurde dessen Nachlass den Beklagten je zur Hälfte nach bedingten Erbantrittserklärungen eingeantwortet. Die Erben hatten Pflichtteilsansprüche der Nebenintervenientin zu befriedigen.
Die Klägerin begehrte zuletzt 72.650 EUR sA und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass sie Dr. J***** H***** bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft rund um die Uhr nahezu bis zur Selbstaufgabe sowie unter Einsatz aller ihrer psychischen und physischen Kräfte gepflegt habe. Fachkundiges Pflegepersonal habe er aus wirtschaftlichen Gründen nicht eingestellt. Am bezogenen Pflegegeld habe er die Klägerin nicht beteiligt, sondern dieses gänzlich für sich zurückgelegt. Ihr stehe das ab 1. 7. 1995 angesparte Pflegegeld von 75.383 EUR für Pflegeleistungen zu, wobei aus Kostengründen nur 72.560 EUR geltend gemacht würden.
Die Beklagten und die Nebenintervenientin bestritten und wendeten im Wesentlichen ein, die Klägerin habe keine Pflegeleistungen erbracht, jedenfalls nicht solche, die über ihre eheliche Beistandspflicht hinausgehen würden. Dr. J***** H***** sei niemals pflegebedürftig gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 37.691,50 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 34.958,50 EUR sA ab. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Dr. J***** H***** hatte aufgrund seiner Erkrankung Gelenksblutungen seit der frühen Kindheit mit zahllosen Blutungen nach Stürzen und auch Spontanblutungen. Dadurch litt er an zunehmenden Bewegungseinschränkungen und starken Gelenksbeschwerden bei der Bewegung. Es kam bei ihm in beiden Hüften, beiden Kniegelenken, beiden Schultern und vor allem im rechten Ellbogen zu massiven Kontrakturen. Es bestanden dadurch links, vor allem aber rechts starke Einschränkungen der Funktion der oberen Extremitäten.
Wenn es zu Gelenksblutungen kam, war er für drei bis fünf Tage bettlägrig, hatte in den ersten drei Tagen noch Fieber und benötigte Essigsäure‑Ton‑Umschläge. Auch beim Umdrehen musste ihm geholfen werden. Es war notwendig, ihm die Leibschüssel zu bringen und diese für ihn zu entleeren. Die Betreuung war wegen seines Gewichts von 115 kg erschwert. In der Wohnung saß er immer wieder auch im Rollstuhl, konnte sich jedoch ohne diesen in der Wohnung mit einem Stock fortbewegen und benötigte Hilfe beim Stiegensteigen. Es war notwendig, ihm das Essen zuzubereiten und zu reichen. Das Zähneputzen absolvierte er im Bett sitzend mit einer Schüssel, die ihm gereicht wurde. Er erhielt Hilfe beim Besteigen der Badewanne. Es wurden ihm dort Körper und Haare gewaschen sowie die Nägel geschnitten. Wenn er die Toilette aufsuchte, musste ihm beim Aufstehen geholfen werden. Wenn ihm Sachen auf den Boden fielen, mussten sie ihm aufgehoben werden.
Diese Pflegeleistungen erbrachte die Klägerin jedenfalls ab dem 1. 7. 1995 im hohen Ausmaß; sie beendete im Einvernehmen mit ihm sogar ab April 1966 ihre Berufstätigkeit, um sich voll seiner Pflege widmen zu können. Im Laufe der Zeit nahmen jedoch ihr Engagement und ihre Pflegetätigkeit ab. Ab Mai 2000 hat sie sich sehr ihrem zu diesem Zeitpunkt erworbenen Kleingarten samt Haus gewidmet.
Neben der Klägerin erbrachten auch die Beklagten Betreuungsleistungen, wie gelegentliche Zulieferung von Mahlzeiten, Erledigung von Bankwegen und Besorgung der Tageszeitung. Der Bedarf von Dr. J***** H***** an Unterstützung durch andere Personen war nicht nur von seinen Einschränkungen, insbesondere den Krankheitsschüben, abhängig, sondern auch davon, ob er willens war, die Anstrengung auf sich zu nehmen, bestimmte Verrichtungen trotz der krankheitsbedingten Einschränkungen selbst durchzuführen.
Dr. J***** H***** hätte entgeltlich tätigen Dritten für die Pflegeleistungen der Klägerin zwischen 1. 7. 1995 und 31. 12. 2002 die Hälfte des an ihn in diesem Zeitraum ausgezahlten Pflegegeldes zahlen müssen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt zusammengefasst dahin, dass der Klageanspruch als Bereicherungsanspruch nicht verjährt und der streitige Rechtsweg zulässig sei. Aus den Bestimmungen des Pflegegeldrechts ergebe sich bei einer Gesamtbetrachtung, dass für Betreuung und Hilfe primär der Pflegebedürftige selbst zu sorgen habe, sei es durch vermehrte Anstrengungen, sei es durch Einsatz eigener Geldmittel zum Erwerb der notwendigen Pflegeleistungen. Dieser Zukauf von Pflegeleistungen solle durch die Gewährung von Pflegegeld erleichtert werden. Das Gesetz habe Personen, denen ihre Partner zur Erbringung von Pflegeleistungen verpflichtet seien, vom Bezug von Pflegegeld weder ganz noch teilweise ausgeschlossen und auch keinen Regress an solche Angehörigen für den Fall der Verletzung der Beistandspflicht angeordnet. Die Erfüllung der Beistandspflicht bestehe unabhängig von der Gewährung von Pflegegeld. Die „Nur‑Hausfrauen“ zustehende Unterhaltsleistung stehe nicht in einem Austauschverhältnis zu den erbrachten Pflegeleistungen, sondern nur zur geschuldeten Haushaltsführung. Eine Wertung des Gesetzgebers, dass dem pflegebedürftigen Partner die Ansparung von Pflegegeldzahlungen durch unentgeltliche Inanspruchnahme von Pflegeleistungen möglich sein solle, sei nicht erkennbar. Die Klägerin habe daher Anspruch auf jenen Betrag, den Dr. J***** H***** für die entgeltliche Beschaffung der von der Klägerin bisher unentgeltlich erbrachten Pflegeleistungen hätte aufbringen müssen. Aus den Feststellungen leitete das Erstgericht ab, dass er hiefür die Hälfte des von ihm bezogenen Pflegegeldes hätte aufwenden müssen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung beider Streitteile Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Die Pflege eines Schwerstbehinderten gehe weit über das hinaus, was im Rahmen der gegenseitigen Beistands‑ und Unterhaltspflicht der Ehegatten üblicherweise an Krankenpflege geschuldet werde. Durch ihre unentgeltliche Pflege erspare die Ehefrau dem Ehegatten denjenigen Teil seines Einkommens, den er andernfalls angesichts seines Betreuungsbedarfs für Fremdpflegekosten ausgeben müsste. Die Feststellungen ließen jedoch eine Beurteilung, ob die Klägerin über die Beistandspflicht hinausgehende Pflegeleistungen erbracht habe, noch nicht zu. Im fortgesetzten Verfahren sei der Zeitaufwand für die einzelnen von der Klägerin verrichteten Pflegeleistungen nach § 273 ZPO festzustellen. Dabei könne die Einstufungsverordnung zum BPGG BGBl II 1999/37 eine Orientierungshilfe darstellen.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine Rechtsprechung zum konkreten Umfang der ehelichen Beistandspflicht im Krankheitsfalle ebenso fehle wie zu den Voraussetzungen der Abgeltung von über die Beistandspflicht hinausgehenden Pflegeleistungen.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Die Rekurse der beklagten Parteien und der Nebenintervenientin sind im Ergebnis berechtigt.
1. Die Zulässigkeit des Rechtswegs wurde von den Vorinstanzen übereinstimmend bejaht. Damit ist dem Obersten Gerichtshof aber eine Prüfung der Frage, inwieweit die gegenständlichen Ansprüche im Außerstreitverfahren geltend zu machen gewesen wären, entzogen (RIS‑Justiz RS0042981; vgl auch RS0043405; RS0042925; RS0043802).
2.1. Die Kondiktion wegen Zweckverfehlung greift in Analogie zu § 1435 ABGB dann ein, wenn die Umstände, die nach dem Sinn und Zweck des Geschäfts Grundlage der Leistung waren, weggefallen sind (RIS‑Justiz RS0033855). Für eigene Arbeitsleistungen und sonstige Leistungen kann, wenn der erwartete Rechtsgrund nicht eintrat, angemessene Entlohnung begehrt werden, deren Höhe grundsätzlich vom verschafften Nutzen unabhängig ist (RIS‑Justiz RS0033709).
2.2. Gemäß § 1435 ABGB können auch Leistungen, die unter der Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehe erbracht worden sind, bei Scheidung zurückgefordert werden (RIS‑Justiz RS0119837), sofern sie über die eheliche Beistandspflicht hinausgehen und jene Umstände nachträglich weggefallen sind, die nach der Interessenabwägung und dem Sinn des Geschäfts die Grundlage der Leistung gebildet hatten (RIS‑Justiz RS0047190).
2.3. Die Bestimmungen der §§ 81 ff EheG stehen der Erhebung von Kondiktionsansprüchen zwischen Ehegatten aus zweckverfehlten Leistungen nicht entgegen (RIS‑Justiz RS0022328). Auf solche Kondiktionsansprüche sind auch die besonderen Aufteilungsgrundsätze der §§ 81 ff EheG nicht sinngemäß anzuwenden (RIS‑Justiz RS0022328).
2.4. Nicht rückforderbar sind hingegen Leistungen, die keinen weitergehenden, also in fernere Zukunft reichenden Zweck verfolgen (RIS‑Justiz RS0033701 [T1]). Dies gilt allerdings etwa dann nicht, wenn ein Teil die Lebenshaltungskosten in Erwartung einer unbestimmten künftigen Gegenleistung allein getragen hat (vgl RIS‑Justiz RS0124784).
3. Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Pflegeleistungen durch die Klägerin keinen in die Zukunft reichenden Zweck verfolgten. Die Klägerin hat vielmehr nach den Feststellungen der Vorinstanzen auf die Ausübung eigener Berufstätigkeit verzichtet und ihre gesamte Lebensführung auf die Pflege und Betreuung ihres kranken Ehegatten ausgerichtet. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Klägerin eine bestimmte zukünftige Gegenleistung erwartete (4 Ob 84/09w). Vielmehr genügt die Annahme, dass die Klägerin davon ausgehen konnte, von ihrer Tätigkeit irgendeinen Vorteil in der Zukunft erlangen zu können. Dies kann durchaus ein Vertrauen auf den Weiterbestand der Ehe und die damit verbundenen Ansprüche, insbesondere auch im Zusammenhang mit einer allfälligen Witwenpension, sowie die Erwartung entsprechender Erb‑ bzw Pflichtteilsansprüche, sein. In diesem Sinne hat der erkennende Senat etwa bei enttäuschter Erwartung einer testamentarischen Zuwendung infolge erbrachter Leistungen bereicherungsrechtliche Ansprüche nach § 1435 ABGB für möglich gehalten (6 Ob 29/09x). Hätte die Klägerin vorausgesehen, dass sie für ihre jahrelange Pflege überhaupt nichts bekommen soll, hätte sie ihren Mann nach der Lebenserfahrung nicht in diesem Ausmaß gepflegt, sondern dafür entweder ein entsprechendes Entgelt verlangt oder ihren Mann auf die Inanspruchnahme von Fremdpflege verwiesen.
4.1. Zwischen Ehegatten wird die Pflege des erkrankten Ehegatten als von der Beistandspflicht des § 90 Abs 1 ABGB erfasst angesehen (Stefula, Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten, ÖJZ 2005, 609; Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 90 Rz 9; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB3 § 90 Rz 6; Kellner/Barth, Ausgewählte Rechtsfragen zur Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger nach dem SWRÄG 2006, JBl 2007, 690; dies in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts [2007] 472; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR § 90 ABGB Rz 35). Die Beurteilung von Art und Ausmaß der ehelichen Beistandspflichten hat nach den Grundsätzen der Zumutbarkeit und der sachlichen Rechtfertigung zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0009449). Der gesunde Ehegatte hat grundsätzlich die Pflicht, bei seinem geistig oder körperlich kranken Ehepartner auszuharren und ihm den Halt und Beistand zu gewähren, den er nach besten Kräften geben kann und auf den der andere angewiesen ist. Er hat ihm im Rahmen des Möglichen das Leben zu erleichtern und auf ihn in jeder Weise Rücksicht zu nehmen (RIS‑Justiz RS0009331; RS0009337 [T1]).
4.2. Nach Deixler‑Hübner (Sind Beistandsleistungen zwischen Angehörigen ‑ vor allem im Eltern‑Kind‑Verhältnis ‑ finanziell abgeltbar? iFamZ 2009, 134) ist außerhalb des Kernbereichs der Beistandsverpflichtung ein Entgeltanspruch für geleistete Dienste, wenn sie nicht schenkungshalber erbracht wurden, stets zu bejahen, und zwar selbst dann, wenn es an einer vertraglichen Regelung zwischen den Beteiligten fehle.
4.3. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 1 Ob 135/01m unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 46/01y im Verhältnis zwischen Ehegatten bereits ausgesprochen, dass dann, wenn ein Angehöriger Pflegeleistungen erbringt, die weit über dasjenige hinausgehen, was üblicherweise in Wahrnehmung einer besonderen Beistandspflicht zu leisten ist, Anspruch auf deren finanzielle Abgeltung hat; der hiefür angemessene Betrag sei im Wege einer fiktiven Berechnung zu ermitteln, weil die Pflegeleistungen nicht durch professionelle Kräfte erbracht werden. Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, indem nicht eine vorübergehende Erkrankung, sondern dauernde Hilfsbedürftigkeit, die Hilfestellung beim Waschen, Gehen, An‑ und Auskleiden sowie zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens erforderte, erfüllt sind, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
4.4. Auch in der Entscheidung 6 Ob 641/90 sprach der erkennende Senat aus, dass ein pflegebedürftiges Kind, das von seiner Mutter im Ausmaß einer vollen Arbeitsleistung betreut wird, für die Kosten seiner Pflege gegenüber der Mutter aufzukommen habe; die Leistungen seien angemessen abzugelten (ebenso 3 Ob 540/91 EvBl 1992/27).
5.1. Ist im Falle der Kondiktion nach § 1435 ABGB Wiederherstellung in der Natur unmöglich oder untunlich, so hat der Empfänger für den erlangten Vorteil in Analogie zu § 1325 ABGB ein angemessenes Entgelt zu leisten, dessen Höhe sich iSd § 1431 ABGB nach dem verschafften Nutzen richtet (RIS‑Justiz RS0016322). Der Nutzen für den Ehemann der Klägerin lag in der Ersparnis andernfalls erforderlicher Fremdpflegekosten (Rummel in Rummel, ABGB³ § 1437 Rz 3; vgl auch BGH NJW 1995, 1486).
5.2. Die Bestimmung der Höhe des Entgelts für Leistungen, auf das gemäß § 1435 ABGB iVm § 1152 ABGB ein Anspruch besteht, erfolgt nach ständiger Rechtsprechung nach § 273 ZPO (RIS‑Justiz RS0021828). In diesem Sinne hat die Rechtsprechung etwa den von der Mutter im eigenen Haushalt erbrachten Pflegeaufwand für den schwerstbehinderten Sohn nach § 273 ZPO ermittelt (RIS‑Justiz RS0110740). Eine zu weitgehende analoge Heranziehung von kollektiven Löhnen ist dabei, wenn die Umstände eher ein familiäres als ein Arbeitsverhältnis nahelegen, nicht gerechtfertigt (RIS‑Justiz RS0021828). Aus diesem Grund ist der Rechtsansicht der Klägerin, die nicht auf den Mindestlohntarif für Krankenbetreuer im Jahr 1995 von 100 ATS (7,27 EUR), sondern auf einen Stundenlohn von 12 EUR abstellt, nicht zu folgen.
5.3. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin zwischen 1. 7. 1995 und 31. 12. 2002 Pflegeleistungen im Gegenwert der Hälfte des an Dr. J***** H***** im relevanten Zeitraum ausgezahlten Pflegegeldes erbrachte. Diese Auffassung hat das Erstgericht eingehend begründet. Bei seiner Einschätzung berücksichtigte das Erstgericht auch, dass die Klägerin ab 1. 7. 1995 bis weit über die Aufgabe ihrer Berufstätigkeit hinaus intensive Pflegeleistungen erbrachte, die sie jedoch später zurücknahm, was im Jahr 2000 im Ankauf und der intensiven Betreuung ihres Kleingartenhauses gipfelte. Dass in dem vom Erstgericht angenommenen Betrag von 37.000 EUR nicht die normale Haushaltsführung enthalten ist, sondern nur im Fall einer Fremdpflege zusätzlich erforderliche Betreuungsleistungen, ergibt sich aus den Feststellungen des Erstgerichts in ausreichender Deutlichkeit.
6. Damit reichen aber entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen für die abschließende rechtliche Beurteilung des Sachverhalts aus, sodass vom Obersten Gerichtshof bereits in der Sache selbst zu entscheiden war (§ 519 Abs 2 Z 2 Satz 2 ZPO). Die Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichts betreffen nicht die (Tat‑)Frage, ob bestimmte Betreuungsleistungen von der Klägerin oder jemand anderem vorgenommen wurden, sondern ausschließlich den Zeitaufwand für einzelne von der Klägerin erbrachte Betreuungsleistungen. Insoweit bilden jedoch die Feststellungen des Erstgerichts in Zusammenhalt mit der allgemeinen Lebenserfahrung und der Bestimmung des § 273 ZPO eine taugliche Grundlage für die Beurteilung der Ansprüche der Klägerin.
7. Auf den von den beklagten Parteien und der Nebenintervenientin in ihren Rekursen erhobenen Verjährungseinwand ist nicht weiter einzugehen. Zwar unterliegen Ansprüche aus „zweckverfehlenden“ Arbeitsleistungen, die inhaltlich nach § 1152 ABGB zu beurteilen sind, nach neuerer Rechtsprechung der 3‑jährigen Verjährungsfrist nach § 1486 Z 5 ABGB (RIS‑Justiz RS0021868). Die beklagten Parteien und die Nebenintervenientin haben in ihrer Berufung die Verneinung der Verjährung durch das Erstgericht jedoch nicht bekämpft. Wurde die Einrede der Verjährung in der Berufung aber nicht aufrecht erhalten, so kann darauf im Rechtsmittelverfahren unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht Bedacht genommen werden (RIS‑Justiz RS0034743).
8. Im Hinblick auf die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts war auch die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren neu zu fassen. Die Klägerin ist etwa mit der Hälfte ihres Begehrens durchgedrungen. Daher war hinsichtlich des Berufungsverfahrens ebenso wie hinsichtlich des Rekursverfahrens mit Kostenaufhebung vorzugehen. Für die Anwendung des § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO bestand kein Raum, weil beide Parteien das Urteil des Erstgerichts annähernd in gleichem Umfang bekämpften, sodass die der zitierten Bestimmung zugrunde liegende ratio, einen Kostenersatz für jene Fälle vorzusehen, in denen bestimmte Kosten nur von einer Partei getragen werden, nicht zum Tragen kommt.
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