OGH 7Ob179/11s

OGH7Ob179/11s27.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Dr. Gitschthaler und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** N*****, vertreten durch Mag. Sonja Fragner, Rechtsanwältin in Krems, gegen die beklagte Partei J***** N*****, vertreten durch Dr. Christoph Brenner und Mag. Severin Perschl Rechtsanwälte OG in Krems, wegen Unterhalt, über die Revisionen der klagenden und beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 29. Juni 2011, GZ 2 R 190/10v‑44, womit das Urteil des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 18. Oktober 2010, GZ 10 C 216/08g‑13, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen, soweit sie sich auf die in Rechtskraft erwachsene Abweisung eines monatlichen Unterhalts in der Höhe von (weiteren) 274 EUR seit 1. 1. 2009 und auf rückständigen Unterhalt von (weiteren) 13.689,99 EUR, über den das Erstgericht nicht entschieden hat, bezieht.

2. Im Übrigen wird den Revisionen beider Parteien Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, soweit nicht die Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens in der Höhe von monatlich 274 EUR seit 1. 1. 2009 durch das Erstgericht bereits in Rechtskraft erwachsen ist, aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde am 15. 1. 2009 aus alleinigem Verschulden des Beklagten geschieden.

Der Beklagte ist Geschäftsführer einer GmbH. Er bezieht neben seinem Gehalt auch Taggelder („Diäten“) und seit dem Jahr 1998 jährlich umsatzabhängige Prämien, die bis 2006 nach einem einheitlichen Schema (im Ergebnis 0,4 % vom Umsatz) berechnet und jeweils im Folgejahr ausbezahlt wurden. Die Prämien betrugen für das Jahr 2005 22.952 EUR und für das Jahr 2006 30.000 EUR. Unter Zugrundelegung eines Umsatzdurchschnitts für die Jahre 2007 und 2008 (mangels Mitwirkung des Beklagten konnte der Umsatz nicht festgestellt werden) hätten sie jeweils 21.255 EUR betragen. Der Beklagte verzichtete im Jahr 2008 aber auf die Auszahlung der Prämie nach dem bisherigen Berechnungsmodus und erhielt stattdessen lediglich 10.500 EUR für 2007 und 7.200 EUR für 2008. Hätte der Beklagte im Jahr 2008 auf die Auszahlung der vollen Prämie nach dem bisherigen Berechnungsmodus bestanden, hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu seiner sofortigen Kündigung geführt.

Dem Beklagten steht ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, das er auch für Privatfahrten verwenden kann. Dazu stellte das Erstgericht wörtlich fest: „An tatsächlichen Kfz‑Kosten (im Gegensatz zu den steuerlichen Werten, die nicht im Geringsten an die realen Kosten herankommen) in Euro pro Monat ist bei einer Haltungsdauer von fünf Jahren beim Pkw Mercedes mit 963 EUR (von Mai 2002 bis Jänner 2009) zu rechnen, für den Audi (ab Februar 2009) mit 947 EUR. Durch die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit und Nutzung ersparte sich der Beklagte für den Mercedes jeweils 11.556 EUR in den Jahren 2006, 2007 und 2008, ab dem Jahr 2009 für den Audi 11.364 EUR pro Jahr. Tatsächlich wurden jährlich nur 3.052,20 EUR an steuerlichem Sachbezug dem Beklagten für die Nutzung der Fahrzeuge von seinem Gehalt in Abzug gebracht.“

Zusätzlich bezahlte der Dienstgeber für den Beklagten die Prämien für einen Lebensversicherungsvertrag, bei dem der Beklagte Versicherungsnehmer und Versicherter ist, und zwar im Jahr 2006 2.812 EUR, im Jahr 2007 2.924 EUR, im Jahr 2008 3.041,64 EUR und im Jahr 2009 3.163,31 EUR. Die Zahlungen sind in der Gehaltsabrechnung nicht ausgewiesen.

Laut Lohnzettel betrugen für das Jahr 2006 der Jahreslohn 147.412,60 EUR, das Taggeld 2.798,40 EUR, die Krankenscheingebühr 10 EUR, „SV, KU, WF“ 9.385 EUR, die Lohnsteuer 51.605,63 EUR; für das Jahr 2007 der Jahreslohn 161.524,60 EUR, das Taggeld 2.765,40 EUR, die Krankenscheingebühr 10 EUR, „SV, KU, WF“ 9.610 EUR und die Lohnsteuer 58.147,08 EUR; für das Jahr 2008 der Jahreslohn 147.243,80 EUR, das Taggeld 2.481,60 EUR, die Krankenscheingebühr 10 EUR, „SV, KU, WF“ 9.873,50 EUR und die Lohnsteuer 51.297,62 EUR; für das Jahr 2009 der Jahreslohn 144.159 EUR, das Taggeld 2.296,80 EUR, die Krankenscheingebühr 10 EUR, „SV, KU, WF“ 10.099,35 EUR und die Lohnsteuer 49.560,89 EUR.

Weiters bezog der Beklagte Einkünfte aus Kapitalvermögen von jährlich netto rund 4.500 EUR (nach Abzug der Kapitalertragssteuer).

Der Beklagte bezahlte bis Juni 2008 für die Klägerin und den gemeinsamen Sohn die „Kosten“ für die Wohnung einschließlich Strom und Rundfunkgebühren und gab der Klägerin Haushaltsgeld. Insgesamt leistete er im Jahr 2006 15.640 EUR, 2007 17.560 EUR und vom 1. 1. 2008 bis 30. 6. 2008 8.293 EUR. Seit 1. 8. 2008 zahlt er der Klägerin an Unterhalt monatlich 1.500 EUR. Vom 1. 8. 2008 bis zum Jahresende 2008 zahlte er „insgesamt“ 10.264,33 EUR“.

An Urlaubskosten trug er für die Klägerin im Jahr 2006 2.000 EUR, im Jahr 2007 2.200 EUR und im Jahr 2008 600 EUR.

Die vormalige Ehewohnung steht im Wohnungseigentum der Klägerin. Der Beklagte bezahlte im Jahr 2006 1.000 EUR für Türen, im Jahr 2007 2.500 EUR für Terrassenmöbel und im Jahr 2008 2.500 EUR (Hälfteanteil) für eine Kinderzimmereinrichtung.

Die Klägerin bezog ein monatliches Nettoeinkommen von 798 EUR im Jahr 2006, von 833,58 EUR im Jahr 2007, von 1.037,30 EUR im Jahr 2008 und von 669 EUR ab 2009.

Die Klägerin begehrte in der Klage zunächst an rückständigem Unterhalt für den Zeitraum 1. 12. 2006 bis 31. 12. 2008 45.070 EUR sA sowie einen monatlichen Unterhalt in der Höhe von 2.300 EUR ab 1. 1. 2009. Gleichzeitig beantragte sie auch mit einstweiliger Verfügung den Zuspruch eines vorläufigen Unterhalts. Der Beklagte beziehe ein überdurchschnittlich hohes Einkommen und seit dem Jahr 1998 jährliche Prämien (worauf er daher einen Rechtsanspruch erworben habe). Er sei berechtigt, ein Firmenfahrzeug für Privatfahrten zu benutzen. Der Sachbezug für den Pkw sei monatlich zum Gehalt hinzuzurechnen. Der Beklagte verfüge auch über Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er habe seine Unterhaltspflicht gröblich verletzt. Die Klägerin sei bis Oktober 2008 teilzeitbeschäftigt gewesen und habe das Geld für den Unterhalt der Familie aufwenden müssen.

Der Beklagte wandte ein, dass er seiner Zahlungsverpflichtung nachgekommen sei. Der Klägerin seien ihre Eigeneinkünfte zur Verfügung gestanden. Da der Dienstgeber seit geraumer Zeit mit Gewinneinbrüchen zu kämpfen habe, habe er eine deutliche Reduzierung der Prämien hinnehmen müssen. Der Anspannungsgrundsatz sei daher nicht anzuwenden.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. 1. 2009 schlossen die Parteien „hinsichtlich des laufenden Unterhalts“ einen Teilvergleich. Darin verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin beginnend mit Jänner 2009 einen „monatlichen Ehegattenunterhalt“ in der Höhe von 2.025 EUR zu bezahlen. Dem liege ein durchschnittliches Nettoeinkommen des Beklagten in der Höhe von 6.814 EUR (darin enthalten 50 % an Diäten sowie an Sachbezug für einen Pkw monatlich brutto 254,35 EUR) sowie ein Eigeneinkommen der Klägerin in der Höhe von netto 669 EUR zu Grunde. Berücksichtigt wurde auch die Unterhaltsverpflichtung für das gemeinsame Kind. Weiters wurde im Protokoll festgehalten, dass das Verfahren hinsichtlich des rückständigen Unterhalts „noch offen“ bleibe. Die Klägerin zog ihren Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurück.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29. 4. 2009 dehnte die Klägerin ihr Klagebegehren hinsichtlich des Unterhaltsrückstands auf 70.251,71 EUR aus. Die vom Dienstgeber bezahlten Prämien für die Lebensversicherung des Beklagten seien einzubeziehen; an Sachbezug durch Verwendung des Firmenfahrzeugs seien unter Berücksichtigung des Anschaffungswerts „auf sechs Jahre“ mindestens 500 EUR monatlich anzurechnen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24. 9. 2009 ergänzte sie, dass sie seit 23. 7. 2009 vom Arbeitsmarktservice keinerlei Zahlungen mehr erhalte. In der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 2. 6. 2010 dehnte sie ihr Klagebegehren aus auf 85.224,60 EUR „für die Jahre 2006, 2007 und 2008“ und auf Grund der geänderten Bemessungsgrundlage auf Bezahlung eines monatlichen Unterhalts von monatlich 3.050 EUR (gemeint ganz offenbar unter Einschluss des bereits verglichenen Betrags) ab 1. 1. 2009.

Der Beklagte bestritt dies und ergänzte, dass der Dienstgeber die Prämien für die Lebensversicherung als Pensionsvorsorge zahle, sodass ihm diese Beträge de facto nicht zur Verfügung stünden. Er könne auf die Versicherung erst zugreifen, wenn diese zur Auszahlung gelange.

Das Erstgericht ließ die Klagsausdehnung zu und erkannte den Beklagten schuldig, zusätzlich zu dem mit Teilvergleich vom 15. 1. 2009 festgesetzten Unterhalt von 2.025 EUR einen weiteren monatlichen Betrag in der Höhe von 751 EUR, sohin insgesamt 2.776 EUR monatlich ab 1. 1. 2009 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 274 EUR monatlich ab 1. 1. 2009 wies es ab. Weiters erkannte es den Beklagten schuldig, der Klägerin an Unterhaltsrückstand vom 1. 12. 2006 bis 31. 12. 2008 71.534,61 EUR sA zu bezahlen. Zur Bemessungsgrundlage seien die vom Arbeitgeber getragenen Prämien für die Lebensversicherung des Beklagten, die tatsächliche Ersparnis durch Benützung des Firmenfahrzeugs als Naturalbezug und die Einkünfte aus Kapitalvermögen hinzuzuzählen. Weiters sei der Beklagte hinsichtlich der Jahresprämien für die Jahre ab 2007 anzuspannen, sodass sie ungekürzt zu berücksichtigen seien. Der Teilvergleich stehe einer Unterhaltserhöhung nicht entgegen, weil nunmehr die tatsächliche Einkommenssituation feststehe. Die Naturalleistungen des Beklagten und das Einkommen der Klägerin seien als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren hinsichtlich des monatlichen Unterhalts ab 1. 1. 2009 zur Gänze abwies. Hinsichtlich des Unterhaltsrückstands verpflichtete es den Beklagten zur Zahlung von 44.605 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 26.929,61 EUR ab. Es hielt fest, dass ein Betrag von 13.689,99 EUR aus dem Verfahren ausgeschieden sei, weil das Erstgericht darüber nicht entschieden und die Klägerin keine Berufung erhoben habe.

Bei Abschluss des Vergleichs sei dem Klagebegehren das Geschäftsführergehalt des Beklagten samt Diäten, Sachbezug in Form eines Pkws und (zuletzt reduzierten) Prämien zu Grunde gelegen. Eine nachträgliche Änderung der Beweislage führe nicht zu dessen Anfechtung. Hinsichtlich der bereits mit Klage geltend gemachten Bestandteile der Berechnungsgrundlage sei die Sache verglichen und eine Erhöhung des Unterhalts nicht zulässig. Nach Abschluss des Vergleichs habe die Klägerin ihr (ausgedehntes) Unterhaltsbegehren ab 1. 1. 2009 auch auf die vom Dienstgeber bezahlten Prämien für die Lebensversicherung des Beklagten gestützt. Das Argument des Beklagten, die Klägerin werde doppelt begünstigt, würde man die Zahlung jetzt schon in die Bemessungsgrundlage einbeziehen, sei durchaus gewichtig. Die Prämie sei nicht als Teil der Bemessungsgrundlage zu behandeln, der Klägerin stehe daher kein zusätzlicher monatlicher Unterhaltsanspruch ab 1. 1. 2009 zu.

Hinsichtlich des Unterhaltsrückstands ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte den Dienst‑Pkw auch für Privatfahrten habe verwenden können. Warum dieser Sachbezug mit einem höheren als dem vom Dienstgeber (nach steuerlichen Kriterien) verrechneten Betrag berücksichtigt werden solle, lasse sich nicht nachvollziehen. Gehe man von den vom Sachverständigen ermittelten Gesamtkosten pro Kilometer und der vom Beklagten zugestandenen privaten Nutzung in der Größenordnung von 6.000 km pro Jahr aus (die Klägerin habe eine höhere Nutzung gar nicht behauptet), so ergebe sich ein Betrag von 480 EUR pro Monat, wobei der vom Sachverständigen angeführte Wertverlust großteils den Dienstgeber treffe. Es sei ein Sachbezug nur entsprechend den steuerrechtlichen Vorgaben in der Höhe von 3.052,20 EUR zu berücksichtigen. Ausgehend von der im Berufungsverfahren nach Beweiswiederholung getroffenen Feststellung, dass der Beklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit sofort gekündigt worden wäre, wenn er auf die Auszahlung der Prämie unter Zugrundelegung des Berechnungsmodus der Vorjahre bestanden hätte, sei der Beklagte nicht anzuspannen. Der Beklagte habe keine Umstände vorgebracht, aus denen sich eine schlüssige Unterhaltsvereinbarung durch jahrelange Übung ableiten ließe. Der Unterhaltsberechtigte sei nicht verpflichtet, zur Deckung des Unterhalts auf den Vermögensstamm zu greifen. Der Umstand, dass die Klägerin ihren Wohnbedarf in der ihr allein gehörenden Eigentumswohnung decke, führe nicht zu einer Verminderung des Unterhalts. Das Berufungsgericht berücksichtigte unterhaltsmindernd die Zahlungen des Beklagten für „exklusive Restaurantbesuche“, Urlaube und Investitionen in die Eigentumswohnung der Klägerin. Auch für die Vergangenheit seien die Lebensversicherungsprämien nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision wegen der erheblichen Rechtsfrage, ob im Verhältnis zwischen Ehegatten Prämienzahlungen für die private Pensionsvorsorge als Abzugsposten zu berücksichtigen seien, zulässig sei.

Die Revision der Klägerin ficht das Urteil insoweit an, als das Begehren, der Beklagte sei schuldig, „ab 1. 1. 2009 zusätzlich zu dem mit Vergleich festgesetzten Unterhalt von 2.025 EUR einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag in der Höhe von 1.025 EUR, sohin insgesamt 3.050 EUR“ zu bezahlen, abgewiesen worden sei. Weiters bekämpft sie die „Abweisung des Mehrbegehrens“ hinsichtlich des Unterhaltsrückstands in der Höhe von „40.619,60 EUR“ sA. Sie beantragt, ihrem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revision des Beklagten wendet sich gegen den stattgebenden Teil des angefochtenen Urteils mit einem Aufhebungsantrag, hilfsweise wird ein Abänderungsantrag gestellt.

In den Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, die Revision des Gegners zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich eines Betrags von 274 EUR an monatlichem Unterhalt seit 1. 1. 2009 und eines Betrags von 13.689,99 EUR an Unterhaltsrückstand im Zeitraum 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2008 unzulässig. Im Übrigen ist sie ebenso wie die Revision des Beklagten zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision der Klägerin:

Zu Punkt 1. des Spruchs:

Der Revisionsantrag bezieht sich ausdrücklich auf die Bekämpfung der „Abweisung“ des monatlichen Unterhaltsbetrags von 274 EUR seit 1. 1. 2009 und von 13.689,99 EUR an Unterhaltsrückstand, sie enthält dazu aber konkret keine zusätzlichen Ausführungen. Die Abweisung des monatlichen Unterhaltsbetrags von 274 EUR seit 1. 1. 2009 erfolgte schon durch das Erstgericht und ist mangels Berufung der Klägerin bereits in Rechtskraft erwachsen. Die Vorinstanzen haben über den Betrag von 13.689,99 EUR nicht entschieden. Wurde gegen die Nichterledigung eines Sachantrags ‑ wie hier ‑ weder durch Ergänzungsantrag nach § 423 ZPO noch durch Berufung Abhilfe gesucht, scheidet dieser Anspruch aus dem Verfahren aus (RIS‑Justiz RS0041490, vgl auch RS0041486). Die Revision ist daher in diesen Punkten unzulässig.

Zu Punkt 2. des Spruchs:

Zu den Lebensversicherungsprämien:

Grundsätzlich wird unter Einkommen die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen verstanden (RIS‑Justiz RS0003799). Zum als Unterhaltsbemessungsgrundlage dienenden Einkommen zählen alle tatsächlich erzielten Einnahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann. Ausgenommen sind nur solche Einnahmen, die zur Abgeltung von effektiven Auslagen dienen (RIS‑Justiz RS0107262).

Der Unterhaltspflichtige ist nicht berechtigt, die dem Unterhaltsberechtigten für die Deckung seiner unmittelbaren Lebensbedürfnisse zu leistenden Zahlungen mit der Begründung zu vermindern, er erbringe dafür eine andere Leistung, die vielleicht einmal dem Unterhaltsberechtigten zugute kommen könnte. Der Abschluss einer Lebensversicherung zugunsten des Unterhaltsberechtigten kann als Unterhaltsleistung nur dann angesehen werden, wenn es sich hiebei um eine Lebensversicherung handelt, die unter den gegebenen Umständen für die Aufrechterhaltung der entsprechenden Lebensumstände notwendig und in diesem Ausmaß auch üblich ist (RIS‑Justiz RS0009619). Zahlungen zu Zwecken der Vermögensbildung schmälern die Bemessungsgrundlage im Allgemeinen nicht. Dies gilt etwa für Zahlungen auf Bausparverträge oder Lebensversicherungen (RIS‑Justiz RS0107278; Gitschthaler, Unterhaltsrecht², Rz 214a). Eine Abzugspost bilden im Allgemeinen nur solche tatsächlichen Aufwendungen, die der Sicherung des Einkommens und der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Unterhaltspflichtigen dienen (Gitschthaler aaO Rz 197). In diesem Sinn sind verpflichtende Beiträge zur gesetzlichen Kranken‑, Unfall‑ und Pensionsversicherung aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheiden, Beiträge für private Unfall‑, Kranken‑ oder Lebensversicherungen sind hingegen im Allgemeinen nicht abzugsfähig (8 Ob 75/10b mwN). Ebenso bilden Leistungen für eine private Pensionsvorsorge grundsätzlich keine Abzugspost (3 Ob 38/01m, 8 Ob 75/10b; siehe dazu auch: Neuhauser in Schwimann³ § 140 ABGB Rz 63; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4 31; Gitschthaler aaO Rz 214a; Deixler‑Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft 145).

Wegen der propagierten privaten Pensionsvorsorge wird die Frage diskutiert, ob von dieser Rechtsprechung abzugehen sei:

Schwimann/Kolmasch aaO vertreten die Ansicht, dass angesichts der Unsicherheit über die Zukunft der staatlichen Pensionssysteme eine private Altersvorsorge allgemein nicht nur als sinnvoll, sondern als notwendig angesehen werde, um drückende Einbußen des Lebensstandards im Pensionsalter zu vermeiden. Es erscheine daher angebracht, einen großzügigen Maßstab anzulegen und solche Vorsorgeaufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen, solange sie in einem angemessenen Verhältnis zum Einkommen stünden und der Abzug die Unterhaltsberechtigten nicht unangemessen beeinträchtige. Als abziehbar kämen prinzipiell alle Anlagen in Betracht, mit denen der Schuldner nachweisbar Altersvorsorge betreiben wolle und die dafür - anders als beispielsweise rein spekulative Anlagen - auch geeignet seien.

Neuhauser aaO meint, dass auch einem unterhaltspflichtigen Menschen zuzugestehen sei, in jenem Ausmaß für seine Altersvorsorge Beträge zu investieren, in dem der Staat die derzeitig gewährten Leistungen zur Pension zurückfahre. Andernfalls gerate die derzeit arbeitende Bevölkerung in eine Doppelmühle, indem sie einerseits die Pensionen für die derzeitigen Pensionisten zu finanzieren habe, andererseits aber die ohnehin höheren eigenen zusätzlichen Leistungen zur Erreichung von ähnlichen Pensionseinkommen nicht einmal die Unterhaltsbemessungsbasis schmälern würden. Würden die Pensionsbeiträge in der staatlichen Sozialversicherung vom Gesetzgeber angehoben, um die Pensionen auf derzeitigem Niveau zu sichern, käme niemand auf die Idee, dass diese gesetzlichen Abzüge nicht von der Bemessungsgrundlage abzuziehen seien. Für die Anerkennung als Abzugspost sei zusätzlich zur Angemessenheit derartiger Vorsorgen auch noch zu fordern, dass die für die Altersvorsorge angesparten Beträge nicht vorzeitig für andere Zwecke verwendet werden könnten.

In der Entscheidung 8 Ob 75/10b = RIS‑Justiz RS0126234 (zustimmend Ondreasova in EvBl 2010/16, 124) wurde zu diesen Lehrmeinungen im Zusammenhang mit einem Kindesunterhalt Stellung genommen und ein Abzug von der Bemessungsgrundlage verneint. Es wurde zwar eingeräumt, dass die private Pensionsvorsorge zur Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards im Alter immer wichtiger werde, doch seien bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich nur existenzsichernde Ausgaben abzugsfähig. Die staatliche Pensionsversicherung habe ihre Funktion der Existenzsicherung im Alter noch nicht aufgegeben und es bestehe insgesamt kein sachlich gerechtfertigter Anlass, von den bisher in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abzugehen. Beiträge zur privaten Pensionsvorsorge seien daher von der Unterhaltsbemessungsgrundlage im Allgemeinen weiterhin nicht abzugsfähig.

In seiner Glosse dazu in EF‑Z 2010/161, 238 und in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR, § 94 ABGB Rz 168, verweist Gitschthaler zum Ehegattenunterhalt darauf, dass nichts gegen eine Berücksichtigung der Zahlungen zur Altersvorsorge dann spreche, wenn eine nacheheliche Unterhaltspflicht bereits absehbar sei und der Unterhaltsberechtigte davon in der Zukunft voraussichtlich profitieren werde.

Entgegen den dargelegten Meinungen besteht zur Zeit kein sachlich gerechtfertigter Grund, von der bisherigen Judikatur abzugehen, hat doch ‑ wie bereits in der Entscheidung 8 Ob 75/10b dargelegt wurde ‑ die staatliche Pensionsversicherung ihre Funktion der Existenzsicherung im Alter noch nicht verloren. Dies gilt auch für den Ehegattenunterhalt. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen ein „Profitieren“ an der Lebensversicherungsleistung durch den Unterhaltsberechtigten nicht gesichert ist, weil dies vom Lebensverlauf der Beteiligten abhängt. Stirbt der Unterhaltsberechtigte vor der Fälligkeit der Leistung oder erlischt der Unterhaltsanspruch aus sonstigen Gründen (etwa durch Heirat), kann er nicht am durch die Lebensversicherung erzielten Einkommen teilnehmen, stirbt der Unterhaltspflichtige und ist der Unterhaltsberechtigte, was zweifellos die Regel sein wird, nicht Begünstigter, so ebenfalls nicht. Darum ist die Prämienzahlung nur in besonderen Ausnahmefällen, wie insbesondere zur Existenzsicherung, als Abzug zu berücksichtigen, weil es dann auch im Interesse des Unterhaltsberechtigten liegt, für die Zukunft vorzusorgen. Im Übrigen hat der Beklagte (geboren 1957) im vorliegenden Fall nur vorgebracht, dass die Lebensversicherung „von seinem Dienstgeber zur Pensionsvorsorge“ abgeschlossen worden sei. Er hat sich nicht einmal darauf berufen, dass die gesetzliche Pensionsversicherungsleistung nicht angemessen für seine Altersvorsorge ausreichen werde oder dass sichergestellt sei, dass die Versicherungsleistung nicht vorzeitig für andere Zwecke ausbezahlt werde. Es liegen keine Umstände vor, die im besonderen Einzelfall ein Abgehen von den dargelegten Grundsätzen erfordern würden.

Der Beklagte meint, dass man die Prämienzahlung nicht bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage berücksichtigen dürfe, weil sonst eine Doppelbegünstigung der unterhaltsberechtigten Klägerin eintritt, wenn sie auch an der Versicherungsleistung in der Zukunft teilhaben wird. Der Einwand ist nicht berechtigt.

Ein von einem Unterhaltsberechtigten aus seinen Einkünften erzieltes Sparguthaben ist bei der Unterhaltsbemessung nicht (doppelt) als Einkommen zu berücksichtigen; wohl aber nach ständiger Rechtsprechung ein Ertrag aus Vermögen (RIS‑Justiz RS0113786). So muss ein im Rahmen der Erlebensversicherung angespartes Kapital bei der Unterhaltsausmessung als (neuerliches) „Einkommen“ unberücksichtigt bleiben. Es gelten aber die in den Renten enthaltenen Zins- und Gewinnanteile als Einkommen (7 Ob 180/07g = RIS‑Justiz RS0108139 [T4]; abl Gitschthaler EF-Z 2008, 61, wobei zur „Doppelbegünstigung“ nicht Stellung genommen wurde). In 4 Ob 218/08z und 10 Ob 93/07k war die Frage der Doppelbegünstigung nicht Gegenstand der Entscheidungen.

Der Beklagte hat offen gelassen, welche Art von Lebensversicherungsvertrag er abgeschlossen hat. Bei Fälligkeit des Auszahlungsbetrags gehört dann zwar der „Ertrag“, nicht jedoch das bereits in den Vorjahren bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigte (eingesetzte) Kapital zur Bemessungsgrundlage.

Der Einwand des Beklagten, er könne über das für die Prämien aufgewendete Geld nicht „frei verfügen“, ist nicht überzeugend, hat er doch den Versicherungsvertrag, bei dem er Versicherungsnehmer und Versicherter ist, selbst abgeschlossen. Es sind daher der Bemessungsgrundlage die vom Dienstgeber für den Lebensversicherungsvertrag des Beklagten bezahlten Prämien als Einkommen der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.

Zur Mahnung im Sinn von § 72 EheG:

Abgesehen davon, dass der in der Revisionsbeantwortung des Beklagten erhobene Einwand eine Neuerung ist, ist ihm kurz Folgendes zu erwidern:

Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist (§ 72 EheG). Der Verzug des Unterhaltspflichtigen ist Anspruchsvoraussetzung für den Unterhalt für die Vergangenheit. Während beim Kindesunterhalt und beim Ehegattenunterhalt bei aufrechter Ehe eine Mahnung (das In‑den‑Verzug‑Setzen) wegen der besonderen familienrechtlichen Nahebeziehung entbehrlich ist, trifft dies auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Wegfall der ehelichen Fürsorgepflicht nicht mehr zu (RIS‑Justiz RS0114142).

Die Ehe der Streitteile wurde erst am 15. 1. 2009 aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden. Die Unterhaltsklage brachte die Klägerin am 16. 12. 2008 ein. Der Unterhaltsrückstand vom Zeitraum 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2008 wurde also während aufrechter Ehe für einen Zeitraum während aufrechter Ehe geltend gemacht. § 72 EheG ist hier nicht anzuwenden. Hinsichtlich der Klagsausdehnung den Unterhalt ab 1. 1. 2009 betreffend ist darauf zu verweisen, dass bei einer am Sinn und Zweck der Regelung des § 72 EheG orientierten Auslegung der geschiedene Ehegatte den Unterhalt bereits ab dem Zeitpunkt fordern kann, in dem der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltspflichtigen berechtigterweise zur Auskunftserteilung zum Zweck der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert hat. Diese Aufforderung kommt in ihrer Wirkung dem durch die Mahnung eintretenden Verzug gleich. Der Unterhaltsschuldner muss von diesem Zeitpunkt an in gleicher Weise wie bei einer Mahnung damit rechnen, dass er auf Unterhalt in Anspruch genommen wird (RIS‑Justiz RS0122059). Der Beklagte war also bereits durch die Klagsführung und das Fordern der Klägerin nach Unterhalt auch für den Zeitraum bis zur Klagsausdehnung in Kenntnis der Unterhaltsforderungen der Klägerin, die sich an seinem tatsächlichen Einkommen orientieren. § 72 EheG steht daher den geltend gemachten Unterhaltsforderungen nicht entgegen.

Prämien:

Die Klägerin übergeht die vom Berufungsgericht nach Beweiswiederholung getroffenen Feststellungen. Ihre Ausführungen sind zum weit überwiegenden Teil eine unzulässige Beweisrüge. Der Oberste Gerichtshof ist aber nicht Tatsacheninstanz. Das Berufungsgericht führt aus, warum es die ergänzenden Feststellungen getroffen hat. Der Oberste Gerichtshof hat daher die Feststellungen seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Ausgehend davon kann es zu der von der Klägerin geforderten Anspannung des Unterhaltsschuldners nicht kommen.

Eine Anspannung darf nicht zu einer bloßen Fiktion führen, sondern muss immer auf der hypothetischen Feststellung beruhen, welches reale Einkommen der Unterhaltspflichtige in den Zeiträumen, für die die Unterhaltsbemessung erfolgt, unter Berücksichtigung seiner konkreten Fähigkeiten und Möglichkeiten bei der gegebenen Arbeitsmarktlage zu erzielen in der Lage wäre (RIS‑Justiz RS0047579).

Unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls (Position eines Geschäftsführers und überdurchschnittlich hohes Einkommen) ist es dem Beklagten nicht zuzumuten, auf der Bezahlung der Prämie nach der bisherigen Bemessungsmethode zu bestehen und eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu riskieren. Nach den Feststellungen ist die Kürzung der Prämie dem Beklagten nicht als Verschulden anzulasten. Die Klägerin muss dies als Beitrag zur Erhaltung des Arbeitsplatzes des Unterhaltspflichtigen hinnehmen. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht nur die gekürzte Prämie der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet.

Firmenfahrzeug:

Dass dieser Naturalbezug als Einkommensbestandteil in die Bemessungsgrundlage einzufließen hat (RIS‑Justiz RS0109238), ist unstrittig. Die hier relevante Frage ist, ob dies lediglich mit dem steuerlichen Höchstbetrag zu erfolgen hat oder ob die „tatsächliche Ersparnis“ des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen ist.

Bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage eines selbständig erwerbstätigen Unterhaltsschuldners ist bei der Bewertung der Verwendung eines Unternehmens‑Pkws auch für private Zwecke die allenfalls in Betracht kommende Luxustangente im Sinn des § 20 Abs 1 Z 2 lit b EStG bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage (im Sinn einer Privatentnahme) zu berücksichtigen (1 Ob 56/08d = RIS‑Justiz RS0124248). Zu - wie hier - unselbständig erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen wurde die Frage, ob ein höherer Betrag als der vom Dienstgeber nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten ausgewiesene zu veranschlagen ist, deshalb nicht beantwortet, weil in den zu Grunde liegenden Fällen nicht vorgebracht wurde, dass die Höhe des vom Dienstgeber ermittelten Sachbezugs nicht dem Marktwert entspreche (etwa 3 Ob 296/02d, 9 Ob 123/98y, 3 Ob 351/97g). Zur Bewertung des Sachbezugs wurde aber bereits grundsätzlich ausgesprochen, dass es (ohne besondere Hinweise) nicht angehe, in jedem einzelnen Fall weitwendige Ermittlungen anzustellen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der vom Dienstgeber bisher unbeanstandet verrechnete Wert des Sachbezugs den Gegebenheiten entspricht und einen reellen Einkommensbestandteil bildet (1 Ob 143/02i [auch zur privaten Nutzung eines PKW], 10 ObS 429/02i, 10 Ob 4/07x).

Auch im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine Tatsachen angeführt, aus dessen sich eine andere Nutzung des PKW durch den Beklagten (auf die Nutzung kommt es nach § 4 Sachbezugswerteverordnung, BGBl II 416/2001 zuletzt geändert durch BGBl II 467/2004, an) ergibt. Sie vertritt nur die (unrichtige) Rechtsansicht, dass wegen der grundsätzlich dem Beklagten zustehenden unbeschränkten Nutzungsberechtigung die steuerrechtliche Berechnung des Sachbezugs, ausgehend von einer Kilometerleistung von maximal 500 km pro Monat im Jahr, unrichtig sei. Sie hat damit keinen Hinweis darauf geliefert, dass die Tatsachen, die der steuerlichen Ermittlung des Sachwerts zu Grunde lagen, nicht der Wahrheit entsprechen.

Die „Feststellungen“ des Erstgerichts zu dem Beklagten „tatsächlich“ zugekommenen Sachwert sind einerseits überschießend und geben andererseits bloß die „rechtliche Beurteilung“ des Sachverständigen wieder (man müsse den Sachbezug nach anderen Kriterien als den steuerrechtlichen beurteilen). Auch der Sachverständige konnte keine anderen Tatsachen ermitteln als jene, die nach steuerrechtlichen Kriterien bereits Berücksichtigung gefunden haben. Der Sachbezug ist daher nur mit dem vom Berufungsgericht berücksichtigten Betrag anzusetzen.

Naturalleistungen (Zahlungen für Einrichtung, Urlaub, Restaurantbesuche):

Da die freiwillig erbrachten Naturalleistungen in der Regel nicht rückgängig gemacht werden können, sind grundsätzlich alle Geldleistungen und Naturalleistungen (mit Unterhaltscharakter) in Anschlag zu bringen. Davon ausgehend muss geprüft werden, ob der Unterhaltspflichtige diese Naturalleistungen auch dann erbracht hätte, wenn er bereits zur Zeit der Leistung von der ihn rückwirkend treffenden Unterhaltsverpflichtung Kenntnis gehabt hätte. Nur wenn er sie trotzdem erbracht hätte, kommt eine Anrechnung nicht in Betracht. Dies ist aber im Zweifel nicht zu vermuten (RIS‑Justiz RS0047328). Es sind lediglich die Aufwendungen, die der Unterhaltspflichtige deshalb erbringt, um die vom Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung im gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten, als Naturalunterhaltsleistungen anzusehen (RIS‑Justiz RS0105634).

Nach den Feststellungen (Außerstreitstellung) übernahm der Beklagte die Kosten für Terrassenmöbel, Türen und zur Hälfte für die Kinderzimmereinrichtung. Dass diese Zahlungen zur Aufrechterhaltung des gebrauchsfähigen Zustands der Wohnung gedient hätten, wurde vom beweispflichtigen Beklagten nicht behauptet und kam auch nicht hervor. Die Zahlungen sind daher ‑ entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts ‑ nicht vom Unterhaltsanspruch der Klägerin in Abzug zu bringen, sie sind im Rahmen eines allfälligen Aufteilungsverfahrens zu berücksichtigen.

Die Zahlungen, die der Beklagte für Urlaube und Restaurantbesuche aufbrachte, haben hingegen Unterhaltscharakter. Dass in dieser Hinsicht eine Überalimentation der Klägerin eingetreten wäre, wurde von ihr weder behauptet noch ergibt sich dies im Hinblick auf die besonderen Lebens‑ und Einkommensverhältnisse der Streitteile. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die darauf entfallenden Leistungen des Beklagten vom Unterhaltsanspruch der Klägerin in Abzug gebracht.

Zum Unterhalt ab 1. 1. 2009:

Wegen des Alimentationszwecks schließen nach ständiger Rechtsprechung alle gesetzlichen Unterhaltspflichten die Umstandsklausel ein. Der Unterhaltsanspruch ist daher bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse neu zu bestimmen (RIS‑Justiz RS0018984). Geänderten tatsächlichen Verhältnissen ist ein Sachverhalt gleichzuhalten, bei dem die wahren Einkommensverhältnisse anlässlich der Unterhaltsfestsetzung unbekannt waren und die den Vergleich abschließenden Parteien irrtümlich von falschen Bemessungsgrundlagen ausgingen. Bei unrichtigen Angaben des Unterhaltspflichtigen über sein Einkommen ist eine Unterhaltserhöhung trotz eines vorliegenden rechtskräftigen Unterhaltstitels unter Heranziehung der Umstandsklausel zulässig. Dazu bedarf es keiner Anfechtung des Unterhaltsvergleichs im streitigen Verfahren (RIS‑Justiz RS0107667). Dem Erhöhungsbegehren steht etwa nicht entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Geltendmachung seines Anspruchs im Vorverfahren den Antrag nicht als Teilantrag bezeichnete und sich eine Nachforderung nicht vorbehielt. In der Unterlassung der Geltendmachung eines höheren Unterhaltsanspruchs im Vorverfahren liegt kein (schlüssiger) Verzicht auf den Restanspruch. Lediglich wenn (zweifelsfrei) über den gesamten Unterhaltsanspruch entschieden wurde, läge das Prozesshindernis der entschiedenen Sache vor (6 Ob 46/03p mwN). Die materielle Rechtskraft einer Entscheidung setzt voraus, dass dem Gericht alle für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände bekannt sein müssen. Der Irrtum einer Partei und der darauf beruhende Willensmangel kann im Sinne der weiten Auslegung der Umstandsklausel gegen die materielle Rechtskraft ins Treffen geführt und zum Gegenstand eines Unterhaltserhöhungsantrags ‑ auch für die Vergangenheit ‑ geltend gemacht werden (7 Ob 293/06y mwN).

Im vorliegenden Fall legten die Parteien im Vergleich genau fest, welche Einkommensbestandteile mit welchen Beträgen Berücksichtigung gefunden haben. Daraus, dass der Vergleich bereits in der ersten Tagsatzung nach Klagseinbringung (verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) und noch vor Durchführung eines Beweisverfahrens geschlossen wurde, ergibt sich, dass die Parteien nicht mehr regeln wollten als die Festsetzung eines Unterhaltsbetrags ausgehend von den damals zur Verfügung stehenden Daten und Angaben des Beklagten. Dieser Vergleich hindert daher nicht ein ergänzendes Begehren der Klägerin, wenn ‑ wie hier zur „Lebensversicherungsprämie“ ‑ feststeht, dass die Parteien bestimmte Beträge irrtümlich nicht zur Bemessungsgrundlage hinzugezählt haben, weil das Einkommen des Beklagten im Verfahren bis dahin nicht vollständig bekannt war. Insoweit kann die Klägerin noch ein Unterhaltserhöhungsbegehren stellen.

Aus den fiktiven Prämien (nach bisheriger Berechnung) kann die Klägerin, wie dargelegt, keinen Anspruch ableiten.

Die im Vergleich vorgenommene Bewertung des Sachbezugs hinsichtlich des Dienstfahrzeugs (der darauf basierende Anspruch besteht wie dargelegt ohnehin nicht) orientierte sich nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten. Der Klägerin wurden nach dem Vergleich keine neuen Tatsachen bekannt. Die Streitfrage der Bewertung dieses Sachbezugs wurde für den Unterhalt ab 1. 1. 2009 durch den Vergleich abschließend geregelt.

Nach den Feststellungen bezog die Klägerin ab dem Jahr 2009 (wenn auch nicht aus einem Arbeitsverhältnis) monatlich 669 EUR. Davon ausgehend ist dieser Betrag als Eigeneinkommen der Klägerin zu berücksichtigen.

Zur Revision des Beklagten:

Wohnungskosten:

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der fiktive Mietwert einer dem Unterhaltsberechtigten überlassenen Wohnung wegen der damit verbundenen Verminderung des Unterhaltsbedarfs ganz oder teilweise als Naturalunterhalt anzurechnen. Dies wird in der Literatur begrüßt (vgl 4 Ob 42/10w mwN). Die in der Entscheidung 2 Ob 224/08t geäußerte Ansicht, dass dies nur dann gelte, wenn der Unterhaltspflichtige (noch) Kreditrückzahlungen für den Erwerb der strittigen Wohnung leiste, nicht jedoch, wenn er nur das Eigentum bereit stelle, stieß auf Kritik, weil es bei der Anrechnung einer vom Unterhaltspflichtigen gewährten Wohnmöglichkeit nicht auf dessen Aufwand, sondern auf die deutlich bewirkte Ersparnis des Unterhaltsberechtigten ankomme (Neumayr, iFamZ 2009, 345; Gitschthaler, EF‑Z 2009, 222; Kolmasch Zak 2009, 373). In seiner Entscheidung 2 Ob 246/09d hielt der 2. Senat im Sinn einer Vereinheitlichung der Unterhaltsbemessung die Kritik für berechtigt. Es ist daher der Judikatur, dass es regelmäßig nicht des gesamten grundsätzlich zustehenden Geldunterhalts bedarf, um den vollständigen Unterhalt des Unterhaltspflichtigen zu decken, wenn dieser nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen hat (RIS‑Justiz RS0047254), zu folgen. Der fiktive Mietwert ist unter den die Wohnung nutzenden Personen in der Regel nach Köpfen aufzuteilen (RIS‑Justiz RS0009509). Auch wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnbedarf in einer ihm selbst gehörenden Eigentumswohnung (Haus) deckt, so ist sein Wohnbedürfnis damit befriedigt. Er bedarf in diesem Fall nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, um sein vollständiges Unterhaltsbedürfnis zu decken (RIS‑Justiz RS0047254). Die Wohnkostenersparnis ist auch in diesem Fall zu berücksichtigen (2 Ob 230/00p mwN;. Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 94 ABGB Rz 256). Diese ist grundsätzlich nur im angemessenen Umfang anzurechnen; dem Unterhaltsberechtigten muss stets ein in Geld zu bemessender Unterhalt zukommen, weil er ja von der Wohnung allein nicht leben kann (4 Ob 42/10w; Gitschthaler, Unterhaltsrecht², Rz 5/82a). Wo die Angemessenheitsgrenze liegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl 4 Ob 42/10w).

Der für den rechtsvernichtenden Einwand behauptungs- und beweispflichtige Beklagte (Gitschthaler, EF-Z 2012/36, 65) hat nicht vorgebracht, mit welcher Höhe der fiktive Mietwert anzusetzen ist. Das insofern noch unschlüssige Vorbringen muss mit ihm erörtert werden (§ 182a ZPO). Danach wird der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und das entsprechende Beweisverfahren abzuführen sein.

Im Sinn der zitierten Rechtsprechung mindert sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin um den auf sie entfallenden Anteil am fiktiven Mietwert, wenn sie für die Wohnung keine Kosten aufwenden muss, wie dies bis Juni 2008 der Fall war. Die Leistungen des Beklagten „für die Wohnung“ sind dann aber nicht ein zweites Mal vom Unterhaltsanspruch der Klägerin unter dem Titel Naturalunterhalt in Abzug zu bringen.

Nicht fest steht weiters, ob die Eigentumswohnung der Klägerin ausbezahlt ist. Sollten Kreditraten für die Wohnung offen sein, wäre ab Juni 2008 (bis dahin bezahlte der Beklagte nach den Feststellungen die „Kosten für die Wohnung“) der fiktive Mietwert nicht mehr vom errechneten Unterhalt der Klägerin abzuziehen, weil sie ab diesem Zeitpunkt selbst die Kosten für die Wohnung getragen hätte. Sollte die Wohnung ausbezahlt sein, sind bei der Feststellung des fiktiven Mietwerts die von der Klägerin zu tragenden monatlichen Betriebskosten zu berücksichtigen. Weiters ist festzustellen, seit wann und warum der Beklagte den gemeinsamen Haushalt vor der Scheidung verlassen hat. Verlässt nämlich der unterhaltspflichtige Ehegatte bei aufrechter Ehe grundlos die Ehewohnung und bleibt der Unterhaltsberechtigte dort allein zurück, dann ist der Unterhaltspflichtige bei der Anrechnung von Naturalleistungen auf den Geldunterhaltsanspruch des anderen Ehegatten so zu behandeln, als wäre er in der Wohnung verblieben (RIS‑Justiz RS0114742). Die Tatsachengrundlage muss im aufgezeigten Sinn ergänzt werden.

Für den Unterhalt ab 1. 1. 2009 ist aber der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich zu berücksichtigen. Die Parteien haben den Abzug der fiktiven Mietkosten nicht vereinbart. Dem Beklagten ist der Einwand nun nach Vergleichsabschluss abgeschnitten; es hat sich insoweit die Tatsachengrundlage und die Kenntnis der Parteien von den für den Vergleich relevanten Umstände nicht geändert.

Verzicht/Unterhaltsvereinbarung:

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Beklagte für das Vorliegen der rechtsvernichtenden Tatsache, dass die Klägerin einen Unterhaltsverzicht geleistet oder eine für sie nachteilige Unterhaltsvereinbarung geschlossen habe, beweispflichtig ist, ist zutreffend. Unterhaltsvereinbarungen zwischen Ehegatten sind nicht formpflichtig. Die vertragliche Regelung kann ausdrücklich oder auch stillschweigend erfolgen (RIS‑Justiz RS0009485). Eine schlüssige Unterhaltsvereinbarung liegt nur dann vor, wenn das Verhalten der Parteien und die sonstigen Umstände so eindeutig sind, dass gemäß § 863 ABGB kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln, dass eine Unterhaltsvereinbarung geschlossen wurde. Eine lang andauernde unbeanstandete Unterhaltsübung genügt somit für sich allein noch nicht für die Annahme einer Unterhaltsvereinbarung. Es muss aus den Umständen zweifelsfrei hervorgehen, dass sich der Unterhaltsempfänger als voll befriedigt erachtet (4 Ob 31/09a mwN). Aus der Unterlassung der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs während längerer Zeit kann auch nicht auf einen Verzicht geschlossen werden (RIS‑Justiz RS0009502).

Es steht zwar fest, dass der Beklagte der Klägerin über die Jahre hinweg immer zu wenig Unterhalt geleistet hat. Nach dem Vorbringen der Klägerin hat sie den Beklagten aber immer wieder um Geld bitten müssen, weshalb es ständig zu Streitigkeiten kam. Der Beklagte hat hingegen keinen Umstand behauptet, geschweige denn bewiesen, aus dem sich ergeben könnte, die Klägerin sei mit den zu geringen Leistungen einverstanden gewesen und habe auf einen Teil ihres Unterhaltsanspruchs schlüssig verzichtet oder eine entsprechende Unterhaltsvereinbarung mit ihm schlüssig getroffen. Dazu konnten daher auch keine Feststellungen getroffen werden.

Da der vom Unterhaltsanspruch der Klägerin in Abzug zu bringende fiktive Mietwert unbekannt ist, kann erst nach Erörterung und Verbreiterung der Tatsachengrundlage unter Anwendung der oben dargelegten Grundsätze über den Unterhaltsanspruch der Klägerin abschließend entschieden werden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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