Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen über den Unterhaltsrückstand für den Zeitraum 1. 2. 2000 bis 31. 1. 2001 werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung über dieses Begehren nach Verfahrensergänzung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 19. 6. 2001 rechtskräftig geschieden. Der Ausspruch über das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe ist noch nicht rechtskräftig. Die Frau hatte während aufrechter Ehe zu 17 C 39/00h des Bezirksgerichtes Steyr eine auf die Bezahlung eines Unterhaltsrückstandes und des laufenden Unterhalts gerichtete Klage eingebracht. Mit dem rechtskräftigen Urteil vom 9. 7. 2001 wurde der Beklagte für schuldig erkannt, der Klägerin 1. einen Unterhaltsrückstand von 7.114,25 S für die Zeit vom 1. 7. 1997 bis 31. 12. 1999, 2. einen Unterhaltsrückstand von 62.676 S für die Zeit vom 1. 2. 2000 bis 31. 1. 2001 und 3. ab 1. 2. 2001 einen laufenden Unterhalt von 175,50 S monatlich über den laufend geleisteten Unterhalt von S 7.200 hinaus zu bezahlen. Für den unter P 2. genannten Unterhaltsrückstand war nach den getroffenen Feststellungen der Umstand wesentlich, dass der Beklagte im Jänner und Februar 2000 eine gesetzliche Abfertigung (374.378,46 S) und eine freiwillige Abfertigung (475.207,18 S) ausbezahlt erhalten hatte. Das Prozessgericht wies ferner in seinem Spruch der Unterhaltsentscheidung ein nicht näher bezeichnetes Unterhaltsmehrbegehren ab.
Mit der am 19. 6. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin für die Zeit vom 1. 2. 2000 bis 31. 1. 2001 zusätzlich die Bezahlung eines Unterhaltsrückstandes von 4.576,50 EUR (P 1. des Klagebegehrens), ferner einen Unterhaltsrückstand von 6.233,26 EUR für die Zeit vom 1. 8. 2001 bis 30. 6. 2001 (richtig: 2002) und einen laufenden monatlichen Unterhalt von 601 EUR ab 1. 8. 2002. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, dass im Vorprozess nur "ein Teil des Unterhaltsanspruchs klagsgegenständlich war". Unter Hinzurechnung des aliquoten Anteils der gesetzlichen Abfertigung (aufgeteilt auf 12 Monate) und der freiwilligen Abfertigung (aufgeteilt auf 146,66 Monate) habe das monatliche Einkommen des Beklagten in der Zeit von Februar 2000 bis Jänner 2001 53.548 S betragen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen das Prozesshindernis der entschiedenen Sache auf Grund der Entscheidung im Vorprozess ein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Zu dem im Revisionsverfahren allein streitgegenständlichen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1. 2. 2000 bis 31. 1. 2001 führte es aus, dass darüber im Vorprozess rechtskräftig entschieden worden sei. Die Klägerin habe es verabsäumt, die ihr bekannte "gesetzliche Abfertigung auf 12 Monate aufzuteilen" und eine Klageausdehnung vorzunehmen. Das Gericht habe gemäß § 405 ZPO keinen höheren Unterhaltsrückstand zusprechen können. Zu den weiteren Unterhaltsansprüchen (Unterhaltsrückstand und laufender Unterhalt) vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass wegen der in der Zwischenzeit erfolgten Scheidung ohne bislang rechtskräftigen Ausspruch über das Verschulden davon auszugehen sei, dass der Unterhaltstitel weggefallen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte über die Berufung der Klägerin mit Teilurteil die Abweisung des auf die Bezahlung eines Unterhaltsrückstands für die Zeit vom 1. 2. 2000 bis 31. 1. 2001 gerichteten Unterhaltsbegehrens und hob im Übrigen die Entscheidung des Erstgerichtes zur Verfahrensergänzung auf. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes über das Vorliegen des Prozesshindernisses der entschiedenen Sache. Über den Unterhaltsanspruch im Vorprozess sei zur Gänze und abschließend entschieden worden, was in der Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens zum Ausdruck komme. Im übrigen Umfang sei das erstinstanzliche Urteil aufzuheben, weil mittlerweile ein Ausspruch über das Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe vorliege und die Klägerin deshalb auch nach der Scheidung der Ehe einen Unterhaltsanspruch (§ 94 ABGB) habe.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei, änderte diesen Ausspruch auf Antrag der Klägerin aber ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.
Mit ihrer ordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, dass der begehrte Unterhaltsrückstand zugesprochen werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Unterhaltsentscheidungen, auch diejenigen, die im außerstreitigen Verfahren ergangen sind, erwachsen in materielle Rechtskraft (1 Ob 122/97s; RIS-Justiz RS0007171). Zur Frage nach dem Umfang der Rechtskraft und zum Problem der Teileinklagung kann daher die in streitigen und außerstreitigen Verfahren ergangene oberstgerichtliche Judikatur herangezogen werden.
Auch bei einer Unterhaltsentscheidung reicht die Rechtskraft nur bis zur Höhe des begehrten Teils des Anspruchs (SZ 22/190; SZ 49/114). Voraussetzung der materiellen Rechtskraftwirkung ist die Identität der Ansprüche. An dieser Identität mangelt es, wenn der Unterhaltsberechtigte für die Vergangenheit - Unterhalt kann seit der Entscheidung des verstärkten Senates SZ 61/143 auch für die Vergangenheit begehrt werden - mit der Behauptung einen höheren Unterhalt fordert, dass die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners höher sei als ursprünglich angenommen (RS0006259, zuletzt 9 Ob 40/02a). Einem Erhöhungsbegehren steht nicht entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Geltendmachung seines Anspruchs im Vorverfahren den Antrag nicht als Teilantrag bezeichnete und sich eine Nachforderung nicht vorbehielt (4 Ob 565/91; 4 Ob 507/92; 1 Ob 539/92; 4 Ob 598/95 uva). Mit dem neuen Antrag wird ein Anspruch geltend gemacht, der noch nicht Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens war (4 Ob 2393/96g). In der Unterlassung der Geltendmachung eines höheren Unterhaltsanspruchs im Vorverfahren liegt kein (schlüssiger) Verzicht auf den Restanspruch (RS0007146). Lediglich wenn (zweifelsfrei) über den gesamten Unterhaltsanspruch entschieden wurde, liegt das Prozesshindernis der entschiedenen Sache vor. Dies wird vor allem mit einer Teilabweisung zum Ausdruck gebracht (RS0007165).
Auch wenn die Klägerin im Vorprozess nicht zum Ausdruck gebracht hat, sie begehre nur einen Teil ihres Unterhaltsanspruchs, ging sie doch offenkundig von einer geringeren Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners aus, was ihr erst aus der Begründung des rechtskräftig gewordenen Urteils klar wurde. Dies schadet nach der oben angeführten Judikatur nicht (vgl zur unbewussten Teileinklagung: Wit, Probleme der Teileinklagung und Rechtskraft, JBl 1981, 406 [408]). Die Abweisung eines Unterhaltsmehrbegehrens im Vorprozess führt hier zu keinem anderen Ergebnis, weil dem vom Teilurteil erfassten Rückstandsbegehren zur Gänze stattgegeben wurde, hier also gerade nicht durch eine Teilabweisung zum Ausdruck gebracht wurde, dass über den gesamten Unterhaltsanspruch (Unterhaltsrückstand) entschieden wurde. Aus der Entscheidungsbegründung geht sogar expressis verbis das Gegenteil hervor, dass nämlich der Klägerin mehr als begehrt und zugesprochen zustehe.
Aus den dargelegten Gründen ist die Entscheidung über den Unterhaltsrückstand aufzuheben. Das Erstgericht wird im zweiten Rechtsgang unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund (richtig: Zurückweisungsgrund [Rechberger2 § 411 ZPO Rz 2]) auch über den Unterhaltsrückstand zu entscheiden haben. Dazu werden Feststellungen über die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsschuldners, der die Klagebehauptungen zumindest teilweise in Abrede stellt, zu treffen sein.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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