OGH 2Ob221/06y

OGH2Ob221/06y28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anita G*****, vertreten durch Dr. Anton Weber, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) Martin M*****, 2.) Alexandra K*****, und 3.) A*****-AG, *****, sämtliche vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler und Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen restlich EUR 14.726,43 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. Mai 2006, GZ 3 R 55/06x-80, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 2. März 2006, GZ 9 Cg 15/02v-75, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

1.) Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass diese als (weiteres) Teilurteil zu lauten haben:

„Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei weitere EUR 7.254,62 samt 4 % Zinsen seit 23. 9. 2003 binnen 14 Tagen zu bezahlen."

Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.

2.) Im Übrigen, nämlich im Umfang der Abweisung eines Teilbetrages von EUR 2.015,22 samt 4 % Zinsen seit 23. 9. 2003 und im Kostenpunkt, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die 1959 geborene Klägerin wurde am 11. 7. 1999 als Lenkerin eines in der Schweiz zugelassenen PKWs bei einem Verkehrsunfall in Mäder, den der Erstbeklagte mit einem von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW verschuldet hat, schwer verletzt. Auf Grund der erlittenen Verletzungen war sie bis zum 11. 7. 2001 in der Führung des Haushaltes und der Betreuung des Gartens eingeschränkt.

Mit der am 15. 1. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte sie zunächst die Zahlung von EUR 21.550,47 sA, darin EUR 10.000,-- als Abgeltung ihrer Einschränkung bei der Haushaltsführung und EUR 1.550,47 an Kosten für Hilfe bei der Gartenarbeit. Sie brachte dazu (ua) vor, die beklagten Parteien seien mit Schreiben vom 14. 2. 2000 und 21. 9. 2001 zur Zahlung aufgefordert worden und befänden sich seither im Verzug. Des weiteren stellte sie auch ein Feststellungsbegehren.

Nachdem die Klägerin das Leistungsbegehren (in Ansehung des davon umfassten Schmerzengeldes) zunächst auf EUR 19.550,41 sA eingeschränkt und sodann auf EUR 39.550,41 sA ausgedehnt hatte, dehnte sie es mittels eines am 8. 9. 2003 beim Erstgericht eingelangten und in der mündlichen Streitverhandlung vom 22. 9. 2003 vorgetragenen Schriftsatzes auf EUR 93.939,81 sA aus (ON 39). Das Leistungsbegehren enthielt nun - einschließlich der bereits in der Klage geltend gemachten Beträge - fiktive (EUR 53.979,09) und tatsächliche (EUR 3.573,96) Kosten einer Haushaltshilfe sowie für die Hilfe bei der Gartenarbeit (EUR 1.550,47). Der geltend gemachte Anspruch aus diesem Titel lautete somit insgesamt auf EUR 59.103,52 sA.

Die beklagten Parteien bestritten und brachten vor, mit der Zahlung der drittbeklagten Partei in Höhe von CHF 3.120,-- seien die Ansprüche der Klägerin für die Hilfe im Haushalt und bei der Gartenarbeit (in der Folge nur noch: Haushaltshilfe) bereits ausreichend abgegolten. Hinsichtlich der im Schriftsatz ON 39 erstmals geltend gemachten Ansprüche wandten sie überdies Verjährung ein.

Nach Fällung des Teilanerkenntnisurteiles vom 7. 6. 2004, mit dem ein Teil des Schmerzengeldanspruches erledigt wurde, gab das Erstgericht mit Endurteil vom 14. 3. 2005 dem verbliebenen Leistungsbegehren (EUR 74.939,81 sA) mit einem Teilbetrag von EUR 27.549,31 (darin EUR 25.512,50 für Haushaltshilfe) sA statt. Gleichzeitig wies es das auf EUR 47.390,50 sA lautende Leistungsmehrbegehren sowie das Feststellungsbegehren (von der Klägerin unbekämpft und daher rechtskräftig) ab.

Die beklagten Parteien ließen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung im Umfang von EUR 10.272,41 (darin EUR 10.000,-- für Haushaltshilfe) sA unbekämpft. Ihrer im Übrigen erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht am 20. 10. 2005 teilweise Folge. Es bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung in Ansehung eines Zuspruches von EUR 2.550,47 (darin EUR 1.550,47 aus dem Titel Haushaltshilfe) sA als Teilurteil, hob sie jedoch in Ansehung des Zuspruches von (richtig) weiteren EUR 14.726,43 (darin EUR 13.962,03 aus dem Titel Haushaltshilfe) sA zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Zur Begründung seines Aufhebungsbeschlusses vertrat es die Rechtsansicht, im Hinblick auf das Einlangen des Schriftsatzes ON 39 am 8. 9. 2003 seien die darin erstmals geltend gemachten Ansprüche der Klägerin verjährt, soweit diese vor dem 8. 9. 2000 entstanden seien. Nicht verjährt seien hingegen die schon vom ursprünglichen Klagebegehren umfassten sowie die weiteren, zwischen 8. 9. 2000 und 11. 7. 2001 (Ende der unfallsbedingten Beeinträchtigungen der Klägerin) entstandenen Ansprüche. Um eine Zuordnung der geltend gemachten Ansprüche zu den relevanten Zeiträumen zu ermöglichen, bedürfe es ergänzender Feststellungen durch das Erstgericht.

Im zweiten Rechtsgang brachte die Klägerin ergänzend vor, sie habe mit Schreiben vom 13. 9. 1999 an die drittbeklagte Partei ihre Schadenersatzansprüche bei den beklagten Parteien angemeldet, womit der Fortlauf der Verjährung gehemmt worden sei. Die drittbeklagte Partei habe mit Schreiben vom 17. 9. 1999 die Haftung dem Grunde nach anerkannt. Danach seien die weiteren Forderungsschreiben der Klägerin vom 15. 10. 1999, 14. 2. 2000, 28. 3. 2000 und 21. 9. 2001 gefolgt. Erst mit Schreiben vom 24. 10. 2001 habe die drittbeklagte Partei weitere Zahlungen und die Haftung für künftige Ansprüche abgelehnt. Die Ausdehnung des Klagebegehrens liege daher noch innerhalb der restlichen Verjährungsfrist.

Das Erstgericht gab dem verbliebenen Klagebegehren mit weiteren EUR 4.860,82 sA statt und wies das mit EUR 9.866,88 (richtig: EUR 9.865,61) sA bezifferte Mehrbegehren ab. Hiebei ging es von folgendem, für das Revisionsverfahren noch bedeutsamen Sachverhalt aus:

Die durch den Unfall ausgelösten Beschwerden der Klägerin sind allmählich abgeklungen und haben sich innerhalb eines Zeitraumes von maximal zwei Jahren ab dem Unfall vollständig zurückgebildet. Die Klägerin hat nach dem Unfall ihre Teilzeitbeschäftigung als Pflegedienstleiterin wieder aufgenommen. Zwei Monate nach dem Unfall begann sie ihre auf 30 % einer vollen Anstellung begrenzte Tätigkeit zur Hälfte wieder auszuüben, sohin bezogen auf eine Vollbeschäftigung zu 15 %. Ab Mai 2002 arbeitete sie wie vor dem Unfall im vollen Umfang ihrer Teilzeitanstellung von 30 %. Zur Zeit des Unfalles betreute die Klägerin neben ihrer Teilzeitbeschäftigung den Haushalt, in dem sie damals gemeinsam mit ihrem Gatten und dem 6 Jahre alten Sohn lebte. Die Familie wohnte in einem 185 m2 großen Einfamilienhaus mit 6 ½ Zimmern, das auf einem 500 m2 großen Gartengrundstück stand. Das Schwergewicht der Haushaltsführung lag bei der Klägerin (92 %), während die Arbeit im Garten geteilt wurde. Der Ehemann der Klägerin übernahm das Mähen des Rasens, die Klägerin besorgte die sonstige Gartenarbeit und die Pflege des Grundstückes. Der Sohn wurde größtenteils von der Klägerin betreut; teilweise wurde auch die Hilfe einer Tagesmutter und der Großeltern in Anspruch genommen. Nach dem Unfall konnte die Klägerin während der ersten zwei Monate keine Haushalts- und Gartenarbeiten verrichten. In der Zeit danach bis rund zwei Jahre nach dem Unfall war die Klägerin bei diesen Arbeiten noch teilweise eingeschränkt. Ein Jahr nach dem Unfall betrug die Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit ca 30 %. Sie betraf vor allem Tätigkeiten, die mit Kraftaufwand und Zwangshaltungen verbunden waren, wie etwa Bügeln, Staubsaugen oder das Tragen von mehr als 5 kg schweren Lasten. Nach Ablauf eines Jahres konnte die Klägerin die meisten Haushaltstätigkeiten wieder verrichten. Ausgenommen waren noch schwere Arbeiten, wie Fenster putzen, Aufhängen von Wäsche, Frühjahrsputz uä.

Der gesamte Zeitaufwand für den Haushalt betrug unter Berücksichtigung der familiären Arbeitsteilung (92 %) täglich rund 7,7 h. Am Wohnort der Klägerin in der Schweiz wird für eine Haushaltshilfe ein üblicher Stundensatz von CHF 25,--, das sind ca EUR 16,25, bezahlt.

Die der Klägerin als Folge des Unfalles entgangene Arbeitsleistung in Haus und Garten kann in Arbeitsstunden näherungsweise wie folgt dargestellt werden:

a) Während der ersten zwei Monate nach dem Unfall:

60 Tage á 7,7 h 462 h

b) Während der restlichen 10 Monate des ersten Jahres (Reduktion der

Leistungsfähigkeit um 30 %):

300 Tage á 2,31 h 693 h

c) Während des zweiten Jahres nach dem Unfall (Reduktion der

Leistungsfähigkeit um 30 % bis 0 %):

360 Tage á 2,31 h : 2 415 h

1.570 h.

Die Klägerin hat zum Teil tatsächlich Haushaltshilfen beschäftigt und für diese einen Stundenlohn von CHF 25,-- (EUR 16,25) bezahlt. Außerdem nahm die Klägerin im Zeitraum Juli bis November 1999 für Gartenarbeiten Hilfsdienste in Anspruch, wofür sie CHF 2.294,70 (EUR 1.490,66) bezahlte. Der Aufwand für Hilfe bei der Haushalts- und Gartenarbeit ist folgenden Zeiträumen zuzuordnen:

Zeitraum vom 11. 7. 1999 bis 7. 9. 2000:

a) Während der ersten zwei Monate

nach dem Unfall 462 h

b) Während der restlichen 10 Monate

des ersten Jahres 693 h

c) Während der ersten zwei Monate

des zweiten Jahres (Reduktion der Leistungs-

fähigkeit um 30 % bis 25 %, im Schnitt also

27,5 %):

60 Tage á 2,12 h 127 h

1.282 h

Bei einem angemessenen Stundensatz von EUR 16,25 ergibt dies einen

Aufwand von EUR 20.832,50.

Zeitraum vom 8. 9. 2000 bis 11. 7. 2001:

Reduktion der Leistungsfähigkeit um 25 % bis 0 %, im Schnitt also

12,5 %:

300 Tage á 0,96 h 288,75 h.

Bei einem angemessenen Stundensatz von EUR 16,25 ergibt dies einen Aufwand von EUR 4.692,19.

Mit Schreiben vom 13. 9. 1999 hatte der Klagevertreter der drittbeklagten Partei seine Bevollmächtigung durch die Klägerin angezeigt und mitgeteilt, dass deren Schadenersatzansprüche, insbesondere die Schmerzengeldansprüche noch nicht abgeschätzt werden könnten. Er ersuchte um Regelung des Fahrzeugschadens mit einem Betrag von CHF 7.000,--. Die drittbeklagte Partei antwortete mit Schreiben vom 17. 9. 1999, sie gehe vom Alleinverschulden der bei ihr versicherten Partei aus. Der Entschädigungsbetrag von CHF 7.000,-- sei bereits an den Ehemann der Klägerin zur Anweisung gebracht worden.

Mit Schreiben vom 15. 10. 1999 machte der Klagevertreter bei der drittbeklagten Partei weitere Sachschäden geltend. Mit Schreiben vom 14. 2. 2000 begehrte er Schadenersatz im Umfang beigefügter Rechnungen für Gartenarbeit in Höhe von CHF 2.294,70 und für Haushaltshilfe im Zeitraum Juli bis Dezember in Höhe von CHF 3.120,--. Mit Schreiben vom 28. 3. 2000 stellte der Klagevertreter einen Additionsfehler in seinem vorangegangenen Forderungsschreiben richtig.

Mit Schreiben vom 21. 9. 2001 forderte der Klagevertreter neuerlich den noch offenen Schadenersatzbetrag für Gartenarbeit von CHF 2.294,70 ein und machte gleichzeitig ein Schmerzengeld von zumindest S 150.000,-- geltend. Im selben Schreiben nahm er Bezug auf das von klägerischer Seite privat eingeholte Gutachten der Schweizer Fachstelle für monetäre Haushaltsbewertung vom 13. 12. 2000 und beanspruchte für die Einschränkung der Klägerin bei der Haushaltsführung bis zum 30. 9. 2001, sohin für 26,5 Monate CHF 82.468,--, das sind umgerechnet S 771.595,-- bzw EUR 56.074,--. Er ersuchte ferner um ein Anerkenntnis der Haftung für alle zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall und erklärte, davon auszugehen, dass eine Erledigung bis zum 28. 9. 2001 möglich sei.

Mit Schreiben vom 24. 10. 2001 antwortete die drittbeklagte Partei, das vorgelegte Gutachten nicht akzeptieren zu können. Eine gerichtliche Auseinandersetzung werde sich vermutlich nicht vermeiden lassen. Unpräjudiziell werde jedoch der Vergleichsvorschlag unterbreitet, dass die Position Schmerzengeld mit einem Betrag von S 100.000,-- abgedeckt werde. Mit Bezahlung eines Betrages von CHF 3.120,-- für Haushaltshilfe seien diesbezüglich mögliche Kosten hinreichend gewürdigt. Eine Haftung für künftige Schäden werde abgelehnt.

Daraufhin brachte die Klägerin die gegenständliche Klage ein. In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass der Klägerin unabhängig davon, ob sie tatsächlich entgeltliche Hilfe in Anspruch genommen habe, für den zeitweisen Entgang ihrer Arbeitsfähigkeit in Haushalt und Garten eine Entschädigung gebühre. Diese bemesse sich nach dem für eine Haushaltshilfe am Wohnort der Klägerin zu zahlenden Stundensatz, dies seien CHF 25,-- bzw EUR 16,25. In der Verjährungsfrage sei das Erstgericht an die im Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes vom 20. 10. 2005 vertretene Rechtsansicht gebunden. Danach sei von der Verjährung der vor dem 8. 9. 2000 entstandenen Ansprüche der Klägerin auszugehen. Es sei dem Erstgericht daher verwehrt, auf das im fortgesetzten Verfahren erstattete Vorbringen der Klägerin zur Hemmung der Verjährungsfrist nach § 27 Abs 2 KHVG einzugehen. Neben dem Betrag von EUR 168,63 (Fahrtkosten) könnten demnach nur noch die im Zeitraum zwischen 8. 9. 2000 und 11. 7. 2001 in Höhe von EUR 4.692,19 entstandenen Haushaltshilfekosten zugesprochen werden. Das von der Klägerin in Ansehung des die restlichen Haushaltshilfekosten von EUR 9.269,84 sA abweisenden Teiles dieser Entscheidung angerufene Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Nach ständiger Rechtsprechung könnten im Falle einer auf § 496 Abs 1 Z 2 oder 3 ZPO gestützten Aufhebung eines Urteiles im fortgesetzten Verfahren bereits erledigte Streitpunkte nicht wieder aufgerollt werden. Die Klägerin habe dem Verjährungseinwand der beklagten Parteien im ersten Rechtsgang weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren die Fortlaufhemmung nach § 27 Abs 2 KHVG entgegengehalten. Das Berufungsgericht sei daher in seinem Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss zu dem Ergebnis gelangt, dass der auf den Zeitraum bis 8. 9. 2000 entfallende Mehraufwand bei der Haushaltsführung und Gartenarbeit als verjährt zu beurteilen sei, sofern die Klägerin nicht bereits in der Klage dessen Ersatz begehrt habe. Damit sei der von den beklagten Parteien erhobene Verjährungseinwand abschließend erledigt worden, sodass es der Klägerin gemäß § 496 Abs 2 ZPO verwehrt gewesen sei, im fortgesetzten Verfahren auf den Verjährungseinwand mit der Behauptung einer Fortlaufhemmung nach § 27 Abs 2 KHVG zu replizieren. Das Erstgericht habe diese Replik daher im nunmehr angefochtenen Endurteil zu Recht als unerheblich behandelt und den restlich strittig gebliebenen Schadenersatzanspruch in Befolgung der ihm überbundenen Rechtsansicht wegen Verjährung abgewiesen.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil es im Zusammenhang mit § 27 Abs 2 KHVG an einer gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Behauptungslast des geschädigten Dritten nach einer Verjährungseinrede des in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherers fehle.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagsstattgebenden Sinne abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagten Parteien beantragen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Behauptungslast des geschädigten Dritten von - gesicherter - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.

Die Klägerin macht geltend, die beklagten Parteien hätten den Verjährungseinwand nur unsubstantiiert und daher nicht wirksam erhoben, sodass sich im ersten Rechtsgang eine Replik erübrigt habe. Im Übrigen müsse die Hemmung der Verjährung nicht ausdrücklich behauptet werden, es genüge das Vorbringen der betreffenden Tatsachen. Solche habe die Klägerin aber schon mit dem Vorbringen zur Fälligstellung ihrer Forderung dargelegt.

Hiezu wurde erwogen:

Im Hinblick auf die Unfallsbeteiligung eines in der Schweiz zugelassenen Kraftfahrzeuges ist vorauszuschicken, dass die Vorinstanzen den Schadenersatzanspruch der Klägerin ebenso wie die Verjährungsfrage zutreffend nach dem gemäß Art 3 des Haager Straßenverkehrsabkommens maßgeblichen Recht des Unfallortes, somit nach österreichischem Recht, beurteilt haben (vgl Art 8 des Abkommens). Von dessen Anwendung sind auch die Parteien ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wird im Falle der Verletzung einer haushaltsführenden Ehefrau dieser ein Ersatzanspruch für die Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit zuerkannt (SZ 55/167; ZVR 1984/322; ZVR 1987/56; 2 Ob 2123/96m = ZVR 1999/1; 2 Ob 325/97a uva; Reischauer in Rummel, ABGB3 II/2b § 1325 Rz 39). Dabei handelt es sich um eine Entschädigung für konkreten Verdienstentgang

(zur „reinen Arbeitsleistung" als Verdienst vgl 2 Ob 56/95 = ZVR

1999/33; ferner 2 Ob 2123/96m; 2 Ob 325/97a; 2 Ob 26/02s = ZVR

2003/45; 6 Ob 109/06g; RIS-Justiz RS0030606; Reischauer aaO Rz 39), die unabhängig von der Einstellung einer Ersatzkraft gebührt (2 Ob 26/02s; 6 Ob 109/06g; RIS-Justiz RS0030606 [T1], RS0030922 [T2]; Reischauer aaO Rz 24 und 39; Danzl in KBB § 1325 Rz 24; Harrer in Schwimann, ABGB3 VI § 1325 Rz 45; Apathy, EKHG § 13 Rz 13). Soweit die Haushaltstätigkeit der Befriedigung eigener Bedürfnisse der Verletzten dient, steht ihr die Entschädigung aus dem Titel der vermehrten Bedürfnisse zu (2 Ob 86/95; 2 Ob 150/04d mwN; RIS-Justiz RS0087380, RS0087381; Reischauer aaO Rz 39 aE; vgl Harrer aaO Rz 46 [FN 196]).

Da der Schaden bereits durch den Verlust bzw die Beeinträchtigung der Arbeitskraft entsteht (2 Ob 56/95) und für die Begründung des Ersatzanspruches auch nicht darauf abzustellen ist, ob sich die Verletzte in stationärer Behandlung oder in häuslicher Pflege befindet (ZVR 1973/68; ZVR 1984/322), steht der Klägerin die Entschädigung ab dem Unfallstag (11. 7. 1999) zu.

Die Ansprüche der Klägerin unterliegen, wie der Oberste Gerichtshof zu Verdienstentgangsansprüchen schon mehrfach ausgesprochen hat (2 Ob 15/96 = ZVR 1999/21; 2 Ob 362/97t = ZVR 2000/49; 8 Ob 152/02i = ecolex 2003/106 [Wilhelm]; RIS-Justiz RS0109830; vgl Mader/Janisch in Schwimann, ABGB3 VI § 1489 Rz 10), der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. Der Klägerin war schon mit dem Schadenseintritt ihre künftige (zumindest vorübergehende) Behinderung bei der Haushaltsführung vorhersehbar. Der Lauf der Verjährungsfrist setzte daher auch für die damit verbundenen Folgeschäden mit dem Eintritt des Primärschadens (der unfallbedingten Verletzung), somit am Unfallstag ein (stRsp; vgl dazu etwa die unter RIS-Justiz RS0083144 T8, 9, 15 und 18 angeführten Entscheidungen), ohne dass - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - vom Primärschaden jeweils unabhängige Verjährungsfristen zu laufen begannen (2 Ob 15/96). Bei Einbringung der Klage am 15. 1. 2002 waren die Beschwerden der Klägerin bereits vollständig abgeklungen (seit 11. 7. 2001), sodass ihr bereits zu diesem Zeitpunkt die Verfolgung ihrer Ansprüche aus dem Titel der Haushaltshilfe mit Leistungsklage uneingeschränkt möglich gewesen wäre. Aus diesem Grund wurde auch das Feststellungsbegehren abgewiesen. Ohne Hemmung der Verjährungsfrist wären daher sämtliche nicht schon vom Leistungsbegehren der Klage erfassten Ansprüche ab dem 11. 7. 2002 verjährt gewesen. Wäre von der - aus den nachstehenden Erwägungen jedoch nicht zu billigenden - Rechtsansicht des Berufungsgerichtes (keine Fortlaufhemmung) auszugehen, hätten daher die erstmals mit dem am 8. 9. 2003 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz geltend gemachten Ansprüche der Klägerin nicht nur, soweit sie vor dem 8. 9. 2000 entstanden sind, sondern zur Gänze als verjährt beurteilt werden müssen. Der Verjährungseinwand der beklagten Parteien war schlüssig und ausreichend substantiiert. Entscheidende Bedeutung kommt somit der Frage einer allfälligen Hemmung der Verjährungsfrist zu. Gemäß § 27 Abs 2 KHVG 1994 ist die Verjährung des Schadenersatzanspruches des geschädigten Dritten, wenn der Anspruch dem Versicherer gemeldet wurde, bis zur Zustellung einer schriftlichen Erklärung des Versicherers, dass er den Schadenersatzanspruch ablehnt, gehemmt. Bei dieser Bestimmung, die der Hemmungsbestimmung des § 12 Abs 2 VersVG nachgebildet ist, handelt es sich um die Regelung einer Fortlaufhemmung in der Weise, dass nach dem Fortfall des Hemmungsgrundes die bei dessen Eintritt (durch die Anspruchsanmeldung) noch nicht abgelaufenen Teile der Verjährungszeit abzulaufen haben, um die Verjährung herbeizuführen (2 Ob 32/95 = ZVR 1997/98; 2 Ob 247/04v; 2 Ob 105/05p; RIS-Justiz RS0065855).

Der erkennende Senat hat erstmals in der Entscheidung 2 Ob 223/04i =

JBl 2005, 463 = EvBl 2005/107 = ZVR 2005/99 = SZ 2004/183 in

ausdrücklicher Abkehr von der früheren Rechtsprechung (zuletzt 2 Ob 271/00t und 2 Ob 259/01d; RIS-Justiz RS0065899) ausgesprochen, dass - wie es auch der ständigen Rechtsprechung zu § 12 Abs 2 VersVG entspricht (RIS-Justiz RS0080149) - eine Bezifferung des Anspruches in der Schadensmeldung des geschädigten Dritten nicht mehr als Voraussetzung einer Verjährungshemmung gemäß § 27 Abs 2 KHVG anzusehen ist. An dieser Rechtsprechung wurde in der Folge festgehalten (RIS-Justiz RS0119627). Mehrfach wurde auch schon ausgesprochen, dass die Hemmung der Verjährung nach § 27 Abs 2 KHVG nicht ausdrücklich geltend gemacht werden muss; es genügt, wenn die sie begründenden Tatsachen im Prozess vorgetragen werden (2 Ob 259/01d; 2 Ob 306/02t; 2 Ob 246/04x; 2 Ob 46/05m).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der Klage vorgebracht, sie habe ihre Schadenersatzansprüche gegenüber der drittbeklagten Partei schriftlich geltend gemacht. Die in diesem Vorbringen enthaltene Behauptung einer Schadensmeldung im Sinne des § 27 Abs 2 KHVG bot ausreichendes Tatsachensubstrat, um nach Erhebung des Verjährungseinwandes durch die beklagten Parteien bereits im ersten Rechtsgang die Verpflichtung der Vorinstanzen zur Schaffung einer entsprechenden Tatsachengrundlage auszulösen. Die im ersten Rechtsgang im Umfang des hier noch strittigen Betrages in erster Instanz obsiegende Klägerin war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch nicht dazu gehalten, das Fehlen von Feststellungen zu diesem Thema im damaligen Berufungsverfahren mit Rechtsrüge zu relevieren (vgl 1 Ob 124/01v; 2 Ob 286/05f; RIS-Justiz RS0115460).

In einem Aufhebungsbeschluss des Gerichtes zweiter Instanz kann eine

Frage grundsätzlich nur für dieses Gericht abschließend erledigt

werden, weil die dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende

Rechtsansicht auch noch im zweiten Rechtsgang bekämpft werden kann (7

Ob 300/98p; 1 Ob 238/05i; RIS-Justiz RS0042031 [T2]). Es ist daher

wahrzunehmen, dass die vom Berufungsgericht in dessen

Aufhebungsbeschluss als erledigt erachteten Aspekte des

Verjährungseinwandes in Ermangelung jeglicher Feststellungen zur

Frage der Verjährungshemmung im ersten Rechtsgang noch keineswegs

abschließend beurteilt werden konnten. Die Klägerin war im zweiten

Rechtsgang daher auch zur Erstattung ergänzenden Vorbringens zur

Verjährungshemmung befugt (vgl RIS-Justiz RS0042014).

Nach den nunmehr vorliegenden Feststellungen des Erstgerichtes hat

der Klagevertreter erstmals mit Schreiben vom 13. 9. 1999 gegenüber

der drittbeklagten Partei das Bestehen von - wenngleich mit einer

Ausnahme noch nicht bezifferten - Schadenersatzansprüchen der

Klägerin angezeigt. Nach weiteren Anspruchsschreiben unterbreitete

die drittbeklagte Partei der Klägerin mit Schreiben vom 24. 10. 2001

hinsichtlich des Schmerzengeldes noch ein Vergleichsangebot und

lehnte jede darüber hinausreichende Zahlung sowie die Haftung für

künftige Schäden ab. Danach ist die Fortlaufhemmung mit dem Zugang

des Schreibens vom 13. 9. 1999 an die drittbeklagte Partei

eingetreten und mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens vom 24. 10.

2001 beendet worden. Im Zeitpunkt des Einlangens des die

Klagsausdehnung enthaltenden Schriftsatzes der Klägerin am 8. 9. 2003

beim Erstgericht, war infolge der Hemmung der Verjährungsfrist der

noch streitverfangene Anspruch der Klägerin somit nicht verjährt.

Ausschlaggebend für die Bemessung des Ersatzanspruches einer

haushaltsführenden Ehefrau sind nach der Rechtsprechung des Obersten

Gerichtshofes vor allem die Art und das Ausmaß der von ihr im

Haushalt erbrachten Leistungen und die Kosten einer hiefür

erlangbaren Ersatzkraft, wobei es - wie schon erwähnt - nicht darauf

ankommt, ob die Verletzte tatsächlich Kosten für die Haushaltshilfe

aufgewendet hat (ZVR 1984/322; ZVR 1989/16; 2 Ob 2123/96m; 2 Ob

325/97a; Reischauer aaO Rz 39). Das Erstgericht ist bei der

Berechnung des Schadens diesen Grundsätzen gefolgt und dabei zu einem zutreffenden Ergebnis gelangt, zumal es die tatsächlich aufgewendeten Kosten (entsprechend dem Begehren der Klägerin) nicht zusätzlich zum fiktiven Aufwand berücksichtigt hat. Danach steht der Klägerin für den relevanten Zeitraum (11. 7. 1999 bis 8. 9. 2000) ein Ersatzanspruch in Höhe von insgesamt EUR 20.832,50 zu. Davon wurden die mit der Klage geltend gemachten Beträge (EUR 10.000,-- plus EUR 1.550,47 = EUR 11.550,47) bereits rechtskräftig zuerkannt. Der noch streitverfangene Anspruch (EUR 9.269,84) wäre zwar im Differenzbetrag von EUR 9.282,03 (EUR 20.832,50 minus EUR 11.550,47) zur Gänze gedeckt; es kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Klägerin tatsächlich ein Zuspruch in dieser Höhe gebührt:

Die beklagten Parteien haben schon in der Klagebeantwortung vorgebracht, die drittbeklagte Partei habe der Klägerin aus dem Titel der Haushaltshilfe sowie der Gartenarbeiten einen Betrag von CHF 3.120,-- (dies sind nach dem von den Vorinstanzen - unbeanstandet - herangezogenen Umrechnungsschlüssel EUR 2.027,41) bezahlt. Das Erstgericht hat dazu bisher nur festgestellt, dass die Klägerin mit Schreiben vom (richtig) 14. 2. 2000 (Beil Z) diesen Betrag für den Zeitraum von Juli bis Dezember 1999 gefordert und die drittbeklagte Partei in ihrem Schreiben vom 24. 10. 2001 (Beil BB) die Zahlung dieses Betrages behauptet hat. Eine Feststellung dahin, ob die Zahlung tatsächlich geleistet wurde, liegt hingegen nicht vor. Die Klägerin hat eine entsprechende Zahlung auch nicht etwa bei der Bezifferung ihres Leistungsbegehrens berücksichtigt. Es bedarf daher der Klärung dieser noch offenen Frage durch das Erstgericht. Wurde die Zahlung tatsächlich geleistet, würde sich der Zuspruch an die Klägerin auf EUR 7.254,62 (EUR 9.282,03 minus EUR 2.027,41) reduzieren.

In diesem Umfang kann in Stattgebung der Revision somit bereits durch (weiteres) Teilurteil im klagsstattgebenden Sinne entschieden werden. Hinsichtlich des verbleibenden Teilbetrages von EUR 2.015,22 sind die Urteile der Vorinstanzen dagegen aufzuheben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO, in Ansehung des Teilurteiles auf § 52 Abs 2 ZPO.

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