BVwG L519 2168097-2

BVwGL519 2168097-230.5.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L519.2168097.2.00

 

Spruch:

L519 2168095-2/5E

L519 2168097-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXXX, StA. Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2018, Zl. XXXXXzu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2018, Zl. XXXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" und bP2" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach legaler Ausreise aus Georgien und Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 12.09.2014 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge BFA) Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die bP2 ist der Sohn der bP1.

I.2. Zu ihrem Fluchtgrund brachten die bP im Wesentlichen vor, dass die bP1 schwer krank sei und in Georgien nicht die erforderliche medizinische Versorgung erhalte.

Nachdem vom BFA eine Anzeige gegen die bP 1 wegen unrechtmäßiger Inanspruchnahme von sozialen Leistungen getätigt wurde (bP 1 bezog in Georgien eine Pension, die ihre Schwiegertochter abhob), wurden die Leistungen der Grundversorgung vorübergehend gekürzt, bis die bP 1 Unterlagen betreffend der Einstellung des Bezuges in Georgien vorlegte.

In der vom BFA in Auftrag gegebenen medizinischen Befundinterpretation vom 14.07.2017 wurden bei der bP1 folgende Diagnosen gestellt: terminale dialysepflichtige Niereninsuffizienz bei diabetischer(?) Nephropathie/Schrumpfnieren bds.-regelmäßige Hämodialyse (3x/Woche), hypervolämische Belastung mit Herzvergrößerung und rezidiv. Pleuraergüssen/Pneumonien, Steatosis hepatis, Cholezystolithiasis, Z.n.Sigmadivertikulitis und Z.n. Lungentuberkulose und großer verkalkter Lymphknoten rechts.

Folgende Medikamente waren von der bP 1 demnach einzunehmen: Halicon Tbl. 0,25 mg (Wirkstoffe: Triazolam, Benzodiazepin, schlafanstoßendes Medikament, Standard), Laevolac Lact. Konz Lsg (Wirkstoff: Lactulose, Verstopfungsmittel, Standard), Lyrica 25 mg (Wirkstoff Pregabalin, Antiepileptikum-hier als Schmerzmittel, Standard), Magnesium Diasporal (Wirkstoff: Magnesiumpräparat, Substitution, Standard), Mimipara 30 mg (Wirkstoff: Cinacalcet, Antagonist des Nebenschilddrüsenhormons zur Anwendung bei Dialysepatienten), Molaxole (Wirkstoff: Macrogol, Verstopfungsmittel, Standard), Nebivolol (Wirkstoff: Metamizol, Analgetikum, Standard), Pantip 40 mg (Wirkstoff: Pantoprazol, Magensäurehemmer, Standard), Ramipril, 2,5 mg (Wirkstoff: Ramipril, ACE-Hemmer, Antihypertonikum, Standard), Renvela 800mg (Wirkstoff: Sevelamer, Phosphatbinder bei Dialysepatienten, Standard), Resonium-A (Wirkstoff: Natrium, Kationenaustauscher zur Behandlung bei Hyperkaliämie, Standard), Rocaltrol 0,25 mcg (Wirkstoff: Calcitriol, Vitamin D3 Substitution, Standard), Sertralin 50 mg (Wirkstoff: Sertralin, Antidepressivum, Standard), Voltaren 50 mg (Wirkstoff: Diclofenac, Analgetikum, Standard).

Eine Überstellung in den Heimatstaat sei gemäß Befund möglich, wenn die Hämodialyse gleich fortgesetzt werden kann und die bP 1 die notwendigen Medikamente bei sich führt.

Am 24.08.2017 langten Heimreisezertifikate für die bP ein.

I.3. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden der belangten Behörde vom 31.07.2017 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status von Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Den bP wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z.1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.)

1.4. Gegen die Bescheide wurden innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Ausgeführt wurde, dass die bP1 schwer krank sei und eine neue Niere benötige. Die Medikamente, die die bP1 in Georgien erhielt, seien aus Indien gewesen und hätten keine Wirkung gezeigt. Andere Medikamente hätte die bP1 selbst kaufen müssen, was aber viel zu teuer für sie gewesen wäre. In Georgien sei eine Nierentransplantation nur unter den Bedingungen der verwandtschaftlichen Donation durchzuführen, welche bei der bP1 nicht möglich sei, da es keinen geeigneten Spender gebe. Die benötigte Möglichkeit der Transplantation einer Leichenniere gebe es in Georgien nicht. Eine adäquate medizinische Versorgung der bP1 sei in Georgien nicht möglich.

1.5. Mit Beschluss des BVwG vom 23.8.2017 wurde den Beschwerden beider bP gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

In Erledigung der Beschwerden wurden mit Erkenntnissen vom 24.08.2017 gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

I.6.1. Vor der belangten Behörde brachte die bP 1 im Rahmen einer weiteren Einvernahme am 27.11.2017 im Wesentlichen vor, dass sie seit 2009 Probleme mit der Niere habe und seit 2011 drei Mal wöchentlich Dialyse in Georgien erhalten habe. Teilweise hätte sie sich die Medikamente selbst bezahlen müssen, sie hätte ca. 500 Lari im Monat aufwenden müssen.

Auch die bP 2 stützte sich wiederum auf die Erkrankung der bP 1 als einzigen Fluchtgrund und wurde von den bP angegeben, dass aktuell keine Nierentransplantation notwendig wäre.

I.6.2. Vorgelegt wurde von den bP:

* Medizinische Unterlagen sowie Unterlagen zu Sozialbezügen der bP 1 aus Georgien

* Unterstützungsschreiben

* Fotos aus dem Pfarrleben

* Bestätigung der Pfarre

* Geburtsurkunde bP 1 und bP 2

* Medizinische Unterlagen über die Behandlung der bP 1 in Österreich (insbesondere Medikamentenaufstellung vom 24.10.2017 XXXXX)

* Bestätigung über abgebrochenes Studium bP 2 in Georgien

* Bestätigung über die ehrenamtliche Tätigkeit der bP 2 bei der Volkshilfe

* Vorläufiger Führerschein und umgeschriebener, österreichischer Führerschein für die bP 2

* Deutschkursbesuchsbestätigungen

* Deutschzertifikat A1 der bP 2

* Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs durch die bP

* Strafregisterbescheinigungen

* Gewerbeanmeldung bP 2

I.7. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Eine Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG gewährt.

In Bezug auf die bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.8.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht asylrelevant. Die Niereninsuffizienz der bP 1 sei in Georgien jedenfalls behandelbar und habe die bP 1 Verwandte im Heimatland, welche ein soziales Auffangnetz bei einer Rückkehr bilden würden. Es hätte nicht festgestellt werden können, dass eine Nierentransplantation notwendig wäre.

I.8.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.8.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

I.9. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auch nunmehr nach der Behebung der ersten Entscheidung des BFA dieses wiederum die Anträge auf internationalen Schutz zu Unrecht abgewiesen und Rückkehrentscheidungen ausgesprochen habe. Die vom BVwG aufgetragenen Ermittlungen seien nur zum Teil (Einholung eines Verfügbarkeitsberichtes von MedCOI bezüglich der Verfügbarkeit der für die bP 1 notwendigen Medikamente) erfüllt worden und fehle eine eingehende internistische Untersuchung, in deren Zuge auch die Notwendigkeit einer Spenderniere sowie die Folgen einer möglichen Überstellung abzuklären gewesen wären. Ungeklärt sei auch die Frage der in Georgien verfügbaren Möglichkeiten einer Nierentransplantation sowie die Frage, inwieweit die bP 1 auf die Hilfe des bP 2 angewiesen ist.

Die bP 1 habe stets behauptet, dass sie eine Nierentransplantation benötige und sei dies der Grund gewesen, warum die bP nach Österreich gekommen sind. Auch die bP 2 habe dies in der Einvernahme betont. Die bP 1 habe lediglich in der Einvernahme angegeben, dass keine "akute" Notwendigkeit für eine Spenderniere bestehe. Dies könne sich aber jederzeit ändern und bestehe mittel- bis langfristig eine Überlebenschance nur mit einer neuen Niere. Die bP 1 habe auch schon Anstrengungen unternommen, eine neue Niere zu erhalten, es sei jedoch mitgeteilt worden, dass dies für Asylwerber nicht möglich sei. Erst nach Erhalt eines positiven Bescheides könne man sich auf die Warteliste setzen lassen.

Die bP hätten Fortschritte beim Erlernen von Deutsch gemacht und hätte die bP 2 am 20.11.2017 ein freies Gewerbe (Güterbeförderung) angemeldet, welches ein von staatlicher Unterstützung unabhängiges Leben ermöglichen solle. Insbesondere betreffend die Folgen einer Abschiebung wurde auf die Beschwerde vom 11.08.2017 verwiesen.

Vorgelegt wurde von den bP:

* Gewerbeanmeldung bP 2

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Die bP2 ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage.

Auch die bP 1 hat familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und eine -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherte Existenzgrundlage. Sie hat in Georgien Anspruch auf eine Pension. In Georgien wurde 2009 eine Nierenerkrankung festgestellt und wurde die bP 1 vor ihrer Ausreise seit 2011 drei Mal wöchentlich einer Dialyse unterzogen. Die dialysepflichtige Niereninsuffizienz ist in Georgien behandelbar. Die Dialysebehandlung war und ist gratis. Die bP 1 erhielt auch die Medikamente, die sie benötigte und musste sich diese teilweise selbst finanzieren. Sie wendete ca. 500 Lari monatlich auf. Auch in Österreich erhält sie drei Mal wöchentlich eine Dialyse und mehr Medikamente als in Georgien. Aktuell benötigt die bP 1 keine Nierentransplantation.

Die bP haben in Georgien die Schule besucht. Die bP 1 hat im Anschluss einen Textilwarenhandel betrieben, vor ihrer Ausreise ist sie in Pension gegangen. Ihre Schwiegertochter hat ihre Pension iHv 63 Eur bis vor wenigen Monaten in Georgien in Empfang genommen. Nunmehr hat die bP 1 - nach Reduzierung der Grundversorgung in Österreich um diesen Betrag - den Bezug in Georgien eingestellt. Die bP 1 ist in Georgien als Person "mit beschränkten Möglichkeiten" unbefristet registriert.

Die bP 2 hat nach der Schule eine medizinische Universität von 2002 bis 2007 besucht, jedoch nicht abgeschlossen und im Anschluss als Chauffeur gearbeitet. Im Jahr 2013 hat die bP 2 einen selbstständigen Handel eröffnet und als Spediteur gearbeitet.

Der Ehegatte der bP 1 ist bereits verstorben. In Georgien leben die Mutter, zwei Brüder, eine Schwester, mehrere Onkel bzw. Tanten sowie ein weiterer Sohn der bP 1 mit ihren Familien. Sie gehen geregelten Arbeiten nach bzw. erhalten Pensionen. Der weitere Sohn der bP 1 lebt mit seiner Familie in einem der Familie gehörenden mehrstöckigen Haus, in welchem die bP auch in einer Wohnung vor ihrer Ausreise lebten.

Die bP haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit ca 3 1/2 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie leben von der Grundversorgung und haben Deutschkurse besucht. Die bP 1 hat keine Prüfung, die bP 2 die A1 Prüfung abgelegt. Sie sind strafrechtlich unbescholten. Die bP 2 hat ein Gewerbe (Gütertransport) angemeldet, im April 2018 eine Steuernummer erhalten und fängt gemäß Grundversorgungsauszug ab Mai 2018 zu arbeiten an.

Die bP besuchen ein von der Pfarre organisiertes Sprachcafe und nehmen an weiteren Veranstaltungen der Pfarre teil.

Die Identität der bP steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.

Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die belangte Behörde Folgendes fest (Gliederung und Umfang der Feststellungen nicht mit dem Original übereinstimmend):

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 15.11.2017, Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Das Parteienbündnis des Georgischen Traums erhielt landesweit im Durchschnitt 55,7% der Wählerstimmen. Die führende Oppositionspartei, die Vereinte Nationale Bewegung, erhielt als zweitstärkste Kraft 17,1%. Die Wahlbeteiligung fiel mit 45,6% verhältnismäßig schwach aus (GA 23.10.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017).

Laut der OSCE-Wahlbeobachtungsmission untergrub zwischen den beiden Wahlrunden die hohe Zahl von Beschwerden, die aus verfahrensrechtlichen oder formalistischen Gründen abgewiesen wurden, das Recht der Kandidaten und Wähler auf wirksame Rechtsmittel und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Streitbeilegung. Der Wahltag verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Quellen:

KI vom 30.3.2017, Visafreiheit (relevant für Abschnitt 19/ Bewegungsfreiheit)

Für Georgien ist am 28.3.2017 der visumfreie Reiseverkehr mit der Europäischen Union in Kraft getreten. Nach den neuen Regeln dürfen georgische Bürger die Länder des Schengen-Abkommens bis zu 90 Tage ohne ein Visum besuchen. Vorangegangen waren mehrjährige Verhandlungen (DW 28.3.2017). Die Einreise georgischer Staatsbürger in die Europäische Union ist auch nach der neuen Regelung an bestimmte Auflagen gebunden, wie an das Vorhandensein eines biometrischen Passes und den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im Mitgliedstaat der EU, nachgewiesen etwa durch Kreditkarten oder Bargeld (GS o.D.).

Der georgische Innenminister, Giorgi Mghebrishvili, kündigte am 27.3.2017 an, dass die georgischen Grenzbeamten georgische Reisende in den Schengenraum detailliert befragen werden, um einen Missbrauch des Visaregimes und folglich dessen mögliche Suspendierung durch die EU zu verhindern. Bei Überschreitung des Aufenthaltes, der auf 90 Tage innerhalb von 180 Tagen beschränkt ist, würden laut Innenminister die EU-Mitgliedsstaaten proaktiv informiert werden. Überdies gab Mghebrishvili bekannt, dass Georgien am 4.4.2017 ein Partnerschaftsabkommen mit EUROPOL unterzeichnen werde (Civil.ge 28.3.2017).

Quellen:

* Civil.ge (28.3.2017): Government Speaks on Safeguards against Visa-Waiver Abuse, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=29970 , Zugriff 30.3.2017

* DW - Deutsche Welle (28.3.2017): Georgier dürfen ohne Visum in die EU reisen,

http://www.dw.com/de/georgier-d ürfen-ohne-visum-in-die-eu-reisen/a-38164800, Zugriff 30.3.2017

* GS - Georgienseite (o.D.): Visafreiheit für georgische Staatsangehörige,

http://www.georgienseite.de/startseite/magazin-georgien-nachrichten-bilder-galerien/georgien-nachrichten-news-tbilissi-magazin/informationen-der-deutschen-botschaft/ , Zugriff 30.3.2017

Politische Lage

In Georgien leben mit Stand 1.1.2016 laut georgischem Statistikamt 3,72 Mio. Menschen. 2014 waren es noch rund 4,49 Mio. Menschen auf

69.700 km² (GeoStat 2017).

Georgien ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 11 .2016a). Staatspräsident ist seit 17.11.2013 Giorgi Margvelashvili (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist seit dem überraschenden Rücktritt von Irakli Garibaschwili Giorgi Kvirikashvili (seit 29.12.2015) (RFE/RL 29.12.2015). Beide gehören der Partei bzw. dem Parteienbündnis "Georgischer Traum" an.

Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei, "Georgischer Traum", sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze im Parlament gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR u.a. 30.10.2016). Transparency International - Georgia beurteilte den Wahlgang als ruhig. Obgleich 70 relativ ernsthafte prozedurale Verstöße festgestellt wurden, hatten diese keinen entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang (TI-G 31.10.2016).

Die Opposition warf dem Regierungslager Wahlmanipulationen vor. Unter anderem sollen Wähler unter Druck gesetzt und Stimmen gekauft worden (Standard 31.10.2016, vgl. CK 31.10.2016).

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion (FAZ 27.10.2013).

Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus (HRW 29.1.2015).

Am 27.6.2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. Russland sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in Tiflis zu erhöhen. Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete (EP 5.12.2014).

Die EU würdigte im Juni 2016 im Rahmen ihrer Globalen Strategie zur Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik die Rolle Georgiens als friedliche und stabile Demokratie in der Region. Am 1.7.2016 trat das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien in Kraft, wodurch laut der EU die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration zwischen Georgien und der Union merkbar gestärkt werden. Georgien hat seine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit konsolidiert und die Respektierung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten sowie der Anti-Diskriminierung gestärkt (EC 25.11.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

* CK - Caucasian Knot (31.10.2016): In Georgia, "UNM" Party claims mass violations at elections,

http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/37376/ , Zugriff 21.2.2017

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt , Zugriff 21.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 21.2.2017

* EP - Europäisches Parlament (5.12.2014): Assoziierungsabkommen EU-Georgien,

http://www.europarl.europa.eu/EPRS/EPRS-AaG-542175-EU-Georgia-Association-Agreement-DE.pdf , Zugriff 21.2.2017

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.10.2013): Georgi Margwelaschwili gewinnt mit klarer Mehrheit, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/praesidentschaftswahl-in-georgien-georgi-margwelaschwili-gewinnt-mit-klarer-mehrheit-12636443.html , Zugriff 21.2.2017

* GeoStat - National Statistics Office of Georgia (2017):

population,

http://www.geostat.ge/index.php?action=page&p_id=473&lang=eng , Zugriff 21.2.2017

* HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/295489/430521_de.html , Zugriff 21.2.2017

* IFES - International Foundation for Electoral Systems (9.3.2015a):

Election Guide, Democracy Assistance & Elections News - Georgia, http://www.electionguide.org/elections/id/2287/ , Zugriff 10.11.2015

* OSCE/ODIHR u.a. - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

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* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (17.11.2013):

Margvelashvili Sworn In As Georgia's New President, http://www.rferl.org/content/georgia-president-inauguration/25170650.html , Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (29.12.2015): Giorgi Kvirikashvili Confirmed As Georgia's New Premier, http://www.rferl.org/content/georgian-parliament-vote-kvirikashvili-government-december-29/27454801.html , Zugriff 21.2.2017

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html , Zugriff 21.2.2017

* TI-G - Transparency International - Georgia (31.10.2016):

Assessment of the 2016 Parliamentary runoff elections, http://www.transparency.ge/en/blog/assessment-2016-parliamentary-runoff-elections , Zugriff 21.2.2017

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html , Zugriff 21.2.2017

Sicherheitslage

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 20.3.2017a).

Im Zuge der Auflösung der UdSSR erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien, als der autonome Status der Provinzen von georgischen Nationalisten in Frage gestellt wurde. Nach der georgischen Unabhängigkeit führten heftige Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung 1992 zu Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die aber von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden. Der Einfluss des nördlichen Nachbarlandes wuchs kontinuierlich, unter anderem durch Ausgabe russischer Pässe an die abchasische und südossetische Bevölkerung. Nach zahlreichen blutigen Zwischenfällen und Provokationen aller Seiten eskalierte der Konflikt um Südossetien am 7. August 2008 nach einem Vorstoß georgischer Truppen in die südossetische Hauptstadt Tskhinvali zu einem georgisch-russischen Krieg, der nach fünf Tagen durch einen von der EU vermittelten Waffenstillstand beendet wurde. Am 26. August 2008 erkannte Russland Abchasien und Südossetien, einseitig und unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens, als unabhängige Staaten an und schloss wenig später mit diesen Freundschaftsverträge ab, die auch die Stationierung russischer Truppen in den Gebieten vorsehen. Infolge des Krieges wurden nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen bis zu 138.000 Personen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen. Etwa 30.000 Georgier aus Südossetien konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die zivile EU-Beobachtermission EUMM nahm Anfang Oktober 2008 in Georgien ihre Arbeit auf. Das OSZE-Mandat lief Ende 2008 aus, UNOMIG endete im Juni 2009. EUMM ist damit die einzige verbliebene internationale Präsenz zur Stabilisierung in Georgien (AA 11 .2016b).

Ein wichtiges diplomatisches Instrument zur Deeskalation des Konflikts sind die sogenannten "Geneva International Discussions - GID" (Genfer Internationale Gespräche). Diese finden seit 2008 unter Beteiligung der involvierten Konfliktparteien unter dem gemeinsamen Vorsitz von Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der OSZE statt. Aus den Genfer Gesprächen resultierte der "Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM)" sowie die Involvierung der EUMM, sodass die lokalen Sicherheitsbehörden der Konfliktparteien vor Ort in Kontakt treten können bzw. ihnen die Möglichkeit zum Dialog eröffnet wird (OSCE 6.11.2014).

Abchasien und Südossetien bleiben außerhalb der Kontrolle der Zentralregierung und werden von mehreren tausend russischen Truppen und Grenzpolizisten unterstützt. Russische Grenzschutzbeamte beschränken die Bewegung der örtlichen Bevölkerung. Die Behörden beschränken die Rechte, vor allem von ethnischen Georgiern, am politischen Prozess teilzuhaben, in Eigentumsfragen oder bei der Registrierung von Unternehmen. Überdies ist die Reisefreiheit eingeschränkt. Die südossetischen Behörden verweigern den meisten ethnischen Georgien, die während und nach dem Krieg von 2008 vertrieben wurden, nach Südossetien zurückzukehren. Die Behörden erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang zu Südossetien, um humanitäre Hilfe zu leisten. Die Russische "Grenzziehung" der administrativen Grenzen der besetzten Gebiete setzte sich während des Jahres fort, trennte die Bewohner aus ihren Gemeinden und untergrub ihren Lebensunterhalt (USDOS 3.3.2017).

Die Vereinten Nationen zeigten sich Ende Jänner 2017 besorgt darüber, dass die angekündigten Schließungen von Grenzübertrittsstellen seitens der abchasischen Behörden negative Konsequenzen für die Bevölkerung beidseits der administrativen Grenze haben werden. Für die Menschen in Abchasien wird es schwieriger sein, auf grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitswesen und Bildung in Georgien zurückzugreifen und an Wirtschaftsaktivitäten und gesellschaftlichen Veranstaltungen jenseits der Grenze teilzunehmen. Auch wird der Zugang zu Schulbildung für Kinder mit georgischer Muttersprache, die aus Abchasien kommend die Grenze nach Georgien überqueren, behindert (UN 26.1.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (20.3.2017a): Georgien, Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8108DEE44ECFAF67827A2F89BA2ACDB3/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GeorgienSicherheit_node.html , Zugriff 20.3.2017

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (6.11.2014): Geneva International Discussions remain unique and indispensable forum, Co-chairs tell OSCE Permanent Council, http://www.osce.org/cio/126442 , Zugriff 21.2.2017

* UN - United Nations in Georgia (27.1.2017): Statement of Niels Scott, Resident Coordinator, on behalf of the United Nations Country Team regarding announced closure of crossing points along the Inguri River,

http://www.ungeorgia.ge/eng/news_center/media_releases?info_id=507 , Zugriff 22.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Rechtsschutz / Justizwesen

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt (AA 11 .2016b).

Fortschritte sind insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen, wo inzwischen eine unmenschliche Behandlung (auch Folter), die in der Vergangenheit durchaus systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Zwei Reformwellen wurden bereits durchgeführt, die dritte Reformwelle steht seit einiger Zeit bevor. Sie betrifft insbesondere die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter und die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren. Sehr aktive NGOs und der unabhängige Ombudsmann beobachten diesen Prozess aufmerksam (AA 10.11.2016).

Das dritte Paket an Gesetzesänderungen, das den anhaltenden Mangel an Transparenz im Justiz-Management bereinigen soll, wozu auch die Rechenschaftspflicht des Hohen Rates der Justiz sowie die zufällige Zuweisung von Fällen gehören, konnte laut Europäischer Kommission zwar Fortschritte verzeichnen, ist jedoch noch nicht vollständig angenommen worden. Die Begründungen für das Abhalten von geschlossenen oder öffentlichen Anhörungen werden nicht immer richtig kommuniziert. Die Transparenz bei der Zuteilung von Fällen, bei der Auswahl der Richteranwärter und der Gerichtsverwalter ist nicht vollständig gewährleistet. Der Umgang mit Disziplinarverfahren erfordert eine Stärkung. Die Mehrheit der Richter hat keine dauerhafte Amtszeit und die umstrittene dreijährige Probezeit für Richter besteht weiterhin. Die Justiz ist immer noch ernsthaft unterbesetzt und der Aktenrückstand steigt (EC 25.11.2016).

Kritisch betrachtet werden muss weiterhin die starke Neigung von Politikern, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen eine vorrangig politische Motivation zu unterstellen und ggf. gesetzliche Änderungen vorzuschlagen. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Nach dem Regierungswechsel wurden 190 in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft als politische Gefangene erklärte Häftlinge entlassen. Seit 2012 laufende Ermittlungen und teilweise schon mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden aus Sicht des [deutschen] Auswärtigen Amtes nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern sind Teil der erforderlichen juristischen Aufarbeitung der rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren (AA 10.11.2016).

Freedom House bewertete Anfang 2016 die Einmischung der Regierung und der Legislative in die Justiz weiterhin als erhebliches Problem, obwohl sich die gerichtliche Transparenz und die Rechenschaftspflicht in den letzten Jahren verbessert haben, letztere zum Teil aufgrund des verstärkten Medienzugangs zu den Gerichtssälen. Menschenrechtsorganisationen haben konsequent die Praxis der Staatsanwaltschaft kritisiert, wiederholt neue Anklagen gegen Gefangene einzureichen, um ihre Zeit in der Untersuchungshaft zu verlängern, eine Vorgehensweise, die durch eine Diskrepanz zwischen dem Strafgesetzbuch und der Verfassung möglich gemacht wird. Im September 2015 allerdings befand das Verfassungsgericht im Fall des ehem. Bürgermeisters von Tiflis, Ugulava, diese Praxis der Verlängerung der Untersuchungshaft als verfassungswidrig, weil die verfassungsmäßige Grenze von neun Monaten nicht überschritten werden darf. Ugulava gehörte zu zahlreichen ehemaligen UNM-Vertretern, die seit 2012 mit Strafprozessen konfrontiert wurden, was Fragen über den politischen Einflussnahme auf den Staatsanwalt aufwarf (FH 27.1.2016).

Während viele der Richter bemerkenswerte Anstrengungen unternahmen, ihr Niveau dadurch zu verbessern, indem sie ihren Entscheidungen mehr Substanz verliehen, besonders bei hochkarätigen Fällen, bleibt die Staatsanwaltschaft das schwächste Glied im Justizbereich. Bis 2012 war die Staatsanwaltschaft ein Teil der Exekutive, und die Gerichte waren bis zu einem gewissen Grad von der Exekutive abhängig. Die Staatsanwälte haben sich mittlerweile daran gewöhnt, ihren Vorbringen eine adäquate Qualität zu verleihen. Nur bei wenigen Gelegenheiten scheinen sie zurückhaltend zu sein. Nach der Trennung der Staatsanwaltschaft vom Justizministerium wurde allerdings keine Aufsichtsbehörde für die Staatsanwaltschaft institutionalisiert. Dieser Umstand beschädigt potentiell den Ruf des gesamten Justizsystems. Die Staatsanwaltschaft hat mehr als 4.000 Anträge von Opfern angeblicher Folter, unmenschlicher Behandlung oder Zwang erhalten, sowie von Personen, welche gezwungen wurden, ihr Eigentum während der Herrschaft von Mikheil Saakaschwili aufzugeben. Seit 2012 stellt der Umfang der Strafverfahren gegen die ehemalige Führung eine Herausforderung für die aktuelle Regierung dar. Ihr wird vorgeworfen, politisch motivierte Untersuchungen einzuleiten bzw. Gerichtsprozesse zu führen. Gleichzeitig wird die Staatsanwaltschaft oft kritisiert, weil sie nicht die Fälle von Beamten untersucht hat, die ihre Befugnisse überschritten haben, oder von Polizisten, die gegen das Gesetz verstoßen haben oder von Menschen, die behaupten, im Gefängnis misshandelt worden zu sein. Als Reaktion auf diese Situation hat die Staatsanwaltschaft ihre Absicht bekundet, eine neue Abteilung zu schaffen, die im Rahmen von Gerichtsverfahren begangene Straftaten untersuchen wird (BTI 1.2016).

Das georgische Strafrecht mit dem ursprünglichen Ansatz einer "zero tolerance policy" zeigte eine enorm hohe Verurteilungsrate von 99%, mitunter wegen konstruierter Straftaten, sowie hohe Haftstrafen. Mit dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts durch Reduzierung der Strafmaße, aber auch eine erkennbar geringere Verurteilungsrate; diese ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 10.11.2016).

Am 12.1.2016 präsentierte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muižnieks, seine Beobachtungen zur Menschenrechtslage in Georgien. Mehrere Gesprächspartner wiesen auf die Mängel bei der Auswahl, Ernennung und Versetzung von Richtern hin. Versetzungen und Beförderungen von Richtern scheinen nicht durch spezifische Regeln und Kriterien reguliert zu sein, was die diesbezüglichen Entscheidungen als willkürlich erscheinen lässt und folglich das öffentliche Vertrauen in die Justiz untergräbt. Der Menschenrechtskommissar empfahl die diesbezügliche Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des Direktorats für Menschenrechte des Europarats (DHR) aus dem Jahr 2014. Überdies empfahl er, dass die Gerichtsfälle nach dem Zufallsprinzip den Richtern zugeteilt werden. Denn es gab Befürchtungen, dass prominente Fälle Richtern zugeteilt wurden, die als loyal zur Regierung gelten. Überdies sah der Menschenrechtskommissar die geltende dreijährige Probezeit für Richter als bedenklich an, weil letztere hierdurch anfälliger gegenüber einer möglichen Druckausübung sind. Auch in diesem Punkt empfahl Muižnieks die Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des DHR, welche die Abschaffung der Probezeit für Richter vorsahen. Dem Menschenrechtskommissar wurden Berichte zuteil, wonach es wiederholt zu Drohungen und Einschüchterungen von Verfassungsrichtern kam. So beispielsweise im Fall "Ugulava [ehem. Bürgermeister von Tiflis] gegen das Parlament Georgiens". Richter und deren Familienmitglieder wurden von Bürgern bedrängt, die sich vor den Privathäusern der Richter versammelten und u.a. mit physischer Gewalt drohten (CoE-CommHR 12.1.2016).

Am 21.7.2016 erklärte der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, dass einige Richter des Gerichtshofes von den Behörden unter Druck gesetzt worden seien, in mehreren hochkarätigen Fällen Urteile zu verschieben oder zugunsten Angeklagten zu entscheiden. Staatsanwälte haben am 1.8.2016 darauf reagiert und eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet (AI 22.2.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html , Zugriff 27.2.2017

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 24.2.2017

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH (2016)2, Zugirff 27.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 24.2.2017

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/327696/454796_en.html , Zugriff 27.2.2017

Sicherheitsbehörden

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen in Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016).

Im Verlaufe des Jahres 2016 gab es keine Berichte, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte unter Straflosigkeit Missbrauch begangen haben. Der Ombudsmann dokumentierte Fälle von übermäßigem Einsatz von Gewalt durch die Polizei. Laut Innenministerium wurden zwischen Jänner und Juli 2016 rund 1.300 Disziplinarverfahren eingeleitet. 23 Fälle sind dem Generalstaatsanwalt zu Ermittlungen überreicht worden, wobei zehn Fälle mit einer Verurteilung endeten (USDOS 3.3.2017).

Angesichts der Sorge in Bezug auf Folter, Misshandlungen und andere Missbräuche durch die Strafverfolgungsbeamten hat die Regierung keine Gesetzgebung geschaffen, die einen unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Menschenrechtsverletzungen vorsieht, die von Strafverfolgungsbehörden begangen wurden (AI 22.2.2017).

Dem Menschenrechtskommissar des Europarates wurden alarmierende Fälle von Polizeigewalt im Speziellen auf Polizeiposten berichtet. Der Menschenrechtskommissar forderte die Behörden dazu auf, allen Anschuldigungen, besonders auf Grundlage der Informationen des Ombudsmannes, nachzugehen. Überdies sollte ein Untersuchungsmechanismus etabliert werden, der auf der Basis der Vorschläge des georgischen Ombudsmannes und des Europarats angebliche Rechtsverletzungen der Exekutive untersucht (CoE-CommHR 12.1.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html , Zugriff 27.2.2017

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH (2016)2, Zugirff 27.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

Obschon die Verfassung und Gesetze derartige Praktiken verbieten, gab es Berichte, dass Regierungsbeamte von diesen Gebrauch machten. Auch wenn die Zahl und die Schwere der Beschuldigungen solcher Missbrauchsfälle durch das Gefängnispersonal laut Ombudsmann abgenommen habe, bleiben Berichte über Misshandlungen von Festgenommenen durch Polizisten ein akutes Problem. Der Ombudsmann betrachtet die betreffenden Ermittlungen in genannten Fällen als nicht effektiv, prompt und unparteiisch. NGOs und Ombudsmann empfehlen weiterhin die Schaffung eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus bei Vorwürfen von Fehlverhalten von Amtsträgern (USDOS 3.3.2017).

Die Georgische Vereinigung Junger Anwälte (GYLA) kam, basierend auf 21 Einzelfällen von vermeintlichen Übergriffen der Gesetzesvollzugsorganen zu mehreren Schlussfolgerungen. Untersuchungen bei Beschwerden von Gewaltanwendung durch Exekutivbeamte wurden zwar eingeleitet, ihre Durchführung der meisten Untersuchungen erfolgte jedoch ineffizient, was sich insbesondere in ihrer verspäteten Durchführung äußerte. In einigen Fällen wurde gegen betroffene Personen, die angesichts der Übergriffe seitens der Exekutivorgane Ungehorsam oder Widerstand leisteten, eine Strafverfolgung eingeleitet. Zeugenaussagen durch Polizisten wurde seitens des Gerichts ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit geschenkt, ohne dass Zweifel erhoben wurden (GYLA 2016).

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen innerhalb der Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016)

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* GYLA - Georgian Young Lawyers' Association (2016): Crimes Allegedly Committed By Law Enforcement Officers And The State's Response To Them,

https://www.gyla.ge/files/news/2016 წლის გამოცემა/სამართალდამცავთა საქმეები - ENG.pdf, Zugriff 27.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Korruption

Georgien hat die Zivil- und Strafrechtskonventionen über Korruption des Europarates sowie die UNO-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert. Die Gesetzgebung befolgt die UNO-Konvention gegen Korruption. Georgiens Strafgesetzgebung sieht Straften wegen versuchter Korruption, aktiver und passiver Bestechung, Bestechung ausländischer Beamter, sowie Geldwäsche vor. Der Strafrahmen reicht bis zu 15 Jahren Gefängnis und dem Entzug des Eigentums. Georgien hat die "Konvention über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr" der OECD aus dem Jahr 1999 bislang nicht unterzeichnet. Allerdings hat das Land die Antikorruptions-Konventionen des Europarates ratifiziert (BACP 5.2015).

Basierend auf dem Gesetz über "Interessenskonflikt und Korruption im Öffentlichen Dienst" wurde der Anti-Korruptions-Rat errichtet. Dieser dient der Koordinierung der Anti-Korruptionsaktivitäten, der Aktualisierung und Kontrolle der Umsetzung der Anti-Korruptionsstrategie und des Aktionsplanes sowie der Kontrolle der Berichterstattung an internationale Organisationen. Überdies kann er Empfehlungen abgeben und Gesetzesinitiativen anregen. Dem Rat können neben Regierungsvertretern auch Mitglieder lokaler NGOs, Internationaler Organisationen sowie wissenschaftliche Experten angehören (IDFI 5.8.2014).

Die Regierung des "Georgischen Traums" (GD) erbte ein System, das weitgehend von der Korruption unter der Vereinten Nationalen Bewegung (UNM) unter Ex-Präsident Saakashvili befreit worden war. Die UNM-Regierung hat es auch geschafft, die Macht des organisierten Verbrechens zu verringern. Allerdings verstießen die Anti-Korruptionsmaßnahmen mitunter gegen Rechtsstaatlichkeit, und eine Reihe von UNM-Beamten benutzten die Machthebel, um Reichtum anzuhäufen oder eine immer größere Kontrolle in Bereichen der Wirtschaft zu erlangen. Die Art des Vorgehens der GD-Regierung gegen Spitzenkorruption nach dem Machtwechsel 2012 brachte den Vorwurf der Politisierung des Anti-Korruptionskampfes mit sich, wonach der Korruption angeklagte GD-Funktionäre weniger verfolgt würden als etwa UNM-Politiker. Des Weiteren ist der Eindruck stärker geworden, dass Vetternwirtschaft ein wachsendes Problem in der georgischen Gesellschaft geworden ist. Laut einer Umfrage, die von Transparency International in Auftrag gegeben wurde, glaubte 2015 ein Viertel der GeorgierInnen, dass Spitzenbeamte ihre Positionen für private Zwecke nützen würden. 2013 lag der Wert noch bei 12%. 44% der Georgier hätten von Nepotismus bei der Anstellung im öffentlichen Dienst gehört (FH 12.4.2016).

Was die Prävention und die Bekämpfung der Korruption betrifft, so hat Georgien die Korruption in der öffentlichen Verwaltung effektiv eingedämmt und verbesserte im Jahr 2015 das öffentliche Beschaffungssystem (EC 25.11.2016).

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Während die Regierung das Gesetz effektiv gegen die Korruption in den unteren Bereichen umsetzte, merkte "Transparency International Georgia" an, dass die mangelnde Unabhängigkeit der Gesetzesvollzugsorgane deren Fähigkeit einschränke, Fälle von hochkarätiger Korruption zu untersuchen. Es gibt keine Mechanismen der Korruptionsprävention in staatlichen Unternehmen. Die Regierung installierte im Jänner 2015 eine Spezialeinheit innerhalb der Generalstaatsanwalt zwecks Untersuchung und Verfolgung von vormaligen und gegenwärtigen Korruptionsfällen auf höheren Ebenen. Der Rechnungshof (State Audit Office) gilt als unabhängig, transparent und fair (USDOS 3.3.2017).

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2016" auf Rang 44 (2014: 52) von 176 Ländern (25.1.2017).

Quellen:

* BACP - The Business Anti-Corruption Portal (5.2015): Georgia Country Profile, Georgian Legislation, http://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/europe-central-asia/georgia/legislation.aspx , Zugriff 27.2.2017

* CoE - Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?p=&Ref=DC-PR004 (2017)&Language=lanEnglish&Ver=original&Site=DC&BackColorInternet=F5CA75&BackColorIntranet=F5CA75&BackColorLogged=A9BACE&direct=true, Zugriff 28.2.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 27.2.2017

* FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/324981/451155_en.html , 27.2.2017

* IDFI - Institute for Development of Freedom of Information (5.8.2014): Anti-Corruption Council, https://idfi.ge/en/anti-corruption-council , Zugriff 27.2.2017

* TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016 , Zugriff 27.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

NGOs und Menschrechtsaktvisten

Nichtregierungsorganisationen können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen, und können in Einzelfragen auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben. Trotz der Versprechen der gegenwärtigen Regierung, systematische Änderungen der Gesetzeslage, z.B. zur Finanzierung von NGOs, auf den Weg zu bringen, gibt es immer noch keine ausreichenden gesetzlichen Schutzmechanismen (AA 10.11.2016).

Ein wachsendes Netzwerk sog. "Watchdog"-NGOs hat seine Leistungsfähigkeit gesteigert, damit Bürgerrechte mittels Kampagnen vertreten werden. Der zivilgesellschaftliche Sektor wächst weiter zahlenmäßig und hinsichtlich der Kapazitäten, bleibt aber in erster Linie in der Hauptstadt und anderen größeren Städte konzentriert. NGOs haben nur schwache Verbindungen mit der breiteren Bevölkerung. NGOs in Georgien zeigen weiterhin ein niedriges Niveau der Nachhaltigkeit (BTI 1.2016).

Heimische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten in den meisten Fällen in Georgien ohne Einschränkung durch die Regierung. Sie untersuchen Menschenrechtsfälle und publizieren ihre Ergebnisse. Manche NGOs erfreuen sich einer engen Kooperation mit der Regierung, und Offizielle sind kooperativ und offen für deren Ansichten. Andere NGOs berichten hingegen von Kritik und Verbalattacken durch die Regierung, die Justiz, die Opposition und oppositionelle Medien. Im April 2016 kritisierte der Hohe Justizrat öffentlich die NGOs für deren Behauptung, dass die Auswahl und Ernennungen in der Justiz intransparent wären. Das Sekretariat des Hohen Justizrates drohte den NGOs, so die Kritik nicht aufhöre, Informationen über deren Finanziers und "wahren" Unterstützer zu veröffentlichen (USDOS 3.3.2017).

Der zivilgesellschaftliche Sektor in Georgien ist robust und aktiv. Nichtstaatliche Organisationen spielen eine herausragende Rolle in Politikforschung, Interessenvertretung und Meinungsführerschaft. NGOs werden häufig in den Medien zitiert, und NGO-Leiter werden regelmäßig nach ihrem Kommentar und ihrer Analyse gefragt. Die georgischen NGOs decken zumeist ein breites Spektrum ideologischer Ansichten ab und haben eine gewisse Tradition in der Beratung der Regierung hinsichtlich politischer Vorschläge und Maßnahmen. Insgesamt können NGOs in Georgien ohne Störungen oder Einschüchterung arbeiten. In der Praxis ist die Registrierung und Aufrechterhaltung gesetzlicher Anforderungen für NGOs unkompliziert und kann oft in kurzer Zeit erledigt werden. Doch während das Spektrum der NGOs breit ist, ist es auch zugleich polarisiert. Es besteht im zivilgesellschaftlichen Sektor die weit verbreitete Auffassung, dass einzelne NGOs zu einer bestimmten Partei, Bewegung oder Persönlichkeit "gehören". Es ist demnach nicht ungewöhnlich, dass unterschiedlich positionierte NGOs in eine offene, manchmal sogar physische Konfrontation geraten, mitunter angefacht von politischen Vertretern (FH 12.4.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 28.2.2017

* FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/324981/451155_en.html , 28.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Ombudsmann

Der georgische Ombudsmann ist eine Verfassungsinstitution, welche den Schutz der Menschenrechte und Freiheiten innerhalb der Jurisdiktion überwacht. Der Ombudsmann stellt Verletzungen der Menschenrechte fest und trägt zu deren Wiederherstellung bei. Der Ombudsmann ist unabhängig in seinen Aktivitäten und gehört zu keiner Regierungsstelle. Er überwacht die staatlichen Stellen, die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften, öffentliche Institutionen und Offizielle. Der Ombudsmann untersucht Menschenrechtsverletzungen sowohl auf der Basis eigener Initiative als auch infolge von erhaltenen Ansuchen. Der Ombudsmann unterbreitet Vorschläge und Empfehlungen in Bezug auf die Gesetzgebung und Gesetzesvorlagen aber auch in Richtung öffentlicher Institutionen aller Ebenen in Hinblick auf Menschen- und Grundrechtsfragen. Er erfüllt gleichzeitig die Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen (PD 2014).

Die Kompetenzen und Sanktionsmöglichkeiten des Ombudsmannes sind beschränkt, aber seine Behörde, die sich stetig vergrößert und inzwischen über 170 Mitarbeiter hat, meldet sich öffentlich regelmäßig zu vielen Themen kritisch zu Wort (AA 10.11.2016).

Der Ombudsmann wurde weiterhin von NGOs als die objektivste Menschenrechtsinstitution der Regierung betrachtet. Dieser hat ein Mandat, die Menschenrechte zu beobachten und Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Er hat jedoch keine Kompetenz, Strafverfolgung oder andere rechtliche Aktionen anzustoßen. Er kann aber eine Vorgehensweise empfehlen, worauf die Regierung antworten muss. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet generell ohne Einmischung der Regierung und wird als effektiv angesehen. Der Ombudsmann berichtet, dass die Regierung auf seine Anfragen und Empfehlungen oft nicht oder nur teilweise antwortet. Der Ombudsmann kann den Vollzugsbehörden unverbindliche Empfehlungen geben, bestimmte Menschenrechtsfälle zu untersuchen. Regierungsstellen müssen auf jegliches Informationsbegehren des Ombudsmanns binnen 20 Tagen antworten (USDOS 3.3.2017).

2016 verzeichnete das Büro des Ombudsmannes 8.827 Anträge und Beschwerden, wobei mit Berichtsabschluss bereits 7.196 Fälle bearbeitet waren. Auf Grundlage dessen wurden seitens des Ombudsmannes 77 Empfehlungen und Vorschläge an unterschiedliche Regierungsstellen und Privatpersonen gerichtet. Rund die Hälfte der Vorschläge wurde gänzlich oder teilweise bereits umgesetzt, während 17% noch nicht implementiert waren. Die Kommunikation mit internationalen Organisationen wurde merkbar gesteigert und das Medienecho nahm zu (PD 6.2.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* PD - Public Defender of Georgia (2014): Mandate, http://www.ombudsman.ge/en/public-defender/mandati , Zugriff 28.2.2017

* PD - Public Defender of Georgia (6.2.2017): Public Defender's Activity Report 2016,

http://www.ombudsman.ge/en/reports/saqmianobis-angarishebi/public-defenders-activity-report-20161.page , Zugriff 28.2.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Allgemeine Menschenrechtslage

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte werden explizit in eigenen Verfassungsartikeln (Artikel 14 ff.) postuliert. Mit dem Ombudsmann für Menschenrechte (vom Parlament ernannt), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten zur Untersuchung von Vorgängen, greifen viele Themen auf und sind öffentlich sehr präsent. Mit Reformen haben in den letzten Jahren auch Staatsanwaltschaft und Gerichte in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen und werden zunehmend zur Wahrung bzw. Einklage individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern (AA 10.11.2016).

Georgien hat einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die Menschenrechte und die Anti-Diskriminierung verabschiedet. Ein neuer, umfangreicher Aktionsplan zu den Menschenrechten für die Periode 2016-2017 wurde beschlossen. Die Umsetzung des rechtlichen Rahmenwerkes wird laut Europäischer Kommission insbesondere für Minderheiten und vulnerable Gruppen wichtig werden, damit sie ihre Rechte in Anspruch nehmen können (EC 25.11.2016).

Die im April 2014 beschlossene "nationale Strategie zum Schutz der Menschenrechte" stellt einen Meilenstein dar, da sie den höchsten internationalen Standards entspricht. Die Strategie bietet Beteiligungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft, um die Einhaltung der Menschenrechte in Georgien zu stärken. Allerdings sind die Mechanismen für die Umsetzung der Strategie noch nicht vollständig vorhanden. Es gibt immer noch ernsthafte Probleme bei der Umsetzung der grundlegenden Menschen- und Bürgerrechte, insbesondere im Zusammenhang mit der selektiven Rechtsprechung, der häufigen Straflosigkeit der Gesetzesvollzugsorgane und der ungerechtfertigten oder übermäßigen Gewaltanwendung, wenn auch nicht in einem massiven Ausmaß (BTI 1.2016).

Menschenrechtsorganisationen kritisierten beständig die Staatsanwaltschaft, wonach diese die Untersuchungshaft durch neue Anklagepunkte zu verlängern trachtet, namentlich wenn es um Funktionäre der ehemaligen Regierungspartei UNM geht. Sowohl Menschenrechtsorganisationen als auch die Ombudsmannstelle drängten die Regierung weiterhin zu angemessenen Ermittlungen bei Anschuldigungen von Polizeigewalt (FH 27.1.2016).

Die georgische Menschenrechtsorganisationen "Human Rights Center" kritisierte in ihrem Jahresbericht 2016, dass die Rechtsvollzugsorgane weiterhin Menschenrechtsverletzungen gegen vulnerable Gruppen ungenügend nachgehen und bestrafen. Dazu gehören auch religiöse Minderheiten, LGBT-Individuen, sowie Frauen. Die Sicherung der Rechte von Menschen mit Behinderung stellt nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die Regierung dar. Das gilt sowohl für das diesbezügliche Gesetzeswerk als auch für die soziale Integration. Zahlreiche Beispiele, wie seitens Regierungsvertretern Druck auf die Medien ausgeübt wurde, gab es auch 2016. Die Schaffung eines effektiven unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Fälle, bei denen die Gesetzesorgane strafbare Handlungen verübten, stellt ebenso eine Herausforderung dar, wie die Rehabilitation und Resozialisierung von Häftlingen, die Opfer von Folter wurden (HRC 2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 1.3.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 1.3.2017

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/327696/454796_en.html , Zugriff 1.3.2017

* HRC - Human Rights Center (2017): Annual Reprot, State of Human Rights in Georgia 2016,

http://www.humanrights.ge/admin/editor/uploads/pdf/angarishebi/hridc/ANNNUAL2017-ENG.pdf , Zugriff 1.3.2017

Meinungs- und Pressefreiheit

Die unter der Vorgängerregierung Saakaschwili gewachsene direkte politische und wirtschaftliche Einflussnahme auf die Presse ist seit 2012 deutlich zurückgegangen. Medienschaffende können freier arbeiten - insbesondere bei den privaten Medienanstalten. Gleichwohl ist auch in der Medienlandschaft eine Tendenz und zum Teil Polarisierung entlang der politischen Parteien zu erkennen. Das 2013 überarbeitete Rundfunkgesetz verpflichtet Kabelbetreiber, alle verfügbaren Sender auch zu übertragen; auch hat das Gesetz bessere Transparenz zu den Eigentumsverhältnissen geschaffen. Letztendlich bleiben mangelnde Professionalität und Selbstzensur der Journalisten problematisch und beschränken nicht nur Qualität, sondern auch Unabhängigkeit der Presse. Durch den politisch brisanten Prozess um die Eigentumsrechte am privaten regierungskritischen Sender Rustavi 2, wird von vielen Beobachtern und NGOs befürchtet, dass eine zivilrechtliche Rückübertragung der während der Saakashvili-Zeit ggf. widerrechtlich entzogenen Eigentumsrechte an die früheren Eigentümer jetzt eine Beeinträchtigung der Medienfreiheit in Georgien zur Folge haben könnte (AA 10.11.2016).

Die Verfassung garantiert die Rede- und Pressefreiheit und verbietet die Zensur. Gesetzesbestimmungen zur Informationsfreiheit garantieren den Zugang zu öffentlicher Information. Das Rundfunkgesetz besagt, dass sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Sender eine pluralistische und nicht-diskriminierende Berichterstattung über alle relevanten Standpunkte in ihren Nachrichtenprogrammen gewähren sollten. Georgien verfügt über eine lebendige Medienlandschaft mit dem Fernsehen als primäre Informationsquelle. Seit 2012 ist es zu einer Verbesserung des Pluralismus im Medienbereich gekommen. Jedoch bewirkt der begrenzte Werbemarkt, dass die Mehrheit der Medien wirtschaftlich nicht überlebensfähig und infolgedessen nicht völlig unabhängig von externen Druck, etwa seitens politischer Akteure, ist. Insbesondere werden die Rundfunkanstalten als entlang politischer Gräben polarisiert wahrgenommen. In einigen Fällen besteht eine offensichtliche Verbindung zwischen Medieneigentümer und der Politik (OSCE 3.2.2017).

Laut "Reporter ohne Grenzen" rangierte Georgien im "World Press Freedom Index 2016" auf Platz 64 von 180 Ländern und verbesserte sich um fünf Ränge im Vergleich zu 2015. Die Transparenz hinsichtlich der Eigentumsstruktur im Medienbereich hat sich verbessert, die Rundfunk-Regulierungsbehörde wurde reformiert und Gewalt gegen Journalisten tritt weniger häufig auf, obschon Drohungen gegen Journalisten vermeldet worden sind. Die Medien sind weiterhin polarisiert, und trotz gewisser Fortschritte mischen sich die Eigentümer in redaktionelle Inhalte ein. Der Krieg um die Eigentümerschaft über die wichtigsten Fernsehsender stellt laut RWB eine künftige Gefahr für den Medienpluralismus dar (RWB 1.3.2017).

Die Verfassung garantiert die Meinungs- sowie Pressefreiheit. Die BürgerInnen haben im Allgemeinen die Freiheit diese Rechte in Anspruch zu nehmen, obgleich es Anschuldigungen gibt, wonach die Regierung bei Zeiten die BürgerInnen nicht angemessen bei Ausübung ihrer Rechte schützt. NGOs äußerten die Besorgnis, dass sowohl Mitglieder der gegenwärtigen als auch der vormaligen Regierung zivilgesellschaftliche Akteure und Medien kritisierten und zu Ermittlungen gegen einzelne NGO-Leiter aufriefen. Dies führte zur Selbstzensur bei Journalisten und NGO-Akteuren (USDOS 3.3.2017).

Der International Research and Exchanges Board (IREX) bewertete für 2016 den Stand der Pressefreiheit differenziert. Was die Vielfalt der öffentlichen und privaten Medien anlangt, so offerieren diese eine Vielfalt von Standpunkten. Die Bürger haben freien Zugang zu heimischen und internationalen Medien. Unabhängige Nachrichtenagenturen sammeln und verteilen die Nachrichten an die diversen Medien. Die vorhandene Transparenz der Eigentümerschaft erlaubt es den Konsumenten die Objektivität der jeweiligen Medien zu beurteilen. Es besteht keine Medienkonzentration. Das weite Spektrum gesellschaftlicher Interessen wird wiedergegeben bzw. ist vorhanden. Dazu gehören auch Medieninformationen in den Minderheitensprachen. Auf der vierstufigen Sub-Skala für Nachrichtenvielfalt erhielt Georgien 2016 2,61 von maximal 4 Punkten. Die Indikatoren für die Meinungsfreiheit zeigen, dass rechtliche und gesellschaftliche Schutzmechanismen für die freie Rede bestehen und umgesetzt werden. Die Lizenzierung oder Registrierung von Medien schützt ein öffentliches Interesse. Straftaten gegen Medienvertreter, Bürgerreportern und Media-Outlets werden streng verfolgt, obgleich solche Straftaten rar sind. Das Gesetz schützt die redaktionelle Unabhängigkeit bei staatlichen Medien. Um den Beruf eines Journalisten ausüben zu können, braucht es keiner Lizenz oder Registrierung. Mediale Verleumdung wird zivilrechtlich verfolgt. Allerdings bestehen für Vertreter der Öffentlichkeit höhere Standards, und die angegriffene Partei muss die Falschheit und den Vorsatz nachweisen (IREX 2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* IREX - International Research and Exchanges Board (2016): Media Sustainability Index 2016 - The Development of Sustainable Independent Media in Europe and Eurasia,https://www.irex.org/sites/default/files/pdf/media-sustainability-index-europe-eurasia-2016-full.pdf.pdf , Zugriff 1.3.2017

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (3.2.2017): Georgia - Parliamentary Election - 8 and 30 October 2016, OSCE/ODIHR Election Observation Mission, Final Report, ,http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/297551?download=true , Zugriff 1.3.2017

* RWB - Reporter Without Border (2017): Georgia - ?Media independence, the final frontier; 2016 World Press Freedom Index, https://rsf.org/en/georgia , Zugriff 1.3.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Verfassung und die Gesetze gewähren im Allgemeinen die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit (AA 10.11.2016; vgl. BTI 1.2016, USDOS 3.3.2017). Allerdings setzt die Regierung das Versammlungsrecht nur selektiv um. Die Polizei hätte fallweise Teilnehmer friedlicher Demonstrationen willkürlich festgenommen oder es unterlassen, Teilnehmer friedlicher Versammlungen vor Gegendemonstranten zu schützen (USDOS 3.3.2017). Vereinzelt war es zu Zwischenfällen politisch motivierter Gewalt seitens Anhänger der regierenden Partei "Georgischer Traum" und der oppositionellen "Vereinte Nationale Bewegung" (UNM), insbesondere vor Wahlen, gekommen (AI 22.2.2017; vgl. BTI 1.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html , 2.3.2017

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 - Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 2.3.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

Todesstrafe

1997 wurde die Todesstrafe abgeschafft und 2007 diese Abschaffung in der Verfassung verankert (AA 20.3.2017a).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (20.3.2017a): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

Relevante Bevölkerungsgruppen

1.1. Frauen

Gesetzlich sind Frauen den Männern gleichgestellt und genießen auch im öffentlichen Leben die gleichen Rechte. De facto können sie diese aber aufgrund gesellschaftlicher Traditionen und Konventionen nicht immer ausüben, dies trotz in der Regel höherer und besserer Teilhabe an formaler Bildung. Die Anwendung gesetzlicher Regelungen gegen Diskriminierung von Frauen und gegen häusliche Gewalt - die weit verbreitet ist - ist nicht ausreichend gewährleistet. Es herrschen weitgehend patriarchalische Gesellschafts- und Familienstrukturen, was sich im geringen Frauenanteil in der öffentlichen Verwaltung (ca. 30 %), nationaler und lokaler Politik (ca. 12 %), aber auch in der Ausübung schlechter bezahlter beruflicher Positionen in der Wirtschaft und im Gehaltsniveau (geschätzt ca. 1/3 niedriger als bei Männern) zeigt. Gleichwohl sind Frauen häufig sehr wichtige Stützen für Haushalt, Familie und Erwerbseinkommen und stellen mehr als die Hälfte aller Studierenden (54 %). Aus ökonomischen, aber auch traditionellen Gründen kommt es weiterhin vor, dass Mädchen zu sehr früher Eheschließung gedrängt werden. Ab 2017 sind Eheschließungen ohne Ausnahme erst mit 18 Jahren erlaubt (AA 10.11.2016)

In Bezug auf die Geschlechtergleichheit enthält der Aktionsplan zu den Menschenrechten Bestimmungen zum Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen, gegen häusliche Gewalt und zum Opferschutz. Überdies ist die Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit einbezogen. Die Teilnahme von Frauen an der Politik nahm zwar zu, bewegt sich jedoch immer noch auf einem niedrigen Niveau: 16% der jüngst 2016 gewählten Parlamentsabgeordneten waren Frauen, verglichen zu 12% bei den Wahlen zuvor. Weiterhin ist die Gewalt gegen Frauen weit verbreitet. Georgien hat bislang nicht die Istanbuler Konvention zur Vermeidung und Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen sowie der häuslichen Gewalt ratifiziert (EC 25.11.2016).

Der georgische Ombudsmann betrachtet trotz seiner zahlreicher Empfehlungen die Bemühungen des Staates hinsichtlich der Vermeidung früher Eheschließungen als unzureichend. Das Ausmaß der häuslichen Gewalt und der Gewalt gegen Frauen ist extrem hoch, während die Partizipation von Frauen an Entscheidungsprozessen auf einem niedrigen Niveau verbleibt. Keines der Ministerien hatte eine Abteilung für Gleichbehandlungsfragen. Nur drei Ministerien verfügten über eine spezielle Gender-Beauftragte. Positiv zu vermelden war, dass 2015 die Zahl der Gender-Beauftragten in den lokalen Selbstverwaltungskörperschaften gestiegen ist. Allerdings waren unverhältnismäßig wenige Frauen in leitenden Positionen auf lokaler Verwaltungsebene, obwohl dort die Mehrheit der Angestellten Frauen sind. Von 2014 auf 2015 nahmen die Anzeigen von häuslicher Gewalt und Familienkonflikten stark zu. 2014 wurden 9.260 gemeldet. 2015 wuchs die Zahl auf 15.910. Die Zahl der Fälle, welche gemäß dem Strafrecht verfolgt wurden stieg von 350 im Jahr 2014 auf 728 im Jahr 2015. Die einstweiligen Verfügungen verdreifachten sich von 902 (2014) auf 2.726, wobei 93% der Täter Männer und 87% der Opfer Frauen waren (PD 9.6.2016).

Trotz der Bemühungen der Regierung, einschließlich der Verabschiedung des Gesetzes von 2006 über die häusliche Gewalt und der strafrechtlichen Verfolgung der häuslichen Gewalt im Jahr 2012, stellte die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Gewalt gegen Frauen fest, dass häusliche Gewalt, einschließlich körperlicher, sexueller und psychischen Missbrauchs, immer noch als private Angelegenheit und nicht als öffentliches Problem in den meisten Teilen des Landes betrachtet wird. Vorfälle häuslicher Gewalt werden immer noch zu selten angezeigt. Die Gründe sind unter anderem das mangelnde öffentliche Bewusstsein für dieses gesellschaftliche Problem, die Angst vor Vergeltung und Stigmatisierung, das mangelnde Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden sowie die bestehenden Schutzmechanismen für die Gewaltopfer. Sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz ist häufig, jedoch werden Fälle unterdurchschnittlich gemeldet, was zur Stigmatisierung der Frauen beiträgt. Bei Frauenmorden durch (Ex‑)Partner waren trotz vorheriger Meldung Schutzmaßnahmen nicht angemessen und nicht effektiv. Die Sonderberichterstatterin nannte nebst dem Gender-Aktionsplan des Innenministeriums, den Umstand, dass 500 neue Polizistinnen rekrutiert wurden, als positive Entwicklungen. Überdies wurden unter Leitung von UNHCR Standardprozeduren zur Vermeidung bzw. Antwort auf sexuelle und geschlechtsbasierte Gewalt in sechs Städten eingeführt, um die Effizienz des koordinierten Vorgehens der Regierungs- und Nicht-Regierungskörperschaften zu maximieren (UNHRC 9.6.2016).

Pränatale Geschlechtsselektion durch Abtreibungen besteht weiterhin, insbesondere in Regionen der ethnischen Minderheiten. Auf 100 Mädchen werden 110 Buben geboren (UNHRC 9.6.2016). Laut World Economic Forum lag Georgien damit auf Rang 137 von 144 Ländern (WEF 2016).

Der Global-Gender-Gap-Index des World Economic Forums sah Georgien 2016 auf Platz 90 von 144 Ländern in Hinblick auf die Gesamtlage der Frauen. Beim Subindex "political empowerment" lag das Land auf Rang 114 (WEF 2016). Im Verleich zu 2014 verschlechterte Georgien seine Position. Beim "political empowerment" lag es 2014 noch auf Platz 94 von 142 und bei der Gesamtlage der Frauen auf Platz 85 (WEF 2014).

Laut Statistikamt (GeoStat) betrug im dritten Quartal 2016 das durchschnittliche monatliche Nominal-Einkommen der Männer 1.184 GEL [455 Euro], das der Frauen hingegen 744 GEL [285 Euro] (GeoStat 2017).

Vergewaltigung ist illegal, aber Vergewaltigung in der Ehe wird im Gesetz nicht speziell erwähnt. Eine Strafrechtssache im Falle von Vergewaltigung kann allgemein erst dann eingeleitet werden, wenn eine Anzeige des Opfers vorliegt. Bei erstmaliger Vergewaltigung kann der Täter bis zu sieben Jahre, bei Wiederholung bis zu zehn Jahre Gefängnis verurteilt werden. Bei Anwendung schwerer Gewalt, Infektion durch HIV/AIDS oder resultierender Schwangerschaft kann die Strafe bis zu 15 Jahre betragen, wenn das Opfer in den angeführten Fällen minderjährig ist, sogar bis zu 20 Jahre. Im Laufe des Jahres 2016 wurden in 54 Fällen von Vergewaltigung Untersuchungen eingeleitet, was der Zahl aus 2015 entspricht. Laut Innenministerium starben 2016 16 Frauen als Folge häuslicher Gewalt. Die Zahl der tatsächlich durch die Behörden verfolgten Fälle ist 2016 gestiegen. Der Generalstaatsanwalt berichtete, dass in 2016 in

1.380 Fällen eine Strafverfolgung aufgenommen wurde. Trotz gestiegenen öffentlichen Bewusstseins glauben NGOs, dass häusliche Gewalt unterdurchschnittlich angezeigt wird. Der Ombudsmann sieht hinter der Weigerung zur Anzeige auch die Furcht der Opfer keine Hilfe zu erhalten, weil sie der Polizei misstrauen (USDOS 3.3.2017).

Ein Gericht muss eine Wegweisung innerhalb von 24 Stunden genehmigen. Sie verbietet es Tätern sich dem Opfer für sechs Monate auf 100 Meter zu nähern und gemeinsamen Besitz zu nutzen. Verlängerungen sind unbeschränkt möglich. Die erste Verletzung einer Wegweisung führt zu einer Geldbuße, eine weitere Verletzung ist jedoch nach dem Strafgesetzbuch zu ahnden (USDOS 3.3.2017).

Seit Mai 2012 ist häusliche Gewalt als Straftatbestand definiert. Das Gesetz erlaubt der Polizei Wegweisungen gegen verdächtige Personen innerhalb der Familie auszusprechen. Laut Innenministerium bildet der Kampf gegen häusliche Gewalt einen wichtigen Teil der Polizeiausbildung. Im Trainingsprogramm kooperiert das Ministerium mit lokalen NGOs und Internationalen Organisationen. Auf der Internetseite des Ministeriums

(http://police.ge/en/projects/domestic-violence ) finden sich im Detail Adressen und Telefonnummern zu den landesweiten Ansprechstellen für Opfer häuslicher Gewalt (MIA 2017).

Lokale NGOs und die Regierung betreiben gemeinsam eine 24-Stunden-Hotline und Schutzeinrichtungen für misshandelte Frauen und ihre minderjährigen Kinder, wenn auch mit einer begrenzten Anzahl an Plätzen in nur vier von zehn Regionen. Alle arbeiten nach denselben standardisierten Vorschriften und bieten die gleichen Dienste an, darunter psychologische, medizinische und juristische Unterstützung. Allerdings fehlt ihnen die Kapazität zur Rehabilitation und bezüglich der Unterstützung beim Finden einer dauerhaften Unterkunft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 6.3.2017

* GeoStat - National Statistics Office of Georgia (2017): Average monthly nominal salary of employees by sex [Diagramm], http://www.geostat.ge/index.php?action=page&p_id=149&lang=eng , Zugriff 6.3.2017

* MIA - Ministry of Internal Affairs (6.3.2017): Domestic Violence, http://police.ge/en/projects/domestic-violence , Zugriff 6.3.2017

* PD - Public Defender of Georgia (9.6.2016): Women's Rights and Gender Equality 2015,

http://www.ombudsman.ge/uploads/other/3/3722.pdf , Zugriff 6.3.2017

* UNHRC - United Nations - Human Rights Council (9.6.2016): Report of the Special Rapporteur on violence against women, its causes and consequences on her mission to Georgia (A/HRC/32/42/Add.3), http://www.ohchr.org/EN/Issues/Women/SRWomen/Pages/CountryVisits.aspx , Zugriff 6.3.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 8.3.2017

* WEF - World Economic Forum (2016): The Global Gender Gap Report, http://www3.weforum.org/docs/GGGR16/WEF_Global_Gender_Gap_Report_2016.pdf , Zugriff 6.3.2017

* WEF - World Economic Forum (2014): Gender Gap Index 2014 - Georgia,

http://reports.weforum.org/global-gender-gap-report-2014/rankings/ , Zugriff 6.3.2017

Bewegungsfreiheit

Es ist nach dem georgischen Recht illegal, Georgien von Russland über Südossetien oder Abchasien zu betreten, da es keine offizielle Grenzkontrolle gibt. Wer auf diese Weise einreist, kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren bestraft werden. Wenn der Reisepass Ein- und Ausstiegsstempel von den separatistischen Behörden hat, können die georgischen Behörden dies als illegale Einreise über einen nicht anerkannten Grenzübertritt betrachten (Gov.UK 8.3.2017).

Bei der Ausreise aus Georgien erfolgt dem Anschein nach eine strenge Pass- und Identitätskontrolle. Ziel ist es, aufenthaltsrechtliche Verstöße, insbesondere aber mit Haftbefehl gesuchte Straftäter zu identifizieren. Die wiederholten Festnahmen von Personen, die mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, lassen eine gründliche Durchführung von Kontrollen erkennen (AA 10.11.2016).

Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr von Bürgern vor, aber die de facto-Behörden in Abchasien und Südossetien beschränken diese Freiheit. Die südossetischen Behörden führten im Dezember 2016 einen neuen ab 1.1.2017 gültigen Grenzübertrittausweis ein, der drei Jahre gültig sein soll. Die abchasischen Behörden erlauben folgenden Personengruppen das passieren der georgisch-abchasischen Grenze:

Inhaber abchasischer und sowjetischer Reisepässe, Form-Nr. 9-Passierscheine, Angestellte mit georgischen oder internationalen Pässen des grenznahen Wasserkraftwerkes Enguri, Kinder unter 14 Jahren, zumeist ethnischen GeorgierInnen aus dem Bezirk Gali sowie georgische StaatsbürgerInnen, die eine offiziell bestätigte Einladung aus Abchasien besitzen. Während es seitens der georgischen Behörden keine Einschränkungen für internationale humanitäre Organisationen hinsichtlich des Zutritts nach Abchasien und Südossetien gibt, schränken russische, südossetische und abchasische Behörden internationale Organisationen in Bezug auf ihre Bewegungsfreiheit ein. Beschränkungen betreffen vor allem die lokale Bevölkerung hinsichtlich der medizinischen Versorgung, der Bildung, des Pensionswesens und der Gottesdienste (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* Gov.UK (20.3.2017): Foreign travel advice - Georgia, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/georgia/safety-and-security , Zugriff 20.3.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 10.3.2017

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen beim Schutz und der Unterstützung von Binnenflüchtlingen, Flüchtlingen, Rückkehrern, Asylsuchenden und Staatenlosen zusammen. Laut Berichten möchte die Mehrheit der 250.000 Binnenflüchtlinge aus Abchasien und Südossetien wieder in ihr Ursprungsgebiet zurückkehren. Nach Angaben des Ministeriums für Binnenflüchtlinge gab es mit Stand August 2016 271.525 Binnenflüchtlinge. UNHCR schätzte, dass 166.000 Personen sich in einer volatilen Sicherheitslage, die der von Binnenflüchtlingen ähnelte, befanden und somit Schutz und humanitäre Hilfe brauchten. Hierzu zählten auch Personen, die nach Abchasien und Südossetien entlang der Verwaltungsgrenze zurückgekehrt waren. Das für die Binnenflüchtlinge zuständig Ministerium gewährt monatliche Beihilfen für anerkannte Binnenflüchtlinge und fördert deren sozioökonomische Integration. 45.000 Personen arbeiten als Saisonarbeiter und konnten in die abchasischen Bezirke Gali und Otschamtschire zurückkehren. Allerdings verwehren die abchasischen Defacto-Behörden eine Rückkehr der Binnenflüchtlinge in andere Gebiete Abchasiens. Personen, die ihr Eigentum in Abchasien reklamierten, wurden 2008 per Gesetz enteignet (USDOS 3.3.2017).

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Binnenflüchtlinge, Chaloka Beyani, konstatierte anlässlich seines Besuches in Georgien Ende September 2016, dass Georgien Fortschritte hinsichtlich der Verbesserung der Lebenssituation von Binnenflüchtlingen gemacht habe, dazu zählte insbesondere die Verbesserung der Wohnungslage (GT 29.9.2016, vgl. Agenda.ge). Der Ombudsmann informierte den UN-Sonderberichterstatter, dass trotz der positiven Schritte etliche Probleme der Binnenflüchtlinge ungelöst blieben, was erhebliche Anstrengungen und eine aktive Arbeit seitens der maßgeblichen Behörden notwendig mache. Insbesondere müssten laut Ombudsmann die gesetzlichen Regelungen dahingehend adaptiert werden, damit es zu einem bedarfsorientierten Zugang in der Frage der Binnenflüchtlinge und es somit zu langfristigen Lösungen käme. Hierzu zählt insbesondere die Förderung der sozioökonomischen Integration der Binnenflüchtlinge (PD 26.9.2016).

Vor diesem Hintergrund und der Herausforderung der Unterstützung und Integration dieser Binnenflüchtlinge erfahren ausländische Flüchtlinge in Georgien nur geringe Aufmerksamkeit. Ihre Zahl ist im Vergleich gering. In den letzten fünf bis sechs Jahren gab es insgesamt etwa 5.000 Asylbewerber. Nach einem deutlichen Anstieg 2014-2015 (vor allem Iraker, Ukrainer) ist die Zahl der Neuanträge stark rückläufig. Sie finden bislang nur geringe Wahrnehmung - Unterstützungsleistungen für Flüchtlinge, auch finanzieller Art, kommen faktisch ausschließlich von internationalen Organisationen und Projekten. Eine Integration von Flüchtlingen ist auch durch Sprachbarrieren und eine gegenüber Fremden distanzierte georgische Öffentlichkeit schwierig (AA 10.11.2016).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* Agenda.ge (26.9.2016): UN Special Reporter: "Georgia's improved living conditions of IDPs", http://agenda.ge/news/66135/eng , Zugriff 15.3.2017

* GT - Georgian Today (29.9.2016): Chaloka Beyani: Georgia Has Made Progress with IDP Situation,

http://georgiatoday.ge/news/4760/Chaloka-Beyani:-Georgia-Has-Made-Progress-with-IDP-Situation- , Zugriff 15.3.2017

* PD - Public Defender of Georgia (26.9.2016):Public Defender Meets with UN Special Rapporteur on Human Rights of Internally Displaced Persons,

http://www.ombudsman.ge/en/news/public-defender-meets-with-un-special-rapporteur-on-human-rights-of-internally-displaced-persons.page , Zugriff 15.3.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 10.3.2017

Grundversorgung und Wirtschaft

Bedingt durch den Aufschwung im Finanz-, Immobilien-, Transport- und Bausektor verzeichnete Georgien Wachstumsraten in zum Teil zweistelliger Höhe. Der Krieg zwischen Georgien und Russland 2008 sowie die globale Wirtschafts- und Finanzkrise führten allerdings zu einem neuerlichen Einbruch. Daraufhin sagte die internationale Gebergemeinschaft Hilfszahlungen in der Höhe von insgesamt 4,5 Milliarden US-Dollar zu. Die georgische Währung hat seit November 2014 gegenüber dem US-Dollar stark an Wert verloren (über 30 Prozent). Ursachen dafür sind der aktuell sehr starke Dollar, der Rückgang von Devisenzuflüssen aufgrund geringerer Exporte und steigender Importe sowie geringeren Direktinvestitionen aus dem Ausland. Auch die Rücküberweisungen der georgischen Diaspora vor allem aus Russland gingen deutlich zurück (ca. um 30 Prozent). Die Nationalbank Georgiens versuchte, die Sicherung der Preisstabilität mit einer strafferen Geldpolitik zu gewährleisten. Die Abwertung der Georgischen Währung gegenüber dem US-Dollar ging weiter und hatte Ende November 2016 den historischen Tiefpunkt erreicht. Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos und verarmt. Die offizielle Arbeitslosenquote lag 2014 bei 12,4 % und 2015 bei 12%. 10,1% der GeorgierInnen leben in Armut. Vor allem die BewohnerInnen der ländlichen Gebiete in den Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende intern Vertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten AuslandsmigrantInnen machen mit ca. 24% einen nennenswerten Anteil des Volkseinkommens aus (ADA 12.2016).

Mit 1.7.2016 trat das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Georgien in Kraft. Dazu gehörte auch das sog vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen (DCFTA). Bereits 2015 stiegen die georgischen Exporte in die EU um 16%. Nichtsdestoweniger blieb der georgische Handel fragil. Die makroökonomische Situation blieb stabil, sodass 2015 ein Wachstumsplus von 2,5% verzeichnet werden konnte, trotz der unvorteilhaften regionalen Lage. Das Budgetdefizit hat allerdings in den letzten Jahren zugenommen, sodass es nach 3,5% im Jahr 2015 bereits 4,5% im Jahr 2016 betrug. Die öffentliche Verschuldung betrug 2015 42,7% des Bruttoinlandsproduktes. Das angewachsene Handelsdefizit konnte durch die signifikante Zunahme von ausländischen Investitionen kompensiert werden. Die Inflation lag im September 2016 bei fast Null-Prozent. Das Geschäftsumfeld in Georgien gilt als das beste in der gesamten Region und hat sich weiterhin verbessert. Die Landwirtschaft ist weiterhin der Hauptbeschäftigungssektor in Georgien. Rund die Hälfte der aktiven Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Die Defizite sind eine Fragmentierung des Landes, begrenzter Zugang zur Bildung, modernen Technologien und Agrarkrediten. Georgien hat sich bemüht die Produktivität seiner Wirtschaft, darunter die Landwirtschaft, zu steigern. 2016 wurde eine nationale Strategie zur Entwicklung des ländlichen Raumes gestartet, die die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Wirtschaft und ihrer Gemeinden unterstützen soll (EC 25.11.2016).

Quellen:

* ADA - Austrian Development Agency (12.2016): Georgien - Länderinformation,

http://www.entwicklung.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Laenderinformationen/LI_Georgien_Dez2016.pdf , Zugriff 15.3.2017

* EC - European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 8.3.2017

1.2. Sozialbeihilfen

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen

Zuschüsse: Existenzhilfe, Reintegrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, soziale Sachleistungen und Sozialpakete.

Gesetzliche Renten:

Voraussetzungen (nicht alle müssen erfüllt sein):

Die monatliche staatliche Rente beträgt 180 GEL (IOM 2016).

Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL bzw. 24 EUR monatlich; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL bzw. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband (AA 10.11.2016).

Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b.).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* IOM - International Organisation for Migration (2016):

Länderinformationsblatt Georgien

* SSA - Social Service Agency (o.D.a.): Pecuniary Social Assistance (Subsistence Allowance),

http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=35 , Zugriff 16.3.2017

* SSA - Social Service Agency (o.D.b.): Reimbursement of leave for maternity and childcare, as well as for adoption of a new-born child, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=375 , Zugriff 16.3.2017

Medizinische Versorgung

Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 10.11.2016)

Das "Universal Health Care" umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen:

von der Krankheit (IOM 2016).

Zugang besonders für Rückkehrer:

Unterstützung

Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überführung durch Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL) (IOM 2016).

Kosten

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für

Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro 3 Monate (IOM 2016).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen. Jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2016).

Nach der Einführung der universalen Gesundheitsvorsorge hat sich der Zugang der Bevölkerung zu den Dienstleistungen des Gesundheitsbereiches signifikant verbessert. Allerdings finanziert das Programm eine Reihe medizinischer Betreuungsmaßnahmen nicht und der Finanzierungsumfang ist zu gering. Der georgische Ombudsmann empfahl die Liste der Krankheiten im Rahmen des Gesundheitsprogrammes zu erweitern und die Finanzierungsgrenzen zu erhöhen (PD 2015).

Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlose versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* IOM - International Organisation for Migration (2016):

Länderinformationsblatt Georgien

* JF - The Jamestown Foundation (9.3.2015): Why Are Ossetians and Abkhazians Coming to Georgia for Medical Treatment? https://jamestown.org/program/why-are-ossetians-and-abkhazians-coming-to-georgia-for-medical-treatment/ , Zugriff 16.3.2017

* PD - Public Defender (Ombudsman) of Georgia (2015): Annual Report of the Public Defender of Georgia the Situation of Human Rights and Freedoms in Georgia 2015,

http://www.ombudsman.ge/uploads/other/3/3892.pdf , Zugriff 16.3.2017

1.3. Behandlungsmöglichkeiten Hepatitis C

Im April 2015 stellte Georgien sein neues Programm zur Eliminierung von Hepatitis C vor, das Menschen mit Hepatitis C und schweren Lebererkrankungen Zugang zu einer neuen kurativen Therapie ermöglicht. Da die neuen, direkt antiviral wirksamen Medikamente für die meisten Betroffenen bislang unbezahlbar sind, will Georgien Diagnose und Therapie für alle verbilligen und entsprechende Kapazitäten aufbauen. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales arbeitet hierfür mit einem Pharmaunternehmen zusammen (WHO 23.7.2015). Zu Beginn des Programms wurden 5.000 Behandlungen kostenfrei zur Verfügung gestellt, insbesondere für Patienten mit kompensierter oder dekompensierter Leberzirrhose, fortgeschrittener Leberfibrose und Hepatitis C-Infektion in Verbindung mit einer Lebertransplantation (SSA 27.4.2015). Geplant sind jährlich 20.000 Gratisbehandlungen (WHO 23.7.2015; vgl. Agenda 7.3.2016). Seit Beginn des Programms im April 2015 erhielten laut Premierminister Giorgi Kvirikashvili 7.000 Personen eine kostenlose Behandlung, wobei 3.000 die Therapie bereits abschlossen (Agenda 7.3.2016). Der georgische Ombudsmann kritisierte im März 2016 allerdings, dass seinem Vorschlag seitens der Regierung nicht entsprochen wurde, wonach Bewohner der besetzten Landesteile Abchasien und Südossetien, die nur über sog. neutrale Identitätskarten verfügen, ebenfalls in das Programm aufgenommen werden. Laut Ombudsmann gelten gerade diese Bewohner als Vulnerable in Folge der schweren sozialen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Situation unter der Besatzung (PD 10.3.2016).

Quellen:

* Agenda.ge (7.3.2016): PM: 20,000 patients will get free Hepatitis C treatment in 2016, http://agenda.ge/news/53559/eng , Zugriff 16.3.2017

* PD - Public Defender of Georgia (10.3.2016): Ministry of Labour, Health and Social Affairs Disregards Public Defender's Proposal, http://www.ombudsman.ge/en/news/ministry-of-labour-health-and-social-affairs-disregards-public-defenders-proposal.page , Zugriff 16.3.2017

* SSA - Social Service Agency (27.4.2015): Registration of patients for Hepatitis C Elimination program begins tomorrow, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=99&info_id=1579 , Zugriff 16.3.2017

* WHO - Weltgesundheitsorganisation (23.7.2015): Georgien richtet den Blick auf die Eliminierung der Hepatitis C, http://www.euro.who.int/de/countries/georgia/news/news/2015/07/georgia-sets-sights-on-eliminating-hepatitis-c , Zugriff 16.3.2017

1.4. Behandlungsmöglichkeiten Nierentransplantation und Dialyse

Patienten müssen einen Antrag bei der Social Service Agency einbringen, um auf die Warteliste für die Dialyse gesetzt zu werden. Bei einer anstehenden Nierentransplantation muss zuerst im Krankenhaus, welches sich am staatlichen Programm beteiligt, angesucht werden, bevor die nötigen Personaldokumente der Social Service Agency unterbreitet werden. Sollten die nötigen Identitätsdokumente, die u.a. die georgische Staatsbürgerschaft nachweisen, nicht vorgelegt werden können, so gibt es für bestimmte Personengruppen eine Ausnahmeregelung. Dies sind: Kinder ohne Betreuung, Insassen von Haftanstalten und Einwohner der besetzten Gebiete [Abchasien, Südossetien].

Das Programm umfasst u.a.:

a) Die Durchführung von Blutdialysen

b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen

c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können

d) Die Durchführung von Nierentransplantationen

e) Die Bereitstellung von Immunsuppressivmedikamenten für TransplantatempfängerInnen

Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten (SSA o.D.).

Quellen:

* SSA - Social Service Agency (o.D.): Dialysis and kidney transplantation,

http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=820&info_id=918 , Zugriff 16.3.2017

Rückkehr

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die gewöhnlichen, wenn auch unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Basisversorgung. Darüber hinaus bietet der Familienverband traditionell eine soziale Absicherung. Gesetzliche Grundlagen (Migrationsstrategie, neues Ausländerrecht) wurden geschaffen und weiterentwickelt und erstmals auch Haushaltsmittel für die Reintegration von Rückkehrern zur Verfügung gestellt. Maßgebliche Gründe für diese Entwicklung waren vor allem die angestrebte Visaliberalisierung mit der EU, das anhaltende Engagement internationaler Organisationen vor Ort und die Zusammenarbeit aufgrund von Rückübernahme-Abkommen mit verschiedenen Partnern. Die überwiegende Zahl der Rückkehrer wendet sich dem Familienverband zu und erhält dort Unterstützung. 2014 hat die georgische Regierung erstmalig aus eigenen Haushaltsmitteln Gelder für Reintegrationsprojekte durch sieben zivilgesellschaftliche Akteure zur Verfügung gestellt. Internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD - bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU-Mitgliedstaaten) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. Staatliche Repressalien gegenüber Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich (AA 10.11.2016).

Das Ministerium für Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge ist für die Koordinierung der Reintegrationsmaßnahmen verantwortlich, welche in der Migrationsstrategie 2016-2020 neu geplant worden sind. Gemäß dieses Programms werden eine nachhaltige Finanzierung sowie eine erweiterte Kapazität garantiert, dass die sog. Mobilitätszentren unterschiedliche Reintegrationsdienste leisten. Überdies wird innerhalb des Ministeriums eine analytische Abteilung errichtet, die Daten zu Rückkehrern, beispielsweise zu ihren Qualifikationen und Bedürfnissen, sammelt (EC 18.12.2015).

2015 wurden im Staatsbudget 400.000 GEL für Reintegrationsmaßnahmen reserviert. Aus den Geldern wurden Mikro-Geschäfts-Projekte, temporäre Unterkünfte, Aus- und Fortbildungskurse, Förderungen für bezahlte Praktiken, Erste Hilfe und medizinische Grundversorgung, psychologische Rehabilitation und Rechtshilfe für Rückkehrer unterstützt. Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien angekommen sind (MRA o. D.). 2016 wurde das Programm auf 600.000 GEL aufgestockt, und das Ministerium setzte dessen Umsetzung unter Einbeziehung von NGOs fort (SCMI 16.8.2016)

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* EC - European Commission (18.12.2015): Report from the Commission to the European Parliament and the Council. Forth Progress Report on the implementation by Georgia of the Action Plan on Visa Liberalisation [COM(2015) 299 final], http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e-library/documents/policies/international-affairs/general/docs/fourth_report_georgia_implementation_action_plan_visa_liberalisation_en.pdf , Zugriff 16.3.2017

* MRA - Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Accommodation and Refugees of Georgia (o.D.):"Supporting reintegration of the returned Georgian Migrants"Program, http://mra.gov.ge/eng/static/8769 , Zugriff 16.3.2017

* SCMI - State Commission on Migration Issues (16.8.2016):

Information Meeting on Reintegration of Returned Migrants in Sadakhlo Community Center,

http://migration.commission.ge/index.php?article_id=248&clang=1 , Zugriff 16.3.2017

Laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 20.10.2017 bzw. laut Verfügbarkeitsbericht von MedCOI sind die meisten Wirkstoffe - wie

Blopress 16 mg: Candesartancilexetil, Hydrochlorothiazid

Dilatrend 25 mg: Carvedilol

Nepresol 25 mg: Dihydralazin

Doxazosin 8 mg: Doxazosin mesilat

Baypress 10 mg: Nitrendipin

Thrombo ASS 100 mg: Acetylsalicylsäure

Pantoloc 40 mg: Panteprazol

Fermed 100 mg/ 5 ml post HD: Eisen(III)

Neorecormon 5.000 E post HD: Epoetin beta

in Georgien erhältlich. Nitrendipin ist nicht verfügbar, alternativ gibt es jedoch den Wirkstoff Nifedipin gegen Bluthochdruck. Dihydralazin zur Behandlung von Bluthochdruck ist nicht verfügbar. Bei Eisenmangel ist Eisen-III Isomaltosid 1000 nicht verfügbar, jedoch andere Eisenpräparate.

Was die Therapien anlangt, bestehen die Möglichkeiten zur Nierentransplantation, der regelmäßigen Dialyse, von Laboruntersuchungen der Nierenfunktionen sowie die stationäre und ambulante Behandlung durch einen Nierenfacharzt. Ebenso sind die stationäre und ambulante Behandlung durch einen Kardiologen und Internisten gegeben.

Fast alle der angeführten Medikamente werden zu 100% vom Staat bezahlt, insofern sie im Rahmen des Spezialprogrammes verschrieben werden. Laut MedCOI-Bericht werden generell dem angeführten Patienten 80% der Medikamentenkosten bis zu einer Summe von 20.000 Lari [rund 6.815 €] pro Jahr im Rahmen des speziellen Programmes für Nierenerkrankungen übernommen. Hinsichtlich der Leistbarkeit führt MedCOI an, dass das monatliche Durchschnittseinkommen 2017 bei 1042 Lari [355 €] lag. Gemäß der MedCOI-Kontaktperson ist dies gerade ausreichend, um die monatlichen Kosten für Miete, Strom, Wasser, Lebensmittel und mögliche Kosten für den Schulbesuch der Kinder zu decken. Im vorliegenden Fall trägt der Staat zwar die meisten Kosten, doch müssen für die notwendige Untersuchung 500 Lari selbst bezahlt werden. Viele Menschen in Georgien nehmen zur Begleichung der medizinischen Kosten Kredite auf. Weitere Details, z.B. zur Verfügbarkeit von Spendernieren, sind dem beigelegten Bericht zu entnehmen.

Einzelquellen:

Das Original folgender Anfragebeantwortung von MedCOI werden als

Anlage übermittelt:

• Local Doctor via MedCOI (23.9.2017): BMA-10127, Zugriff 20.10.2017

• Medical Country of Origin Information (The Netherlands) (18.10.2017): BDA-6622; Zugriff 20.10.2017

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit solchen Gefährdungen ausgesetzt wären.

Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Erkrankung der bP 1 erreicht nicht ein lebensbedrohliches, iSd Judikatur zu Art. 3 EMRK relevantes Ausmaß und war der alleinige Grund für die Ausreise der bP.

Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung der bP nach Georgien zulässig und möglich ist.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den ausgestellten Heimreisezertifikaten.

Anzuführen ist, dass es den bP aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit möglich gewesen wäre, ihre Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren durch die Vorlage von unbedenklichen Unterlagen selbst zu bescheinigen, zumal sie aus einem Staat stammen, welcher die Existenz seiner Bürger dokumentiert und deren Identität durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt, wie nunmehr durch Übermittlung der Heimreisezertifikate passiert. Auch den georgischen Führerschein hat die bP 2 nicht selbstständig vorgelegt, sondern musste dieser von der Führerscheinbehörde angefordert werden.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

Die bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte).

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der bP liegen der Entscheidung der belangten Behörde Anfragebeantwortungen sowie Berichte der Staatendokumentation zugrunde, deren Aktualität nach wie vor gegeben ist und an deren Objektivität auch für das BvWG kein Zweifel besteht. Im Übrigen wurden auch diesen Feststellungen nicht substantiiert entgegen getreten.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

II.2.4.1. Die Ausführungen des BFA sind für sich als tragfähig anzusehen und stellen die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn diese anführt, dass das Vorbringen der bP im Wesentlichen glaubwürdig, aber nicht asylrelevant war.

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen haben (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen in diese Richtung erstatteten, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.

II.2.4.2. Nachvollziehbar hielt die belangte Behörde zum Vorbringen der bP, dass sie lediglich aufgrund der gesundheitlichen Probleme der bP 1 aus Georgien ausgereist sind, fest, dass dieses Vorbringen zwar glaubwürdig war, aber aufgrund der Behandelbarkeit der Erkrankung der bP 1 nicht zu einer Schutzgewährung führen konnte. Die Feststellungen zur erfolgten Behandlung der bP 1 in Georgien, in Österreich sowie zur aktuellen Behandlungsnotwendigkeit ergeben sich aus den Angaben der bP selbst in Zusammenschau mit den vorgelegten Befunden und dem Befundbericht vom 14.07.2017.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde war keine internistische Untersuchung der bP 1 insbesondere zur Frage der Notwendigkeit einer Spenderniere geboten und erübrigten sich damit auch weitere Erhebungen zu den Möglichkeiten von Organtransplantationen in Georgien, wobei darauf hingewiesen wird, dass diese gemäß Länderfeststellungen möglich sind. Die Untersuchung konnte unterbleiben, da die bP 1 selbst in ihrer Einvernahme angegeben hat, aktuell keine Nierentransplantation zu benötigen und dies nicht im Raum stehe. Sie steht auch nicht auf einer Transplantationsliste. Richtig ist zwar, dass die bP gemäß ihren Angaben wegen der Erkrankung, besserer Behandlungsmöglichkeiten und auch unter anderem einer etwaigen Spenderniere nach Österreich gereist sind, dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass eine Transplantation aufgrund des Gesundheitszustandes der bP 1 aktuell nicht indiziert ist.

Dass den Angaben in der Beschwerde nicht gefolgt werden kann, dass die bP sich doch auf die Notwendigkeit einer Transplantation berufen hätten, belegen unstrittig insbesondere nachfolgende Auszüge aus den letzten Einvernahmen der bP am 27.11.2017.

Einvernahme der bP 1:

F.: Wie hoch waren die Kosten, die Ihnen aus Ihrer medizinischen Behandlung erwuchsen.

A.: Die Dialyse selbst war kostenlos, die Medikamente, welche ich in Georgien benötigte kosteten mich ca. 500 Lari im Monat. Ich möchte aber dazu ausführen, dass ich manche Medikamente kostenlos erhielt und manche selbst bezahlen musste. In Österreich erhalte ich jedenfalls mehr Medikamente als ich in Georgien erhalten habe.

F.: Wenn Sie vor der Ausreise in Georgien ausreichend medizinisch versorgt wurde, warum kamen Sie nach Österreich.

A.: Ich hoffte auf eine bessere Behandlung als in Georgien, ich hoffte vor allem auf eine kostenlose Behandlung.

F.: Bestand in Georgien die medizinische Notwendigkeit, dass Sie eine Spenderniere benötigten.

A.: Nein. Es bestand keine dringende Notwendigkeit und aktuell besteht auch keine dringende Notwendigkeit, dass ich eine Spenderniere erhalten sollte. Mein Bruder ist Arzt und er sagte, dass es in Österreich die Möglichkeit einer Spenderniere gäbe. Eventuell könnte ich dann wiederum ein besseres Leben führen und müsste die Dialyse nicht mehr in Anspruch nehmen.

Aber wie auch immer, sollte ich eine Spenderniere wünschen, müsste ich ohnehin über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen.

F.: Was ist diesbezüglich (Spenderniere) in Österreich geschehen.

A.: Hier ist nichts geschehen. Ich habe mich auch nicht für eine Spenderniere beworben und mein Name befindet sich auf keiner Warteliste. Ich habe nur einmal in Österreich mit einem Arzt gesprochen und ihn auf eine Spenderniere angesprochen. Ich weiß aber den Namen des Arztes nicht mehr und ich kann mich auch nicht mehr erinnern. Ich habe mehrmals während einem Gespräch mit einem Arzt im Zuge der Durchführung der Dialyse gesprochen.

Einvernahme der bP 2:

F.: Bestand in Georgien die medizinische Notwendigkeit, dass Ihre Mutter eine Spenderniere benötigte.

A.: Nein. Es bestand keine dringende Notwendigkeit und aktuell besteht auch keine dringende Notwendigkeit, dass meine Mutter eine Spenderniere erhalten sollte. Ich dachte nur, dass es eine Möglichkeit wäre, damit meine Mutter wieder ein besseres Leben führen könnte und ich mich nicht mehr in diesem Ausmaß um meine Mutter kümmern müsste.

F.: Was ist diesbezüglich (Spenderniere) in Österreich geschehen.

A.: Nichts ist geschehen. Meine Mutter wurde in Österreich weder für eine Spenderniere angemeldet noch geschah irgendetwas in diese Richtung.

Soweit die Beschwerde vage eine erforderliche Nierentransplantation in den Raum stellt, kann auch den vorgelegten Befunden weder entnommen werden, dass die bP in absehbarer Zeit eine Spenderniere benötigt oder auf einer Transplantationsliste vorgemerkt wäre. Soweit die bP 1 eine mittel- bis langfristige Notwendigkeit einer Transplantation anspricht, verkennt das Gericht nicht, dass ein derartiger Fall eintreten kann. Ein Abschiebehindernis kann in derart zukünftig befürchteten Umständen aber nicht erkannt werden und wird nochmals darauf hingewiesen, dass gemäß Länderfeststellungen in Georgien Nierentransplantationen an sich möglich sind.

Dass eine Überstellung der bP 1 möglich ist, wenn für die entsprechende Medikamentation für die Reise sowie in Armenien wieder vorhandenen Dialyse gesorgt wird, ergibt sich schon aus dem Befundbericht vom 14.07.2017, welcher mangels gegenteiliger, vorgelegter medizinischer Berichte als nach wie vor aktuell angesehen werden kann. Zu den Ausführungen in der Beschwerde, dass nicht überprüft worden sei, inwieweit die bP 1 auf die Hilfe der bP 2 angewiesen ist, ist festzuhalten, dass die bP in Georgien sowie in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt lebten bzw. leben und nicht erkennbar ist, dass dies im Falle der Rückkehr nicht mehr möglich sein würde. Auch kann im Rahmen der Abschiebung, in welcher auf die Medikamentation der bP 1 Bedacht zu nehmen sein wird, darauf geachtet werden, die bP gemeinsam abzuschieben.

Zu den behauptetermaßen mangelhaften Ermittlungen im Lichte des § 18 Abs. 1 AsylG weist das ho. Gericht darauf hin, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen wird. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des BVwG, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber, auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196;

30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299;

2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888;

19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei -VwSlg 13.227 A/1990) - dazu Veranlassung geben (vgl. auch VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

Aus den von der bP vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die bP 1 an einer Niereninsuffizienz und Nebenerkrankungen leidet (vgl. Wiedergabe aus dem Befund vom 14.07.2017 oben). Wegen der Nierenerkrankung bedarf sie unter anderem 3 Mal pro Woche einer Dialyse. Laut georgischen medizinischen Unterlagen und nach ihren eigenen Angaben hat die bP in Georgien seit 2011 ebenfalls 3 Mal pro Woche eine Dialyse erhalten. Aus den vorliegenden Länderfeststellungen, Berichten und der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation geht ebenfalls zweifelsfrei hervor, dass es in Armenien eine Dialysemöglichkeit gibt. Auch die Verfügbarkeit der von der bP 1 benötigten Medikamente bzw. von Medikamenten mit vergleichbaren Wirkstoffen ergibt sich aus den Feststellungen.

Nach der geltenden Rechtslage wäre eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde; dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Relevante Umstände iSd Judikatur zu Art. 3 EMRK sind damit im gesamten Verfahren vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen und persönlichen Angaben der bP nicht hervorgekommen.

Insgesamt gesehen wurde der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der belangten Behörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben, der immer noch die gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die belangte Behörde hat auch die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in der angefochtenen Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und teilt das hier entscheidende Gericht auch die tragenden Erwägungen der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. In gegenständlicher Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

Gemäß dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung ein umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB übererfüllt.

Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.

Zu A) (Spruchpunkt I)

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) ...

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.

dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2.

der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

..."

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Wie im gegenständlichen Fall bereits erörtert wurde, haben die bP während des gesamten Verfahrens glaubhaft vorgebracht, in Georgien nie aus einem der in der GFK genannten Gründe verfolgt worden zu sein und lediglich wegen der besseren Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung der bP 1 nach Österreich gekommen zu sein. Die konkreten Fragen, ob sie in Georgien jemals wegen ihrer Religion, politischen Gesinnung, Rasse, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt worden sind, haben die bP mit "Nein" beantwortet.

Auch kann im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

Die nahe liegenden und bereits beschriebenen wirtschaftlichen Erwägungen, welche die bP zum Verlassen des Herkunftsstaaten veranlassten, können nicht zu Gewährung von Asyl führen, zumal keinerlei Hinweise bestehen, dass die bP aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grundes von der angespannten wirtschaftlichen Lage in Georgien nachteiliger betroffen wären, als die sonstige georgische Bevölkerung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 6.3.1996, Zi. 95/20/0110 oder vom 20.6. 1995, Zl. 95/19/0040).

Ähnliches gilt auch in Hinblick auf den Zugang zum georgischen Gesundheitssystem. Auch hier kann nicht festgestellt werden, dass sich die den bP zugänglichen Leistungen aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund schlechter darstellen, als dies für die sonstige georgische Bevölkerung der Fall ist, oder dass ihnen aufgrund eines solchen Motivs der Zugang zur medizinischen Versorgung erschwert oder verunmöglicht wird.

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.

der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.

...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

..."

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

...

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Georgien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet (dies kann auch in Bezug auf den Konflikt um die Kontrolle der Regionen Abchasien und Südossetien nicht angenommen werden), kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird darüber hinaus festgestellt, dass diese in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei der bP 2 handelt es sich um einen mobilen, jungen, gesunden, arbeitsfähigen Menschen. Die bP 1 verfügt über ein großes soziales Auffangnetz und kann davon ausgegangen werden, dass sich die bP 2 wieder - wie schon vor der Ausreise - um sie kümmert und sie insbesondere wieder bei ihrem zweiten Sohn wohnen können. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

Auch steht es den bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten.

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.

Soweit die bP1 ihren Gesundheitszustand thematisiert, wird festgehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005 (Appl. 1383/04), wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden hat und der selbstmordgefährdet war, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich.

Im gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die bP vom Zugang zu medizinischer Versorgung in Georgien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der bP beschriebenen Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktisch Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der bP gelegenen Umständen belegen würden, kamen nicht hervor.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die bP 1 ihre Krankheiten bereits Jahre vor ihrer Ausreise in Georgien hatte und nach eigener Angabe dort deswegen auch behandelt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass der medizinische Standard in Georgien nicht auf dem gleichen hohen Niveau wie in Österreich ist und dass in Georgien Kosten für einzelne Medikamente anfallen können. Diese Umstände sind jedoch nach der oben aufgezeigten Judikatur nicht ausschlaggebend. Zudem ist im Fall der bP 1 hervorzuheben, dass sie in Georgien über ein entsprechendes familiäres Umfeld verfügt, welches sie auch bis zu ihrer Ausreise bereits betreut und unterstützt hat.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko

v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten Erkrankungen offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 [vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.)

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen [VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen, in welcher mitgeteilt wurde, dass, wenn im Voraus bekannt sei, dass eine Problemabschiebung bevorstehe, vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen sei. Für solche Fälle habe sich auch der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Es könne also davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen (bei Charterabschiebungen, ..., sei dies Standard) von Beginn der Amtshandlung bis zur Übergabe der betreffenden Person an die Behörden des Heimatlandes eine ärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auch sei es bei derartigen Charterabschiebungen gängige Praxis, dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei seien. Transporte von Kindern würden auch von speziell ausgebildeten weiblichen Beamten begleitet. Auch könne die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden und mitfliegen, wenn man von dem Abschiebungsvorgang rechtzeitig Kenntnis erlange].

Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinische behandelt zu werden und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK.

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen, wonach die Erkrankungen der bP 1 auch im Herkunftsland behandelt werden können, handelt es sich im Lichte der dargestellten Judikatur bei den Erkrankungen jedenfalls nicht um dermaßen schwere, akut lebensbedrohliche und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbare Erkrankungen, die zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art 3 EMRK führen könnten. Dass die Behandlung in Georgien unter Umständen nicht dem österreichischen Niveau entspricht, vermag zur Gewährung des subsidiären Schutzes nicht auszureichen. Schlechtere Behandlungsmöglichkeiten und weniger günstige Verhältnisse im Herkunftsstaat als jene, die die bP 1 in Österreich genießt, sind kein Abschiebehinderns.

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu schützen, sondern einzig und alleine Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Solche oder sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren weder hervorgetreten, noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführenden Parteien nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

II.3.4. Frage der Erteilung von Aufenthaltstiteln und Erlassung von Rückkehrentscheidungen

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. ...

2. ...

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. - 5. ...

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) ..."

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) -(4) ...

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) - (6) ..."

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

"§ 52. (1) ...

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. ...

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. - 4. ...

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3)- (11)..."

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1)...

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) - (5).

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wären, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann einen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).

II.3.4.4. Basierend auf den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst -bezogen auf das Lebensalter der bP - kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl bei der belangten Behörde als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes:

Die bP sind seit ca. 3 1/2 Jahren in Österreich aufhältig. Sie reisten zwar legal in Österreich ein, konnten ihren Aufenthalt aber letztlich lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Die bP verfügen über keine familiären bzw. die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte

Die bP sind -in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist. Die bP haben Deutschkurse belegt, die bP 1 jedoch noch keine Prüfung abgelegt, die bP 2 hat die A1 Prüfung absolviert.

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die volljährigen bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Zur vorgelegten Gewerbeberechtigung ist festzuhalten, dass diese bereits vom November 2017 stammt und die bP 2 dennoch bis dato keine Beschäftigung aufgenommen hat und vielmehr erst jetzt über eine Steuernummer verfügt und beabsichtigt, ab Mai 2018 zu Arbeiten. Die Grundversorgung wurde über den gesamten Zeitraum bis jetzt bezogen und kann daher von keiner Selbsterhaltungsfähigkeit ausgegangen werden und kann dieser etwaigen Beschäftigung in der Zukunft keine entscheidende Bedeutung zukommen.

Die vorgelegten Empfehlungsschreiben dokumentieren, dass sich die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung im Bundesgebiet aufbauten, eine außergewöhnliche Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.

Zur anzuerkennenden sozialen Vernetzung der bP und den Unterstützungsschreiben ist jedoch festzuhalten, dass die diversen Unterstützungsleistungen und Integrationshilfen der freiwilligen Helfer gesehen werden, diese aber bei den erst relativ kurz in Österreich aufhältigen bP noch zu keiner außergewöhnlichen Integration im Sinne der Judikatur geführt haben.

Die integrativen Maßnahmen wurden über Freiwillige bzw. über die Pfarre im Rahmen eines Sprachcafes getätigt bzw. initiiert und ist die diesbezügliche Integration der bP daher nicht auf ihre eigene Initiative zurückzuführen, wenngleich die Leistungen des Vereins bzw. der Helfer anerkannt werden und festzuhalten ist, dass die bP zumindest diese Angebote angenommen haben. Die Unterstützer aus den Schreiben kennen die bP aus diesen integrativen Maßnahmen bzw. haben sie in Deutsch unterrichtet.

Es wird auch nicht verkannt, dass die bP freundlich und hilfsbereit sind und bei sozialen Veranstaltungen, in der Gemeinde oder in der Pfarre helfen. Die Ehrenamtlichen Tätigkeiten der bP 2 beschränkten sich - außerhalb der Pfarre - auf ein mal Chauffeurdienste im Seniorenheim und fallweise wenige Stunden im Volkshilfe Shop bei Bedarf mitzuhelfen.

Für eine nachhaltige Integration in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht sind die nicht verkannten privaten Anknüpfungspunkte - vor allem in Zusammenhang mit der geringen Aufenthaltsdauer - auf jeden Fall zu wenig. Werte wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft etc. sind nicht als Zeichen besonderer Integration anzusehen und werden gerade für Personen, die sich in Österreich auf Dauer niederlassen wollen, vom erkennenden Gericht als selbstverständlich vorausgesetzt.

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es der bP frei - so wie jedem anderen Fremden auch - sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet - unverzüglich - zu verlassen.

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders zu berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt worden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führt. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Georgien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Den bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden.

-Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die bP

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK -anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass -wie bereits mehrfach erwähntgem. § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist.

Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass die bP mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde.

II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

II.3.5. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden hierzu bereits bei den Ausführungen zu den Spruchpunkten I und II des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 50 Abs. 1 und 2 erforderlichen Subsumtionen vorwegnehmen. Eine im § 50 Abs. 3 genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

II.3.6. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

II.3.7. Gegen die gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise bestehen keine Bedenken.

II.5. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.

der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.

die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

oder

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Es sei an dieser Stelle nachmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und aufgrund der normativen Vergewisserung der Sicherheit dieses Staates diesbezügliche Fragen jedenfalls als geklärt anzusehen sind und keiner weiteren Verhandlung bedürfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der belangten Behörde für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das ho. Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens der bP getätigten Äußerungen zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für die bP günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung unterzogen, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur.

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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