AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W103.2119717.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2015, Zl. 1027134902-14845019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2, und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer ist Staatsangehörige der Ukraine, der ukrainischen Volksgruppe und dem orthodoxen Glauben zugehörig. Am 01.08.2014 stellte er den diesem Verfahren zugrunde liegenden Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet gelangt war. Zum Nachweis seiner Identität brachte der Beschwerdeführer seinen ukrainischen Führerschein im Original in Vorlage.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag seiner Antragstellung gab der Beschwerdeführer nach seinen Ausreisegründen befragt an, in der Ukraine herrsche zurzeit Bürgerkrieg. In XXXX, dem Heimatort des Beschwerdeführers, hätten 400 Männer einen Einberufungsbefehl erhalten, davon seien etwa 50 Personen in den Krieg eingezogen worden, maximal 20 Personen seien wieder zurückgekehrt. Der Beschwerdeführer selbst habe bislang noch keinen Einberufungsbefehl erhalten, doch habe er Angst gehabt, ebenfalls zum Krieg einrücken zu müssen und habe er sich aus diesem Grund entschlossen, sein Land zu verlassen. Dies seien alle seine Fluchtgründe. Im Falle einer Rückkehr in die Ukraine fürchte der Beschwerdeführer um sein Leben.
Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde in weiterer Folge zugelassen.
Mit Eingabe vom 17.09.2014 wurde über die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Grundversorgung des Landes XXXX aus disziplinären Gründen informiert.
Mit Eingabe vom 09.09.2015 wurde das im Spruch bezeichnete Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben.
Mit Schreiben vom 10.11.2015 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs die herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in der Ukraine.
Am 24.11.2015 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer geeigneten Dolmetscherin für die russische Sprache eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz statt. Der Beschwerdeführer gab eingangs auf entsprechende Nachfragen hin an, sich einwandfrei mit der anwesenden Dolmetscherin verständigen zu können, sich auf die durchzuführende Einvernahme konzentrieren zu können und bisher wahrheitsgemäße Angaben getätigt zu haben, welche korrektermaßen protokolliert worden seien.
Die weitere Befragung des Beschwerdeführers nahm dabei den folgenden Verlauf:
"(...)
Bei dieser Einvernahme handelt es sich um eine Fortsetzung der bis jetzt durchgeführten Befragungen. Es geht jetzt vorwiegend um die Darstellung Ihres Fluchtgrundes. Hat sich an Ihren Fluchtgründen, seit der letzten Befragung, irgendetwas geändert?
Antwort: Es hat sich vieles geändert, es ist jetzt noch schlechter als früher in der Ukraine.
(...)
Anmerkung: Der AW legt mehrere Dokumente vor:
* Ausweis für studierende Universität XXXX
* Bestätigung der Uni XXXX
* Brief der Schwester in ukrainischer Sprache mit Übersetzung durch die
Vertrauensperson
* Einberufungsbefehl (Original + Kopie) mit Übersetzung durch die Vertrauensperson
(...)
Frage: Hat sich an Ihren persönlichen oder familiären Verhältnissen seit der letzten Einvernahme etwas verändert?
Antwort: Ich habe eine Freundin an der Universität.
Frage: Sie haben bei der EB angegeben, dass Sie nicht verheiratet sind.
Antwort: das ist richtig.
Frage: Also besteht keine offizielle Ehe?
Antwort: Ja, das stimmt
Frage: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie in der Ukraine?
Antwort: Ja , nur mit meiner Familie. Über Viper.
Frage: Wann hatten sie das letzte Mal Kontakt zu Ihrer Familie?
Antwort: Gestern Nacht
Frage: Wissen sie wo Ihre Familie derzeit lebt?
Antwort: Ja,
Frage: Können Sie mir die genaue Anschrift Ihrer Familie nennen?
Antwort: XXXX
(...)
Frage: Wann haben Sie erstmals den Entschluss gefasst, Ihren Herkunftsstaat verlassen zu wollen?
Antwort: Nach langem zögern: am 29. oder 30. Juni 2014. Als diese Männer kamen um mich abzuholen. Ich habe Geld für die Uni bezahlt. Das ist viel Geld in der Ukraine. Ich bin nach Hause gekommen. Diese Militärleute sind zu mir gekommen. Ich habe Sie nicht gesehen. Mein
Vater hat sie gesehen und zu mir gesagt: Lauf. Ich habe gehört, dass manche Personen von diesem Menschen von der Straße weg mitgenommen wurden. Ich möchte nicht an
Kampfhandlungen teilnehmen. Ich bin gegen Krieg.
Frage: Wann genau haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?
Antwort: Am gleichen Tag.
Anmerkung: der LA bittet die Dolmetscherin nochmals das Datum nachzufragen. War es
tatsächlich der 29. oder 30. Juni? Es war ein Missverständnis: Es ist der
Monat Juli
Frage: Waren Sie seither jemals wieder in der Ukraine?
Antwort: Nein
Frage: Kommen wir jetzt zu dem Grund, dass Sie die Ukraine verlassen mussten und dass Sie nicht in die Ukraine zurück können? Bitte erzählen Sie?
Antwort: Beginn der freien Erzählung:
In der Ukraine herrscht Krieg. Ich habe praktisch Fahnenflucht begangen. Ich bin auf der Flucht. Ich bin ein Sportler, ein Boxer, und die Sportler werden zuerst einberufen. Ich habe sogar einen Feuerwehrkurs gemacht. Man möchte mich zwingen zu kämpfen. Ich möchte das nicht. Als gläubiger Christ möchte ich nicht meine Brüder töten. Am 29. oder 30. Juli 2014 bin
ich nach der Vorlesung nach Zuhause zurückgekehrt. Ich habe mich gerade umgezogen als mein Vater panisch rief: Lauf. Ich habe das gesamte Familiengeld mitgenommen. Sie sind mir gefolgt. Es ist mir aber gelungen wegzulaufen. Ich rief meinen Freund an. Wir haben uns getroffen. Er hat mir gesagt, dass ich warten soll. Er hat mir Geld für Essen gelassen und den Rest hat er mitgenommen. Zuletzt sind 2 Personen gekommen und haben mich mitgenommen. In XXXX wurde ich wach. Ich habe Ihnen Geld gegeben. Ich habe eine Dame angesprochen, die mir erklärt hat, wie ich nach Traiskirchen komme.
Ende der freien Erzählung.
Frage: Ihre Vertrauensperson erwähnte, dass eine Tante von Ihnen in XXXX lebt? Stimmt das?
Antwort: Ja, das stimmt. Ich habe Sie damals angerufen aber sie ist nicht gekommen. Bis heute habe ich Sie nicht gesehen.
Frage: Wie heißt diese Tante und wo genau wohnt Sie?
Antwort: XXXX, Adresse weiß ich nicht.
Frage: Können Sie mir eine Telefonnummer Ihrer Tante geben?
Antwort: (..)
Anmerkung: Die Vertrauensperson verlässt um 11:47 die Einvernahme.
Frage: Wenn ich Ihre Tante jetzt anrufe und frage, ob Sie mit Ihnen Kontakt hatte, was würde Sie mir antworten?
Antwort: Ich weiß nicht, was Sie sagen wird.
Frage: Aus Ihrer Erzählung entnehme ich, dass Sie Ihren Herkunftsstaat völlig unvorbereitet und überstürzt verlassen mussten. Ist das richtig?
Antwort: Ja
Frage: Gab es schon früher Anzeichen, dass Sie vielleicht fliehen müssen?
Antwort: Nein, ich führte ein normales Leben. Ich studierte, hatte eine Freundin,....
Frage: Wenn es eine überstürzte und unvorbereitete Flucht war, warum haben Sie dann vorher deutsche Übersetzungen von Ihren Dokumenten anfertigen lassen?
Antwort: Das wurde mir geschickt. Ich hatte nichts mit.
Frage: Wer hat diese Dokumente übersetzten lassen?
Antwort: Meine Eltern.
Frage: Warum haben Ihnen die Eltern dann nicht den Original Reisepass geschickt?
Antwort: Es wurde mir gesagt, ich soll eine Kopie bringen.
Frage: Wo ist der Originalpass?
Antwort: In der Ukraine
Frage: Aus den Übersetzungen ist zu lesen, dass Sie ein Fernstudium absolvierten. Ist das richtig?
Antwort: Ja, das stimmt.
Frage: Wie weit ist die Universität von Ihrem Wohnort entfernt?
Antwort: 40 Km von meinem Dorf entfernt. Prüfungen muss man in XXXX machen.
Frage: An welchen Wochentagen fanden üblicherweise die Vorlesungen statt?
Antwort: 20 Tage durchgehend auch am Wochenende
Frage: Sie sagten, dass sie 10 Tage als Obdachloser in XXXX lebten? Warum?
Antwort: Wo ich wohnte war eine Rauferei. Betrunkene haben angefangen und ich habe mich nur gewehrt. Wir wurden dann auf die Straße gesetzt.
Frage: Sie waren also ein unschuldiges Opfer?
Antwort: Ja, ich habe mich nur gewehrt.
Frage: Fanden in Ihrem Herkunftsstaat jemals Übergriffe gegen Ihre Person statt?
Antwort: Nein
Frage: Sind Sie vorbestraft im Herkunftsland oder einem anderen Land?
Antwort: Nein
Frage: Waren Sie jemals politisch tätig?
Antwort: Nein
Frage: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?
Antwort: Nein
Frage: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Religion?
Antwort: Nein
Frage: Hatten Sie persönliche Probleme mit staatlichen Behörden, Gerichten oder der Polizei in Ihrem Heimatland?
Antwort: Nein
Frage: Sind Sie illegal oder legal ausgereist?
Antwort: illegal
Frage: Wodurch bestritten Sie Ihren Lebensunterhalt im Heimatland?
Antwort: Ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet.
D: Sind Sie arbeitsfähig? Welche Arbeiten können Sie verrichten?
Antwort: Ja, es ist mit peinlich, dass ich vom Staat Österreich mit Geld unterstützt werde. Ich bin ein gesunder, junger Mann und kann mich alleine ernähren und ich würde das gerne machen und arbeiten. Mein erstes Ziel ist es Deutsch zu lernen.
Frage: Ich beende jetzt die Befragung. Wollen Sie sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen wichtig ist und bisher nicht aufgeschrieben wurde?
Antwort: Ja, ich möchte sagen, wenn ich nach Hause zurückgeschickt werde, werde ich als Fahnenflüchtiger zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt, oder ich werde in den Krieg geschickt. Mein Leben in der Ukraine ist in Gefahr.
Verfahrensleitende Verfügung:
Ihnen wurden die und mit Quellenangaben versehene landeskundliche Feststellungen zum Staat Ukraine gemeinsam mit der Ladung zugeschickt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtigt diese Unterlagen zur Entscheidungsfindung in Ihrem Asylverfahren heranzuziehen. Es steht Ihnen frei dazu eine Stellungnahme abzugeben.
Frage: Möchten Sie eine Stellungnahme abgegeben?
Antwort: Der Krieg, der in der Ukraine geführt wird ist ein Krieg der Milliardäre. Der wird von Amerika finanziert. Die Preise sind gestiegen. Einfache Menschen können Ihre Familien nicht mehr ernähren. In einem Jahr ist das Brot von 2 auf 10 Kriven gestiegen. Die Löhne sind sehr niedrig. Das schlimmste ist, dass unschuldige sterben. Ein guter Bekannter von war Zeuge, wie die Menschen im Krieg einfach so verschwinden. Die Leichen werden in einem Massengrab geworfen und niemand weiß, wer wo gestorben ist. Die die zurückkehren sind psychisch krank.
Frage: Haben Sie die Dolmetscherin während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
Antwort: Ja.
Belehrung: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen, wenn was falsch aufgeschrieben wurde.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wörtlich rückübersetzt.
(...)
Korrektur: In der freien Erzählung der Fluchtgründe: Ich habe mir Geld für das Essen gelassen mit dem Rest wollte ich die Schleppung zahlen.
Vorletzte Seite: Korrektur: ... als Fahnenflüchtiger zu 5 Jahren
Gefängnis verurteilt und ich werde in.....
(...)"
2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 16.12.2015 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz vom 01.08.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Die Identität der beschwerdeführenden Partei konnte aufgrund ihres im Original vorgelegten Führerscheins festgestellt werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf umfassende Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (vgl. Seiten 15 ff des angefochtenen Bescheids).
Betreffend das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurden im Einzelnen die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen getroffen:
"(...)
Sie haben sinngemäß und verkürzt dargestellt geltend gemacht, dass Sie in der Ukraine zum Militärdienst einberufen wurden. Man habe versucht, Sie zu Hause abzuholen. Wegen dieser
Ereignisse hätten Sie beschlossen Ihre Heimat Ukraine zu verlassen. Dieses Vorbringen wird der nachfolgenden Beweiswürdigung zugrunde gelegt, andere Fluchtgründe haben Sie - wie bereits ausgeführt - nicht geltend gemacht.
Vorab sah sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl veranlasst sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Sie unabhängig Ihres Fluchtvorbringens von potenzieller "vulnerability" betroffen waren. Dies ist in Zusammenschau mit Ihren bisherigen Angaben in Verbindung mit Ihrer Familienanamnese zu verneinen. So liegt kein wie auch immer geartetes politisches
Engagement Ihrerseits vor, desgleichen auch nichts von irgendwelchen Sie konkret betreffenden geschlechtsspezifischen Verfolgungsmechanismen. Aufgrund Ihrer Volljährigkeit sind auch allfällige aus dem Lebensalter resultierende soziale und wirtschaftliche Benachteiligungen auszuschließen. Die gebräuchliche Landessprache sprechen Sie auf Muttersprachenniveau, sodass auch von diesem Blickwinkel aus betrachtet ein Ausschluss aus dem in Ukraine herrschenden Gesellschafts- und Kulturleben verneint werden kann.
Die von Ihnen zu Protokoll gegebenen personsbezogenen Daten sowie Lebensgeschichte bieten ferner keine Hinweise auf das Vorliegen einer individuell besonders herausragenden Stellung Ihrer Person innerhalb der georgischen Gesellschaft, etwa durch Geburt, sozialer Stellung, religiösen Fachwissens, etc. Durch Ihren als unbedenklich zu bezeichnenden Gesundheitszustand steht zu erwarten, dass Sie durch erneute Aufnahme einer Beschäftigung die elementaren Lebensbedürfnisse auch weiterhin decken werden können.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat darüber hinaus breitest gestreutes aktuelles
Informationsmaterial zu den Lebensverhältnissen in Ukraine zur Entscheidungsfindung herangezogen Diese landeskundlichen Feststellungen belegen deutlich die Existenz eines demokratischen Gemeinwesens in Ukraine, jedem Bürger stehen alle Rechts-, Gesellschafts-, Sozial- und Wirtschaftsinstrumentarien uneingeschränkt zur Verfügung.
Natürlich gibt es da und dort marginale verbesserungswürdige Umstände; daraus aber auf ein generell vorliegendes Klima von Chaos, Gewalt und Hoffnungslosigkeit zu schließen, ist völlig verfehlt, das lässt sich nicht bestätigen, vor allem auch deshalb nicht, da Regierungsverantwortliche die Schwachstellen im Umgang mit den Bürgern nicht nur erkannt haben sondern auch willens sind, solche Unzukömmlichkeiten zu beseitigen. Ganz besonders ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass in Ukraine eine Vielzahl von Menschenrechtsorganisationen operieren, die in vielen Bereichen tätig sind und ihre Arbeit uneingeschränkt durchführen können.
In Konsequenz aller dieser Überlegungen kann begründet davon ausgegangen werden, dass
Ukraine ein nach demokratischen Gesichtspunkten aufgebautes Gemeinwesen ist und im Grundsätzlichen niemand befürchten muss, Opfer gezielter willentlicher staatlicher oder von
irgendwelchen Privatpersonen ausgehender Verfolgung aus welchen Gründen auch immer zu werden.
Sie gaben auf Befragung ausdrücklich an, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat, also in Ukraine, weder auf Grund Ihrer Rasse, Ihrer Nationalität, Ihrer politischen oder religiösen Gesinnung
bzw. Anschauung oder auf Grund Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wurden.
Es blieb somit als Ausreisegrund klar erkennbar die behauptete Einberufung zum Militärdienst.. Es ergeben sich jedoch für die h.o. Behörde wesentliche Widersprüche und Zweifel in Bezug auf Ihr konkretes Fluchtvorbringen. Hier ist auch der zeitliche Zusammenhang der von Ihnen geschilderten Ereignisse zu erörtern. So gaben Sie an, dass Sie am 29. oder 30. Juli 2014 von Ihrem Vater durch das panisch gerufene Wort: "Lauf!", angehalten wurden, Ihre Wohnung fluchtartig zu verlassen. Sie haben das gesamte Familiengeld genommen und sind geflohen. Sie haben bei einem Freund Unterschlupf gefunden und 2 Tage später haben Sie das Land verlassen und sind schlepperunterstützt nach Österreich gereist. Als Beweis für Ihre Angaben legten Sie 2 Einberufungsbefehle vor. Allerdings steht auf dem älteren Einberufungsbefehl, dass Sie sich am 26.12.2014 zum Militärdienst einfinden sollen. Der 2. Einberufungsbefehl ist erst für das Jahr 2015. Warum sollten Sie also panikartig am 30.07.2014 das Land verlassen, wenn Sie sich erst 5 Monate später zum Militärdienst melden müssen. Warum sollten Sie also von Militärleuten 5 Monate vor Ihrem Einrückungstermin gewaltsam aus der Wohnung mitgenommen werden? Wenn Sie, wie Sie selbst sagten, aus religiöser Überzeugung es ablehnen Militärdienst zu leisten und auf Menschen zu schießen, hätten Sie die Möglichkeit zur Ableistung eines Wehrersatzdienstes. Wehrpflichtige in der Ukraine haben das verfassungsmäßig grundgelegte Recht einen Wehrersatzdienst zu leisten. Dass das Nichtbefolgen eine Einberufungsbefehles ein Strafrechtsdelikt darstellt, ist per se kein Flucht- oder Asylgrund, zumal dieses Delikt auch in Österreich unter Strafe steht. Wenn Sie, wie Sie selbst sagten, Schutz in einem sicheren Land, gesucht haben so wären Sie von Ihrem Heimatort XXXX
in 20 Minuten mit dem PKW in Rumänien gewesen. Zu Fuß ist Rumänien von Ihrem Heimatort aus wahrscheinlich noch schneller erreichbar, da Ihr Heimatort direkt an der ukrainisch rumänischen Grenze liegt. Rumänien, als Mitgliedstaat der EU ist als sicherer Zufluchtsstaat anzusehen. Dies hätte zudem den Vorteil, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gibt, da Sie, die rumänische Sprache auf Muttersprachenniveau beherrschen. Wäre es Ihnen nur um die Sicherheit gegangen, wäre das die vernünftigste und billigste Variante gewesen, zumal durch die Grenznähe auch der Kontakt zu Ihrer Familie leicht aufrechtzuerhalten gewesen wäre. Das Sie aber mit dem Schlepper eine Vereinbarung für eine Schleppung nach Österreich trafen, zeigt letztlich, dass Ihre Einberufung nur ein Vorwand darstellt, um in einem Ihnen angenehmen Land einen Asylstatus zu erlangen um, unterstützt durch Ihr Schutzland, eine Ausbildung zu absolvieren. Zumal, wie Sie selbst sagten, der Universitätsbesuch in der Ukraine für Sie mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden ist.
Irgendwelche anderen Gefahren oder Verfolgungshandlungen in Ihrem Herkunftsstaat haben Sie nicht vorgebracht. Zumal jene Gründe, welche gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention zur Gewährung von Asyl führen würden in dieser taxativ - also erschöpfend - aufgezählt sind, von Ihnen nicht vorgebracht wurden, war aus diesem Vorbringen und in Ermangelung einer Deckung mit der GFK bzw. dem AsylG Ihr Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen.
In Zusammenschau mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und Ihrem Vorbringen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon auszugehen, dass der von Ihnen geschilderte Ausreisegrund nicht zur Zuerkennung von Asyl führen kann, zumal die von Ihnen geschilderten Ereignisse nicht glaubhaft sind.
(...)"
In rechtlicher Hinsicht wurde von der Erstinstanz ausgeführt, eine asylrelevante Verfolgung habe von der beschwerdeführenden Partei nicht glaubhaft gemacht werden können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergäben sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK zur Gewährung von Asyl führe. Den Angaben der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich ihrer Fluchtgründe hätte keine Glaubwürdigkeit beschieden werden können, da sie eine individuelle asylrelevante Gefährdungslage nicht glaubhaft machen hätte können.
Zu Spruchpunkt II. wurde nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 AsylG 2005 ausgeführt, dass sachliche Gründe für die Annahme sprechen müssten, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichten nicht aus. Nach der Judikatur des EGMR obliege es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behaupte, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlaubten (EGMR 5.7.2005, Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hätte die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (EGMR 26.7.2005, N. gg. Finnland). Dabei könne bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht seien (EGMR 6.2.2001, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443).
Die beschwerdeführende Partei hätte während des gesamten Verfahrens keinerlei glaubhaften Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, welche die Annahme hätten rechtfertigen können, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würde, im Falle ihrer Rückkehr in den Heimatsstaat, der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden.
Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit einer relativ kurzen Zeitspanne in Österreich aufgehalten und er in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen hätte. Er sei illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.
Mit Verfahrensanordnung vom 16.12.2015 wurde der beschwerdeführenden Partei amtswegig der XXXX als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
3. Mit Schriftsatz vom 23.12.2015 wurde gegen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl seitens des gewillkürten Vertreters des Beschwerdeführers fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht. Der angeführte Bescheid wurde darin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zufolge des (anbei übermittelten) Berichts "Ukraine: Military Service" des UK-Home Office aus November 2015 viele Ukrainer dem Militärdienst entkommen wollten und die Anzahl der Freiwilligen rückläufig sei. Auch die Angst vor Haft halte viele der Einberufenen nicht davon ab, sich zu verstecken. Gemäß einem Bericht der Washington Post würden Einberufungen an jenen Ort versandt, an welchem die betreffende Person registriert sei. Behörden würden verschieden auf Einberufungsbefehle reagieren, manche verhinderten deren Zustellung. Es gebe Strafen bei Weigerung, der Einberufung Folge zu leisten. Nach einer Auskunft gebe es nur wenige Personen, welche tatsächlich zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden seien, in vielen Fällen würden lediglich Verwaltungsstrafen verhängt. Die Zustände in Gefängnissen seien schlecht. Im September 2015 habe UNHCR berichtet, dass die Regierung die Verfolgung von Personen, welche sich weigerten, der Einberufung Folge zu leisten, gestoppt habe, auch wenn in manchen Gebieten Zwang ausgeübt würde, um die Einberufung durchzusetzen. Meist würden Gerichte Bußgelder oder Bewährungsstrafen in Gerichtsverfahren verhängen. Die Behörde ginge von der Unglaubwürdigkeit der seitens des Beschwerdeführers geschilderten Ereignisse aus. Diesem sei es derzeit nicht möglich, die Echtheit der Einberufungsbefehle zu beweisen bzw nachzuweisen, dass er tatsächlich jenen Personen, welche ihn zur Ableistung des Militärdienstes zwingen hätten wollen, entkommen sei. Gemäß dem oben erwähnten Bericht gestalte sich die Praxis der Einberufung in den Gebieten der Ukraine verschieden, ebenso das Ausmaß der Bestrafung. Dass in der Ukraine Einberufungen erfolgen, sei offenkundig. Der Beschwerdeführer habe zwei Einberufungsbefehle vorgelegt, welche seitens der Behörde nicht als gefälscht angesehen worden seien. Die Praxis der Einberufung in der Ukraine sei von großer Willkür geprägt. Auch wenn die Behörde das diesbezügliche Vorbringen als unglaubwürdig erachte und dem Beschwerdeführer unterstelle, aus anderen Motiven nach Österreich gelangt zu sein, so habe die Behörde von der Einberufung des Beschwerdeführers in der Ukraine auszugehen. Der Beschwerdeführer wolle sich jedoch an den bewaffneten Auseinandersetzungen in der Ukraine nicht beteiligen. Im Falle einer Rückkehr in die Ukraine fürchte er willkürliche Behandlung, sei es dadurch, dass er mit unverhältnismäßig hoher Strafe rechnen müsse, sei es, dass er bei der Ableistung des Militärdienstes unmenschlich behandelt würde. Dem Beschwerdeführer sei daher Asyl oder subsidiärer Schutz zu erteilen, weshalb beantragt werde, dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz stattzugeben und diesem Asyl, in eventu subsidiären Schutz, zu erteilen. Zudem werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung gestellt.
Aus dem im Rahmen der Beschwerdeschrift herangezogenen Bericht des UK-Home Office ergibt sich zusammenfassend, dass im Mai 2014 ein zwingender 18-monatiger Militärdienst wiedereingeführt worden sei, es jedoch zahlreiche Ausnahmen von dessen Ableistung, darunter auch das Vorliegen von (religiösen) Gewissensgründen, gebe. Staaten seien berechtigt, seitens ihrer Bürger die Ableistung des Militärdienstes abzuverlangen und Strafen für eine diesbezügliche Weigerung vorzusehen und sei darin für sich genommen keine Verfolgung zu erblicken. Der Militärdienst in der Ukraine verlange von den Betroffenen keine unmenschlichen Handlungsweisen ab und seien die Bedingungen des Militärdienstes nicht als derart prekär, als dass sie den Grad einer Verfolgung erreichen würden, zu beurteilen; gleiches gelte für die Strafen im Falle eines Entzugs vom Militärdienst bzw einer Desertion.
4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 18.01.2016 mitsamt des bezughabenden Verwaltungsaktes beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführende Partei ist volljährige Staatsangehörige der Ukraine, welche der ukrainischen Volksgruppe und dem christlich-orthodoxen Glauben angehört. Ihre Identität steht fest. Die beschwerdeführenden Partei reiste im August 2014 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Bis zu seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer im Oblast XXXX im Südwesten der Ukraine.
1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Partei in der Ukraine aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Ukraine festgestellt werden.
Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer zum Militärdienst eingezogen werden könnte, erreicht im Lichte der vorgehaltenen Länderinformationen, ebenso wie eine diesem potentiell aufgrund Wehrdienstverweigerung drohende Strafe, keine Asylrelevanz (vgl. unten Punkt 3.2.).
Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden. In der Ukraine besteht eine ausreichende medizinische Grundversorgung, weswegen der Beschwerdeführer hinsichtlich allfälliger psychischer und physischer Leiden ausreichend behandelt werden könnte.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Er verfügt weder über Verwandte noch über sonstige relevante familiäre oder private Bindungen in Österreich und bestreitet seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung. Eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in dessen gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.
1.3. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur Thematik des Wehrdiensts und zur Lage von Rückkehrern und Binnenflüchtlingen in der Ukraine wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:
(...)
2. Politische Lage
Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Umbruchsituation, die einerseits durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den Konflikt in der Ost-Ukraine, andererseits durch Reformbemühungen geprägt ist. Die Präsidentschaftswahlen am 25.05.2014 konnten mit Ausnahmen von Teilen der Ostukraine und der Krim in der ganzen Ukraine ohne nennenswerte Auffälligkeiten durchgeführt werden. Petro Poroschenko ging mit 54,7% im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervor. Julia Tymoschenko erreichte mit 12% den zweiten Platz. Am 07.06.2014 wurde Petro Poroschenko als Präsident vereidigt, am 26.10.2014 das Parlament neu gewählt.
Ministerpräsident Jazenjuk führt seitdem eine Regierungskoalition aus fünf Parteien (AA 05.2015).
Am 27.11.2014 trat das neugewählte Parlament erstmals in Kiew zusammen. Der neuen Regierungs-Koalition gehören unter anderem der Block von Präsident Petro Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk an. Neuer Parlamentspräsident ist der bisherige Vize-Premier Wolodimir Groisman. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten (Presse 27.11.2014).
Die Ukraine-Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Heidi Tagliavini, legt ihr Amt nieder. Zu den konkreten Beweggründen der Schweizer Spitzendiplomatin, die zwischen den Konfliktparteien vermittelte, machten die OSZE und das Außenministerium in Bern keine Angaben. In diplomatischen Kreisen wurde auf den bisher schwersten Bruch der im März 2015 vereinbarten Waffenruhe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Rebellen in der zurückliegenden Woche verwiesen.
Zudem sei eine weitere Gesprächsrunde zwischen den Konfliktgegnern ergebnislos beendet worden (Standard 7.6.2015).
In Kiew kommt es immer wieder zu Protesten vor allem mit sozialen Forderungen. Die prowestliche Führung, die nach gewaltsamen Massenprotesten auf dem Maidan im vergangenen Jahr an die Macht gekommen war, wirft den Demonstranten vor, von russischen Geheimdiensten gesteuert und bezahlt zu sein. Auf Flugblättern war von einem "Maidan 3.0" die Rede - nach den beiden prowestlichen Massenprotesten 2004/2005 und 2013/2014 (Standard 8.6.2015).
Präsident Poroschenko ficht in Kiew allerdings bei weitem nicht nur mit Kremlchef Putin, sondern auch gegen aktuelle und ehemalige Mitglieder der eigenen Führungsspitze. Dabei spitzt sich hinter den Kulissen derzeit besonders der Konflikt mit dem Oligarchen und Ex-Gouverneur von Dnepropetrowsk Ihor Kolomoisky zu. Nachdem Poroschenko zuletzt dessen Vertrauten Igor Paliza als Gouverneur von Odessa entlassen und den Posten mit Michail Saakaschwili besetzt hatte, revanchierte sich Kolomoisky mit einem Überfall rechter Schläger auf die Gay-Parade in Kiew, um Poroschenko im Westen zu diskreditieren (Standard 10.6.2015).
(...)
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (05.2015): Ukraine, http://www.auswaertigesamt .
de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.6.2015
- Uni Bremen - Forschungsstelle Osteuropa (27.5.2015):
ukraine-analysen,
http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen152.pdf
- Die Presse.com (27.11.2014): Ukrainisches Parlament wählt erneut Jazenjuk zum Premier,
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4606103/Ukrainisches-Parlament-waehlterneut -
Jazenjuk-zum-Premier?from=suche.intern.portal, Zugriff 10.6.2015
- derStandard.at (7.6.2015): Ukraine-Beauftragte der OSZE gibt auf, http://derstandard.at/2000017079596/Ukraine-Beauftragte-der-OSZE-gibt-auf?ref=rec , Zugriff 10.6.2015
- derStandard.at (8.6.2015): Neues Protestcamp auf dem Maidan gewaltsam geräumt,
http://derstandard.at/2000017161310/Neues-Protestcamp-auf-dem-Maidan-gewaltsamgeraeumt ?
ref=rec, Zugriff 10.6.2015
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.6.2015): Die Ukraine sperrt russischen Transit,
http://www.nzz.ch/international/die-ukraine-sperrt-russischen-transit-1.18559057 , Zugriff 11.6.2015
- derStandard.at (10.6.2015): Neue Kämpfe in der Ukraine: Feuer an allen Fronten,
http://derstandard.at/2000017215782/Feuer-an-allen-Fronten-in-der-Ukraine , Zugriff 11.6.2015
3. Sicherheitslage
Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im März 2014 rissen pro-russische Separatisten in einigen Gebieten der Ost-Ukraine die Macht an sich und riefen unterstützt von russischen Staatsangehörigen die "Volksrepublik Donezk" und die "Volksrepublik Luhansk" aus. Der ukrainische Staat begann daraufhin eine sogenannte Antiterroroperation (ATO), um die staatliche Kontrolle wiederherzustellen. Bis August 2014 erzielten die ukrainischen Kräfte stetige Fortschritte, seitdem erlitten sie jedoch zum Teil schwerwiegende Verluste bedingt durch militärische Unterstützung der Separatisten aus Russland (AA 05.2015a).
Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russischukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützte die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine. Diese Unterstützung wird bis in die Gegenwart fortgesetzt (AA 05.2015b).
Mit seiner Unterschrift kündigte Präsident Poroschenko die letzten bilateralen Sicherheitsabkommen mit Russland auf. Beendet werden damit per sofort ein Verteidigungsbündnis, zwei Verträge über die Zusammenarbeit der Militärgeheimdienste sowie zwei Transitverträge für russische Truppen. Besonders die Auflösung des Vertrags über den Landtransport russischer Soldaten und von deren Familien in die Republik Moldau wiegt für Moskau schwer. Der Vertrag regelte die Versorgung der 14. Russischen Armee, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tiraspol, der "Hauptstadt" der selbsternannten Republik Transnistrien, stationiert ist (NZZ 9.6.2015).
Auf der russisch besetzten Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine waren Entführungen und Misshandlungen von Gefangenen an der Tagesordnung und betrafen Hunderte von Menschen. Besonders gefährdet waren Vertreter lokaler Behörden, pro-ukrainische politische Aktivisten, Journalisten und internationale Beobachter. Bis Ende 2014 waren im Zuge des Konflikts in der Ostukraine mehr als 4.000 Menschen getötet worden.
Zahlreiche Zivilpersonen starben durch wahllosen Beschuss von Wohngebieten, insbesondere durch den Einsatz von ungelenkten Raketen und Mörsergranaten (AI 25.2.2015, vgl. HRW 29.1.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (05.2015a): Ukraine, http://www.auswaertigesamt .
de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik_node.html, Zugriff 11.6.2015
- Der Standard (17.4.2014): Ukraine-Gipfel in Genf: Einigung auf Entwaffnung illegaler Gruppen,
http://derstandard.at/1397520853199/Ukraine-Angespannte-Lage-vor-Treffen-in-Genf , Zugriff 24.4.2014
- AA - Auswärtiges Amt (05.2015b): Ukraine, http://www.auswaertigesamt .
de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 11.6.2015
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty Report 2015 Ukraine, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 15.6.2015
- HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Ukraine, http://www.ecoi.net/local_link/295530/430562_de.html , Zugriff 15.6.2015
3.1. Krimhalbinsel
Die EU und die USA hatte die Annexion der Krim vor einem Jahr als Völkerrechtsbruch verurteilt und Strafmaßnahmen verhängt. Auf der Krim hatten die Menschen in einem international nicht anerkannten Referendum am 16. März (2014) für den Beitritt zu Russland gestimmt. Am 18. März wurde in Moskau die Aufnahme der Halbinsel in die Russische Föderation vertraglich besiegelt (Presse 18.3.2015).
Nach der Annexion der Krim im März 2014 fanden dort russische Gesetze Anwendung, die das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unterdrückten. Zivilgesellschaftliche Organisationen mussten ihre Arbeit einstellen, weil sie die rechtlichen Anforderungen Russlands nicht erfüllten. Die einheimische Bevölkerung wurde zu russischen Staatsbürgern erklärt. Wer die ukrainische Staatsbürgerschaft behalten wollte, musste die Behörden darüber informieren (AI 25.2.2015).
Quellen:
- Die Presse.com (18.3.2015): Putin nennt Sanktionen "sinnlose Beschäftigung",
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4688595/Putin-nennt-Sanktionen-sinnlose-Beschaeftigung , Zugriff 11.6.2015
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty Report 2015 Ukraine, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 15.6.2015
3.2. Ostukraine
(...)
Schwer bewaffnete pro-russische Separatisten kämpfen in der Ost-Ukraine gegen offizielle ukrainische Kräfte und haben sich in den nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk konstituiert. Die Opferzahlen betrugen laut VN-Zählungen im Mai 2015 über 6.100; daneben führte der Konflikt bisher zu rund 1,25 Mio. Binnenflüchtlingen. Unter dem Eindruck einer erneuten Verschärfung des Konflikts und nach langwierigen Verhandlungen auf oberster Ebene im sogenannten Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) verständigte sich die Kontaktgruppe am 12. Februar 2015 auf das sogenannte Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Minsker Absprachen. Der Rückzug schwerer Waffen von der Kontaktlinie kam daraufhin in Gang, wurde jedoch nach OSZE-Beobachtung bisher von keiner Seite vollständig umgesetzt (AA 05.2015).
In der Ostukraine ist trotz des Waffenstillstandsabkommens keine Ruhe eingekehrt, seit Anfang Juni wird wieder mit schweren Waffen gekämpft. Am Dienstag berichteten die Konfliktparteien über Gefechte entlang fast der gesamten Frontlinie. Die aktivsten Kampfhandlungen wurden aus Awdejewka, Horliwka, Krymskoje, Marjinka und Schirokino gemeldet. Diplomatisch gibt es immerhin eine vorsichtige Annäherung:
Die Rebellen haben neue Vorschläge zur Verfassungsänderung der Ukraine an die Kontaktgruppe geschickt. Einzelne Gebiete mit Sonderstatus oder ihre Vereinigungen sollen unveräußerlicher Bestandteil der Ukraine bleiben.
Die Macht in der Region sollen laut diesem Vorschlag aber weiterhin Sachartschenko und das Oberhaupt der "Luhansker Volksrepublik" Igor Plotnizki ausüben (Standard 10.6.2015, vgl. BBC 3.6.2015).
Nach den jüngsten Kämpfen im Donbass hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine massive Aufrüstung im Osten des Landes angekündigt. Mehr als 50.000 Soldaten seien derzeit im Kampfgebiet im Einsatz. Bis zum Jahresende soll die Kampfstärke auf insgesamt 250.000 erhöht werden. Nach einem Angriff prorussischer Separatisten wurde in den vergangenen Tagen auch wieder schweres Kriegsgerät in die Region gebracht. Während sich Kiew und Moskau gegenseitig für die neuerliche Eskalation verantwortlich machen, warnt die EU vor einer Gewaltspirale. Brüssel forderte die Konfliktparteien zum wiederholten Male auf, das Minsker Waffenruheabkommen umzusetzen (Presse 4.6.2015).
Angesichts des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Europäische Menschenrechtskonvention in den betroffenen Regionen teilweise ausgesetzt.
Eine entsprechende Benachrichtigung traf beim Europarat in Straßburg ein. Demnach garantiert die Regierung in den Regionen Donezk und Luhansk, wo sich die Rebellen Kämpfe mit Regierungstruppen liefern, mehrere Grundrechte nicht mehr. Dazu gehören das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienlebens. Kiew begründet die Aussetzung mit einer "bewaffneten Aggression" Russlands gegen die Ukraine. Eine Aussetzung der Menschenrechtskonvention ist vorgesehen, wenn die Sicherheit eines Landes etwa durch einen Krieg oder andere Notsituationen gefährdet ist. Der betroffene Staat muss diese Maßnahme begründen und auch angeben, welche Paragrafen des Abkommens und welche Gebiete davon betroffen sind (Standard 10.6.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (05.2015): Ukraine, http://www.auswaertigesamt .
de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik_node.html, Zugriff 11.6.2015
- IAC - Information Analysis Center of NDSC (10.6.2015): MAP: THE SITUATION IN THE EASTERN REGIONS OF UKRAINE - 10.06.15 Map developed by Ukrainian Crisis Media Center, http://mediarnbo.org/2015/06/10/map-the-situation-in-the-eastern-regions-ofukraine - 10-06-15-map-developed-by-ukrainian-crisis-media-center/?lang=en, Zugriff 10.6.2015
- derStandard.at (10.6.2015): Neue Kämpfe in der Ukraine: Feuer an allen Fronten,
http://derstandard.at/2000017215782/Feuer-an-allen-Fronten-in-der-Ukraine , Zugriff 11.6.2015
- Die Presse.com (4.6.2015): Ostukraine: Kiew plant massive Aufrüstung,
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4746993/Ostukraine_Kiew-plant-massive Aufrustung?from=suche.intern.portal, Zugriff 11.6.2015
- derStandard.at (10.6.2015): Kiew will in Kriegsgebiet Menschenrechte nicht mehr garantieren, http://derstandard.at/2000017283292/Kiew-will-in-Kriegsgebiet-Menschenrechte-nicht-mehr-garantieren , Zugriff 11.6.2015
- BBC (3.6.2015): Ukraine crisis: Heavy fighting rages near Donetsk, despite truce, http://www.bbc.com/news/world-europe-32988499 #, Zugriff 15.6.2015
4. Rechtsschutz/Justizwesen
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, in der Praxis war diese jedoch Gegenstand von politischem Druck, Korruption, Ineffizienz und Mangel an Vertrauen der Öffentlichkeit. In manchen Fällen wirkte der Ausgang von Prozessen vorbestimmt. Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Richter beschwerten sich weiterhin über Verschlechterungen bei der Gewaltenteilung, einige beklagten Druck durch hochrangige Politiker. Lange Verfahrensdauern, speziell vor Verwaltungsgerichten, unzureichende Finanzierung, Mängel bei der Rechtsberatung und die Unfähigkeit der Gerichte Urteile durchzusetzen, waren ebenfalls ein Problem. Die neue Strafprozessordnung vom November 2012 schränkte die Verwendung der Untersuchungshaft ein, reduzierte die Anreize zum Erzwingen von Geständnissen und gab der Verteidigung mehr Verfahrensrechte. Verfassung und Gesetze garantieren das Recht auf Regress für Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe. Allerdings behindert eine ineffiziente und korrupte Justiz die Ausübung dieses Rechts. Einzelpersonen können sich an den parlamentarischen Ombudsmann für Menschenrechte wenden. Nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe steht auch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. In den ersten 11 Monaten 2013, erließ der EGMR 60 Urteile gegen die Ukraine. Die meisten betrafen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, unangemessen lange Verfahren, Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit, sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (USDOS 27.2.2014).
Der während der Präsidentschaft Janukowitsch zu beobachtende Missbrauch der Justiz als Hilfsmittel gegen politische Mitbewerber und kritische Mitglieder der Zivilgesellschaft hat sich unter den neuen politischen Voraussetzungen nach den revolutionären Entwicklungen des EuroMaidan vom Winter 2013/14 nicht prolongiert. An den strukturellen Unzulänglichkeiten im ukrainischen Justizwesen vermochte aber auch das neue politische Umfeld bislang nichts zu ändern. Richter haben in der Ukraine eine fünfjährige Probezeit zu durchlaufen, bevor sie auf Lebenszeit ernannt werden. Die erstmalige Ernennung zum Richter erfolgt durch den Staatspräsidenten auf Vorschlag des Obersten Justizrats, die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit durch das Parlament. Angesichts der Abhängigkeit des Obersten Justizrats von der Präsidialadministration ist die politische Abhängigkeit von Richtern zumindest während ihrer Probezeit evident. Besondere Besorgnis ruft die gängige ukrainische Haftpraxis sowie die umfassende Abhängigkeit der Richter von der Staatsanwaltschaft hervor. Ukrainische Richter kommen beinahe ausnahmslos den Haftanträgen und den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Verlängerung der Untersuchungshaft nach.
Die Justiz ist selektiv und unfair und verletzt Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention". Richter und Staatsanwälte in der Ukraine hätten kein Verständnis für die Prinzipien der Unschuldsvermutung und der Gleichheit der Parteien vor Gericht. "Nur 0,2% aller Personen, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden, werden von Gerichten freigesprochen. Das bedeutet, dass die Unschuldsvermutung im wirklichen Leben nicht besteht und das die Rechtsprechung nicht als unparteiische und unabhängige Kontrollinstanz der Exekutive funktioniert." Das Rechtsverständnis ukrainischer Richter und Staatsanwälte sei von sowjetischer Tradition geprägt (ÖB 09.2014).
Im April 2014 wurde seitens des Parlaments ein Gesetz zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Justiz verabschiedet, demzufolge die bisherige Praxis der weitgehenden Unterstellung der Richter unter die Gerichtspräsidenten abgeschafft wurde und diese in weiterer Folge unabhängig von politischen Einflüssen machte. Ein Entwurf einer Justizreformstrategie wurde gemeinsam mithilfe der EU entwickelt (EC 25.3.2015).
Mit der Reform der ukrainischen Strafprozessordnung eng einhergehend ist die Umsetzung des am 2. Juni 2011 verabschiedeten und mit 1. Jänner 2013 in Kraft getretenen Gesetzes über den unentgeltlichen Rechtsbeistand, welches die Liste der potenziellen Nutznießer bedeutend ausweitete und einen umgehenden Rechtsbeistand nach Inhaftierung nach besten europäischen Standards gewährleistet. Seit Inkrafttreten des Gesetzes stehen dafür über 3.000 auf Basis eines Auswahlverfahrens rekrutierte Rechtsanwälte zur Verfügung. Die Strafverfolgungsbehörden haben von sich aus für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu sorgen, sollte der Inhaftierte außerstande sein, die Kosten seines Rechtsbeistands selbst zu tragen. Sie selbst belastende Aussagen von Inhaftierten, die in Abwesenheit eines Rechtsbeistands getroffen wurden, können im folgenden Gerichtsverfahren nicht gegen sie verwendet werden (ÖB 09.2014)
Quellen:
- EC - European Commission (25.3.2015): Implementation of the European Neighbourhood
Policy in Ukraine Progress in 2014 and recommendations for actions http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427898393_ukraine-enp-report-2015-en.pdf , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices
2013 - Ukraine,
https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 11.6.2015
5. Sicherheitsbehörden
Nach dem Sturz von Wiktor Janukowytsch versprach die neue Regierung öffentlich, man werde diejenigen strafrechtlich verfolgen, die für Tötungen und Misshandlungen von Protestierenden auf dem Maidan verantwortlich seien. Doch abgesehen von Anklagen gegen die ehemalige politische Führungsriege wurden so gut wie keine konkreten Schritte unternommen. Nur zwei Angehörige der Sicherheitskräfte mussten sich vor Gericht für Folter und andere Misshandlungen im Zusammenhang mit den Maidan-Protesten verantworten. Es handelte sich dabei um Rekruten niedrigen Ranges aus einer dem Innenministerium unterstellten Einheit. Sie wurden am 28. Mai 2014 wegen "Überschreitung von Befugnissen oder Vollmachten" (Artikel 365 des Strafgesetzbuchs) zu Bewährungsstrafen von drei bzw. zwei Jahren verurteilt (AI 25.2.2015).
Die EU errichtete eine "EU Advisory Mission for Civilian Security Reform Ukraine (EUAM Ukraine)", um die Ukraine bei der Reform ihres zivilen Sicherheitssektors zu unterstützen, insbesondere bei der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und im Bereich der Polizei. Eine diesbezügliche notwendige Polizeireformstrategie, insbesondere im Zusammenhang mit den gewaltsamen Übergriffen bei den Euromaidan-Protesten Mitte Februar 2014 und der Rolle illoyaler Polizisten am Anfang der Destabilisierungsphase in der Ostukraine, wurde seitens der Regierung angenommen. Auch mit einer Reform der Militärischen Kräfte wurde noch vor der Annexion der Krim begonnen, sie befindet sich aber noch in einem frühen Stadium (EC 25.3.2015).
Mit Präsidentendekret Nr. 252 vom 6. April 2012 wurde ein Komitee zur Reform der Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Sollte dieses Komitee bereits einschlägige Vorschläge ausgearbeitet haben, sind sie bislang nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Von einem Pilotprojekt zur Einrichtung kommunaler Polizeitruppen in Lemberg im Sommer 2014 erwartet man sich Erfahrungen für eine dezentralere Organisation des Polizeiwesens (ÖB 09.2014).
Quellen:
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
- EC - European Commission (25.3.2015): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Ukraine Progress in 2014 and recommendations for actions
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427898393_ukraine-enp-report-2015-en.pdf , Zugriff 12.6.2015
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty Report 2015 Ukraine, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Ukraine hat den Ombudsmann als Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN- Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe installiert. Zusammen mit der neuen Strafprozessordnung, das die Gründung eines unabhängigen Untersuchungsbüros für Folterfälle vorsieht, sollte das die Fälle von Folter erheblich reduzieren (EC 20.3.2013; vgl. AI 23.5.2013).
Folter wird von der Verfassung verboten. Nach der neuen Strafprozessordnung dürfen unter Folter erzwungene Geständnisse auch nicht mehr als Beweis im Verfahren verwendet werden.
Es gibt aber Berichte, dass weiterhin Beamte solcherart Geständnisse erpressen. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums gab es 2013 bis August, also noch unter der Präsidentschaft Janukowitsch,
9.878 Beschwerden wegen Folter und unerlaubter Gewaltanwendung durch Polizisten. Die Behörden untersuchten demnach 231 dieser Fälle und es gab bis November 5 Verurteilungen von Polizisten wegen Folter und disziplinäre Maßnahmen gegen 45 weitere. Laut Büro des Generalstaatsanwalts gab es 2013 bis Oktober 2.857 offene Verfahren wegen Folter durch Polizisten. 820 Misshandlungsfälle (950 Beamte betreffend) wurden den Gerichten übergeben, davon 54 ausdrückliche Folter-Vorwürfe. Folter ist vor allem in Gefängnissen ein Problem (USDOS 27.2.2014).
Nach wie vor kommt es zu Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, darunter Folter und andere Misshandlungen, sowie zur exzessiven Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen.
Die dafür Verantwortlichen bleiben größtenteils straflos, und Untersuchungen dieser Vorfälle führen zu keinem Ergebnis. Es gibt Entführungen von Einzelpersonen, insbesondere durch prorussische paramilitärische Kräfte auf der russisch besetzten Halbinsel Krim. Aber auch in den umkämpften Gebieten der Ostukraine kommt es zu Entführungen durch beide Konfliktparteien.
Beide Seiten sind für Verletzungen des Kriegsrechts verantwortlich. Auf der Krim sind die russischen Beschränkungen der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeführt worden. Pro-ukrainische Aktivisten und Krimtataren geraten ins Visier paramilitärischer Kräfte und werden von den De-facto-Behörden verfolgt (AI 25.2.2015).
Quellen:
- AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/248072/374321_de.html , Zugriff 12.6.2015
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty Report 2015 Ukraine, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 12.6.2015
- EC - European Commission (20.3.2013): Implementation Of The European Neighbourhood
Policy In Ukraine,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364374550_2013-progress-reportukraine-en.pdf , Zugriff 12.6.2015
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
7. Korruption
Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Obwohl Korruption öffentlich Bediensteter strafbar ist, werden die Gesetze nicht effektiv umgesetzt und korrupte Beamte bleiben oft straflos. Trotzdem gab es 2013 Schritte der Regierung zur Stärkung der Antikorruptionsgesetzgebung. Kritiker meinen aber, diesen Gesetzen fehle es an Durchsetzungsmechanismen. Die Offenlegungspflicht für das Einkommen von Regierungsvertretern sieht keine Strafen bei Nichtbefolgung vor. Gesetzesänderungen aus dem Jahre 2012 machten außerdem öffentliche Beschaffungsprozesse intransparenter.
Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 340 niedere Beamte an die Gerichte weitergeleitet. Vorwürfe gegen höhere Regierungsbeamte wurden hingegen nicht untersucht, obwohl Korruption höherer Ebenen gemeinhin als großes Problem empfunden wird, speziell im Beschaffungswesen. Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 11 Richter an die Gerichte weitergeleitet (USDOS 27.2.2014). Seitens der Regierung, des Parlaments und der Präsidialverwaltung wurden einige neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption unternommen. In der Anti-Korruptionsgesetzgebung wurden u.a. die Strafen erhöht, alle Formen von Korruption kriminalisiert und die Zeugenschutzregelung gestärkt. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2014 von Transparency International rangiert die Ukraine am 142. von 175 Plätzen (2013: 144. Von 177) (EC 25.3.2015, vgl. FH 28.1.2015).
Am 14. Mai 2013 verabschiedete das ukrainische Parlament ein neues Antikorruptionsgesetz, nicht zuletzt aufgrund einer im Aktionsplan zur Liberalisierung des Visaregimes für die Ukraine vorgesehen Vorgabe. Das Gesetz fordert unter anderem verstärkte Berichtspflichten für (Neben‑)Einkünfte und Aufwendungen von öffentlich Bediensteten und von Bediensteten staatlicher Betriebe sowie ihrer Familien. Das Gesetz sieht außerdem den Schutz von Personen vor, die Korruption anzeigen. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes lassen jedoch auf sich warten. Das Versprechen der aktuellen Regierung Jazenjuk, ein nationales Anti-Korruptionsbüro einzurichten, scheiterte bislang an der Ablehnung der entsprechenden Gesetzesinitiativen im Parlament. Als positiver Schritt wird die Verabschiedung eines neuen Gesetzes "Über öffentliche Auftragsvergaben" am 10. April 2014 gewertet. Insbesondere die neuen Publizitätskriterien sollen den Vergabeprozess transparenter und damit kontrollierbarer machen (ÖB 09.2014).
Quellen:
- FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Ukraine, http://www.ecoi.net/local_link/295277/430285_de.html , Zugriff 15.6.2015
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 24.4.2014
- EC - European Commission (25.3.2015): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Ukraine, Progress in 2014 and recommendations for actions
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427898393_ukraine-enp-report-2015-en.pdf , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
8. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft und ist ein wichtiger Schritt nach vorne für die Vereinigungsfreiheit. Wenn es gut umgesetzt wird, wird es NGOs die Registrierung erleichtern und Probleme wie Gebietsbeschränkungen ihrer Tätigkeit angehen (EK 20.3.2013).
Erhöhter Druck auf die Zivilgesellschaft, NGOs und Aktivisten war ein Problem, zumindest unter der Präsidentschaft Janukowitschs. Verfassung und Gesetze garantieren jedenfalls Vereinigungsfreiheit. Die Regierung respektierte dieses Recht generell, es blieben aber Einschränkungen. Es existieren Registrierungsauflagen, aber es liegen keine Berichte vor, dass die Regierung sie benutzt hätte um bestehende Organisationen aufzulösen oder die Bildung neuer zu verhindern. Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft. Es vereinfacht die Registrierung und hebt Beschränkungen ihrer Tätigkeit auf (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
- EK - Europäische Kommission (20.3.2013): Implementation Of The European Neighbourhood Policy In Ukraine, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364374550_2013 - progress-report-ukraine-en.pdf, Zugriff 12.6.2015
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
9. Ombudsmann
Die Ukraine ratifizierte im Jahr 2006 das "Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment" und verpflichtete sich, innerhalb eines Jahres einen "national preventive mechanism (NPM)" zu etablieren. Dies fand letztendlich durch die Verabschiedung eines Gesetzes am 2. Oktober 2012 statt, welches den "Ukraine's Parliament commisioner for Human Rights" (Ombudsmann) als NPM namhaft machte. Unter dem NPM werden regelmäßige und unangekündigte Besuche von Haftanstalten durchgeführt. Der NPM bedient sich hierfür etablierter Menschenrechtsorganisationen. Die Verwaltungen der Haftanstalten zeigten sich bei derartigen Besuchen bislang kooperativ (ÖB 09.2014).
Die Verfassung sieht eine Ombudsmann-Institution vor, offiziell der Parlamentarische Kommissär für Menschenrechte. Im April 2012 wurde Valeriya Lutkovska in dieses Amt gewählt. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Der Ombudsmann kann Untersuchungen (Probleme, Missbrauch) bei den Sicherheitsbehörden binitiieren. Er steht für Beschwerden über Gerichtsverfahren auch nach Ausschöpfung des Instanzenzuges zur Verfügung. Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, Anti-Diskriminierung und Genderfragen. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet oft mit NGOs zusammen, vor allem in beratenden Bürgerräten in Projekten zur Beobachtung der Menschenrechtspraxis (USDOS 27.2.2014, vgl. UPCHR o.D.).
Quellen:
- UPCHR - Ukrainian Parliament Commissioner for Human Rights (o.D.):
Ukrainian Parliament Commissioner for Human Rights, http://www.ombudsman.gov.ua/ , Zugriff 15.6.2015
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices
2013 - Ukraine,
https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
10. Wehrdienst
Mit dem Erlass "Über Maßnahmen zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit des Landes" ist die Wehrpflicht nun mit sofortiger Wirkung wieder in Kraft getreten. Ziel sei es, der "Gefahr für die territoriale Einheit und der Einmischung in innere Angelegenheiten der Ukraine" zu begegnen. In der Ukraine müssen Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren wieder ihren Wehrdienst leisten (ORF 1.5.2014, vgl. BBC 2.5.2014).
Das ukrainische Parlament erhöhte das obere Alterslimit für die Wehrpflicht von 25 auf 27 Jahre.
Das Gesetz sieht vor, dass männliche Staatsbürger, die älter als 18 Jahre und nicht älter als 27 Jahre und die nicht vom Wehrdienst befreit sind, zum Wehrdienst eingezogen werden (GS 20.3.2015).
Die derzeitige Mobilmachung in der Ukraine aufgrund der Entwicklungen in der Ostukraine bezieht sich auf den zu Mobilmachung vorgesehenen Personenkreis (Männer wie Frauen) ohne weitere Spezifizierung. Es handelt sich in der nicht bloß um die Mobilmachung von Schlüsselpersonal oder ausschließlich Spezialisten.
Alle wehrpflichtigen Männer zwischen 25 und 60 Jahren (Reihenfolge:
Freiwillige, Reservisten, Wehrpflichtige [Freiwillige, vorzugsweise jene die Wehrpflichterfahrung haben; Reservisten und Wehrpflichtige wiederum vorzugsweise jene die zum Zeitpunkt der Einberufung Arbeitslos bzw. nicht erwerbstätig sind.]); 50-60-Jahrige jedoch nur auf freiwilliger Basis. Frauen zwischen 25 und 50 Jahre können einberufen werden (ÖB 20.2.2015).
Quellen:
- ORF.at (1.5.2014): "Hilflos" gegen Separatisten, http://orf.at/stories/2228345/2228314/ , Zugriff 12.6.2015
- BBC.com (2.5.2014): Ukraine reinstates conscription as crisis deepens, http://www.bbc.com/news/world-europe-27247428 , Zugriff 12.6.2015
- GS - GlobalSecurity.org (20.3.2015): Military Personnel, http://www.globalsecurity.org/military/world/ukraine/personnel.htm , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (20.2.2015): Bericht der ÖB, per E-mail
10.1. Wehrersatzdienst
Ukrainische Staatsbürger, die einer laut ukrainischer Gesetzgebung aktiven religiösen Gemeinschaft angehören, deren religiöse Überzeugung keinen Waffengebrauch zulässt, können einen Ersatzdienst ableisten. Der Ersatzdienst kann bei Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen, die staatliches Gemeindeeigentum sind, absolviert werden. Die Tätigkeit muss im Zusammenhang mit dem sozialen Schutz der Bevölkerung, der Gesundheitsvorsorge, Umweltschutz, Baumaßnahmen oder der Landwirtschaft bzw. mit Organisationen des Roten Kreuzes in Verbindung stehen. Der Ersatzdienst dauert 11/2 mal länger als der Militärdienst (IOM 08.2013).
Wehrpflichtige haben das verfassungsmäßig grundgelegte Recht einen Wehrersatzdienst zu leisten. Dieses Recht ist im entsprechenden Gesetz über den Wehrersatzdienst spezifiziert und auf religiöse Gründe eingeschränkt. Das heißt, dass in der Ukraine nur Personen Wehrersatzdienst leisten dürfen, die einer entsprechend anerkannten Religionsgemeinschaft angehören (UK 2006, vgl. IRB 2006).
Quellen:
- IOM - Internationale Organisation für Migration (08.2013):
Länderinformationsblatt Ukraine, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622/1
6391428/16800762/Ukraine__Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff 12.6.2015
- IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (5.12.2006):
Alternative military service available to Pentecostals, http://www.unhcr.org/refworld/type ,QUERYRESPONSE„UKR,45f147b811,0.html, Zugriff 12.6.2015
- UK Home Office (06.2006): Country of Origin Information Report:
Ukraine,
http://www.ecoi.net/file_upload/1329_1200308262_ukraine-060706.pdf , Zugriff 12.6.2015
10.2. Wehrdienstverweigerung
Wehrdienstverweigerung bzw. Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung
wird gemäß den Artikeln 335-337 des Strafgesetzbuches der Ukraine folgendermaßen bestraft:
Artikel 335. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung zum Wehrdienst sieht eine Inhaftierung bis zu 3 Jahren vor. Artikel 336. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung sieht eine Inhaftierung von 2 bis zu 5 Jahren vor.
Von einer tatsächlichen Strafverfolgung ist in der Praxis auszugehen - inwieweit der Strafumfang völlig ausgeschöpft wird ist jedoch der ÖB nicht bekannt (ÖB 20.2.2015).
Quelle:
- ÖB - Österreichische Botschaften (20.2.2015): Bericht der ÖB, per E-Mail
11. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen. Eine Reihe von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen ist in der Ukraine aktiv. Ihr Engagement wird deutlich wahrgenommen. Problematisch bleiben die stark verbreitete Korruption, die Zustände in den Gefängnissen sowie schleppende Gerichtsverfahren.
Die Bürgergesellschaft entwickelte sich nach der "Orangenen Revolution" deutlich lebendiger als zuvor. Es entstand außerdem eine pluralistische Medienlandschaft, die allerdings unter der Präsidentschaft von Janukowytsch zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt war (AA 05.2015).
Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme 2013 waren erhöhte Einmischung der Regierung in und Druck auf Medien; erhöhter Druck auf NGOs und die Zivilgesellschaft; sowie die politisch motivierte Strafverfolgung von Exponenten der Regierung Timoschenko (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (05.2015): Ukraine, http://www.auswaertigesamt .
de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik_node.html, Zugriff 12.6.2015
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
12. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen sind Gegenstand wiederkehrender massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Am 29. April 2013 verabschiedete das Ministerkabinett der Ukraine das "National Target Programme to Reform the State Penal Service of Ukraine. Das Programm setzt seinen Schwerpunkt auf die Regelung der Arbeitsbedingungen in ukrainischen Haftanstalten, wobei nicht so sehr der soziale Aspekt des Erlernens von Fähigkeiten für die Zeit nach Verbüßung der Haft als vielmehr die Nutzung der Arbeitskraft der Häftlinge zur Mitfinanzierung des ukrainischen Haftsystems im Vordergrund steht. Bezüglich der medizinischen Betreuung von Häftlingen trifft das Programm lediglich allgemeine Aussagen über die Ausstattung von Gefängnisambulanzen und fordert eine Strategie im Umgang mit Tuberkulose in ukrainischen Haftanstalten (ÖB 09.2014)
Der Präsident unterzeichnete eine neue Strafprozessordnung, die eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen darstellt. In ihr ist klar formuliert, dass eine Haft im Augenblick der Festnahme durch die Polizei beginnt und Häftlinge von diesem Moment an Anspruch auf einen Anwalt und einen unabhängigen medizinischen Experten haben. Sie legt außerdem eindeutig fest, dass Untersuchungshaft nur bei außergewöhnlichen Umständen angeordnet werden soll, entsprechend den Empfehlungen des Europarats. Außerdem ist vorgesehen, dass alle zwei Monate automatisch geprüft wird, ob die Untersuchungshaft weiterhin gerechtfertigt erscheint.
Anlass zu Bedenken gab, dass ein Anwalt nur bei besonders schweren Delikten, die mit einer Gefängnisstrafe von mehr als zehn Jahren geahndet werden können, Pflicht ist.
Prozesskostenhilfe ist ebenfalls nur in diesen Fällen vorgesehen (AI 23.5.2014).
Die Haftbedingungen entsprechen nicht internationalen Standards und sind manchmal sogar eine Gefahr für Leib und Leben der Gefangenen. Schlechte Hygiene, Missbrauch und ungenügende medizinische Versorgung sind Probleme. Gemäß staatlicher Gefängnisbehörde waren 2013 bis November 128.512 Personen in Haft, davon 22.483 in Untersuchungshaft. Ca. 7.977 waren Frauen und 927 Jugendliche. Diese Gruppen werden in der Regel getrennt untergebracht, es gibt aber Berichte über Untersuchungsgefängnisse, wo keine Trennung Jugendlicher und Erwachsener stattfinden soll. 830 Insassen starben im og. Zeitraum, davon 77 durch Selbstmord. Die Zustände in den temporären Polizeigefängnissen und Untersuchungsgefängnissen sind härter als in normalen Gefängnissen der niedrigen und mittleren Sicherheitsstufe. Haft in temporären Polizeigefängnissen ist stark rückläufig. Die Regierung erlaubt unabhängiges Monitoring der Hafteinrichtungen durch nationale und internationale Menschenrechtsgruppen. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UNFakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in
Gefängnissen zu reduzieren. Bis November 2013 führte ein gemischtes Beobachterteam 266 Besuche von Hafteinrichtungen usw. in der Ukraine durch. Der Ombudsmann veröffentliche einen Bericht darüber, in dem er systemische Probleme wie Nichtbeachtung von Grundrechten, schlechte Hygiene, physische und psychische Misshandlung anspricht (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
- AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/248072/374321_de.html , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
13. Todesstrafe
Die Todesstrafe wurde in der Ukraine 1999 offiziell abgeschafft (AI o. D.).
Quelle:
- AI - Amnesty International (o.D.): Abolitionist and retentionist countries,
http://www.amnesty.org/en/death-penalty/abolitionist-and-retentionist-countries , Zugriff 12.6.2015
(...)
15. Bewegungsfreiheit
Die Verfassung und Gesetze garantieren die Freiheit für innerstaatliche Bewegungen, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereingliederung. Die Regierung respektierte allgemein diese Rechte (USDOS 27.2.2014).
Am 11. Dezember 2003 trat in der Ukraine das Gesetz Nr. 1382-IV der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine in Kraft. Darin ist vorgesehen, dass Bürger der Ukraine, sowie legal aufhältige Staatenlose und Fremde die im Titel genannten Rechte genießen und eine Registrierung oder Nicht-Registrierung keine Vorbedingung für die Ausübung oder Grund für die Aberkennung verfassungsmäßiger Rechte sein kann. Das Gesetz definiert den Ort des dauerhaften Aufenthalts (Place of permanent residence) als territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person mehr als sechs Monate im Jahr lebt. Demgegenüber ist der Ort des zeitweiligen Aufenthalts (Place of temporary residence) jene territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person weniger als sechs Monate im Jahr lebt. An einem neuen dauerhaften Aufenthaltsort muss man sich innerhalb von 10 Tagen ab Ankunft registrieren.
Änderungen des Aufenthalts innerhalb derselben territorialen Verwaltungseinheit müssen der Behörde innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Die Registrierung am Ort des zeitweiligen Aufenthalts muss innerhalb von sieben Tagen ab Ankunft erfolgen.
Artikel 6 des Gesetzes der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine sieht vor, dass Daten bezüglich des Aufenthalts nur in Ausnahmefällen gemäß den Gesetzen der Ukraine oder mit Einverständnis der betroffenen Person weitergegeben werden.
Außer von der betreffenden Person, können diese Daten nur vom Geheimdienst, der Polizei oder den Gerichten eingesehen werden. In der Praxis soll es aber nicht unmöglich sein, sich auf illegalem Weg mit Meldeinformation zu versorgen, etwa durch korrupte Polizisten. Soziale Rechte sowie Zugang zu Renten, medizinischen und kommunalen Leistungen sind in der Ukraine nach wie vor eng mit dem Ort der Meldung verbunden. Trotzdem ist es möglich an einem anderen Ort zu wohnen und zu arbeiten ohne sich umzumelden und trotzdem weiterhin Zugang zu medizinischer Notversorgung in der gesamten Ukraine zu haben. Überhaupt sei es durchaus möglich, auch bei längerer Abwesenheit an einer Adresse gemeldet zu bleiben, da es in der Ukraine keine behördlichen Überprüfungen in Meldeangelegenheiten gibt (BAA 23.2.2010).
Quellen:
- BAA - Bundesasylamt Staatendokumentation: Analyse zur Ukraine:
Meldepflicht und Meldewesen, 23.2.2010
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
16. Binnenflüchtlinge
Rund 20.000 Menschen, die wegen der russischen Besetzung der Krim geflohen waren, erhielten staatliche Hilfen zur Umsiedlung in andere Regionen. Durch den Konflikt in der Ostukraine wurden Schätzungen zufolge fast eine Million Menschen vertrieben. Etwa die Hälfte von ihnen blieb im Land, die übrigen gingen überwiegend nach Russland. Die Binnenvertriebenen in der Ukraine erhielten zumeist eine begrenzte staatliche Unterstützung und waren ansonsten auf eigene Mittel, familiäre Netzwerke und die Hilfe von Freiwilligenorganisationen angewiesen. Im Oktober 2014 wurde ein Gesetz zu Binnenvertriebenen verabschiedet, das ihre Lage jedoch bis zum Jahresende noch nicht merklich verbessert hatte (AI 25.2.2015).
Rund 1,15 Millionen sogenannte "Binnenvertriebene" (Internally Displaced Persons, IDP) sollen sich derzeit in der Ukraine aufhalten, weitere 670.000 sind in andere Länder geflohen - knapp 525.000 nach Russland, schätzt das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (Unhcr).
Laut den offiziellen Zahlen des russischen föderalen Migrationsdienstes haben bisher 318.000 Menschen aus dem Donbass um einen Flüchtlingsstatus angesucht. Zählt man all jene dazu, die bei Verwandten und Freunden Zuflucht gefunden haben, kommt man nach Angaben der Behörden auf 940.000 ukrainische Flüchtlinge in Russland (Profil 31.3.2015).
Quellen:
- AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty Report 2015 Ukraine, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 15.6.2015
- Profil (31.3.2015): Ukraine-Flüchtlinge: Ein Lokalaugenschein auf beiden Seiten der Grenze,
http://www.profil.at/ausland/ukraine-fluechlinge-lokalaugenschein-seiten-grenze-5578256 , Zugriff 15.6.2015
17. Grundversorgung/Wirtschaft
Die Ukraine ist eine offene, bislang wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Die ukrainische Wirtschaft ist 2014, vor allem infolge der Auswirkungen der Kampfhandlungen im Osten des Landes, um 7% geschrumpft. Die gegenwärtige ukrainische Regierung hat sich einem umfassenden Reformprogramm verschrieben, dessen Umsetzung die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Wirtschaft deutlich erhöhen dürfte (AA 05.2015).
Laut dem Bericht zur sozioökonomischen Lage der Ukraine im ersten Halbjahr 2013 waren 21,84 Millionen Personen (15-70 Jahre) wirtschaftlich aktiv, die Zahl der beschäftigten arbeitsfähigen Personen lag bei 20,08 Millionen (Gesamtbevölkerung der Ukraine im Juni 2013:
45.480,300 Menschen). Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung betrug am 1. Juli 2013 59,3%, wovon 22% im informellen Sektor beschäftigt waren. Die Arbeitslosigkeit lag bei 8%. Die Regionen mit der höchsten Beschäftigung sind Kiew, Donezk, Dnjepropetrowsk, Charkow (östliche Ukraine). Die Regionen mit der niedrigsten Beschäftigung sind Lwow, Iwano- Frankowsk und Ternopil (westliche Ukraine). Der durchschnittliche Monatsverdienst eines Arbeitnehmers lag im Mai 2013 bei 3253 UAH. Arbeitnehmer und andere Versicherte (z.B. Unternehmer), die arbeitslos gemeldet sind und für 12 Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit nicht weniger als 26 Wochenstunden gearbeitet und Rentenbeitragszahlungen geleistet haben, können staatliche Arbeitslosenhilfe beantragen. Die Beihilfe wird ab dem achten Tag nach der Meldung der versicherten Person beim staatlichen Arbeitsamt ausbezahlt und richtet sich nach der Anzahl der Arbeitsjahre. Nicht versicherte Personen (keine Rentenbeitragszahler) sind nicht anspruchsberechtigt. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger im Juni 2013 betrug 398.500 Personen. Die durchschnittliche Höhe der Arbeitslosenhilfe lag bei 1087 UAH (IOM 08.2013).
Das monatliche Mindesteinkommen für alle Branchen liegt bei UAH
1.218 (USD 150), basierend auf dem monatlichen Existenzminimum, das die Regierung festgelegt hat (USDOS 27.2.2014). Der Durchschnittslohn lag im Jahr 2013 bei UAH 3.265 (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 186) (ÖB 09.2014).
Der Ukrainische Statistische Dienst weist für 2013 in der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Bevölkerungsgruppe der Männer zwischen 15 und 59 und der Frauen zwischen 15 und 55 Jahren eine Arbeitslosenquote von 7,7% aus (erfasst nach der Methodologie der International Labour Organization). Im Vorjahr hatte die Arbeitslosenquote 8,1 % betragen. In der Altersgruppe von 15 bis 70 Jahren waren im Jahr 2013 65,0% erwerbstätig (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (05.2015): Ukraine, http://www.auswaertigesamt .
de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Wirtschaft_node.html, Zugriff 12.6.2015
- IOM - Internationale Organisation für Migration (08.2013):
Länderinformationsblatt Ukraine, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622/1
6391428/16800762/Ukraine_-
_Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff 12.6.2015
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/270738/399509_de.html , Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
17.1. Sozialbeihilfen
Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates. Es gibt zahlreiche Rechtsvorschriften, die diejenigen Personengruppen definieren, die Unterstützung erhalten können. Die gewährten sozialen Leistungen sind in der Regel unzureichend. Es gibt zwei Hauptformen der staatlichen Unterstützung:
a) Materielle Unterstützung (Geld, Nahrung, Kleidung, Schuhe, Brennstoff etc.) - Die Höhe der finanziellen Unterstützung wird entsprechend dem monatlichen Einkommen der betreffenden Person festgelegt, und
b) Soziale Dienstleistungen (Essen, Transportdienste, Lieferung von Medikamenten etc.). Die Voraussetzungen für die Gewährung sozialer Unterstützung sind sehr verschieden und richten sich nach der Art der beantragten Leistung. In der Regel muss der Antragsteller die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe nachweisen, z.B. nach:
dem Verlust des Arbeitsplatzes, Arbeitsunfall bzw. Arbeitsunfähigkeit. Es gibt Leistungen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschaft, für Senioren und Hinterbliebene. Verschiedene NGOs unterstützen ebenfalls Menschen in sozialen Notlagen (IOM 08.2013, vgl. ÖB 09.2014).
Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde im Jahr 2013 mit UAH 1.218 festgelegt (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 70). Im Jahr 2010 galten 26,4% der ukrainischen Bevölkerung als arm, wobei 23% der Stadtbewohner, jedoch 38% der Landbewohner mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum auszukommen hatten. Nur 56,8% der als arm Qualifizierten können sich auf Hilfe aus dem Sozialsystem stützen (ÖB 09.2014).
Quellen:
- IOM - Internationale Organisation für Migration (08.2013):
Länderinformationsblatt Ukraine,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622/1
6391428/16800762/Ukraine__Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
18. Medizinische Versorgung
Das ukrainische Gesundheitssystem ist in seinen Grundzügen nach wie vor das ehemals sowjetische Modell. Krankenhäuser und Fachärzte spielen eine zentrale Rolle, Allgemeinmediziner gibt es kaum. Eine gesetzliche Krankenversicherung wurde trotz jahrelanger Diskussionen in der Ukraine bislang nicht eingeführt. Vielmehr besteht ein in der Verfassung verankerter universeller Anspruch der Bevölkerung auf Gesundheitsleistungen, die aus Steuermitteln finanziert sein sollen (ÖB 09.2014, vgl. IOM 08.2013).
In der Ukraine gibt es über 7.000 Gesundheitszentren (26 Wissenschaftliche Forschungszentren, 40 Krankenhäuser und besondere Gesundheitszentren, 6 Ambulante Kliniken, 150 Sanatorien und Erholungseinrichtungen. Die Wirtschaftskrise hatte erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Infrastruktur. Die Bedingungen in den Krankenhäusern verschlechtern sich. In den Städten ist die Situation im Allgemeinen besser als in den ländlichen Gebieten. Auf dem Land lebenden Personen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wird empfohlen, das jeweilige Gebietskrankenhaus aufzusuchen. Um in einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung versorgt zu werden, müssen Patienten ihre Ausweisdokumente (Personalausweis) und die Krankenversicherungskarte vorweisen (in privaten Kliniken ist dies nicht notwendig. Um in einer staatlichen Klinik versorgt zu werden, muss der Patient in der jeweiligen Region registriert sein (IOM 08.2013).
In den Spitälern sind Zuzahlungen der Patienten für die Behandlung üblich. Im Zeitraum 2003- 2008 wurden rund 40% der Kosten von den Patienten selbst abgedeckt. Der Großteil dieser Eigenmittel wurde für Medizinprodukte und Medikamente ausgegeben (ÖB 09.2014).
Medikamente sind in den meisten Fällen erhältlich, müssen jedoch von den Patienten selbst gekauft werden. Importierte Medikamente sind teurer als solche, die in der Ukraine hergestellt werden. Aspirin (20 Tabletten), das in der Ukraine hergestellt wurde kostet ca. UAH 12,00, wenn es aus der Schweiz stammt ca. UAH 42,00. In der Ukraine gibt es ein Netzwerk von mpsychiatrischen Kliniken, die entsprechend dem Schweregrad der psychischen Erkrankung aufgeteilt sind. Organtransplantationen werden in bestimmten Transplantationskliniken in Kiew und Charkow sowie in normalen Krankenhäusern in Kiew, Donezk, Saporoschje, Lwow, Odessa, Iwano-Frankiwsk, Kirowograd, Lutsk, Mariupol, Mykolajiw, Cherson, Tscherkassij und Tschernowzij durchgeführt (IOM 08.2013).
Schätzungen zufolge sind zumindest 10% aller Geldflüsse im ukrainischen Gesundheitswesen unter dem Begriff "informelle Zahlungen" zu subsumieren. In der Regel werden derartige Zuwendungen vor der entsprechenden Behandlung geleistet. Die Höhe der Zuwendung bestimmt in der Folge die Qualität und die Schnelligkeit der Behandlung. Glaubwürdigen Schätzungen zufolge setzt sich das Gehalt eines Bediensteten im Medizinbereich im Schnitt zu 20% aus derartigen "informellen Zuwendungen" zusammen, die nicht selten - zumal auf dem Land - auch aus Naturalien bzw. bereitgestellten Dienstleistungen bestehen können. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes
Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten (ÖB 09.2014).
Quellen:
- IOM - Internationale Organisation für Migration (08.2013):
Länderinformationsblatt Ukraine,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622/1
6391428/16800762/Ukraine_-
_Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff 12.6.2015
- ÖB - Österreichische Botschaften (09.2014): Asylländerbericht - Ukraine
19. Behandlung nach Rückkehr
Seitens der ukrainischen Regierung gibt es keine gesonderte Unterstützung für die Wiedereingliederung in die Ukraine heimkehrender Staatsbürger. Die Unterstützung bei der Unterbringung für Obdachlose jedoch gilt auch für ukrainische Heimkehrer. Das Zentrum für die Wiedereingliederung obdachloser ukrainischer Staatsbürger beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik unterstützt obdachlose Menschen. Es gibt derzeit keine gesonderte Unterstützung für allein heimkehrende Frauen und Mütter, die nicht zu Ihrer Familie zurückkehren können bzw. wollen (IOM 08.2013).
Quelle:
- IOM - Internationale Organisation für Migration (08.2013):
Länderinformationsblatt Ukraine,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622/1
6391428/16800762/Ukraine__Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff 12.6.2015
(...)
1.4. Im vorliegenden Verfahren konnten individuelle Fluchtgründe, wie unten in der Beweiswürdigung aufgezeigt, nicht glaubhaft gemacht werden. Die allgemeine Situation in der Ukraine ist so, dass der beschwerdeführenden Partei eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, dass vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.
Die aktuelle Lage stellt sich folglich laufender Medienbeobachtung im entscheidungsrelevanten Aspekt gegenüber den zitierten, dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, Feststellungen unverändert dar. Die Konfliktlage erweist sich jedenfalls als lokal begrenzt, die Gebiete der Westukraine sind nach wie vor als sicher zu bezeichnen. Auch der im Rahmen der Beschwerdeschrift zitierte Bericht des UK-Home Office aus November 2015 zum Wehrdienst in der Ukraine deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit den oben zitierten Quellen und vermittelt kein Gegenteiliges Bild hinsichtlich einer dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr potentiell drohenden Verfolgung/Gefährdung erheblicher Intensität in Zusammenhang mit einer Ableistung respektive Verweigerung des Wehrdienstes (siehe dazu sogleich).
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers. Weiters durch Einsichtnahme in die der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebrachten Länderberichte zur aktuellen, im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in der Ukraine. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der Länderfeststellungen zu zweifeln. Auch ist die beschwerdeführende Partei dem Inhalt dieser Länderberichte nicht substantiiert entgegengetreten. Zur Aktualität der Quellen wird nochmals darauf hingewiesen, dass sich die dargestellte Informationslage unter Berücksichtigung aktueller medialer Berichtserstattung in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten im Wesentlichen unverändert darstellt.
Die Feststellung der Identität der beschwerdeführenden Partei erfolgte aufgrund ihres im Original vorgelegten ukrainischen Führerscheins in Zusammenschau mit deren diesbezüglich glaubhaften Angaben.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zum Familien- und Privatleben einschließlich allfälliger Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Behörde erster Instanz sowie aus dem Akteninhalt.
Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr und aktuell drohender menschenrechtswidriger Behandlung der beschwerdeführenden Partei in ihrem Herkunftsstaat beruht auf dem in den wesentlichen Punkten unglaubwürdigen bzw. nicht asylrelevanten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei und ist der belangten Behörde dahingehend zu folgen, wenn diese nach schlüssiger und nicht zu beanstandender Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid insgesamt von der Unglaubwürdigkeit bzw. mangelnden Asylrelevanz jenes Sachverhaltes ausgeht, den die der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der behaupteten Verfolgungsgefahr ihren Anträgen auf internationalen Schutz zugrunde legten.
Aufgabe eines Asylwerbers ist es, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25. 3. 1999, 98/20/0559).
"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 9. 5. 1996, 95/20/0380).
Im Sinne dieser Judikatur ist es den beschwerdeführenden Partei nicht gelungen ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen.
Der Beschwerdeführer brachte als den Grund seiner Flucht zusammenfassend vor, aus Angst vor einer ihm potentiell drohenden Einberufung zum Militärdienst aus seinem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein und im Falle einer Rückkehr die ihm aufgrund der Nichtbefolgung zweier (nach Ausreise erhaltener) Einberufungsbefehle drohenden Repressalien zu fürchten.
Angesichts der politischen Entwicklung in der Ukraine ist für den Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat nicht auszuschließen, dass er in der Folgezeit eine (neuerliche) Einberufung zu einer Musterung oder Ladung zum Antritt eines Militärdienstes erhalten wird, da nach den Feststellungen, denen nicht widersprochen wurde, der Großteil der männlichen Bevölkerung der Ukraine zumindest vorübergehend zum Militärdienst eingezogen wird.
Der Beschwerdeführer und seine rechtsfreundliche Vertretung haben jedoch im Verfahrensverlauf keinerlei Hinweis liefern können, dass ersterer im Fall der Rückkehr aus asylrelevanten Gründen im Vergleich zu anderen männlichen Staatsbürgern der Ukraine schlechter behandelt würde, sollte er einer erfolgenden Einberufung keine Folge leisten. Für den Beschwerdeführer, welcher der ukrainischen Mehrheitsbevölkerung angehört und orthodoxen Glaubens ist, kann ohne diesbezügliche Angaben somit keinerlei asylrelevante Schlechterstellung im Zusammenhang mit einem in der Zukunft drohenden allfälligen Wehrdienst erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat sich nach eigenen Angaben niemals politisch betätigt und hatte niemals Probleme mit Polizei oder Behörden seines Herkunftsstaats.
Wie angesprochen, ist der Beschwerdeführer den seitens der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur entscheidungsrelevanten Situation in seinem Herkunftsstaat nicht entgegengetreten. Vielmehr deckt sich die im Beschwerdeschriftsatz zitierte Berichtslage inhaltlich mit den seitens der Behörde getroffenen Feststellungen zur Thematik des Wehrdienstes in der Ukraine und der seitens der Behörde vertretenen Rechtsansicht. Die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz geben keinen Aufschluss darauf, vor welchem Hintergrund der Beschwerdeführer im Falle der allfälligen Ableistung des Militärdienstes potentiell eine Schlechterbehandlung gegenüber anderen Wehrpflichtigen erfahren würde bzw dass bereits dessen Einberufung wegen eines Konventionsgrundes erfolgen würde.
Zu betonen bleibt weiters, dass Wehrpflichtigen zufolge der herangezogenen Quellen das verfassungsmäßig gewährleistete Recht, einen Wehrersatzdienst zu leisten, zukommt. Dieses Recht ist im entsprechenden Gesetz über den Wehrersatzdienst spezifiziert und auf religiöse Gründe eingeschränkt, sodass auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, aufgrund seines christlichen Glaubens nicht an Kampfhandlungen teilnehmen zu wollen, insofern keine Asylrelevanz seines Vorbringens aufzuzeigen vermag, als ihm vor diesem Hintergrund auch die Möglichkeit der Ableistung eines Wehrersatzdienstes offen stünde.
Auch das Strafmaß für die Entziehung vom Wehrdienst bzw Desertion erreichen laut der vorliegenden Länderberichte kein unverhältnismäßiges Ausmaß. Zudem wird im vorliegenden, im Rahmen der Beschwerdeschrift zitierten, Berichtsmaterial auch hervorgehoben, dass bislang lediglich in wenigen Fällen eine tatsächliche Freiheitsstrafe (im Ausmaß von zwei Jahren) verhängt worden sei, im Übrigen würden lediglich geringfügige Verwaltungsstrafen bzw Bußgelder auferlegt.
Sohin kann fallgegenständlich letztlich auch eine abschließende Beurteilung der Echtheit der vorgelegten Einberufungsbefehle unterbleiben, zumal sich auch im Falle der Authentizität der vorgelegten Unterlagen keine andere Beurteilung hinsichtlich einer dem Beschwerdeführer aus Konventionsgründen drohenden Verfolgung oder einer sonstigen relevanten konkreten Gefährdungslage ergeben würde.
Generell ist als notorisch anzusehen, dass die Kampfhandlungen in der Ostukraine in den letzten Monaten beendet wurden, der Waffenstillstand im Wesentlichen eingehalten wird. Eine Involvierung von Rekruten wie dem Beschwerdeführer, der erst eine militärische Grundausbildung durchlaufen müsste, ist demzufolge in absehbarer Zeit auszuschließen.
Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des unpolitischen Beschwerdeführers als Zivilpersonen infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist trotz der derzeitigen bürgerkriegsartigen Zustände in Regionen der Ostukraine nicht anzunehmen, weil dieser im Westen der Ukraine in einem von den Unruhegebieten weit entfernten Gebiet gelebt hat, wo sich im Übrigen unverändert die engsten Angehörigen des Beschwerdeführers aufhalten.
Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des auffallend unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kein glaubhafter asylrelevanter Sachverhalt oder eine sonstige konkrete, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Bedrohungslage abzuleiten ist und muss daher auch eine allfällige Gefährdung der beschwerdeführenden Partei vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen betrachtet werden.
Wenn die belangte Behörde im bekämpften Bescheid somit in einer vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu beanstandenden Weise zum Ergebnis gelangt, dass das von der beschwerdeführenden Partei behauptete Bedrohungsszenario insgesamt unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant sei und diese ihren Herkunftsstaat vorwiegend aus wirtschaftlichen bzw privaten Motiven verlassen hätte, begegnet diese Einschätzung keinen Bedenken von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes ? BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz ? VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z. 4).
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. §?66 Abs.?4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, ist einem/einer Fremden, der/die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des/der Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm/ihr im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Zentraler Aspekt der dem § 3 Asylgesetz 2005 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des/der Asylwerbers/Asylwerberin unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des/der Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21. 12. 2000, 2000/01/0131; 19. 4. 2001, 99/20/0273).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der/die Asylwerber/Asylwerberin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19. 10. 2000, 98/20/0233).
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.".
§ 11 AsylG lautet:
(1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
(2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.
Zur seitens des Beschwerdeführers vorgebrachten Furcht vor Ableistung des Militärdienstes in der Ukraine bzw ihm im Falle einer Rückkehr allenfalls drohenden Repressalien aufgrund der Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls ist auf folgende maßgebliche Judikaturlinie hinzuweisen:
Die Flucht wegen Einberufung zum Militärdienst könnte nur dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der FlKonv genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen gewesen wäre (VwGH 8.3.1999, 98/01/0371).
Die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes rechtfertigt für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling. Der VwGH geht von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung nur in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art 1 Abschn A Z 2 FlKonv angeführten Gründen erfolgt, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326).
Die Heranziehung zum Militärdienst durch die Behörden eines souveränen Staates erlangt dann Asylrelevanz, wenn eine Schlechterstellung, schlechtere Behandlung oder Unterwerfung unter ein strengeres Strafregime bestimmter, nach Religion oder sozialer Gruppe oder politischer Gesinnung abgegrenzter Personen der zum Wehrdienst herangezogenen Personen droht. Dieser Maßstab gilt aber nicht bei der Zwangsrekrutierung durch eine Rebellenarmee. Die Zwangsrekrutierung durch eine christliche Rebellenarmee, welche alle männlichen Christen ab einem bestimmten Lebensjahr umfaßt, bildet allein für sich keinen Asylgrund (VwGH 8.9.1999, 99/01/0167).
Es kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen - wie etwa der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine "bloße" Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (Hinweis E vom 27. April 2011, 2008/23/0124, mwN). Gemäß Art. 3 MRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat unmenschliche oder erniedrigende Haftbedingungen wiederholt unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 MRK gewürdigt (vgl. dazu das den Iran betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 2006, 2005/20/0496, mwN) (VwGH 25.3.2015, Ra 2014/20/0085).
Wie beweiswürdigend dargelegt, hat der Beschwerdeführer im Verfahrensverlauf, vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen, keinerlei Anhaltspunkte auf das Vorliegen eines Sachverhaltes im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung vorgebracht.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.3. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen", so ist einem/einer Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 der Status des/der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des/der Fremden in seinen/ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn/sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde".
Nach § 8 Abs. 2 Asylgesetz 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden. Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (§ 8 Abs. 3 AsylG 2005).
Unter "realer Gefahr" ist nach den Materialien zum Asylgesetz 2005 "eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen" (vgl. auch VwGH 19. 2. 2004, 99/20/0573 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des EGMR). Dabei obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle der Abschiebung behauptet, soweit als möglich Informationen vorzulegen, die (...) eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (EGMR 5. 7. 2005, Said v. The Netherlands, Appl. 2345/02).
§ 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des/der Antragstellers/Antragstellerin. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der/die Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines/ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8. 6. 2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14. 10. 1998, 98/01/0122; 25. 1. 2001, 2001/20/0011).
Der Antragsteller hat das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26. 6. 1997, 95/18/1293, 17. 7. 1997, 97/18/0336). Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21. 8. 2001, 2000/01/0443; 26. 2. 2002, 99/20/0509; 22. 8. 2006, 2005/01/0718). Die aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2. 8. 2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 Asylgesetz 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) zu beachten (VwGH 25. 1. 2001, 2001/20/0011). Die Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30. 9. 1993, 93/18/0214).
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht (vgl. oben Punkt 3.3.1.).
Im gegenständlichen Fall kann keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention für den Fall der Rückkehr der beschwerdeführenden Partei in die Ukraine erkannt werden.
Ausgehend vom Nichtvorliegen eines asylrechtlich relevanten Verfolgungssachverhalts liegen nach dem gepflogenen Ermittlungsverfahren auch keine Hinweise vor, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat den im Zusammenhang mit der Gewährung subsidiären Schutzes relevanten Gefahren ausgesetzt wäre. Insbesondere ist im gegenständlichen Fall auch von keinen "außergewöhnlichen Umständen" (‚exceptional circumstances') im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK auszugehen, die eine Abschiebung aus anderen - etwa gesundheitlichen - Gründen unzulässig erscheinen lassen würden (vgl. überdies zur diesbezüglich "hohen Eingriffsschwelle" [‚high threshold'] insbesondere EGMR 2. 5. 1997, D. v. The United Kingdom, Appl. 30.240/96; EGMR 7. 11. 2006, Ayegh v. Sweden, Appl. 4701/05; EGMR 27. 5. 2008, N. v. The United Kingdom, Appl. 26.565/05 bzw. VwGH 23. 9. 2009, 2007/01/0515).
Weder aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei zu den Gründen, die für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).
Der Beschwerdeführer brachte im zu beurteilenden Fall keine Krankheitsaspekte vor, welche einer Rückkehr in die Ukraine potentiell entgegenstehen könnten.
Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer in der Ukraine aufgewachsen ist, dort den weit überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, er die ukrainische, die russische und die rumänische Sprache beherrscht, über eine abgeschlossene Schulbildung verfügt und er mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Darüber hinaus ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in der Ukraine nach wie vor über enge soziale Anknüpfungspunkte in seiner Heimatstadt verfügt, wo sich seine Eltern und Geschwister nach wie vor an dessen früherer Wohnadresse aufhalten. Aufgrund des Alters und Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers kann diesem auch zugemutet werden, das für sein Überleben Notwendige durch eigene Arbeit zu erwirtschaften und dadurch seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten.
Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die beschwerdeführende Partei kann somit schlichtweg nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Ukraine sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.
Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch aus schlechten Lebensbedingungen keine gegenständlich relevante Gefährdung bzw. Bedrohung abgeleitet werden (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021; vgl. auch VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059, wonach z.B. die Situation einer in einem beheizbaren Zelt von neun Quadratmetern untergebrachten fünfköpfigen Familie zwar als prekär, aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK als noch erträglich zu beurteilen sei).
Außergewöhnliche, auf das gesamtes Staatsgebiet bezogene, Umstände, angesichts derer die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in die Ukraine die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, können unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erblickt werden.
Eine reale Gefahr, dass der beschwerdeführenden Partei in ihrem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe drohen könnte, ist somit insgesamt nicht hervorgekommen, weswegen die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ebenfalls abzuweisen war.
3.4. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§§ 57 und 55 AsylG sowie § 52 FPG) wird Folgendes erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Die beschwerdeführende Partei befindet sich erst seit August 2014 (nachweislich) im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die beschwerdeführende Partei ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
Ferner erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten im gegenständlichen Verfahren nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).
Die beschwerdeführende Partei hat (mit Ausnahme einer Tante, zu welcher jedoch keinerlei Kontakt besteht) keine zum dauernden Aufenthalt berechtigten Angehörigen im Bundesgebiet. Eine Rückkehrentscheidung stellt demnach keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers dar und es bedarf daher auch keiner Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben der beschwerdeführenden Partei eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).
Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).
Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof ? unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen ? darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gericht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).
Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).
Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).
Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053 282ff).
Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.
Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der beschwerdeführenden Partei in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten der beschwerdeführenden Partei aus und stellt die Rückkehrentscheidung jeweils keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.
Die beschwerdeführende Partei stellte am 01.08.2014 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und war ihr bisheriger Aufenthalt nur aufgrund ihres vorübergehenden Aufenthaltsrechts im Rahmen des Verfahrens auf internationalen Schutz möglich. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich die beschwerdeführende Partei nicht darauf verlassen konnten, ihr Leben auch nach Beendigung des Asylverfahrens in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen.
Der Beschwerdeführer ist unbescholten und befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt erst seit rund eineinhalb Jahren im Bundesgebiet. Bereits aufgrund dieses kurzen Aufenthaltszeitraumes kann von keiner sonderlichen Integrationsverfestigung im Bundesgebiet ausgegangen werden. Im Verfahren ergaben sich auch keine maßgeblichen Hinweise auf in diesem Zeitraum gesetzte Integrationsschritte bzw. das Vorliegen von Bindungen zu Österreich. Die beschwerdeführende Partei bestritt ihren Lebensunterhalt aus staatlichen Mitteln und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer brachte vor, in XXXX eine Freundin kennengelernt zu haben und sich um den Erwerb von Deutschkenntnissen zu bemühen. Darüber hinaus haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte auf das Vorhandensein maßgeblicher Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben. Ein besonderes Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration hat der Beschwerdeführer gesamtbetrachtend somit keinesfalls dargetan. Die Beziehungen der der beschwerdeführenden Partei zu Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt relativ schwach ausgeprägt, während sie in ihrem Herkunftsstaat, in welchem sie den überwiegenden und prägenden Teil ihres Lebens verbracht haben, über ein soziales Netz sowie Kenntnisse der Amtssprache(n) verfügt und es ihr daher vor dem Hintergrund ihrer erst relativ kurzen Ortsabwesenheit auch problemlos möglich sein wird, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers.
Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen der beschwerdeführenden Partei an einem Verbleib im Bundesgebiet. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 6. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet das persönliche Interesse der beschwerdeführenden Partei am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.
Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.
Obigen Erwägungen zufolge sind daher im Falle der beschwerdeführenden Partei auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in den Herkunftsstaat ist gegeben, da den der Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz zugrunde liegenden Feststellungen (vgl. II/1.) zufolge keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Umstände im Verfahrensverlauf nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zur freiwilligen Ausreise zurecht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung sowie die gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 55, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abzuweisen.
3.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte im gegenständlichen Verfahren vor folgendem Hintergrund unterbleiben:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde ? zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes-oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der VfGH äußerte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 und stellte dazu klar: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde" (VfGH 14.3.2012, Zl. U 466/11).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG ist der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.?3.?2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.?1.?2003, 2002/20/0533; 12.?6.?2003, 2002/20/0336, zur Anwendbarkeit auf das AsylG 2005 vgl. VwGH 11.?6.?2008, Zl. 2008/19/0126; VwGH 28.?6.?2011, Zl. 2008/01/0456).
Zuletzt sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die oben genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde im Dezember 2015 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben haben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten bestätigt, desweiteren findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Wie beweiswürdigend dargelegt, findet sich im Rahmen der Beschwerdeschrift kein Vorbringen, welches dazu geeignet wäre, die behördliche Entscheidung in Frage zu stellen und wird auch im Rahmen der Beschwerdeschrift und dem darin verwiesenen Bericht des UK Home Office keine Asylrelevanz der Angaben des Beschwerdeführers bzw ein Hinweis auf eine ihm im Falle einer Rückkehr reeller Weise drohende sonstige entscheidungserhebliche Gefährdung aufgezeigt. Es werden insbesondere keine Sachverhaltsaspekte dargetan, vor deren Hintergrund eine differierende rechtliche Beurteilung vorzunehmen gewesen wäre, vielmehr stützt die im Beschwerdeschriftsatz angeführte Berichtslage weitgehend die seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene rechtliche Würdigung. Zu Spruchpunkt III. wurde im Rahmen der Beschwerdeschrift keinerlei Vorbringen erstattet.
Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die ordentliche Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG erweist sich insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall ausschließlich tatsachenlastig ist und keinerlei Rechtsfragen - schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung - aufwirft. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung. Auch ist die im gegenständlichen Fall maßgebende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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