European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00092.19H.0219.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
I. Das Urteil des Berufungsgerichts wird als Teilurteil zum Teil bestätigt, sodass es zu lauten hat:
„Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig der klagenden Partei 57.452,50 EUR samt 4 % Zinsen seit 6. 4. 2016 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“
II. Im Übrigen, das ist im Umfang des Begehrens von 463.698,78 EUR samt 4 % Zinsen seit 6. 4. 2016, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben.
Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
Der zwischen den Parteien bestehende Eigenheimversicherungsvertrag „System plus“ mit Neuwertersatz für ein Superädifikat (Versicherungsbeginn 1. 8. 2010) umfasst ua eine Feuerversicherung und eine Haushaltsversicherung.
Dem Vertragsverhältnis liegen unter anderem die 10T‑Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) Fassung 1995 und die 11T‑Allgemeine Feuerversicherungs-Bedingungen (AFB), HH1‑Allgemeine Bedingungen für Haushaltsversicherungen – ABH, 201‑Haushaltsversicherung in ständig bewohnten Gebäuden, E1M – Besondere Bedingungen für die Eigenheimversicherung System Plus – Medium,sowie 17T‑Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Gebäuden und Einrichtungen, soweit sie industriell oder gewerblich genutzt sind oder Wohn- und Bürozwecken dienen, zugrunde.
Die relevanten Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise:
10T‑Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) Fassung 1995
„Diese Bedingungen enthalten allgemeine Vertragsbestimmungen und gelten als Allgemeiner Teil für jene Sachversicherungssparten, die auf die Geltung der ABS besonders hinweisen.
[...]
Art. 12 Schuldhafte Herbeiführung des Schadenfalles, Mitwirkung bei der Ermittlung, Rechtskräftige Verurteilung
(1) [...]
Hat eine der genannten Personen bei der Ermittlung des Schadens oder der Entschädigung eine unwahre Angabe gemacht oder einen für die Ermittlung erheblichen Umstand verschwiegen, ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei.
[...]“
11T‑Allgemeine Feuerversicherungs-Bedingungen (AFB)
„ Allgemeiner Teil
Auf die Versicherung finden die Bestimmungen der Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) Anwendung.
Besonderer Teil
[…]
Art 2 Versicherte Sachen
[…]
(4) Ist der Wohnungsinhalt zusammen mit anderen Sachen in derselben Polizze versichert, so gelten hinsichtlich der Feuerversicherung des Wohnungsinhalts die diesbezüglichen Bestimmungen der Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen (ABH).
[...]
Art 4 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Schadenfall
[…]
(1) d) Er hat dem Versicherer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, auf Verlangen jede hiezu dienliche Auskunft zu Protokoll zu geben oder schriftlich zu erteilen und Belege beizubringen.
Auf Verlangen muss er ferner innerhalb einer angemessenen Frist, die mindestens zwei Wochen betragen muss, ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis der am Schadentag vorhandenen, der vom Schaden betroffenen und der abhanden gekommenen Sachen und zwar nach Möglichkeit unter Angabe ihres Wertes unmittelbar vor dem Schadenfall, auf seine Kosten vorlegen.
[…]
f) Der Versicherungsnehmer hat alle schriftlichen und mündlichen Angaben im Zuge der Schadenerhebung dem Versicherer richtig und vollständig zu machen.
[…]
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Versicherungsvertragsgesetz […] von der Verpflichtung zur Leistung frei. […]
Art 5 Ersatzleistung
[…]
(2) Als Ersatzwert gelten:
a) bei Gebäuden der ortsübliche Bauwert unter Abzug eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere dem Alter und der Abnützung entsprechenden Betrages; wenn das Gebäude nicht innerhalb dreier Jahre, gerechnet vom Schadentag, wieder aufgebaut wird, ist höchstens dessen Verkehrswert [...] zu ersetzen.
[…]
d) [...]
Für die Wiederherstellung gemäß lit a) genügt es, wenn [...] wieder Gebäude hergestellt werden, die dem gleichen Betriebszweck dienen. Gebäude, die sich bei Eintritt des Schadenfalles in Bau befinden oder bereits errichtet sind, gelten nicht als Wiederherstellung. Weist der Versicherungsnehmer nach, dass die Wiederherstellung an der bisherigen Stelle behördlich verboten ist, so genügt die Wiederherstellung an andere Stelle desselben Gemeindegebietes.
[...]“
17T – Sonderbedingungen für die Neuwert-versicherung von Gebäuden und Einrichtungen, soweit sie industriell oder gewerblich genutzt sind oder Wohn- und Bürozwecken dienen
[…]
4. […] Hiebei genügt es, wenn für zerstörte oder beschädigte Gebäude wieder Gebäude, für zerstörte oder beschädigte Einrichtungen wieder Einrichtungen und für zerstörte oder beschädigte sonstige Sachen gleichartige Sachen hergestellt bzw beschafft werden, soweit alle vorgenannten Sachen dem gleichen Betriebszweck dienen.
[…]
Gebäude, Einrichtungen und sonstige Sachen, die bei Eintritt des Versicherungsfalls bereits hergestellt oder angeschafft sind oder sich in Herstellung befinden, gelten nicht als Wiederherstellung bzw als Wiederbeschaffung.
[...]
Weist der Versicherungsnehmer nach, dass die Wiederherstellung an der bisherigen Stelle behördlich verboten ist, so genügt die Wiederherstellung an andere r Stelle innerhalb Österreichs.
[...]
E1M – Besondere Bedingungen für die Eigenheimversicherung System Plus – Medium
[…]
Spezielle Deckungsverbesserungen
[...]
5.6 Wiederherstellung innerhalb Österreichs
In Abänderung von Art 5 Abs 2 lit d letzter Satz AFB gilt vereinbart, dass die Wiederherstellung des zerstörten oder beschädigten Gebäudes an anderer Stelle innerhalb Österreichs erfolgen kann, auch wenn an der bisherigen Stelle kein behördliches Wiederherstellungsverbot besteht.
[...]
HH1-Allgemeine Bedingungen für Haushaltsversicherungen‑ABH
„ Allgemeiner Teil
Auf die Sachversicherung finden die allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) Anwendung, […].
Besonderer Teil
[...]
Artikel 5
Was muss der Versicherungsnehmer im Schadenfall tun?
[…]
2.3 Die für die Begründung des Entschädigungsanspruchs nötigen Angaben sind auf Verlangen des Versicherers schriftlich zu Protokoll zu geben; die hiezu dienlichen Untersuchungen müssen gestattet und unterstützt werden.
Der Versicherer kann vom Versicherungsnehmer ein Verzeichnis der vom Schaden betroffenen Sachen mit Wertangabe verlangen.
[…].“
201 – Haushaltsversicherung in ständig bewohnten Gebäuden
„Voraussetzung für die Gültigkeit der Versicherung ist, dass das Gebäude, in dem sich die Versicherungsräumlichkeiten befinden, von einer erwachsenen Person mindestens 9 Monate im Jahr auch nachtsüber ständig bewohnt wird.“
Der Kläger erwarb das Superädifikat mit Stichtag 1. 1. 2010 um es als Firmensitz zu nützen und seinen Mitarbeitern zu ermöglichen, dort zu wohnen bzw zu nächtigen. Die ab 2010 dort wohnende Familie wurde aufgrund eines rechtskräftigen Räumungstitels am 2. 12. 2014 delogiert. Danach hielt sich nur ein Mitarbeiter des Klägers, der das Gebäude adaptieren sollte, tagsüber fallweise im Gebäude auf und übernachtete dort ein-, zweimal im Monat.
Im Jahr 2012 ließ der Kläger die Eternitfassade des Gebäudes abschlagen, um sie – bei Vorhandensein entsprechender Geldmittel – voll gedämmt wieder zu errichten. Bevor es dazu kam, wurde das Gebäude 2013 durch Hochwasser beschädigt. Das Haus stand zwei bis drei Tage bis zu einer Höhe von 60 bis 80 cm unter Wasser. Unmittelbar nachdem das Wasser abgeflossen war, entfernte ein Mitarbeiter des Klägers mit einigen Helfern den gesamten Schlamm aus dem Haus. Die Elektroleitungen im Haus waren vom Hochwasser nicht betroffen; da die Eternitfassade abgetragen worden war und weil auch der Verputz der Wände nicht betroffen war, entschied der Kläger, die Gebäudemauern natürlich (dh ohne Einsatz von Trocknungsgeräten) austrocknen zu lassen. Auch die durch das Hochwasser betroffenen Hölzer der Regale und Türstöcke wurden natürlich ausgetrocknet. Weder die Türstöcke noch das betroffene Inventar wurden ersetzt. Ebensowenig wurde die Malerei an den Wänden im Inneren des Gebäudes erneuert. Der Kläger beauftragte den erwähnten Mitarbeiter aber damit, die Türen und Türstöcke neu zu streichen. Das Hauswasserwerk wurde durch das Hochwasser beschädigt und im Auftrag des Klägers von einem Installationsunternehmen saniert.
Diesen Schaden meldete der Kläger der Beklagten, woraufhin diese ihm – nach Einholung eines Gutachtens – für das Gebäude und das Inventar aus der Hochwasserversicherung den Haftungshöchstbetrag von je 8.000 EUR auszahlte.
Am 23. 3. 2015 wurde im versicherten Gebäude ein Brand gelegt, durch den dieses und das darin befindliche Inventar schwer beschädigt wurden. Der Täter stieg nicht über ein zum Zeitpunkt des Brandes gekipptes Fenster in das Gebäude ein. Alle übrigen Fenster waren geschlossen, die beiden Eingangstüren geschlossen und versperrt. Der Kläger meldete noch am selben Tag seinem Versicherungsbetreuer den Versicherungsfall. Beim Besichtigungstermin am 26. 3. 2015 teilte er dem Sachverständigen der Beklagten mit, dass bei der Hochwassersanierung die erforderlichen Reinigungs- und Schlammbeseitigungsarbeiten sowie Malerarbeiten durchgeführt worden seien. Er erläuterte weiters, dass eine technische Trocknung oder Erneuerung der Innentüren nicht stattgefunden habe, weil er eine natürliche Trocknung bevorzugt habe und das Aufquellen der Innentüren sich wieder zurückgebildet hätte. Er übergab dem Sachverständigen eine „grobe Aufstellung“ des Inventars. Der Kläger wurde aufgefordert, die Rechnungen der durchgeführten Sanierungsarbeiten beizubringen und die Aufstellung über das Inventar durch Angabe des Vorschadenalters und der ehemaligen Anschaffungskosten zu ergänzen. Er übermittelte in der Folge weder die ergänzte Aufstellung des Inventars noch Rechnungen über nach dem Hochwasser vorgenommene Sanierungsarbeiten.
Der Kläger wurde der Brandstiftung verdächtigt, die Staatsanwaltschaft erhob gegen ihn Anklage, wovon er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde.
Er hat zwischenzeitig („bis 23. 10. 2018“) ein „Objekt in Wien 5 ausgebaut“; die Kosten dafür beliefen sich auf 479.166,76 EUR. Das versicherte Gebäude wurde soweit adaptiert, dass der Wintergarten Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden kann: Die Elektroleitungen sind saniert, ein Eiskasten ist angeschlossen. Auch eine Dusche und ein WC sind vorhanden.
Der Kläger begehrte 521.151,28 EUR sA, davon für die Wiederherstellung des Gebäudes (inklusive Gebäudesicherung, Abbruchkosten und Elektroinstallationsarbeiten) 463.698,78 EUR und das beschädigte bzw zerstörte Inventar 57.452,50 EUR. Er habe den Schaden fristgerecht und unter Einhaltung aller Obliegenheiten bei der Beklagten gemeldet. Das Haus sei nach der Delogierung nicht leer gestanden, sondern immer wieder bewohnt gewesen. Das angeblich gekippte Fenster habe keine Einstiegsspuren aufgewiesen. Er habe die Beschädigung des Gebäudes beim Hochwasser 2013 nicht verschwiegen. Die Beschädigungen seien der Beklagten schon seit 2013 bekannt gewesen, weil damals der Schaden bei der Beklagten gemeldet und von dieser bearbeitet worden sei. Das Haus sei großteils in Eigenregie wieder in Stand gesetzt worden, insbesondere auch, weil die Beklagte nur einen Teil der Hochwasserschäden ersetzt habe. Die Wiederherstellung nach dem Brand sei in Form des Ausbaus eines Dachgeschoßes in Wien erfolgt. Die Schaffung zweier Wohnungen mit einer Fläche von rund 136 m² sei gleichwertig, weil das beschädigte Gebäude eine Wohnfläche von 130 m² gehabt habe.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Das Gebäude sei nicht ständig bewohnt gewesen, sodass hinsichtlich der Haushaltsversicherung Klausel 201 zur Anwendung gelange. Ein Fenster sei im Zeitpunkt des Versicherungsfalls gekippt gewesen, sodass der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt worden sei. Der Kläger habe verschwiegen, dass das brandgeschädigte Gebäude und das Inventar schon durch ein Hochwasser im Jahr 2013 stark beschädigt worden seien. Der Sachverständige habe von diesen Vorschäden zufällig erfahren. Zu diesem Versicherungsfall habe es einen Sachverständigenbericht vom 24. 6. 2013 gegeben, in dem die Schäden am versicherten Gebäude mit 65.000 EUR und am Inhalt mit 12.500 EUR beziffert worden seien. Der Kläger sei der Aufforderung, Rechnungen bzw Sanierungsnachweise zu diesen Hochwasserschäden aus 2013 vorzulegen, nicht nachgekommen und habe lapidar behauptet, eine natürliche Trocknung bevorzugt zu haben. Er habe durch Verschweigung dieser Vorschäden eine höhere Versicherungsleistung erreichen wollen und bewusst einen für die Ermittlung des Schadenumfangs und der Entschädigungspflicht der Beklagten erheblichen Umstand verschwiegen, und damit seine Aufklärungspflicht mit dolus coloratus verletzt, weshalb die Beklagte leistungsfrei sei. Die Schadenshöhe sei gegenüber dem Begehren des Klägers um die verschwiegenen Vorschäden durch das Hochwasser 2013 zu verringern, und zwar beim Gebäude um 54.166,56 EUR und beim Inventar um 10.416,67 EUR. Mangels Wiederherstellung bestehe nur Anspruch auf den Ersatz des Zeitwerts, der hinsichtlich des Gebäudes 129.095,88 EUR und hinsichtlich des Inventars 41.272,50 EUR betrage.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte zusätzlich zu den eingangs wiedergegebenen Feststellungen zur Brandverursachung drei mögliche Szenarien fest, nämlich dass der Kläger den Brand selbst legte oder einen bestimmten Mitarbeiter damit beauftragte oder eine (unbekannte) dritte Person veranlasste, den Brand unter Verwendung eines vom Kläger zur Verfügung gestellten Türschlüssels zu legen. Rechtlich folgerte es daraus, dass der Kläger den Brand selbst vorsätzlich herbeigeführt habe, sodass kein Anspruch auf eine Versicherungsleistung bestehe.
Das Berufungsgericht erachtete die Feststellungen betreffend die Brandlegung mangels entsprechenden Vorbringens der Beklagten für überschießend und unbeachtlich. Es bestätigte das Urteil des Erstgerichts mit der Begründung, der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht, seine Aufklärungsobliegenheiten ohne dolus coloratus verletzt zu haben. Er habe weder behauptet, die geforderten Information beigebracht, noch die objektivierte Obliegenheitsverletzung ohne Täuschungsabsicht begangen zu haben.
Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig, sie ist auch teilweise in Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Bündelversicherung:
1.1 Eine „kombinierte“ Versicherung liegt vor, wenn mehrere Gefahren in einem einzigen Vertrag zusammengefasst werden, dem einheitliche Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zu Grunde liegen. Die „kombinierte“ Versicherung führt zu einem Vertrag, der ein ungeteiltes rechtliches Schicksal hat. Er kann nur als Einheit abgeschlossen und beendet werden (Fenyves in Fenyves/Schauer, VersVG § 1a Rz 32, Rz 34).
1.2 Von einer Bündelversicherung spricht man dagegen, wenn für die einzelnen Gefahren getrennte Verträge bestehen, die jedoch als einziges „Versicherungsprodukt“ angeboten werden, wofür in der Regel nur ein Versicherungsschein errichtet wird. Es werden mehrere rechtlich selbständige Versicherungsverträge zum Zweck der administrativen Vereinfachung in der Weise zusammengefasst, dass für sie zwar ein einheitliches Antragsformular verwendet und ein gemeinsamer Versicherungsschein ausgestellt wird, es werden aber dennoch mehrere selbständige Versicherungsverträge, für die unterschiedliche AVB zur Anwendung gelangen, abgeschlossen (7 Ob 112/16w; Fenyves in Fenyves/Schauer, VersVG § 1a Rz 32, 34). Die darin eingeschlossenen Sparten haben ein rechtlich selbständiges Schicksal (7 Ob 264/07k mwN; 7 Ob 29/93; Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 149; Fenyves in Fenyves/Schauer, § 1a VersVG Rz 34 mwN), und sind insoweit getrennt zu beurteilen (7 Ob 208/15m).
1.3 Der Kläger hat (soweit hier relevant) einerseits eine Feuerversicherung für das Gebäude und andererseits eine Haushaltsversicherung, die auch Feuerschäden abdeckt, abgeschlossen. Beide beruhen auf gesonderten Versicherungsbedingungen. Es liegt eine Bündelversicherung vor. Die Haushaltsversicherung und die Feuerversicherung für das Gebäude sind rechtlich selbständig. Leistungsfreiheit in der einen Sparte führt daher nicht automatisch zur Leistungsfreiheit in der anderen.
2. Haushaltsversicherung:
2.1 Gemäß Art 2 Abs 4 AFB richtet sich die Feuerversicherung des Wohnungsinhalts nach der Haushaltsversicherung; es sind darauf die ABH anzuwenden.
2.2 Bedingung für die Gültigkeit der Haushaltsversicherung ist nach der zwischen den Parteien vereinbarten Klausel 201 unter der Überschrift „Haushaltsversicherung in ständig bewohnten Gebäuden“, dass das Gebäude, in dem sich die Versicherungsräumlichkeiten befinden, mindestens neun Monate im Jahr von einer erwachsenen Person auch nachtsüber ständig bewohnt wird. Zu prüfen ist zunächst die rechtliche Qualität der Bedingung.
2.3 Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen dabei zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).
2.4 Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (vgl 7 Ob 208/13h; RS0080166; RS0080068). Obliegenheiten dagegen fordern gewisse Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers und bestimmte Rechtsfolgen nur für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung (RS0080166). Entscheidend für die Abgrenzung und Einordnung einer Bedingung ist ihr materieller Inhalt, nicht ihr äußeres Erscheinungsbild (RS0103965).
2.5 Die Überschrift der Klausel bezieht sich (generell) auf „Haushaltsversicherung in ständig bewohnten Gebäuden“. Voraussetzung für die „Gültigkeit der Versicherung“ soll eine bestimmte Art der Bewohnung sein. Der materielle Inhalt der Klausel bezieht sich sohin weder auf eine bestimmte Verhaltensweise des Versicherungsnehmers noch wird damit (schon durch die Überschrift erkennbar) ein Stück des bereits erfassten Deckungsumfangs ausgenommen. Es wird vielmehr eine bestimmte Eigenschaft des versicherten Objekts definiert und beschreibt damit das primäre Risiko. Es trifft daher den Kläger als Versicherungsnehmer die Beweislast für die die Deckungspflicht auslösende bedingungsgemäße Bewohnung des Gebäudes (vgl RS0081013). Dieser Beweis ist ihm nicht gelungen:
2.6 Eine Präzisierung, wie das Jahr zu berechnen ist, findet sich in der Klausel 201 nicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich im Sinne der Bedingung das Jahr auf die jeweilige Versicherungsperiode nach § 9 VersVG (Versicherungsbeginn 1. 8. 2010) oder auf den Zeitraum vor dem Versicherungsfall bezieht, weil das Gebäude zwischen der Delogierung am 2. 12. 2014 und dem Brand am 23. 3. 2015 jedenfalls länger als drei Monate unbewohnt war, nur fallweise von einem Mitarbeiter des Klägers aufgesucht wurde und dieser bloß ein- bis zweimal pro Monat übernachtete. Dies entspricht nicht der primären Risikobeschreibung. Aus der Haushaltsversicherung besteht daher schon aus diesem Grund keine Deckung, sodass auf die anderen Einwände der Beklagten nicht weiter einzugehen ist.
3. Gebäudeversicherung:
3.1 Dazu wurde keine der Klausel 201 vergleichbare Bedingung vereinbart. Die Beklagte meint in der festgestellten Benützung des Gebäudes aber eine Gefahrenerhöhung zu erkennen.
3.2 Eine Gefahrenerhöhung ist eine objektive, nach Abschluss des Vertrags eingetretene erhebliche Änderung der Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls wahrscheinlicher macht und den Versicherer deshalb vernünftigerweise veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämie fortzusetzen (RS0080237). Es ist ein Gefährdungsvorgang, der seiner Natur nach geeignet ist, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadensverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell zu fördern geeignet ist (RS0080491). Allgemein übliche, das Durchschnittsrisiko kennzeichnende Gefahrenerhöhungen und solche, deren Unterstellung unter die §§ 23 ff VersVG den Versicherungsschutz der Mehrzahl der Versicherungsnehmer erheblich entwerten würde, sind mitversichert (RS0130147).
3.3 Dass das ständige Bewohnen des Gebäudes in irgendeiner Weise Vertragsgrundlage geworden wäre, wurde von den Parteien nicht behauptet. Es ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich, wenn ein Gebäude während Umbauarbeiten für ein wenig mehr als drei Monate nicht durchgehend bewohnt wird. Die Beklagte stützt sich auch nicht auf konkrete besondere Gefahrenmomente, die sie vernünftigerweise veranlasst hätte, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämie fortzusetzen. Sie verweist lediglich darauf, dass sie bei Kenntnis des Umstands die Weisung erteilt hätte, die Fenster zu schließen. Wie gleich ausgeführt wird, war aber das gekippte Fenster für den Eintritt des Versicherungsfalls ohnehin nicht kausal.
3.4 Im Zeitpunkt des Versicherungsfalls war ein Fenster gekippt, alle anderen Fenster und die Türen des Gebäudes waren geschlossen und versperrt. Nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen wurde nicht durch dieses Fenster „eingestiegen“. Der Obliegenheitsverletzung (vgl RS0080166; RS0080435) fehlt es daher an der erforderlichen Kausalität für den Schadenfall (RS0079993; RS0043728).
3.5 Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden AFB erklären in ihrem Allgemeinen Teil die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS) für anwendbar (hier Art 12 ABS) und regeln in Art 4 (auch noch gesondert) die Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers dahin, dass er verpflichtet ist, jede zur Ursache und Höhe des Schadens dienliche Auskunft zu geben und entsprechende Belege vorzulegen. Auch hat er auf Verlangen ein Verzeichnis, der vom Schaden betroffenen Sachen samt Angabe ihres Wertes beizubringen.
Solche Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall dienen dem Zweck, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen. Die Drohung mit dem Anspruchsverlust soll den Versicherungsnehmer motivieren, die Verhaltensregeln ordnungsgemäß zu erfüllen; ihr kommt eine generalpräventive Funktion zu (RS0116978). Der Versicherte ist damit verpflichtet, nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen und alles Zweckdienliche zur Aufklärung des Schadenereignisses selbst dann vorzunehmen, wenn es seinen eigenen Interessen zum Nachteil gereichen sollte (RS0080972 [insb T1 und T12]). Sie soll nicht nur die nötigen Feststellungen über den Ablauf, die Verantwortlichkeit der Beteiligten und den Umfang des erlittenen Schadens ermöglichen, sondern auch die Klarstellung aller Umstände gewährleisten, die für allfällige Regressansprüche des Versicherers von Bedeutung sein können (RS0081010). Durch die Aufklärung soll der Versicherer in die Lage versetzt werden, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen. Es genügt, dass die begehrte Auskunft abstrakt zur Aufklärung des Schadenereignisses geeignet ist (RS0080833, RS0080205 [T1, T2]).
3.6 Hier steht fest, dass der Sachverständige der Beklagten den Kläger ua aufforderte, die Rechnungen hinsichtlich der durchgeführten Sanierungsarbeiten nach dem Hochwasserschaden vorzulegen. Diese Informationen benötigt die Beklagte ganz offensichtlich, um den Zustand des Hauses vor Schadensfall festzustellen und so die Höhe des Schadens beurteilen zu können. Der Kläger reagierte auf diese Aufforderung aber nicht, sodass ihm (objektiv) eine Obliegenheitsverletzung anzulasten ist.
3.7 Damit ist es Sache des Klägers als Versicherungsnehmer, zu behaupten und zu beweisen, dass er die Obliegenheitsverletzung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig begangen hat (RS0081313 [T32]), wobei eine leichte Fahrlässigkeit ohne Sanktion bleibt (RS0043728 [T4]). Gelingt der Beweis der leichten Fahrlässigkeit nicht, so steht nach § 6 Abs 3 VersVG auch bei „schlicht“ vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung (RS0086335) der Kausalitätsgegenbeweis offen (RS0116979 [T8]; RS0081287 [T7]). Unter dem Kausalitätsgegenbeweis ist der Nachweis zu verstehen, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers einen Einfluss gehabt hat (RS0116979). Er ist „strikt“ zu führen und setzt voraus, dass ihm eine Beweislage zugrunde liegt, die jener gleichwertig ist, die der Versicherte durch seine unrichtigen Angaben zerstört oder eingeschränkt hat (7 Ob 141/15h; RS0079993; RS0081225 [T1]).
Der Kausalitätsgegenbeweis ist dann ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit mit Schädigungs- oder Verschleierungs- bzw Täuschungsvorsatz verletzt, also mit dem Vorsatz, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen oder die Feststellung solcher Umstände zu beeinträchtigen, die erkennbar für die Leistungspflicht des Versicherers bedeutsam sind (7 Ob 222/02a mwN). Nur jener Versicherungsnehmer, der eine Obliegenheit mit dem Vorsatz verletzt, die Beweislage nach dem Versicherungsfall zu Lasten des Versicherers zu manipulieren (sog „dolus coloratus“), hat daher seinen Anspruch verwirkt (7 Ob 14/03i; 7 Ob 72/03v; RS0081253 [T10]; RS0109766). Dafür ist nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer geradezu und ausschließlich mit dem Ziel handelt, den Versicherer zu täuschen (Betrugsabsicht); es genügt, wenn er erkennt, dass die von ihm dargelegten oder unvollständig angegebenen Umstände, die für die Beurteilung der Leistungspflicht des Versicherers maßgeblich sind, letzteren beeinträchtigen oder fehlleiten können und er sich damit abfindet. Täuschung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer einen Vermögensvorteil anstrebt, aber auch, wenn er durch die Angaben unrichtiger Tatsachen einen für berechtigt gehaltenen Anspruch durchsetzen oder einfach „Schwierigkeiten“ bei der Schadensfeststellung verhindern will (RS0109766). Dolus coloratus muss zumindest in der Form des dolus eventualis vorliegen (7 Ob 222/02a = RS0081253 [T5]). Dagegen sind absichtlich unvollständig gemachte Angaben des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer, die sich erkennbar nicht darauf beziehen, diesen zu täuschen, nicht als „dolus coloratus“ zu werten und erlauben dem Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis (RS0109767). Die Frage, ob dem Versicherungsnehmer „dolus coloratus“ vorzuwerfen ist, ist primär eine Tatfrage (7Ob 141/15h; 7 Ob 186/13y; RS0109766 [T10]). Der Versicherungsnehmer muss nachweisen, dass es ihm bei der Obliegenheitsverletzung am Täuschungsvorsatz mangelte (7 Ob 222/02a; 7 Ob 63/02v).
3.8 Der Kläger hat sich im erstinstanzlichen Verfahren – im Gegensatz zur Ansicht des Berufungs-gerichts – sehr wohl darauf gestützt, dass ihm kein Täuschungsvorsatz anzulasten sei. Er verwies darauf, dass er davon ausgegangen sei, der Beklagten sei (was von ihr bestritten wird) der Hochwasserschaden aufgrund der Besichtigung und Begutachtung ohnehin bekannt gewesen, er habe keine Rechnungen gehabt, weil die Sanierung in Eigenregie durchgeführt worden sei. Es fehlen Feststellungen dazu, nämlich aus welchen Motiven der Kläger die Aufklärung unterlassen hat. Diese Feststellungen sind im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen. Sollte sich herausstellen, dass der Kläger mit Täuschungsvorsatz gehandelt hat, wäre das Klagebegehren abzuweisen. Sollte dies nicht der Fall sein, stünde dem Kläger der Kausalitätsgegenbeweis offen. Dazu ist bereits jetzt auszuführen:
4. Auskünfte über Sanierungsmaßnahmen nach dem Hochwasser sollen Aufschluss über den Zustand des Hauses bei Eintritt des vorliegenden Versicherungsfalls Brand geben. Es soll nicht Ersatz geleistet werden, wenn Schäden bereits durch den abgewickelten Versicherungsfall Hochwasser entstanden sind, aber nicht saniert wurden, was sich auf die Höhe der Entschädigung auswirkt. Im Rahmen des Kausalitätsgegenbeweises steht es dem Kläger zu, (strikt) zu beweisen, welche Sanierungsarbeiten er erbracht hat. Den Kausalitätsgegenbeweis hat der Kläger im Verfahren aber gar nicht angetreten, beschränkte er sich doch darauf zu behaupten, dass er die Sanierung nach dem Hochwasser „in Eigenregie“ vorgenommen und daher keine Rechnungen habe. Sein Vorbringen, er habe das Gebäude „wieder bewohnbar gemacht“ lässt keine Rückschlüsse auf konkrete Arbeiten zu, wodurch von vornherein unklar ist, welche Sanierung er mit welchem (finanziellen) Aufwand veranlasst haben will. Eine Grundlage für den strikt zu führenden Kausalitätsgegenbeweis besteht daher nicht.
5. Der beklagte Versicherer bleibt aber dennoch insofern iSv § 6 Abs 3 VersVG zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit keinen Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistungen gehabt hat.
Dies führt dazu, dass im fortzusetzenden Verfahren (im Fall der Verneinung eines Täuschungsvorsatzes) bei der Beurteilung der Schäden von den Feststellungen und dem Zustand des Gebäudes wie es ohne weitere Informationen bewertet werden kann, auszugehen ist. Dabei ist zu beachten, dass die Beklagte selbst in der Klagebeantwortung bestimmte Bewertungen des Schadens vorgenommen hat.
6. Wiederherstellung:
6.1 Die strenge Wiederherstellungsklausel stellt eine Risikobegrenzung dar (RS0081840). Sie bedeutet, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechten) Sicherung abhängt (RS0120710). Auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers an der unterbliebenen Wiederherstellung kommt es nicht an (RS0081840 [T2, T15]). Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Bauplanung oder eine bloß behelfsmäßige Reparatur ist für die Sicherung der Wiederherstellung nicht ausreichend (7 Ob 45/15s; RS0112327 [T5]). Wiederbeschaffung bedeutet, dass grundsätzlich Sachen gleicher Art und Güte zu beschaffen sind (RS0124181). Die Wiederherstellungsklausel impliziert ein Gleichartigkeits- und ein Gleichwertigkeitsgebot, sodass Sachen gleicher Zweckbestimmung, Art und Güte wiederhergestellt oder wiederbeschafft werden müssen (RS0117982). Zweck strenger Wiederherstellungsklauseln ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstünde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte. Unter diesem Aspekt hat die stets von den Umständen des Einzelfalls abhängige Beurteilung, ob ein Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung an gleicher Stelle errichtet wurde, nach strengen Kriterien zu erfolgen. Gerechtfertigt erscheint es deshalb, dass es – in der Regel – nicht (auch nicht für einen teilweisen Ersatz der Neuwertspanne) genügt, wenn nur ein Teil des neuen Gebäudes den Zwecken des früheren, versicherten Gebäudes dient (RS0120711).
6.2 Die Parteien haben die Wiederherstellungsklausel der AFB (bei behördlichem Verbot Wiedererrichtung im selben Gemeindegebiet) mit den Sonderbedingungen 17T dahin erweitert, dass die Wiederherstellung bei behördlichem Bauverbot auch an anderer Stelle innerhalb Österreichs erfolgen darf. Die ebenfalls vereinbarten Besonderen Bedingungen E1M erweitern die Wiederherstellungsklausel noch mehr und zwar dahin, dass die Wiederherstellung auch ohne behördliches Verbot an anderer Stelle innerhalb Österreichs erfolgen kann. In Zusammenschau der Klauseln kann dies nur so ausgelegt werden, dass die für den Versicherungsnehmer günstigste Klausel die allgemeineren verdrängt. Die Wiedererrichtung an anderer Stelle innerhalb Österreichs kann daher auch ohne behördliches Verbot grundsätzlich als Wiederherstellung gelten.
6.3 Der Kläger behauptet gar nicht, dass die von ihm „errichtete“ Dachgeschosswohnung dem gleichen Betriebszweck dient wie das durch den Brand beschädigte Superädifikat. Der Geschäftszweck des Unternehmens des Klägers ist offensichtlich der Betrieb einer Rollfähre über die Donau, sodass ein Haus in Donaunähe (im Überschwemmungsgebiet der Donau) mit einem Dachgeschoss im 5. Wiener Gemeindebezirk nicht ohne weiteres gleichwertig ist. Der Kläger stützt sich nur darauf, dass die Schaffung zweier Wohnungen mit einer Fläche von rund 136 m² dem Superädifikat gleichwertig sei, weil das beschädigte Gebäude auch eine Wohnfläche von 130 m² gehabt habe. Auf die verbauten Flächen allein kommt es aber wie oben dargelegt nicht an. Im Übrigen wird das versicherte Gebäude in der (unstrittigen) Polizze mit „Fläche: 260 m², ebenerdig mit Mansarde und 130 m² Kellerfläche“ angegeben.
Abschließend kann auf die vom Kläger selbst vorgelegte Urkunde Beil ./L hingewiesen werden. Mit dem Bescheid der Baupolizei vom 22. 9. 2015 wurden Änderungen hinsichtlich des bereits mit Bescheid vom 9. 10. 2013, also lange vor dem Schadenfall, bewilligten Bauvorhaben bewilligt. Der Bau befand sich also bereits im Zeitpunkt des Versicherungsfalls in Herstellung und kann nach den diesbezüglich einhelligen Bedingungen auch aus diesem Grund nicht als Wiederherstellung gelten.
7. Die Kostenentscheidung zum Teilurteil beruht auf § 52 Abs 4 ZPO, der Kostenvorbehalt zum Aufhebungsbeschluss gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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