OGH 5Ob169/22x

OGH5Ob169/22x18.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, *, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei e* GmbH, *, vertreten durch die Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Mai 2022, GZ 4 R 21/22w‑20, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 26. November 2021, GZ 11 Cg 65/21b‑13, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00169.22X.0418.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung

 

Spruch:

 

DerRevision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist ein klageberechtigter Verband nach § 29 KSchG. Die Beklagte betreibt Fitnessstudios und Fitnessanlagen in Wien.

[2] Die Klägerin begehrte von der Beklagten, es zu unterlassen, zwei näher bezeichnete Klauseln oder sinngleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu verwenden oder sich auf sie zu berufen. Zudem begehrte sie, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils in der Samstags-Regionalausgabe der „Kronen‑Zeitung“ für das Bundesland Wien zu erteilen.

[3] Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen und beantragte die Abweisung dieses Klagebegehrens. Sie begehrte zudem, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klageabweisenden Urteils zu erteilen.

[4] Das Erstgerichtwies das Klagebegehren und den von der Beklagten gestellten Gegenveröffentlichungsantrag ab.

[5] Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung des Erstgerichts ab und gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmter Geschäftsbranchen, welche in der Regel für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung seien, bilde eine erhebliche Rechtsfrage, wenn solche Klauseln – wie hier – vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht zu beurteilen gewesen seien.

[6] Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die – von der Klägerin beantwortete – Revision der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

[7] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1.  Allgemeine Grundsätze

[8] 1.1. Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann gemäß § 28 Abs 1 KSchG von einem nach § 29 KSchG berechtigten Verband auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Unterlassungsgebot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist.

[9] 1.2. Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt.

[10] Mit der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB wurde ein bewegliches System geschaffen, in dem einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ berücksichtigt werden können (RIS‑Justiz RS0016914 [T54, T61]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, hat sich am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RS0014676 [T7, T13, T43]). Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0016914 [T3, T4, T32]; RS0014676 [T21]).

[11] Mangels dispositiven Rechts entspricht die gröbliche Benachteiligung der Auffälligkeit des Leistungswertmissverhältnisses iSv § 879 Abs 2 Z 4 ABGB. Diesfalls kommt es also auf das Vorliegen einer übermäßigen, leicht erkennbaren Äquivalenzstörung an, die nicht durch die besonderen Umstände des Falls gerechtfertigt ist. Wo keine dispositivrechtlichen Maßstäbe für den vom Gesetzgeber gewünschten Interessenausgleich existieren, muss somit ein auffallendes Missverhältnis der wechselseitigen Interessen bestehen (5 Ob 110/22w [Rz 13]).

[12] Die Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB setzt voraus, dass die zu prüfende Vertragsbestimmung nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt. Diese Ausnahme ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben (RS0016908 [T1]). Nicht schon jede die Hauptleistung betreffende Vertragsbestimmung ist der Kontrolle entzogen. Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die vertragstypische Leistung in allgemeiner Form näher umschreiben, fallen nicht unter die Ausnahme der Inhaltskontrolle (RS0016931, RS0016908 [T16]). Nur Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, sollen der Inhaltskontrolle entzogen sein, nicht jedoch Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen (RS0016931 [T11]; RS0016908 [T5]).

[13] 1.3. Nach § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen iSd § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen er während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist. Diese Norm bietet daher auch für Dauerschuldverhältnisse einen im Einzelfall anhand einer Interessenabwägung auszufüllenden Orientierungsrahmen (RS0121007 [T2]). Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung vorliegt, ist eine Gesamtwertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen. Die Interessen des Unternehmers auf Durchführung des Vertrags sind gegen die Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach der Art des Geschäfts und den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen (RS0121007 [T3, T4]).

[14] Die sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers kann sich insbesondere aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, ein aufgrund des Umfangs seiner Investitionen besonders hohes wirtschaftliches Risiko durch eine sachgerechte Kalkulation beschränken zu können (4 Ob 62/22d; RS0121007 [T11]; RS0123616).

[15] 1.4. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist.

[16] Dieses Transparenzgebot für Verbrauchergeschäfte soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird, ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden, ohne dass er sich zur Wehr setzt, oder er über Rechtsfolgen getäuscht oder ihm ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird (RS0115217 [T8]; RS0115219 [T9, T21, T43]). Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG soll es dem Verbraucher ermöglichen, sich aus dem Vertragsformblatt zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Aus dem Transparenzgebot kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind demnach das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmt-heitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115217 [T12]; RS0115219 [T12]). Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden (RS0126158).

[17] 1.5. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG sind Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn auszulegen (RS0016590 [T14]; RS0038205 [T4, T11]). Es ist von der Auslegungsvariante auszugehen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist (RS0016590 [T5, T17]). Das der Klausel vom Verwender der AGB beigelegte Verständnis ist im Verbandsprozess nicht maßgeblich (RS0016590 [T23]).

[18] Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen ist nicht Rücksicht zu nehmen; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RS0038205 [T1]). Damit ist die Aufgliederung einer (einzelnen) eigenständigen Klausel, die teils Verbotenes, teils Erlaubtes enthält, gemeint (RS0038205 [T7]). Für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 28 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks maßgeblich. Zwei unabhängige Regelungen können in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [T1]). Dabei kommt auch der sprachlichen Unselbständigkeit ein gewisses Gewicht zu (RS0121187 [T11]).

2. Klausel 1

[19] 2.1. Die erste der zwei von der Klägerin beanstandeten Klauseln lautet:

„Für alle Verträge, die nach dem 30.11.2016 abgeschlossen wurden, gilt: Hinzu kommt eine jährliche Servicepauschale von € 40,00, die bei Einzugsermächtigung mit der ersten fälligen Rate und in weiterer Folge alle 12 Monate vom Konto abgebucht wird oder bei Barzahlung der gesamten Vertragssumme mit dieser Bar abgerechnet wird (gilt sowohl für reguläre Mitgliedschaften als auch für Aktions-Mitgliedschaften). Durch die Bezahlung der jährlichen Servicepauschale hat der Kunde 1 x pro Jahr das Recht auf ein kostenloses Personal Training. Die Servicepauschale dient außerdem der Erhaltung der Qualitätsstandards und der Investitionen in Geräte und Infrastruktur.“

[20] 2.2. Die Klägerin brachte vor, die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Darüber hinaus verstoße die Klausel gegen § 5a Abs 1 Z 3 KSchG, § 6c KSchG sowie § 4 Abs 2 Z 4 und 5 FAGG.

[21] 2.3. Das Erstgericht sah die Klausel als zulässig an. Die Servicepauschale sei ein zusätzliches Entgelt, das der Kunde neben den monatlichen Beiträgen zu zahlen habe. Auf welcher kalkulatorischen Grundlage ein Marktteilnehmer seine Preise gestalte, müsse er nicht offen legen. Daher habe der Oberste Gerichtshof bisher keine grundsätzlichen Einwände gegen die Verrechnung von Servicepauschalen geäußert. Die Tatsache der Verrechnung einer Servicepauschale sei daher unbedenklich und deren Höhe erscheine hier nicht unüblich. Die Klausel sei daher weder überraschend noch gröblich benachteiligend.

[22] 2.4. Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[23] Die Hauptleistungspflichten beim hier zu beurteilenden Vertragstypus seien die Zurverfügungstellung der Fitnessgeräte gegen die Leistung monatlicher Beiträge. Bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel sei anzunehmen, dass das durch die Servicepauschale erworbene jährliche „Personal Training“ lediglich eine kurze Unterweisung in die Funktionsweise der Geräte umfasse, also eine Leistung, die als Nebenpflicht ohnehin von dem durch den monatlichen Beitrag abgegoltenen Leistungsumfang der Beklagten umfasst sei. Auch die Erhaltung der Qualitätsstandards und die Investitionen in Geräte und Infrastruktur seien ohne Zweifel Nebenpflichten, die bereits durch den monatlichen Beitrag abgegolten seien. Durch die mit der Klausel 1 vereinbarte Servicepauschale werde daher die Hauptleistungspflicht der Beklagten dadurch eingeschränkt, dass für ohnehin mit dem monatlichen Entgelt abgegoltene Leistungen ein weiteres jährliches Entgelt gefordert werde. Die Klausel unterliege daher der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB und sei im Sinn dieser Bestimmung gröblich benachteiligend, weil einer zusätzlichen Leistung des Verbrauchers keine zusätzliche Leistung des Unternehmers gegenüberstehe.

[24] Die Klausel sei zudem intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, insbesondere weil die Dauer und der Inhalt des durch die Servicepauschale erworbenen jährlichen „Personal Trainings“ nicht festgelegt sei. Es bleibe völlig unklar, ob es sich um eine bloß kurze Unterweisung in die Funktionsweise der Geräte oder um eine allenfalls auch mehrstündige individuelle Betreuung beim Training handle. Selbst bei Bejahung des Vorliegens einer Hauptleistungspflicht wäre die Klausel daher unzulässig.

[25] Auf die Bestimmungen der § 6c KSchG, § 5a Abs 1 Z 3 KSchG und § 4 Abs 1 Z 4 und 5 KSchG sei demnach nicht mehr einzugehen.

[26] 2.5. Die Beklagte vertritt in ihrer Revision – zusammengefasst – den Standpunkt, das Berufungsgericht habe sich mit seiner Auslegung des Begriffs „Personal Training“ über den eindeutigen Bedeutungsgehalt hinweggesetzt, den Empfängerhorizont der angesprochenen Verkehrskreise außer Acht gelassen und damit gesetzliche Interpretationsregeln missachtet. Schon nach dem allgemeinen Wortsinn und Sprachgebrauch bedeute „Personal Training“ ein individuelles Training in Eins-zu-Eins-Betreuung mit einem ausgebildeten Fitnesstrainer. Das entspreche auch dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Kunden von Fitnessbetrieben. Die vom Berufungsgericht angenommene Bedeutung des Begriffs „Personal Training“, im Sinne einer schlichten Einweisung in Geräte, habe die Klägerin nicht einmal behauptet. Das Berufungsgericht habe diese Bedeutung ohne ein entsprechendes Vorbringen und ohne Beweisergebnisse angenommen. Das verletze den Dispositionsgrundsatz und damit einen tragenden Grundsatz des Verfahrensrechts. Das Berufungsgericht dürfe seine rechtlichen Erwägungen auch bei der Auslegung von Urkunden nicht auf einen hypothetischen, die erstgerichtlichen Feststellungen ergänzenden Sachverhalt stützen, ohne selbst eine Beweiswiederholung oder Ergänzung durchgeführt zu haben. Es liege daher auch eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vor.

[27] Die jährliche Servicepauschale finde sich nicht nur in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern werde zudem jeweils individuell ausverhandelt. Diese die Klausel überlagernde Vereinbarung einer zahlenmäßig umschriebenen Hauptleistungspflicht unterliege nicht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel sei auch nicht intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Sie sei weder unverständlich noch unvollständig, noch verstoße sie gegen das Bestimmtheitsgebot.

2.6. Beurteilung des Senats

[28] Der Senat hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet die Begründung des Berufungsgerichts hingegen im Wesentlichen für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

[29] a. Der Oberste Gerichtshof beschäftigte sich erst jüngst gleich in mehreren Entscheidungen mit Zusatzentgelten bei Fitnessstudio-Verträgen. In den Entscheidungen 4 Ob 59/22p, 4 Ob 62/22d, 6 Ob 62/22v, 9 Ob 88/22i, 9 Ob 106/22m und 8 Ob 80/22f beurteilte er Klauseln, die den Kunden zur Leistung einer Servicepauschale verpflichten, als unzulässig. Klauseln, die ein Zusatzentgelt nicht zur Abgeltung einer nur aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall erforderlichen Mehrleistung, sondern zur Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung vorsehen, seien als Nebenleistungen gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Der Kunde erhalte keinerlei über die vertragliche Hauptleistung hinausgehende „Service“-Leistungen, sondern es müssten nach den AGB Zusatzleistungen – welcher Art immer – nochmals gesondert entgolten werden.

[30] b. Die Beklagte wendet sich nicht gegen diese Rechtsprechung, sondern beruft sich auf die in diesen Entscheidungen angesprochene mögliche Rechtfertigung einerServicepauschale, wenn diese tatsächlich (über die mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistungen hinaus) erbrachten Dienstleistungen und konkret entstandenen Kosten entspricht (vgl etwa 4 Ob 59/22p). Als über die vertragliche Hauptleistung hinausgehende „Service“-Leistung erhalte der Kunde hier ein „Personal Training“.

[31] Das Berufungsgericht kam allerdings zu dem Ergebnis, dass das damit angebotene „Personal Training“ sich in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch in einer kurzen Unterweisung in die Funktionsweise der Geräte erschöpfen könne; eine Leistung, die im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen (Hauptleistungs-)Pflichten verbunden sei.

[32] Die Beklagte wendet sich gegen diese Auslegung des Begriffs „Personal Training“. In ihrer Argumentation dazu greift die Beklagte auf die Grundsätze der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) im Allgemeinen und die Regeln der Auslegung von AGB im Besonderen zurück (vgl RS0112256; RS0017960; RS0008901). Dieser Rückgriff ist jedoch insofern nicht zielführend, als bei der Verbandsklage die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen hat (RS0016590 [T14]; RS0038205 [T4, T11]). Das Berufungsgericht ist demnach zu Recht von der Auslegungsvariante ausgegangen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist. Es hat sich dabei nicht über den Wortlaut der Klausel und den Wortsinn des Begriffs „Personal Training“ hinweggesetzt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dessen Bedeutungsgehaltschlichtweg nicht eindeutig; er lässt keineswegs nur die von der Beklagten gewünschte Auslegung zu. Bezeichnend dafür ist etwa der Umstand, dass die Beklagte in ihrem Referat der Begriffserklärung des „Personal Trainer“ in Wikipedia Aspekte seiner Tätigkeitsbeschreibungauslässt, der das kundenfeindlichste Verständnis des Berufungsgerichts eher stützt, nämlich den Umstand, dass „Personal Trainer“ Personen während des Trainings betreuen, Hilfestellung geben und wenn nötig fehlerhafte Bewegungsabläufe korrigieren sowie in Fitness-Center eventuell auch für die Wartung der Trainingsgeräte zuständig sind.

[33] c. Die in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Im Verbandsverfahren nach § 28 KSchG kann sich die Rechtsmittelentscheidung auf rechtliche Argumente zur Unzulässigkeit einzelner Klauseln stützen, die im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt nicht vorgetragen oder zwar vorgetragen wurden, denen das Erstgericht aber nicht gefolgt ist (6 Ob 44/22x; RS0127694 [T4]). Die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (RS0043422 [T1]). Bei dieser im Rahmen der rechtlichen Beurteilung vorzunehmenden Auslegung ist das Gericht nicht an die von den Parteien vorgebrachten Bedeutungs- bzw Auslegungsvarianten gebunden.

[34] Es besteht auch kein Widerspruch zwischen dem erzielten Auslegungsergebnis und „Feststellungen“ des Erst- oder Berufungsgerichts. Die Bezug habenden Ausführungen haben keinenFeststellungscharakter.

[35] d. Die Behauptung der Beklagten, die jährliche Servicepauschale werde zusätzlich individuell als Hauptleistungspflicht ausgehandelt, hat in diesem Verbandsverfahren keine Relevanz. Bereits das Berufungsgericht hat diesem Einwand zutreffend entgegnet, dass die zu prüfende Klausel keine Einschränkung dahin enthält, dass die Servicepauschale nur bei individueller Vereinbarung im Vertrag gelten soll. In diesem Sinn weist die Beklagte in ihrer Revision an anderer Stelle selbst darauf hin, dass im Verbandsprozess die individuelle Aushandlung von Vertragsklauseln ohnehin nicht in Betracht kommt.

[36] e. Auf dieser Grundlage ist dem Berufungsgericht daher zuzustimmen, wenn es die Klausel 1 als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB qualifiziert, weil einer zusätzlichen Leistung des Verbrauchers keine zusätzliche Leistung des Unternehmers gegenübersteht.

[37] Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht aber auch darin, dass die Klausel 1 jedenfalls auch intransparent ist. Mangels Festlegung insbesondere der Dauer und des Inhalts des „Personal Trainings“ bleibt schließlich unklar, was im Rahmen dessen überhaupt geschuldet ist.

[38] Die Beklagte stützt ihren gegenteiligen Standpunkt auf ihr Verständnis des Begriffs „Personal Training“ (als individuelles Training in Eins-zu-Eins-Betreuung mit einem ausgebildeten Fitnesstrainer). Diese Argumentation überzeugt aber auch im Zusammenhang mit dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG nicht. Selbstbei diesem „kundenfreundlichen“ Verständnis vermag der Begriff allein nicht, den Verbraucher über seine damit verbundenen Ansprüche ausreichend bestimmt zu informieren.

3. Klausel 2

[39] 3.1. Die zweite von der Klägerin beanstandete Klausel lautet:

„Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Für die ersten 12 Monate beginnend mit dem auf den Vereinbarungsbeginn folgenden 01. des Monats wird auf die Kündigungsmöglichkeit verzichtet. Die Vereinbarung kann von beiden Vertragsparteien mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kündigungsverzichtes und danach jeweils zum 30.06. und zum 31.12. eines jeden Jahres mit einer Kündigungsfrist von einem Monat schriftlich gekündigt werden.“

[40] 3.2. Die Klägerin brachte vor, die Klausel verstoße gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG iVm § 879 Abs 3 ABGB und das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Das Schriftformgebot verstoße gegen § 864a ABGB und sei gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[41] 3.3. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als zulässig. Der Regelungsinhalt der Klausel sei nicht intransparent, sondern klar: Kündigungstermin sei erstmals nach Ablauf von 12 Monaten nach dem ersten auf den Vertragsabschluss folgenden Monatsersten, danach an jedem 30. 6. und 31. 12. eines jeden Jahres. Die Kündigungsfrist betrage ein Monat, was für jeden Konsumenten klarlege, dass er spätestens einen Monat vor dem Kündigungstermin seine Kündigungserklärung abgeben müsse (das aber auch früher könne). Ein einjähriger Kündigungsverzicht sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch zulässig. Die Klausel gehe von der als zulässig erkannten einjährigen Bindungsfrist nur geringfügig ab, nämlich um 1 bis 30 Tage. Diese Regelung diene ganz offenbar dazu, die Kündigungstermine für alle Kunden zumindest etwas zu vereinheitlichen. Diese nicht maßgeblich spürbare Verlängerung der Bindungsfrist verstoße daher auch nicht gegen § 879 ABGB.

[42] 3.4. Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 6 Abs 1 Z 1 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB.

[43] Das in der Berufung erstattete Vorbringender Klägerin, die an den zwölfmonatigen Kündigungsverzicht anschließende Bindung von jeweils sechs Monaten sei ebenfalls gröblich benachteiligend, verstoßenicht gegen das Neuerungsverbot. Die Klägerin habe in erster Instanz die unangemessen lange Vertragsdauer geltend gemacht und sich dabei auch auf die in der Klausel vereinbarten Kündigungstermine bezogen. Das Berufungsvorbringen gehe daher nicht über den Rahmen der erstinstanzlichen Behauptungen hinaus.

[44] Das Schriftformgebot für wichtige Vertragserklärungen wie die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses sei weder ungewöhnlich iSd § 864a ABGB noch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[45] In ihrer Gesamtheit betrachtet lasse die Klausel 2 auch bei kundenfeindlichster Lesart nur die Auslegung zu, dass erstmals zum Ablauf des zwölften, dem Vertragsabschluss folgenden Kalendermonats gekündigt werden könne. Es sei daher je nach Vertragsbeginn von einer Vertragsbindung für einen Zeitraum von mindestens zwölf und höchstens (fast) 13 Monaten auszugehen.

[46] Der Oberste Gerichtshof habe zu 9 Ob 69/11d den Kündigungsverzicht der Kunden eines Fitnessstudios für die Dauer von 24 oder 36 Monaten als unzulässig beurteilt. Demgegenüber habe er zu 1 Ob 96/17z die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass bei einem Fitnessstudio-Vertrag eine einjährige Mindestvertragsdauer auch im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 1 KSchG zulässig sei, nicht beanstandet. Die Beklagte habe angesichts der Investitionen, die für den Betrieb eines Fitnessstudios erforderlich seien, auch ein berechtigtes Interesse an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen. Die Vereinbarung einer Mindestvertragsdauer von zwölf bis 13 Monaten sei demnach noch nicht als unangemessen lange Bindung des Verbrauchers anzusehen. Insoweit wäre die Klausel also nicht zu beanstanden.

[47] Allerdings werde durch die bloß halbjährlichen Kündigungstermine eine Bindung an den Vertrag jeweils für bis zu sechs weitere Monate erreicht. Der Oberste Gerichtshof habe zu 1 Ob 96/17z die Rechtsansicht, dass ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG vorliege, wenn bei einem Fitnessstudiovertrag nach Ablauf der einjährigen Mindestvertragsdauer nur mehr jährliche Kündigungsmöglichkeiten bestehen, gebilligt. Zu 5 Ob 205/13b habe er zwar eine Klausel für zulässig erachtet, wonach die Kündigung des Fitnessstudio‑Vertrags erstmals zum Ablauf eines Jahres und danach jeweils zum Ablauf eines halben Jahres möglich gewesen sei. Der Oberste Gerichtshof habe seine Rechtsansicht jedoch mit der Besonderheit der in Rede stehenden Fitnessstudios begründet, dass die Trainingseinheiten nur unter Aufsicht eines zur Verfügung gestellten Trainers absolviert werden durften. Deshalb habe der Unternehmer eine entsprechende Personalvorsorge treffen müssen, um die erforderlichen Trainereinheiten bereitstellen zu können. Erst diese besondere Ausprägung der Dienstleistungskomponente rechtfertigte längere Bindungsfristen. Der Personalbedarf der Beklagten richte sich – anders als in dem vom Obersten Gerichtshof zu 5 Ob 205/13b entschiedenen Fall – vor allem nach der Anzahl und den Öffnungszeiten ihrer Fitnessstudios und weniger nach der Anzahl ihrer Mitglieder. Da der Wegfall von Mitgliedern sohin keinen unmittelbaren Einfluss auf den Personalbedarf der Beklagten habe, könne die Beklagte diesbezüglich auch kein besonderes Bedürfnis nach Planungssicherheit für sich in Anspruch nehmen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 205/13b sei daher auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres übertragbar.

[48] Vielmehr hänge die Zulässigkeit langfristiger Bindungen stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine analoge Heranziehung der Fristen des § 15 Abs 1 KSchG habe der Oberste Gerichtshof für Fitnessstudio‑Verträge bereits ausdrücklich abgelehnt. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Verbraucher seinen Bedarf nach Trainingsmöglichkeiten langfristig nicht verlässlich abschätzen könne, weil es immer wieder vorkomme, dass berufliche oder private Veränderungen, gesundheitliche Einschränkungen oder auch nur eine Verlagerung von Interessen dazu führten, dass der Verbraucher das Angebot eines bestimmten Fitnessstudios nicht mehr in Anspruch nehmen könne oder wolle. Eine fortdauernde und langfristige Beschränkung auch noch nach Ablauf der vereinbarten Mindestvertragsdauer sei daher eine gröbliche Benachteiligung.

[49] Warum es im Interesse der Beklagten liegen solle, dass sämtliche Kündigungen zu einem einheitlichen, halbjährigen Termin erfolgen, bleibe unerfindlich, zumal die Saisonalität der Nachfrage dadurch nicht abgeschwächt und die Schwankungen des Mitgliederstands nicht nur nicht gedämpft, sondern verstärkt würden. Der Oberste Gerichtshof habe zwar zu 9 Ob 69/11d und 1 Ob 96/17z ausgesprochen, dass besonders günstige Angebote eine längere Vertragslaufzeit rechtfertigen können. Dieses Preisargument – je länger die Dauer des Kündigungsverzichts, desto geringer der monatliche Mitgliedsbeitrag – beruhe auf der Überlegung, dass der Bindungsdauer auf Seiten des Verbrauchers ein Vorteil gegenüberstehe, der den damit einhergehenden Nachteil wettmachen könne. Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 69/11d und 1 Ob 96/17z hätten aber nur die sachliche Rechtfertigung einer längeren Mindestvertragsdauer betroffen und seien nicht ohne Weiteres auf Bindungen nach deren Ablauf übertragbar. Ein günstiger Preis könne nur eine längere Kündigungsfrist, nicht aber eine Vereinbarung von Kündigungsterminen rechtfertigen, nach der es letztlich vom Zufall abhänge, ob de facto eine einmonatige oder eine sechsmonatige Kündigungsfrist zur Anwendung gelange, je nachdem, ob der den Kündigungswunsch des Kunden bedingende Umstand im Monat Mai oder Juni eintrete.

[50] Die Regelung entspreche – entgegen der Behauptung der Beklagten – auch nicht dem dispositiven Recht. Sie sei daher unsachlich und gröblich benachteiligend.

[51] Angesichts der Formulierung des zweiten Satzes dieser Klausel sei eine isolierte Betrachtung der Kündigungstermine nicht möglich. Der erste Satz der Klausel sei vielmehr durch die klarstellende Wirkung des zweiten Satzes mit diesem untrennbar verwoben. Es handle sich daher um eine einheitliche Klausel, sodass eine Untersagung bloß der Kündigungstermine eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion bedeutete. Die Klausel 2 sei daher in ihrer Gesamtheit zu untersagen.

[52] 3.5. Die Beklagte vertritt in ihrer Revision – zusammengefasst – den Standpunkt, dass die mit dem einjährigen Kündigungsverzicht und den halbjährlichen Kündigungsterminen einhergehende Bindungsdauer in Anbetracht des Umfangs der von ihr getätigten Investitionen und zu tragenden laufenden Kosten, sowie des damit verbundenen wirtschaftlichen Risikos nicht unangemessen lang sei. Zudem sei auch bei den Fitnessstudios der Beklagen die Dienstleistungskomponente überdurchschnittlich ausge-prägt. Daher sei auch unter dem Aspekt der Planungssicherheit im Zusammenhang mit dem Personalbedarf eine längere Bindung von einem halben Jahr nach Ablauf des einjährigen Kündigungsverzichts jedenfalls gerechtfertigt. Die Beklagte biete ihre Leistungen darüber hinaus zu einem überaus günstigen Preis an. Auch diesem Preisargument sei eine gewisse Bedeutung zuzumessen.

[53] Das den Interessen des Unternehmers gegenüber zu stellenden Interesse des Verbrauchers an einer kürzeren Bindung überwiege nicht. Bei Vorliegen eines unvorhersehbaren wichtigen Grundes habe der Kunde ohnedies das Recht auf außerordentliche Kündigung. Bei sonstigen Änderungen der Lebensumstände sei es dem Verbraucher zumutbar, dass er diese zumindest ein halbes Jahr im Vorhinein plane. Die Rechtsprechung lasse unter Berücksichtigung der Interessen der Verbraucher eine Bindung zu Beginn des Vertragsverhältnisses von einem Jahr zu. Es sei kein Argument ersichtlich, warum sich das nach Ablauf des ersten Jahres unter Berücksichtigung der Verbraucherbedürfnisse ändern solle.

[54] Das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung die vom Oberste Gerichtshof – in zahlreichen Verfahren mit im Wesentlichen gleich lautenden Klauseln entwickelte – Rechtsprechungslinie ebenso außer Acht gelassen, wie den Umstand, dass nach herrschender Lehre eine Klausel, die den Kriterien des § 15 KSchG entspreche, in der Regel auch nicht gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG verstoße.

[55] Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liege auch keine einheitliche Klausel vor. Die Klausel könne – ungeachtet einer allfälligen „klarstellenden Wirkung“ des zweiten Satzes – getrennt werden. Die Klausel enthalte nämlich zwei materiell unterschiedliche Regelungsbereiche: einerseits die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts und die Kündigungsmöglichkeit nach Auslaufen desselben; andererseits die Kündigung des Vertrags auf unbestimmte Dauer nach Auslaufen des Kündigungsverzichts. Da das Berufungsgericht die Dauer des Kündigungsverzichts und die Kündigung zum Ende des Kündigungsverzichts für zulässig erachte, sei es nicht geboten, die gesamte Klausel zu verbieten.

3.6. Beurteilung des Senats

[56] Der Senat hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die Begründung des Berufungsgerichts im Wesentlichen für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

[57] a. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Bindungsdauer bei Fitnessstudio-Verträgen im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG auseinandergesetzt.

[58] In der Entscheidung 9 Ob 69/11d [Punkt 3.] hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel mit mehreren Klauselalternativen zu beurteilen, die der Vereinbarung einer bestimmten Dauer des Kündigungsverzichts nach Wahl des Verbrauchers einen bestimmten Tarif zuordnete. Der Oberste Gerichtshof beurteilte die Klauselalternativen für die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts über 24 und 36 Monate als unangemessen lang iSd § 6 Abs 1 Z 1 KSchG. Die Rechtsposition der Kunden der Beklagten sei bei Vereinbarung eines Kündigungsverzichts nämlich derart massiv gegenüber jener der Beklagten beeinträchtigt (der Kunde genieße lediglich den Vorteil eines niedrigeren Monatsbeitrags), dass eine solche Vereinbarung auch nicht durch die von der Beklagten behaupteten wirtschaftlichen Investitionen sachlich gerechtfertigt sein könnten. Die Unterlassung in Ansehung der Klauselalternative eines Kündigungsverzichts über zwölf Monate wurde in diesem Verfahren nicht begehrt.

[59] In der Entscheidung 5 Ob 205/13b [Punkt 3.] hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel (Klausel 3) zu beurteilen, nach der die „Kündigung [...] erstmals zum Ablauf eines Jahres, danach jeweils zum Ablauf eines halben Jahres möglich“ sein sollte; dies unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist. Der Oberste Gerichtshof hielt fest, dass die Klausel keine unzulässige Benachteiligung der Kundinnen der Beklagten durch eine unangemessen lange Vertragsdauer mit sich bringe und § 6 Abs 1 KSchG standhalte. Wesentliches Argument dafür war die ausgeprägte Dienstleistungskomponente bei dieser besonderen Form eines Fitnessstudios (Power‑Plate). Die Bindung von einem Jahr sei in Anbetracht des mit der Finanzierung der vertraglich geschuldeten Leistungen, insbesondere der mit der notwendigen Personalvorsorge verbundenen Kosten, und des damit einhergehenden wirtschaftlichen Risikos auch sachlich gerechtfertigt. Die Vereinbarung, dass das Vertragsverhältnis nach Ablauf des ersten Jahres halbjährlich unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist aufgelöst werden könne, sei in Anbetracht der Besonderheiten des hier zu beurteilenden Fitnessstudio‑Vertrags ebenfalls nicht unangemessen.

[60] In der Entscheidung 1 Ob 146/15z hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel (Klausel 11) zu beurteilen, die mehrere Alternativen einer Mindestvertragszeit normierte. Die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts über 24 Monate beurteilte er als unangemessen lang iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG. Da die dadurch bedingte Unwirksamkeit die Klausel in ihrem gesamten Regelungsbereich erfasse, müsse auf die Variante einer Mindestvertragsdauer von zwölf Monaten nicht mehr eingegangen werden.

[61] In der Entscheidung 5 Ob 87/15b hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel (Klausel 5) zu beurteilen, wonach das Mitglied den Mitgliedsvertrag „erstmals unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Ablauf des ersten Jahres der Mitgliedschaft […] kündigen“ können sollte. Er hatte sich aber lediglich noch mit der Frage zu befassen, ob eine asymmetrische Regelung, also ein bloß einseitiger Kündigungsverzicht sittenwidrig ist. Dies verneinte der Oberste Gerichtshof mit der Begründung, die Bindung des Verbrauchers über angemessene Zeit bezwecke in erster Linie, das kaufmännische Risiko des Unternehmers leichter kalkulierbar zu machen und diene damit ausschließlich seinem Vorteil. Bei dieser Interessenlage bestehe sinnvoll kein Raum, eine gröbliche Benachteiligung des Verbrauchers wegen eines aus der Abgabe eines (einseitigen) Kündigungsverzichts resultierenden Missverhältnisses der Rechtspositionen anzunehmen.

[62] In der Entscheidung 1 Ob 96/17z hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel zu beurteilen, die eine Mindestvertragslaufzeit von zwölf Monaten oder 24 Monaten vorsah. In seinem Beschluss auf Zurückweisung der Revision des Klägers ließ er die Beurteilung der Vorinstanzen, dass angesichts der monatlichen Belastung von rund 24 EUR die Bindungsdauer von einem Jahr noch sachlich gerechtfertigt iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sei, ausdrücklich unbeanstandet. Dem „Preisargument“ – je länger die Mindestvertragslaufzeit, desto geringer der monatliche Mitgliedsbeitrag – komme nach der Rechtsprechung insofern nur eingeschränkte Bedeutung zu, als benachteiligende Bestimmungen in einzelnen Punkten bei einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung auch gerechtfertigt erscheinen können: Insbesondere könnten Nachteile der Bindungsdauer auf Seiten des Verbrauchers durch andere vorteilhafte Vertragsbestimmungen ausgeglichen werden (1 Ob 96/17z [Punkt 4.]).

[63] Die Verwendung der Klausel, die eine 24‑monatige Mindestvertragslaufzeit beinhaltete, hatten die Vorinstanzen der Beklagten in diesem Verfahren untersagt. Deren Beurteilung, dass die Vertragsbindung für die Dauer von 24 Monaten unangemessen lang iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sei, sah der Oberste Gerichtshof (unter Hinweis auf 9 Ob 69/11d) als durch seine Rechtsprechung gedeckt an (1 Ob 96/17z [Punkt 6.]).

[64] Zudem war in dieser Entscheidung eine Klausel zu beurteilen, nach der die Kundenvereinbarungen von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten und der jeweils vereinbarten Mindestvertragslaufzeit „zum Ende des 12., 24., 36. Monats usw der Vertragslaufzeit“ gekündigt werden können sollte. Der Oberste Gerichtshof bewertete die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach das Unterlassen der Kündigung zum Ende des zwölften Monats dazu führe, dass eine anschließende Kündigung frühestens zum Ende des 24. Monats möglich sei, also eine nur mehr jährliche Kündigungsmöglichkeit bestehe und dies gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KSchG unzulässig sei, als jedenfalls vertretbar (1 Ob 96/17z [Punkt 7]).

[65] b. Erst jüngst hat der Oberste Gerichtshof gleich in mehreren Entscheidungen zur (Un‑)Zulässigkeit von Regelungen zur Mindestvertragsdauer und Bindung des Verbrauchers bei Fitnessstudio-Verträgen neuerlich Stellung genommen.

[66] In den Entscheidungen 4 Ob 59/22p, 4 Ob 62/22d, 6 Ob 62/22v, 9 Ob 88/22i, 9 Ob 106/22m und 8 Ob 80/22f hatte der Oberste Gerichtshof Klauseln zu beurteilen, nach der das Mitglied bei einer dreimonatigen Kündigungsfrist für die ersten zwölf Monate ab Beginn des Vertragsverhältnisses auf die „Abgabe einer Kündigungserklärung (Mindestvertragsdauer)“ verzichtete. Der Oberste Gerichtshof beurteilte diese Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG iVm § 879 Abs 3 ABGB und/oder intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

[67] Ausgehend von den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Prüfung nach § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG begründete der Oberste Gerichtshof dies damit, dass sich der zu beurteilende Sachverhalt von dem zu 5 Ob 205/13b dadurch unterscheide, dass dort der Unternehmer eine entsprechende Personalvorsorge zu treffen gehabt habe, um die vertragsgemäßen personenbezogenen Leistungen erbringen zu können. Demgegenüber sei (in den rezenten Verfahren) festgestanden, dass bei der Beklagten grundsätzlich ohne Trainer trainiert werde, einer der anwesenden Trainer aber für kleinere Anliegen oder Fragen zur Verfügung stehe. Die Beklagte habe auch im Hinblick auf ihre Investitionen dem Kunden keine vertragliche Alternative angeboten, bei deren Wahl die Übernahme eines höheren wirtschaftlichen Risikos durch den Anbieter mit einem höheren Preis oder einer längeren Vertragsdauer mit einem entsprechenden Preisnachlass abgegolten würden; insofern sei der von der Beklagten behauptete Zusammenhang zwischen Bindung und Leistungsangebot nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund sei insgesamt die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Bindungsdauer unzulässig lang sei, nicht zu beanstanden.

[68] Die zu beurteilende Klausel sei auch intransparent: Der Verzicht auf eine „Kündigungserklärung“ für eine bestimmte Zeit sei entgegen der Formulierung der Klausel gerade nicht eine „Mindestvertragsdauer“ (von zwölf Monaten), weil sich erst im Zusammenhalt mit den weiteren Bestimmungen ergebe, dass diese tatsächlich 16 Monate betrage, sodass dem Verbraucher ein unklares Bild seiner vertraglichen Verpflichtung vermittelt werde (vgl etwa 9 Ob 88/22i).

[69] c. In der weiteren rezenten Entscheidung 6 Ob 44/22x hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel zu beurteilen, wonach „eine Kündigung [...] erstmals nach 12 Monaten möglich“ sei und „die Kündigung [...] spätestens ein Monat davor erfolgen (Kündigungsfrist)“ müsse. Anschließend könne der Vertrag „alle 6 Monate“ ebenfalls unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden.

[70] Der Oberste Gerichtshof beurteilte die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. In seiner Begründung verwies er auf die jüngst eine ähnliche Klausel beurteilenden Entscheidungen 4 Ob 59/22p und 6 Ob 62/22v. Ob die Erwägungen des Obersten Gerichtshofs in diesen zitierten Entscheidungen angesichts des dort anderen Klauselwortlauts hier uneingeschränkt anwendbar seien, ließ er jedoch dahingestellt. Die zu prüfende Klausel erlaube nämlich zwei verschiedene Auslegungen: Sie könne so verstanden werden, dass der Kunde spätestens am Ende des elften Monats seine Kündigung zum Ablauf des zwölften Monats aussprechen könne. Bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung sei die Klausel hingegen so zu verstehen, dass der Kunde im ersten Jahr wirksam gar keine Kündigungserklärung aussprechen könne. Denn der Begriff „Kündigung“ bedeute im allgemeinen wie im juristischen Sprachgebrauch die auf die Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses zielende Willenserklärung, somit die Kündigungserklärung. Wenn also der erste Halbsatz der Klausel zu lesen sei als „Eine Kündungserklärung ist erstmals nach 12 Monaten möglich, …“, so könne eine Kündigungserklärung erst nach Ablauf des ersten Jahres und somit erstmals zum Ablauf der im zweiten Satz der Klausel normierten Sechsmonatsfrist abgegeben werden. Damit erhöhe sich die Mindestvertragsdauer aber auf 18 Monate. Aufgrund der aufgezeigten verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten erweise sich die Klausel als unklar und somit intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, sodass sie schon deshalb unwirksam sei. Ein Eingehen darauf, ob die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG bzw § 879 Abs 3 ABGB verstoße, erübrige sich demnach, werde aber bei der bei kundenfeindlichster Auslegung anzunehmenden Mindestbindungsfrist von 18 Monaten im Licht der zur Klausel in den zitierten Akten ergangenen Rechtsprechung nicht zu verneinen sein.

[71] d. Die Zusammenschau dieser bereits entschiedenen Fälle ergibt, dass allein die Vereinbarung einer Mindestvertragsdauer von – je nach Vertragsbeginn – zwölf bis (fast) 13 Monaten nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht als unangemessen lange Bindung des Verbrauchers § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG anzusehen ist.

[72] Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung vorliegt, ist allerdings eine Gesamtwertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen. Die Interessen des Unternehmers auf Durchführung des Vertrags sind gegen die Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen (RS0121007 [T3]). Die Beurteilung, ob ein Verbraucher während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist, ergibt sich daher (auch) aus dem Zusammenspiel aus Mindestvertragsdauer und anschließender Kündigungsmöglichkeiten. Die sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers an den Vertrag kann sich zwar aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, aufgrund des Umfangs seiner Investitionen und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Risiko für längere Zeit klare Verhältnisse zu schaffen. Die Investitionen der Beklagten, die für den Betrieb ihrer Fitnessstudios erforderlich sind, begründen daher ihr grundsätzlich berechtigtes Interesse an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen. Dieses Interesse lässt eben eine Mindestvertragsdauer von zwölf bis 13 Monaten noch nicht als unangemessen lange Bindung des Verbrauchers erscheinen. Dem Berufungsgericht ist jedoch beizupflichten, dass die zusätzliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten nach Ablauf dieser Mindestvertragsdauer durch bloß halbjährige Kündigungstermine (zum 30. 6. und zum 31. 12.) und die damit erreichte Bindung an den Vertrag jeweils für bis zu sechs weitere Monate mit diesem Argument sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der vorliegende Fall, selbst ausgehend von ihrem (pauschalem) Vorbringen in erster Instanz zu den von ihr betriebenen Fitnessstudios, mit dem zu 5 Ob 205/13b beurteilten „Power‑Plate‑Fall“ nicht vergleichbar. Dort lag eine besonders stark ausgeprägte Dienstleistungskomponente vor (vgl 4 Ob 59/22p, 4 Ob 62/22d, 6 Ob 62/22v, 9 Ob 88/21i und 6 Ob 44/22x).

[73] Diese Unwirksamkeit zufolge unangemessen langer Bindung iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG erfasst die Klausel in ihrem gesamten einheitlichen Regelungsbereich. Dass eine isolierte Betrachtung der Kündigungstermine nicht möglich ist, sondern es sich um eine einheitliche Klausel handelt, hat schon das Berufungsgericht überzeugend begründet.

[74] e. Die in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Im Verbandsverfahren nach § 28 KSchG kann sich die Rechtsmittelentscheidung – wie schon gezeigt – auf rechtliche Argumente zur Unzulässigkeit einzelner Klauseln stützen, die im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt nicht vorgetragen oder zwar vorgetragen wurden, denen das Erstgericht aber nicht gefolgt ist (6 Ob 44/22x; RS0127694 [T4]). Die Klägerin hat in erster Instanz die unangemessen lange Vertragsbindung geltend gemacht und sich dabei auch auf die vereinbarten Kündigungstermine bezogen. Das Neuerungsverbot gemäß § 482 Abs 2 ZPO verfügt lediglich ein Verbot des Vorbringens neuer Tatsachen und Beweismittel zum Anspruch (RS0041965). Eine Änderung der rechtlichen Argumente einer Partei oder die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung ist auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, sofern die hierzu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden (RS0016473).

4. Zur Urteilsveröffentlichung

[75] 4.1. Die Beklagte bekämpft die vom Berufungsgericht erteilte Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung im redaktionellen Teil der Samstags-Regionalausgabe der „Kronen Zeitung“.

[76] Im vorliegenden Fall bestehe kein Veröffentlichungsbedürfnis, weil eine allfällige Rechtsverletzung keinem breiten Personenkreis bekannt sei. Das geeignete Mittel zur Erreichung des betroffenen Personenkreises sei eine Information der Mitglieder und einer Veröffentlichung auf der Homepage der Beklagten. Durch eine breite Veröffentlichung würde ihr ein unverhältnis-mäßiger Imageschaden entstehen.

[77] 4.2. Die Revision der Beklagten ist auch insofern nicht berechtigt.

[78] Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]). Das berechtigte Interesse an der Urteilsveröffentlichung liegt bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- oder sittenwidrig sind (RS0121963 [T7]). Eine bloße mediale Berichterstattung wird dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht (3 Ob 155/22y). Das gleiche gilt für die Bereitstellung einschlägiger Informationen auf der Website des Klägers oder der Beklagten (RS0121963 [T10, T15]).

[79] Davon abzugehen, bietet das Rechtsmittel der Beklagten keinen Anlass. Wieso es nicht notwendig sein sollte, die Entscheidung den Lesern der auf den örtlichen Tätigkeitsbereich der Beklagten eingegrenzten Regionalausgabe der Samstags-Ausgabe der auflagenstärksten österreichweit vertriebenen Zeitung zur Kenntnis zu bringen, vermag die Beklagte nicht darzulegen.

5. Kostenentscheidung

[80] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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