European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00185.14S.0702.000
Spruch:
I. Die Revision wird zurückgewiesen, soweit die klagende Partei einen Zuspruch weiterer 148,98 EUR sA für den Zeitraum 1. 4. 2013 bis 30. 6. 2013 begehrt.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung insoweit selbst zu tragen.
II. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Begründung:
Die Streitteile waren schon von 1982 bis 1993 miteinander verheiratet, am 7. 5. 1997 gingen sie erneut die Ehe ein. Diese wurde am 9. 5. 2012 gemäß § 55 Abs 1 EheG mit dem Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG geschieden, dass das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den damaligen Kläger und nunmehrigen Beklagten trifft. Das Scheidungsurteil wurde am 25. 6. 2012 rechtskräftig. Das Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG ist anhängig. Die Streitteile haben drei gemeinsame Kinder, nämlich A***** (geb 1986), S***** (geb 1989) und V***** (geb 1998).
Der früher als Einzelunternehmer tätige Beklagte ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer im Jahr 1999 gegründeten GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Planung von Bauvorhaben, Baumanagement und Bauaufsicht. Die GmbH hat aktuell zwei Dienstnehmerinnen, nämlich die Klägerin (zu diesem Dienstverhältnis näher unten) und eine Sekretärin, welche die Lebensgefährtin des Beklagten ist. Dazu beschäftigt sie eine auf Werkvertragsbasis tätige technische Zeichnerin.
Im März 2003 schlossen die Streitteile einen Nutzungsvertrag über eine 106 m² große Genossenschaftswohnung, in welcher die Familie fortan wohnte und in der die Klägerin den Haushalt führte und die Kinder betreute. Der Beklagte zog 2008 aus der Wohnung aus. Der jüngere Sohn verließ die Wohnung 2009, der ältere Sohn folgte im Jahr 2010. Derzeit wird die Wohnung noch von der Klägerin und der Tochter bewohnt. Das laufende Nutzungsentgelt (laut Nutzungsvertrag: „Nutzungsgebühr“) in Höhe von zuletzt 791 EUR wurde bis einschließlich Juni 2013 vom Beklagten bezahlt. Im Nutzungsentgelt sind Betriebs- und Heizkosten vollständig enthalten, die Stromkosten wurden immer von der Klägerin bezahlt. An sonstigen Zahlungen leistete der Beklagte ua bis einschließlich März 2012 monatlichen Geldunterhalt von 872 EUR, den sich die Klägerin zu 80 % (das sind rund 700 EUR) anrechnet, sowie die Internet‑, Kabelfernseh‑ und Haushaltsversicherungskosten für die ehemalige Ehewohnung. Für den älteren Sohn bezahlte der Beklagte im klagsgegenständlichen Zeitraum die Kosten der Autoversicherung (monatlich 105,78 EUR), sonstige laufende Zahlungen an/für ihn konnten nicht festgestellt werden.
Der Beklagte tätigte folgende durchschnittliche monatliche „Privatentnahmen“ (richtig: Entnahmen vom Verrechnungskonto): 19.229 EUR (2009); 10.510 EUR (2010); 14.875 EUR (2011). Unterlagen für das Geschäftsjahr 2012 hat der Beklagte nicht vorgelegt.
Gegenstand der verbundenen Verfahren sind Ansprüche der Klägerin auf ehelichen und nachehelichen Unterhalt.
Die Klägerin begehrte im Verfahren 5 C 45/12p des Erstgerichts zuletzt die Zahlung rückständigen Unterhalts von 30.768,04 EUR sA für den Zeitraum 1. 7. 2012 bis 31. 3. 2013 sowie laufenden Unterhalts von 3.731 EUR sA ab 1. 4. 2013 abzüglich in den Monaten April, Mai und Juni 2013 erbrachter Naturalunterhaltsleistungen von je 263,66 EUR. Im später eingeleiteten Verfahren 5 C 11/13i begehrte sie rückständigen Unterhalt von 64.692,79 EUR sA für den Zeitraum 1. 3. 2010 bis 30. 6. 2012.
Bei der Berechnung ihrer Ansprüche ging sie ua von
‑ einem durchschnittlichen Einkommen des Beklagten von 14.871,33 EUR,
‑ einem durchschnittlichen Eigeneinkommen in Höhe von 1.553,84 EUR (2010), 1.599,90 EUR (1. 1. 2011 bis 28. 2. 2013), jeweils einschließlich 162 EUR für die Sachnutzung eines Pkws (bis 28. 2. 2013), sowie 1.438 EUR (ab 1. 3. 2013),
‑ der Anwendung der „40 %-Methode“,
‑ zwei weiteren Sorgepflichten des Beklagten (für den jüngeren Sohn und die Tochter) und
‑ einem anrechenbaren Drittelanteil des bis Juni 2013 vom Beklagten geleisteten Nutzungsentgelts als Naturalunterhalt
aus.
Zu ihrem Arbeitsverhältnis brachte die Klägerin vor, sie sei von ihrem Arbeitgeber, besagter GmbH, bis einschließlich 29. 9. 2013 dienstfrei gestellt worden und habe Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts. Der Arbeitgeber sei dieser Verpflichtung auch nachgekommen. Da sie bei Arbeitsantritt am 30. 9. 2013 eine Panikattacke erlitten habe, befinde sie sich seither im Krankenstand. Das Arbeitsverhältnis sei nach wie vor aufrecht. Die Zahlungen des Arbeitgebers seien bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs als eigenes Erwerbseinkommen der Klägerin und nicht als Unterhaltsleistung des Beklagten zu berücksichtigen.
Der Beklagte anerkannte einen Unterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von 50 EUR ab 1. 4. 2013 (insoweit erging am 9. 4. 2013 ein Teilanerkenntnisurteil), bestritt jedoch jegliche weitere Unterhaltspflicht und wandte ua ein, aus seiner Sicht liege eine „Hausfrauenehe“ vor.
Das Erstgericht, das die beiden Verfahren mit Beschluss vom 16. 10. 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte (führend ist 5 C 45/12p),
‑ gab dem zu 5 C 11/13i gestellten Klagebegehren mit 22.800 EUR sA für den Zeitraum 1. 3. 2010 bis 20. 6. 2012 statt und wies das Mehrbegehren von 41.892,79 EUR sA ab;
‑ gab dem zu 5 C 45/12p gestellten Klagebegehren
a) für den Zeitraum 1. 7. 2012 bis 31. 3. 2013 mit 15.370 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 15.398,04 EUR sA ab;
b) für den Zeitraum 1. 4. 2013 bis 30. 6. 2013 mit 5.520 EUR sA und ab 1. 7. 2013 mit monatlich 2.230 EUR sA statt, ohne das Mehrbegehren im Spruch abzuweisen.
Es behielt sich die Entscheidung über die Kosten bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vor.
Das Erstgericht stellte ua noch fest, dass der ältere Sohn seit Beginn des Jahres 2011 selbsterhaltungsfähig sei. Zum Dienstverhältnis der Klägerin ging es von folgendem Sachverhalt aus:
Die Klägerin war in der Anfangsphase der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten insofern in seinem Betrieb mitbeschäftigt, als sie anfallende Schreibarbeiten erledigte. Zwischen der Klägerin und der GmbH wurde auch formal ein Dienstverhältnis begründet, wobei nicht festgestellt werden kann, in welchem Stundenumfang die Klägerin Leistungen für das Unternehmen erbrachte. Ab dem Jahr 2000 war die nunmehrige Lebensgefährtin des Beklagten als Sekretärin der GmbH vollzeitbeschäftigt. Ab dem Jahr 2009 erbrachte die Klägerin überhaupt keine Tätigkeit mehr für das Unternehmen.
Die Klägerin hat jedenfalls zu keinem Zeitpunkt umfänglich Leistungen für das Unternehmen erbracht, die in wirtschaftlicher Betrachtungsweise das bezogene Gehalt rechtfertigen würden. Die Klägerin bezog und bezieht ein durchschnittliches monatliches Einkommen von der GmbH inklusive Sonderzahlungen von 1.438 EUR. Von Oktober 2009 bis März 2013 erhielt die Klägerin von der GmbH als Sachbezug die Nutzungsmöglichkeit an einem Pkw, wobei diesem Sachbezug ein Gegenwert von 162 EUR monatlich entspricht.
Die GmbH sprach am 24. 6. 2013 die Entlassung der Klägerin aus. Nach Einbringung einer Anfechtungsklage beim Landesgericht Leoben wurde die Entlassung zurückgenommen. Das arbeitsrechtliche Verfahren endete mit einem Versäumungsurteil gegen die GmbH. Das Dienstverhältnis ist daher aufrecht. Die Klägerin wurde von der GmbH zum Dienstantritt ab 30. 9. 2013 aufgefordert, erlitt aber am ersten „Arbeitstag“ sogleich eine Panikattacke und ist seither im Krankenstand.
In seiner rechtlichen Beurteilung zog das Erstgericht Bemessungsgrundlagen von 10.510 EUR (1. 3. bis 31. 12. 2010), 14.875 EUR (2011) und 14.870 EUR (ab 1. 1. 2012) heran. Es vertrat die Ansicht, dass es sich bei dem Dienstverhältnis der Klägerin um ein „steuerschonendes widerrechtliches Scheindienstverhältnis“ handle. Selbst wenn aber von der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Klägerin („Dienstfreistellung“ bei vollen Bezügen; nunmehr Krankenstand) auszugehen wäre, bedeute dies für das Unterhaltsrecht noch nicht bindend eine „Berufstätigenehe“. Die gewählte Konstellation halte keinem „Fremdvergleich“ stand. Außerhalb des Familienkreises hätte es ein solches Dienstverhältnis nie gegeben oder es wäre spätestens 2009 beendet worden. Es wäre rechtsmissbräuchlich, der Klägerin bei derartigem Vorgehen auch noch die günstigere Berechnungsvariante der „Berufstätigenehe“ zu eröffnen. Tatsächlich sei rechnerisch von einer „Hausfrauenehe“ auszugehen und der Gehaltsbezug als monatliche Unterhaltsleistung des Beklagten (1.600 EUR bis einschließlich Februar 2013, danach 1.438 EUR) zu werten. Bei Vorliegen einer „Hausfrauenehe“ gelte die „33 %‑Methode“, wobei pro Unterhaltspflicht für jedes Kind vier Prozentpunkte abzuziehen seien. Die Unterhaltspflicht für die Tochter und den jüngeren Sohn bestehe nach wie vor, jene für den älteren Sohn habe noch im Jahr 2010 bestanden.
Die Zurverfügungstellung der Ehewohnung durch Zahlung des Nutzungsentgelts sei als Naturalunterhaltsleistung des Beklagten anzurechnen. Eine Kaufoption gehe aus dem genossenschaftlichen Nutzungsvertrag nicht hervor. Es sei daher davon auszugehen, dass es sich beim gezahlten monatlichen Betrag um (reines) Nutzungsentgelt handle, weshalb dieser Betrag als Wert des Naturalunterhalts anzusetzen sei. Das vom Beklagten bis einschließlich Juni 2013 geleistete Nutzungsentgelt sei nach Köpfen aufzuteilen. Der Kopfteil des Beklagten sei bis zum Juni 2012 (Rechtskraft der Ehescheidung) miteinzubeziehen, weil sein Auszug aus der Ehewohnung ungerechtfertigt gewesen sei. Nach der Scheidung wäre er aber nicht mehr verpflichtet gewesen, weiterhin in der Ehewohnung zu wohnen. Wollte man seinen Kopfteil über die Scheidung hinaus rechnerisch berücksichtigen, käme dies einer „Doppelbestrafung“ in Form des Alleinverschuldens an der Ehezerrüttung und der unterhaltsrechtlichen Benachteiligung gleich.
Von der bis März 2012 monatlich geleisteten Geldunterhaltszahlung seien entsprechend der vom Beklagten unwidersprochen gebliebenen Widmung 80 % (rund 700 EUR) auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnen. Neben dem Nutzungsentgelt für die Wohnung seien noch die bis März 2013 gezahlten Kosten für Internet, Kabelfernsehen und Haushaltsversicherung als Naturalunterhaltsleistungen zu berücksichtigen und nach Köpfen aufzuteilen.
Von diesen (und weiteren) Erwägungen ausgehend gelangte das Erstgericht nach umfang- und detailreichen Berechnungen zu den Zusprüchen an die Klägerin.
Dieses Urteil erwuchs in Ansehung der (teils nur impliziten) Abweisung folgender Teilbegehren unbekämpft in Rechtskraft: 650,79 EUR sA für den Zeitraum 1. 3. 2010 bis 30. 6. 2012; 202,04 EUR sA für den Zeitraum 1. 7. 2012 bis 31. 3. 2013; 4.882,02 EUR sA für den Zeitraum 1. 4. 2013 bis 30. 6. 2013; 1 EUR sA ab 1. 7. 2013.
Im Übrigen erhoben beide Parteien gegen dieses Urteil Berufung, wobei allerdings jene des Beklagten wegen Verspätung zurückgewiesen wurde. Sein Wiedereinsetzungs-antrag blieb erfolglos.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Es erachtete die Beweisrüge als unberechtigt und erledigte die Rechtsrüge mit einem bloßen Verweis nach § 500a ZPO, ohne auf die Argumente der Klägerin inhaltlich einzugehen. Eine „Maßgabebestätigung“ (im Hinblick auf das nicht spruchmäßig abgewiesene Mehrbegehren) hielt es nicht für erforderlich.
Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne weiterer Zusprüche von 41.242 EUR sA für den Zeitraum 1. 3. 2010 bis 30. 6. 2012 (5 C 11/13i), 15.196 EUR sA für den Zeitraum 1. 7. 2012 bis 31. 3. 2013 und 5.031 EUR sA für den Zeitraum 1. 4. 2013 bis 30. 6. 2013 sowie monatlich 1.500 EUR ab 1. 7. 2013 (5 C 45/12p) abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Zu I.:
1. Die Klägerin begehrte für den Zeitraum vom 1. 4. bis 30. 6. 2013 zuletzt monatlichen Unterhalt von 2.731 EUR abzüglich geleistetem Naturalunterhalt von (jeweils) 263,66 EUR, im Ergebnis somit 10.402,02 EUR sA. Davon sprach das Erstgericht 5.520 EUR sA zu, ohne im Spruch seiner Entscheidung das Mehrbegehren von 4.882,02 EUR sA abzuweisen. Wie schon in der Berufung begehrt die Klägerin für diesen Zeitraum den Zuspruch weiterer 5.031 EUR sA. Im Umfang von 148,98 EUR sA wäre aber mangels anfechtbarer Entscheidung schon die Berufung als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl 2 Ob 149/09i = SZ 2010/68 mwN). Indem es der Berufung nicht Folge gab, hat das Berufungsgericht zwar auch über das unzulässige Berufungsbegehren inhaltlich entschieden; dadurch ist die Klägerin aber nicht beschwert. Die Revision ist daher in besagtem Umfang wegen fehlender Beschwer zurückzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Ein im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revision auch im Falle eines Kostenvorbehalts nach § 52 Abs 1 ZPO grundsätzlich möglicher Kostenzuspruch (1 Ob 44/14y; 2 Ob 100/14s) kommt hier schon deshalb nicht in Frage, weil der Beklagte auf die teilweise (absolute) Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat.
Zu II.:
Im Übrigen ist die Revision zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist im Sinne des Aufhebungsantrags insoweit auch berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, die Vorinstanzen hätten ohne entsprechenden Einwand des Beklagten ihr Dienstverhältnis zur GmbH „eigenmächtig umgewidmet“, ein Scheindienstverhältnis angenommen, das bezogene Gehalt als Unterhaltszahlungen des Beklagten qualifiziert und Rechtsmissbrauch unterstellt. Ein Scheingeschäft setze aber gemeinsamen dolus voraus, der bereits bei Abschluss des Geschäfts vorhanden sein müsse. Entsprechendes Vorbringen oder Beweisergebnisse lägen nicht vor. Aus den Feststellungen sei nur abzuleiten, dass die Klägerin dienstfrei gestellt worden sei. Die Klägerin sei jederzeit arbeitswillig gewesen. Ferner wäre der Kopfteil des Beklagten am Nutzungsentgelt für die (ehemalige) Ehewohnung über die Rechtskraft der Ehescheidung hinaus bis zum Ende des anhängigen Aufteilungsverfahrens zu berücksichtigen gewesen. Schließlich hätten die Vorinstanzen für das Jahr 2010 zu Unrecht auch für den älteren Sohn eine konkurrierende Sorgepflicht angenommen und von der Grundquote (weitere) vier Prozentpunkte zum Abzug gebracht.
Hiezu wurde erwogen:
1. Zum Unterhaltsanspruch der Klägerin:
1.1 Die Klägerin begehrt ehelichen und nachehelichen Unterhalt. Ersterer richtet sich nach § 94 Abs 2 ABGB, letzterer nach § 69 Abs 2 EheG. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung gilt für den Unterhaltsanspruch auch nach der Scheidung § 94 ABGB. Der Unterhaltsberechtigte ist unterhaltsrechtlich daher so zu stellen, wie wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre, wobei von den tatsächlichen Verhältnissen im Scheidungszeitpunkt auszugehen ist (vgl 1 Ob 288/98d = SZ 72/74; 7 Ob 303/00k; 6 Ob 94/11h; RIS‑Justiz RS0009536, RS0115545; Koch in KBB4 § 69 EheG Rz 3; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht7 240; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 69 EheG Rz 2).
1.2 Obwohl die Klägerin vor und nach der Haushaltstrennung den Haushalt geführt hat, legt sie der Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs eine „Berufstätigenehe“ zugrunde, indem sie ‑ unter der Annahme von zwei weiteren Sorgepflichten des Beklagten ‑ 32 % des Familiennettoeinkommens unter voller (nicht bloß „angemessener“; vgl 7 Ob 503/91; RIS‑Justiz RS0009573; Gitschthaler aaO § 94 ABGB Rz 197 f; Schwimann/Kolmasch aaO 203 ff) Berücksichtigung ihrer eigenen Einkünfte begehrt. Sie stützt ihren Anspruch daher nicht auf § 94 Abs 2 erster und zweiter Satz ABGB, sondern macht in Anwendung der „40 %‑Formel“ einen Ergänzungsanspruch des schlechter verdienenden Ehegatten geltend, der von der Rechtsprechung aus § 94 Abs 2 dritter Satz ABGB abgeleitet wird (vgl 7 Ob 618/95 = SZ 68/236; 6 Ob 137/97h; RIS‑Justiz RS0009722, RS0057433; Schwimann/Kolmasch aaO 208).
1.3 Bei sehr großen Einkommensdifferenzen kann aber die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs mit 40 % des gemeinsamen Einkommens zu einer Verzerrung führen. In den Fällen, in denen die Berücksichtigung des wesentlich geringeren Einkommens des Unterhaltsberechtigten dazu führen würde, dass der Unterhaltspflichtige mehr zu zahlen hätte als dann, wenn man das Einkommen des Unterhaltsberechtigten außer Betracht lässt und den Unterhalt mit 33 % des Einkommens des Verpflichteten bemisst, hat das Einkommen des Berechtigten außer Betracht zu bleiben. Denn die Unterhaltspflicht soll sich nicht dadurch erhöhen, dass der Unterhaltsberechtigte über eigenes Einkommen verfügt. Das Eigeneinkommen des Berechtigten ist in einem solchen Fall dann aber nicht in Abzug zu bringen; es bleibt vielmehr gänzlich außer Betracht (vgl 9 Ob 87/99f; 6 Ob 22/02g; im Ergebnis auch 8 Ob 38/09k = iFamZ 2009/247 [Deixler‑Hübner] unter Ablehnung der gegenteiligen Auffassung von Buchwalder, Unterhalt bei aufrechter Ehe [2008] 136 ff; ferner 4 Ob 42/10w; 7 Ob 80/13k; RIS‑Justiz RS0057433; vgl auch Schwimann/Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB4 Ia § 94 Rz 20; Hopf/Kathrein, Eherecht³ § 94 ABGB Rz 36).
1.4 Ausgehend von den in dritter Instanz nicht mehr strittigen Bemessungsgrundlagen von 10.510 EUR für das Jahr 2010, 14.875 EUR für das Jahr 2011 und 14.870 EUR für die Folgejahre ergäben sich bei dem letztgenannten Ansatz (25 % nach Abzug von acht Prozentpunkten für die beiden unstrittigen weiteren Sorgepflichten des Beklagten) gerundete Unterhaltsansprüche von 2.630 EUR für den Zeitraum 1. 3. bis 31. 12. 2010 sowie 3.720 EUR für die Folgejahre.
Bei Anwendung der „40 %‑Methode“, also unter Berücksichtigung eigener Einkünfte der Klägerin von 1.600 EUR bis Februar 2013 und 1.438 EUR ab März 2013, würde die vorzunehmende Kontrollrechnung (32 % des Familieneinkommens und Abzug des Einkommens der Klägerin) zu gerundeten Unterhaltsansprüchen von 2.280 EUR für den Zeitraum 1. 3. bis 31. 12. 2010, 3.670 EUR für den Zeitraum 1. 1. 2011 bis 28. 2. 2013 sowie 3.780 EUR ab 1. 3. 2013 führen.
1.5 Aus obiger Vergleichsrechnung folgt, dass der Unterhalt der Klägerin ab 1. 3. 2013 jedenfalls nach der „33 %‑Methode“ zu bemessen ist, während für die davor liegenden Zeiträume die „40 %‑Methode“ zur Anwendung gelangen würde, wenn ‑ entgegen der Meinung der Vorinstanzen ‑ von anrechenbaren eigenen Einkünften der Klägerin auszugehen sein sollte. Aber auch für den Zeitraum ab 1. 3. 2013 bleibt die Frage nach eigenen Einkünften von entscheidender Bedeutung, hat doch das Berufungsgericht ‑ ausgehend von seiner Beurteilung des Dienstvertrags als Scheingeschäft ‑ die Anwendung der „33 %‑Formel“ auf die Einkommenslosigkeit der Klägerin gestützt (RIS‑Justiz RS0009547) und die von deren Dienstgeber erbrachten Leistungen als (verdeckte) Unterhaltszahlungen von der Unterhaltspflicht des Beklagten in Abzug gebracht.
2. Arbeitsentgelt oder Unterhaltszahlungen?
2.1 Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde zwischen der Klägerin und der GmbH (auch) „formal“ ein Dienstverhältnis begründet, es wurden Gehaltszahlungen geleistet, eine Entlassung ausgesprochen und diese wieder zurückgenommen. Derzeit befindet sich die Klägerin im Krankenstand.
Dieser Sachverhalt spricht für einen ausreichend deutlich zum Ausdruck kommenden (ausdrücklichen) Abschluss eines Dienstvertrags (vgl 8 ObA 44/05m mwN; RIS‑Justiz RS0009631; Beck in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 100 ABGB Rz 5; zur denkbaren „wirtschaftlichen Einheit“ von Ehegatten und Ein‑Mann‑GmbH vgl ferner Gitschthaler in EF‑Z 2009/48 [Entscheidungsanmerkung zu 8 ObA 76/08x] sowie Beck aaO § 98 ABGB Rz 15). Die Vorinstanzen erblickten darin ein Scheingeschäft (Begründung eines „Scheindienstverhältnisses“).
2.2 Bei einem Scheingeschäft wollen die Parteien einverständlich schon bei Geschäftsabschluss die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht oder nicht so wie vertraglich niedergelegt eintreten lassen (8 Ob 164/09i; RIS‑Justiz RS0018149; vgl Bollenberger in KBB4 § 916 Rz 1; Rummel in Rummel, ABGB4 § 916 Rz 1; Vonkilch in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 916 Rz 1). Ein solches Scheingeschäft ist nach § 916 Abs 1 ABGB nichtig, weil es (so) von den Parteien nicht gewollt war und auch keine der Parteien auf die Wirksamkeit der Erklärungen vertraute (10 ObS 207/03v; RIS‑Justiz RS0018103, RS0018107, RS0018121 [„gemeinsamer dolus bei Vertragsabschluss“]; Rummel aaO § 916 Rz 4). Gesamtnichtigkeit tritt dann ein, wenn die Parteien überhaupt kein Rechtsgeschäft abschließen wollten (RIS‑Justiz RS0018131; Bollenberger aaO § 916 Rz 3 [„absolutes Scheingeschäft“]). Wollten sie hingegen mit ihrer Vereinbarung ein anderes Rechtsgeschäft verdecken, so ist das dissimulierte Geschäft nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen und in der Regel wirksam, wenn es den Erfordernissen eines gültigen Rechtsgeschäfts entspricht (10 ObS 207/03v; 8 Ob 164/09i mwN; RIS‑Justiz RS0018136; Bollenberger aaO § 916 Rz 3 [„relatives Scheingeschäft“]; Rummel aaO § 916 Rz 8). Ob im Einzelfall ein Scheinvertrag vorliegt, die Willenserklärungen der Vertragspartner also im beiderseitigen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wurden, oder ob die Vereinbarung dem wahren Willen der Parteien entspricht, ist keine Rechts‑, sondern Tatfrage (10 ObS 207/03v mwN; 8 Ob 164/09i; RIS‑Justiz RS0043610; Rummel aaO § 916 Rz 13; Vonkilch aaO § 916 Rz 56). Wer sich auf ein Scheingeschäft beruft, muss das Vorliegen der Voraussetzungen hiefür beweisen. Entscheidende Bedeutung kommt hiebei der Absicht der Beteiligten zu (RIS‑Justiz RS0018104, RS0018129; Bollenberger aaO § 916 Rz 3; Rummel aaO § 916 Rz 13; Vonkilch aaO § 916 Rz 57). Diese Grundsätze sind auch bei arbeitsvertraglichen Scheinkonstruktionen zwischen Ehegatten anwendbar (vgl etwa 10 ObS 207/03v; 5 Ob 89/13v; Rauch, Mitarbeit von Familienmitgliedern, ASoK 2008, 463 [465]; Binder, Die Verzahnung von Arbeits- und Zivilrecht, ZAS 2008/24, 162 [163 f]).
2.3 Im vorliegenden Fall hat sich der Beklagte auf das Vorliegen eines Scheingeschäfts nicht berufen. Im Gegenteil: Er ging in seinem Prozessvorbringen von einem Arbeitsverhältnis und Arbeitseinkünften der Klägerin aus (vgl AS 9, 80). Diese hat aber zuletzt selbst Vorbringen zu diesem Thema erstattet, auf welches der Beklagte mit der Behauptung replizierte, aus seiner Sicht liege eine „Hausfrauenehe“ vor (AS 128). Aus diesem Grund waren die Vorinstanzen zwar befugt, das Vorliegen eines Scheingeschäfts zu prüfen entgegen ihrer Auffassung reichen aber die vorhandenen Feststellungen für die Annahme eines „Scheindienstverhältnisses“ nicht aus:
2.3.1 Zu den Absichten der Streitteile bei Begründung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der GmbH liegen weder Behauptungen der Streitteile noch Feststellungen der Vorinstanzen vor. Insbesondere fehlt es an Anhaltspunkten, dass der wahre Wille der Parteien damals auf den Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung gerichtet war. Dabei ist auch zu bedenken, dass die GmbH 1999 gegründet wurde, also zwei Jahre nach der neuerlichen Eheschließung und ein Jahr nach der Geburt der Tochter, als alle Familienmitglieder in Haushaltsgemeinschaft lebten und für die Leistung „offener“ oder „verdeckter“ Unterhaltszahlungen zumindest kein offenkundiger Anlass bestand. Nach der erörterten Beweislastregel gehen aber alle verbleibenden Unklarheiten zum Vorliegen eines Scheingeschäfts und eines dissimulierten Geschäfts zu Lasten des Beklagten. Das gilt auch für die Negativfeststellung über das Arbeitspensum der Klägerin bis zum Jahr 2009. Die in der Revisionsbeantwortung erstmals enthaltenen Ausführungen zur Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, aus denen der Beklagte nun dessen Scheincharakter abzuleiten versucht, verstoßen gegen das Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich.
2.3.2 Nachträgliche Vereinbarungen, von einem (wirksamen) Vertrag keinen oder nur beschränkten Gebrauch zu machen, rechtfertigen nicht die Annahme eines Scheingeschäfts (RIS‑Justiz RS0018121; Vonkilch aaO § 916 Rz 1 FN 3). Der Umstand der bloß formalen Weiterbeschäftigung der Klägerin ab dem Jahr 2009, seit dem diese ihr Gehalt ohne jede Gegenleistung bezieht, ist daher für die Beurteilung, ob früher ein Scheindienstverhältnis begründet wurde, bedeutungslos.
Auch für die denkmögliche Variante, dass das (reguläre) Dienstverhältnis im Jahr 2009 von den Parteien einvernehmlich (konkludent) aufgelöst, nur zum Schein fortgesetzt und in Wahrheit durch eine (konkludente) Unterhaltsvereinbarung ersetzt worden ist, fehlt es an Vorbringen und entsprechendem Tatsachensubstrat. Dagegen spricht auch, dass die GmbH die Auflösung des Dienstverhältnisses (durch Entlassung) für notwendig ansah und die Klägerin nun „im Krankenstand“ ist. Bei vergleichbarem Sachverhalt wurde in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren eine ‑ stets in der alleinigen Ingerenz des Arbeitgebers liegende (8 ObA 81/08g mwN) ‑ Dienstfreistellung durch den Arbeitgeber (dort: der Ehegatte) angenommen und die Auffassung des Erstgerichts, es gelte nicht das simulierte Angestelltenverhältnis, sondern die dissimulierte Unterhaltsvereinbarung, nicht geteilt (9 ObA 35/87).
3. Zwischenergebnis:
Aus den genannten Gründen ist das von den Vorinstanzen angenommene Vorliegen eines (relativen) Scheindienstverhältnisses mit dissimulierter Unterhalts-vereinbarung nicht erwiesen. Somit sind aber bei der Ermittlung der Unterhaltsansprüche der Klägerin die Gehaltszahlungen ihres Arbeitgebers als Erwerbseinkommen zu qualifizieren. Nach den in Punkt 1. erörterten Kriterien sind demnach den weiteren Berechnungen folgende Unterhaltsansprüche der Klägerin zugrunde zu legen: 2.280 EUR für den Zeitraum 1. 3. bis 31. 12. 2010; 3.670 EUR für den Zeitraum 1. 1. 2011 bis 28. 2. 2013; 3.720 EUR ab 1. 3. 2013. Eine Berücksichtigung der Gehaltszahlungen als Unterhaltsleistungen des Beklagten kommt nicht in Betracht.
4. Wohnungskosten - Kopfteil des Beklagten:
4.1 Beide Streitteile sind Vertragspartner des mit der Wohnbaugenossenschaft abgeschlossenen Nutzungs-vertrags. Seit 2008 ist die Haushaltsgemeinschaft zwischen den Streitteilen aufgehoben. Die Wohnung wird jedenfalls seit Anfang 2011 nur noch von der Klägerin und der Tochter bewohnt. Während aufrechter Ehe und darüber hinaus (bis Juni 2013) hat der Beklagte das monatlich vorgeschriebene Nutzungsentgelt stets zur Gänze bezahlt. Die Vorinstanzen haben den „Wohnwert“ der Wohnung in Höhe dieses Nutzungsentgelts angenommen, was in dritter Instanz unwidersprochen bleibt.
4.2 Nach neuerer Rechtsprechung sind sowohl die eigentlichen Wohnkosten als auch die Wohnungs-benützungskosten als Naturalunterhalt anrechenbar, wenn diese Kosten vom Unterhaltspflichtigen getragen werden. Die Anrechnung erfolgt anteilig nach Köpfen, wenn die Wohnung von mehreren unterhaltsberechtigten Personen benützt wird (10 Ob 75/06m; 2 Ob 224/08t; RIS‑Justiz RS0009509; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 94 ABGB Rz 258 und Rz 263; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht7 170). Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass diese Grundsätze auch für den Zeitraum nach der Ehescheidung gelten (vgl 7 Ob 178/02f; 9 Ob 64/05k; Gitschthaler aaO § 70 EheG Rz 2).
Der Unterhaltspflichtige ist in die Kopfteilsberechnung einzubeziehen, solange er selbst in der Wohnung lebt, sonst nur, wenn er die vormalige Ehewohnung ohne gerechtfertigten Grund verlassen hat. Dann ist er so zu behandeln, als ob er in der Wohnung verblieben wäre, es sei denn, ein Weiterverbleib in der Wohnung war ihm aus in der Person des Unterhaltsberechtigten liegenden Gründen nicht zumutbar (§ 92 ABGB) oder er hat mit dem Unterhaltsberechtigten eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Für diese Ausnahmetatbestände ist der Unterhaltspflichtige beweispflichtig (vgl 2 Ob 246/09d; 4 Ob 42/10w; 4 Ob 203/10x; RIS‑Justiz RS0114742; Gitschthaler aaO § 94 ABGB Rz 262; Schwimann/Kolmasch aaO 170 f). Hier hat der Beklagte einen solchen Beweis nicht erbracht.
4.3 Das Erstgericht hat den Kopfteil des Beklagten bis zur Rechtskraft der Ehescheidung miteinbezogen, für die danach liegenden Zeiträume aber nicht. Die dahinter stehende Überlegung, nach rechtskräftiger Ehescheidung wäre der Beklagte ja auch nicht zum Verbleib in der Ehewohnung verpflichtet gewesen, vernachlässigt, dass der nacheheliche Unterhalt hier nach § 69 Abs 2 EheG zu bestimmen ist und sich daher ‑ wie schon eingangs erörtert ‑ an der unterhaltsrechtlichen Stellung der Klägerin durch die Scheidung nichts ändert. Wohl müsste auf eine Änderung der für die Unterhaltsbemessung nach § 94 ABGB maßgebenden Verhältnisse Bedacht genommen werden, wobei die Tatsache der Scheidung allein aber noch keine solche Änderung bewirkt (vgl 1 Ob 288/98d = SZ 72/74; Gitschthaler aaO § 69 EheG Rz 21; Schwimann/Kolmasch aaO 240). Der gemeinsame Haushalt war schon lange vor der Scheidung aufgehoben. Eine zu beachtende Änderung der Verhältnisse ist also auch insoweit nicht eingetreten. Hätte die Klägerin noch während aufrechter Ehe unter Berücksichtigung des ungerechtfertigten Auszugs des Beklagten einen Unterhaltstitel erwirkt, wäre dieser ‑ abgesehen von einer allfälligen Befristung mit der Dauer der Ehe ‑ auch nach der Scheidung weiterhin gültig gewesen (Gitschthaler aaO § 69 EheG Rz 5).
5. Weiteres Zwischenergebnis:
Bei der Anrechnung der vom Beklagten geleisteten Naturalunterhaltsleistungen ist sein Kopfteil auch nach Rechtskraft des Scheidungsurteils (bis zur Beendigung des Aufteilungsverfahrens) weiterhin zu berücksichtigen (so im Ergebnis auch schon 2 Ob 246/09d). Die Anrechnung erfolgt demnach für die nachehelichen Zeiträume nicht mit der Hälfte, sondern mit einem Drittel der erbrachten Leistungen. Nur in diesem Umfang war die Anrechnung noch strittig. Sonstige mögliche Aspekte, etwa die Differenzierung zwischen verbrauchsabhängigen und ‑unabhängigen Kosten (vgl 4 Ob 203/10x; Gitschthaler aaO § 94 ABGB Rz 254), wurden weder in erster Instanz noch im Rechtsmittelverfahren thematisiert. Darauf ist daher auch vom Obersten Gerichtshof nicht weiter einzugehen.
6. Abzug für weitere Sorgepflicht:
6.1 Im Allgemeinen wird die konkurrierende Sorgepflicht für ein Kind schematisch mit einem Abzug von 4 % berücksichtigt, ohne dass es darauf ankäme, ob der Unterhaltspflichtige seine Pflicht tatsächlich erfüllt (vgl RIS‑Justiz RS0009547). In einigen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof aber bereits ausgesprochen, dass das Ausmaß des Abzugs bei „atypischen tatsächlichen Verhältnissen“ korrigiert werden kann (RIS‑Justiz RS0047419 [T22, T26]). In 3 Ob 2/98k wurde etwa darauf Bedacht genommen, dass der Unterhaltspflichtige für seine Tochter einen „deutlich unter den durchschnittlich festgesetzten Beträgen liegenden Unterhaltsbeitrag“ leistete, weshalb ein Abzug von (nur) 2 % als gerechtfertigt angesehen wurde (vgl auch 3 Ob 43/08g; 1 Ob 122/11i; weitere Beispiele bei Gitschthaler aaO § 94 ABGB Rz 210).
6.2 Der Frage, ob die von den Vorinstanzen für das Jahr 2010 angenommene Sorgepflicht des Beklagten für den älteren Sohn angesichts der festgestellten Zahlungen mit einem geringeren Prozentsatz zu berücksichtigen wäre, muss aber nicht weiter nachgegangen werden. Die Rechtsrüge der Klägerin ist (auch) in diesem Punkt schon deshalb berechtigt, weil die Feststellung über den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des älteren Sohnes (erst) mit 1. 1. 2011 bei der rechtlichen Beurteilung als überschießend außer Betracht zu bleiben hat:
6.3.1 Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dürfen sogenannte „überschießende“ Feststellungen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RIS‑Justiz RS0040318). Tatsachenbehauptungen, aus denen sich im Jahr 2010 noch eine Sorgepflicht des Beklagten für den älteren Sohn ergeben könnte, haben beide Streitteile nicht aufgestellt:
Der ‑ insoweit beweispflichtige ‑ Beklagte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren selbst nie auf eine solche (weitere) Sorgepflicht gestützt. Er brachte vielmehr ausdrücklich vor, dass ihn die Unterhaltspflicht nur für zwei Kinder, nämlich den jüngeren Sohn und die Tochter treffe (5 C 11/13i AS 16). Die erstinstanzliche Feststellung, der ältere Sohn sei seit 1. 1. 2011 selbsterhaltungsfähig, beruht offenkundig auf einer Aussage der Klägerin (die nachher behauptete, sich geirrt zu haben), entsprechendes Prozessvorbringen hat aber auch sie nicht erstattet. Vielmehr hat sie bei ihren eigenen Berechnungen auch für das Jahr 2010 nur zwei weitere Sorgepflichten des Beklagten berücksichtigt.
6.3.2 Die Frage, ob überschießende Feststellungen berücksichtigt werden können, ist eine solche der rechtlichen Beurteilung. Werden einer Entscheidung unzulässige überschießende Feststellungen zugrunde gelegt, wird daher die Sache unrichtig rechtlich beurteilt (RIS‑Justiz RS0112213 [T1]).
Eine derartige unrichtige rechtliche Beurteilung ist hier den Vorinstanzen unterlaufen, was aufgrund der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge der Klägerin wahrzunehmen ist. Die überschießende Feststellung ist somit unbeachtlich, weshalb die von den Vorinstanzen daraus gezogenen rechtlichen Schlüsse zu korrigieren sind. Demnach ist auch für das Jahr 2010 ‑ wie von beiden Parteien behauptet ‑ nur von zwei konkurrierenden Sorgepflichten des Beklagten auszugehen.
7. Ergebnis und Kosten:
7.1 Der Rechtsmittelerfolg der Klägerin führt im konkreten Fall dazu, dass die umfang‑ und detailreiche Berechnung der Unterhaltsansprüche durch die Vorinstanzen mit geänderten Parametern neu durchgeführt werden muss. Zur Vornahme eingehender Berechnungen im Unterhaltsverfahren kann der Oberste Gerichtshof aber gemäß § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen (RIS‑Justiz RS0114942; auch RS0117056). Die angefochtene Entscheidung ist daher im noch streitverfangenen Umfang aufzuheben. Die Rechtssache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das unter Bedachtnahme auf die vorstehenden Ausführungen über die Ansprüche der Klägerin neuerlich zu entscheiden haben wird.
7.2 Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.
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