OGH 6Ob94/11h

OGH6Ob94/11h16.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** S*****, vertreten durch Mag. Helmut Marschitz, Rechtsanwalt in Mistelbach, gegen die beklagte Partei J***** S*****, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwältepartnerschaft KEG in Mistelbach, wegen Unterhalts, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2010, GZ 23 R 144/10d-21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mistelbach vom 15. September 2010, GZ 6 C 11/10v-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 29. 1. 1966 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Mistelbach vom 22. 12. 2009 geschieden; gemäß § 61 Abs 3 EheG wurde das alleinige Verschulden des damals klagenden und nunmehr beklagten Mannes ausgesprochen. Rechtskraft dieses Scheidungsurteils trat am 5. 2. 2010 ein. Bereits seit 10. 11. 1994 war allerdings die häusliche Gemeinschaft der Streitteile aufgehoben gewesen, wobei die hier klagende Frau weiterhin das mittlerweile an einen gemeinsamen Sohn übergebene Haus bewohnt hatte, der Mann hingegen ein von diesem Sohn neu errichtetes Haus.

Die Streitteile waren hauptberuflich als Landwirte tätig und führten während ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft und bis zur Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft gemeinsam eine Landwirtschaft; einer weiteren Tätigkeit gingen sie nicht nach. Die Frau führte darüber hinaus den gemeinsamen Haushalt und besorgte die Erziehung der zwischen 1966 und 1970 geborenen vier gemeinsamen Kinder. Für die „Geldangelegenheiten“ war der Mann „zuständig“; er stellte der Frau unterschiedliche Geldbeträge zur Verfügung. War das Geld verbraucht, musste sie ihn ersuchen, ihr weiteres Geld zu geben.

Im Jahr 1994 übergaben die Streitteile ihre Landwirtschaft an den Sohn Thomas. Zu diesem Zeitpunkt bezog der Mann bereits von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine monatliche Pension von (umgerechnet) 1.781,02 EUR einschließlich Sonderzahlungen, die Frau verfügte jedoch über kein eigenes Einkommen und konnte auch keine (eigenen) Pensionsleistungen in Anspruch nehmen. Sie versuchte, dieses Problem mit dem Mann zu besprechen, der jedoch infolge bereits bestehender Spannungen im ehelichen Zusammenleben ein Gespräch verweigerte. Deshalb stellte die Frau am 7. 11. 1995 bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern einen Antrag gemäß § 71 BSVG auf Auszahlung der halben Pension des Mannes an sie selbst. Daraufhin wurden ihr monatlich (umgerechnet) 890,51 EUR einschließlich Sonderzahlungen zur Anweisung gebracht, wodurch die Frau auch in der Krankenversicherung des Mannes mitversichert war.

Der Mann nahm diese Pensionsteilung sowie die Mitversicherung der Frau hin; mangels ausreichender Gesprächsbasis trafen die Streitteile auch keine abweichenden Vereinbarungen bezüglich der Gestaltung des ehelichen Zusammenlebens, der finanziellen Aufteilung oder der Aufbringung der erforderlichen Mittel im Innenverhältnis. Allerdings wurde die Auszahlung der halben Pension des Mannes an die Frau am 31. 3. 2010 infolge Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eingestellt; außerdem war die Frau nicht mehr in der Krankenversicherung des Mannes mitversichert.

Der Mann erhält seit 1. 4. 2010 monatlich die volle Pension in Höhe von 1.781,02 EUR einschließlich Sonderzahlungen. Die Frau hat sich in weiterer Folge freiwillig in der Krankenversicherung weiterversichert und bezahlt seit 5. 2. 2010 monatlich 66,94 EUR an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern.

Die Frau hat mangels ausreichender Beitragsleistung keinen Anspruch auf eine eigene Pension, sie geht keiner Erwerbstätigkeit nach und besitzt auch keine Vermögenswerte, welche Erträgnisse abwerfen würden. Aus den beiden in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften erzielt die Frau keine Pachteinnahmen.

Im Übergabsvertrag vom 27. 1. 1994 verpflichtete sich zwar der übernehmende Sohn Thomas zur Leistung einer monatlichen Versorgungsrente von je 10.000 ATS ab 1. 7. 1994 an jeden Elternteil, der sich ab Pensionsantritt des Mannes auf 2.000 ATS reduzieren sollte. Allerdings erbrachte der Sohn diese Leistungen niemals, sie wurden von seinen Eltern auch nie eingefordert. Diese haben vielmehr ausdrücklich und übereinstimmend erklärt, ein derartiges Leistungsbegehren „niemals an den Sohn richten“ zu wollen.

Die Frau hatte die Scheidung der Ehe mit dem Mann nie angestrebt und auch trotz jahrelanger Trennung nicht erwartet, dass der Mann eine Klage nach § 55 EheG einbringen werde; es hatte von dessen Seite auch nie Ankündigungen dahingehend gegeben.

Aufgrund eines während des erstinstanzlichen Verfahrens geschlossenen Provisorialunterhaltsvergleichs bezahlte der Mann bis 25. 8. 2010 insgesamt 2.550 EUR an Unterhalt für die Frau.

Die Frau begehrt vom Mann monatliche Unterhaltsleistungen in Höhe von 890,51 EUR ab 1. 4. 2010 zuzüglich der von ihr zu leistenden Beiträge in der freiwilligen Weiterversicherung. Die Frau stützt sich auf § 69 Abs 2 EheG. Sie habe im Hinblick auf § 71 BSVG bis zur Ehescheidung die halbe Pension des Mannes bezogen, außerdem sei sie in der Krankenversicherung mitversichert gewesen. Sie habe Anspruch auf Aufrechterhaltung der bisherigen Gestaltung der Lebensverhältnisse der Streitteile; im Hinblick auf den Schuldausspruch nach § 61 Abs 3 EheG habe sie einen Anspruch darauf, „dass sich [ihr] Unterhaltsanspruch nach der Scheidung nicht ändert“. Zu Lasten des Mannes sei außerdem zu berücksichtigen, dass dieser aufgrund des Übergabsvertrags kostenfrei wohne und deshalb niedrigere Lebenshaltungskosten habe.

Der Mann wendete - soweit dies für das Revisionsverfahren noch relevant ist - ein, der Frau stehe nur Unterhalt in Höhe von höchstens einem Drittel der von ihm bezogenen Pension zu; § 71 BSVG regle lediglich pensions-, nicht aber unterhaltsrechtliche Ansprüche. Die Frau sei jedoch selbst Landwirtin gewesen und könnte daher einen eigenen Pensionsanspruch geltend machen; als Landwirtin sei sie auch während aufrechter Ehe nie unterhaltsberechtigt gewesen. Schließlich habe sie gegenüber dem Sohn Thomas einen monatlichen Versorgungsanspruch von 200 EUR, zu dessen Geltendmachung sie verpflichtet wäre.

Die Vorinstanzen verpflichteten den Mann zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags in Höhe von 890,51 EUR ab 1. 4. 2010 abzüglich bereits geleisteter Zahlungen. Ein nach § 55 EheG geschiedener Ehegatte, der nach § 61 Abs 3 EheG im Scheidungsurteil den Ausspruch erwirkt habe, dass der andere Ehegatte die Zerrüttung allein oder überwiegend verschuldete, solle unterhaltsrechtlich so gestellt werden, wie wenn die Ehe nicht geschieden wäre. Die Frau habe daher zwar Anspruch auf die Hälfte der vom Mann bezogenen Pensionsleistungen, nicht jedoch auf Ersatz der Kosten der freiwilligen Weiterversicherung, weil eine Belastung des Mannes über die Hälfte seines Einkommens hinaus nicht zumutbar erscheine.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu und begründete dies damit, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur verfahrensgegenständlichen besonderen Konstellation fehle, die sich jedoch in bäuerlichen Kreisen öfter stelle.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat; sie sind auch berechtigt.

1. Es ist im Revisionsverfahren nicht strittig, dass der Frau gegenüber dem Mann ein Unterhaltsanspruch nach § 69 Abs 2 EheG zusteht. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt für den Unterhaltsanspruch auch nach der Scheidung § 94 ABGB. Nach der Rechtsprechung bleiben außerdem gerichtliche Entscheidungen und Vergleiche, mit denen während aufrechter Ehe die Unterhaltsansprüche festgelegt waren, auch über die Rechtskraft der Ehescheidung hinaus aufrecht (Schwimann in Schwimann, Ta-Komm [2010] § 69 EheG Rz 2; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 69 EheG Rz 5 [jeweils mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung]).

1.1. Die Frau stützt ihr Begehren auf 50 % der Pensionsbezüge des Mannes auf die durch § 71 BSVG geregelte Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse.

a) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen trafen die Streitteile diesbezüglich jedoch einerseits keinerlei konkrete (Unterhalts-)Vereinbarungen; ebenso wenig besteht ein gerichtlicher Unterhaltstitel.

b) Andererseits stellt § 71 BSVG, wonach dem Ehegatten eines anspruchsberechtigten Pensionsempfängers bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen die Hälfte der Pension auszuzahlen ist („geteilte“ Bauernpension), keine unterhaltsrechtliche Regelung dar (vgl 10 ObS 197/99i SZ 73/52). Auch wenn der Auszahlungsanspruch an der Pension des Ehegatten in einem gewissen Maße an zivilrechtliche Ansprüche anknüpft, ist der dem Ehegatten eingeräumte Anspruch vielmehr doch öffentlich-rechtlich als gegen den Sozialversicherungsträger gerichtet konstruiert (ErläutRV zu § 71 BSVG, zit bei Teschner/Widlar, Die Sozialversicherung der Bauern [2011] 166).

In der Literatur (Wanke, Einkommensteuerliche Behandlung der „geteilten“ Bauernpension, FJ 1991, 124) und Rechtsprechung (etwa 10 ObS 197/99i) wird zwar bisweilen ausgeführt, durch die Pensionsteilung könnten sich mittelbare Auswirkungen auf familienrechtliche Verpflichtungen des Pensionisten ergeben, weil hieraus eine Änderung seiner Unterhaltspflicht (§ 94 ABGB) gegenüber seinem Ehegatten resultieren könnte; auch der Verwaltungsgerichtshof (Zl 96/15/0182 ARD 5012/24/99) hat gemeint, den dem Ehegatten gewährten Auszahlungsbeträgen wohne auch das Element der Unterhaltsabgeltung inne, was sich aus der Anordnung des Gesetzgebers ergibt, dass bei ausreichender Eigenversorgung ein Auszahlungsanspruch nicht bestehe. Jedenfalls für den Zeitraum nach Rechtskraft der Ehescheidung spielen derartige Überlegungen jedoch keine Rolle, hat doch der Gesetzgeber in den ErläutRV (zit bei Teschner/Widlar aaO 168) ausdrücklich klargestellt, dem § 71 Abs 8 Z 1 BSVG (… der Auszahlungsanspruch endet unter anderem mit der Rechtskraft des Urteils über die Nichtigerklärung, Aufhebung, Scheidung oder Auflösung der Ehe …) liege die Überlegung zugrunde, dass im Zuge der Auflösung der Ehe für allfällige Unterhaltsansprüche im Bereich des Zivilrechts Vorsorge zu treffen wäre (in diesem Sinn wohl auch Radner, Sozialversicherungsrechtlicher Schutz bei Ehescheidung² [1993] 108). Für die Zeit nach Auflösung der Ehe ist § 71 BSVG somit auch unterhaltsrechtlich unbeachtlich.

Damit ist aber für den von der Frau geltend gemachten Unterhaltsanspruch im Ausmaß von 50 % der Pension des Mannes aus § 71 BSVG nichts zu gewinnen.

1.2. Nach herrschender Auffassung (RIS-Justiz RS0009536; Zankl in Schwimann, ABGB³ Bd I [2005] § 69 EheG Rz 4; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 69 EheG Rz 21; in diesem Sinn auch Hopf/Kathrein, Eherecht² [2005] § 69 EheG Anm 4) ist der nach § 69 Abs 2 EheG anspruchsberechtigte (geschiedene) Ehegatte zwar unterhaltsrechtlich so gestellt, wie wenn die Ehe nicht geschieden wäre - auf diesen Grundsatz beruft sich die Frau in ihrer Revision mehrfach - , doch ordnet § 69 Abs 2 EheG für die davon betroffenen Scheidungsfälle nicht an, dass der berechtigte Ehegatte nach der Scheidung nicht schlechter gestellt werden dürfe, als er vor der Scheidung tatsächlich gestellt war. Die Bestimmung besagt lediglich, dass für den Unterhaltsanspruch auch nach der Scheidung § 94 ABGB gilt, dass sich also die unterhaltsrechtliche Stellung des anspruchsberechtigten Ehegatten durch die Scheidung nicht ändert. Von dieser Regelung sind sonstige Umstände - wie eben auch die Auszahlungsregelung des § 71 BSVG - nicht erfasst.

1.3. Nach völlig herrschender Rechtsprechung steht sowohl dem Ehegatten (§ 94 ABGB) als auch dem geschiedenen Ehegatten (§§ 66, 69 Abs 2 EheG) ein Anspruch auf 33 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu (RIS-Justiz RS0047419 [T3]). Von diesem Prozentsatz kann zwar in so genannten atypischen Fällen abgegangen werden (RIS-Justiz RS0047419 [T4]); Umstände, die die Festsetzung eines Unterhalts in Höhe von 50 % der Bemessungsgrundlage des Mannes rechtfertigen könnten, sind im vorliegenden Verfahren jedoch nicht erkennbar.

2. Die Vorinstanzen sind bei ihren Überlegungen ausschließlich vom Pensionsbezug des Mannes sowie fehlenden Einkünften der Frau ausgegangen. Dies wird von beiden Parteien im Revisionsverfahren (neuerlich) gerügt.

2.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Frau mangels ausreichender Beitragsleistung keinen Anspruch auf eine eigene Pension; die beiden in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften werfen für sie keine Pachteinnahmen ab. Im Übergabsvertrag vom 27. 1. 1994 verpflichtete sich zwar der übernehmende Sohn Thomas zur Leistung einer monatlichen Versorgungsrente von je 10.000 ATS ab 1. 7. 1994 an jeden Elternteil, der sich ab Pensionsantritt des Mannes auf 2.000 ATS reduzieren sollte. Allerdings erbrachte der Sohn diese Leistungen niemals, sie wurden von seinen Eltern auch nie eingefordert. Diese haben vielmehr ausdrücklich und übereinstimmend erklärt, ein derartiges Leistungsbegehren „niemals an den Sohn richten“ zu wollen.

a) Im Hinblick auf § 2 BSVG ist der im land-/forstwirtschaftlichen Betrieb seines Ehegatten hauptberuflich beschäftige Ehegatte unter anderem in der Pensionsversicherung pflichtversichert (vgl Steiger, Grundlagen der bäuerlichen Sozialversicherung, taxlex 2007, 147; ebenso Radner, Sozialversicherungsrechtlicher Schutz bei Ehescheidung² [1993] 77). Darauf beruft sich der Mann und rügt als Mangelhaftigkeit des bisherigen Verfahrens die Unterlassung der Beischaffung des Sozialversicherungsakts der Frau. Allerdings hat das Erstgericht bereits aufgrund der Beilage ./F, wonach die Frau keine der Wartezeitbestimmungen des BSVG erfüllt und daher keinen Pensionsanspruch hat, entsprechende Feststellungen getroffen; das Berufungsgericht hat die Nichtbeischaffung des Akts nicht als Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens qualifiziert. Daran ist der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, gebunden. Ein (fiktives) Eigeneinkommen der Frau aus Pensionsleistungen liegt somit nicht vor.

b) Die Vorinstanzen meinten, die Ansprüche der Streitteile gegenüber ihrem Sohn Thomas aus dem Übergabsvertrag seien unterhaltsrechtlich neutral, stünden sie doch beiden in gleicher Höhe zu. Dies ist aber bereits rechnerisch verfehlt, würde sich doch der Unterhaltsanspruch der Frau (ohne Berücksichtigung der Kosten der freiwilligen Weiterversicherung) bereits auf etwa 660 EUR erhöhen, wenn man einerseits an fiktiven Eigeneinkünften der Frau 200 EUR annähme und andererseits die Bemessungsgrundlage des Mannes um denselben Betrag erhöhte (die Leistungen des Sohnes wurden mit 2.000 ATS ab Pensionsantritt des Mannes vereinbart, das wären unter Berücksichtigung der Inflation rund 200 EUR).

Diese (vom Obersten Gerichtshof derzeit nur schätzbaren) Werte wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren mit den Parteien zu erörtern und Feststellungen dazu zu treffen haben.

c) Ein nach § 69 Abs 2 EheG unterhaltsberechtigter (geschiedener) Ehegatte ist insofern gegenüber einem nach § 66 EheG berechtigten privilegiert, als er nicht auf zumutbarer Weise erzielbare Einkünfte angespannt werden kann (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 69 EheG Rz 6); ebenso wenig braucht der Unterhaltsberechtigte seinen Vermögensstamm anzugreifen. Verfügt er jedoch über Vermögenswerte, muss er sich sowohl tatsächlich erzielte als auch vertretbarer Weise erzielbare Erträgnisse daraus anrechnen lassen (Gitschthaler aaO Rz 11).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen werfen zwei im Eigentum der Frau stehende Liegenschaften für sie keine Pachteinnahmen ab. Nach den dargelegten Rechtsgrundsätzen wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen haben, ob die Frau nicht vertretbarer Weise Pachteinnahmen lukrieren könnte; bejahendenfalls wären diese als ihre Eigeneinkünfte zu berücksichtigen.

2.2. Die Vorinstanzen stellten weiters fest, die Frau bewohne weiterhin das mittlerweile an den gemeinsamen Sohn übergebene Haus, der Mann hingegen ein von diesem Sohn neu errichtetes Haus. Dem im Akt erliegenden Übergabsvertrag ist zu entnehmen, dass diese Wohnmöglichkeiten offenbar einen Teil des vom Sohn zu leistenden Entgelts für die Übergabe der Landwirtschaft darstellen. Damit handelt es sich aber offensichtlich nicht um freiwillige Leistungen des Sohnes an seine Eltern, die nach der jüngeren Rechtsprechung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen (unterhaltsrechtlich) unbeachtlich sein sollen (6 Ob 5/04k; 10 Ob 96/05y EFSlg 110.225; 10 Ob 8/07k EF-Z 2007/83 [Gitschthaler]; 7 Ob 99/09y), sondern um geldwerte Leistungen, die dem Mann aufgrund eigener Ansprüche zufließen (stRsp, siehe 6 Ob 18/98k). Auf Seiten der unterhaltsberechtigten Frau wäre zu berücksichtigen, dass sich ihr Unterhaltsanspruch infolge Deckung ihres Wohnbedarfs reduziert (vgl ausführlich Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 94 ABGB Rz 6 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; RIS-Justiz RS0047254); dadurch wäre ihr Unterhaltsanspruch - unter Berücksichtigung des fiktiven Mietwerts ihrer Wohngelegenheit - um bis zu ¼ zu mindern (jüngst 4 Ob 42/10w EF-Z 2010/133; LG Wels EFSlg 122.627; Gitschthaler aaO Rz 260).

Auch diese - vom Obersten Gerichtshof erstmals ins Verfahren eingeführten - rechtlichen Gesichtspunkte wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren mit den Parteien zu erörtern haben. Nach Feststellung der angesprochenen Wohnwerte wird das Erstgericht einerseits die Unterhaltsbemessungsgrundlage um den Wohnwert auf Seiten des Mannes zu erhöhen und andererseits den Unterhaltsanspruch der Frau um maximal ¼ zu reduzieren haben.

3. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen trägt die Frau seit 5. 2. 2010 die Kosten für ihre freiwillige Weiterversicherung in der Krankenversicherung in Höhe von monatlich 66,94 EUR. Nach § 69 Abs 2 EheG umfasst der Unterhaltsanspruch jedenfalls auch den Ersatz dieser Beiträge, wenn der Berechtigte nur über Mittel verfügt, die unter dem - unter sinngemäßer Anwendung des § 292b Z 1 EO nach dem Ausgleichszulagenrichtsatz zu ermittelnden - Existenzminimum liegen (7 Ob 170/06k; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 69 EheG Rz 17).

Ginge man im vorliegenden Fall - wie die Vorinstanzen dies zu Unrecht (vgl 2.) taten - nur von den Pensionseinkünften des Mannes in Höhe von 1.781,02 EUR und fehlenden Eigeneinkünften der Frau aus, lägen die Voraussetzungen für einen zusätzlichen Zuspruch der Kosten der freiwilligen Weiterversicherung der Frau vor. Dieser stünden nämlich 33 % der Pension (vgl 1.), also rund 590 EUR zu, womit einerseits ihr Existenzminimum nicht erreicht würde, andererseits aber auch die Belastbarkeitsgrenze des Mannes, die mit dem einkommensabhängigen Unterhaltsexistenzminimum anzusetzen wäre (vgl 1 Ob 160/10z [verstSenat] EF-Z 2010/107), nicht unterschritten würde.

Ob dies nach Verbreiterung der Unterhaltsbemessungsgrundlage auf Seiten des Mannes und Berücksichtigung (fiktiver) Einkünfte auf Seiten der Frau (vgl 2.) weiterhin der Fall sein wird, lässt sich derzeit noch nicht verlässlich abschätzen. Das Erstgericht wird jedoch auch diese Frage mit den Parteien zu erörtern und sie anhand der dargelegten Grundsätze zu beurteilen haben.

4. Damit war beiden Revisionen Folge zu geben und die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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