OGH 7Ob303/00k

OGH7Ob303/00k14.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Richard G*****, vertreten durch Dr. Birgit Bichler-Tschon und Mag. Sabine Putz-Haas, Rechtsanwältinnen in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Ilse G*****, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. September 2000, GZ 42 R 226/00x-37, womit der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. März 2000, GZ 3 C 82/98d-31, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der Klage begehrte der Kläger die Scheidung der (bereits zweiten) Ehe der Streitteile aus dem alleinigen Verschulden der Beklagten (nach § 49 EheG), in eventu, gemäß § 55 Abs 1 EheG, weil die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit mehr als drei Jahren aufgehoben sei, wobei das Verschulden an der Zerrüttung die Beklagte allein treffe.

Die Beklagte erklärte, sich gegen eine Scheidung auszusprechen, "ausgenommen gegen eine Scheidung gemäß § 55 Abs 1 EheG aus dem alleinigen Verschulden des Klägers", der sie 1995 "zugunsten seiner Freundin" verlassen habe. Sie selbst habe sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Nachdem das Erstgericht am 10. 11. 1999 den Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet hatte, fasste es am 20. 3. 2000 den Beschluss auf Wiedereröffnung des Verfahrens. In der darauf am 22. 3. 2000 durchgeführten Verhandlung sprach sich die Klagevertreterin gegen die Wiedereröffnung aus, da diese nur dazu diene, der Beklagten die Möglichkeit zu geben, eine versäumte Prozesshandlung nachzuholen. Nach Erörterung, "dass eine Verschuldensscheidung gemäß § 49 EheG primär und nur subsidiär das Begehren gemäß § 55 EheG" gestellt worden sei, erklärte die beklagte Partei unter Hinweis auf ihr Vorbringen eines "böswilligen Verlassens" durch den Kläger "nunmehr einen Mitverschuldensantrag" zu stellen.

Das Erstgericht schied die Ehe der Streitteile, wobei es aussprach, dass das überwiegende Verschulden den Kläger treffe. Bei diesem sei die Zerrüttung der Ehe subjektiv schon vor 1995 eingetreten, weil er einige Jahre zuvor immer mehr das Interesse am Zusammenleben mit der Beklagten gänzlich verloren habe. Bei der Beklagten sei die Zerrüttung mit der Hinnahme des klägerischen Wunsches, ausziehen zu wollen, eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt sei die Ehe auch tatsächlich objektiv zerrüttet gewesen. Die Ursachen der Zerrüttung seien in erster Linie beim Kläger zu suchen, der sich zusehends und letztlich gänzlich von der Beklagten abgewandt habe, um nur seinen eigenen Interessen nachzugehen. Der Beklagten sei jedoch der Vorwurf zu machen, dass sie diese Ablehnung nach einiger Zeit hingenommen habe, um ebenfalls, wenn auch nicht in dem gleichen Ausmaß wie der Kläger, ihren eigenen Interessen nachzugehen; allerdings habe sie im Gegensatz zum Kläger anfänglich noch versucht, ihn darin einzubinden, was aber der Kläger immer mehr und mehr deutlich abgelehnt habe. Da die Streitteile (einander bereits) zum zweiten Mal geheiratet hätten, seien dem Kläger schon vor der zweiten Eheschließung sowohl die seinen Vorstellungen konträr zuwiderlaufenden Interessen der Beklagten, als auch deren vegetarische Lebensweise und auch ihre körperliche Unvollkommenheit, den von ihm geliebten Sportarten nachzugehen, bekannt gewesen. Während der zweiten Ehe sei für ihn störend nur die platonische Freundschaft der Beklagten zu Mag. Christoph C***** hinzugekommen, wobei er aber nie zum Ausdruck gebracht habe, dass ihn dies störe. Da sich die Kommunikation des Klägers mit der Beklagten nur mehr auf zynische Bemerkungen beschränkt habe, könne dieser ihre letztlich gegenüber dem Kläger eingetretene Gleichgültigkeit nur als geringeres Verschulden angelastet werden, während das Fehlverhalten des Klägers wesentlich schwerwiegender gewesen sei. Die Ehe sei daher aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers zu scheiden gewesen. Da der Kläger die Scheidung nach § 49 EheG angestrebt und nur bei Abweisung dieses Begehrens ein Scheidungsbegehren nach § 55 Abs 1 EheG erhoben habe und die Erklärung des Beklagten ON 7 (dass sich der Kläger der Beklagten gegenüber insbesondere im Jahre 1995 immer liebloser und desinteressierter verhalten und sie schließlich zugunsten seiner Freundin verlassen habe, während sie sich selbst nichts zu Schulden kommen lassen habe) nur auf die letztbezogene Bestimmung abgestellt erscheine, sei das Verfahren wieder zu eröffnen und von Amts wegen auf eine Vervollständigung des Tatsachenvorbringens zu dringen gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Das Berufungsgericht ging - ausdrücklich (s S 1 des angefochtenen Urteils) - davon aus, dass das Erstgericht die Ehe der Streitteile gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden und gemäß § 61 Abs 3 EheG das überwiegende Verschulden des Klägers an der Ehezerrüttung ausgesprochen habe. Einen betreffenden "Schuldantrag" habe die Beklagte erkennbar gestellt; im Übrigen liege bereits im Widerspruch gegen die Scheidung ein Antrag auf Schuldigerklärung des Klägers im Sinne des § 61 Abs 3 EheG. Nach dieser Gesetzesstelle komme es bei der Beurteilung des Verschuldens allein darauf an, ob dem Kläger eine Schuld an der Zerrüttung der Ehe anzulasten sei und ob, falls beiden Eheleuten ein Verschulden an der Zerrüttung vorzuwerfen sei, die Schuld des Klägers eindeutig überwiege. Hingegen komme es beim Verschuldensausspruch nicht darauf an, ob ein Scheidungstatbestand verwirklicht worden sei oder nicht. Schlussendlich sei es am Kläger gelegen, dass die Ehe auch objektiv als unheilbar zerrüttet angesehen werden müsse, weil er durch seinen Auszug aus der ehelichen Wohnung auch nach außen hin ein deutliches Zeichen gesetzt habe, dass er die eheliche Gemeinschaft nicht mehr fortzusetzen gedenke. Damit träten aber die vom Erstgericht auch der Beklagten angelasteten Eheverfehlungen in den Hintergrund, sodass nach Abwägung aller Umstände des Verlaufs der Ehe der Streitteile der Schuldausspruch des Erstgerichts zu bestätigen gewesen sei.

Soweit sich der Kläger unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gegen die seines Erachtens zu Unrecht erfolgte amtswegige Wiedereröffnung des Verfahrens wende, sei auszuführen, dass er es unterlassen habe, "diese Entscheidung des Erstgerichtes mit dem gegenständlichen Urteil zu bekämpfen (§§ 194, 195 ZPO)". Das Berufungsgericht sei daher mangels Anfechtung des Wiedereröffnungsbeschlusses nicht verpflichtet, die Richtigkeit der Wiedereröffnung in dieser Berufungsentscheidung zu überprüfen (§ 462 Abs 2 ZPO). Darüber hinaus habe die Wiedereröffnung keine Auswirkungen auf das Verfahrensergebnis gehabt.

Ohne dies weiter zu begründen, sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, der die Revisionsgründe der Nichtigkeit, der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend macht und beantragt, das Berufungsurteil im Sinne eines alleinigen Verschuldens der Beklagten gemäß § 49 EheG oder im Sinne einer Scheidung gemäß § 55 Abs 1 EheG ohne Verschuldensausspruch abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revision ist, wie die folgenden Erörterungen zeigen werden, entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber macht zutreffend geltend, dass die Annahme des Berufungsgerichtes, das Erstgericht habe die Ehe der Streitteile gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden und einen Verschuldensausspruch nach § 61 Abs 3 EheG getroffen, unrichtig bzw aktenwidrig ist.

Ein Kläger, der sich auf mehrere Scheidungsgründe beruft, hat die Wahl, ob er sie gleichwertig nebeneinander oder aber in bestimmter Reihenfolge geltend machen will. An die gewählte Reihenfolge sind die Gerichte gebunden (RIS-Justiz RS0056372). Werden Ehescheidungsgründe nach § 49 EheG und § 55 EheG nebeneinander geltend gemacht, dann ist nach hM mangels gegenteiliger Erklärung des Klägers in erster Linie über den Klagegrund nach § 49 EheG zu entscheiden, weil in diesem Fall die rechtliche Stellung des obsiegenden Klägers günstiger ist (Schwind in Klang2 I/1, 816; Hopf/Kathrein, Eherecht, Anm 4 zu § 46 EheG; SZ 43/150; EFSlg 54.685; EFSlg 57.078; RIS-Justiz RS0056377; RS0056543; zuletzt etwa 2 Ob 81/97v).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber ohnehin schon in der in der Klage eine klare Reihung vorgenommen: er hat in erster Linie (Hauptbegehren) ausdrücklich die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten (wegen schwerer Eheverfehlungen gemäß § 49 EheG) begehrt und nur in eventu ein Scheidungsbegehren auch nach § 55 Abs 1 EheG gestellt. Demnach hatte das Erstgericht zunächst über das Hauptbegehren zu entscheiden und hätte nur im Falle der Abweisung des Hauptbegehrens auf das Eventualbegehren einzugehen gehabt. Dafür bestand allerdings für das Erstgericht kein Anlass, da es - wie seinen rechtlichen Ausführungen eindeutig zu entnehmen ist, auch wenn dort die §§ 49, 60 Abs 3 EheG nicht erwähnt werden - dem Hauptbegehren stattgab, wobei es einen Verschuldensausspruch nach § 60 Abs 3 EheG traf. Dies wird insbesondere auch durch die Ausführungen zu der vom Erstgericht vorgenommenen Wiedereröffnung des Verfahrens (S 12 des Ersturteils) deutlich: weil die Erstrichterin glaubte, der Beklagten Gelegenheit geben zu müssen, einen ihrer Meinung nach auch nicht konkludent erhobenen Mitschuldantrag gemäß § 60 Abs 3 EheG zu stellen, sah sie sich zur Wiedereröffnung des Verfahrens veranlasst. Ausdrücklich wird im Ersturteil in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass "der Kläger die Scheidung von der Beklagten nach § 49 EheG anstrebt und nur bei Abweisung dieses Begehrens ein Scheidungbegehren nach § 55 Abs 1 EheG erhob". Keine Rede kann daher davon sein, dass das Ersturteil hinsichtlich des Scheidungsgrundes - wie der Revisionswerber hilfsweise für den Fall, dass die von ihm geltend gemachte Aktenwidrigkeit nicht vorläge - behauptet, im Sinn des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO mangelhaft wäre. Auch eine Nichtigkeit der Berufungsentscheidung aus dem Grunde des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist entgegen der Meinung des Revisionswerbers nicht gegeben. Das Gericht zweiter Instanz hat vielmehr seinen Entscheidungswillen klar zum Ausdruck gebracht, wobei es aber aktenwidrig davon ausgegangen ist, dass das Erstgericht eine Scheidung nach § 55 Abs 1 EheG vorgenommen und einen Verschuldensausspruch nach § 61 Abs 3 EheG getätigt hätte. Aufgrund dieser seiner aktenwidrigen Annahme, die jedoch keinen Verstoß gegen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO bedeutet (vgl 8 Ob 619/85), hat das Berufungsgericht das Ersturteil nicht entsprechend überprüft, sondern lediglich in Richtung §§ 55 Abs 1 und 61 Abs 3 EheG untersucht, wobei dem Erstgericht fälschlich unterstellt wurde, ein Verschulden der Beklagten gemäß § 49 EheG bzw ein Mitverschulden des Klägers aufgrund von Eheverfehlungen im Sinne des § 60 Abs 3 EheG verneint und lediglich ein Zerrüttungsverschulden im Sinne des § 61 Abs 3 EheG bejaht zu haben.

Dazu kommt noch, dass das Berufungsgericht - wie in der Revision ebenfalls zu Recht bemängelt wird - es abgelehnt hat, über die in der Berufung zum Ausdruck gebrachte Bekämpfung des erstinstanzlichen Beschlusses auf Wiedereröffnung des Verfahrens zu entscheiden. Nach herrschender Meinung ist der Beschluss auf Wiedereröffnung der Verhandlung nicht gesondert anfechtbar (Fucik in Rechberger**2 Rz 3 zu § 194 ZPO mwN), sondern kann - jedenfalls - auch erst mit der Endentscheidung bekämpft werden (vgl RIS-Justiz RS0041614). Vom Kläger, der die Wiedereröffnung der Verhandlung sofort ausdrücklich gerügt hat (s Verhandlungsprotokoll ON 30, AS 155), wurde der betreffende Beschluss des Erstgerichtes in der Berufung bekämpft; der Kläger hat eingangs seiner Rechtsrüge ausgeführt und näher erläutert, warum die Wiedereröffnung der Verhandlung seiner Ansicht nach zu Unrecht erfolgt sei. Dass der Kläger diese Kritik im Rahmen seiner Berufung äußert und keinen förmlichen Rekurs erhoben hat, kann - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes, das dies offenbar für notwendig hält - jedenfalls nicht schaden, da die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels oder von Gründen unerheblich ist, wenn nur - wie hier - das Begehren deutlich erkennbar ist (§ 84 Abs 2 ZPO; Gitschthaler in Rechberger**2 Rz 8 zu §§ 84, 85 ZPO mwH). Die vom Berufungsgericht noch geäußerte Meinung, im Übrigen habe die Wiedereröffnung der Verhandlung (zur Erstattung eines Mitschuldantrags gemäß § 60 Abs 3 EheG) ohnehin keine Auswirkungen auf das Verfahrensergebnis gehabt, basiert auf der - wie bereits betont - aktenwidrigen Annahme, das Erstgericht habe die Ehe der Streitteile gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden (weshalb nur die Frage des Zerrüttungsverschuldens zu prüfen, nicht aber der schließlich von der Beklagten ausdrücklich gestellte Mitschuldantrag gemäß § 60 Abs 3 EheG zu erörtern gewesen sei). Das Berufungsgericht wird sich daher mit der Rüge des Klägers an der Wiedereröffnung der Verhandlung zu befassen haben, wobei es diese auch unter dem Gesichtspunkt einer allenfalls zu verneinenden Beschwer des Klägers zu prüfen haben wird (vgl zuletzt 7 Ob 28/99i sowie Gruber in Schwimann ABGB**2 § 60 EheG Rz 19).

Dies wird es im fortgesetzten Verfahren ebenso nachzuholen haben wie es die Einwände des Rechtsmittelwerbers gegen die vom Erstgericht gemäß § 49 EheG ausgesprochene Scheidung samt dem Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens des Klägers nach § 60 Abs 3 EheG zu überprüfen haben wird.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die vom Berufungsgericht (allein) in Erledigung des Rechtsmittels des Klägers (im Sinne einer Abänderung) vorgenommene "Umdeutung" der vom Erstgericht ausgesprochenen Verschuldensscheidung gemäß § 49 EheG mit einem Ausspruch nach § 60 Abs 3 EheG in eine Scheidung gemäß § 55 Abs 1 EheG mit einem Ausspruch gemäß § 61 Abs 3 EheG einen Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius bedeutete: Ändert sich doch im Fall der Scheidung der Ehe nach § 55 Abs 1 EheG mit einem Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG am Rechtsgrund eines weiterhin bestehenden Unterhaltsanspruches des im Scheidungsverfahren beklagten Ehegatten nichts. Dieser wird durch § 69 Abs 2 EheG unterhaltsrechtlich so gestellt, "wie wenn die Ehe nicht geschieden wäre" (JAB 916 BlgNR 14. GP 2; Pichler in Rummel2 Rz 3 zu § 69 EheG; Zankl in Schwimann2 I Rz 3 zu § 69 EheG; Hopf/Kathrein, aaO Anm 3 zu § 69 EheG; EvBl 1982/127; 2 Ob 565/94 = EFSlg 78.708). Durch die Bestimmung des § 69 Abs 2 EheG sollte der beklagte Ehegatte besser als nach § 66 EheG gestellt werden (EB zur RV 289 BlgNR 14. GP 8; Zankl aaO Rz 4). Dadurch sollte sichergestellt werden, dass in den dort genannten Fällen der bisherige Unterhalt des gegen seinen Willen geschiedenen Ehegatten keine Schmälerung erfährt (SZ 53/57). Der Anspruch nach dieser Gesetzesstelle ist gegenüber dem nach § 66 EheG "privilegiert", weil nach letzterer Bestimmung sich der Unterhaltsberechtigte Einkünfte aus Vermögen und einer zumutbaren Erwerbstätigkeit anrechnen lassen muss, während dies nach § 69 Abs 2 EheG nur dann vorgesehen ist, wenn schon nach § 94 ABGB Verweisung auf eine Erwerbstätigkeit Platz griffe (Pichler in Rummel2 Rz 5 zu § 69 EheG; Hopf/Kathrein, aaO Anm 6 zu § 69 EheG; 2 Ob 565/94). Entgegen der von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung geäußerten Ansicht ("Scheidung ist Scheidung") wäre der Kläger durch eine vom Berufungsgericht unterstellte Scheidung gemäß § 55 Abs 1 EheG mit einem Ausspruch gemäß § 61 Abs 3 EheG daher schlechter gestellt als durch die vom Erstgericht tatsächlich getroffene Entscheidung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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