OGH 8ObA76/08x

OGH8ObA76/08x16.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Spenling, die Hofrätin Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Hutterer und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Edeltraud B*****, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ö***** GmbH, *****, vertreten durch Pallauf Pullmann Meißnitzer & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 1.004,94 EUR brutto sA und 7.159,07 EUR netto sA, über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. September 2008, GZ 12 Ra 19/08p-33, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Dezember 2005, GZ 17 Cga 165/04a-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig der beklagten Partei die mit 742,30 EUR (darin 123,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 1. 10. 1987 bis 31. 10. 2000 bei der beklagten Partei, deren alleiniger Geschäftsführer ihr Exgatte war, als Angestellte beschäftigt. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der beklagten Partei wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 9. 9. 2005 geschieden.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 7. 9. 2004 eingebrachten Klage aus dem Dienstverhältnis zur beklagten Partei insgesamt den Betrag von 8.164,03 EUR bestehend aus Abfertigung im Ausmaß von 3 Monatsentgelten (1.004,94 EUR brutto) sowie Kilometergeld und Diäten (7.159,09 EUR netto).

Die beklagte Partei bestritt und wendete unter anderem Verjährung ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Rechtlich folgerte es, dass nach § 1495 ABGB hinsichtlich von Ansprüchen zwischen Ehegatten, solange diese in ehelicher Verbindung stehen, die Verjährung weder anfangen noch fortgesetzt werden könne. Zu diesen Ansprüchen seien nicht nur die Unterhaltsansprüche des anderen Ehegatten, sondern sämtliche Ansprüche aus Schuldverhältnissen zu zählen. Der Grund für diese Regelung liege nach herrschender Ansicht darin, dass familienrechtliche Beziehungen Rücksichten auferlegten, die die Geltendmachung von Rechten und Pflichten erschweren; der Familienfriede solle nicht gestört werden. Die Ansprüche der Klägerin aus dem im Jahr 2000 beendeten Dienstverhältnis zur beklagten Partei seien sohin nicht verjährt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Urteil im klageabweisenden Sinn ab. Seine rechtliche Beurteilung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Den Ausführungen der Berufungswerberin, dass § 1495 ABGB hier nicht anwendbar sei, weil es nicht um Ansprüche zwischen Ehegatten gehe, sei beizupflichten. Gemäß § 1495 Satz 1 ABGB könne zwischen Ehegatten, solange sie in ehelicher Verbindung stehen, die Ersitzung oder Verjährung weder anfangen noch fortgesetzt werden. Diese Verjährungshemmung gelte grundsätzlich für alle Forderungen zwischen Ehegatten (RIS-Justiz RS0034679 [T4]).

Im vorliegenden Fall gehe es aber nicht um Ansprüche oder Forderungen zwischen Ehegatten, sondern um Ansprüche aus einem Dienstverhältnis zu einer juristischen Person, deren Geschäftsführer (und Gesellschafter) der frühere Ehegatte der Klägerin gewesen sei. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sei die Verjährungshemmung auf das vorliegende Dienstverhältnis jedenfalls nicht anwendbar. Die Klägerin vertrete in der Berufungsbeantwortung die Auffassung, dass die Verfolgung ihrer Rechte aufgrund der dominierenden Stellung ihres damaligen Ehegatten bei aufrechter Ehe unzumutbar gewesen sei, weil dadurch der Familienfrieden gestört worden wäre. Die Klagsführung gegen eine juristische Person als Arbeitgeber, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der Ehegatte sei, sei genauso unzumutbar wie in den Fällen des § 1495 Satz 1 ABGB. Die teleologische Interpretation führe dazu, dass auch ein arbeitsrechtlicher Anspruch eines Ehegatten gegenüber einer derartigen GmbH der Verjährungshemmung unterliege. Darauf sei zu entgegnen, dass die im Einzelfall gebotene objektiv teleologische Auslegung jedenfalls durch den äußerst möglichen Wortsinn der gesetzlichen Regelung gedeckt sein müsse (SZ 64/26 mwN; Posch in Schwimann ABGB3 § 6 Rz 22; 3 Ob 17/94 mwN). Der Gesetzeswortlaut des § 1495 ABGB sei völlig eindeutig und unmissverständlich, er statuiere die Hemmungswirkung nur zwischen Ehegatten und anderen in dieser Bestimmung genannten natürlichen Personen. Auf die von der Berufungsgegnerin ins Treffen geführte Unzumutbarkeit der Klagsführung gegen die GmbH eines Ehegatten komme es nicht an. So habe der Oberste Gerichtshof in einem Fall, in dem die Streitteile zwar in aufrechter Ehe, aber bereits nahezu zwei Jahrzehnte getrennt gelebt hätten und die Gattin bereits vor zwei Jahrzehnten ihren Mann auf Unterhalt geklagt und Exekution geführt hatte, eine teleologische Reduktion des § 1495 Satz 1 ABGB unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Klags- oder Exekutionsführung abgelehnt: Auf die Zumutbarkeit der Geltendmachung der Ansprüche, weil noch oder nicht mehr auf familienrechtliche Beziehungen Rücksicht zu nehmen sei, komme es nicht an. Das vorrangige Interesse der Rechtssicherheit gebiete die strikte Einhaltung der Vorschrift. Würde man unter Beachtung des Schutzzwecks des Berechtigten auf die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Geltendmachung abstellen, müsste man die Unzumutbarkeit und damit auch die Verjährungshemmung wohl auch Lebensgefährten bei aufrechter Lebensgemeinschaft zuerkennen (3 Ob 17/94; 8 ObA 67/97d).

Diese Grundsätze seien auch auf den vorliegenden Fall übertragbar: Wenn es für die Anwendbarkeit des § 1495 Satz 1 ABGB nicht auf die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Geltendmachung der Ansprüche zwischen Ehegatten ankomme (sondern nur auf den aufrechten Bestand der Ehe zwischen den Anspruchsgegnern), gelte dies umso mehr für Ansprüche zwischen einem Ehegatten und einer vom anderen Ehegatten dominierten juristischen Person. Damit falle aber das einzige Argument, mit dem sich im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit dieser Bestimmung rechtfertigen ließe, weg. Im Übrigen wäre die Auffassung der Klägerin auch mit dem im GmbH-Recht geltenden Trennungsgrundsatz nicht vereinbar (dazu Umfahrer, GmbHG4, Rz 6 mwN; Koppensteiner/Rüffler 3, Rz 24 zu § 61 mwN). Somit bleibe es bei der Verjährungsfrist von 3 Jahren nach § 1486 Z 5 ABGB, die zum Zeitpunkt der Klagseinbringung (7. 9. 2004) bereits abgelaufen gewesen sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob § 1495 ABGB auch auf Ansprüche gegenüber juristischen Personen anwendbar sei, die vom anderen Ehegatten dominiert werden, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs existiere.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat die hier zur Beurteilung stehende Rechtsfrage zutreffend gelöst, sodass auf seine rechtliche Beurteilung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin Folgendes entgegenzuhalten:

Der Grund für die Bestimmung des § 1495 ABGB liegt nach herrschender Ansicht darin, dass familienrechtliche Beziehungen Rücksichten auferlegen, welche die Geltendmachung von Rechten und Pflichten erschweren; der Familienfriede soll nicht gestört werden (M. Bydlinski in Rummel ABGB3 § 1495 Rz 1 mwN). Zwischen Ehegatten ist die Verjährung gehemmt, so lange die Ehe aufrecht ist (M. Bydlinski aaO Rz 2; Mader/Janisch in Schwimann ABGB3 § 1495 Rz 1; Reischauer, Zur Verjährungshemmung nach § 1495 Satz 1 ABGB, JBl 1991, 559 [561]; Koziol/Welser I13 231; Dehn in KBB2 § 1495 Rz 1). Unbeachtlich ist hingegen, ob die häusliche Gemeinschaft weiter besteht bzw die Klagsführung zumutbar ist (3 Ob 17/94 = SZ 67/62 mit ausführlicher Auseinandersetzung auch zur deutschen und Schweizer Lehre; Mader/Janisch aaO). Die Verjährungshemmung gilt grundsätzlich für alle Forderungen zwischen Ehegatten mit Ausnahme der in Satz 2 genannten Abgeltung an der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten (SZ 67/62 mwN; Mader/Janisch aaO Rz 2), selbst für Ansprüche aus Arbeitsverträgen zwischen den Ehegatten (8 ObA 250/95; M. Bydlinski aaO Rz 2 mwN).

Die von der Rechtsmittelwerberin angestrebte analoge Anwendung der zitierten Bestimmung auf den vorliegenden Fall scheitert - worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat - am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung, die nur Ansprüche „zwischen Ehegatten" erfasst. Soweit die Rechtsmittelwerberin unter Hinweis auf Eypeltauer, RZ 1991, 26, vermeint, dass die ratio der zitierten Vorschrift einem Analogieschluss nicht entgegenstehe, wenn zwischen den Beteiligten eine persönliche Beziehung bestehe, die jener der zwischen den in § 1495 ABGB genannten Personen entspreche, übergeht sie, dass der genannte Autor eine analoge Anwendung des § 1495 Satz 1 ABGB lediglich auf Lebensgemeinschaften und für die Zeit des Verlöbnisses bejaht, zur hier vorliegenden Problematik aber gerade nicht Stellung nimmt (aaO 28 f).

Die Rechtsmittelwerberin bestreitet auch nicht, dass eine GmbH als juristische Person gemäß § 61 Abs 1 GmbHG selbständiger Rechte- und Pflichtenträger ist und zwischen ihr und ihren Gesellschaftern daher strikt zu unterscheiden ist. Soweit die Rechtsmittelwerberin die Auffassung vertritt, dass Rechtsverhältnisse der Gesellschaft im Einzelfall durchaus den Gesellschaftern zugeordnet werden können, zumal bei einer Ein-Mann-Gesellschaft nicht zu erkennen sei, dass eine Gesellschaft ein von den Interessen ihres einzigen Gesellschafters unterscheidbares Interesse haben könne, ist hierauf schon deshalb nicht einzugehen, weil die Rechtsmittelwerberin insoweit nicht vom maßgeblichen Sachverhalt ausgeht. Aus den Feststellungen ergibt sich nämlich lediglich, dass der frühere Ehegatte der Klägerin alleiniger Geschäftsführer der Arbeitgeber-GesmbH war. Weitere rechtliche Argumente, die für ihren Standpunkt sprechen, vermag die Rechtsmittelwerberin aber nicht ins Treffen zu führen. Ihrer Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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