European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00057.16Y.0922.000
Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten
Dominik S***** der (richtig:) Vergehen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (A./I./), des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A./II./) sowie der Vergehen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 erster und zweiter Fall, 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB (A./III./), des Betrugs nach § 146 StGB (A./IV./ und B./), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A./V./1./ und A./VII./), nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (A./V./2./), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (A./VI./ und D./) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C./I./ und II./),
Roberto T***** der Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB (B./) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C./II./) sowie
Markus P***** der Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB (B./), des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C./II./), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (E./) und der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 (zu ergänzen:) erster Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 (US 21 zweiter Absatz; F./) schuldig erkannt.
Danach haben im Großraum K***** und I*****
A./ Dominik S*****
I./ zwischen Frühling 2014 und Spätsommer 2015 dadurch, dass er unter Abzug eines Anteils für den Eigenbedarf den Großteil einer von Tamino Pa***** in dieser Zeit erworbenen Gesamtmenge von ca 1.500 Gramm Cannabis, zumindest jedoch 1.000 Gramm Cannabis mit einem Reinheitsgehalt von acht Prozent (also mindestens 80 Gramm THC) an namentlich nicht bekannte Dritte weitergab, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, wobei er an Suchtmittel gewöhnt war und die Straftaten vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen;
II./ zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Ende August 2015 Tamino Pa***** durch Gewalt eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er den Genannten im Keller von dessen Wohnhaus angriff, zu Boden riss und ihm 60 Gramm Cannabis (THC‑hältig) im Wert von 600 Euro wegnahm;
III./ fremde bewegliche Sachen anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar
1./ am 24. Oktober 2015 Gewahrsamsträgern des Unternehmens „H*****“ ein Paar Turnschuhe im Wert von 99,99 Euro;
2./ indem er nicht ausgeforschte Täter bestimmte, Anfang August 2015 in J***** Benjamin G***** ca 160 Gramm THC‑hältiges Marihuana im Wert von ca 1.600 Euro wegzunehmen, wobei sie durch Aufdrücken eines Kellerfensters in das Wohngebäude des Genannten einbrachen;
IV./ zwischen Frühjahr 2014 und Anfang Dezember 2015 in einer Mehrzahl von Tathandlungen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Florian M*****, Stefan W*****, Fabiano K***** und mehrere weitere unbekannte Personen, durch die wahrheitswidrige Vorgabe, er werde ihnen für die Hingabe bestimmter Geldbeträge entsprechende Suchtgiftmengen liefern, jeweils zu Handlungen, nämlich zur Übergabe von insgesamt zumindest 3.000 Euro an ihn verleitet, wodurch die Genannten insgesamt in diesem Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt wurden;
V./ am 16. Oktober 2015
1./ Fabiano K***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er mit einem Teleskopschlagstock mehrfach gegen dessen Kopf, Schulter und Schienbein schlug, wodurch der Genannte eine Rissquetschwunde am Kopf, ein Hämatom an der Schulter und Abschürfungen am Unterschenkel erlitt;
2./ durch Innehabung des zu A./V./1./ angeführten Teleskopschlagstocks eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 6 WaffG) unbefugt besessen;
VI./ am 24. Oktober 2015 unmittelbar nach der zu (zu ergänzen:) A./III./1./ beschriebenen Tat Mario B***** mit Gewalt daran gehindert, den Sicherheitsdienst zu rufen und ihn somit zu einer Unterlassung genötigt, indem er ihn verprügelte;
VII./ durch die zu (zu ergänzen:) A./VI./ beschriebene Tat Mario B***** vorsätzlich (US 11) am Körper verletzt, indem er ihm durch Faustschläge und Tritte Quetschrisswunden am Ohrläppchen und an der Oberlippe sowie eine Prellung am linken Rippenbogen zufügte;
B./ Dominik S*****, Roberto T***** und Markus P***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) zu einem unbekannten Zeitpunkt Ende September/Anfang Oktober 2015 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Christoph L***** durch die wahrheitswidrige Behauptung, Dominik S***** würde ihm gleich 3.000 Euro übergeben, also durch Täuschung über Tatsachen, zur Übergabe von 270 Gramm nassem Marihuana somit zu einer Handlung verleitet, welche Christoph L***** an seinem Vermögen schädigte;
C./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich THC‑hältiges Cannabis, zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar
I./ Dominik S***** das zu A./II./ angeführte Cannabis (60 Gramm) und 20 Gramm Marihuana aus der Beute des zu A./III./2./ angeführten Einbruchs;
II./ Dominik S*****, Roberto T***** und Markus P***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) durch die unter B./ angeführte Tat 270 Gramm Cannabis;
D./ Dominik S***** unmittelbar nach der zu B./ beschriebenen Tat Christoph L*****, der die Angeklagten daran hindern wollte, ohne Bezahlung mit der Ware wegzufahren und sich deswegen am Auto des Markus P***** festklammerte, mit Gewalt zur Aufgabe dieses Versuchs genötigt, indem er mit der Faust gegen dessen Schädel schlug;
E./ Markus P***** unmittelbar nach der zu B./ beschriebenen Tat Christoph L*****, der die Angeklagten daran hindern wollte, ohne Bezahlung mit der Ware wegzufahren und sich deswegen am Auto des Markus P***** festklammerte, mit Gewalt zur Aufgabe dieses Versuchs genötigt, indem er den Wagen beschleunigte;
F./ Markus P***** durch die zu E./ beschriebene Tat Christoph L***** fahrlässig am Körper verletzt, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich Schürfwunden am linken Ellbogen und am linken Knie, die erst nach mehr als zwei Monaten verheilten, zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 7, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft in Ansehung aller drei Angeklagten, mit der die Schuldsprüche A./III./1./, A./VI./, A./VII./, B./, D./, E./ und F./ bekämpft werden.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung der Schuldsprüche A./III./1./, VI./ und VII./ (betreffend den Angeklagten Dominik S*****) :
Der auf eine rechtliche Beurteilung des hiezu angeklagten historischen Lebenssachverhalts als Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB abzielende Vorwurf der Aktenwidrigkeit wendet sich gegen die Konstatierung, wonach nicht feststehe, dass Dominik S***** Mario B***** schlug, um sich die Beute zu erhalten (US 11). Dabei verkennt die Rüge den aus Z 5 fünfter Fall eröffneten Anfechtungsrahmen. Aktenwidrigkeit im Sinne der Z 5 fünfter Fall liegt nur dann vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099492, RS0099431, RS0099524). Der von der Staatsanwaltschaft erhobene Vorwurf an die Tatrichter, aus der Aussage des Dominik S***** statt der in vertretbarer Weise gezogenen Schlüsse nicht andere abgeleitet zu haben, stellt hingegen bloß unzulässige Kritik an deren Beweiswürdigung dar (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 468).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung der Schuldsprüche B./, D./, E./ und F./ (betreffend alle drei Angeklagten) :
1./ Zu den eine Verurteilung des hiezu angeklagten historischen Lebenssachverhalts wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB anstrebenden Ausführungen:
Die von der Beschwerde (Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung für die Feststellung, wonach Christoph L***** nach der Übergabe des Suchtgifts an Dominik S***** die Sachherrschaft darüber verloren hatte, er nicht mehr darüber verfügen konnte und es seinem Zugriff entzogen war (US 13, 20), findet sich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung auf US 20.
Eine Konstatierung, wonach Christoph L***** allein durch die Gewaltanwendung der drei Angeklagten an der Ausübung der Sachherrschaft gehindert wurde, ist den Entscheidungsgründen dem insoweit einen Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu den vorangeführten Feststellungen behauptenden Einwand der Beschwerdeführerin zuwider nicht zu entnehmen (vgl US 13 f).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) widerspricht die Ableitung der Feststellung, wonach Christoph L***** im Zeitpunkt der Übergabe des Suchtgifts nicht den „Willen (hatte), das Gift zurückzubekommen“ (US 13) aus dessen Angaben sowie der Verantwortung der Angeklagten (US 18) weder den Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungswerten. Vielmehr wendet sich die Beschwerdeführerin mit eigenen Erwägungen unzulässig gegen die dem Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Feststellungen zu einem „spontan gefassten Entschluss auf Anwendung auch räuberischer Mittel zur Sacherlangung“.
Mit dem Hinweis auf die Aussage des Dominik S*****, wonach die anderen mitgekommen seien, um ihm bei der Erlangung des Suchtgifts zu helfen (ON 49 S 7), die Angaben aller Angeklagten über die gleichmäßige Aufteilung der Beute (ON 49 S 7, 10, 12) und die Nichtvereinbarung eines Kommissionsgeschäfts (ON 5 S 29 iVm ON 49 S 20, ON 49 S 9) sowie die Verantwortung des Angeklagten Roberto T*****, wonach der Angeklagte Dominik S***** zu ihnen gesagt hätte, dass sie dabei sein sollen, „damit die anderen Angst haben, wenn mehrere kommen“ (ON 49 S 11), wird jedoch ein auf einen solchen Vorsatz hinweisendes Sachverhaltssubstrat nicht genannt (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 601). Mit eigenen Erwägungen dazu, dass die Gegenwehr des Opfers nach grundlegenden Erfahrungssätzen „geradezu erwartbar und demgemäß in der konkreten Situation der Einsatz von Gewalt, um dieser Gegenwehr zu begegnen, von allen drei Angeklagten zumindest stillschweigend einkalkuliert“ gewesen sei, wendet sich die Anklagebehörde einmal mehr unzulässig gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Soweit die Nichtigkeitswerberin die Konstatierung, wonach nicht festgestellt werden konnte, dass der Tatplan der Angeklagten die Anwendung von gefährlicher Drohung oder von Gewalt zwecks Erlangung des Suchtgifts beinhaltete (US 13, 17), auch auf einen kurz zuvor oder anlässlich der Tatbegehung gefassten Entschluss bezieht und mit dem Hinweis auf das eben dargestellte Vorbringen zum geltend gemachten Feststellungsmangel Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) und offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) behauptet, kann auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden.
Entgegen der eine „empirisch nicht haltbare“ Begründung der Konstatierung, wonach nicht feststehe, dass der diesbezüglich überraschte Roberto T***** damit rechnete, dass sich Christoph L***** ins Auto beugt, sich an diesem festklammert und von diesem mitgeschleift wird (US 14), behauptenden Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) widerspricht die Ableitung aus den Angaben (richtig:) der Angeklagten (vgl US 17 f) weder den Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungswerten.
Soweit die Beschwerdeführerin ausgehend von einer „lebensnahen Betrachtung des äußeren Sachverhalts“ Feststellungen vermisst (Z 10), wonach auch Dominik S***** und Roberto T***** „erkennen hätten müssen und auch erkennen konnten“, dass Christoph L***** „(schwer) verletzt werden kann, weil er vom Auto mitgeschleift wird“, zeigt sie kein diese indizierendes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Sachverhaltssubstrat auf (vgl aber RIS-Justiz RS0118580) und ignoriert überdies in Ansehung des Roberto T***** prozessordnungswidrig die gerade gegenteilige Konstatierung (US 14; vgl aber RIS-Justiz RS0099724). Vielmehr beschränkt sie sich erneut darauf, unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen.
2./ Zu den eine Verurteilung des hiezu angeklagten historischen Lebenssachverhalts wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB anstrebenden Ausführungen:
Die ersichtlich zum Schuldspruch B./ eine Verurteilung nach „dem Grundtatbestand des Diebstahls nach § 127 StGB“ anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich nicht an den tatrichterlichen Feststellungen, wonach der Gewahrsamsverlust allein durch die Täuschung bedingt war (US 13, 20) und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099724).
Im Übrigen leitet sie mit der Behauptung, das Suchtgift habe sich auch nach der Übergabe noch im „Mitgewahrsam“ des Christoph L***** befunden, nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl aber RIS-Justiz RS0116565), weshalb – entgegen der Ansicht des Erstgerichts – dem Genannten ausgehend von den Feststellungen (vgl US 13, 20) unverändert unmittelbare Kontrolle (RIS‑Justiz RS0093769) über das Suchtgift zugekommen wäre bzw sich dieses unverändert in seinem tatsächlichen Machtbereich (RIS‑Justiz RS0093767) befunden habe.
Die fehlende Feststellungen zu einem auf Verwirklichung des Verbrechens des räuberischen Diebstahls gerichteten Tatvorsatz aller Angeklagten relevierende Beschwerde (Z 10) ignoriert die Konstatierungen über die freiwillige, täuschungsbedingte Übergabe des Suchgifts durch Christoph L***** (US 13) und geht urteilsfremd von einer „Wegnahme“ durch die Angeklagten aus. Solcherart verfehlt sie die gesetzesgemäße Darstellung.
3./ Die eine Verurteilung nach den „§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB idF vor 1. 1. 2016“ bzw nach „§ 84 Abs 1 StGB idF seit 1. 1. 2016“ anstrebende Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zum Schuldspruch F./ wendet sich gegen die Konstatierung, wonach nicht feststehe, dass sich Markus P***** mit der Verletzung des Christoph L***** „billigend“ abgefunden hat (US 13). Mit der Behauptung, aus dem äußeren Tatgeschehen wären „eindeutig“ andere als die von den Tatrichtern mängelfrei gezogenen Schlüsse, nämlich die Annahme eines Verletzungs- bzw Misshandlungsvorsatzes bei Markus P***** zu ziehen gewesen, bekämpft sie in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung und verfehlt solcherart ihr Ziel ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 450 f).
4./ Auch die in Ansehung aller drei Angeklagten einen Schuldspruch wegen des Vergehens des Imstichlassen eines Verletzten nach § 94 Abs 1 StGB fordernde und diesbezüglich eine Nichterledigung der Anklage (Z 7) behauptende Kritik versagt.
Denn durch die Konstatierung, wonach nicht feststehe, dass es die Angeklagten auch nur ernstlich für möglich hielten, dass Christoph L***** verletzt wurde und ihrer Hilfe bedürfen könnte (US 14), hat das Erstgericht insoweit einen Freispruch zum Ausdruck gebracht, der die Anklage erledigt (RIS-Justiz RS0116266 [T9]; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 503 mwN, 505).
Dem in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand (Z 5 zweiter und vierter Fall) zuwider haben die zur gedrängten Darstellung der Begründung getroffener Feststellungen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) verhaltenen Tatrichter die genannte Konstatierung mängelfrei auf die „unwiderleglichen Angaben“ der Angeklagten gestützt (US 19). Entgegen der Beschwerdeauffassung stehen die von der Anklagebehörde eigenständig gewürdigten Angaben des Markus P***** vor der Polizei, wonach er sich beim Wegfahren schon gedacht habe, dass sich Christoph L*****, wenn er hinfällt, verletzen könnte (ON 20 S 47 iVm ON 49 S 20) nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zur bekämpften Feststellung.
Ebenso wenig ist ein nach den Denkgesetzen unvereinbarer Widerspruch (Z 5 dritter Fall) der bekämpften, zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellung mit der – die objektive Vorhersehbarkeit betreffenden – Urteilsannahme, wonach eine Verletzung des Christoph L***** „hoch wahrscheinlich“ war (US 13) und es „erstaunlich gewesen [wäre], wenn Christoph L***** diese Fahrt ohne Verletzung überstanden“ hätte (US 19), zu erblicken (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438 f).
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu verwerfen.
Im Recht ist hingegen die die rechtliche Beurteilung der dem Schuldspruch F./ zugrunde liegenden Tat als Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 3 erster Fall, Abs 4 zweiter Satz erster Fall StGB (idgF) fordernde Subsumtionsrüge (Z 10):
Nach den bezughabenden Feststellungen fuhr der Angeklagte Markus P***** mit dem Fahrzeug los, nachdem sich Christoph L***** durch das geöffnete Fahrerfenster ins Auto gebeugt hatte. Letztgenannter klemmte sich mit dem rechten Arm zwischen der Sitzlehne und dem Rahmen der Fahrertüre ein und hing am Türrahmen. Markus P***** fuhr in der Folge mit einer Geschwindigkeit von ca 20 bis 30 km/h. Dabei wurde Christoph L***** mitgeschleift, bis es ihm gelang sich zu befreien und er zu Boden stürzte (US 12).
Zur subjektiven Tatseite konstatierte der Schöffensenat, dass für den Angeklagten Markus P***** die große Gefahr einer auch schweren Verletzung des Christoph L***** erkennbar und diesem das Anhalten zumutbar war (US 19, 21). Rechtlich führte er dazu aus, dass das Vorgehen des Genannten auf Grund der hohen Wahrscheinlichkeit einer Verletzung grob fahrlässig war und der Grad der Fahrlässigkeit beinahe die Dichte des Vorsatzes erreichte (US 21). Nach Ansicht des Erstgerichts wäre es „erstaunlich gewesen, wenn Christoph L***** diese Fahrt ohne Verletzung überstanden hätte“ (US 19).
Davon ausgehend hat Markus P***** sein Verhalten unter Umständen gesetzt, die nach dem Urteil eines sachkundigen Beobachters, das dieser im Zeitpunkt der Verhaltensvornahme und vom Standort des Sich-Verhaltenden aus fällt, mit außergewöhnlich hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass Christoph L***** schwer verletzt wird. Solcherart liegen – entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts (US 21) – besonders gefährliche Verhältnisse im Sinn des § 81 Abs 1 Z 1 StGB aF vor (vgl RIS-Justiz RS0092521, RS0092639, RS0092558).
Der festgestellte Sachverhalt ist daher sowohl dem Tatbestand des § 88 Abs 1 und Abs 4 zweiter Fall (§ 81 Abs 1 Z 1) StGB aF als auch jenem des § 88 Abs 3 erster Fall, Abs 4 zweiter Satz erster Fall StGB idgF in objektiver und subjektiver Hinsicht subsumierbar.
Da auf Grund der identen Strafdrohung der genannten strafbaren Handlungen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe die Bestimmung des § 88 Abs 1 und 4 zweiter Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 in ihrer Gesamtauswirkung für den Täter nicht günstiger (§ 61 StGB) ist als jene des § 88 Abs 3 erster Fall, Abs 4 zweiter Satz erster Fall StGB idgF, ist das zu F./ festgestellte Verhalten rechtsrichtig der letztgenannten Norm zu unterstellen.
Nichtigkeit aus Z 2 bis 5a des § 281 Abs 1 StPO bezüglich der Konstatierungen zur in Rede stehenden rechtlichen Beurteilung wird in der – über entsprechende Einladung des Obersten Gerichtshofs erstatteten (RIS-Justiz RS0114638 [T2]) – sich ausschließlich gegen die Beschwerdeausführungen der Staatsanwaltschaft wendenden – Äußerung des Verteidigers nicht aufgezeigt.
Es war daher – erneut in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben und insoweit gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen.
Da infolge der berechtigten Subsumtionsrüge (Z 10) auch der Strafausspruch betreffend den Angeklagten Markus P***** zu kassieren war, erübrigt sich ein Eingehen auf die zum Genannten ausgeführte Sanktionsrüge (Z 11).
Anzumerken bleibt, dass kein Anlass für ein seitens der Beschwerdeführerin thematisiertes amtswegiges Vorgehen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) betreffend die Schuldsprüche A./I./ und A./IV./ besteht:
Zum Schuldspruch A./I./ finden sich die gebotenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf US 9.
Durch die Konstatierungen zum Schuldspruch A./IV./, wonach der Angeklagte Dominik S***** durch die wahrheitswidrige Vorgabe, Suchtgift zu liefern, viele Personen durch Täuschung schädigte, die ihm deswegen (somit zeitlich nachfolgend) Bargeld übergaben, und er wusste, dass er dadurch seine Kunden täuscht und sie sich durch die Übergabe des Geldes schädigen (US 11), ist ein bereits vor der selbstschädigenden Vermögensverfügung zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung vorliegender Täuschungsvorsatz hinreichend deutlich festgestellt(Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19).
Zur Strafneubemessung betreffend den Angeklagten Markus P*****:
Da die zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Ende September/Anfang Oktober 2015 begangene urteilsgegenständliche Tat im Verfahren des Bezirksgerichts Salzburg zu AZ 27 U 422/15b hätte abgeurteilt werden können, ist auf das rechtskräftige Urteil des genannten Gerichts vom 5. Jänner 2016 gemäß § 31 Abs 1 StGB Bedacht zu nehmen. Mit diesem war Markus P***** wegen des am 8. August 2015 begangenen Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, die gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mildernd wertete der Oberste Gerichtshof das Geständnis. Als erschwerend waren das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die mehreren einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall (Schuldspruch A./IV./) seit der am 29. Oktober 2015 erfolgten Verurteilung und die teilweise Tatbegehung während des zu AZ 3 U 16/15y des Bezirksgerichts Kitzbühel anhängig gewesenen Verfahrens zu berücksichtigen.
Davon ausgehend war bei einer Strafdrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr tat- und schuldangemessen.
Da der Angeklagte Markus P***** bisher ausschließlich zu Geldstrafen verurteilt wurde und er das Haftübel durch die mehrmalige Untersuchungshaft im gegenständlichen Verfahren bereits verspürte, konnte der Vollzug der Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden.
Zur Berufung wegen der Strafaussprüche:
In Ansehung des Angeklagten Markus P***** war die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung zu verweisen.
Dominik S***** wurde unter Anwendung des § 19 Abs 1 JGG iVm § 5 (zu ergänzen:) Z 4 JGG nach § 142 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht sein Alter unter 21 Jahren sowie seine geständige Verantwortung als mildernd, als erschwerend hingegen die mehreren einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen, die mehrfache Tatbegehung bei der Nötigung und der Körperverletzung, die Tatbegehung mit Komplizen (wohl iSd § 32 Abs 2 und 3 StGB) sowie den langen Tatzeitraum beim Suchtmitteldelikt.
Zwar zeigt die Berufungswerberin zutreffend auf, dass auch die Tatwiederholung beim Betrug und beim Diebstahl sowie die Tatbegehung (Schuldsprüche A./I./ und A./IV./) während des zu AZ 3 U 62/15p des Bezirksgerichts Kitzbühel laufenden Strafverfahrens ebenso wie der rasche und auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Rückfall nach der am 18. Juni 2015 erfolgten Verurteilung zu AZ 3 U 62/15p des Bezirksgerichts Kitzbühel bei der Strafbemessung als erschwerend in Anschlag zu bringen sind, doch erscheint auch unter Berücksichtigung derselben die verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren schuld- und tatangemessen. Gleiches gilt, soweit die Anklagebehörde kritisiert, dass der Tatbestand des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG erschwerend zu berücksichtigen wäre (zur Beurteilung von Erwerb und Besitz als alternatives Mischdelikt vgl RIS-Justiz RS0114037).
In Ansehung des Angeklagten Roberto T*****erachtet die Staatsanwaltschaft die Strafe ausdrücklich als „angemessen und nicht zu seinem Nachteil korrekturbedürftig“, sodass mangels Anfechtungswillen zum Nachteil des Genannten insoweit keine Berufungsentscheidung zu treffen war.
Zur Berufung gegen die Entscheidung über den Verfall:
Das Erstgericht sah zu allen drei Angeklagten mit der Begründung, dass sie weder Einkommen noch Vermögen hätten, weshalb die Einbringlichmachung voraussichtlich scheitern werde (US 23), gemäß § 20a Abs 3 StGB vom Verfall ab.
Wie die Berufungswerberin selbst zutreffend ausführt, kommt bei den Angeklagten Dominik S***** und Roberto T*****, die beide im Zeitpunkt der Tat das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, gemäß § 19 Abs 2 JGG die Härteklausel des § 5 Z 6a JGG zum Tragen.
Sowohl Dominik S*****, der aufgrund der gegenständlichen Verurteilung eine empfindliche unbedingte Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, als auch Roberto T*****, der ohne Einkommen und Vermögen ist, aber Bankschulden von rund 2.000 Euro hat (ON 20 S 11), wären für den Fall der von der Staatsanwaltschaft geforderten vermögensrechtlichen Maßnahme in ihrem Fortkommen gefährdet, sodass das Absehen vom Verfall (zur Gänze) zu Recht erfolgte.
In Ansehung des Angeklagten Markus P***** zeigt die Anklagebehörde hingegen zutreffend auf, dass die Voraussetzungen für das Absehen vom Verfall wegen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwands nach § 20a Abs 3 StGB nicht vorliegen. Ausgehend von der vom Genannten selbst angegebenen Suchtgiftmenge von rund 30 Gramm getrocknetem Marihuana (ON 43 S 79), die er durch die Begehung der unter Schuldspruch B./ angeführten Tat erlangt hat und deren Wert nicht mehr ermittelbar ist, wird der Umfang des gemäß § 20 Abs 3 StGB für verfallen zu erklärenden Betrags gemäß § 20 Abs 4 StGB mit 200 Euro festgesetzt.
Zur Beschwerde:
Entgegen der Beschwerdeauffassung bedarf es bei Dominik S*****, der bisher jeweils nur zu Geldstrafen verurteilt worden war, angesichts der nunmehr unbedingt verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren nicht zusätzlich auch des Widerrufs und des Vollzugs des mit Urteil des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 18. Juni 2015 zu AZ 3 U 62/15p bedingt nachgesehenen Strafteils von 40 Tagessätzen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
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