Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die klagende Partei ist ein Verein österreichischen Rechts mit dem Sitz in W*****. Sie ist ein Dachverband. Mitglieder sind - neben natürlichen Personen als „fördernde Mitglieder" ‑ „ca" 121 nationale T*****‑Vereine und ‑Verbände.
Organe der klagenden Partei sind
- die Vorstandsversammlung („Directors` Meeting")
- der Vorstand („Board of Directors")
- das Exekutivkomitee („Executive Committee")
- das Schiedsgericht („Arbitration Tribunal").
Nach der Satzung „führt und vertritt" der Präsident den Verein „in allen offiziellen Belangen". Er ist der „einzige Zeichnungsberechtigte", es sei denn, es handelt sich um Verfügungen über Vorstandsgelder in einem Betrag von mehr als 5.000 ATS. Der geschäftsführende Vizepräsident übernimmt die Pflichten des Präsidenten zu jenen Zeiten, wo dies aufgrund der Abwesenheit oder Geschäftsunfähigkeit des Präsidenten allenfalls notwendig sein sollte. Die „englische Version" der Satzung ist in allen Fällen maßgebend, wo es zu Divergenzen bei der Auslegung von Texten kommt (Punkt 2 Z 3 der Satzung).
Punkt 10 der Satzung enthält Bestimmungen für die Vorstandsversammlung. Darin heißt es in der deutschen Übersetzung:
„1. Die Vorstandsversammlung ... fungiert als letzte Schiedsstelle bei sämtlichen Fragen betreffend die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung, Wettkampfregeln und Wahlen. Sie kommt entweder als ordentliche oder außerordentliche Vorstandsversammlung zustande.
2. Die ordentliche Vorstandsversammlung („der Kongress") ist alle drei Jahre einzuberufen. Ort und Zeitpunkt der ordentlichen Versammlung sind vom Präsidenten festzulegen.
3. Die außerordentliche Vorstandsversammlung findet über schriftlichen Antrag von zumindest einem Drittel aller bei ordentlichen Vorstandsversammlungen stimmberechtigten Mitglieder statt. Der Ort der Versammlung ist vom Präsidenten festzulegen, wobei den Mitgliedern diesbezüglich soweit wie möglich entgegenzukommen ist.
4. Sowohl zu ordentlichen als auch zu außerordentlichen Versammlungen ist den Mitgliedern des Vorstands eine schriftliche Einladung jeweils vier Wochen im Voraus zuzustellen. Als Datumsnachweis genügt der Poststempel. Der Anzeige der Vorstandsversammlung ist die dort zu behandelnde Tagesordnung beizulegen, wobei im Falle der Nichtanführung eines Tagesordnungspostens die diesbezüglich vorgenommenen Handlungen trotzdem gültig sind, wenn der Versammlungsvorsitzende deren Beantragung ohne Kundmachung gestattet.
5. Alle Mitglieder des [klagende Partei] sind zur Teilnahme am Kongress berechtigt. Zur Stimmabgabe sind ausnahmslos nur ordentliche Mitglieder berechtigt.
6. Die Kongressversammlung ist beschlussfähig, wenn zumindest die Mehrheit aller Delegierten und nicht weniger als ein Drittel der angeschlossenen Organisationen (außer es liegen besondere Umstände vor) anwesend sind. Sollte einer der Delegierten verhindert sein und am Kongress nicht teilnehmen können, kann er seine Stimme an einen anderen Delegierten mit der Maßgabe weitergeben, dass dieser bei der Feststellung der beschlussfähigen Mehrheit mitgezählt werde. Beschlussfassungen, kraft welcher die Verbandssatzung geändert oder der Verband aufgelöst wird, bedürfen einer Zweidrittelmehrheit aller Stimmen. Jeder Delegierte darf die Stimme jeweils nur eines (1) anderen Delegierten übernehmen.
7. Die Ernennung der am Kongress teilnehmenden Delegierten muss durch jene Mitgliedsorganisationen bestätigt werden, welche die Delegierten vertreten. Die diesbezügliche Bestätigung ist an den Generalsekretär des [klagende Partei] weiterzuleiten. Für den Fall, dass eine Mitgliedsorganisation lediglich einen (1) Delegierten entsendet, ist dieser auch zur Abgabe der Stimme für den zweiten Delegierten berechtigt. Jeder Delegierte vertritt grundsätzlich seinen eigenen Landesverband.
8. Den Vorsitz über die Kongressversammlungen führt der Präsident bzw ‑ im Falle dessen Verhinderung ‑ der Vizepräsident. Sind beide verhindert bzw abwesend, muss die Versammlung einen Delegierten aus ihren Reihen zum Vorsitzenden wählen.
9. Die Abstimmung muss geheim erfolgen, wenn dies vom Versammlungsvorsitzenden angeordnet oder von der Vorstandsversammlung so beschlossen wird.
10. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Vorsitzenden der Vorstandsversammlung ausschlaggebend."
Zu den Aufgaben des Kongresses zählen die Ernennung und die Abberufung der Mitglieder des Vorstands (Punkt 11 lit a der Satzung).
Für den Vorstand bestimmt die Satzung:
Der Vorstand setzt sich zusammen aus dem Präsidenten, dem jeweiligen Vizepräsidenten, dem Generalsekretär, den Untergeneralsekretären, dem Kassier und den Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse. Automatisch mit ihrer Bestellung in die vorgenannten Ämter werden sie auch Mitglieder des Vorstands (Punkt 12 Z 1 der Satzung).
Der Präsident und die Vizepräsidenten werden vom Kongress für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Die Vorstandsmitglieder werden vom Kongress für eine Amtszeit von drei Jahren gewählt. Eine Wiederwahl ist jeweils möglich (Punkt 12 Z 2 der Satzung).
Der Vorstand kann eines seiner Mitglieder gleichzeitig auch für ein anderes freies Amt kooptieren, wobei die solcherart kooptierte Person das betreffende Amt nur solange bekleiden darf, bis der Kongress ein neues Vorstandsmitglied bestellt hat. Die ordentliche Sitzung ist einmal jährlich durch den Präsidenten einzuberufen. Außerordentliche Sitzungen können jederzeit über Antrag von zumindest einem Drittel aller Mitglieder (oder wann immer der Präsident diese für dringlich erachtet) einberufen werden (Punkt 12 Z 3 der Satzung).
Eine Beschlussfassung kommt zustande, wenn mehr als die Hälfte aller abgegebenen Stimmen diese befürworten. Beschlussfassungen erfolgen mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Präsidenten ausschlaggebend. Den Vorsitz führt der Präsident bzw in dessen Abwesenheit der Vizepräsident. Sind beide abwesend, führt den Vorsitz der Generalsekretär (Punkt 12 Z 4 der Satzung).
Zu den Pflichten des Vorstands gehört die Einberufung ordentlicher und außerordentlicher Vorstandsversammlungen (Punkt 13 lit c der Satzung: Summoning of regular and special Directors´ Meetings).
Das Exekutivkomitee hat die Geschäfte des Vereins zwischen den einzelnen Vorstandssitzungen zu führen. Es hat vorherige Empfehlungen des Kongresses und des Vorstands bezüglich der Geschäfte des Vereins einzuhalten. Das Exekutivkomitee setzt sich aus dem Ehrenpräsidenten auf Lebenszeit, dem jeweils letztamtierenden Präsidenten, dem aktuellen Präsidenten, dem Vizepräsidenten, dem Generalsekretär, den Generaluntersekretären und dem Kassier zusammen. Die für den Vorstand in Punkt 12 der Satzung angeführten Regelungen gelten auch für das Exekutivkomitee.
Mit ihren am 29. 9. 2003 eingebrachten Klagen begehrt die klagende Partei von den Beklagten die Räumung von Räumlichkeiten in einem ihr gehörenden Haus in W*****. Der für sie einschreitende Rechtsanwalt berief sich auf eine Vollmachtserteilung sowohl durch den Präsidenten T***** T***** Q***** als auch durch den Vizepräsidenten Paul W***** und den Generalsekretär Thomas M*****. Diese drei Personen seien in der ordentlichen Generalversammlung am 13. 6. 2003 in Warschau in ihre Vereinsfunktionen gewählt worden.
Die Beklagten wandten ein, keine dieser drei Personen sei jemals wirksam zu einem Organ der klagenden Partei bestellt worden. T***** T***** Q***** sei nicht in einer Generalversammlung gewählt worden. Präsident sei seit seiner Wahl in der außerordentlichen Generalversammlung in Pyöngjang am 22. 9. 2002 C***** U*****. Die Versammlung in Warschau am 13. 6. 2003 sei keine Generalversammlung der klagenden Partei gewesen und habe keine wirksamen Beschlüsse fassen können, weil
- die Einladungen nicht an alle stimmberechtigten Mitglieder ergangen seien, sondern nur selektiv eingeladen worden sei,
- die Versammlung nicht vom zuständigen Organ (Vorstand, vertreten durch den Präsidenten) einberufen worden sei,
- der Vorstand einen Beschluss zur Einberufung einer Generalversammlung am 13. 6. 2003 nicht gefasst habe und
- nur 34 der 121 Mitglieder anwesend gewesen seien und so das notwendige statutarische Präsenzquorum verfehlt worden sei.
Das Erstgericht wies die Klagen zurück. Es stellte fest:
Am 22. 9. 2002 fand in Pyöngjang unmittelbar nach dem Begräbnis des Gründers und Präsidenten der klagenden Partei eine Versammlung statt, bei der die Vertreter von 43 Mitgliedsverbänden anwesend waren. Dabei wurde ein Schreiben des verstorbenen Präsidenten verlesen, in dem dieser C***** U***** als seinen würdigen Nachfolger bezeichnete. Dieser wurde den Anwesenden vorgestellt. Daraufhin erhoben sich die Anwesenden und applaudierten. Jedenfalls die anwesenden Vertreter der Mitgliedsverbände interpretierten diesen Vorgang als Willensbildung dahin, dass tatsächlich C***** U***** neuer Präsident des Vereins werden sollte. Diese Versammlung wurde in der Folge auch als „Sonderkongress" des Vereins bezeichnet.
Am 16. 11. 2002 fand in Wien ein board of directors meeting der klagenden Partei statt. Bei diesem wurde beschlossen, C***** U***** als Mitglied des Vorstands der klagenden Partei in der Funktion des Präsidenten zu kooptieren.
Im Juni 2003 fanden zwei Versammlungen statt, die von den jeweils Beteiligten als Generalversammlung bzw Kongress der klagenden Partei angesehen und bezeichnet wurden:
Am 12. 6. 2003 wurde ein Kongress in Thessaloniki abgehalten. Bei diesem waren die Vertreter von 88 stimmberechtigten Landesverbänden (Mitgliedern) anwesend. Dabei wurde mit Mehrheitsbeschluss die Bestellung von C***** U***** zum Präsidenten, „die demnach bereits bei der Versammlung am 22. 9. 2002 in Pyöngjang erfolgt sein sollte", bestätigt.
Am 13. 6. 2003 fand in Warschau eine Veranstaltung statt, die von den dort Anwesenden als Weltmeisterschaft und Generalversammlung der klagenden Partei bezeichnet wurde. Dabei waren 50 Organisationen vertreten, von denen nur 34 Vertreter von Mitgliedern (Landesverbänden des Vereins) waren. Zu diesem Kongress war im November 2002 mittels E‑Mail, die an etwa die Hälfte der Landesverbände geschickt worden waren, eingeladen worden. Diese E‑Mail hatte Thomas M***** versandt, der bis zu seiner Enthebung, die beim board of directors meeting am 16. 11. 2002 beschlossen worden war, geschäftsführender Generalsekretär des Vereins gewesen war.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, Punkt 10 der Satzung sei missverständlich. So werde nicht klar zwischen dem Begriff der „Vorstandsversammlung" und dem Begriff der „Kongressversammlung" unterschieden. Gemäß Punkt 10 Z 6 der Satzung sei eine Kongressversammlung beschlussfähig, wenn nicht weniger als ein Drittel der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sei. Der Verein habe 121 Mitglieder. Bei der Sondersitzung am 22. 9. 2002 in Pyöngjang seien 43 stimmberechtigte Mitglieder anwesend gewesen, sodass sie als Kongressversammlung beschlussfähig gewesen sei. Die Satzung sei so ausgelegt worden, dass diese Kongressversammlung auch von einem Drittel der Mitglieder einberufen werden könne. Die fehlerhaften Formalien seien durch die Bestätigung durch das board of directors am 16. 11. 2002 in Wien und durch die Beschlüsse in der ordentlichen Kongressversammlung in Thessaloniki geheilt worden, weil sich alle 88 stimmberechtigten Mitglieder für die Übernahme der Beschlüsse von Pyöngjang ausgesprochen hätten. In Kombination dieser drei Vorgänge sei davon auszugehen, dass C***** U***** als Präsident des Vereins anzusehen und als solcher zur Vertretung des Vereins befugt sei. Da der Verein nicht durch satzungsgemäße Organe vertreten und daher nicht prozessfähig sei, seien die Klagen zurückzuweisen.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Da die Feststellung, bei der Versammlung am 13. 6. 2003 in Warschau seien nur 34 Mitglieder der klagenden Partei vertreten gewesen, vom Erstgericht nicht ausreichend begründet worden sei, liege die gerügte Mangelhaftigkeit vor. Die bekämpfte Feststellung, dass bei der Versammlung am 12. 6. 2003 in Thessaloniki 88 Mitglieder der klagenden Partei anwesend gewesen seien, werde vom Rekursgericht mangels rechtlicher Relevanz dieser Feststellung nicht übernommen.
Gemäß Punkt 14 Z 1 der Satzung der klagenden Partei sei der Präsident berechtigt, im Namen des Vereins einem Rechtsanwalt Prozessvollmacht zu erteilen und zu beauftragen. Sonstige Vereinsorgane ‑ etwa die Vizepräsidenten oder der Generalsekretär ‑ verfügten im Normalfall über keine entsprechende Vertretungsmacht. Die von Paul W***** als Vizepräsident und von Thomas M***** als Generalsekretär erteilte Vollmacht sei daher nicht wirksam. Im vorliegenden Fall komme es nur darauf an, ob T***** T***** Q***** wirksam zum Präsidenten des Vereins gewählt worden sei, denn auf eine Vollmachtserteilung auch durch diesen berufe sich der für den Verein einschreitende Rechtsanwalt. T***** T***** Q***** wäre als Präsident des Vereins zu betrachten, wenn seine Bestellung am 13. 6. 2003 - bei der chronologisch jüngsten Wahl - (zumindest vorläufig) rechtswirksam gewesen sei.
Die Wahl von T***** T***** Q***** zum Präsidenten sei in Form eines Beschlusses der Mitgliederversammlung erfolgt und insofern satzungsgemäß. In Bezug auf fehlerhafte Beschlüsse unterscheide § 7 VerG 2002 zwischen nichtigen und bloß anfechtbaren Beschlüssen. Im Anfechtungsprozess gegen die Bestellung von T***** T***** Q***** zum Präsidenten der klagenden Partei sei noch kein rechtskräftiges Urteil ergangen. Ein bloß anfechtbar fehlerhafter Beschluss sei daher im vorliegenden Verfahren von eben solcher Rechtswirkung wie ein fehlerfreier Beschluss.
§ 7 VerG 2002 schränke die Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nicht auf inhaltlich sittenwidrige Beschlüsse ein. Das Vereinsgesetz regele die Formalien der Einberufung von Vereinsorganen nicht. Die Regelung dieser Materie bleibe den Statuten des jeweiligen Vereins vorbehalten. Die Statutenwidrigkeit von Beschlüssen könne aber stets nur deren Anfechtbarkeit begründen. Wollte man daher im Recht der Vereine die Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit auf den Inhalt von Beschlüssen begrenzen, wären nach Ablauf der ab Beschlussfassung gerechneten Anfechtungsfrist nach § 7 VerG 2002 auch die schwerstwiegenden formellen Rechtswidrigkeiten saniert, obwohl Einberufungsmängel geradezu typischerweise zu einem Gehörsentzug führten. Es bestehe daher ein nicht zu leugnendes Risiko, dass die Nichteinberufenen binnen der Jahresfrist gar nicht Kenntnis vom fehlerhaften Beschluss erlangten. Im Hinblick auf die verstärkte Grundrechtsbindung von Vereinsstatuten wäre dieses Ergebnis untragbar. Unter grober Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder unter Missachtung natürlicher Rechtsgrundsätze und allgemein anerkannter Wertungen der Moral zustandegekommene Beschlüsse seien sittenwidrig und daher nach § 7 VerG 2002 nichtig. Da aber solche nichtigen Beschlüsse niemals heilen könnten, sei im Interesse der Rechtssicherheit die Nichtigkeitssanktion auf besonders gravierende Mängel zu beschränken. § 199 AktG könne dabei als Indiz dienen, weil die dort aufgezählten Fehler gerade noch keine unheilbare Nichtigkeit nach sich ziehen sollen. Damit seien nach § 7 VerG 2002 nichtige Beschlüsse den Nichtbeschlüssen des sonstigen Gesellschaftsrechts angenähert.
Die Anforderung nach Punkt 10 Z 4 der Satzung sei ihrem Wortlaut nach widersinnig. Es müssten ausschließlich die Mitglieder jenes Organs des Vereins schriftlich einberufen werden, das seinerseits zur Einberufung der Mitgliederversammlung verpflichtet sei. Im Hinblick auf die verstärkte Grundrechtsbindung von Statuten könne eine vernünftige und am Funktionieren des Vereins orientierte Auslegung der Satzung gemäß den §§ 6 ff ABGB nur ergeben, dass zur Mitgliederversammlung, dem „Directors' Meeting", die Delegierten, also die „directors", einzuberufen seien und nicht die „members of the Board of Directors". Die Wendung „members of the Board of Directors" in Punkt 10 Z 4 der maßgeblichen englischen Fassung der Vereinssatzung sei schlicht ein „Redaktionsversehen", das auf die unglückliche Namensähnlichkeit zweier Vereinsorgane ‑ dem „Board of Directors" und dem „Directors' Meeting" ‑ zurückzuführen sei.
Ein Vergleich der satzungsmäßigen Anforderungen an eine formell fehlerfreie Beschlussfassung mit den Feststellungen des Erstgerichts zum Ablauf der Mitgliederversammlung am 13. 6. 2003 in Warschau zeige, dass den Beschlüssen mannigfaltige Mängel anhafteten. So seien beispielsweise das erforderliche Präsenzquorum nicht erreicht worden und die schriftliche Einladung aller Delegierten unterblieben.
Keiner der festgestellten Mängel sei aber als so gravierend zu beurteilen, dass er zur Nichtigkeit der Beschlüsse führte. Die Einberufung sei durch Thomas M***** erfolgt, während er noch die Funktion des Generalsekretärs bekleidet habe und damit Mitglied des board of directors gewesen sei bzw kurz nach seiner Enthebung (so diese rechtswirksam gewesen sei) aus dieser Funktion. Es sei für Ort und Zeit einberufen worden, wie dies ‑ von den Parteien außer Streit gestellt ‑ auf der Mitgliederversammlung in Rimini im Jahr 2001 beschlossen worden sei. Zumindest ein Teil der Mitglieder sei schriftlich ‑ mittels E‑Mail ‑ und zeitgerecht einberufen worden und zur Versammlung auch gekommen. Daher liege eine Reihe von Umständen vor, die der Mitgliederversammlung vom 13. 6. 2003 in Warschau einen Rechtsschein der Legitimität verliehen. Ihren Beschlüssen hafte daher nach den Feststellungen des Erstgerichts kein Mangel an, der so gravierend wäre, dass er die Nichtigkeit der Beschlüsse bewirken würde. Das Erstgericht habe zwar nicht festgestellt, wer die Versammlung präsidiert habe, der Vorsitz durch einen Unbefugten stelle aber jedenfalls keinen ausreichend gravierenden Mangel dar, um die Nichtigkeit der Beschlüsse zu bewirken. Diese Feststellung sei daher entbehrlich. Es sei auch nicht festgestellt worden, warum nur die Hälfte der Mitglieder zur Versammlung einberufen worden sei. Zwar vermöge nicht jedes vorsätzlich rechtswidrige Handeln per se den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu tragen, träten aber besondere Umstände hinzu ‑ hier: zwei rivalisierende Fraktionen eines Verbands - gelte anderes: Hätte Thomas M***** vorsätzlich nur bestimmte Personen in der Annahme einberufen, sie seien Angehörige jener Fraktion im Verband, mit der er persönlich sympathisierte, wäre die Unterlassung der Ladung auch der „feindseligen" Verbandsmitglieder als sittenwidriger Versuch der Majorisierung durch eine Minderheit zu beurteilen und die von der Mitgliederversammlung am 13. 6. 2003 in Warschau gefassten Beschlüsse nichtig. Dabei schade es nicht, dass die Beklagten bislang den Vorwurf der Sittenwidrigkeit des Zustandekommens der Beschlüsse vom 13. 6. 2003 nicht ausdrücklich erhoben hätten. Die Frage der Nichtigkeit der Beschlüsse sei im vorliegenden Verfahren bei der Beurteilung des Vorliegens der gehörigen gesetzlichen Vertretung des prozessunfähigen Vereins von Amts wegen zu untersuchen. Daher treffe keine Partei die subjektive Behauptungslast, weil der Untersuchungsgrundsatz Anwendung finde.
Zur Feststellung des Motivs, warum Thomas M***** nur einen Teil der Mitglieder zur Versammlung am 13. 6. 2003 in Warschau einberufen habe, sei der Beschluss des Erstgerichts aufzuheben und diesem eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Das Erstgericht habe es auch unterlassen, festzustellen, welche Beschlüsse am 13. 6. 2003 von der Mitgliederversammlung in Warschau gefasst worden seien. Obwohl es zwischen den Parteien im Tatsachenbereich im Wesentlichen unstrittig gewesen sei, dass die Versammlung einen Willen gebildet habe, wonach T***** T***** Q***** Präsident des Vereins sein solle, dessen rechtliche Qualifikation aber umstritten sei, seien diese Feststellungen ebenfalls nachzuholen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs [§ 527 Abs 2 ZPO]) zulässig sei, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, wann Beschlüsse nach § 7 VerG 2002 nichtig und wann sie bloß anfechtbar seien.
Rechtliche Beurteilung
Der von der klagenden Partei beantwortete Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehlt, ob Einberufungsmängel zur Nichtigkeit von Beschlüssen der Mitgliederversammlung im Sinn des § 7 VerG 2002 führen. Er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1. Die klagende Partei behauptet in ihrer Rekursbeantwortung, der Beschluss des Erstgerichts leide an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das Erstgericht habe nämlich nicht konkret angeführt, an wie viele Mitglieder die Einladungen zum Kongress in Warschau versendet worden seien. Es hätte anhand der vorgelegten Urkunden leicht feststellen können, dass zu diesem Kongress mehr als 72 Organisationen eingeladen worden seien. Aus den Urkunden gehe hervor, dass Thomas M***** an „über" 72 Landesverbände Einladungen per E‑Mail verschickt habe und dass „diese Einladungen" auch per Post verschickt worden seien.
Mit diesen Ausführungen rügt sie in Wahrheit die vor dem Obersten Gerichtshof auch im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluss zweiter Instanz nicht bekämpfbare Beweiswürdigung des Erstgerichts (vgl 10 Ob 2319/96v; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 vor §§ 514 ff ZPO Rz 115 mwN). Sie brachte in erster Instanz vor, zur Generalversammlung am 13. 6. 2003 sei durch Veröffentlichung auf der Homepage des Vereins und des polnischen Landesverbands sowie durch Versendung schriftlicher Einladungen und Einladungen per E‑Mail eingeladen worden; „alles durchwegs mehr als drei Monate vor Beginn des Kongresses" (ON 18 S 2 = AS 103). Sie behauptete ferner, zu der Generalversammlung sei „bereits zwei Jahre zuvor" eingeladen worden (ON 26 S 16 = AS 207). Das Erstgericht stellte hingegen fest, dass zu dem Kongress in Warschau „im November 2002 durch Einladungen, die mittels E‑Mail an etwa die Hälfte der Landesverbände geschickt worden waren, geladen worden" war und dass „diese E‑Mails" von Thomas M***** verschickt wurden. Diese Feststellung wurde von der klagenden Partei in ihrem Rekurs nicht bekämpft. Da der Verfahrensgrundsatz des § 498 Abs 1 ZPO auch im Rekursverfahren gilt (RIS‑Justiz RS0042165; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 vor §§ 514 ff ZPO Rz 117 mwN), hatte das Rekursgericht diese Feststellung seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Auch im Rekursverfahren gilt schließlich, dass eine in zweiter Instanz versäumte Verfahrensrüge in dritter Instanz mit Aussicht auf Erfolg nicht nachgeholt werden kann (vgl RIS‑Justiz RS0043111; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 520 Rz 31 mwN).
2. Die klagende Partei behauptet in ihrer Rechtsmittelbeantwortung ferner, Ort und Datum des Kongresses in Warschau seien schon anlässlich des Kongresses 2001 in Rimini festgelegt worden. Dem ist zu erwidern, dass dies nicht festgestellt wurde und auch nicht außer Streit steht. Der Verein brachte vor, der Kongress in Polen „im Sommer 2003" sei bereits am 6. 7. 2001 in Rimini beschlossen worden. Die Beklagten stellten außer Streit, dass beim Weltkongress des Vereins im Jahr 2001 in Rimini beschlossen worden sei, den nächsten Weltkongress im Jahr 2003 in Warschau abzuhalten.
3. Die Rekurswerber machen im Wesentlichen geltend, das Rekursgericht habe bei der Auslegung des § 7 VerG 2002 unzutreffende Parallelen zu gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen gezogen, die Schwere der Mängel der Beschlussfassung vom 13. 6. 2003 nicht im vollen Ausmaß erkannt und eine Gesamtbetrachtung der Mängel in ihrem Zusammenspiel unterlassen. Entgegen den Vereinsstatuten seien Ort und Zeitpunkt des „Kongresses" nicht vom Präsidenten festgelegt und der „Kongress" nicht vom Vorstand („board of directors") einberufen worden. Allein der Umstand, dass die Einladungen zur Versammlung in Warschau nur an etwa die Hälfte der Landesverbände geschickt worden seien, bewirke die Nichtigkeit der am 13. 6. 2003 gefassten Beschlüsse. Es habe auch eine Tagesordnung gefehlt. Die Versendung der Einladungen per E‑Mail erfülle das Satzungsgebot einer schriftlichen Einladung nicht. Das von der Satzung geforderte Anwesenheitsquorum sei nicht erreicht worden. Verfehlt sei die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass Beschlüsse, die nach § 199 AktG nichtig wären, im Vereinsrecht bloß anfechtbar seien und nur solche Beschlüsse nichtig im Sinn des § 7 VerG 2002 sein sollen, die im Gesellschaftsrecht als (unheilbare) „Nichtbeschlüsse" angesehen werden würden.
Hiezu wurde erwogen:
4. Gesetzlicher Vertreter eines Vereins, der eine prozessunfähige juristische Person ist (3 Ob 300/05x), ist das nach den Statuten zur Vertretung des Vereins nach außen berufene Organ („Leitungsorgan"; § 3 Abs 1 und 3 VerG 2002). Gemäß § 6 Abs 1 ZPO ist der Mangel der gesetzlichen Vertretung - eine Prozessvoraussetzung - in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu berücksichtigen. Kann dieser Mangel beseitigt werden, so hat das Gericht die hiezu erforderlichen Aufträge zu erteilen und zu ihrer Erfüllung von Amts wegen eine angemessene Frist zu bestimmen, bis zu deren fruchtlosem Ablauf der Ausspruch über die Rechtsfolgen des Mangels aufgeschoben bleibt. Nur ein unbehebbarer Mangel führt zur sofortigen Zurückweisung der Klage und Nichtigerklärung aller nicht rechtskräftigen bisher gesetzten Verfahrensschritte (§ 7 ZPO; 7 Ob 109/98z; vgl Fucik in Rechberger³, ZPO § 6 Rz 1 und 2 mwN).
5. Im Zwischenstreit um die (fragliche) Prozessvoraussetzung ist von deren Vorliegen auszugehen (1 Ob 103/75 = SZ 48/76; RIS‑Justiz RS0035423).
6. Das Vereinsgesetz 2002 ist mit 1. 7. 2002 in Kraft getreten (§ 33 Abs 1 VerG 2002). Gleichzeitig trat das Vereinsgesetz 1951 außer Kraft. Die klagende Partei behauptet, diejenigen Personen, die dem einschreitenden Rechtsanwalt Prozessvollmacht im Namen des Vereins erteilten, seien auf dem Kongress des Vereins in Warschau am 13. 6. 2003 in ihre Vereinsfunktionen gewählt worden. Die Wirksamkeit der behaupteten Wahl zu Vertretern des Vereins nach dem 1. 7. 2002 ist daher nach dem Vereinsgesetz 2002 zu beurteilen. Die Berufung auf die einem Rechtsanwalt erteilte Prozessvollmacht ersetzt nur den Nachweis, dass die für den Verein nach außen als Vertreter Auftretenden die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts vorgenommen haben (vgl 7 Ob 109/98z). Die Beklagten haben die Unwirksamkeit der behaupteten Wahl auf dem Kongress in Warschau am 13. 6. 2003 eingewandt und hiezu Tatsachen vorgetragen. Es ist unerheblich, dass sie die Unwirksamkeit nicht ausdrücklich auf eine Sittenwidrigkeit der Wahl stützten.
7. § 7 VerG 2002 lautet:
„Beschlüsse von Vereinsorganen sind nichtig, wenn dies Inhalt und Zweck eines verletzten Gesetzes oder die guten Sitten gebieten. Andere gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse bleiben gültig, sofern sie nicht binnen eines Jahres ab Beschlussfassung gerichtlich angefochten werden. Jedes von einem Vereinsbeschluss betroffene Vereinsmitglied ist zur Anfechtung berechtigt."
Aus dieser - dem VerG 1951 unbekannten - Bestimmung folgt, dass gesetz- oder auch statutenwidrige Beschlüsse eines Vereins bis zu ihrer erfolgreichen Anfechtung wirksam sind, es sei denn Inhalt und Zweck eines verletzten Gesetzes oder die guten Sitten erforderten die absolute Nichtigkeit des Beschlusses (4 Ob 150/07y mH auf ErläutRV 990 BlgNR 21. GP 27; vgl RIS‑Justiz RS0121262; Fessler/Keller, Kommentar zum Vereinsgesetz 2002, 102; Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine² 169). Sie orientiert sich, was die Differenzierung zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit betrifft, an den §§ 195 ff AktG, die Fehlerhaftigkeiten der Hauptversammlungsbeschlüsse von Aktionären (und hiezu erforderlicher Sonderbeschlüsse) in Nichtigkeits- und in Anfechtungsgründe einteilen. Details dieser Regelungen wurden aber nicht übernommen (Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber‑Schallauer, VerG 2002 § 7 Rz 9). § 7 VerG 2002 bezieht sich nicht nur auf Beschlüsse der Mitgliederversammlung, sondern auf Beschlüsse aller Vereinsorgane. Die Heilung nichtiger Beschlüsse - wie sie zum Beispiel § 200 Abs 2 AktG für einen wegen eines Einberufungsmangels (§ 199 Abs 1 Z 1 AktG) nichtigen Hauptversammlungsbeschluss vorsieht - normiert das VerG 2002 nicht.
8. Nichtige Beschlüsse kommen von Anfang nicht gültig zustande und sind daher rechtsunwirksam (Krejci et al VereinsG 2002 § 7 Rz 10). Auf die (absolute) Nichtigkeit eines Beschlusses eines Vereinsorgans kann sich jedermann berufen (vgl § 201 Abs 1 AktG; Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 201 Rz 6). Die Einführung bloß anfechtbarer Vereinsbeschlüsse erfolgte aus Gründen der Rechtssicherheit (vgl ErläutRV 990 BlgNR 21. GP 27 f).
9. Der Gesetzgeber hat der Rechtsprechung die Konkretisierung überlassen, wann eine Nichtigkeit eines Beschlusses eines Vereinsorgans vorliegt, insbesondere weil dies die guten Sitten gebieten. Eine Gesetzesverletzung scheidet im vorliegenden Fall als Nichtigkeitsgrund aus. Ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt in einer groben Rechtswidrigkeit ohne Verletzung eines Verbotsgesetzes (vgl 3 Ob 516/89 = SZ 62/123; 4 Ob 602/73 = SZ 47/8 ua; Strasser in Strasser/Jabornegg, AktG4 § 199 Rz 11 mwN; Krejci in Rummel, ABGB³ § 879 Rz 48 ff).
10. Im Anlassfall wird von den Beklagten in erster Linie ein - die Mitgliederversammlung am 13. 6. 2003 betreffender - Einberufungsmangel geltend gemacht. Der Beschluss eines Vereinsorgans kann auch wegen der Art seines Zustandekommens gegen die guten Sitten verstoßen und deshalb nichtig sein, enthält doch § 7 VerG 2002 keine Beschränkung auf eine inhaltliche Sittenwidrigkeit des Beschlusses eines Vereinsorgans.
Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ist auf Basis der der Entscheidung zugrundezulegenden Feststellungen des Erstgerichts, die vom Rekursgericht übernommen wurden, eine Nichtigkeit der Wahl der im Anlassfall für die klagende Partei als gesetzliche Vertreter einschreitenden Personen am 13. 6. 2003 in Warschau gegeben (falls die Wahl stattgefunden hat):
11. Bestimmungen in Vereinsstatuten sind grundsätzlich nach §§ 6 f ABGB auszulegen. Maßgebend ist der objektive Sinn statutarischer Bestimmungen; die Auslegung hat sich am Vereinszweck und den berechtigten Interessen der Mitglieder zu orientieren. Unklare oder mehrdeutige Bestimmungen sind in vernünftiger und billiger Weise so auszulegen, dass ihre Anwendung im Einzelfall brauchbare und vernünftige Ergebnisse zeitigt (RIS‑Justiz RS0008813). Im Anlassfall ist es nach dem Inhalt des Vereinsstatuts Aufgabe des „Kongresses", die Mitglieder des Vorstands „zu ernennen". Der Kongress ist die „ordentliche Vorstandsversammlung" („the regular Directors' Meeting"). Aus Punkt 10 Z 5 der Satzung des Vereins über die Teilnahme- und Stimmberechtigung am Kongress ergibt sich, dass der Kongress eine Versammlung der Mitglieder des Vereins ist. Die „Vorstandsversammlung" ist das nach den Statuten zur gemeinsamen Willensbildung der Vereinsmitglieder vorgesehene Organ; sie ist eine Mitgliederversammlung im Sinn des § 5 Abs 1 VerG 2002.
Zutreffend hat das Rekursgericht die Auslegungsbedürftigkeit von Punkt 10 Z 4 erster Satz der Vereinssatzung erkannt (im englischen Original: „A written invitation has to be sent out to the members of the Board of Directors to regular, as well as to special, meetings 4 weeks in advance."). Die nach dem Wortlaut der Bestimmung angeordnete schriftliche Einladung der „Mitglieder des Vorstands" zu ordentlichen und außerordentlichen Vorstandsversammlungen (directors' meetings) ergibt nämlich keinen rechten Sinn, ist doch der Vorstand das Vereinsorgan, das die Vorstandsversammlungen einzuberufen hat (Punkt 13 lit c des Statuts). Einzuladen sind nach Sinn und Zweck der Bestimmung die an der „Vorstandversammlung" teilnahmeberechtigten Vereinsmitglieder (nicht - wie das Rekursgericht meint - die Delegierten, weil diese nach Punkt 10 Z 7 der Satzung als Vertreter der Mitgliedorganisation von dieser entsandt werden und in der Regel im Zeitpunkt der Einladung noch nicht bekannt sein werden, wie die Rekurswerber zu Recht ausführen). Die Einladung der Vereinsmitglieder ist zudem von der Sache her insbesondere bei Abstimmungen (Wahlen) geboten, dient sie doch dem Interesse sämtlicher Mitglieder an einer recht- und ordnungsmäßigen Willensbildung.
12. Im vorliegenden Fall steht fest, dass „nur an etwa die Hälfte der Landesverbände" Einladungen zur Versammlung in Warschau versandt wurden. Es ist im Übrigen weiters schon aufgrund der festgestellten Art der Vorgehensweise des die Einladungen Aussendenden davon auszugehen, dass dies nicht bloß versehentlich geschah. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung die Feststellung traf: „Offensichtlich sollte dadurch, dass bei diesem Kongress ganz neue, bis dahin nicht existente Landesverbände auftauchten, bzw völlig andere Personen anwesend waren als jene, die bis dahin die Landesverbände vertreten hatten, die nötige Anwesenheit und Beschlussfähigkeit hergestellt werden."
13. Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass für eine wirksame Beschlussfassung einer Personenmehrheit - wie einem Verein - ganz allgemein der Grundsatz anerkannt wird, dass selbst mangels diesbezüglicher positiv‑rechtlicher Vorschriften oder organisatorischer Regelungen über die zu beachtenden Förmlichkeiten bei sonstiger Unwirksamkeit der Beschlussfassung allen an der Mitwirkung bei der Willensbildung berufenen Personen (Mitgliedern) die Tatsache der beabsichtigten Beschlussfassung rechtzeitig mitgeteilt und ihnen auch Gelegenheit zur sachlichen Stellungnahme geboten werden muss (2 Ob 196/01i mwN; RIS‑Justiz RS0017963). Die Mitgliederversammlung eines Vereins als Willensbildungsorgans ist das oberste Vereinsorgan. Bei einem Personenverband bedeutet die Nichteinladung stimmberechtigter Mitglieder zu einer beschließenden Versammlung einen besonders schweren Verstoß gegen diese tragenden Grundsätze des Verbandsrechts. Jedenfalls dann, wenn beinahe die Hälfte der Anzahl der Mitglieder nicht eingeladen wurde, gebietet es diese besondere und grobe Rechtswidrigkeit, wodurch nicht einmal der Anschein rechtmäßigen Handels gewahrt ist, bei trotzdem durchgeführter Abstimmung in der bedeutenden Angelegenheit der Wahl zum Leitungsorgan des Vereins durch dessen Mitgliederversammlung die Nichtigkeit des Beschlusses oder der Wahl anzunehmen (vgl auch Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine², 74), es sei denn, dass alle Mitglieder erschienen oder vertreten waren und der Durchführung der Versammlung nicht widersprochen haben (vgl § 199 Abs 1 Z 1 AktG), was nach dem Akteninhalt hier nicht der Fall war. Wegen der Unwirksamkeit einer allfälligen Wahl der drei Personen, die dem für die klagende Partei einschreitenden Rechtsanwalt Prozessvollmacht erteilten, sind für diese Partei Personen eingeschritten, die nicht deren gesetzliche Vertreter waren.
14. Krejci et al, Vereinsgesetz 2002 § 7 Rz 29, zufolge sollen wegen Einberufungsmängeln fehlerhafte Beschlüsse von Vereinsorganen offenbar nur anfechtbar sein. Nähmen die Mitglieder solche Fehler hin und finde sich niemand, der sie binnen Jahresfrist bekämpfe, so erscheine es angesichts des Umstands, dass niemand die Beschlüsse bekämpft habe, gerechtfertigt, von ihrer Gültigkeit auszugehen. Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen, stellt sie für die Annahme einer bloßen Anfechtbarkeit auf die Kenntnis des Fehlers ab, worauf es aber bei der Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit nicht ankommt. Auch wenn dieser weiten Auffassung von Krejci et al nicht zu folgen ist, so bedeutet diese Ablehnung nicht, dass der erkennende Senat vertritt, Einberufungsmängel jedweder Art führten stets zu einem nichtigen Beschluss eines Vereinsorgans. Gerade im Bereich der Verfahrensvorschriften wird eine Differenzierung geboten sein, um dem vom Gesetzgeber mit Einführung anfechtbarer Beschlüsse im Vereinsrecht verfolgten Zweck zu entsprechen. Eine weitere Erörterung dieser Frage ist im Anlassfall mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch nicht geboten.
15. Die nach § 200 Abs 2 AktG mögliche Heilung wegen Einberufungsmängel nichtiger Beschlüsse einer Hauptversammlung ist kein überzeugender Grund für die Auffassung des Rekursgerichts, dass selbst schwerste Mängel dieser Art im Vereinsrecht nur zur Anfechtbarkeit führen. Die Vorschrift des § 200 AktG sucht einen Kompromiss zwischen dem Gebot, Beschlüsse mit schweren Mängeln nicht anzuerkennen, und dem Gebot der Rechtssicherheit (vgl Karsten Schmidt in GroßKomm z AktG4 § 241 Rz 1 f). Dass der Gesetzgeber im Vereinsrecht eine Heilung nichtiger Beschlüsse von Vereinsorganen nicht vorsah, ist kein hinreichender Anhaltspunkt für das sehr enge Verständnis des Rekursgerichts von Nichtigkeit im Sinn des § 7 VerG 2002. Der Gesetzgeber hat eben die Details der aktienrechtlichen Regelungen fehlerhafter Beschlüsse einer Hauptversammlung nicht übernommen und zudem mit § 7 VerG 2002 eine Vorschrift für fehlerhafte Beschlüsse sämtlicher Organe eines Vereins und nicht nur der Mitgliederversammlung geschaffen. Vielmehr könnte erwogen werden, ob aus Gründen der Rechtssicherheit im Vereinsrecht analog zu § 200 Abs 2 AktG die Heilung von eine Mitgliederversammlung betreffenden Einberufungsmängeln zu befürworten ist. Im Anlassfall muss dieser Frage indessen nicht weiter nachgegangen werden, wurde doch der zur Nichtigkeit einer Wahl auf der Versammlung am 13. 6. 2003 in Warschau führende Einberufungsmangel schon wenige Monate nach dieser Versammlung im Anlassfall geltend gemacht. Der zwischenzeitige Ablauf einer Heilungsfrist von drei Jahren ab Eintragung des Beschlusses im Vereinsregister würde nicht zu einer Heilung geführt haben (vgl Strasser in Jabornegg/Strasser aaO § 201 Rz 4).
16. Da die Nichtigkeit einer (allfälligen) Wahl der Vollmachtserteilenden schon aus dem genannten Grund zu bejahen ist, ist auf die weiteren Ausführungen der Rekurswerber, insbesondere zu sonstigen Fehlern der Beschlussfassung als Nichtigkeiten, nicht einzugehen.
17. Auch wenn die Rechtsauffassung des Rekursgerichts nicht geteilt wird und der auf dieser beruhende Auftrag zur Verfahrensergänzung deshalb nicht begründet ist, bleibt es bei dem Aufhebungsbeschluss zum Zweck der Durchführung des Sanierungsverfahrens nach § 6 Abs 2 ZPO. Wer aktuell der dem Verfahren beizuziehende gesetzliche Vertreter der klagenden Partei ist, wodurch der Mangel beseitigt werden könnte, lässt sich dem Akt nicht mit Sicherheit entnehmen, sodass auch nicht gesagt werden kann, dass der Mangel unbehebbar ist, weil eine - ausdrücklich, unbedingte (6 Ob 4/83 = SZ 56/65) - Genehmigung der bisherigen Verfahrensschritte durch diesen nicht zu erreichen wäre. Nach der hier vertretenen Auffassung wurde C***** U***** bei der „Sondersitzung" am 22. 9. 2002 in Pyöngjang nicht wirksam zum Präsidenten bestellt, war doch diese ad‑hoc Versammlung einer Minderheit der Mitglieder kein vom zuständigen Vereinsorgan einberufener, für die Wahl des Präsidenten zuständiger Kongress, zu dem alle Mitglieder unter Bekanntgabe der anstehenden Wahl geladen worden wären. Ob er am 12. 6. 2003 in Thessaloniki zum Präsidenten der klagenden Partei wirksam gewählt (bestellt) wurde, lässt sich nach dem feststehenden Sachverhalt nicht beurteilen, fehlen doch insbesondere Feststellungen dazu, wer diese Versammlung einberufen hat und ob zu dieser Versammlung alle Mitglieder ordnungsgemäß eingeladen wurden. Das Erstgericht wird daher - unter Beteiligung der Parteien - zunächst zu klären haben, wer gesetzlicher Vertreter der klagenden Partei ist, und diesen sodann dem Verfahren beiziehen müssen.
16. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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