Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist selbständige Taxiunternehmerin und Mitglied des beklagten Vereins. Aufgabe des Vereins ist es nach seinen Statuten ua, die Annahme und Vermittlung von Aufträgen für Taxifahrten zu erleichtern. Der Verein betreut derzeit etwa 250 Fahrzeuge von Mitgliedern und Partnern. Er ist in der Stadt S***** Marktführer; seine Rufnummer ist in der Bevölkerung nahezu lückenlos bekannt.
Seine Statuten enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:
„§ 2 Zweck des Vereines Der Verein, dessen Tätigkeit weder auf Gewinn für sich noch für seine Mitglieder ausgerichtet ist, bezweckt: (2)
Die Schaffung, den Betrieb und die Erhaltung von Verständigungsmöglichkeiten aller Art, auch unter Zuhilfenahme technischer und elektronischer Einrichtungen und Kommunikationsmittel.
§ 3 Vorgesehene Tätigkeiten zur Verwirklichung der Vereinszwecke (2)
Der Betrieb und die Erhaltung einer Telefon- und Funkzentrale bzw einer sonstigen technischen bzw elektronischen Einrichtung, welche den aktiven Mitgliedern sowie den Partnern zur Verfügung steht. (9)
Die Erlassung einer Betriebs-, Funk- und Disziplinarordnung (BFDO) als integrierender Bestandteil der Statuten zur Regelung des vereinsinternen Ablaufes.
§ 6 Erwerb der Mitgliedschaft (1) Bewerber um die aktive Mitgliedschaft haben ein schriftliches Ansuchen an den Vereinsvorstand zu richten, welchem eine Kopie der Konzessionsurkunde beizuschließen ist. Der Vorstand entscheidet über die Aufnahme mittels Abstimmung in nicht öffentlicher Sitzung endgültig. Für die Aufnahme ist eine Zweidrittelstimmenmehrheit erforderlich.
§ 7 Beendigung der Mitgliedschaft (1) Die aktive und inaktive Mitgliedschaft wird beendet: f/ Durch Ausschluss. Dieser kann durch den Vorstand aus disziplinären Gründen, wegen gröblicher Verletzung der Mitgliedspflichten, wegen ehrenwidrigem, statutenwidrigem oder vereinsschädigendem Verhalten verfügt werden. g/ Gegen (...) den Ausschluss ist binnen 14 Tagen ab Zustellung des diesbezüglichen Verständigungsschreibens ein schriftlicher und begründeter Einspruch an die ordentliche Generalversammlung zulässig. Bis zu deren Entscheidung ruhen die Mitgliedsrechte, der Vereinsbeitrag reduziert sich auf die für das Mitglied zu erbringenden Post- und sonstigen Gebühren.
§ 8 Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder (1) Alle Mitglieder, ausgenommen solche, deren Mitgliedschaft ruht, sind unter Maßgabe des Abs 2 berechtigt, die Vereinseinrichtungen zu benützen, an den Aktivitäten des Vereines teilzunehmen und die Generalversammlung zu besuchen. (…) (2) Aktiven Mitgliedern ist vorbehalten: d/ die Teilnahme am Funkverkehr durch Benützung der Telefon- und Funkzentrale oder einer sonstigen technischen bzw elektronischen Einrichtung mit dem oder den gemeldeten Fahrzeugen. (3) Alle Mitglieder haben die Interessen des Vereines zu fördern und das Ansehen des Vereines in der Öffentlichkeit bestmöglich zu wahren; sie haben alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Vereines abträglich sein könnte. Weiters haben alle Mitglieder die geltenden Rechtsnormen, die Vereinsstatuten samt Betriebs-, Funk- und Disziplinarordnung (BFDO) sowie die Beschlüsse der Vereinsorgane zu beachten und zu respektieren und auch für die Einhaltung der BFDO durch Lenker zu sorgen bzw Vorsorge zu treffen. Beschlüssen der Vereinsorgane und Weisungen des Obmannes/der Obfrau ist unverzüglich nachzukommen. (5) Alle Mitgliedsrechte sind ausschließlich persönlich auszuüben, eine wie immer geartete Stellvertretung ist unzulässig; lediglich die Teilnahme am Funkverkehr kann Nichtmitgliedern, welche im Besitz eines gültigen Funkausweises und/oder einer ID-Card sind, bis auf Widerruf gestattet werden. (7) Mitglieder können gegenüber der Vereinigung, deren Organen und Funktionären keine darüber hinausgehenden, wie immer gearteten Rechte oder sonstigen Ansprüche, egal welcher Art, geltend machen bzw aus der Mitgliedschaft ableiten.
§ 12 Der Vereinsvorstand und sein Aufgabenbereich (1) Der Vereinsvorstand ist das Leitungsorgan des Vereins. (13) Der Aufgabenbereich des Vorstandes umfasst die Besorgung aller Vereinsangelegenheiten, welche nicht der Generalversammlung vorbehalten oder anderen Vereinsorganen zugewiesen sind. Insbesondere kommen dem Vorstand folgende Aufgabenbereiche zu: g/ (...) Ausschluss des Vereinsmitgliedes gemäß § 7.
§ 15 Das Schiedsgericht (1) In allen Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis entscheidet das Schiedsgericht. Ausgenommen hiervon ist der Ausschluss (...) eines Mitglieds."
Die Betriebs-, Funk- und Disziplinarordnung (BFDO) des Vereins enthält unter anderem folgende Regelungen:
„II. Betriebsordnung
2. Alle im Fahrdienst tätigen Personen haben die Interessen der Vereinigung zu fördern und deren Ansehen in der Öffentlichkeit bestmöglich zu wahren. Sie haben alles zu unterlassen, was den Interessen und dem Ansehen der Vereinigung abträglich oder gar schädlich sein könnte. 6. Alle im Fahrdienst tätigen Personen haben sich einem Dienstleistungsgewerbe entsprechend zu verhalten. Jeder Fahrgast ist mit gebührender Höflichkeit zu behandeln und bei Bedarf zu unterstützen.
III. Funkordnung
A. Funkausweis und ID-Card
1. Voraussetzung für den Erhalt eines Funkausweises bzw einer gültigen ID-Card ist das Vorhandensein eines gültigen Taxilenkerausweises für das geografische Geschäftsgebiet der SFV. Der Funkausweis und die ID-Card werden nach erfolgreicher Absolvierung der vorgesehenen Schulungen der SFV und nach Unterwerfung unter die BFDO ausgehändigt. 2. Alle im Fahrdienst tätigen Personen müssen über eine ID-Card verfügen. Diese ist Voraussetzung zur Teilnahme am Datenfunkbetrieb; sie ist im Fahrdienst stets mitzuführen und auf Verlangen Funktionären oder berechtigten Mitarbeitern der Vereinigung vorzuweisen. Unabhängig von allfälligen Disziplinarmaßnahmen ist die Vereinigung berechtigt, die Gültigkeit der ID-Card zu befristen oder auf Zeit bzw Dauer zu widerrufen.
IV. Disziplinarordnung
A. Einleitung
1. Die Vereinigung ist berechtigt, jedwede Verstöße gegen die Bestimmungen der BFDO (für Mitglieder auch gegen Bestimmungen der Statuten) durch Verhängung von Sofortmaßnahmen und/oder Disziplinarmaßnahmen zu ahnden. Gleiches gilt für jegliche Verhaltensweisen, die geeignet sind, das Ansehen und die Interessen der Vereinigung in der Öffentlichkeit zu gefährden.
B. Sofortmaßnahmen
1. Die Verhängung von Sofortmaßnahmen stellt eine Disziplinierung in vereinfachter Form dar. Sie ist nur dann zulässig, wenn dies die BFDO normiert oder Gefahr in Verzug ist. Die Sofortmaßnahme kann in einer Ungültigerklärung der ID-Card für maximal 96 Stunden (…) oder in der Erteilung von Weisungen oder Auflagen bestehen. 2. Das Einspruchsverfahren gegen Sofortmaßnahmen gelangt analog dem Einspruchsverfahren gegen Disziplinarmaßnahmen zur Anwendung.
C. Disziplinarmaßnahmen
1. Folgende Arten von Disziplinarmaßnahmen sind vorgesehen:
schriftliche Verwarnung, Geldbuße bis zu einer Höhe von 700 EUR, Ungültigerklärung der ID-Card auf Zeit, Widerruf der Gültigkeit der ID-Card auf Dauer, Ruhen der Mitgliedschaft bis zu 12 Monaten (nur bei Mitgliedern), Ausschluss aus der Vereinigung (nur bei Mitgliedern) (...) 2. Disziplinarerkenntnisse haben die Gewichtigkeit des zu beurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen, wie auch auf vorangegangene Sofort- und Disziplinarmaßnahmen Bedacht zu nehmen. Generell sind allfällige Milderungs- und Erschwernisgründe zu berücksichtigen. Aus besonders gewichtigen Gründen kann die strengste Disziplinarmaßnahme auch im erstmaligen Disziplinarverfahren verhängt werden.
D. Organe
1. Über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen entscheidet grundsätzlich der Vorstand, welcher jedoch berechtigt ist, die Befund- und Beweisaufnahme an einen aus mindestens drei Vorstandsmitgliedern bestehenden Unterausschuss zu delegieren. Über die Verhängung von Sofortmaßnahmen entscheidet ein Vorstandsmitglied im Zusammenwirken mit der Zentralleitung. 2. Zweite Instanz ist das Schiedsgericht der Vereinigung. Lediglich über den Ausschluss eines Mitgliedes aus der Vereinigung entscheidet die nächst-stattfindende Generalversammlung. 3. Mit der Befassung der zuständigen Rechtsmittelinstanz ist der Instanzenzug erschöpft, die Entscheidung ist endgültig.
E. Verfahren
1. Im Verfahren über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen wie auch im Rechtsmittelverfahren ist zunächst die ordnungsgemäße Besetzung und sodann die Beschlussfähigkeit festzustellen. Dem Beschuldigten kommt jeweils die Berechtigung zur Anhörung zu, bei Nichterscheinen trotz Einladung kann das Verfahren jedoch ohne eine solche abgeschlossen werden. Im Rechtsmittelverfahren kommt auch dem erstinstanzlichen Entscheidungsträger Gehör zu. 2. Jedermann ist berechtigt, Zeugen oder andere Beweismittel beizubringen. Dies gilt nur im Verfahren I. Instanz, in II. Instanz gilt Neuerungsverbot. 3. Das Ergebnis ist durch Abstimmung (einfache Stimmenmehrheit) zu ermitteln, wobei jeder Abstimmende seine Entscheidung objektiv und nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen hat. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. 4. Die Entscheidung kann mündlich (nur bei Anwesenheit des Beschuldigten) oder schriftlich verkündet werden. Im Falle mündlicher Verkündung erfolgt eine schriftliche Ausfertigung nur auf Antrag hin.
H. Schadenersatz
1. Auch wenn eine verhängte Disziplinarmaßnahme vermindert oder aufgehoben bzw im Falle von verhängten Sofortmaßnahmen deren Unrechtmäßigkeit festgestellt wird, ist jeglicher Schadenersatz- oder sonst möglicher Anspruch gegenüber der Vereinigung, deren Organen, Funktionären und Mitarbeitern ausgeschlossen und wird durch die Unterwerfungserklärung auf die Geltendmachung eines solchen ausdrücklich verzichtet."
Die Klägerin hat die BFDO zur Kenntnis genommen und sich ihr vorbehaltlos unterworfen; sie hat auch zur Kenntnis genommen, dass der Verein unabhängig von allfälligen Disziplinarmaßnahmen zu einem Widerruf der Gültigkeit der ID-Card auf Zeit oder Dauer berechtigt ist. Die Klägerin hatte in den vergangenen Jahren fallweise Probleme mit Rezeptionisten mehrerer S***** Hotels, ohne dass bescheinigt ist, inwiefern sie ein Verschulden an diesen Vorfällen getroffen hätte. Gegen sie ergingen etwa vier Mal Disziplinarentscheidungen nach der BFDO, wobei ihre ID-Card zweimal für jeweils 24 Stunden und einmal für drei Monate für ungültig erklärt wurde; einmal erhielt sie eine schriftliche Verwarnung. Mit Schreiben an den Verein vom 11. 7. 2006 beschwerte sich der Geschäftsführer eines S***** Hotels, dass die Lenkerin des Taxis mit dem Kennzeichen der Klägerin sowohl ihm gegenüber als auch gegenüber einem Hotelgast ein primitives, ordinäres und freches Verhalten an den Tag gelegt habe. Er untersagte deshalb allen Taxilenkern des Vereins die Benützung der Toiletteanlagen in seinem Hotel. Es steht nicht fest, dass die Klägerin an diesem Tag tatsächlich einen Hotelgast beschimpft oder in ordinärer Weise behandelt und/oder gegenüber dem Geschäftsführer des Hotels eine freche oder ordinäre Ausdrucksweise gebraucht hätte. Es steht auch nicht fest, inwiefern die Taxilenker des Vereins vor dem geschilderten Vorfall die Toiletten des betreffenden Hotels benutzen durften.
Nach Erhalt der schriftlichen Beschwerde führte der Verein ein „Blitzverfahren" durch, ohne der Klägerin die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben zu haben. Mit eingeschriebenem Brief vom 13. 7. 2006 teilte der Verein der Klägerin mit, dass er die Gültigkeit deren ID-Card gemäß Punkt (III.) A. 2. der Funkordnung auf Dauer mit sofortiger Wirkung widerrufen habe; die Klägerin sei „daher ab sofort nicht mehr berechtigt, die Funkeinrichtungen der S*****-Vereinigung zu benützen bzw am Funkverkehr teilzunehmen. (Zur Klarstellung: Ihre beiden Taxifahrzeuge sind von dieser Maßnahme nicht betroffen!)". Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. 7. 2006 wandte sich die Klägerin an das Schiedsgericht des Vereins und begehrte, den Verein zu verpflichten, die Funkverbindung zur Klägerin zur Fahrtenvermittlung umgehend wiederherzustellen, künftig diesen Anspruch beeinträchtigende Handlungen wie das Abschalten des Funks zu unterlassen und der Klägerin den durch den rechtswidrigen Ausschluss aus der Funkverbindung entstandenen Umsatzentgang zu ersetzen. Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 27. 7. 2006 beantragte die Klägerin beim Schiedsgericht die Verfügung, die Beklagte schuldig zu erkennen, bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts über den am Vortag gestellten Antrag die Funkverbindung umgehend wiederherzustellen und künftig diesen Anspruch beeinträchtigende Handlungen wie das Abschalten des Funks zu unterlassen. Der Rechtsvertreter des Vereins erwiderte darauf mit Schreiben vom 31. 7. 2006, dass ein einstweiliger Rechtsschutz weder in den Statuten, was zutrifft, noch im VerG 2002 vorgesehen sei. Der Antrag der Klägerin vom 26. 7. 2006 wurde vom Schiedsgericht der Beklagten am 17. 1. 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, es handle sich dabei um keine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis, weshalb das Schiedsgericht nicht zuständig sei. Auch diese Entscheidung erging ohne Anhörung der Klägerin. Der Klägerin erwachsen infolge ihres Ausschlusses vom Funkverkehr des Vereins Umsatzeinbußen und sonstige wirtschaftliche Nachteile, zB Mehrkosten für die Beschäftigung von zum Funkverkehr berechtigten Taxifahrern. Sie hat dem Verein einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 270,76 EUR pro Fahrzeug, für ihre beiden Taxifahrzeuge demnach zusammen 6.498,24 EUR jährlich inkl USt zu zahlen. Zusätzlich ist pro Fahrzeug ein jährlicher Werbungsbeitrag von 87,20 EUR inkl USt zu leisten. Als Äquivalent für diese Beiträge hatte die Klägerin bis zum Widerruf das Recht, mittels einer eigenen ID-Card am Funkverkehr teilzunehmen. Abgesehen von der persönlichen Funksperre kann die Klägerin die sonstigen Leistungen der Beklagten (dazu zählen Informationsveranstaltungen, Teilnahme an der Generalversammlung, Ausübung ihres Stimmrechts in der Generalversammlung, Nutzung der Serviceeinrichtungen des Vereins, zB Rechnungsformulare, Werbegeschenke, bargeldloser Zahlungsverkehr) in Anspruch nehmen. Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte die Klägerin, dem beklagten Verein mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, umgehend die Funkverbindung zu ihr zur Fahrtenvermittlung wiederherzustellen, insbesondere durch Aufhebung der Sperre ihrer ID-Card, und künftig diesen Anspruch beeinträchtigende Handlungen, wie das Ausschalten des Funks zu ihr, zu unterlassen. Die Teilnahme am Funkverkehr und damit an der Fahrtenvergabe über Funk sei das zentrale und wichtigste Mitgliedsrecht von Vereinsmitgliedern. Der Entzug dieses Rechts ohne Begründung und auf Dauer entziehe der Klägerin die Möglichkeit, die Funkeinrichtungen und die Dienste der Fahrtenvermittlung des Vereins zu nutzen. Dies sei ein schwerwiegender und existenzgefährdender Nachteil, weil Taxifahren ohne Funk einen größeren Zeit- und Fahrtaufwand sowie eine Umsatzeinbuße von bis zu 60 % zur Folge habe. Dieser Schaden lasse sich auch nicht dadurch vermeiden, dass die bisherige eigene Fahrtätigkeit der Klägerin von angestellten Taxilenkern übernommen werde, weil ein Mangel an ausgebildeten Taxifahrern herrsche und angestellte Fahrer zu entlohnen seien. Das Unternehmen der Klägerin sei aufgrund der Konkurrenz- und Preissituation nur dann wirtschaftlich zu betreiben, wenn sie ihre volle Arbeitsleistung einbringen könne. Die als Grund für den Ausschluss vom Funkverkehr herangezogenen Anschuldigungen eines Hoteliers seien unzutreffend und vom Verein nicht überprüft worden. Diese Anschuldigungen berechtigten die Beklagte nicht, der Klägerin gegenüber rechtswidrige Maßnahmen zu setzen, nur um einen Nachteil vom Verein abzuwenden, für den die Klägerin nicht verantwortlich sei. Die Sperre der ID-Card ohne vorherige Anhörung, ohne Vereinsausschluss und ohne Abführung eines Disziplinarverfahrens sei ein rechts- und sittenwidriger Eingriff in die Mitgliedsrechte der Klägerin. Das Recht der Klägerin auf Teilnahme am Funkverkehr sei privatrechtlicher Natur und könne durch einstweilige Verfügung gesichert werden. Die Sperre der ID-Card der Klägerin sei im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgt; der Verein nutze seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich aus, behindere die Klägerin in ihrem Erwerb und zwinge sie dazu, entweder Umsatzeinbußen oder einen Kostenmehraufwand für den Einsatz angestellter Fahrer in Kauf zu nehmen. Dies sei als Verstoß gegen § 1 UWG zu beurteilen. Ein unwiederbringlicher Schaden drohe deshalb, weil sich im Hinblick auf § 8 Abs 7 der Statuten erst in einem nachfolgenden Schadenersatzverfahren herausstellen werde, ob überhaupt Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht werden könnten.
Der beklagte Verein beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Dass es der Klägerin infolge Ungültigerklärung ihrer ID-Card verwehrt sei, persönlich die Funkeinrichtungen der Beklagten zu benützen, hindere sie nicht am Betrieb eines Taxiunternehmens und am Lenken eines Taxis. Ihre Beschäftigten könnten mit den von ihr gehaltenen Taxifahrzeugen die Telekommunikationseinrichtungen des Vereins weiterhin uneingeschränkt nutzen. Der Klägerin drohe kein unwiederbringlicher Schaden. Der Verein handle nicht in Wettbewerbsabsicht; insbesondere erhalte er kein Entgelt für die Fahrtenvermittlung, weil diese Teil der Vereinszwecke sei und mit den Vereinsbeiträgen pauschal abgegolten werde. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Der Sicherungsantrag verlange Unmögliches, zumal nicht die Klägerin persönlich mit Funkeinrichtungen ausgerüstet sei, sondern ihre Fahrzeuge. Der Unterlassungsantrag sei unzulässig, weil er auch berechtigte künftige Sanktionen ausschließe. Die verhängte Sperre bedürfe angesichts der Vereinsautonomie keiner Begründung; es stehe der Beklagten frei, welche Personen sie an der Datenkommunikation teilnehmen lasse und welche nicht. Gegen die Klägerin seien bereits mehrfach Disziplinarverfahren nach der BFDO abgeführt worden; der Verein habe schon eine Vielzahl von Beschwerden über die Klägerin erhalten, die immer wieder und in vielen Hotels für unliebsame Vorfälle gesorgt habe. Für den Vorstand der Beklagten sei daraus erkennbar geworden, dass gegen den Charakter, das Naturell, die Diktion und das Verhalten der Klägerin weder eine gütliche Regelung noch eine Disziplinarmaßnahme helfe. Die nach der Beschwerde vom 11. 7. 2006 getroffene Maßnahme sei gerechtfertigt, weil das unleidliche, das Image der Beklagten schädigende Verhalten der Klägerin nicht hingenommen werden könne.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag mit der Einschränkung statt, dass es das an den Verein gerichtete Gebot, künftig den Anspruch der Klägerin auf Teilnahme am Funkverkehr beeinträchtigende Handlungen zu unterlassen, nur für den Fall aussprach, dass kein ordentliches Disziplinarverfahren nach der BFDO oder im Rahmen eines Vereinsausschlussverfahrens stattgefunden habe. Bei einer Gesamtschau aller Leistungen des Vereins sei die - auch persönliche - Teilnahme am Funkverkehr das zentrale Äquivalent für den von der Klägerin zu zahlenden Mitgliedsbeitrag. Es widerspreche elementaren Rechtsgrundsätzen, dass ein Vereinsmitglied ohne geregeltes Verfahren, völlig einseitig sowie ohne Möglichkeit einer Stellungnahme, der Rechtfertigung und eines geordneten Rechtsmittelverfahrens, auf Dauer nach Punkt III. A. 2. der BFDO vom Funkverkehr ausgeschlossen werde. Diese Bestimmung sei auch unter Berücksichtigung der Vereinsautonomie sittenwidrig (§ 879 Abs 1 ABGB). Andernfalls könnten Vereinsmitglieder unüberprüft, nach Willkür und ohne geordnetes Verfahren um die wesentlichen Leistungen des Vereins gebracht werden, was einer einseitigen „Verstoßung" gleichkomme. Der Verein hätte gegenüber der Klägerin ein Disziplinarverfahren nach der BFDO oder ein Ausschlussverfahren nach den Vereinsstatuten durchführen müssen, bevor er so einschneidend in ihre Rechte eingreife. Die einstweilige Verfügung sei daher mit der Einschränkung berechtigt, dass dem Verein die Möglichkeit belassen werden müsse, im Falle eines künftigen disziplinären Verhaltens der Klägerin ein Vereinsausschluss- oder Disziplinarverfahren durchzuführen und auf diese Weise eine Sperre der ID-Card zu erreichen.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige und - auf Antrag der Beklagten gem § 528 Abs 2a ZPO iVm § 508 Abs 3 ZPO - der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt zulässig sei. Der Standpunkt des Vereins, eine gerichtliche Überprüfung seiner Maßnahme scheide aus, weil die Rechtsstellung der - nicht ausgeschlossenen - Klägerin dadurch keine Veränderung erfahren habe, sei nicht zu teilen. Die Unterbindung der weiteren Teilnahme eines Vereinsmitglieds am Funkverkehr sei ein schwerwiegender Eingriff in das Mitgliedsrecht, weil die Möglichkeit, am Funkverkehr teilzunehmen, für einen Taxiunternehmer der einzige und ausschlaggebende Grund sei, Mitglied des Vereins zu sein. Dabei handle es sich um keine (jederzeit widerrufliche) „Bittleihe"; ein Mitglied erwerbe vielmehr mit dem Beitritt und der Bezahlung der vorgesehenen Mitgliedsbeiträge einen Rechtsanspruch auf Teilnahme am Funkverkehr. Eine Mitgliedschaft ohne diese Möglichkeit sei ihres wesentlichen Inhalts beraubt und wertlos. Die einseitige Unterbindung der Teilnahme der Klägerin am Funkverkehr, ohne diese vorher angehört bzw ein in den Statuten vorgesehenes (Ausschluss- oder Disziplinar-)Verfahren durchgeführt zu haben, verstoße gegen Grundsätze des Art 6 EMRK und sei damit gesetz- und/oder sittenwidrig. Eine solche Maßnahme komme in ihrer Auswirkung einem Vereinsausschluss bzw der Disziplinarmaßnahme eines Widerrufs der Gültigkeit der ID-Card auf Dauer gleich, ohne allerdings dem Mitglied die für diese Fälle vorgesehenen Verteidigungs- und Rechtsmittelmöglichkeiten einzuräumen; sie sei einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Die Auffassung des Vereins, die getroffene Maßnahme sei zum Schutz und im Interesse der anderen Vereinsmitglieder nötig und damit „als Ausnahmefall" zulässig gewesen, gehe außerhalb des festgestellten Sachverhalts davon aus, die Klägerin habe das ihr angelastete Fehlverhalten tatsächlich gesetzt.
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig; die Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab.
Der Verein macht geltend, die erlassene Anordnung sei keine Disziplinarmaßnahme, sondern diene dem Schutz anderer Vereinsmitglieder; sie lasse die Mitgliedschaft der Klägerin unangetastet und betreffe ihre Rechtsstellung nicht. Dem Verein werde in der BFDO die Wahlmöglichkeit eingeräumt, die ID-Card eines Mitglieds entweder als Maßnahme in einem Disziplinarverfahren oder aber auch ohne jedes Verfahren zu entziehen, was als eine auf der Vereinsautonomie beruhende Maßnahme vor den ordentlichen Gerichten nicht anfechtbar sei.
1.1. Soweit ein Verein Entscheidungen und Verfügungen trifft, die in die Rechtsstellung seiner Mitglieder eingreifen, geschieht dies im Rahmen des zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern begründeten Privatrechtsverhältnisses. Solche Entscheidungen und Verfügungen unterliegen daher der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte darauf, ob sie in formeller und materieller Hinsicht den Statuten und den allgemeinen Vorschriften zwingenden Rechts entsprechen (6 Ob 727/78 = SZ 51/154 = JBl 1981, 812 [zust F. Bydlinski]; 4 Ob 28/05d;
10 Ob 50/06k; RIS-Justiz RS0045138, RS0045147, RS0045572 [T10];
eingehend Rummel, Privates Vereinsrecht im Konflikt zwischen Autonomie und rechtlicher Kontrolle, FS Strasser [1983] 813 [832 ff] und Aicher in Rummel, ABGB³ § 26 Rz 46 ff).
1.2. Diese Grundsätze gelten auch für das VerG 2002 und nicht nur dann, wenn die zu überprüfende Entscheidung und Verfügung den Ausschluss eines Mitglieds zum Inhalt hat, sondern auch dann, wenn davon andere Mitgliedschaftsrechte betroffen sind (vgl 10 Ob 50/06k:
Sperre des Mitglieds eines Fußballvereins für 15 Pflichtspiele; 1 Ob 137/06p: Sperre eines Vereinsmitglieds von der Teilnahme an Vereinsveranstaltungen).
1.3. Der Oberste Gerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass die Duldung der Ausübung von Mitgliedschaftsrechten sicherungsfähig ist (9 Ob 17/02v: Sicherungsmaßnahmen gegen einen Flieger-Club; 7 Ob 283/02x = JBl 2003, 648: Ausschluss aus einem Golfclub; 10 Ob 50/06k: Sperre des Mitglieds eines Fußballvereins für 15 Pflichtspiele).
2. So wie die Rechtsprechung beim Verstoß gegen Grundsätze des fair trial (Art 6 EMRK) ungeachtet eines vereinsinternen Instanzenzuges die sofortige Anrufung des Gerichtes ermöglicht, ist eine gerichtliche Überprüfung auch von satzungsgemäß zustandegekommenen Vereinsbeschlüssen jedenfalls insoweit zulässig, als grundlegende Verfahrensregeln missachtet wurden oder der Beschlussinhalt gesetz- oder sittenwidrig ist. Solcherart gefasste Beschlüsse sind vom Gericht als unwirksam festzustellen (10 Ob 50/06k mwN).
3.1. Das Rekursgericht ist von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Der vom beklagten Verein auf Dauer ausgesprochene Widerruf der Gültigkeit der ID-Card der Klägerin (und der damit verbundene Entzug der Möglichkeit, persönlich am vom Verein organisierten Taxifunkverkehr teilzunehmen) greift unzweifelhaft in die Rechtsstellung der Klägerin ein, weil er ihr die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten verwehrt, und unterliegt damit einer gerichtlichen Überprüfung. Die Verhängung dieser Maßnahme allein auf Grund einer schriftlichen Beschwerde eines Dritten, in der ein Fehlverhalten der Klägerin behauptet wurde, und ohne der Klägerin die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben zu haben, verstößt gegen grundlegende Regeln eines fairen Verfahrens. Weder wurde der Klägerin das ihr vorgeworfene Fehlverhalten vor Verhängung der Sperre konkret mitgeteilt, noch wurde ihr eine sachliche Gegendarstellung vor einer unabhängig besetzten Streitschlichtungseinrichtung im Sinn des § 8 VerG 2002 ermöglicht. Ein rechtliches Gehör wurde der Klägerin nicht einmal nach Bekanntgabe der Sperre eingeräumt. In der angefochtenen Entscheidung ist daher keine durch den Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung zu erkennen.
3.2. Es kommt auch nicht weiter darauf an, ob die bekämpfte Maßnahme - wie der Rechtsmittelwerber meint - von den Vereinsstatuten gedeckt war, oder ob dies nicht der Fall war: Nach § 7 VerG 2002 sind Beschlüsse von Vereinsorganen nichtig, wenn dies Inhalt und Zweck eines verletzten Gesetzes oder die guten Sitten gebieten. Andere gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse bleiben gültig, sofern sie nicht binnen eines Jahres ab Beschlussfassung gerichtlich angefochten werden. Jedes von einem Vereinsbeschluss betroffene Vereinsmitglied ist zur Anfechtung berechtigt. Aus dieser Bestimmung folgt, dass gesetz- oder auch statutenwidrige Beschlüsse eines Vereins bis zu ihrer erfolgreichen Anfechtung wirksam sind, es sei denn, Inhalt und Zweck des verletzten Gesetzes oder die guten Sitten erforderten die absolute Nichtigkeit des Beschlusses (990 BlgNR 21. GP 27). Im Anlassfall verhindert der vom Rekursgericht ohne eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung erkannte schwere Verstoß des Vereins gegen grundlegende Regeln eines fairen Verfahrens bereits die anfängliche Gültigkeit des bekämpften Vereinsbeschlusses. Vor diesem Hintergrund war die Eilmaßnahme des Vereins weder nach dem Grundsatz der Vereinsautonomie erlaubt, noch ein angemessenes und verhältnismäßiges Mittel einer notwendigen Schadensabwehr.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 50 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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