AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2162329.6.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX 2) XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX , geb. XXXX und 4) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Bangladesch, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH in 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2021, XXXX ad 1), XXXX ad 2), XXXX ad 3), und XXXX ad 4) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.05.2021 zu Recht:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: BF 4) und die Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF 3), beide bangladeschische Staatsangehörige, stellten am 11.04.2016 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz. Für den am XXXX in Österreich geborenen Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF 1) stellte die BF 3 als Mutter und gesetzliche Vertreterin im September 2016 einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wies die Anträge auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung der Status von Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung der Status von subsidiär Schutzberechtigten ab. Es erteilte Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ Rückkehrentscheidungen, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
Dagegen erhobene Beschwerden wurden mit hg. am 18.12.2017 mündlich verkündeten Erkenntnissen als unbegründet abgewiesen (schriftliche Ausfertigungen vom 19.02.2018, L519 2161642-1/20E, L519 2162329-1/16E, L519 2162326-1/7E).
Dagegen erhobene Revisionen wies der Verwaltungsgerichtshof als unzulässig zurück (VwGH 27.04.2018, Ra 2018/20/0195 bis 0197).
I.2. Am 22.06.2018 stellten die BF 3, der BF 4 und der BF 1 jeweils einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Am 04.07.2018 vernahm das BFA die BF 3 und den BF 4 dazu ein.
Mit E-Mail vom 03.01.2019 wurde dem BFA mit Hinweis auf § 17a AsylG 2005 die Geburt des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF 2) angezeigt.
Die Verfahren aller vier Beschwerdeführer wurden zugelassen.
Am 22.03.2019 vernahm das BFA die BF 3 und den BF 4 erneut ein.
Am 02.05.2019 langte eine vom BFA eingeholte Anfragebeantwortung ein, derzufolge die Beschwerdeführer gefälschte Urkunden vorgelegt haben.
Mit Bescheiden vom 29.05.2019 wies das BFA die Anträge auf internationalen Schutz der BF 3, des BF 4 und des BF 1 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (jeweils Spruchpunkt I.). Es erteilte „Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ nicht (jeweils Spruchpunkt II.), erließ Rückkehrentscheidungen (jeweils Spruchpunkt III.), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer nach Bangladesch aus (jeweils Spruchpunkt IV.) und verhängte auf die Dauer von vier Jahre befristete Einreiseverbote (jeweils Spruchpunkt VI.). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (jeweils Spruchpunkt V.).
Den Antrag auf internationalen Schutz des BF 2 wies das BFA mit Bescheid vom 29.05.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (Spruchpunkt V.). Das BFA erkannte der Beschwerde gegen die Entscheidung – gestützt auf § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG – die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.) und sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.).
Gegen diese Bescheide eingebrachte Beschwerden wurde mit hg. Erkenntnissen vom 18.07.2019, L527 2161642-2/6E, L527 2162329-2/6E, L527 2162326-2/6E sowie L527 2221162-1/6E stattgegeben und die angefochtenen Bescheide wurden ersatzlos behoben. Ferner wurden die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen. Darüber hinaus wurden Revisionen zur Klärung der Rechtfrage, ob es sich beim Vorbringen der BF 3, sie würde im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat sexuell misshandelt werden, um ein Vorbringen im Sinne des § 20 Abs. 1 AsylG 2005 handelt, im Konnex zu daraus resultierenden gerichtsinterne Zuweisungsregelungen, für zulässig erklärt.
Diese Entscheidung wurde zusammengefasst wie folgt begründet:
Bei den vier Beschwerdeführern handle es sich um Familienangehörige im Sinne des § 2 Z 22 AsylG 2005. Die Verfahren der Beschwerdeführer waren im Sinne des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 zu führen. Das Vorgehen des BFA, die Anträge des BF 4, der BF 3 und des BF 1 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, den Antrag des BF 2 jedoch inhaltlich zu entscheiden und abzuweisen, stehe mit § 34 Abs. 4 AsylG 2005 jedoch nicht in Einklang. Der Verwaltungsgerichtshof habe in Bezug auf ähnlich gelagerte Verfahren (einerseits Zurückweisung nach § 68 AVG, andererseits Sachentscheidung in Bezug auf Familienangehörige) im Erkenntnis vom 25.11.2009, 2007/01/1153, ausgeführt, § 34 Abs. 4 AsylG 2005 sei dahingehend zu verstehen, dass im Familienverfahren gegenüber allen Familienangehörigen dieselbe Art der Erledigung zu treffen sei. Seien daher die Status von Asylberechtigten oder von subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, so seien entweder alle Anträge zurückzuweisen oder alle Anträge abzuweisen. Diese Auslegung sei seither ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs; vgl. etwa VwGH 13.12.2018, Ra 2017/18/0110. Eine Revision gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.07.2019 wurde, trotz deren Zulassung, weder vom BFA noch von den Beschwerdeführern bzw. deren Rechtsvertretung erhoben.
I.3. Am 04.10.2019 wurden der BF 4 und die BF 3 wiederholt vor dem BFA, diesmal von einer Referentin weiblichen Geschlechts, niederschriftlich einvernommen. Dabei wiederholten die Beschwerdeführer im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und brachten neu vor, dass sie sich nunmehr auch für das Christentum interessieren und eine Konversion beabsichtigen würden.
Mit Bescheiden vom 26.02.2020 wies das BFA die Anträge auf internationalen Schutz des BF 4, der BF 3 und des BF 1 abermals gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (jeweils Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen (jeweils Spruchpunkt II). Es erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (jeweils Spruchpunkt III.), erließ Rückkehrentscheidungen (jeweils Spruchpunkt IV.), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (jeweils Spruchpunkt V.) und verhängte auf die Dauer von vier Jahren befristete Einreiseverbote (jeweils Spruchpunkt VII.). Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (jeweils Spruchpunkt VI.).
Den Antrag auf internationalen Schutz des BF 2 wies das BFA mit Bescheid vom 26.02.2020 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.). Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und verhängte ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für Ihre freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt V.).
Gegen diese Bescheide eingebrachte Beschwerden wurde mit hg. Erkenntnissen vom 17.06.2020, L508 2161642-4/4E, L508 2162329-4/4E, L508 2162326-4/4E, L508 2221162-2/4E stattgegeben und die angefochtenen Bescheide wurden ersatzlos behoben.
I.4. Mit Parteigehör vom 17.07.2020 wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, bekannt zu geben, ob sich in ihren Asylverfahren neue Sachverhaltselemente ergeben haben.
Mit Bescheiden vom 24.08.2020 wies das BFA die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (jeweils Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen (jeweils Spruchpunkt II). Das BFA erteilte Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht (jeweils Spruchpunkt III.), erließ Rückkehrentscheidungen (jeweils Spruchpunkt IV.), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus (jeweils Spruchpunkt V.) und stellte fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (jeweils Spruchpunkt VI.). Es wurden zudem auf die Dauer von vier Jahren befristete Einreiseverbote verhängt (jeweils Spruchpunkt VII).
Gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurde mit hg. Beschlüssen vom 14.10.2020, L512 2161642-5/4E, L512 2162329-5/6E, L512 2162326-5/4E, L512 2221162-3/4E, stattgegeben und die Bescheide ersatzlos behoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das BFA habe zwar hinsichtlich aller Beschwerdeführer dieselbe Erledigungsart getroffen, dabei aber übersehen habe, dass hinsichtlich des (im gegenständlichen Verfahren so geführten) BF 2 noch kein rechtskräftiger Abspruch in Bezug auf seinen Antrag auf internationalen Schutz vorgelegen habe.
Am 12.03.2021 übermittelte das BFA den Beschwerdeführern ein Parteiengehör. Eine Stellungnahme dazu wurde nicht erstattet.
I.5. Mit den nunmehr in Beschwerde gezogenen und im Spruch bezeichneten Bescheiden vom 30.03.2021 wies das BFA die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (jeweils Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. hinsichtlich der Zuerkennung der Status von Asylberechtigten ab (jeweils Spruchpunkt II.), erteilte Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht (jeweils Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (jeweils Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Bangladesch jeweils zulässig sei (jeweils Spruchpunkt V.), setzte gemäß § 55 Abs. 1‒3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (jeweils Spruchpunkt VI.) und erließ gegen den BF 4 und die BF 3 gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen jeweils auf die Dauer von drei Jahren befristete Einreiseverbote (jeweils Spruchpunkt VII.).
Die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Status von Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF 4 und die BF 3 eine Verfolgung in Bangladesch nicht hätten glaubhaft machen können, weswegen Asylgewährungen (im Familienverfahren) nicht in Betracht kämen. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände der Beschwerdeführer sei nicht davon auszugehen, dass sie im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland in eine ausweglose Situation geraten würden, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung von subsidiärem Schutz vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung von „Aufenthaltsberechtigungen besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen Rückkehrentscheidungen zu erlassen seien. Die Abschiebung der Beschwerdeführer sei als zulässig zu bewerten. Da die Beschwerdeführer das Asylsystem missbrauchen würden und sie offensichtlich nicht bereit seien, der österreichischen Rechtsordnung Beachtung zu schenken, stelle ihr Aufenthalt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, da sie mittellos seien, weshalb ein Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren zu erlassen sei.
I.6. Mit Schriftsatz vom 28.04.2021 wurden diese Bescheide des BFA seitens der – durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (im Folgenden: BBU) vertretenen – Beschwerdeführer zur Gänze angefochten.
Nach Wiedergabe des Inhalts der in Beschwerde gezogenen Bescheide und umfangreicher Zusammenfassung des behaupteten Sachverhaltes wurde im Wesentlichen moniert, das BFA habe den Sachverhalt nicht umfassend ermittelt. Der BF 4 leide an Diabetes und an Psoriasis. Die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen seien mangelhaft. Die medizinische Versorgung in Bangladesch sei nicht gut, es gebe weiters katastrophale Haftbedingungen. Die Lage von Kindern sei schlecht, gegen Frauen und Kinder werde Gewalt ausgeübt. Es gebe jedes Jahr Naturkatastrophen. Religionsfreiheit sei in Bangladesch nicht gewährleistet. Das BFA habe zudem eine mangelhafte Beweiswürdigung unternommen. Daher sei der Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Insbesondere habe das BFA das Kindeswohl nicht berücksichtigt.
Es wurden die Anträge gestellt, eine Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, die Bescheide zu beheben und den Beschwerdeführern Asyl zu gewähren, in eventu, ihnen die Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, die Bescheide hinsichtlich ihrer Spruchpunkte III. bis VI aufzuheben und die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen, in eventu, die Bescheide hinsichtlich der Einreiseverbote ersatzlos zu beheben, in eventu, die Dauer der Einreiseverbote auf eine „angemessene Dauer“ herabzusetzen, die angefochtenen Bescheide im angefochtenen Umfang „ersatzlos“ zu beheben und an das BFA zurückzuverweisen sowie ein Gutachten einzuholen, zum Beweis, dass falsch ermittelt worden wäre.
I.7. Mit Schreiben vom 04.05.2021 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit den Beschwerdeführern auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 21.05.2021 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.
I.8. Am 21.05.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und der eines Vertreters der BBU eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF 4 und die BF 3 ausführlich u.a. zu ihren Fluchtgründen, ihren Rückkehrbefürchtungen, ihren Familienverhältnissen und ihren Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurden. Der BF 1 und der BF 2 blieben der Verhandlung fern, wobei eingangs seitens des BF 4 dargetan wurde, dass diese während der Verhandlung aufgrund ihres jungen Alters nur stören würden.
Die BF 3 gab zunächst an, Hindu zu sein. Sie habe psychologische Probleme. Sie habe Kontakt zu ihrer Familie ein- bis zweimal im Monat. Sie habe bis zur neunten Klasse die Schule besucht und in Österreich Strickerin gelernt. Zu ihren Fluchtgründen befragt führte sie aus, sie sei eine Hindufrau sei und ihr Mann sei für ihre Versorgung verantwortlich. Wenn ihrem Mann etwas zustoße, dann sei er nicht mehr in der Lage, die Familie zu versorgen. Wenn sie mit ihrem Mann nicht geflohen wäre, dann hätte man sie wahrscheinlich getötet und sie hätte kein gemeinsames Leben mit ihrem Ehemann und meinen zwei Kindern. Zur Frage, ob der BF 1 und der BF 2 eigene Fluchtgründe hätten, gab die BF 3 an: „Meine Kinder sind hier geboren. Ich habe vorher gemeint, dass ich aufgrund der Probleme meines Mannes, mit ihm flüchten musste, sonst hätte ich kein gemeinsames Leben mit meinen Kindern und meinem Ehemann. Ich habe meine Kinder hier geboren, aber die Kinder gehören ihnen, diesem Land. Dieses Land hat den Kindern ein Leben geschenkt.“ Die BF 3 behauptete sodann, dass ihre Kinder die österreichische Staatsbürgerschaft hätten. Nach wiederholter Wahrheitserinnerung räumte sie ein, dass der BF 1 und der BF 2 die bengalische Staatsbürgerschaft hätten. Nach Ausführungen zu absolvierten Deutschkursen wurden die Sprachkenntnisse der BF 3 ermittelt: „VP: Was bedeutet für Sie Integration? BF3: Bitte noch einmal sie sagen. VP wiederholt die Frage. BF3: Ich habe eine Prüfung gemacht, aber nicht bestehend. VP: Wollen Sie in Zukunft etwas arbeiten? BF3: Bitte sagen noch einmal. VP wiederholt die Frage. BF3: Ja, natürlich. Ich mag gerne arbeiten, aber es tut mir leid, jetzt ich habe kein Arbeit. VP: Was wollen Sie arbeiten? BF3: Ich liebe Krankenschwester. VP: Was essen Sie gerne? BF3: Ich mag gern essen. VP: Lesen Sie Bücher? BF3: Ja, ich lese deutsch lernen. Ich lerne Deutsch. VP stellt fest, dass mit der BF3 eine Konversation in deutscher Sprache sehr schwer möglich ist. Der Sprachwortschatz ist extrem begrenzt. Die Verständlichkeit der Antworten erfolgt nicht immer mit vollen Sätzen. Den Antworten muss mit großer Aufmerksamkeit begegnet werden um sie zu verstehen.“ In der Folge wurden der BF 3 Fragen zur katholischen Religion gestellt. Dazu gab sie an: „VP: Was ist denn das wichtigste Fest der katholischen Christen? BF3: Weihnachten. VP: Wissen Sie wie die Organisation der katholischen Kirche ist? BF3: Was meine Sie mit der Organisation? VP: Wenn Sie es nicht wissen, ist es auch kein Problem. Ich möchte nur wissen, ob Sie wissen, wie die katholische Kirche organisiert ist. BF3: Jetzt im Moment kann ich mich nicht daran erinnern. VP: Wann hatten Sie Ihren letzten Taufunterricht? BF3: Was genau meinen Sie? D wiederholt die Frage. BF3: So etwas wurde noch nicht gemacht. Wir sind in unsere Religion, aber wir werden demnächst getauft. VP: Glauben Sie, dass es leichter ist, als Christ Asyl zu erhalten? BF3: Nein, das weiß ich nicht. So etwas beabsichtigen wir auch nicht. Solche Gedanken haben wir nicht. VP: Wieso glauben Sie, dass Sie demnächst getauft werden? BF3: Weil ich von einer Religion zu einer anderen wechsle, deshalb. Ich liebe diese Religion jetzt. Wir alle, mein Mann und die Kinder. VP: Sie haben Anfangs gesagt, dass Sie Hindu sind. Wie haben Sie diesen Glauben gelebt? BF3: In Bangladesch hat meine Mutter Puja gemacht, ich habe das ebenso gemacht. Wir hatten eine Gebetseinrichtung. Wir haben zwei Mal täglich Puja. Wenn man zwei Mal täglich Puja macht, dann werde Räucherstäbchen angezündet, auch am Abend werden Räucherstäbchen angezündet. Wir haben eine Flöte, die wir spielen. Der Donnerstag ist ein besonderer Tag für die Hindus. Der Donnerstag ist ein besonderer Tag, hier wird, wie immer 2 Mal täglich Puja gemacht, es gibt ein Gemälde namens Malukai, da sind Blumen, Weizen und Mangoblätter zu sehen, wenn wir Puja machen nehmen wir einen Teller, wo wir gewisse Rituale machen. Wir nehmen den Teller und zünden Räucherstäbchen an und machen Puja. Es gibt auch ein kleines Buch, dass 10 – 12 Seiten hat. Derjenige der Puja macht, liest dieses Buch, lesen tut nur einer, der Rest hört zu. VP: Gibt es bei den Christen auch ein wichtiges Buch? BF3: Ja. VP: Wie heißt das? BF3: Bibel. Das wir jetzt tun. VP: Das heißt, Sie lesen in der Bibel? BF3: Ja, ich kann so alles lesen und schreiben. Aber ich kann nicht wie früher sprechen. VP: In welcher Sprache ist diese Bibel geschrieben? BF3: Deutsch. VP: Aus welchen Büchern besteht die Bibel? BF3: Wir hatten davor schon dieses Interesse, diese Religion aus zu üben. Als wir den Kurs gemacht haben, wurden uns viele Blätter gegeben. Wir wurden belehrt. Wir bekamen auch Bücher. Ich habe durch die Zettel gesehen, dass auch vieles im Buch ist. VP: War das als die Zeugen Jehovas bei Ihnen waren? BF3: Wo? VP: Ich habe in den Akten gelesen, dass Sie Besuch von den Zeugen Jehovas hatten. Oder hatten Sie keinen Besuch von den Zeugen Jehovas? BF3: Wer ist gekommen? D: Zeugen Jehovas. BF3: Ja sie kamen zu uns nachhause, in XXXX . VP: Wissen Sie wie der Religionsstifter der katholischen Christen heißt? BF3: Meinen Sie den Priester von der Kirche? VP: Wer hat die katholische, christliche Religion gestiftet? BF3: Der Vater. Ein Gott, 3 Personen.“ Aufgrund der Coronavirusseuche habe die BF 3 bislang keine Deutschkurse machen können. Sie sei in keinen Vereinen, habe aber Freundinnen im Bundesgebiet gefunden. Befragt, inwiefern sich das Leben der BF 3 in Österreich von ihrem Leben in Bangladesch unterscheide, gab sie an: „Erstens mein Mann, zweitens meine Kinder, Verzeihung, Kinder dieses Landes. Ich kann mich hier mit meinem Ehemann und meinen Kindern mich frei bewegen. Alles ist möglich. Ich kann zu den Ärzten gehen, ich habe Freunde hier, ich kann diesem Land nicht einmal Komplimente machen, weil sogar das weniger ist. Ich glaube, wenn es nach einem Gott eine weitere mächtige Person gibt, dann sind Sie (deutet auf den Richter und schluchzt vor sich hin) das. Wenn ich in Bangladesch geblieben wäre, dann hätte ich niemals die Gesichter meiner Kinder sehen können und 5 gemeinsame Jahre mit meinem Mann verbringen können. Man hätte mich dort getötet. BFV: Wie stellen Sie sich Ihr weiteres Leben in Österreich vor? BF3: Ich? Schluchzt. Wenn der geehrte Herr mir hier einen Aufenthalt genehmigt, dann würde mein Mann und ich, wir würden arbeiten und unser Brot selbst verdienen. Bitte genehmigen Sie unseren Aufenthalt. Ich bitte Sie, also das Gericht, dass Sie mich und meinen Ehemann nach Bangladesch nicht zurückschicken. Das ist meine Bitte, ich möchte nicht in dieses Land zurück, von welchem ich geflüchtet bin.“
Nach einer Unterbrechung der Verhandlung wurde der BF 4 einvernommen. Dieser behauptete eingangs, Christ zu sein, räumte aber nach Wahrheitserinnerung ein, nicht getauft zu sein und lediglich Vorbereitungskurse zu besuchen. Konkret machte er folgende Angaben: „VP: Kann man Christ sein, ohne getauft zu sein? BF4: Wir sind ja noch nicht gänzlich Christ geworden, wir machen die Kurse. Wir haben Unterricht, aber wir werden getauft. VP: Kann man Christ sein, ohne getauft zu sein? BF4: Ich lebe die christliche Religion, aber nach der Taufe wird mein Name geändert und ich werde gänzlich zu einem Christen. VP: Wann hatten Sie Ihren letzten Taufunterricht? BF4: Als wir in XXXX waren, hatten wir katholischen Unterricht. Nachdem wir überstellt wurden, wurde uns gesagt, dass unsere Namen geändert werden müssen und wir getauft werden müssen.“ Der BF sei Diabetiker, leide an einer Hautkrankheit und habe „Leberfett“ und „Blutfett“. Seitdem er eine abschlägige Asylentscheidung erhalten habe, sei er depressiv, sein Kopf arbeite nicht mehr und sein Gehirn sei funktionsunfähig.
Mit seiner Familie stehe der BF 4 in Kontakt. Befragt dazu, wie oft dies der Fall sei, machte der BF 4 ausweichende Angaben. Neben seiner Mutter habe der BF 4 noch Onkel, Tanten und Cousins. Seine Verwandten seien allesamt Hindus. Nur seine Mutter wisse, dass er nunmehr Christ sei. Dazu sage sie „Mein Sohn du lebst jetzt in diesem Land. Halte dich an die Gesetze und mach das, was du für gut und richtig hältst“. Der BF 4 sei natürlich ein gesetzestreuer Mensch. Er halte sich natürlich an die gesetzlichen und gerichtlichen Entscheidungen dieses Landes. Sodann ergab sich folgendes: „VP: Sie haben mit der Entscheidung des BVwG vom 18.12.2017, schriftlich ausgefertigt am 18.02.2018, die Verpflichtung erhalten, das Land zu verlassen. Sie haben diese Entscheidung nicht respektiert. Wie soll ich das verstehen? BF4: Als unser erste Verfahren abgeschlossen wurde, gingen wir zum Anwalt. Er fragte mich nach meinen Fluchtgründen, ich zeigte ihm die Unterlagen und er sagte mir, dass ich mit den Unterlagen einen zweiten Asylantrag stellen soll. Wenn ich nach Bangladesch zurückkehre, werde ich ermordet. Es wurden zwei falsche Anzeigen gegen mich erstattet. Gegen mich und meinen Bruder. VP: Ich will nur wissen, warum Sie die Entscheidung des BVwG damals nicht respektiert haben. BF4: Ich habe die Entscheidung des Gerichtes respektiert. Ich habe ein Schreiben erhalten, als ich in XXXX war. Man sagte mir, dass ich mich beim Gericht in XXXX melden soll. Ich ging also dorthin. Ich ging also von XXXX zum Gericht in XXXX und das auch nur für 15 Minuten. VP: Ich rede nicht über das Strafverfahren, sondern über die Entscheidung des BVwG, in welcher festgehalten ist, dass Sie das Land verlassen müssen. BF4: Als ich dorthin ging für die 15 Minuten, wurde mir gesagt, dass ich berechtigt bin in diesem Land zu bleiben. Ein Anwalt, ein Dolmetscher, alle waren anwesend. Ich habe davor bereits den zweiten Asylantrag gestellt und lebte in XXXX . VP: Die Entscheidung des BVwG vom Dezember 2017, wurde durch den VwGH am 27.04.2018 bestätigt und Ihre Revisionen zurückgewiesen. Der VwGH ist ein österreichisches Höchstgericht. Sie haben auch diese Entscheidung nicht respektiert. Das war, bevor Sie Ihren zweiten Antrag gestellt haben. Ihr Verhalten zeigt mir, dass Sie keinen Respekt vor der österreichischen Rechtsordnung und Gerichtsbarkeit haben. BF4: Wenn ein Mensch die Gerichtsbarkeit oder die Gesetze hier nicht respektiert, dann kann er nicht hier leben. Alle Anforderungen, die mir gestellt wurden, habe ich erfüllt. VP: Sie hatten den Auftrag, die Republik Österreich zu verlassen. Was haben Sie davon erfüllt? BF4: Ich habe ja Probleme in Bangladesch. Jegliche Unterlagen, die gefordert wurden, habe ich vorgelegt. Mein Leben ist in Gefahr in Bangladesch, in Lebensgefahr.“ Der BF habe in Bangladesch bis zur achten Schulstufe die Schule besucht und als Verkäufer gearbeitet. Der BF 4 habe von 1997 bis 2014 im Geschäft seines Vaters gearbeitet, danach sei er politisch aktiv gewesen.
Sein Bruder habe ein Obstgeschäft. Der BF 4 habe derzeit zu diesem keinen Kontakt. Als Begründung hiefür gab er an: „Als im Jahr 2018 eine falsche Anzeige gegen mich erstattet wurde, wurden vier Personen als Täter angeführt. Auch mein Bruder unter anderem.“ Konkret zu den Fluchtgründen des BF 1 und des BF 2 befragt, gab er an: „VP: Welchen Fluchtgrund haben Ihre Kinder? BF4: Meine Kinder sind hier geboren. Ich müsste Angst haben, dass man meine Kinder entführt und für sie ein Kopfgeld verlangt. Die Kinder von guten Personen werden dort entführt. VP: Wer sollte Ihre Kinder entführen? BF4: Die Gegner die ich habe oder die Personen, die Anzeige gegen mich erstatte haben. VP: Sie haben selber zuerst gesagt, dass die Anzeigen gegen Sie, falsche Anzeigen sind. Von wann stammen diese Anzeigen? BF4: Da müsste ich von Anfang an sprechen. VP: Ich spreche über die Anzeigen, die Sie als Grund für Ihren zweiten Antrag vorgebracht haben. Von wann stammen diese? BF4: Die Anzeigen wurden am 03.06.2018 erstattet. XXXX , im Gericht erstattet. VP: Aber Sie waren 2018 gar nicht in Bangladesch. BF4: Nein ich war nicht dort. VP: Also sind das falsche Anzeigen gegen Sie? BF4: Sie müssten mir jetzt genau zuhören, es sind falsche Anzeigen gegen mich. Der Kläger, der die Anzeige gegen mich erstattet hat, mit ihm habe ich langejährige Feindschaft. Er ist ein hoher Anführer der Partei Awami-Legue. Er ist gegen Hindus und ist selbst ein Moslem. Als ich im Geschäft gearbeitet habe, nahm er zahlreiche Waren und bezahlte nicht. Als er die Waren mitnahm, sagte ich ihm, dass er bezahlen soll und mir seinen Namen angeben soll. Er sagte mir, nie seinen Namen und sagte jedes Mal, dass ich im Namens des Bruders die Waren mitnehme. VP: Ich rede nicht von Ihren alten Fluchtgeschichten, die ich im Akt schon kenne. Wie haben Sie sich gegen die falschen Anzeigen aus 2018 gewehrt? BF4: Ich werde beschuldigt, dass ich von Österreich aus, telefonisch, die Person mehrmals bedroht hätte. Jedoch habe ich ihn niemals mit dem Tod bedroht, das stimmt überhaupt nicht. VP: Ich frage noch einmal, wie haben Sie sich gegen die falschen Aussagen im Jahr 2018 gewehrt? BF4: Ich konnte nichts tun, ich war nicht in Bangladesch. Außerdem wird uns nie zugehört, uns Hindus wird nie geholfen, außerdem ist er für die Regierungspartei derzeit, ist die Awami-Legue an der Macht.“ Der BF habe keine Deutschkurse besucht und kein Deutschzertifikat in deutscher Sprache erworben. Ermittelt wurden seine Deutschkenntnisse, wobei sich folgendes ergab: „BF4: Ich spreche nur wenige Deutsch, nicht gut. Ich spreche auch etwas Englisch. Wenn wir nur an einem Ort gelebt hätten, hätte ich schon mehrere Deutsch-Zertifikate, A1, A2 und B1. Wir waren in XXXX 2 Monate, dann in XXXX , mehr als 2 Monate, dann in XXXX , in XXXX und dann in XXXX . Wir waren an 4 verschiedenen Orten. Weder Schule noch Kurse, konnten wir abschließen. Danach kam Corona. In XXXX habe ich 3 Aufnahmetests gemacht, die ich auch heute dabeihabe, aber es wurde gesagt, dass aufgrund von Corona keine Kurse stattfinden. VP versucht mit dem BF eine Konversation in deutscher Sprache. VP: Antworten Sie laut, langsam und deutlich. BF4: Ja. VP: Was bedeutet für Sie Demokratie? BF4: Österreich oder Bangladesch? VP: Sie können beides hernehmen. BF4: Ja habe ich schon Demokratie Österreich. VP: Was bedeutet für Sie Demokratie? Auf Bengali. BF4: Ich weiß, dass es die Demokratie gibt, aber mehr kann ich darüber nicht sagen. Fragen auf Deutsch: VP: Was wollen Sie arbeiten? BF4: Verkäufer. VP: Was wollen Sie verkaufen? BF4: Egal. Ich lebe Beruf. Ich mache Beruf, ich liebe Verkäufer. VP: Sind Sie in einem Verein? BF4: Noch einmal. VP wiederholt die Frage. BF4: Kein verstehen, Entschuldigung. VP: Machen Sie Sport? BF4 denkt nach. VP: Was essen Sie am liebsten? BF4: Ich esse gerne Reis oder Fisch, Hühnerfleisch. VP stellt fest, dass mit dem BF4 eine Konversation in deutscher Sprache noch schwerer möglich ist, als mit seiner Frau. Der Sprachwortschatz ist extrem begrenzt. Die Verständlichkeit der Antworten erfolgt bruchstückhaft. Den Antworten muss mit großer Aufmerksamkeit begegnet werden um sie zu verstehen.“ Zu einem allfälligen Erwerb weiterer Deutschkenntnisse führte der BF 4 aus: „BF4: Das wir beide gemeinsam am selben Niveau Deutsch sprechen ist nicht möglich. Ich habe meiner Frau Vorrang gegeben, damit sie sich mehr mit dem Deutsch lernen auseinandersetzt. VP: Das verstehe ich nicht, was hindert Sie persönlich, Deutsch zu lernen? BF4: Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht Deutsch lernen werde, ich habe gesagt, dass ich meiner Frau Vorrang gegeben habe und ich in dieser Zeit, wenn sie lernt, auf die Kinder aufpasse und andere Termine übernehme. In letzter Zeit vergesse vieles, ich nehme sehr viele Medikamente ein, deshalb. Jetzt nehme ich monatlich 1 Spritze, früher waren es zwei Spritzen. 1400 sind die Kosten.“ Der BF wolle in Österreich als Verkäufer arbeiten. Auf Vorhalt, dass dies ohne Deutschkenntnisse eingeschränkt möglich sei, räumte er ein, hiefür seine Deutschkenntnisse verbessern zu müssen. Der BF 4 werde von der Caritas und dem Samariterbund unterstützt. Weil er Diabetes habe, gehe er zweimal täglich spazieren. Er kümmere sich um seine Kinder, koche ihnen Essen. Er sei nicht Mitglied in Vereinen und habe keine Freunde. Er habe keine Einstellungszusage und seine Familie habe kein Vermögen. Er leide an Diabetes, eine Behandlung in Bangladesch könne er sich nicht leisten.
Befragt, ob die Beschwerdeführer noch etwas angeben wollten, führten sie aus wie folgt: „BF3: Ich möchte am Ende noch etwas dem geehrten Richter sagen. Ich habe wegen meine Mann und wegen mir selbst, meine Heimat verlassen, damit ich geschützt leben kann. Ich bitte Sie, dass Sie meiner Familie und mir, die Möglichkeit geben, hier Leben und Sterben zu dürfen. Das ist meine letzte Bitte an Sie. Ich bin den ganzen Tag besorgt, depressiv und habe Angst. Ich bitte Sie, dass Sie Mitgefühl zeigen und eine richtige Entscheidung treffen. BF4: Ja. Meine Hautkrankheit ist schwer behandelbar. Auch hier habe ich keine passende Behandlung gefunden. Die Hautkrankheit ist sehr schmerzhaft. Ich habe verschieden Salben, Medikamente und dergleichen erhalten. Nichts hat eine Wirkung gezeigt. Ich hatte auch eine Wasser-Therapie, aber dies hat auch nichts gebracht. Ich hatte am Köper Ausschläge. Es wurde ein medizinischer Bericht nach XXXX , in ein Spital geschickt. Dort wurde mir die Behandlung mit der Spritze empfohlen. Die Spritze habe ich allerdings erst dann erhalten, nachdem zahlreiche Fotos und Tests gemacht wurden. Aufgrund meiner Hautkrankheit habe ich bin jetzt über 100 Spritzen erhalten. Ich würde Sie, geehrter Richter bitten, dass Sie sich die Spritze kurz ansehen würden. Wenn ich die Spritze nicht nehme, dann habe ich einen Ausschlag am Körper, der schmerzhaft ist und einen Juckreiz verursacht. Mein Arzt sagte mir, dass ich vorsichtig sein soll, weil das alles für mich sehr riskant ist. Wenn Sie sich bitte meine Spritze ansehen, ich würde Ihnen, geehrter Richter, diese gerne zeigen. VP: Ich habe Ihnen schon gesagt, ich bin kein Arzt. Ich werde mir die Medikamente nicht ansehen, weil ich diese nicht beurteile. Ich bin Richter und beurteile Ihren Antrag und ich merke, dass Sie wahrnehmen sollte, dass Gerichtsentscheidungen so wie die Rechtsordnung der Republik Österreich, ernst zu nehmen sind und zu respektieren sind. BF4: Werden Sie mir jetzt nicht mehr zuhören? VP: Was möchten Sie mir noch sagen? BF4: Ich möchte sagen, dass alle Angaben die ich gemacht habe, der Wahrheit entsprechen. Mein Leben ist tatsächlich in Bangladesch in großer Gefahr. In Bangladesch verfügte ich über nichts, außer das leere Haus meines Vaters. Wenn Ihre Entscheidung die ist, mich nach Bangladesch zurück zu schicken, dann sehe ich nichts außer dem Tod. Ich nehme Medikamente ein, die ich mir dort nicht leisten kann. Außerdem ist das Corona-Virus überall, Wenn ich hier mit dem Virus infiziert werde, muss ich nur anrufen und ich bekomme Hilfe. In meiner Heimat verschwinden Krankenschwestern und Ärzte. Die Patienten sterben in Spitälern, weil sie nicht behandelt werden. BF4 beginnt auch zu schluchzen. BF4: Ich bitte Sie, dass Sie zumindest wegen meiner Kinder, uns die Möglichkeit geben, hier zu leben. Wenn Sie es erlauben, dann würde ich meine Kinder zu einem Arzt oder Ingenieur machen. Wenn Sie uns zurückschicken, zerstören Sie 4 Leben. Ich bitte und bettle um unser Leben.“ Anschließend schloss das Bundesverwaltungsgericht das Beweisverfahren.
II. Erwägungen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer, ihren Familienverhältnissen und ihren Lebensumständen in Österreich:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Ihre Muttersprache ist Bengali (gleichlautende Angaben in Erstbefragungen sowie in den Einvernahmen vor dem BFA [BF 4 AS 1 ff., Vorakt 3, 31 ff.; BF 3 AS 1 ff.]). Der BF 4 ist mit der BF 3 verheiratet (BF 4 AS 3; BF 3 AS 3), der minderjährige BF 1 (BF 1 AS 1, AS 21; BF 4 Vorakt 32; BF 3 Vorakt 39) und die minderjährige BF 2 (BF 2 AS 1), die beide in Österreich geboren wurden (BF 1 und BF 2 aaO), sind ihre gemeinsamen Kinder.
Der BF 4 ist im Ort XXXX (BF 4 Vorakt 3), XXXX (BF 4 AS 223 f.) bzw. XXXX (BF 4 Vorakt 31) geboren und hat bis zu seiner Ausreise immer dort gelebt. Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Schule besucht und als Lebensmittelhändler gearbeitet (BF 4 Vorakt 1, Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in sämtlichen Akten Ordnungszahl [im Folgenden: OZ] 6 Seite [im Folgenden: S] 21 f.). Die BF 3 wurde im Ort XXXX geboren (BF 3 AS 1, Vorakt 1) und hat zuletzt in XXXX gelebt (BF 3 Vorakt 3). Sie hat zehn Jahre die Schule besucht, jedoch in Bangladesch nie gearbeitet (BF 3 Vorakt 1).
In Bangladesch halten sich die Mutter und ein Bruder des BF 4 sowie Tanten und Onkel auf (BF 4 Vorakt 3, 32, AS 223 f., OZ 6 S 19) sowie die Eltern und ein Bruder der BF 3 auf (BF 3 Vorakt 3; OZ 6 S 6). Zwischen dem BF 4 und der BF 3 und ihren jeweiligen Familien besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt (OZ 6 S 6, 18 f.).
Der BF 4 und die BF 3 sind im April 2016 illegal in das Bundesgebiet eingereist (BF 4 Vorakt 1; BF 3 Vorakt 1). Sämtliche Beschwerdeführer sind in die Grundversorgung einbezogen und ansonsten mittellos. Außerhalb der Kernfamilie befinden sich keine Verwandten in Österreich (OZ 6 S 19). Weder der BF 4 noch die BF 3 gehen in Österreich einer Beschäftigung nach, der BF 4 hat in den Jahren 2017 und 2018 auf ehrenamtlicher Basis in einem Altersheim gearbeitet (OZ 6Z S 12, 27). Eine Einstellungszusage hat der BF 4 nicht (OZ 6 S 27). Die Beschwerdeführer sind in keinen Vereinen oder sonstigen Organisationen tätig (OZ 6 S 16, 27) und haben sich – von der Tätigkeit der BF 3 abgesehen – nicht ehrenamtlich engagiert; sie leben im Familienverband im gemeinsamen Haushalt, die BF 3 hat bereits Freundinnen gefunden, der BF 4 hat in Österreich keine Freunde (OZ 6 S 16, 27).
Mit der BF 3 ist eine Konversation in deutscher Sprache sehr schwer möglich. Der Sprachwortschatz ist extrem begrenzt. Die Verständlichkeit der Antworten erfolgt nicht immer mit vollen Sätzen. Den Antworten muss mit großer Aufmerksamkeit begegnet werden um sie zu verstehen (OZ 6 S 12).
Mit dem BF 4 ist eine Konversation in deutscher Sprache noch schwerer möglich, als mit seiner Frau. Der Sprachwortschatz ist extrem begrenzt. Die Verständlichkeit der Antworten erfolgt bruchstückhaft. Den Antworten muss mit großer Aufmerksamkeit begegnet werden um sie zu verstehen (OZ 6 S 25).
Der BF 4 leidet an Schuppen, leichter Diabetes, erhöhten Cholesterinwerten und Verspannungen (BF 4 AS 226, 263 ff.). Weiters hat er nach eigenen Angaben eine Fettleber, „Blutfett“ und ist depressiv (OZ 6 S 18). Nicht erkannt werden kann bei irgendeinem Beschwerdeführer eine lebensbedrohende Erkrankung.
Festgestellt wird, dass der BF 4 und die BF 3 nicht bereit sind, der österreichischen Rechtsordnung Beachtung zu schenken. Festgestellt wird, dass der BF 4 nicht davor zurückschreckte, im Asylverfahren gefälschte Dokumente vorzulegen und daher die Staatsanwaltschaft XXXX deswegen beim Bezirksgericht XXXX unter der Zahl XXXX , einen Strafantrag gegen den BF 4 stellte (BF 4 AS 243 ff.). Das diesbezügliche Strafverfahren wurde diversionell erledigt.
II.1.2. Zu den Fluchtvorbringen des BF 4 und der BF 3:
Nicht festgestellt werden kann eine konkrete Verfolgung der Beschwerdeführer in Bangladesch. Es wurden gegen keinen der Beschwerdeführer Anzeigen erstattet und sie hatten in Bangladesch keine politischen Probleme. Weiters kann weder erkannt werden, dass die Beschwerdeführer Hindus oder Christen wären. Ihnen droht im Heimatland keine Gefahr, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Es kann auch nicht erkannt werden, dass die BF 3 im Falle einer Rückkehr einem erhöhten Risiko, vergewaltigt zu werden, ausgesetzt wäre. Allfälligen Behelligungen werden sich die Beschwerdeführer durch eine Niederlassung in anderen Landesteilen entziehen können, weil sie von niemanden landesweit gesucht würden. Der BF 4 und die BF 3 sind ausschließlich aus wirtschaftlichen Motiven nach Österreich migriert.
Fluchtgründe für die BF1 und BF2 bestehen nicht.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
COVID-19:
Letzte Änderung: 11.11.2020
Die COVID-Krise trifft Bangladesch sehr hart, nachdem am 8.3.2020 die ersten Fälle nachgewiesen wurden. Die Regierung verhängte ab dem 22.3.2020 einen umfassenden Lockdown, der jedoch de facto immer brüchig war und einmal mehr und einmal weniger eingehalten wurde. Am 30.5.2020 wurde der Lockdown wieder aufgehoben, da eine Weiterfortsetzung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar war (ÖB 9.2020). Die bangladeschische Regierung hat im April 2020 Hilfspakete mit einem Volumen in Höhe von 12 Milliarden USD beschlossen. Die Konjunkturmaßnahmen zielen unter anderem auf eine Stützung von für die Wirtschaft bedeutende Industriezweige wie die Textil- und Bekleidungsherstellung sowie den Agrar- und Nahrungsmittelsektor ab (GTAI 21.9.2020a). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association etwa 36 Mio. Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Mio. rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020).
Das ohnehin schwache Gesundheitssystem Bangladeschs ist mit der Pandemie völlig überlastet (ÖB 9.2020). Durch die Coronakrise gerät das seit Jahrzehnten unterfinanzierte staatliche Gesundheitswesen in Bangladesch enorm unter Druck und die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen (GTAI 21.9.2020b). So sind landesweit nur etwas mehr als knapp 1.000 Intensivbetten verfügbar (GTAI 21.9.2020; vgl. WKO 4.2020). Davon sind 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet. Während es in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten gibt, stehen in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine zur Verfügung (GTAI 21.9.2020).
Eine weitere Problemstellung für das Land stellen die zahlreichen Rückkehrer aus den Ländern des Nahen Ostens dar. Auf Grund der beengten Arbeits- und Lebensverhältnissen in den Gastländern sind diese Arbeiter besonders von Ansteckungen mit dem Virus betroffen. Darum, aber auch wegen des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs, schicken vor allem die Staaten des Nahen Osten tausende Arbeiter wieder zurück nach Bangladesch. Viele bringen so das Virus auf ihrem Heimweg mit ins Land. Da viele Migranten aus Bangladesch im Nahen Osten im Zuge der COVID-Krise ihre Arbeit verloren haben und ausgewiesen wurden, ist in den kommenden Jahren mit einem vermehrten Aufkommen von AsylwerberInnen aus Bangladesch in (West-)Europa zu rechnen (ÖB 9.2020).
Quellen:
GTAI - Germany Trade and Invest (21.9.2020a): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/covid-19-massnahmen-der-regierung-260866 , Zugriff 5.11.2020
GTAI - Germany Trade and Invest (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868 , Zugriff 5.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
WKO – Wirtschaftskammer Österreich (25.4.2020): Coronavirus: Situation in Bangladesch, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-bangladesch.html , Zugriff 8.5.2020
Politische Lage:
Letzte Änderung: 16.11.2020
Bangladesch ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 4.11.2020; vgl. GIZ 5.2020, AA 6.11.2020).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 492 Polizeidistrikte (Thana/Upazila), mehr als 4.500 Gemeindeverbände (Unions) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 9.2020). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 9.2020). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 direkt gewählten Abgeordneten (ÖB 9.2020) sowie zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 9.2020).
Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien AL und BNP bestimmt (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020, BS 29.4.2020). Klientelismus und Korruption sowie mafiöse Strukturen sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 21.6.2020; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, in dem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB 9.2020).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen überragenden Sieg (ÖB 9.2020) mit 96 Prozent der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. DT 27.1.2019, DW 14.2.2019).
Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und einem harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 31.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden rund 20 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet und Tausende verletzt (ÖB 9.2020; vgl. Reuters 1.1.2019). Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen (ÖB 9.2020).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).
Da die Politik in Bangladesch generell extrem korrupt ist, sind die Grenzen zwischen begründeter Strafverfolgung und politisch motivierter Verfolgung fließend. Sicherheitskräfte sind in jüngster Vergangenheit sowohl bei Demonstrationen von Anhängern der beiden Großparteien, als auch bei islamistischen oder gewerkschaftlichen Protesten mit Brutalität vorgegangen. Im Zuge des Wahlkampfes Ende 2018 wurden gegen Anhänger und KandidatInnen der oppositionellen BNP durch die Sicherheitsbehörden falsche Anzeigen verfasst (ÖB 9.2020).
Im Vorfeld der elften Parlamentswahl in Bangladesch wurden nach Angaben der Opposition seit Anfang November 2018 bis zu 21.000 ihrer Mitglieder und Aktivisten verhaftet. Mehrere Menschenrechtsgruppen haben seit Anfang 2018 einen dramatischen Anstieg von fingierten Klagen gegen Gegner der Regierungspartei festgestellt. Unter den Verhafteten befinden sich prominente Führer des Oppositionsbündnisses, wie Mainul Hosain wegen krimineller Diffamierung und Dr. Zaffrullah Chowdhury wegen Verrats, Erpressung und Fischdiebstahls (FIDH 9.1.2019). Die BNP-Vorsitzende, Khaleda Zia, war von März 2018 bis März 2020 aufgrund von Korruptionsvorwürfen im Gefängnis (AA 21.6.2020; vgl. NAU 25.3.2020). Seit Zia auf freiem Fuß ist, sind praktisch keine Aktivitäten der BNP mehr wahrnehmbar (ÖB 9.2020).
Nachdem die oppositionelle BNP nunmehr nicht existent ist und im politischen Prozess kaum bis gar keine Rolle mehr spielt, ist eine Verfolgung, bzw. Unterdrückung ihrer AnhängerInnen aus Sicht der Regierung offenbar nicht mehr nötig. Anzumerken ist, dass seit März 2020 das politische Geschehen vollständig von der COVID-Krise überlagert wird. Von einer staatlichen Überwachung der politischen Opposition ist auszugehen (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (6.11.2020): Bangladesch – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322 , Zugriff 10.11.2020
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
BBC – British Broadcasting Corporation (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393 , Zugriff 11.11.2020
BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf , Zugriff 10.11.2020
CIA – Central Intelligence Agency (4.11.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 10.11.2020
DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway , Zugriff 10.11.2020
DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555 , Zugriff 10.11.2020
DGVN – Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (2016): EWP – Eine Welt Presse . Menschenwürdige Arbeitsbedingungen, https://nachhaltig-entwickeln.dgvn.de/fileadmin/publications/PDFs/Eine_Welt_Presse/20170119_EWP_Arbeitsbedingungen_Nachdruck-web.pdf , Zugriff 9.11.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.11.2020
FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019): Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in , Zugriff 10.11.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/ , Zugriff 10.11.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2020): Bangladesch – Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/ , Zugriff 10.11.2020
Guardian, The (31.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence , Zugriff 10.11.2020
Hindu, The (1.1.2019): Hasina’s triumph: on Bangladesh election results, https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece , Zugriff 10.11.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 11.11.2020
NAU – Schweizer Nachrichtenportal (25.3.2020): Bangladeschs Oppositionsführerin Zia aus Haft entlassen, https://www.nau.ch/politik/international/bangladeschs-oppositionsfuhrerin-zia-aus-haft-entlassen-65684195 , Zugriff 10.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch, per E-Mail
Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK , Zugriff 10.11.2020
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 10.11.2020
Sicherheitslage:
Letzte Änderung: 16.11.2020
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere der Awami League (AL) und der Bangladesh Nationalist Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende AL hat ihre politische Macht durch anhaltende Schikanen gegenüber der Opposition und den als mit ihr verbündet wahrgenommenen Personen sowie gegenüber kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft gefestigt (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere der Opposition, Islamisten, Studenten) geht in vielen Fällen nach wie vor Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 21.6.2020).
Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 6.8.2020; vgl. AA 28.7.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 12.11.2020a).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 6.8.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna (UKFCO 12.11.2020b). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für solche Vorfälle sind (AA 21.6.2020).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 28.7.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Der inter-ethnische Konflikt in Myanmar wirkt sich auf Bangladesch aus. Er hat politische und soziale Spannungen insbesondere aufgrund der Ankunft von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen seit August 2017 verstärkt. Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben (HRW 18.9.2019; vgl. AnAg 5.11.2019, TDS 24.8.2019). Die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden ist grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB 9.2020).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsicherungsorganen. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 12.11.2020a). Auch wenn sich die dortige Lage zeitweise etwas entspannt, bleibt sie grundsätzlich labil (EDA 14.8.2020).
Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2018 insgesamt 135 Vorfälle terrorismusrelevanter Gewalt im Land. Im Jahr 2019 wurden 104 solcher Vorfälle, bis zum 8.11.2020 wurden im Jahr 2020 insgesamt 82 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 8.11.2020).
Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) verzeichnet im Berichtzeitraum 2019 insgesamt 1.713 Konfliktvorfälle (angeführt werden beispielsweise Demonstrationen, Ausschreitungen, Kampfhandlungen, Gewalthandlungen gegen Zivilpersonen u.a.) bei denen 337 Personen getötet wurden (ACCORD 29.6.2020). 2020 wurden bis Ende Oktober in insgesamt 1.189 Konfliktvorfällen 244 Personen getötet (ACLED 4.11.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292 , Zugriff 9.11.2020
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation (29.6.2020): Bangladesh, year 2019: Update on incidents according to the Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), https://www.ecoi.net/en/file/local/2032553/2019yBangladesh_en.pdf , Zugriff 5.11.2020
ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (4.11.2020): South Asia Regional Overview: Bangladesh, https://acleddata.com/2020/11/04/regional-overview-south-asia25-31-october-2020/ , Zugriff 5.11.2020
ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/ , Zugriff 5.11.2020
AnAg – Anadolu Agency (5.11.2019): Bangladesh rejects Amnesty report on Rohingya killings, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-rejects-amnesty-report-on-rohingya-killings/1636457 , Zugriff 13.11.2020
AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html , Zugriff 13.11.2020
BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (6.8.2020): Bangladesch – Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/ , Zugriff 16.11.2020
EDA - Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (14.8.2020): Bangladesch, Spezifische regionale Risiken, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/bangladesch/reisehinweise-fuerbangladesch.html#par_textimage , Zugriff 10.11.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 16.11.2020
HRW – Human Rights Watch (18.9.2019): Spate of Bangladesh ‘Crossfire’ Killings of Rohingya, https://www.hrw.org/news/2019/09/18/spate-bangladesh-crossfire-killings-rohingya , Zugriff 16.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
SATP – South Asia Terrorism Portal (8.11.2020): Data Sheet – Bangladesh, Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh , Zugriff 10.11.2020
TDS – The Daily Star (24.8.2019): Jubo League leader killed by ‘Rohingyas’, https://www.thedailystar.net/frontpage/news/jubo-league-leader-killed-rohingyas-1789726 , Zugriff 16.11.2020
UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (12.11.2020a): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security , Zugriff 16.11.2020
UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (12.11.2020b): Foreign travel advice Bangladesh – Terrorism, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/terrorism , Zugriff 16.11.2020
Rechtsschutz / Justizwesen:
Letzte Änderung: 11.11.2020
Die Justiz ist überlastet. Überlange Verfahrensdauern, Korruption und politische Einflussnahme behindern die Unabhängigkeit. Presseberichten zufolge kommt es in ländlichen Gebieten zu Verurteilungen durch unbefugte Dorfälteste oder Geistliche nach traditionellem, islamischem „Scharia Recht“. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 8.2019). Nicht immer greifen die Behörden ein (AA 21.6.2020).
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Die erstinstanzlichen Gerichte bestehen aus „Magistrates“, die der Exekutive zuzurechnen sind, sowie Session und District Judges, die der Judikative angehören. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessenEntscheidungen alle übrigen Gerichte, einschließlich des High Court, binden. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 9.2020).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 9.2020). Die Einflussnahme der Regierungspartei auf Parlament und Justiz haben deren Unabhängigkeit inzwischen weitgehend beseitigt (AA 21.6.2020).
Auf Grundlage des „Public Safety Act“, des „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", „Women and Children Repression Prevention Act" sowie des „Special Powers Act“ wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen – es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Speedy Trial Tribunals haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zu Tode verurteilt (ÖB 9.2020).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 2020). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom Dezember 2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese „Gerichte“ eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020
FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in , Zugriff 3.4.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
Allgemeine Menschenrechtslage:
Letzte Änderung: 16.11.2020
Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 21.6.2020). Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 9.2020; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum „High Court“ offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 9.2020). Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist nicht ausreichend (AA 21.6.2020).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen sowie Folter (USDOS 11.3.2020). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2.000 Mitglieder der RABs (Rapid Action Battalion (RAB), Spezialkräfte für u.a. den Antiterrorkampf) wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 9.2020, siehe auch Abschnitt 4).
Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 11.3.2020).
Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen (EEAS 1.1.2019; vgl. HRW 14.1.2020).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 11.3.2020). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Verleumdungsdelikten juristisch zu verfolgen (USDOS 11.3.2020).
Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 2020). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt waren. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von „Wegschauen“ über Annahme von Bestechungsgeldern für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern, bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
EEAS - European External Action Service (1.1.2019): Statement by the Spokesperson on parliamentary elections in Bangladesh, https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/56110/node/56110_es , Zugriff 13.11.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 10.11.2020
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2019a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat , Zugriff 10.11.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 10.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN , Zugriff 11.11.2020
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 10.11.2020
Religionsfreiheit:
Letzte Änderung: 12.11.2020
Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, betont aber auch das säkulare Prinzip. Sie verbietet Diskriminierung und schafft Gleichberechtigung für alle Religionen. Etwa 89 % der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens, 10 % werden dem Hinduismus zugerechnet. Darüber hinaus gibt es Christen, Theravada-Hinayana Buddhisten, kleine Gruppen schiitischer Moslems, Bahais, Animisten, Ahmadis, Agnostiker und Atheisten. Viele Anhänger religiöser Minderheiten sind gleichzeitig Vertreter ethnischer Minderheiten und konzentrieren sich in den Chittagong Hill Tracts (CHT) und in den nördlichen Distrikten des Landes (USDOS 10.6.2020; siehe auch Abschnitt 16.1.9.).
Traditionell gilt Bangladesch als ein religiös tolerantes, islamisches Land. Regierung und bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens setzen sich in der Regel für das friedliche Zusammenleben der Religionen ein. In den letzten Jahren sehen sich die religiösen Minderheiten allerdings zunehmendem Druck und gewalttätigen Übergriffen durch islamisch-fundamentalistische Gruppen ausgesetzt. Die Polizei scheint nicht in der Lage zu sein, die religiösen Minderheiten effektiv vor Übergriffen zu schützen. In den letzten Jahren wurden auch verstärkt (teils) tödliche Angriffe auf Vertreter nicht-muslimischer Gruppen verübt, zu denen sich der Islamische Staat (IS) bekannte (ÖB 9.2020).
Die Regierung ist bemüht, Übergriffe auf religiöse Minderheiten zu unterbinden. So werden religiöse Umzüge, Feste und Gotteshäuser durch Sicherheitskräfte geschützt (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Wo es zu Übergriffen kommt, ist nicht generell von einem rein religiösen Hintergrund auszugehen. Oft sind es auch Übergriffe krimineller Banden, denen wirtschaftliche oder soziale Motive zugrunde liegen. Vor allem in den ländlichen Regionen steigen aber die Zahlen der religiös motivierten Übergriffe auf Nicht-Muslime. Ein effektiver Schutz für Angehörige von Minderheiten scheint hier nicht zu bestehen (ÖB 9.2020).
Das Strafgesetz stellt Äußerungen oder Taten, die religiöse Gefühle verletzen, unter Strafe. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu zwei Jahren Haft. Das Gesetz erlaubt auch die Beschlagnahmung sämtlicher Kopien einer Zeitung, deren Inhalt Feindseligkeit und Hass zwischen den Bürgern hervorrufen, oder religiöse Überzeugungen verunglimpfen könnte (USDOS 10.6.2020).
Obwohl religiöse Minderheiten das Recht auf freie Religionsausübung haben, kommt es zu sozialer Diskriminierung, Belästigungen, Strafverfolgung wegen Missionierung und manchmal zu gewalttätigen Übergriffen auf Gebetshäuser (FH 2020). Die „Hindu American Foundation“ hält 2015 in einem Bericht fest, dass es sowohl eine sichtbare als auch eine versteckte Art der Diskriminierung von Hindus in Bangladesch gibt. Eine lange Geschichte von Unterdrückung und Gewalt hat zu einer dramatischen Reduktion des hinduistischen Bevölkerungsanteils geführt. Heutige Schätzungen gehen von einem Bevölkerungsanteil von 8 % bis 9 %, im Vergleich zu 23 % 1971 aus. Landenteignung („land grabbing“) und Umsiedlung waren/ sind wohl eine der Hauptursachen für eine Abwanderung von Hindus (ÖB 8.2019) in das Nachbarland Indien, die seit Jahrzehnten erfolgt (AA 21.6.2020).
Religionswechsel sowie Austritt aus dem Islam, ebenso wie die Missionierung, sind gesetzlich erlaubt, aber in weiten Teilen der Gesellschaft verpönt – mit der Folge, dass Religionswechsel bzw. -austritt mit gesellschaftlicher bzw. familiärer Ächtung belegt sind. Besonders auf dem Land sehen sich religiöse Minderheiten Schikanen von konservativen Muslimen ausgesetzt. 2019 kam es zu tätlichen Angriffen auf Ahmadis, sowie zu Fällen von Vandalismus gegen buddhistische Tempel und christliche Kirchen (AA 21.6.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 5.8.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031208.html , Zugriff 5.8.2020
Relevante Bevölkerungsgruppen:
Letzte Änderung: 19.05.2020
Frauen:
Letzte Änderung: 16.11.2020
Die Verfassung garantiert allen Bürgern gleiche Rechte, inklusive der Gleichstellung von Mann und Frau in allen Bereichen des staatlichen und öffentlichen Lebens. Ausnahmen bestehen aus religiösen Gründen. Das gilt beispielsweise in den Bereichen des Familienrechts. Daher hat Bangladesch die CEDAW- Konvention (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women) nur mit zwei Vorbehalten ratifiziert. Fehlender Rechtsschutz in Ehe-, Scheidungs- und Sorgerechtsangelegenheiten lässt Frauen bei der Trennung häufig mittel- und obdachlos zurück (AA 21.6.2020).
Die Arbeitsmöglichkeiten haben sich für Frauen in den letzten Jahren verbessert. So stellen sie mittlerweile ca. 80 Prozent der Arbeitskräfte in den Textilfabriken. Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sind jedoch oftmals prekär (AA 21.6.2020). Durch den Verdienst können Frauen ihre Stellung in der Familie und den lokalen Gemeinschaften enorm verbessern. Häufig bestehen zwischen den Tätigkeiten von Männern und Frauen erhebliche Gehaltsunterschiede (AA 21.6.2020). Die Textilindustrie macht 80 Prozent der jährlichen Exporte aus und war entscheidend für das Wirtschaftswachstum in den vergangenen beiden Jahrzehnten. Mehr als vier Millionen Menschen arbeiten in der Branche, der Großteil von ihnen Frauen. Die Coronakrise hat die Textilindustrie, den wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes, fast vollständig lahmgelegt (DP 21.4.2020).
Glaubwürdigen Berichten von Menschenrechtsorganisationen ist zu entnehmen, dass in der ersten Jahreshälfte 2019 ein alarmierender Anstieg der Vergewaltigungsfälle zu verzeichnen war (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 30.1.2020). Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat im Laufe des vergangenen Jahres (2019) stark zugenommen (ODHIKAR 8.2.2020; vgl. AI 30.1.2020) und ist weit verbreitet (ÖB 9.2020). Mindestens 17.900 gemeldete Fälle von Gewalt gegen Frauen, darunter 5.400 gemeldete Fälle von Vergewaltigungen wurden registriert (AI 30.1.2020). Der alarmierende Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist zum Teil auf die vorherrschende Kultur der Straflosigkeit und das mangelnde Engagement der Regierung zurückzuführen (AI 30.1.2020). Eine Verurteilung der Täter bleibt nach wie vor gering. Studien zeigen auf, dass 88 Prozent der befragten Vergewaltiger im ländlichen Raum und 95 Prozent der in den Städten lebenden Vergewaltiger keine rechtlichen Konsequenzen drohen (ÖB 9.2020). So werden Vergewaltigungen aus dem Umstand einer drohenden sozialen Stigmatisierung (ODHIKAR 2019a; vgl. AA 21.6.2020) und häufigen Belästigungen durch die Polizei (ODHIKAR 8.2.2020) in den meisten Fällen nicht gemeldet (AA 21.6.2020).
Die Behörden haben es versäumt, Gesetze zum Schutz von Frauen in Fällen von sexueller Gewalt, Vergewaltigung, häuslichem Missbrauch und Säureangriffen ordnungsgemäß durchzusetzen (HRW 14.1.2020; vgl. ÖB 9.2020, FH 2020). Insbesondere innerhalb der Familie nimmt die Frau nach wie vor eine untergeordnete Rolle ein. Die ihr garantierten Rechte können in der Praxis oft nicht gelebt werden. Oft müssen Frauen auf die Ausübung ihnen zustehender Rechte verzichten, da sie sonst mit sozialer Stigmatisierung zu rechnen haben. Besonders mangelnde Bildung und traditionelle Interpretationen des Islam machen häusliche Gewalt zu einer, vor allem in armen Bevölkerungsschichten, gesellschaftlich akzeptierten Norm. Das „Bangladesh Bureau of Statistics“ stellt in seinem Bericht „Violence Against Women Survey“ von 2015 fest, dass 26 Prozent der verheirateten Frauen anführten, Opfer häuslicher Gewalt gewesen zu sein (ÖB 9.2020). Amnesty International berichtet von mindestens 988 Frauen und Mädchen (darunter 103 Minderjährige im Alter von sieben bis zwölf Jahren), welche nach Vergewaltigungen, versuchten Vergewaltigungen, sexuellen und körperlichen Folterungen und Säureattacken im Zusammenhang mit Mitgiftstreitigkeiten im Jahre 2019 ermordet wurden (AI 30.1.2020; vgl. ODHIKAR 8.2.2020, ÖB 9.2020). Die Regierung hat mit dem „Acid Crime Prevention Act“ und dem „Acid Control Act“ spezielle Gesetze erlassen, um dagegen vorzugehen. In den extra eingerichteten Speedy-Tribunalen ist eine Freilassung auf Kaution nicht gestattet. In schweren Fällen kann die Todesstrafe verhängt werden. Nach Angaben der „Acid Survivor Foundation“ sind diese Gerichte allerdings ineffektiv und die Verurteilungsrate ist gering (ÖB 9.2020). Die NGO ODHIKAR meldete für das Jahr 2019 insgesamt 31 Opfer von Säureangriffen (2018: 26) (ODHIKAR 2019b; vgl. ODHIKAR 8.2.2020).
Auch wenn interreligiöse Ehen in urbanen Gebieten mittlerweile häufiger vollzogen werden, müssen Ehepartner verschiedener Konfessionen in ländlichen Regionen immer noch häufig mit familiärem Druck bis hin zur Anwendung physischer Gewalt von Familienmitgliedern oder der Dorfgemeinschaft rechnen. In ländlichen Gebieten kann es zudem zu öffentlichen Auspeitschungen „unmoralischer“ Frauen kommen, manchmal aufgrund der Fatwa eines lokalen religiösen Anführers (ÖB 9.2020).
Innerhalb Bangladeschs werden bisweilen Frauen und Mädchen aus ländlichen Gebieten in große Städte, v.a. Dhaka und Chittagong, verschleppt, wo sie sexuell ausgebeutet werden oder als Haushaltshilfen Zwangsarbeit leisten müssen. Der Handel mit Frauen und Kindern, verbunden mit sexueller Ausbeutung, wurde 2003 unter Strafe gestellt. Allerdings ist Bangladesch kein Mitglied des UN-Protokolls gegen Menschenhandel von 2000. Innerstaatlich wurde eine Strategie gegen Menschenhandel entwickelt (AA 21.6.2020). Die Regierung unternahm nur minimale Anstrengungen zur Bekämpfung des Menschenhandels (USDOS 20.6.2019).
Es liegen keine Berichte über Genitalverstümmelungen (AA 21.6.2020), zwangsweise Abtreibungen oder Sterilisationen vor (USDOS 11.3.2020). Bangladesch hat nach wie vor eine der höchsten Kindereheraten der Welt (HRW 14.1.2020; mehr dazu in Abschnitt 17.2.).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html , Zugriff 10.11.2020
DP - Die Presse (21.4.2020): Corona-Pandemie legt Textilindustrie in Bangladesch lahm, https://www.diepresse.com/5803241/corona-pandemie-legt-textilindustrie-in-bangladesch-lahm , Zugriff 13.11.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 10.11.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 10.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
ODHIKAR (8.2.2020): International Federation for Human Rights: Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf , Zugriff 10.11.2020
ODHIKAR (2019a): Violence against women, http://odhikar.org/violence-against-women/ , Zugriff 10.11.2020
ODHIKAR (2019b): Acid Violence: 2003-2018, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2019/01/Acid-violence-2003-2018.pdf , Zugriff 10.11.2020
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 5.11.2020
USDOS – US Department of State (20.6.2019): 2019 Trafficking in Persons Report: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2010761.html , Zugriff 5.11.2020
Kinder:
Letzte Änderung: 17.11.2020
Gewalt gegen Kinder ist weit verbreitet (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020). Die Arbeit von Minderjährigen, z.B. in Textilfabriken oder auf Baustellen und in Teegärten, ist nach wie vor üblich (AA 21.6.2020).
Der „Supression of Violence against Women and Children Act 2000“ ahndet Vergewaltigung von Frauen und Kindern, die zum Tode oder schweren Verletzungen führen, mit Todesstrafe oder lebenslanger Haft. Ein Problem ist allerdings die niedrige Verurteilungsrate. Es wird angenommen, dass zahlreiche Opfer aufgrund der gesellschaftlichen Stigmatisierung nicht den Weg zu den staatlichen Behörden finden. Um diesem Problem zu begegnen, ermöglicht der „Women and Children Repression Prevention Act“ seit 2000 nicht-öffentliche Gerichtsverfahren „in camera“, Nichtveröffentlichung der Identität und finanzielle Kompensation des Opfers (ÖB 9.2020).
Die Opfer des Menschenhandels haben neben sexueller Ausbeutung auch Sklavenarbeit und unbezahlte Hausarbeit (oft in Verbindung mit sexuellem Missbrauch) zu erleiden. Immer wieder kommt es auch zu Entführungen – vor allem von Mädchen – die mit Zwangskonvertierung, Vergewaltigung und anderen Formen des Missbrauchs einhergehen. In weiterer Folge würden die Opfer meist auch gezwungen, die Täter zu heiraten. In die Gruppe der verletzlichsten Personen fallen insbesondere Mädchen und minderjährige Frauen, zusätzlich werden sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungsfälle in Südasien immer noch totgeschwiegen und selten der Polizei gemeldet (ÖB 9.2020). Im Jahr 2019 wurden Vergewaltigungen von 737 Mädchen unter 18 Jahren registriert (ODHIKAR 8.2.2020). Dabei spielt nicht nur das beschämende Gefühl eine Rolle, sondern das fehlende Vertrauen in die Polizei. Statistiken über Zwangsehen und Zwangskonvertierungen sind nicht vorhanden (ÖB 9.2020).
Das legale Heiratsalter in Bangladesch beträgt für Frauen 18, für Männer 21 Jahre. Ein Gesetz aus dem Jahr 2017 enthält eine Bestimmung für Eheschließungen von Frauen und Männern in jedem Lebensalter unter „besonderen Umständen“. Frühe und erzwungene Heiraten sind ein Hauptgrund, dass viele Mädchen aus der Sekundärschule ausscheiden (USDOS 11.3.2020). Bangladesch hat nach wie vor eine der höchsten Kindereheraten der Welt (HRW 14.1.2020). In Bangladesch, liegt der Prozentsatz der minderjährig verheirateten Mädchen bei mehr als 60 bis zu etwa 75 Prozent (CARE 2020; vgl. UNICEF 1.10.2019).
Trotz der erklärten Absicht der Regierung, die Praxis der Kinderehen bis 2021 zu beenden, hat diese noch keine nennenswerten Fortschritte gemacht. Es existiert weiterhin ein Gesetz, welches erlaubt, unter besonderen Umständen vor dem 18./21. Lebensjahr zu heiraten (HRW 14.1.2020). Fünf Opfer von Kinderheirat waren 2019 ebenfalls der Mitgiftgewalt ausgesetzt. Vier von ihnen wurden getötet und ein Opfer körperlich misshandelt (ODHIKAR 8.2.2020). Im Bemühen, frühe und erzwungene Heiraten zu verhindern, bietet die Regierung Mädchen Stipendien für den Schulbesuch jenseits der 5. Schulstufe an. Die Regierung und NGOs vermitteln Eltern über Workshops und Veranstaltungen, dass ihre Töchter mit der Eheschließung bis zum 18. Geburtstag warten sollen (USDOS 11.3.2020).
Der Besuch der Grundschule zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr ist verpflichtend und kostenlos. Dennoch sind die Kosten für Lernmaterialien für viele Eltern unerschwinglich (USDOS 11.3.2020). Etwa 74 Prozent aller Kinder schließen die Grundschule ab (UNICEF o.D.).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
CARE – Cooperative for Assistance and Relief Everywhere (2020): Wo gibt es Kinderehen? https://www.care.de/care-hilfe/themen/frauen-und-maedchen/kinderehe , Zugriff 16.11.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 9.11.2020
ODHIKAR (8.2.2020): International Federation for Human Rights: Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf , Zugriff 9.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
UNICEF – United Nations Children's Fund (1.10.2019): KINDEREHEN WELTWEIT: DIE WICHTIGSTEN FRAGEN UND ANTWORTEN, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kinderehen-weltweit-fragen-und-antworten/199066 ,Zugriff 16.11.2020
UNICEF – United Nations Children's Fund (o.D.): Bangladesh - Key demographic indicators, https://data.unicef.org/country/bgd , Zugriff 10.11.2020
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 10.11.2020
Bewegungsfreiheit:
Letzte Änderung: 13.11.2020
Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (FH 2020; vgl. AA 21.6.2020). Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox’s Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020).
Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 9.2020; vgl. FH 2020; AA 21.6.2020). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerungen bei der Reisepassausstellung (ÖB 9.2020). Ein Ausreiseverbot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).
Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars (ÖB 9.2020).
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden.Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 21.6.2020).
Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien. Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 13.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 11.11.2020
Grundversorgung:
Letzte Änderung: 13.11.2020
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 21.6.2020). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene (DB 1.10.2019). Im Zuge der COVID-Krise 2020 rutschten 25 Millionen Menschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020).
Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund sechs Prozent gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 4.11.2020). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Die Landwirtschaft wird vom Reisanbau dominiert (GIZ 3.2020b; vgl. CIA 4.11.2020). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 3.2020b), auf den 2017 geschätzt 29,3 Prozent des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 Prozent aller Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftete 2017 mehr als die Hälfte des BIP (CIA 4.11.2020).
Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. „BRAC“, „Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees“, „Bangladesh Migrant Centre“, „Bangladesh Women Migrants Association“). Dachverband ist das „Bangladesh Migration Development Forum“ (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 21.6.2020).
Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 500.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten) (ÖB 9.2020). Mehr als zehn Prozent ist der Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung der durch Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch geleistet wird (GIZ 3.2020b). Das entspricht etwa 13 - 16 Mrd. USD (ÖB 9.2020; vgl. GIZ 3.2020b, CIA 4.11.2020).
Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2019 gem. Weltbank bei lediglich 4,2 Prozent jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association allerdings ca. 36 Mio. Menschen während des Lockdown ihre Arbeit. Darüber hinaus mussten zehntausende Bangladeshi, die im Ausland beschäftigt waren, in ihre Heimat zurückkehren, nachdem sie ihre Arbeitsplätze verloren hatten. Vor allem in der Landwirtschaft (19 Prozent des BIP und mehr als 65 Prozent der Beschäftigten) ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Mio. gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht. Staatlichen Angestellten, Mitgliedern der Sicherheitskräfte, sowie staatlichen und privaten Lehrern ist die Bildung von Gewerkschaften oder der Beitritt zu solchen, aufgrund deren starker Politisierung, explizit verboten (ÖB 9.2020).
Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 Prozent aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 3.2020b). Für ca. 85 Prozent der Bevölkerung, die im informellen Sektor arbeiten, gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung (ÖB 9.2020).
Die Preissteigerungen bei Lebensmittel von bis zu 70 Prozent treffen besonders den armen Teil der Bevölkerung. Die Regierungen versuchen, mit staatlichen Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen gegenzusteuern, fördern damit aber hauptsächlich Ineffizienz. Allerdings verfügt Bangladesch über ein hervorragendes Netz an Mikrokreditinstitutionen, welche Millionen Bangladeschis effektiv bei ihrem Weg aus der Armut unterstützen (ÖB 8.2019).
Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 3.2020b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die Kreditnehmerinnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können – so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten („finanzielle Alphabetisierung“) (IP 6.3.2018).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
CIA – Central Intelligence Agency (4.11.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 10.11.2020
DB – Deutsche Botschaft Dhaka (1.10.2019): Die bangladeschische Wirtschaft, https://dhaka.diplo.de/bd-de/themen/wirtschaft/-/2251288 , Zugriff 5.11.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Bangladesch – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/bangladesch/wirtschaft-entwicklung , Zugriff 5.11.2020
IP – Idealism Prevails (6.3.2018): Mikrokredite: Kann Armut durch Unternehmertum überwunden werden?, https://www.idealismprevails.at/mikrokredite-kann-armut-durch-unternehmertum-ueberwunden-werden , Zugriff 11.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
Sozialbeihilfen:
Letzte Änderung: 13.11.2020
Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 21.6.2020). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen oder eine Mitversicherung von Kindern (ÖB 9.2020). Nicht staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs findet statt (AA 21.6.2020), kann aber in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020).
Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [5,5 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka, wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
USSSA – U.S. Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf , Zugriff 5.11.2020
Medizinische Versorgung:
Letzte Änderung: 13.11.2020
Die Bereitstellung der Gesundheitsfürsorge liegt im Verantwortungsbereich der Regierung (DFAT 22.8.2019). Die medizinische Versorgung in Bangladesch entspricht nicht europäischen Standards und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch nicht mit westlichen Standards vergleichbar. Die Ausstattung der örtlichen Krankenhäuser ist ungenügend (AA 28.7.2020; vgl. DFAT 22.8.2019, AA 21.6.2020). Wegen des Mangels an medizinischen Personal und Rettungsfahrzeugen kann bei Unfällen nicht mit schneller Hilfe gerechnet werden (AA 28.7.2020; vgl. ÖB 9.2020). Medizinische Einrichtungen in Bangladesch sind äußerst selten und von schlechter Qualität (ÖB 9.2020; vgl. DFAT 22.8.2019). Die Krankenhäuser verfügen insgesamt nur über rund 1.000 Intensivstationsbetten (GTAI 21.9.2020b). Davon sind sogar nur 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet (GTAI 21.9.2020b). Während in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten zu Verfügung stehen, sind in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine Intensivbetten vorhanden (GTAI 21.9.2020b). Es herrscht ein eklatanter Mangel an medizinischen Personal. Schätzungsweise lediglich 12 Prozent aller schweren Krankheitsfälle erreichen das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 9.2020). In der Praxis stellen der Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einen erheblichen Teil der Gesundheitsdienste zur Verfügung (DFAT 22.8.2019). Durch die Coronakrise gerät das seit Jahrzehnten unterfinanzierte staatliche Gesundheitswesen in Bangladesch enorm unter Druck und die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen (GTAI 21.9.2020b).
In Dhaka bestehen wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden. Wohlhabende Bangladeschis und westliche Ausländer ziehen bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vor (AA 21.6.2020). Lokale Kliniken gibt es auf Gemeinde- oder Dorfebene. Diese Einrichtungen unterstützen größere Distrikt- oder Zentralkrankenhäuser (DFAT 22.8.2019). Obwohl eine rudimentäre, kostenlose medizinische Versorgung durch staatliche Gesundheitsstationen verfügbar sein soll (AA 21.6.2020), berichten Patienten, dass sie im Allgemeinen für einen Zugang zu medizinischen Leistungen zahlen müssen. Die Beratungsgebühren sind oft exorbitant und für die Armen unerschwinglich. Ärzte neigen Berichten zufolge auch dazu, ihre Kunden „übermäßig zu behandeln“ und unnötige Tests anzuordnen, um ihr Einkommen zu erhöhen (DFAT 22.8.2019). So ist der Großteil der armen Landbevölkerung auf Selbsthilfe oder private Hilfsinitiativen angewiesen (ÖB 9.2020).
Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (AA 21.6.2020).
Ärztlichen Auskünften zufolge sind, im Gegensatz zu ambulanten Behandlungen, längerfristige psychologische und psychiatrische Behandlungen und Betreuungen in Bangladesch nur schwer zu gewährleisten. Nach Erfahrungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind diese Behandlungen sehr teuer. In ländlichen Gebieten sind sie nicht möglich (AA 21.6.2020). Vor allem NGOs und Entwicklungshilfeinstitutionen sind um Verbesserungen der medizinischen Versorgung bemüht, z.B. durch Impfprogramme für Kinder gegen weit verbreitete Krankheiten wie Tuberkulose. Bangladesch hat nur eine niedrige Rate an HIV/Aids-Infizierten, gilt aber als potenziell stark gefährdetes Land (ÖB 9.2020).
Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). So muss allgemein auf die Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden (ÖB 9.2020). Das Arbeitsrecht 2006 sieht vor, dass Firmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern vor Ort medizinische Einrichtungen bereit stellen sollten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber getragen (USSSA 3.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292 , Zugriff 9.11.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 12.11.2020
GTAI - Germany Trade and Invest (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868 , Zugriff 5.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
USSSA – U.S. Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf , Zugriff 5.11.2020
Rückkehr:
Letzte Änderung: 12.11.2020
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 21.6.2020) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 21.6.2020). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass „erfolglose Rückkehrer“ von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr, auch wenn es keine Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt. Politisch motivierte Gewalt beschränkt sich in den meisten Fällen auf Einschüchterungen. Während des Ausnahmezustandes verweigerte die Regierung jedoch temporär einigen Parteiführern die Wiedereinreise nach Bangladesch. Durch den neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima im Land merklich verschlechtert (ÖB 9.2020).
Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der „International Organization for Migration“ (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten „General Diary“ gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 21.6.2020). Bei oppositioneller Betätigung kommt es darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von Regierung oder Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen, bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition (ÖB 9.2020).
Dennoch ergeben sich im Zusammenhang wegen des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs und einer damit einhergehenden Rücksendung vieler tausender ArbeiterInnen in ihre Heimat Probleme für das Land. Auf Grund der beengten Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ihren Gastländern sind diese ArbeiterInnen besonders vom Virus betroffen und bringen das Virus auf ihrem Heimweg mit nach Hause (ÖB 9.2020).
IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 21.6.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 3.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
Dokumente:
Letzte Änderung: 13.11.2020
Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 17.12.2018). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist eigentlich nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage (AA 21.6.2020).
Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 21.6.2020). Es ist üblich und oft nicht anders möglich, Dokumente über einen Agenten oder „Mittelsmann“ zu erwerben. Diese Praxis stellt sich ebenfalls betrugsanfällig dar (DFAT 22.8.2019). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 9.2020). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 21.6.2020). Auch ist Schritt zur Erlangung von Dokumenten mit der Zahlung von Bestechungsgeldern verbunden (DFAT 22.8.2019). Die Überprüfungspraxis ist schwierig, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt. Außerdem verfügen die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout (ÖB 9.2020).
Mit der Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen. Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen (AA 21.6.2020; vgl. DFAT 22.8.2020).
Bei sonstigen Dokumenten, hauptsächlich Personenstandsurkunden, werden häufig Abweichungen der Bezeichnung der Behörde in Stempeln, Siegeln und Briefkopf, bei Unterschriften und Formpapier (AA 21.6.2020), sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen festgestellt (ÖB 9.2020). In vielen Asylfällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z.B. „First Information Report“, „Charge Sheet“ oder Haftbefehl vor (AA 21.6.2020). Beliebt ist die Anfertigung falscher oder unvollständiger Übersetzungen (ÖB 9.2020).
Nachdem erfahrungsgemäß in Bangladesch ein hoher Grad an Fälschungen besteht, ist davon auszugehen, dass die auch bis zu einem gewissen Ausmaß für FIRs zutrifft (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020).
Eine Echtheit von Dokumenten kann mit wenigen Einschränkungen überprüft werden, da ausgestellte Dokumente von der zuständigen Behörde als Original mittels Amtsstempel und Unterfertigung beglaubigt werden. Aufgrund von Gegenzeichnungsprozessen und der Tatsache, dass alle Dokumente mittels einer Datenbank geprüft werden können, sind Fälschungen von Polizei- oder Gerichtsdokumenten erschwert. Ein Fehlen von Amtsstempel und Unterschrift legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem entsprechenden Dokument um eine Fälschung handeln könnte (ÖB 17.12.2018). Da Dokumente politischer Parteien nicht die Sicherheitsmerkmale anderer Dokumente enthalten, sind auch diese anfällig für Fälschungen (DFAT 22.8.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2020),_21.06.2020.pdf , Zugriff 9.11.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 12.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (9.2020): Asylländerbericht Bangladesch
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (17.12.2018): Anfragebeantwortung
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer sowie zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und ihrer Muttersprache wird den bereits in den bekämpften Bescheiden getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, an denen sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben haben, zumal diese Feststellungen, die auf den im Verfahren vor dem BFA getätigten eigenen Angaben des BF 4 und der BF 3 gründen (BF 4 Vorakt 3, 31 ff., AS 1 ff., AS 223 f.; BF 3 AS 1 ff.; BF 1 AS 1, 21; BF 2 AS 1), im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz auch nicht beanstandet wurden.
Die Identitäten der Beschwerdeführer konnten mangels Vorliegen unbedenklicher Urkunden nicht festgestellt werden. Auch das BFA konnte die Identitäten nicht feststellen (BF 3 AS 934; BF 4 AS 1177) und dies wurde in der Beschwerde nicht moniert.
Die Feststellungen zur Herkunft des BF 4 und der BF 3, ihrer absolvierten Schulausbildung, ihrem Familienstand und ihren in Bangladesch aufhältigen Familienangehörigen legte ebenso bereits das BFA dem angefochtenen Bescheid zu Grunde, diese decken sich mit dem vom BF 4 und der BF 3 im Verfahren mehrfach übereinstimmend gemachten Angaben (vgl. BF 4 Vorakt 1 ff., AS 223 f.; BF 3 Vorakt 3; OZ 6 S 6, 18 f.) und wurden im Beschwerdeschriftsatz nicht bestritten.
Die im April 2016 erfolgte illegale Einreise des BF 4 und der BF 3 ist aktenkundig (BF 4 Vorakt 1, BF 3 Vorakt 1). Dass die Beschwerdeführer in die staatliche Grundversorgung einbezogen sind, ihre Unbescholtenheit sowie, dass sie im Familienverband im gemeinsamen Haushalt leben, geht aus einer Einsichtnahme in die österreichischen amtlichen Register (Grundversorgungs-Informationssystem, Fremdeninformationssystem, Zentrales Melderegister, Strafregister) hervor. Dass die Beschwerdeführer mittellos sind, hat der BF 4 in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben (OZ 6 S 27).
Dass keiner der Beschwerdeführer in Österreich Mitglied in einem Verein oder in Organisationen tätig ist und sie während ihres bisherigen Aufenthaltes in Österreich keiner legalen Arbeit nachgegangen sind, gaben der BF 4 und die BF 3 vor dem Bundesverwaltungsgericht zu Protokoll (OZ 6 S 16, 27).
Dass die Beschwerdeführer über private Anknüpfungspunkte in Österreich in nennenswertem Ausmaß verfügen, war ihren diesbezüglichen Angaben nicht zu entnehmen. Lediglich die BF 2 hat angegeben, in Österreich bereits Freundinnen gefunden zu haben (OZ 6 S 16, 27).
Auch dem Beschwerdeschriftsatz lassen sich keine darüber hinausgehenden substantiierten Ausführungen dahingehend entnehmen. Ebenso wurden im Laufe des Verfahrens auch keine weiteren Stellungnahmen abgegeben bzw. Unterlagen vorgelegt, aus denen anderes hervorgehen würde und die Ausführungen des BFA, wonach die Beschwerdeführer im Bundesgebiet über keine relevanten privaten Anknüpfungspunkte verfügen, sind nicht zu beanstanden. Dass die Beschwerdeführer am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teilnehmen, konnte mangels diesbezüglicher Angaben des BF 4 und der BF 3 bzw. der Vorlage von entsprechenden Unterlagen jedenfalls nicht festgestellt werden.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer gründen ebenso auf deren eigenen Angaben vor dem BFA bzw. dem Bundesverwaltungsgericht und auf vorgelegte medizinische Unterlagen (BF 4 AS 226, 263 ff.; OZ 6 S 18).
II.2.2. Dem Fluchtvorbringen des BF 4 und der BF 3 sprach bereits das BFA die Glaubhaftigkeit ab. Diese Beurteilung ist nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Fluchtvorbringen des BF 4 und der BF 3 ist unter Berücksichtigung der folgenden Erwägungen jedenfalls als nicht glaubhaft zu bewerten.
II.2.2.1. Die BF 3 ist qualifiziert unglaubwürdig. So behauptete sie in der Beschwerdeverhandlung unzutreffenderweise, dass ihre Kinder die österreichische Staatsangehörigkeit hätten. Nach Wahrheitserinnerung räumte sie ein, dass ihre Kinder die bengalische Staatsbürgerschaft hätten und behauptete Verständnisprobleme (OZ 6 S 9). Unsubstantiiert stellte sie in der Beschwerdeverhandlung in den Raum, im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch getötet zu werden.
Es ist überhaupt nicht glaubhaft, dass die BF 3 ein Interesse daran hat, zum Christentum zu konvertieren. So konnte die BF 3 in der Beschwerdeverhandlung nicht einmal erklären, aus welchen Büchern die Bibel bestehe, und wie der Religionsstifter der katholischen Christen heiße (OZ 6 S 15). Davon ungeachtet wurden die Fluchtgründe der BF 3 und des BF 4 bereits in einem vorgelagerten Asylverfahren durch drei Instanzen geprüft und als nicht glaubhaft beurteilt. Der BF 4 und die BF 3 setzen alles daran, um sich ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu erschleichen.
Der BF 4 ist persönlich ebenfalls unglaubwürdig. So behauptete er vor dem Bundesverwaltungsgericht, „natürlich“ ein gesetzestreuer Mensch zu sein und sich „natürlich“ an die gerichtlichen Entscheidungen des Landes zu halten. Auf Vorhalt, dass er die im vorangegangenen Asylverfahren ergangenen Entscheidungen nicht respektiert zu haben, machte er ausweichende Angaben (AS 20 f.) und behauptete, alle Anforderungen, die an ihn gestellt würden, zu respektieren. Dass das unzutreffend ist, hat er durch sein beharrliches Verweilen im Bundesgebiet überzeugend dargetan.
Hinsichtlich des BF 1 und des BF 2 machte der BF 4 völlig unglaubhafte Angaben. Er stellte unsubstantiiert in den Raum, dass seine Kinder in Österreich geboren seien und er in Bangladesch befürchten müsse, dass diese entführt würden. Die Gegner oder Personen, die gegen den BF Anzeige erstattet hätten, könnten seine Kinder entführen. Dass die Anzeigen, die der BF 4 vorgelegt hat, gefälscht sind, ist evident. Das Vorbringen die Kinder betreffend ist unsubstantiiert und nicht glaubhaft.
Auch ist überhaupt nicht glaubhaft, dass der BF 4 Ambitionen hat, am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, wie er in der Beschwerdeverhandlung behauptet hat (OZ 6 S 26). Die Deutschkenntnisse des BF 4 sind trotz seiner fünfjährigen Aufenthaltsdauer derart begrenzt, dass nicht glaubhaft ist, dass er sich solche überhaupt aneignen will. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass sich der BF in den österreichischen Arbeitsmarkt integrieren kann, will und wird.
II.2.2.2. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist es der BF 3 und dem BF 4 nicht gelungen, eine Verfolgung in Bangladesch darzutun und ihnen ist aufgrund ihrer persönlichen Unglaubwürdigkeit abzusprechen, dass sie ein zutreffendes Vorbringen erstattet haben.
II.2.2.3. Im Ergebnis ist dem BF 4 und der BF 3 hinsichtlich ihrer Fluchtvorbringen bereits auf Grund der oben aufgezeigten Gründe die Glaubwürdigkeit abzusprechen. In einer Gesamtschau der Ausführungen zu ihren Fluchtgründen vermittelten diese letztlich den Eindruck, eine individuelle Verfolgungsgefährdung seiner Person auf Grundlage von in Bangladesch vorherrschenden Spannungsverhältnisse konstruieren zu wollen. Diese Beurteilung konnte allein auf Grund der vom BF 4 und der BF 3 vor dem BFA bzw. dem Bundesverwaltungsgericht gemachten (wenig substantiierten und teilweise widersprüchlichen bzw. nicht plausiblen) Angaben im Rahmen der freien Beweiswürdigung vorgenommen werden.
Auch vor dem Hintergrund, dass der BF 4 im Verfahren gefälschte Urkunden vorgelegt hat und eine Staatsanwaltschaft deshalb wider ihn einen Strafantrag gestellt hat, ist von einer qualifizierten Unglaubwürdigkeit seiner Person auszugehen.
II.2.3. Die allgemeine Lage im Herkunftsland des BF ergibt sich aus dem bereits vom BFA herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – das den Beschwerdeführern in den Beschwerdeverfahren in der aktuellsten Fassung erneut zu Stellungnahme übermittelt wurde – und den darin angeführten Quellen. Darin wird eine Vielzahl von Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen zusammengefasst, die ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Bangladesch zeigen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal die Beschwerdeführer trotz der Möglichkeit zur allgemeinen Lage in ihrem Heimatland Stellung zu nehmen, von der Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme vor dem Bundesverwaltungsgericht abgesehen haben.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
II.3.1. Zu A I.:
II.3.1.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).
Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Ausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist ein Flüchtling, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.).
Verlangt wird eine „Verfolgungsgefahr“, wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Die Voraussetzung der „wohlbegründeten Furcht“ vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 2005 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubhaftigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, 92/01/0560).
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
So entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens – niederschriftlichen Einvernahmen – unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG – StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht2, [2011], Rz 31). Allgemein gehaltene Behauptungen reichen jedenfalls für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).
Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. VwGH 14.12.2000, 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH 21.09.2000, 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, 99/20/0599).
Wie der Beweiswürdigung (vgl. II.2.2.) zu entnehmen ist, ist es dem BF 4 mit seinem Vorbringen nicht gelungen, eine in seinem Herkunftsstaat bestehende konkrete Bedrohungssituation aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung für seine Person glaubhaft zu machen.
Auch wenn dem Vorbringen des BF 4, in Bangladesch aufgrund einer politischen Tätigkeit bei der BNP einer Verfolgung durch Anhänger der regierenden Awami League bzw. durch die inländischen Behörden ausgesetzt zu sein, die Glaubhaftigkeit abgesprochen wurde, ist der Vollständigkeit halber – wie oben bereits ausgeführt – dennoch darauf hinzuweisen, dass auf Grundlage der getroffenen Länderfeststellungen – auch wenn das politische und rechtsstaatliche System Bangladeschs nicht mitteleuropäischen Standards entspricht – in Bangladesch nicht von einer generellen Schutzunfähigkeit des Staates oder einer flächendeckenden Inhaftierung oder Benachteiligung von Sympathisanten der BNP (lediglich aufgrund ihrer politischen Gesinnung) auszugehen ist.
Darüber hinaus stellen politisch motivierte Übergriffe von Sympathisanten und Parteigängern bzw. politischen Gruppierungen im Hinblick auf die zitierte Judikatur keine staatliche Verfolgung oder eine in Bangladesch staatlich geduldete bzw. nicht mit Sanktionen verbundene Vorgangsweise dar (vgl. dazu erneut die seitens der Beschwerdeführer nicht ausreichend bestrittenen Länderfeststellungen).
Betreffend die vom BF 4 ins Treffen geführte gegen seine Person in Bangladesch vorliegenden Anzeigen, die fälschlicherweise erhoben worden seien, ist anzumerken, dass diese gefälscht waren. Davon ungeachtet ist zu konstatieren, dass, auch wenn gemäß den Länderfeststellungen das Justizsystem Bangladeschs nicht mit mitteleuropäischen Standards vergleichbar ist, Gerichte angerufen werden können und diese sind zu Entscheidungen berufen.
Im gesamten Verfahren ergaben sich auch keine Hinweise auf eine begründete Verfolgung des BF 4 aus anderen, in der GKF genannten Gründen. Insbesondere gibt es nach den getroffenen Feststellungen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Staatsangehörige aus Bangladesch, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären oder die Lage in Bangladesch dergestalt ist, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
Auch das Vorbringen, wonach es zu Übergriffen auf die BF 3 kommen könnte, wurde als nicht glaubhaft beurteilt. Davon ungeachtet wurden drohende Übergriffe hypothetisch in den Raum gestellt, eine konkrete auf die Person der BF3 bestehende Gefahr nicht dargelegt..
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der BF 4 oder die BF 3 in ihrer Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung der Status von Asylberechtigten durch das BFA nicht zu beanstanden.
Da die Eltern des BF 1 und des BF 2 keine glaubhaften Gründe für ihre Anträge auf internationalen Schutz vorgebracht haben und diesen daher weder die Status von Asylberechtigten noch jene von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden konnten, war den minderjährigen BF 1 und BF 2 ebenso wenig Asyl zu gewähren. Es ist demnach keine asylrelevante Verfolgung(sgefahr) des BF 1 oder des BF 2 anzunehmen. Den Beschwerdeführern wird es möglich sein, in Bangladesch zu leben. Gegenteiliges konnten die Eltern des BF 1 und des BF 2 nicht darlegen, zumal für die beiden minderjährigen Beschwerdeführer eigenen keine Fluchtgründe geltend gemacht wurden. Eine Trennung der minderjährigen Kinder von den Eltern wäre jedenfalls nicht zum Wohle der Kinder, die selbst bisher keinen besonderen integrativen Zugang in die österreichische Gesellschaft auf Grund ihres Alters (geboren August 2016 bzw. Dezember 2018) vorweisen können. Da die Eltern, BF 3 und BF 4, sich im täglichen Familienleben in bengalischer Sprache unterhalten, wie dies auch im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG ersichtlich wurde, ist davon auszugehen, dass die Kinder, BF1 und BF2, keine altersadäquaten Deutschkenntnisse besitzen.
II.3.1.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören – der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 08.06.2000, 99/20/0203; 17.09.2008, 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offenbliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52 ff.; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff.).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (z.B. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.
Dass die Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnten, konnte im Rahmen der Ermittlungsverfahren nicht festgestellt werden.
Wie bereits das BFA ausgeführt hat, handelt es sich bei den erwachsenen Beschwerdeführern um ein arbeitsfähiges Paar, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Es sind jedenfalls keine Gründe ersichtlich, warum der BF 3 und die BF 4 als Erwachsene in Bangladesch selbst keinen Erwerbstätigkeiten nachgehen können sollten. Sie sind in Bangladesch aufgewachsen, dort in die Schule gegangen und haben dort die überwiegende Zeit ihres Lebens verbracht. Sie wurden in Bangladesch sozialisiert und verfügen in Bangladesch über familiäre Anknüpfungspunkte, wobei sie zu ihren Familienangehörigen Kontakt haben. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass im Fall ihrer Rückkehr eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung gewährleistet ist. Der BF 3 hat vor seiner Ausreise im Lebensmittelhandel gearbeitet. Darüber hinaus steht es dem BF 3 und der BF 4 auch frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das – wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige – Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Anzumerken gilt es zudem, dass die Beschwerdeführer den der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Bangladesch im bisherigen Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten sind und insbesondere auch nicht ausreichend dargelegt haben, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit die Beschwerdeführer durch die Rückkehr in ihr Herkunftsland einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wären.
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemein existenten Notlage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer (allgemeine Hungersnot, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der Beschwerdeführer (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise, dass einer der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichte, welcher in Bangladesch mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994; 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG 2005 subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.
Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß § 52a BFA-VG z.B. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im behördlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Bangladesch gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Situation in Bangladesch schlechter ist als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt ist, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG 2005 subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Auch im Falle des BF 1 und des BF 2 gibt es keinen Hinweis darauf, dass diese bei einer Rückkehr nach Bangladesch den in § 8 AsylG 2005 umschriebenen Gefahren ausgesetzt wären, noch, dass „außergewöhnliche Umstände“ herrschen würden, die eine Abschiebung des BF 1 und des BF 2 nach Bangladesch unzulässig machen würden. Es haben sich keine Hinweise auf eine lebensbedrohliche Erkrankung oder einen medizinischen Behandlungsbedarf ergeben. Ihre Eltern sind im arbeitsfähigen Alter, diese haben dort gelebt. Der BF 4 hat dort gearbeitet und sie waren in der Lage, ihren Unterhalt zu bestreiten. In Bangladesch gibt es auch Sozialleistungen (wenn auch auf niedrigem Niveau), sollten die Eltern des BF 1 und des BF 2 darauf angewiesen und trotz familiären Rückhalts in Bangladesch nicht in der Lage sein, den unbedingt notwendigen Unterhalt kraft eigener Arbeit zu erwirtschaften.
Weder aus den Angaben der Eltern des BF 1 und des BF 2 noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).
Weitere, in den Personen der Beschwerdeführer begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide waren daher ebenso als unbegründet abzuweisen.
II.3.1.3. Zu den Spruchpunkten III. bis VI der angefochtenen Bescheide:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 7 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel notwendig ist (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).
Der BF 4 und die BF 3 befinden sich seit April 2016 im Bundesgebiet. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer ist nicht geduldet. Sie sind zudem nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 57 AsylG 2005 liegen im Falle der Beschwerdeführer daher nicht vor, wobei dies auch weder im Verfahren noch in den Beschwerden behauptet wurde.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die Beschwerdeführer sind als Staatsangehörige von Bangladesch keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und ihnen kommt kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Vom Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Außerhalb ihrer Kernfamilie, deren Mitglieder allesamt von diesen Entscheidungen gleichermaßen betroffen sind, haben die Beschwerdeführer keine Verwandten im Bundesgebiet. Ihre Ausweisung bildet jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Schutz des Familienlebens.
Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben der Beschwerdeführer eingreifen. Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva u.a. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch insofern eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“.
Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, – je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse – variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich; 31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande; 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).
Die Dauer des Aufenthaltes der Eltern der Familie im Bundesgebiet seit April 2016 ist als relativ kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem BF 4 und der BF 3 bewusst gewesen sein, weswegen eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht schwer wiegen. Überdies ist der Aufenthalt auch keineswegs als derart lang zu bezeichnen, dass dieser ausreichend ins Gewicht fallen könnte.
Was den BF 4 und die BF 3 betrifft, hat bereits das BFA in den angefochtenen Bescheiden u.a. zutreffenderweise ausgeführt, dass sie über keine nennenswerten privaten Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügen. Sie haben im Bundesgebiet keine nennenswerten integrativen Bemühungen gezeigt oder soziale Kontakte in einem nennenswerten Ausmaß geschlossen, weshalb von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung der Beschwerdeführer in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden kann (vgl. dazu auch die beweiswürdigenden Ausführungen unter II.2.1.).
Der BF 4 und die BF 3 haben den Großteil ihrer bisherigen Leben in Bangladesch verbracht, sind dort aufgewachsen, haben Schulausbildungen absolviert und haben dort ihre Sozialisation erfahren. In Bangladesch leben zahlreiche Verwandte der Beschwerdeführer, zu denen aufrechter Kontakt besteht. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnten. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung der Beschwerdeführer zu ihrem Heimatland auszugehen.
Die Beschwerdeführer haben in einer Gesamtschau kein besonderes Maß an persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Integration dargetan. Die geltend gemachten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet reichen jedenfalls nicht aus, um unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK von Rückkehrentscheidungen Abstand zu nehmen.
Im Hinblick auf die Umstände, dass die Beschwerdeführer über marginale Deutschkenntnisse verfügen und die BF 3 in der Vergangenheit ehrenamtlich in Österreich gearbeitet hat, gilt es insbesondere auf die folgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, in denen trotz langjährigem Aufenthalt und dem Vorliegen von Integrationsschritten seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeenden Maßnahme bejaht wurde: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (siebeneinhalbjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang Ehe mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; drei Jahre Berufstätigkeit; gute Deutschkenntnisse; engen Kontakt zu Freundes- und Bekanntenkreis sowie Bruder in Österreich; Unbescholtenheit; kaum Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert als Zeitungsausträger, Sportverein), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 ua. (Familie; siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine staatliche Unterstützung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Grundversorgung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (knapp achtjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit österreichischer Staatsbürgerin; Sohn in Österreich geboren; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; unbescholten; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; Vereinsmitglied). Wie bereits ausgeführt, mussten sich die Beschwerdeführer bei allen Integrationsbemühungen zudem ihrer unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit ihrer Integrationsschritte bewusst sein.
Dass die Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253). Auf das mit einer Diversion beendete Strafverfahren muss in diesem Zusammenhang nicht mehr eingegangen werden.
Insgesamt betrachtet ist daher davon auszugehen, dass die Interessen der illegal eingereisten, nur aufgrund des gestellten Antrages auf internationalen Schutz aufenthaltsberechtigten Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung von Rückkehrentscheidungen ist daher im vorliegenden Fall dringend geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023).
Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist somit davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall Rückkehrentscheidungen auf Dauer unzulässig wären.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer nach Bangladesch ist gegeben, weil nach den tragenden Gründen der vorliegenden Entscheidung keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
II.3.4. Zu den Spruchpunkten VII. der Bescheide (Einreiseverbote gegen den BF 4 und die BF 3):
Der mit „Einreiseverbot“ überschriebene § 53 FPG lautet:
„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.
Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff. und Art. 11 Abs. 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Dass bei Vorliegen der letztgenannten Konstellation – wie die ErläutRV formulieren – „jedenfalls“ ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen ist, findet im Gesetz aber keine Deckung und stünde auch zu Art. 11 Abs. 2 der Rückführungs-RL (arg.: „kann“) in Widerspruch. Dagegen ist festzuhalten, dass – wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603) – in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrundeliegende Verhalten abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.
Nach der Rechtsprechung des VwGH zum früher geltenden § 63 FPG (IdF vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet), wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.
§ 53 Abs. 3 FPG idgF hat im Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 keine inhaltliche Änderung erfahren. Daraus ist zu schließen, dass auch in Bezug auf die vom VwGH statuierten (obgenannten) Kriterien, die bei der Verhängung des Einreiseverbots und seiner Dauer zur Anwendung gelangen sollen, kein Wandel stattgefunden hat. Aus diesem Grund erachtet das Gericht diese auch nach wie vor als anwendbar.
Nach dem nunmehr geltenden § 53 Abs. 2 zweiter Satz FPG ist bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. In diesem Sinn sind auch die bei einem auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG gegründeten Einreiseverbot die dort genannten Umstände als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant sind, zu berücksichtigen (VwGH 22.05.2013, 2011/18/0259).
Im zu beurteilenden Fall stützte die belangte Behörde die für eine Dauer von drei Jahren verhängten Einreiseverbote zutreffenderweise auf den Tatbestand des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 – den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag – FPG, zumal der BF 4 und die BF 3 in der Grundversorgung ist und sich aus Eigenem nicht zu versorgen vermag.
Im gegenständlichen Fall erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer der Einreiseverbote mit drei Jahren als angemessen.
Dies aus folgenden Erwägungen:
Die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass der BF 4 und die BF 3 nicht davor zurückschreckten, im Verfahren gefälschte Urkunden vorzulegen und sie wiederholt aussichtslose Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben, als geboten.
Daher sind die Beschwerden auch im Hinblick auf diese Spruchpunkte der Bescheide abzuweisen.
II.3.2. Zu B – Unzulässigkeit der Revisionen:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständlichen Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weichen die gegenständliche Entscheidungen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.
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