OGH 13Os71/23z

OGH13Os71/23z15.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. November 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. De Rijk in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19. Oktober 2022, GZ 91 Hv 27/21a‑1546, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreter der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Artner, und der Privatbeteiligten, Dr. Wiesinger und Dr. Trautenberg, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Al‑Zaher zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00071.23Z.1115.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, in teilweiser Stattgebung jener des Angeklagten sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt,

‑ in der Subsumtion der vom Schuldspruch I 1 umfassten Taten auch nach §§ 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und in der zu diesem Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit sowie

‑ im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, 3 und 4 erster und zweiter Fall StGB (I 2),

demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), ferner in den Aussprüchen über die privatrechtlichen Ansprüche der G* AG und der F* GmbH * sowie über den erweiterten Verfall, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten im Übrigen wird verworfen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* je eines Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I 1), der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, 3 und 4 erster und zweiter Fall StGB (I 2) sowie der kriminellen Organisation nach § 278a (zu ergänzen) zweiter Fall StGB (II) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden und für die amtswegige Maßnahme von Bedeutung – vom Jänner 2015 bis zum April 2017 in Israel und andernorts

(I) zur Ausführung der von Nachgenannten begangenen strafbaren Handlungen beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er im Urteil namentlich bezeichnete Personen beauftragte, für ihn unter Verwendung von von ihm gefälschten Urkunden, die eine Beglaubigung durch Notariats- und Rechtsanwaltskanzleien suggerieren sollten, in Bulgarien, Polen und der Slowakei die im Urteil im Einzelnen angeführten Gesellschaften (Scheinunternehmen) zu gründen oder zu kaufen, für diese Scheingeschäftsführer im jeweiligen Handelsregister eintragen zu lassen und für die Gesellschaften (im Urteil konkret bezeichnete) Bankkonten zu eröffnen, sodann die ihm übermittelten Bankdaten samt Kreditkarten, Transaktionsnummern (TAN) und „Token“ an den abgesondert verfolgten Mittäter * A* zur Weiterleitung an unbekannte Täter zwecks Verwendung bei den zu I 1 und I 2 beschriebenen Tathandlungen übergab und Mitglieder der zu II angeführten kriminellen Organisation (§ 278a StGB) in der Folge bei der Abwicklung von Überweisungen durch Übersetzungstätigkeiten, die Weitergabe seines Fachwissens und durch Kontaktaufnahme mit Banken unterstützte, und zwar

1) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (US 35, 68 f, 70 und 75) zu den strafbaren Handlungen unbekannter Täter, die gewerbsmäßig (in Bezug auf Betrugshandlungen nach § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB) und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in zahlreichen, im angefochtenen Urteil näher beschriebenen Angriffen Verfügungsberechtigte im Urteil bestimmt bezeichneter, in Österreich situierter Gesellschaften durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher oder verfälschter Daten (§ 147 Abs 1 Z 1 StGB) zu Handlungen verleiteten (I 1 1) und zu verleiten versuchten (§ 15 StGB [I 1 2]), die die genannten Gesellschaften in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt rund 56 Mio Euro am Vermögen schädigten oder schädigen sollten, und zwar durch Übermittlung von vermeintlich von der Geschäftsführung dieser Gesellschaften stammenden E‑Mails unter Vorgabe einer angeblich bevorstehenden Unternehmensakquisition zu Überweisungen von (jeweils 5.000 Euro, und auch 300.000 Euro übersteigenden) im Urteil im Einzelnen angeführten Geldbeträgen von den Gesellschaftskonten auf tatsächlich der (zu II dargestellten) kriminellen Organisation zurechenbare Konten der eingangs angeführten Scheinunternehmen veranlassten (sogenannter „CEO‑Fraud“), sowie

2) zur strafbaren Handlung des A*, der Vermögensbestandteile, die aus einer im Inland begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung herrührten, nämlich aus zu I 1 dargestellten Betrugstaten stammende Kontoguthaben, verbarg und ihre Herkunft verschleierte und wissentlich der Verfügungsmacht der zu II angeführten kriminellen Organisation (§ 278a StGB) unterliegende Vermögensbestandteile in deren Auftrag oder Interesse verwaltete, umwandelte, verwertete oder Dritten übertrug, indem er im Urteil einzeln angeführte Überweisungen von Konten der eingangs bezeichneten Scheingesellschaften auf Konten anderer dieser Scheingesellschaften oder natürlicher Personen veranlasste, wobei er die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert von insgesamt rund 4,4 Mio Euro und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung in dem Wissen beging, dass sich diese zur fortgesetzten Geldwäscherei verbunden hat, und weiters

(II) sich an einer auf längere Zeit angelegten, jedenfalls vom Frühjahr 2015 bis zum April 2017 bestehenden unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich des abgesondert verfolgten A* und zahlreicher weiterer, teils mit Aliasnamen bezeichneter Täter, die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Vermögen bedrohen, nämlich weltweit verübter qualifizierter Betrugs- und Geldwäscherei-handlungen, ausgerichtet war, die dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebte und die sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen suchte, nämlich durch Fälschung von Urkunden, „Spoofen“ von E‑Mail-Adressen, Auftreten unter falschen Namen, den Einsatz von „Strohmännern“ als Scheingeschäftsführer, arbeitsteilige Tatbegehung in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in Drittstaaten sowie mehrfache Weiterüberweisungen erlangter Beträge unter deren Aufsplittung auf Scheinunternehmen, die ausschließlich zu dem Zweck gegründet und gekauft wurden, Geldflüsse zu verschleiern und die erbeuteten Kontoguthaben dem Zugriff der Opfer und der Strafverfolgungsorgane zu entziehen, in dem Wissen, dass er dadurch die Organisation oder deren strafbare Handlungen fördert, als Mitglied beteiligt (§ 278 Abs 3 StGB), indem er im Rahmen ihrer kriminellen Ausrichtung durch die zu I genannten Handlungen zur Ausführung der dort beschriebenen, von anderen Mitgliedern begangenen, strafbaren Handlungen beitrug und sich an ihren Aktivitäten durch die Bereitstellung von Informationen und die Unterstützung von Mitgliedern bei der Abwicklung von Überweisungen beteiligte.

[3] Der Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 1545 S 15), betreffend die Haftungsbeteiligten H* Co Ltd, Ab* Ltd, Fa* Ltd, W* Ltd und Fo* sro gemäß § 20b Abs 1 und 2 StGB (betraglich bestimmte) Vermögenswerte, die der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) unterliegen und durch rechtswidrige Taten nach § 165 StGB erlangt wurden, für verfallen zu erklären, wurde nach § 20c Abs 1 StGB zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen den Schuldspruch richtet sich die vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde, gegen die Zurückweisung des Antrags auf erweiterten Verfall nach § 20b Abs 1 und 2 StGB jene der Staatsanwaltschaft, die sie auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO stützt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und zur amtswegigen Maßnahme:

[5] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden insoweit nicht angesprochen) – für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage bedeutsame Tatsachen (RIS‑Justiz RS0106268).

[6] Schon dieses Anfechtungskriterium verfehlt der gegen den Schuldspruch I 1 gerichtete Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), soweit er – bei einem festgestellten Gesamtschaden von rund 56,6 Mio Euro (insbesondere US 7, 25, 27 und 32) – allein jene Feststellungen zu Beitragshandlungen des Angeklagten im Zusammenhang mit Überweisungen auf Konten im asiatischen Raum (US 33) bekämpft, dabei aber die Konstatierungen in Bezug auf Beitragshandlungen zu weiteren inkriminierten Überweisungen mit einem die Wertgrenze von 300.000 Euro weit übersteigenden Schaden von mehr als 6 Mio Euro (US 22 ff) ungerügt lässt (RIS‑Justiz RS0106268 [T4], RS0099497 [insbesondere T16], RS0117499 [T5] und RS0116586 [T1 und T3]).

[7] Soweit die Rüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach auch Z 10) zum Schuldspruch I 1 das Fehlen von Feststellungen zu einem auf Täuschung, Schädigung und Bereicherung (§ 146 StGB) sowie auf Benützung eines besonders gefährlichen Mittels (§ 147 Abs 1 Z 1 StGB, hier die Verwendung falscher Daten [dazu Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 147 Rz 28/23 ff sowie Kert SbgK § 147 Rz 99 f]) gerichteten Vorsatz des Angeklagten behauptet, dabei aber die dazu getroffenen Konstatierungen in ihrer Gesamtheit übergeht (US 35, 68 bis 70 sowie den ausdrücklichen Verweis in US 75 auf das Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor [US 3 ff, § 260 Abs 1 Z 1 StPO, zur Zulässigkeit RIS‑Justiz RS0119090 {T4}]), verfehlt sie den gesetzlichen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

[8] Gleiches gilt für die zum Schuldspruch II erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a), die das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf die kriminelle Zielsetzung der Organisation (§ 278a Z 1 StGB) behauptet, sich dabei aber nicht am gesamten diesbezüglichen Urteilssachverhalt (insbesondere US 14, 18, 40, 42, 51, 66 und 80 f) orientiert (vgl RIS‑Justiz RS0119090 [T3] sowie abermals RS0099810).

[9] In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).

[10] Im Recht ist allerdings das weitere Rügevorbringen (der Sache nach Z 10) zum Schuldspruch I 1:

[11] Die Qualifikation des gewerbsmäßigen Betrugs nach § 148 StGB erfordert auch beim Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB, dazu RIS‑Justiz RS0089884 und Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 70 und 105), dass er in der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) handelt, sich selbst durch die wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen im Sinn des § 70 Abs 2 StGB zu verschaffen (und dass überdies eines der in § 70 Abs 1 Z 1 bis 3 StGB genannten objektiven Kriterien erfüllt ist). Bloßes Wissen um das gewerbsmäßige Handeln des unmittelbaren Täters oder ein Anstreben von dessen Bereicherung genügt nicht. Die Qualifikation des § 148 zweiter Fall StGB verlangt zudem, dass der Täter in der Absicht handelt, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen (im Sinn des § 147 Abs 1 bis 2 StGB) längere Zeit hindurch ein den Kriterien des § 70 Abs 2 StGB entsprechendes Einkommen zu verschaffen (zum Ganzen Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 2, 7 und 12 ff, Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 148 Rz 6 sowie RIS‑Justiz RS0089670 [T9], RS0086962, RS0086543 und RS0122009).

[12] Davon ausgehend zeigt die Rüge zutreffend auf, dass die Urteilsfeststellungen die Subsumtion nach § 148 zweiter Fall StGB nicht zu tragen vermögen. Denn zu den von diesem Schuldspruch umfassten Taten sind dem angefochtenen Urteil keine Konstatierungen einer gewerbsmäßigen Begehung des Angeklagten im Sinn des § 70 Abs 1 StGB zu entnehmen.

[13] Solcherart begründet die Subsumtion des zu I 1 festgestellten Sachverhalts auch unter § 148 zweiter Fall StGB Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO.

[14] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil, wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufzeigt, auch im Schuldspruch I 2 wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, 3 und 4 erster und zweiter Fall StGB materielle Nichtigkeit (Z 10) anhaftet, die zum Nachteil des Angeklagten wirkt und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[15] Nach den Urteilsfeststellungen wurden die betrügerisch erlangten Vermögenswerte von jenen Konten, auf welchen sie zunächst einlangten, (zum Teil) auf andere der kriminellen Organisation zuzuordnende Konten weiterüberwiesen (US 35 ff). Der Angeklagte wollte durch sein Verhalten (Gründung von Scheinunternehmen samt Eröffnung von Bankkonten und Weitergabe der Bankdaten und damit in Zusammenhang stehender Informationen an A* [US 14 ff]) „nicht nur die Betrugshandlungen der unmittelbaren Täter ermöglichen, sondern auch fördern, dass die herausgelockten Vermögenswerte über die von ihm bereitgestellten Konten weiter verschoben und der Verfügungsmacht der kriminellen Organisation unterstellt und gleichzeitig dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden und der Opfer entzogen wurden“ (US 39 f), er intendierte auch „die Verschleierung der Herkunft der herausgelockten Guthaben und deren Verbergung vor den Opfern und den Strafverfolgungsbehörden“ (US 77 f).

[16] Wer (wie nach dem Ersturteil der Angeklagte) selbst Vortäter ist, kann sich seit BGBl I 2010/38 (Inkrafttreten am 1. Juli 2010) der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB strafbar machen („Eigengeldwäscherei“). Somit ist echte Konkurrenz der durch die Vortat begründeten strafbaren Handlung mit Geldwäscherei möglich. Hingegen kommt bei Vortat-bezogener Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB Eigengeldwäscherei nicht in Betracht. Bei organisationsbezogener Geldwäscherei (§ 165 Abs 3 StGB) besteht mangels Vortat-Bezogenheit keine Einschränkung des Täterkreises (eingehend und mwN Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 1/2, 4 und 25/1).

[17] Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB (in der im Urteilszeitpunkt geltenden Fassung BGBl I 2021/159) begeht, wer Vermögensbestandteile, die aus einer kriminellen Tätigkeit (§ 165 Abs 5 StGB) herrühren, mit dem Vorsatz, ihren illegalen Ursprung zu verheimlichen oder zu verschleiern oder eine andere Person, die an einer solchen kriminellen Tätigkeit beteiligt ist, zu unterstützen, damit diese den Rechtsfolgen ihrer Tat entgeht, umwandelt oder einem anderen überträgt (Z 1) oder die wahre Natur, Herkunft, Lage, Verfügung oder Bewegung von Vermögensbestandteilen, die aus einer kriminellen Tätigkeit (§ 165 Abs 5 StGB) herrühren, verheimlicht oder verschleiert (Z 2).

[18] Das „Umwandeln“ eines kontaminierten Vermögensbestandteils im Sinn des § 165 Abs 1 Z 1 StGB bedeutet dessen Ersatz durch einen anderen. Auch das Übertragen von Vermögen von einem Konto des Täters auf ein anderes ihm zurechenbares Konto fällt unter diesen Begriff. Unter „Übertragen“ an einen anderen wird der Transfer der Verfügungsbefugnis verstanden (Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 15/1 ff sowie Fabrizy/Michel‑Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 165 Rz 7).

[19] § 165 Abs 1 Z 1 StGB verlangt neben dem auf alle Tatbildmerkmale gerichteten (zumindest bedingten [§ 5 Abs 1 StGB]) Vorsatz den erweiterten (ebenfalls zumindest bedingten) Vorsatz des Täters, den illegalen Ursprung der kontaminierten Vermögensbestandteile zu verheimlichen oder zu verschleiern oder eine andere Person, die an einer solchen kriminellen Tätigkeit beteiligt ist, dabei zu unterstützen, den Rechtsfolgen ihrer Tat zu entgehen (Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 20).

[20] Die Tathandlungen des § 165 Abs 1 Z 2 StGB bestehen im „Verheimlichen“ oder „Verschleiern“ der wahren Natur, Herkunft, Lage, Verfügung oder Bewegung von kontaminierten Vermögensbestandteilen. Giralgeld-Überweisungen oder das Beheben von Bargeld sind (auch bei Auslandsbezug) Vorgänge des gewöhnlichen Wirtschaftslebens, die ohne Hinzutreten besonderer Begleitumstände per se noch nicht als Verheimlichen (oder als „Verbergen“ im Sinn des § 165 Abs 1 erster Fall StGB idF vor BGBl I 2021/159) tatbildlich sind (RIS‑Justiz RS0129616 [T1] und RS0094983 [T2], Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 16 mwN sowie Glaser in Kert/Kodek, Das große Handbuch Wirtschaftsstrafrecht2 Rz 7.55). Verschleiern bedeutet Täuschung über die im Gesetz genannten Umstände im Rechtsverkehr unter Verletzung einer die kontaminierten Vermögensbestandteile betreffenden Wahrheitspflicht (Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 16 f sowie Glaser in Kert/Kodek, Das große Handbuch Wirtschaftsstrafrecht2 Rz 7.55).

[21] Ausgehend davon ist die vom Erstgericht konstatierte Weiterüberweisung der kontaminierten Beträge von sich aus weder ein Verheimlichen noch ein Verschleiern im Sinn des § 165 Abs 1 Z 2 StGB. Damit fehlt es den Urteilskonstatierungen, wonach es der Angeklagte ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass er „Unternehmen gründete und Bankkonten eröffnete, die dem Verbergen und dem Verschleiern der Herkunft von Vermögensbestandteilen dienen sollten, die aus einem Vermögensdelikt und insbesondere aus einem schweren Betrug stammten“ (US 78), aber am gebotenen Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090).

[22] In Ansehung einer Umwandlung oder Übertragung von kontaminierten Vermögensbestandteilen im Sinn des § 165 Abs 1 Z 1 StGB fehlt es hinwider an Feststellungen zum – oben dargestellten, auch von einem Beitragstäter verlangten (Fabrizy in WK2 StGB § 12Rz 105) – erweiterten Vorsatz.

[23] Geldwäscherei nach § 165 Abs 3 StGB begeht, wer (soweit hier von Bedeutung) Vermögensbestandteile, die der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) unterliegen, in deren Auftrag oder Interesse erwirbt, sonst an sich bringt, besitzt, umwandelt, einem anderen überträgt oder sonst verwendet, wenn er zur Zeit des Erlangens von dieser Verfügungsmacht weiß.

[24] Wenngleich bei organisationsbezogener Geldwäscherei mangels Vortat-Bezogenheit keine Einschränkung des Kreises möglicher Täter besteht (Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 4), muss auch ein Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) mit dem deliktsspezifischen Vorsatz handeln (Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 104), was vorliegend Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) des Angeklagten betreffend den Umstand, dass die inkriminierten Vermögensbestandteile der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen, (sowie einen Eventualvorsatz [§ 5 Abs 1 StGB] hinsichtlich der weiteren Tatbestandsmerkmale) verlangt (Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 21/1).

[25] Feststellungen dazu, dass der Angeklagte durch die Einrichtung von Bankkonten und die Übergabe von Kontodaten an A* vorsätzlich (§ 5 Abs 1 StGB) eine in § 165 Abs 3 StGB angeführte – im Auftrag oder Interesse einer kriminellen Organisation begangene – Tathandlung gefördert und es dabei für gewiss (§ 5 Abs 3 StGB) gehalten hätte, dass die auf den Bankkonten in der Folge gutgeschriebenen Beträge der Verfügungsmacht dieser Organisation unterliegen werden, traf das Erstgericht nicht. Das konstatierte Wissen des A* und des Angeklagten, „dass ersterer im Auftrag und im Interesse einer kriminellen Organisation die der Verfügungsmacht der kriminellen Organisation unterliegenden Vermögensbestandteile an sich brachte, verwahrte, umwandelte und verwertete“ (US 78), bleibt demnach ebenfalls ohne Sachverhaltsbezug (erneut RIS‑Justiz RS0119090).

[26] Die Urteilskonstatierungen lassen daher die im Schuldspruch I 2 erfolgte Subsumtion nach § 165 Abs 1 und 3 (und demzufolge auch nach Abs 4) StGB nicht zu, weshalb dieser an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 10) leidet und demzufolge von Amts wegen aufzuheben war.

[27] Ein Eingehen auf das gegen diesen Schuldspruch gerichtete Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erübrigt sich demgemäß.

[28] Im Fall eines neuerlichen Schuldspruchs wegen Geldwäscherei im zweiten Rechtsgang wäre ein Günstigkeitsvergleich nach § 61 StGB anzustellen, bei dem zu beachten wäre, dass ein solcher Tatbestandsmäßigkeit sowohl nach der zur Tatzeit (Jänner 2015 bis April 2017) geltenden Fassung (BGBl I 2013/116) als auch nach der (seit 1. September 2021 in Kraft stehenden) Neufassung (BGBl I 2021/159) des § 165 StGB erfordern würde (zum Ganzen eingehend 13 Os 126/21k [Rz 29] und 15 Os 3/23i).

[29] Da idealkonkurrierende strafbare Handlungen in einen Günstigkeitsvergleich einzubeziehen sind und eine Kombination aus verschiedenen Rechtsschichten unzulässig ist (RIS‑Justiz RS0112939 [T9] und RS0119085 [T4 und T5] sowie Höpfel in WK2 StGB § 61 Rz 6 und 15), hat die Aufhebung des Schuldspruchs I 2 mit Blick auf die zum Teil unterschiedlichen Fassungen des § 147 (Abs 1 Z 1 und Abs 3) StGB zur Tatzeit (BGBl I 2009/142 und BGBl I 2015/154) und seit 11. Dezember 2021 (BGBl I 2021/201) auch jene des Schuldspruchs I 1 in der Subsumtion nach § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB zur Folge (§ 289 StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

[30] Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall), die sich gegen die nach § 20c Abs 1 StGB erfolgte Zurückweisung des Antrags der Staatsanwaltschaft (ON 1545 S 15) auf erweiterten Verfall (§ 20b Abs 1 und 2 StGB) betraglich bestimmter Vermögenswerte bei fünf namentlich bezeichneten Haftungsbeteiligten wendet (zur Zulässigkeit vgl RIS‑Justiz RS0114233 [T8]), ist im Recht.

[31] Zutreffend macht sie geltend, dass der – für den Fall des Bestehens von Rechtsansprüchen unbeteiligter Dritter angeordnete – Ausschluss (§ 20c Abs 1 StGB) des erweiterten Verfalls nach § 20b Abs 1 StGB für dingliche Rechte (wie etwa das Eigentum oder ein zivilrechtlich gültig begründetes Pfandrecht) sowie – auf einen bestimmten verfallsbedrohten Gegenstand bezogene – obligatorische Rechte (wie etwa das Recht auf Eigentumsübertragung aufgrund eines Kaufvertrags für eine individualisierte Sache oder ein obligatorisches Wohn- oder Nutzungsrecht) gilt, aber schuldrechtliche Ansprüche gegen den Betroffenen allgemeiner Art (etwa Schadenersatzansprüche) dem Verfall nicht entgegen stehen (Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20c Rz 3 sowie Leukauf/Steininger/Stricker, StGB4 § 20c Rz 2).

[32] Im Zusammenhang mit den Verfallsbestimmungen (§§ 20 ff StGB) ist der Begriff des Vermögenswerts weit zu verstehen und umfasst auch Forderungen, wie etwa Bankguthaben. Diesbezüglich kann der Verfall in aller Regel keinen unmittelbaren Eigentumsentzug bedeuten und auch keine dingliche Wirkung haben. Dies gilt für jene Fälle, in denen der Täter zwar Giralgeld erlangt, aber durch die Eingliederung in das Konto, also wenn die Forderung nicht mehr abgrenzbar am Konto vorhanden ist, eine (ununterscheidbare) Vermengung mit anderen Forderungen erfolgt (vgl Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20 Rz 4 ff).

[33] Die Rechtsprechung behandelt Buchgeld (Forderungen des Kontoinhabers gegen die Bank) analog zu § 371 ABGB wie Bargeld, sodass eine Quantitätsvindikation (Geltendmachung von Miteigentum) gemäß § 415 ABGB möglich wäre, solange es noch nicht zu einer Vermengung im Sinn des § 371 ABGB gekommen ist. Abzustellen ist daher auf einen Anteilsnachweis am Gemenge. Ist aber ein bestimmter Anteil am Gemenge nicht mehr nachweisbar, etwa weil zwischenzeitig Geld in unbestimmter Höhe entnommen wurde oder sich Kontobewegungen nicht mehr nachvollziehen lassen, scheidet eine Quantitätsvindikation aus (Leupold in Fenyves/Kerschner/Vonkilch,Klang3 § 371 Rz 28; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.06 § 371 Rz 2; RIS‑Justiz RS0010924 [T2]).

[34] Nach den erstgerichtlichen Konstatierungen unterlagen auf im Urteil einzeln bezeichneten – bei der Sh* Bank, der C* Bank und der T* Bank AG eingerichteten – Bankkonten der (Haftungsbeteiligten) H* Co Ltd, Ab* Ltd, der Fa* Ltd, der W* Ltd und der Fo* sro sichergestellte oder beschlagnahmte Vermögenswerte – im insoweit allein maßgeblichen Zeitpunkt des ersten staatlichen Zugriffs auf diese (Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20b Rz 13) – der Verfügungsmacht der im Schuldspruch II bezeichneten kriminellen Organisation (US 83 ff). Die auf den Konten bei der Sh* Bank und der C* Bank erliegenden Guthaben wurden in der Folge über Anordnung des Landesgerichts für Strafsachen Wien auf ein Konto der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichts Wien überwiesen (US 84 f). Die durch Betrug geschädigten Unternehmen G* AG und F* GmbH haben „Rechtsansprüche“ gegen die Inhaber der Bankkonten in Höhe der gesicherten Vermögenswerte (US 91 f).

[35] Die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach der erweiterte Verfall (§ 20b Abs 1 StGB) aufgrund der festgestellten „Rechtsansprüche“ der Geschädigten nach § 20c Abs 1 StGB ausgeschlossen und der Antrag der Staatsanwaltschaft deshalb zurückzuweisen sei, ist demnach – auf Grundlage dieses Urteilssachverhalts, dem es an Konstatierungen fehlt, die eine rechtliche Beurteilung in Richtung des Bestehens eines obligatorischen Anspruchs der Geschädigten mangels Vermengung im oben aufgezeigten Sinn zulassen, – verfehlt.

[36] Der Umstand, dass Haftungsbeteiligte (§ 64 Abs 1 StPO) zur Hauptverhandlung nicht geladen werden konnten (US 91), bietet im Übrigen keinen Anlass für die Zurückweisung des gegenständlichen Antrags der Staatsanwaltschaft (vgl Fuchs/Tipold, WK‑StPO § 443 Rz 40 sowie Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 444 Rz 2).

[37] Die vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft zutreffend geltend gemachten Nichtigkeiten und die amtswegige Maßnahme erforderten daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich samt Verweisung der Sache an das Erstgericht (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO, teils iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

[38] Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

[39] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte