OGH 7Ob112/23f

OGH7Ob112/23f24.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E* S*, 2. W* S*, beide *, vertreten durch Mag. Alexandra Schwarz, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei A* SE *, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Revisionen der klagenden und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. April 2023, GZ 1 R 43/23k‑24, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Jänner 2023, GZ 63 Cg 99/21k‑19, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00112.23F.1024.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision der klagenden Parteien wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:

„Die Klagebegehren,

1. es werde mit Wirkung zwischen den klagenden Parteien und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei den klagenden Parteien für die Geltendmachung von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen gegen die U* AG, *, im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kreditvertrags vom 9. 7. 2001 zu Kontonummer *1 Deckungsschutz aufgrund und im Umfang des Rechtsschutzversicherungsvertrags zu Polizze Nr * bis zum vertraglich vereinbarten Höchstbetrag zu gewähren habe;

2. es werde mit Wirkung zwischen den klagenden Parteien und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei den klagenden Parteien für die Geltendmachung von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen gegen die U* AG, *, im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kreditvertrags vom 29. 6. 2004/9. 7. 2004 zu Kontonummer *2 Deckungsschutz aufgrund und im Umfang des Rechtsschutzversicherungsvertrags zu Polizze Nr * bis zum vertraglich vereinbarten Höchstbetrag zu gewähren habe;

3. es werde mit Wirkung zwischen den klagenden Parteien und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei den klagenden Parteien für alle Schäden zur ungeteilten Hand hafte, welche den klagenden Parteien mit der verzögerten Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kreditvertrags vom 9. 7. 2001 zu Kontonummer *1 gegen die U* AG entstanden seien, drohen oder noch entstehen würden;

4. es werde mit Wirkung zwischen den klagenden Parteien und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei den klagenden Parteien für alle Schäden zur ungeteilten Hand hafte, welche den klagenden Parteien mit der verzögerten Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kreditvertrags *2 vom 29. 6. 2004/9. 7. 2004 gegen die U* AG entstanden seien, drohen oder noch entstehen würden,

werden abgewiesen.

5. Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 10.308,18 EUR (darin enthalten 1.717,22 EUR an USt und 4,80 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 11.476,09 EUR (darin enthalten 677,59 EUR an USt und 4.579 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Kläger sind seit 16. 9. 2000 verheiratet. Die Erstklägerin schloss mit der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn 18. 9. 2000. Die Polizze wurde zum 1. 10. 2013 storniert. Diesem Rechtsschutzversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung – ARB 2000, Stand 1. 1. 2000 (in der Folge: ARB) zugrunde. Diese lauteten auszugsweise wie folgt:

„[...]

Artikel 7

Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen

[... ]

1.11. im Zusammenhang mit

‑ der Errichtung bzw. baubehördlich genehmigungspflichtigen Veränderung von Gebäuden (Gebäudeteilen), Grundstücken oder Wohnungen, die sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befinden und von ihm erworben werden;

‑ der Planung derartiger Maßnahmen und

‑ der Finanzierung des Bauvorhabens einschließlich des Grundstückerwerbs.

[…]

Artikel 9

Wann und wie hat der Versicherer zum Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers Stellung zu nehmen? Was hat bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer über die Art der Vorgangsweise und die Erfolgsaussichten zu geschehen?

[…]

2. Davon unabhängig hat der Versicherer das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzustellen. Kommt er nach Prüfung des Sachverhaltes unter Berücksichtigung der Rechts- und Beweislage zum Ergebnis,

2.1. dass hinreichende Aussicht besteht, in einem Verfahren im angestrebten Umfang zu obsiegen, hat er sich zur Übernahme aller Kosten nach Maßgabe des Art 6 (Versicherungsleistungen) bereit zu erklären;

2.2. dass diese Aussicht auf Erfolg nicht hinreichend, das heißt ein Unterliegen in einem Verfahren wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen, ist er berechtigt, die Übernahme der an die Gegenseite zu zahlenden Kosten abzulehnen;

2.3. dass erfahrungsgemäß keine Aussicht auf Erfolg besteht, hat er das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehnen.

[…]“

[2] Mit Kreditvertrag vom 9. 7. 2001 (in der Folge: Kredit 1) gewährte die U* AG (in Hinkunft: Kreditgeberin) den Klägern als Mitschuldnern zur ungeteilten Hand einen Fremdwährungskredit in Japanischen Yen als Einmalbarkredit im Gegenwert von 1.100.000 ATS. Der Kreditvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„… Wir beziehen uns auf das mit Ihnen geführte Gespräch und werden Ihnen Ihrem Wunsch entsprechend als Mitschuldnern zur ungeteilten Hand gerne auf Ihrem JPY‑Konto … einen Währungskredit in Japanischen Yen als Einmalbarkredit im Gegenwert von ATS 1.100.000,-- (in Worten ...) zur Verfügung stellen, sofern diese Währung für uns auf dem internationalen Geldmarkt erhältlich ist.

Rückzahlung

Während der Laufzeit des Kredites sind nur die vierteljährlich anfallenden Zinsen und Kontoführungsspesen bzw Spesen des Zahlungsverkehrs – deren Höhe Sie dem entsprechenden Schalteraushang entnehmen können – zu begleichen. Diese Beträge werden wir automatisch Ihrem Konto Nr … anlasten. Wir bitten Sie, für entsprechende Deckung zu sorgen. Die Rückführung des Kredites erfolgt in jener Währung, in der der Kredit ausgenützt ist. Die Rückführung des aushaftenden Kreditbetrages wird am Ende der Kreditlaufzeit aus dem Endkapital des (der) folgenden Tilgungsträger(s) erfolgen:“

[3] Die Auszahlung der Kreditmittel erfolgte in Schilling. Damit beglichen die Kläger einerseits Verbindlichkeiten, die aus der Scheidung der ersten Ehe des Zweitklägers resultierten. Den anderen Teil des Kreditbetrags zahlten sie in eine Lebensversicherung ein, die als Tilgungsträger diente.

[4] Mit Kreditvertrag vom 29. 6. 2004, unterzeichnet am 9. 7. 2004 (in der Folge: Kredit 2), gewährte die Kreditgeberin den Klägern als Kreditnehmern einen weiteren Fremdwährungskredit in Schweizer Franken zum Gegenwert von 200.000 EUR. Mit diesen Kreditmitteln zahlten die Kläger den Kredit der Erstklägerin zurück, mit dem diese das von den Klägern gemeinsam bewohnte Haus errichtet hatte. Sie führten damit eine Umschuldung von der Erstklägerin auf beide Kläger durch.

[5] Die Kläger begehren von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung bereicherungsrechtlicher Ansprüche gegen die Kreditgeberin im Zusammenhang mit dem Abschluss der beiden Kreditverträge sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden, die ihnen aus der verzögerten Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit den beiden Fremdwährungskrediten entstanden sind, drohen oder noch entstehen werden. Jeweils vier näher bezeichnete Klauseln in den beiden Fremdwährungskreditverträgen zur Beschaffung und Rückzahlung von Fremdwährung, zur Verteilung des Wechselkursrisikos, zur Festlegung der Fremdwährungsschuld sowie der Euro‑Gegenwerte der dem Verrechnungskonto angelasteten Vorschreibungen für Kapital seien intransparent und missbräuchlich. Die Nichtigkeit dieser Klauseln berechtige sie gegenüber der Kreditgeberin zu einer zumindest teilweisen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der Kreditverträge. Insbesondere seien die Kläger damit einem unverhältnismäßigen Wechselkursrisiko ausgesetzt, ohne dass ihnen Informationen zur realen Einschätzung des Risikos dieser Kredite zuteil geworden seien. Außerdem bliebe in den Verträgen unklar, welchen konkreten Fremdwährungsbetrag die Kläger jeweils zur Rückzahlung schuldeten.

[6] Mit Deckungsanfrage vom 23. 4. 2021 sei der Beklagten das Vorliegen der intransparenten und missbräuchlichen Klauseln mitgeteilt worden. Am 7. 5. 2021 habe die Beklagte Kostendeckung für die außergerichtliche Vertretung der Kläger zugesagt. Die Kreditgeberin habe in weiterer Folge einer außergerichtlichen Einigung nicht zugestimmt, weshalb man die Beklagte um Kostendeckung für das gerichtliche Verfahren ersucht habe. Die Beklagte habe sich aber mit der Begründung für leistungsfrei erklärt, die beabsichtigte Interessenwahrnehmung der Kläger sei aussichtslos, es sei keine unverzügliche Schadensmeldung erfolgt und der Anspruch auf Rechtsschutzdeckung sei bereits verjährt. Bei der Beurteilung der Aussicht auf Erfolg in der Rechtsschutzversicherung sei aber kein strenger Maßstab anzulegen. Die Kläger hätten erstmals im Frühjahr 2021 Kenntnis darüber erlangt, dass ihre Kreditverträge nichtige Klauseln enthalten und unverzüglich den Schaden gemeldet sowie eine Deckungsanfrage erhoben. Auch liege keine Baufinanzierung im Sinn des Risikoausschlusses laut Art 7.1.11. ARB 2000 vor. Dieser Ausschluss sei im Übrigen intransparent und missbräuchlich und habe daher unangewendet zu bleiben. Da die Beklagte ihnen rechtswidrig und schuldhaft die Rechtsschutzdeckung rückwirkend entzogen habe, hafte sie auch schadenersatzrechtlich. Die fehlende Rechtsschutzdeckung sei kausal dafür, dass die Kläger mangels finanzieller Möglichkeit derzeit keine Ansprüche gegen die Kreditgeberin geltend machen können.

[7] Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren. Beide Fremdwährungskredite fielen unter den Ausschlussgrund des Art 7.1.11. ARB. Diese Bestimmung sei weder gröblich benachteiligend noch intransparent. Im Fall der behaupteten Nichtigkeit liege aber ohnehin keine Gesamtnichtigkeit der Fremdwährungskredite vor, sodass die Kläger die Kreditmittel in der vereinbarten Fremdwährung zurückzuzahlen hätten. Eine schlüssige Klagsforderung gegen die Kreditgeberin liege nicht vor. Ein derartiges Verfahren habe vor dem Hintergrund der umfangreichen und gefestigten Judikatur zur Rückabwicklung von Fremdwährungskrediten keine Aussicht auf Erfolg. Die Beklagte sei gegenüber der Gemeinschaft sämtlicher Versicherungsnehmer berechtigt und verpflichtet, bei ungerechtfertigten Deckungsanfragen die Rechtsschutzdeckung abzulehnen. Sie habe ein Recht darauf, ihren Standpunkt auch in einem gerichtlichen Verfahren zu vertreten, weshalb auch keine Schadenersatzansprüche der Kläger bestünden.

[8] Das Erstgericht gab den Klagebegehren Folge. Der Risikoausschluss nach Art 7.1.11. ARB 2000 gelange nur dann zur Anwendung, wenn ein Zusammenhang mit der Finanzierung zumindest eines unter den ersten Gedankenstrich fallenden Bauvorhabens bestehe. Die Fremdwährungskredite seien aber jeweils zur Abdeckung von (Alt‑)Verbindlichkeiten aufgenommen und verwendet worden. Ausgehend von dem bei Einleitung des Deckungsverfahrens vorliegendem Erhebungsmaterial erscheine ein (Teil‑)Erfolg nicht als offenbar aussichtslos. Welche Folgen eine allfällige Nichtigkeit auf die Ansprüche der Kläger habe, sei im Hauptprozess und nicht im Deckungsprozess zu prüfen. Die Kläger hätten das Klagebegehren im zu deckenden Verfahren gegen die Kreditgeberin präzisiert und die Anspruchsgrundlage dazu vorgebracht, sodass auch keine Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung wegen mangelnder Schlüssigkeit vorliege. Die Deckung könne nicht wegen Aussichtslosigkeit verweigert oder eingeschränkt werden. Die Beklagte habe es verabsäumt, den Klägern im Rahmen ihrer Spezifizierungspflicht mitzuteilen, worauf es ihr ankomme und habe damit ihre vertraglichen Pflichten verletzt. Das Verschulden der Beklagten sei daher gemäß § 1298 ABGB indiziert. Ihr Handeln sei kausal für etwaige Schäden einer verspäteten Geltendmachung.

[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, dass es das Feststellungsbegehren hinsichtlich des Kredits 2 und die Schadenersatzbegehren hinsichtlich der Kredite 1 und 2 abwies. Die Beklagte sei hinsichtlich des Kredits 2 nach Art 7.1.11. ARB 2000 leistungsfrei. Die von den Klägern vertretene Auslegung, dass Art 7.1.11. ARB 2000 nur dann verwirklicht sei, wenn ein baugenehmigungspflichtiges Bauvorhaben zusammen mit („einschließlich“) dem Grundstückserwerb finanziert werden soll, lasse sich mit dem wirtschaftlichen Zweck des Risikoausschlusses nicht in Einklang bringen. Bei dem von der Erstklägerin ursprünglich eingegangenen Kreditvertrag handle es sich zweifellos um eine Baufinanzierung im Sinn des Art 7.1.11. ARB 2000. Mit dem Abschluss des Kreditvertrags 2 hätten die Kläger bloß eine Umschuldung dieser Baufinanzierung durchgeführt. Die Bedingung sei weder überraschend nach § 864a ABGB, noch gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB und auch nicht intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.

[10] Im Zusammenhang mit dem Kredit 1 würden die Kläger im Verfahren gegen die kreditgewährende Bank unter anderem die Ungültigkeit jener Klausel geltend machen, die festlege, dass die Rückführung des Kredits in jener Währung erfolgt, in der der Kredit ausgenützt sei. Zudem würden sie sich gegen jene Klausel wenden, mit der ein Währungskredit in Japanischen Yen als Einmalbarkredit im Gegenwert von 1.100.000 ATS gewährt werde, ohne Angaben zum Verfahren betreffend die Festsetzung der konkreten Fremdwährung zu machen, sodass unklar bleibe, welchen konkreten Fremdwährungsbetrag sie zur Rückzahlung schulden. Der Oberste Gerichtshof habe eine inhaltsgleiche Klausel in einem Verbandsverfahren als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG untersagt. In einem Individualverfahren habe der Oberste Gerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass seines Erachtens die Rückzahlung des Kredits unter Heranziehung der inkriminierten Klausel nicht „klar“ geregelt sei. Es sei daher jedenfalls nicht auszuschließen, dass auch die von der kreditgewährenden Bank gegenüber den Klägern verwendete Klausel unwirksam sei. Welche Auswirkung der Wegfall dieser Klausel auf das Bestehen des Fremdwährungskredits habe, sei offen gelassen worden. Richtig sei zwar, dass der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit in mehreren Entscheidungen ausgesprochen habe, dass sich Kreditnehmer von Fremdwährungskrediten auf die Nichtigkeit des Vertrags wegen (zunächst) mangelnder Bestimmtheit des Kreditbetrags nicht berufen könnten, wenn durch die zeitnahe Information des Kunden über den zugrunde gelegten Betrag der Fremdwährung ausreichende Bestimmtheit eingetreten sei und der Kreditnehmer offenkundig das Vorliegen eines ausreichend bestimmten Kreditvertrags akzeptiert habe, den er eingehen und über mehrere Jahre fortsetzen habe wollen. Feststellungen über Tatfragen, die Gegenstand des Haftpflichtprozesses seien, seien für den Deckungsprozess jedoch nicht bindend, daher überflüssig und soweit sie getroffen wurden, für die Frage der Deckungspflicht unbeachtlich. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Klagsführung im Sinn des Art 9.2.3. ARB keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Schadenersatzbegehren bestünden hingegen nicht zu Recht, weil keine entsprechenden Schadenersatzansprüche aufgezeigt worden seien.

[11] Die Kläger begehren mit ihrer Revision die Abänderung des Urteils dahin, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[12] Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Abänderung des Urteils dahingehend, die Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

[13] Die Streitteile begehren in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen jeweils, die Revision des Gegners zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[14] Die Revision der Kläger ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

[15] Die Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

[16] Die Revisionen werden aus Gründen der Übersichtlichkeit in einem behandelt.

I. Allgemeines:

[17] 1. Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB geht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB vor (RS0037089). Objektiv ungewöhnlich nach § 864a ABGB ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Der Klausel muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen (RS0014646). Entscheidend ist, ob die Klausel beim entsprechenden Geschäftstyp üblich ist und ob sie den redlichen Vertragsgewohnheiten entspricht (RS0105643 [T3]).

[18] 2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RS0016914). Die Ausnahme von der Inhaltskontrolle ist dabei möglichst eng zu verstehen (RS0016908). Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessensausgleichs für den Durchschnittsfall gilt (RS0014676 [T7, T13, T43]).

[19] 3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig sind oder von ihm jedenfalls festgestellt werden können. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte oder Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169 [T2]).

[20] 4.1. AGB sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RS0050063). Versicherungsbedingungen sind aus ihrem Zusammenhang heraus zu verstehen. Allenfalls bestehende Unklarheiten gehen gemäß § 915 ABGB zu Lasten des Versicherers (RS0008901 [insb T10, T11, T12]).

[21] 4.2. Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikobegrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RS0080166 [insb T10]; RS0080068).

II. Deckung für Kredit 2:

[22] 1.1. Zu mit Art 7.1.11. ARB („Bauherren-Klausel“) vergleichbaren Bestimmungen führte der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach aus, dass zur Finanzierung genehmigungspflichtiger Bauvorhaben regelmäßig Vereinbarungen mit dem Zweck, Fremdmittel für solche meist kostenintensive Maßnahmen zu erhalten, geschlossen werden. Wirtschaftlicher Zweck des zu beurteilenden Risikoausschlusses ist daher erkennbar, die Rechtsschutzdeckung nicht nur für erfahrungsgemäß aufwändige und deshalb teure Bau‑(mängel‑)prozesse auszunehmen, sondern auch Streitigkeiten, die – wegen der häufigen Notwendigkeit, große Beträge fremd zu finanzieren – hohe Streitwerte zum Gegenstand haben und zwischen den Parteien der Finanzierungsvereinbarung auftreten, in der Regel also Streitfragen aus dem geschlossenen Kreditvertrag zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer. Grund dafür ist, dass nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann. Selbstverständlich ist, dass nicht jeder auch noch so ferne Zusammenhang mit der Finanzierung ausreicht, sondern zumindest ein ursächlicher Zusammenhang im Sinn der conditio sine qua non‑Formel zwischen der Finanzierung und jenen rechtlichen Interessen, die der Versicherungsnehmer mit Rechtsschutzdeckung wahrnehmen will, bestehen muss. Dabei bedarf es – wie im Schadenersatzrecht zur Haftungsbegrenzung – eines adäquaten Zusammenhangs zwischen Rechtsstreit und Baufinanzierung, es muss also der Rechtsstreit, für den Deckung gewährt werden soll, typische Folge der Finanzierung eines Bauvorhabens sein (7 Ob 130/10h, 7 Ob 110/16a, 7 Ob 31/23v je mwN).

[23] 1.2. Zweck des Ausschlusses ist es, dass ein ganzer, durchaus überschaubarer und auch eingrenzbarer, im Grund erheblicher und typischerweise immer wiederkehrender Lebenssachverhalt vom Versicherungsschutz ausgenommen werden soll, der die allermeisten Versicherungsnehmer nicht, relativ wenige Bauwillige, dafür mit erheblichem Kostenrisiko und in fast schon standardisierter Weise und Häufigkeit betrifft. Jedem Versicherungsnehmer kann das Wissen zugemutet werden, dass einem Versicherungsvertrag gewisse Begrenzungsnormen zugrunde liegen. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer hat daher grundsätzlich mit Risikoausschlüssen und ‑einschränkungen zu rechnen (7 Ob 31/23v).

[24] 1.3. Die Wortfolge „Die Finanzierung des Bauvorhabens einschließlich des Grundstückerwerbs“ wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer dahin verstehen, dass die Wahrnehmung rechtlicher Interessen jedenfalls im Zusammenhang mit der Finanzierung von Bauvorhaben und – soweit stattgefunden – auch jene des Erwerbs des dazu erforderlichen Grundstücks vom Versicherungsschutz ausgenommen ist. Entgegen der Ansicht der Kläger wird kein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer der Bestimmung die Bedeutung unterstellen, dass diese nur zur Anwendung gelangt, wenn ein Bauvorhaben inklusive Grundstückserwerb finanziert wird.

[25] 1.4. Auch Streitigkeiten aus einem infolge einer Umschuldung in Anspruch genommenen Anschlussdarlehen sind vom Ausschluss umfasst (vgl Mayer in Harbauer, Rechtsschutzversicherung9 ARB 2010 § 3 Rn 77), dient doch auch die Umschuldungsfinanzierung in der Wurzel der Finanzierung des Bauvorhabens. Der dargestellte Zweck des Risikoausschlusses ändert sich durch eine Umschuldung hingegen nicht. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht dahin, dass, ließe man den Risikoausschluss lediglich aufgrund der Tatsache einer Umschuldung unangewendet, eine entsprechende Umgehungsgefahr bestünde.

[26] 1.5. Die Klausel ist nicht intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.

[27] 1.5.1. Der Oberste Gerichtshof qualifizierte die vergleichbare Wendung „im Zusammenhang mit“ in Bedingungen der Rechtsschutzversicherung, wonach „kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interesse im (ursächlichen unmittelbaren oder mittelbaren) Zusammenhang mit hoheitlichen Anordnungen [...] stehen (Hoheitsausschluss)“ bereits als nicht intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG (7 Ob 160/22p, 7 Ob 169/22m, 7 Ob 196/22g). Diese Beurteilung kann auf die von den Klägern inkriminierte Wortfolge „im Zusammenhang mit“ übertragen werden (vgl 7 Ob 31/23v).

[28] 1.6. Die Klausel ist auch nicht ungewöhnlich nach § 864a ABGB und gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB. Die – für Rechtsschutzversicherungsbedingungen typische – Klausel findet sich dort, wo sie vom Versicherungsnehmer auch zu vermuten ist. Neben dem dargestellten Zweck der Klausel ist weiters zu berücksichtigen, dass Allgemeine Rechtsschutzbedingungen wegen der schweren Überschaubarkeit und Kalkulierbarkeit sowie der Größe des Kostenrisikos im gesamten Bereich des privaten wie auch öffentlichen Rechts nur Teilgebiete abdecken; eine universelle Gefahrenübernahme, bei der der Versicherer jeden beliebigen Bedarf des Versicherungsnehmers nach Rechtsschutz decken müsste, ist im österreichischen Recht nicht gebräuchlich.

[29] 1.7. Davon ausgehend ergibt sich auch kein wie immer gearteter Anhaltspunkt für einen Rechtsmissbrauch.

[30] 2. Die Verneinung der Rechtsschutzdeckung für Kredit 2 durch das Berufungsgericht im Hinblick auf das Vorliegen des Risikoausschlusses nach Art 7.1.11. ARB 2000 ist damit zutreffend.

III. Zur Deckung Kredit 1:

[31] 1. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist zum Schluss der Verhandlung erster Instanz zu beurteilen (RS0039178).

[32] 2.1. Nach Art 9.2. ARB hat der Versicherer das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverhinderung anzustellen. Das Ergebnis der Prüfung ist in den Punkten 2.1. bis 2.3. des Art 9 ARB typisiert und hat Auswirkungen auf die Leistungspflicht des Versicherers.

[33] 2.2. Nach dem hier interessierenden Art 9.2.3. ARB hat der Versicherer, sofern keine Aussicht auf Erfolg besteht, das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehen. Die Bestimmung ist völlig klar formuliert und verständlich. Die von der Klägerin vermeinte Intransparenz nach § 6 Abs 3 KSchG ist nicht gegeben.

[34] 2.3. Die Klausel ist beim entsprechenden Geschäftstyp auch üblich, sie entspricht den Musterbedingungen der Rechtsschutzversicherung und sie findet sich dort, wo sie zu vermuten ist. Sie ist daher auch nicht ungewöhnlich nach § 864a ABGB.

[35] 2.4. Auch eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht vor. Entgegen der Ansicht der Kläger enthält die Bestimmung kein Wahlrecht des Versicherers, sondern determiniert die jeweiligen Auswirkungen auf die Leistungspflicht, abgestuft nach den konkret genannten Voraussetzungen für die Erfolgsaussichten. Aus welchem Grund eine derartige Abstufung der Leistungspflicht nach den Erfolgsaussichten sachlich nicht gerechtfertigt sein soll, lassen die Kläger offen.

[36] 3. Vom Obersten Gerichtshof wurden bereits unzählige gleichlautende Klauseln beurteilt. Die Rechtsprechungsgrundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen:

[37] 3.1. In der Rechtsschutzversicherung ist bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen (RS0081929). Bei der Erfolgsaussichtsprüfung nach den ARB können die zur Prozesskostenhilfe entwickelten Grundsätze übernommen werden. Die vorzunehmende Beurteilung, ob „keine oder nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg“ besteht, hat sich am Begriff „nicht als offenbar aussichtslos“ des die Bewilligung der Verfahrenshilfe regelnden § 63 ZPO zu orientieren. „Offenbar aussichtslos“ ist eine Prozessführung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs‑ oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann (insbesondere bei Unschlüssigkeit, aber auch bei unbehebbarem Beweisnotstand, RS0116448, RS0117144). Der Grundsatz in der Rechtsschutzversicherung, dass im Deckungsprozess die Beweisaufnahmen und die Feststellungen zu im Haftpflichtprozess relevanten Tatfragen zu unterbleiben haben und daher dem Versicherer eine vorweggenommene Beweiswürdigung verwehrt ist, gilt allgemein und damit auch für die Prüfung der Frage, ob nach den ARB ein Unterliegen in einem Verfahren wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen. Die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist aufgrund einer Prognose – im Fall eines bereits laufenden Haftpflichtprozesses aufgrund einer nachträglichen Prognose – nach dem im Zeitpunkt vor Einleitung des Haftpflichtprozesses vorliegenden Erhebungsmaterial vorzunehmen, weil eine Beurteilung der Beweischancen durch antizipierte Beweiswürdigung nicht in Betracht kommt (RS0124256). Auch dann, wenn der Ausgang im zu deckenden Prozess bei Fehlen einer klaren Gesetzeslage von einer bisher nicht gelösten Rechtsfrage abhängt, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass keine oder keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (RS0124256 [T3]). Eine Vorwegnahme des Ergebnisses des zu deckenden Prozesses im Deckungsprozess durch Klärung der dort gegenständlichen – bisher noch nicht gelösten – Rechtsfragen zur Beurteilung der Erfolgsaussichten kommt ebenso wenig in Betracht, wie die Vorwegnahme der Klärung der Tatfragen (7 Ob 161/16a, 7 Ob 123/18s). Umgekehrt folgt daraus, dass eine klare Gesetzeslage oder bereits gelöste Rechtsfragen sehr wohl die Annahme rechtfertigen können, dass keine oder keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (7 Ob 65/22t).

[38] 3.2. Den Beweis für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand hat der Versicherer zu führen (RS0107031 [T3]). Die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Rechtsschutzversicherung hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0081929 [T3]).

[39] 3.3. Für die Schlüssigkeit in der Klage genügt, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell‑rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RS0037516). Es müssen also die Behauptungen aufgestellt werden, die es zulassen, dass der vom Kläger begehrte Anspruch als sich daraus resultierende Rechtsfolge gegebenenfalls auch im Wege eines Versäumungsurteils ergeben könnte (RS0001252 [insb T4, T9]). Unschlüssig ist nicht nur ein in sich widersprüchliches Vorbringen, sondern auch ein nicht ausreichend nachvollziehbares Vorbringen, dem das Sachverhaltssubstrat fehlt, welches für die Beurteilung des Klagsgrundes bzw die positive Einschätzung der Erfolgsaussichten erforderlich wäre (Kronsteiner, Die Rechtsschutzversicherung2 159).

[40] 4. Zur Frage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Fremdwährungskrediten liegt bereits umfangreiche oberstgerichtliche Rechtsprechung vor:

[41] 4.1. Die Entscheidung 1 Ob 93/21i vom 7. 9. 2021 betraf ein Verbandsverfahren, es wurde die isoliert zu prüfende Klausel „Die Rückführung des Kredits erfolgt in der jeweilig ausgenützten Währung“ als intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG und damit als unwirksam beurteilt. Die Entscheidung 6 Ob 51/21z (vom 2. 2. 2022) betraf einen Individualprozess, in welchem der Oberste Gerichtshof eine abschließende Beurteilung der streiterheblichen Formulierung „Rückführung in jener Währung, in der der Kredit ausgenützt ist“ mangels Schlüssigkeit der Begehren zwar nicht vornahm, allerdings erkennen ließ, dass es sich für ihn um eine auslegungsbedürftige Regelung zur Rückzahlung des Kredits handelte.

[42] 4.2. Der Oberste Gerichtshof war nach Ergehen dieser Entscheidungen bereits vielfach mit vergleichbaren bzw identen Klauseln in Kreditverträgen befasst. In diesen Entscheidungen hat sich eine übereinstimmende Rechtsprechung dahin gefestigt:

[43] Für das Vorliegen einer echten Fremdwährungsschuld ist nicht die Frage maßgebend, in welcher Währung der Kredit ausbezahlt wird, sondern, ob die fremde Währung die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bildet (1 Ob 88/22f, 6 Ob 76/22b, 6 Ob 199/22s, 7 Ob 58/22p). Wird dem Kreditnehmer in einem solchen Fall (überdies) die Wahl eingeräumt, sich den (Fremdwährungs‑)Kredit in EUR auszahlen zu lassen, handelt es sich insoweit um ein Angebot der Bank, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in EUR ausbezahlen, tritt zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu, was auch einer typischen nicht juristisch geschulten Person erkennbar ist (1 Ob 9/22p, 4 Ob 15/22t, 5 Ob 54/22k, 6 Ob 199/22s, 7 Ob 183/22w, 8 Ob 81/22b, 8 Ob 170/22s).

[44] Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits klargestellt, dass bei ausreichender Bestimmtheit des Kreditvertrags der Entfall einzelner Klauseln keine Nichtigkeit bewirkt (1 Ob 9/22p, 4 Ob 15/22t, 6 Ob 24/22f). Selbst eine allfällige Missbräuchlichkeit ändert in diesem Fall nichts daran, dass der Kreditnehmer den Kredit in – allenfalls von anderer Seite zu beschaffender (9 Ob 62/21i) – Fremdwährung zurückzahlen müsste (1 Ob 9/22p, 1 Ob 88/22f, 6 Ob 76/22p, 6 Ob 199/22s, 7 Ob 58/22p). Die Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung im Wege des Ersatzes der Konvertierungsklausel durch Anwendung des dispositiven Rechts (hier § 907b Abs 1 ABGB, § 905a ABGB aF) ist daher nicht präjudiziell (vgl 1 Ob 9/22p, 4 Ob 15/22t, 6 Ob 199/22s).

[45] Allfällige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Wechselkurses bei der Zuzählung des Kredits führen daher nicht zur Ungültigkeit des gesamten Vertrags wegen mangelnder Bestimmtheit, wenn durch die zeitnahe Information des Kunden über den zugrunde gelegten Fremdwährungsbetrag ausreichende Bestimmtheit eingetreten ist und der Kreditnehmer offenkundig das Vorliegen eines ausreichend bestimmten Kreditvertrags akzeptiert hat (4 Ob 208/21y, 9 Ob 66/21b). Ausgesprochen wurde auch schon, dass, sofern der Kläger mehrfach über den aushaftenden Fremdwährungsbetrag und die ihn belastenden Wechselkursveränderungen informiert wurde und er dennoch von der Möglichkeit einer Konvertierung nicht Gebrauch machte, er sich auch nicht auf die (ursprüngliche) Unbestimmtheit des Kreditvertrags berufen kann. Der Oberste Gerichtshof beurteilte diesen Fall als Akzeptieren des Vorliegens eines bestimmten Kreditvertrags (2 Ob 198/21p, 4 Ob 208/21y). Auch der behauptete Widerspruch dieser Judikatur mit der Rechtsprechung des EuGH wurde bereits in zahlreichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs verneint (5 Ob 54/22k mwN).

[46] 4.3. Diese übereinstimmende Rechtsprechung, die in jüngster Zeit noch gefestigt wurde, führte – mit Ausnahme der Entscheidung 6 Ob 51/21z – zur Abweisung sämtlicher vergleichbarer Individualprozesse über eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von Fremdwährungskrediten.

[47] 4.4.1 Die Beklagte wies auf die damit fehlenden Erfolgsaussichten aufgrund der gefestigten Rechtsprechung und wegen Unschlüssigkeit hin und brachte auch vor, nach den ihnen von den Klägern selbst erteilten Informationen, hätten die Kläger regelmäßig vollständige Wertbestandsmitteilungen erhalten, seien über das Wechselrisiko aufgeklärt worden und hätten die seit Jahren erhaltenen Konvertierungsangebote der Bank nicht angenommen und den Kreditvertrag akzeptiert.

[48] 4.4.2. Vor diesem Hintergrund erfordert die Beurteilung der Einschätzung der Erfolgsaussichten, dass die Kläger konkret aufzeigen, inwieweit sich der maßgebliche Sachverhalt des vorliegenden Falls von jenem, der der Vielzahl der bereits abweisenden Entscheidungen zugrunde liegt, unterscheidet und weshalb dies zu einer von der gefestigten oberstgerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Beurteilung führen könnte.

[49] Da dies hier unterblieben ist, ist davon auszugehen, dass die beabsichtigte Klagsführung keine Aussicht auf Erfolg hat und die Beklagte leistungsfrei nach Art 9.2.2. ARB 2000 ist.

[50] 5. Das Deckungsbegehren der Kläger ist auch hinsichtlich des Kredits 1 abzuweisen. Auf die weiteren Einwendungen der Beklagten (Obliegenheitsverletzungen und Verjährung) bedurfte es daher keines Eingehens.

IV. Schadenersatzansprüche:

[51] Da sich bereits aufgrund der Abweisung der Deckungsbegehren die Frage einer schadenersatzrechtlichen Haftung der Beklagten für aus einer (rechtswidrigen) Deckungsablehnung resultierende Schäden nicht stellt, erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung.

[52] V. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens gründet sich auf § 41 ZPO, jene betreffend das Rechtsmittelverfahren auf §§ 41, 50 ZPO.

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