OGH 14Os104/21g

OGH14Os104/21g16.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Schaffhauser in der Strafsache gegen K***** P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster und vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 22. Juni 2021, GZ 37 Hv 29/21b‑81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00104.21G.1216.000

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu I./A./ und zu IV./ in Betreff der im Anschluss zu I./C./ begangenen Tat, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche, aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde K***** P***** dreier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 (I./A./, I./C./ und I./D./ [vgl US 29]), jeweils eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster und vierter Fall StGB sowie nach § 201 Abs 1 und Abs 2 vierter Fall StGB (I./B./ [US 29]), des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB (II./), des Vergehens der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nach § 205a Abs 1 StGB (III./), der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (IV./), sowie der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach (gemeint:) § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 3 zweiter Satz StGB (V./A./), § 207a Abs 3 erster Satz StGB (V./B./) und nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB (V./B./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant –

I./ im Frühjahr/Sommer 2018 in W***** ***** H***** in mehreren Angriffen mit Gewalt sowie durch Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme und Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, und zwar

A./ unter Vorhalt eines Messers und der Drohung, er werde sich ansonsten an ihrer jüngeren Schwester vergehen, zur Vornahme einer Masturbation an ihm sowie zur Duldung der Penetration ihrer Scheide mit seinen Fingern, wobei er auf ihre Hand ejakulierte;

B./ in zwei Angriffen durch Packen an ihren Haaren, festes Herandrücken ihres Kopfes mit seiner Hand an seinen Penis sowie durch Drohung mit der Vornahme sexueller Handlungen an ihrer Schwester zum Oralverkehr, wobei er in ihren Mund ejakulierte und sie durch das Zuhalten ihres Mundes zwang, das Ejakulat zu schlucken, wodurch das Opfer in besonderer Weise erniedrigt wurde;

C./ durch Ausnützen seiner körperlichen Überlegenheit zunächst zum Oral- und später zum Analverkehr, indem er zunächst sagte, sie solle „es nass machen“, worauf das Opfer den Penis des Beschuldigten in den Mund nahm, und indem er sie danach zwang, sich mit dem Oberkörper auf einen Tisch zu legen und er ihr mit Gewalt die Knie auseinanderdrückte, wodurch das Opfer blutende Verletzungen im Rektum erlitt;

D./ zum Oralverkehr, zur Duldung der Penetration ihrer Scheide mit seinen Fingern und seiner Zunge sowie zum Vaginalverkehr, indem er sie unter Ausnützung seiner körperlichen Überlegenheit zu Boden drückte und sich mit seinem gesamten Körpergewicht auf sie legte und fixierte (US 9 f), wodurch das Opfer eine blutende Verletzung der Scheide erlitt,

wobei die Taten eine schwere Körperverletzung, nämlich eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung, von Zwangshandlungen und von leichten depressiven Episoden, zur Folge hatten;

II./ im Winter 2017 in P***** H***** durch eine geschlechtliche Handlung an ihr, nämlich durch eine intensive Berührung über der Bekleidung zwischen den Beinen bis zur Vulva, belästigt;

III./ im Frühjahr 2018 in W***** mit H***** gegen ihren Willen eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vorgenommen, indem er ihre Scheide mit seinen Fingern penetrierte und sich gleichzeitig selbst befriedigte;

IV./ im Anschluss an die erste zu I./B./ genannte Tat sowie im Anschluss an die zu I./C./ und I./D./ genannten Taten H***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit dem Tod, nämlich durch zwei Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht und die Äußerung, er würde seine Freunde schicken, die mit ihr Spaß haben und sie dann umbringen würden, wenn sie jemandem etwas von den Übergriffen erzähle, zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme davon, jemandem von den Vorfällen zu erzählen (US 11), genötigt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.

[4] Zutreffend zeigt die gegen den Schuldspruch zu I./A./ gerichtete Rüge (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a) auf, dass die Urteilsfeststellungen die rechtliche Annahme des Einsatzes eines Nötigungsmittels zur Erzwingung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nicht tragen.

[5] Der Tatbestand der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB verlangt den Einsatz von Gewalt gegen eine Person, die Entziehung der persönlichen Freiheit oder die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Erzwingung der Vornahme oder der Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung. Zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels und der Erreichung des Nötigungsziels muss daher ein Ursachenzusammenhang bestehen (Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 17; 11 Os 60/07v).

[6] Eine digitale Vaginalpenetration ist eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung (RIS‑Justiz RS0132647). Keine solche, sondern bloß eine geschlechtliche Handlung, stellt die Vornahme von Masturbationshandlungen am Penis des Täters durch das Opfer dar (RIS‑Justiz RS0095733 [T11], RS0095025 [T7]; Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 28).

[7] Nach den Feststellungen (US 7) nutzte der Angeklagte einen unbeobachteten Moment, rückte nahe zu H*****, begann ihren Oberkörper über der Kleidung zu streicheln, schob ihr Kleid hoch und drang seitlich unter die Unterhose greifend mit seinen Fingern in ihre Scheide ein. Der Angeklagte unterbrach kurz, um sich seine Hose hinunter zu ziehen, nahm ein am Tisch befindliches Messer in die Hand, deutete damit auf das Opfer und legte es wieder auf den Tisch, wobei eine Hand noch etwas auf dem Messer ruhte. Mit dieser Geste stellte er eine sofort durchführbare Verletzung am Körper des Opfers in Aussicht, sollte es nicht das tun, was er verlangte. Daraufhin nahm er eine Hand der H*****, führte diese zu seinem Penis, zeigte ihr, wie sie diesen in die Hand nehmen und reiben soll und sagte, sie solle das mit beiden Händen machen. Das Opfer musste dem Angeklagten nicht zuletzt unter dem Eindruck der Drohung den Penis reiben, bis dieser ejakulierte.

Damit ist den Konstatierungen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte die digitale Vaginalpenetration durch ein in § 201 Abs 1 StGB genanntes Nötigungsmittel erzwungen hat. Denn die Bedrohung des Opfers mit dem Messer erfolgte nach den Konstatierungen erst nach Beendigung der digitalen Penetration, um das Opfer zur Vornahme von – nicht dem Beischlaf gleichzusetzenden – Masturbationshandlungen am Angeklagten zu nötigen. Dass im Referat der entscheidenden Tatsachen im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; US 2) ein Zusammenhang zwischen dem Vorhalten des Messers sowie der Drohung zum Nachteil der Schwester (vgl aber zur erforderlichen Gegenwärtigkeit des angedrohten Übels RIS‑Justiz RS0117568, Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 16 mwN) und der Vaginalpenetration des Opfers zum Ausdruck gebracht wird, kann das Feststellungsdefizit nicht ausgleichen (RIS-Justiz RS0114639). Demnach bleiben die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 10 f) ohne Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090).

[8] Zum Schuldspruch IV./ in Betreff der im Anschluss zu I./C./ begangenen Tat moniert die Rechtsrüge (Z 9 lit a) im Ergebnis ebenfalls zutreffend, dass die Feststellungen die Annahme einer gefährlichen Drohung mit dem Tod nicht tragen.

[9] Diesen zufolge sagte der Angeklagte im Anschluss an die zu I./C./ genannte Tat zum Opfer, es solle „gar nicht daran denken, es jemanden zu erzählen, weil wenn ihre Mama das wüsste, würde sie das umbringen“ (US 9).

[10] Feststellungen zum Bedeutungsinhalt dieser Äußerung enthält das Urteil nicht. Allein nach ihrem Wortlaut würde der Angeklagte (nur) ein von seinem Willen nicht beeinflussbares Übel in Aussicht stellen, was dem Tatbestand nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB nicht genügen würde. Denn eine Drohung iSd § 74 Abs 1 Z 5 StGB ist die Kundgebung eines Willensentschlusses, einem anderen ein Übel zuzufügen, dessen Verwirklichung – nach dem Inhalt der Drohung und dem dadurch zu gewinnenden Eindruck – vom Willen des Drohenden abhängt, während die Ankündigung eines vom Täter nicht beeinflussbaren Übels vom Rechtsbegriff nicht umfasst ist (vgl RIS‑Justiz RS0092149 [T5]; Schwaighofer in WK2 StGB § 105 Rz 46, 48; Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 74 Rz 23 f).

Die mit Bezug auf drei verschiedene Taten zusammenfassende Erwähnung im Referat der entscheidenden Tatsachen (US 3), der Angeklagte habe seinem Opfer (auch in diesem Fall) gedroht, er würde seine Freunde schicken, die es umbringen würden, findet eine Entsprechung im Urteilssachverhalt nur zu den beiden anderen als schwere Nötigungen qualifizierten Taten (vgl US 9 f) und kann daher das Fehlen von Feststellungen nicht ausgleichen (RIS‑Justiz RS0114639).

[11] Die bestehenden Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordern – bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) – die Aufhebung des Urteils im Schuldspruch zu I./A./ und zu IV./ in Betreff der im Anschluss zu I./C./ begangenen Tat, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im – undifferenziert auch auf die von der Kassation betroffenen Schuldspruchsachverhalte gestützten (vgl jüngst 14 Os 91/21w; Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 7) – Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche. In diesem Umfang war eine neue Hauptverhandlung anzuordnen.

[12] Auf das weitere gegen den Schuldspruch zu I./A./ gerichtete Rechtsmittelvorbringen war daher nicht einzugehen.

[13] Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche war der Angeklagte auf die Kassation zu verweisen.

[14] Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu.

[15] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 74 S 101 f) mehrerer in der Hauptverhandlung gestellter Anträge des Angeklagten (ON 74 S 97 f) dessen Verteidigungsrechte nicht verletzt.

[16] Die Vernehmung des Zeugen O***** P***** zum Beweis, „dass der Angeklagte Probleme hatte, eine Erektion aufrecht zu erhalten und zu halten“, konnte unterbleiben, weil selbst die Vollendung der Tat nach § 201 Abs 1 StGB eine Erektion des Gliedes des Täters nicht voraussetzt (RIS‑Justiz RS0090720 [T2, T3]). Unter dem Blickwinkel einerKontrollbeweisführung (RIS‑Justiz RS0028345) ließ der Antrag nicht erkennen, warum der Zeuge Auskunft über die Erektionsfähigkeit des Angeklagten im gesamten Tatzeitraum geben kann und inwiefern die begehrte Beweisaufnahme tauglich sein soll, die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin H***** unter Beweis zu stellen (RIS‑Justiz RS0118444).

[17] Zu Recht abgewiesen wurde auch der Antrag auf Vornahme eines Lokalaugenscheins zum Beweis, „dass die örtlichen Gegebenheiten die dem Angeklagten vorgeworfenen Taten so nicht zulassen“, „die Stelle bei den Tomaten von überall“, insbesondere von den gegenüberliegenden Häusern und dem Wohnzimmerfenster, einsichtig sei und der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen habe. Da die Möglichkeit der Einsicht auf den Tatort eine Tatbegehung nicht ausschließt, betraf der Beweisantrag keine erhebliche Tatsache (RIS‑Justiz RS0116503). Unter dem Aspekt der Beweisführung zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin H***** ließ das Antragsvorbringen wiederum keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme einer Falschaussage der Zeugin in Bezug auf entscheidende Tatsachen erkennen (vgl RIS‑Justiz RS0098429, RS0120109 [T3]).

[18] Der nach Abweisung ergänzte und wiederholte Antrag (ON 80 S 16 f) auf Vernehmung von zehn (in einer dem Gericht übergebenen Liste) namentlich angeführten Zeugen zum Beweis, dass es nur am 26. Mai 2018 einen Besuch des Opfers in W***** gab, danach keine Besuche stattfanden und der Angeklagte daher „keine Tatgelegenheit hatte“, verfiel zu Recht der Abweisung (zusätzlich ON 80 S 17), weil nicht dargetan wurde, warum die Zeugen für den gesamten Tatzeitraum Wahrnehmungen über die unter Beweis zu stellenden Tatsachen haben sollten (RIS‑Justiz RS0099453, RS0118123).

[19] Eine allenfalls nach dem 26. Mai 2018 getätigte Aussage der Gattin des Angeklagten gegenüber dessen Schwester, wonach weitere Besuche der Familie des Opfers nicht mehr erwünscht seien, betraf keine erhebliche Tatsache (RIS-Justiz RS0116503). Der zu diesem Thema gestellte Antrag auf Vernehmung der genannten Zeugin C***** P***** wurde daher zu Recht abgewiesen.

[20] Zur Kritik der Beschwerde an den vom Schöffengericht jeweils herangezogenen Gründen für die Abweisung der Beweisanträge bleibt anzumerken, dass Letztere nicht unter Nichtigkeitssanktion stehen (RIS‑Justiz RS0116749).

[21] Die in der Rechtsmittelschrift enthaltene ergänzende Begründung für die angeführten Beweisanträge ist mit Blick auf das sich aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ergebende Neuerungsverbot unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

[22] Die gegen den Schuldspruch zu I./B./ gerichtete Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) spricht mit ihrer Kritik an den Feststellungen zu Drohungen zum Nachteil der Schwester des Opfers (US 8) mit Blick auf den gleichfalls konstatierten Einsatz von Gewalt (Packen an den Haaren, Ziehen und Drücken auf die Knie, Drücken des Kopfes gegen den Penis) keine entscheidende Tatsache an (RIS‑Justiz RS0117499, RS0116655).

[23] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus erörterten Beweisergebnissen, nämlich den Kalendereintragungen, Aussagen und Unterlagen der Zeugin C***** P***** sowie den schriftlichen Vermerken von zehn (erfolglos) als Zeugen beantragten Personen (US 21 f), andere Schlussfolgerungen als die Tatrichter zieht, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0099674, RS0118780).

[24] Die zu I./C./ und I./D./ erhobene Subsumtionsrüge (inhaltlich Z 9 lit a) orientiert sich mit der Behauptung, der Gewaltbegriff des § 201 Abs 1 StGB sei jeweils nicht erfüllt, nicht an der Gesamtheit der Feststellungen (RIS‑Justiz RS0099810). Diesen zufolge drückte der Angeklagte zu I./C./ die Knie des Opfers gegen dessen Willen auseinander, forderte es auf, den Oberkörper auf den Tisch zu legen und vollzog den Analverkehr (US 9). Zu I./D./ wiederum drückte der Angeklagte das Opfer auf den Boden hinunter, legte sich mit seinem Kopf beim Genitalbereich des Mädchens auf dieses und forderte es auf, seinen Penis in den Mund zu nehmen, was es „angesichts der körperlichen Überlegenheit und mangels Ausweg tat“. Gleichzeitig leckte er dessen Scheide, betastete diese mit seinen Fingern und drang dabei auch in diese ein. Nach kurzer Zeit drehte sich der Angeklagte um, drang, das Opfer mit seinem Körpergewicht fixierend, mit seinem Penis in ihre Scheide ein und vollzog den vaginalen Geschlechtsverkehr bis zur Ejakulation (US 9 f).

[25] Warum das Auseinanderdrücken der Knie des Opfers, das Zubodendrücken desselben sowie dessen Fixierung mit dem Körpergewicht des Angeklagten nicht den deliktsspezifischen Gewaltbegriff erfüllen sollte, obwohl diesem jeder Einsatz einer nicht ganz unerheblichen physischen Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder vermuteten Widerstands entspricht, ohne dass es einer besonderen Intensität dieser Kraftanwendung bedarf (RIS‑Justiz RS0095260, RS0095232, RS0095776; Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 13), leitet die Beschwerde nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab.

[26] Weshalb zu I./D./ zwischen der Fixierung des Opfers mit dem Körpergewicht des Angeklagten und der vaginalen Penetration gegen den Willen des Opfers (US 9 ff) ein Ursachenzusammenhang fehlen sollte, bleibt unklar. Soweit Feststellungen vermisst werden, dass das Opfer aufgrund des Körpergewichts des Angeklagten einen Widerstand aufgegeben oder aus Furcht von Gegenwehr Abstand genommen hat, legt die Rüge nicht dar, weshalb diese Umstände zur Tatbildverwirklichung erforderlich sein sollten (vgl RIS‑Justiz RS0095232 [T6]; Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 13, 39).

[27] Die weitere Rüge (Z 10 und „hilfsweise“ Z 11 zweiter Fall) behauptet, basierend auf den Urteilsfeststellungen würden die Fakten I./A./ bis D./, II./ und III./ als tatbestandliche Handlungseinheit „in rechtlicher Hinsicht bloß ein Delikt“ begründen.

[28] In Ansehung des Schuldspruchs zu I./B./ bis D./ argumentiert die Beschwerde nicht auf Basis der Feststellungen (US 8 ff), denen zufolge jeweils zeitlich getrennte und einem selbständigen Tatentschluss unterliegende (abgeschlossene) Ereignisse vorliegen, während eine tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinn – und demnach nur eine einzige Tat im materiellen Sinn (RIS‑Justiz RS0127374) – bloß bei wiederholter Verwirklichung (nur) des gleichen Tatbestands in kurzer zeitlicher Abfolge, also nur bei quantitativer Steigerung (einheitlichem Unrecht) und einheitlicher Motivationslage (einheitlicher Schuld) vorläge (13 Os 1/07g [verstärkter Senat] = SSt 2007/27, EvBl 2007/114; RIS‑Justiz RS0122006; Ratz in WK² StGB Vor §§ 28–31 Rz 88 ff).

[29] Soweit die Rüge unterschiedliche Tatbestände zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammenfassen will, unterlässt sie schon eine Bezeichnung der angestrebten Subsumtion (RIS‑Justiz RS0118415 [T3]). Im Übrigen legt sie nicht dar, warum eine tatbestandliche Handlungseinheit (hier angesprochen im „weiteren“ Sinn) entgegen der ständigen Rechtsprechung auch ungleichartige strafbare Handlungen erfassen soll.

[30] Das „hilfsweise“ auch als Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) bezeichnete Vorbringen, geht daher auch unter dem Aspekt der Strafbemessung ins Leere, weil das Schöffengericht das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen (US 36) zu Recht erschwerend gewertet hat.

[31] Die Behauptung der Subsumtionsrüge (Z 10), das Erstgericht habe die Erfolgsqualifikation nach § 201 Abs 2 erster Fall StGB rechtsirrig zu allen in I./ genannten Taten angenommen, ist angesichts des Schuldspruchs wegen (nur) eines Verbrechens nach § 201 Abs 1 und 2 erster und vierter Fall StGB (US 4, 30 f) neben mehreren Verbrechen nach § 201 Abs 1 (und in einem Fall auch Abs 2 vierter Fall) StGB nicht nachvollziehbar. Weshalb die konstatierte Kausalität sämtlicher Taten für die schwere Verletzungsfolge iSd § 84 Abs 1 StGB (US 10 f, 20) die rechtliche Annahme eines nach § 201 Abs 2 erster Fall StGB qualifizierten Verbrechens nicht tragen sollte, leitet die Rüge nicht argumentativ aus dem Gesetz ab (vgl RIS‑Justiz RS0120828; Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 30).

[32] Soweit sie (der Sache nach Z 9 lit a) hinsichtlich der (ersten) vom Schuldspruch IV./ erfassten schweren Nötigung im Anschluss an die zu I./B./ genannte Tat Feststellungen zum Nötigungsziel vermisst, übergeht sie die dazu getroffenen Konstatierungen, wonach der Angeklagte dem Opfer unmittelbar nach dem Oralverkehr zwei Schläge mit der flachen Hand in das Gesicht versetzte und zu ihr sagte, sie solle niemanden etwas „davon“ sagen, sonst schicke er seine Freunde, die zuerst Spaß mit ihr haben (gemeint geschlechtliche Handlungen an ihr durchführen) und sie dann umbringen werden (US 8), wobei er das Opfer dadurch zur Abstandnahme nötigen wollte, jemandem von den Vorfällen zu erzählen (US 11).

[33] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[34] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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