OGH 3Ob64/20p

OGH3Ob64/20p29.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr.

 Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.‑Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. K***** D*****, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Ralph Mitsche, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zustimmung zur Aufnahme als Vereinsmitglied, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. März 2020, GZ 64 R 118/19d‑19, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 21. November 2019, GZ 13 C 505/19f‑14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00064.20P.0529.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin war bis 2015 ordentliches Vereinsmitglied des Beklagten. Die Mitgliedschaft endete durch Austritt der Klägerin, nachdem zuvor ein Verfahren auf ihren Ausschluss als Vereinsmitglied eingeleitet worden war.

In der Vereinssitzung am 3. November 2015 nahm der Vorstand des Beklagten den Austritt der Klägerin zur Kenntnis. Anlässlich des Austritts der Klägerin sagte der damalige Präsident des Beklagten ihr zu, dass ein neuerliches Beitrittsansuchen unter Vorliegen bestimmter Voraussetzungen durch den dann im Amt befindlichen Vorstand positiv behandelt werden könnte. Dies unter anderem unter der Bedingung, dass Vorfälle, welche Anlass für die Einleitung des Verfahrens auf Ausschluss der Klägerin gaben, sich bis dahin nicht mehr ereignen sollten.

Der Beklagte sieht in § 17 seiner Statuten vor, dass „Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis […] durch eine vereinsinterne Schlichtungsstelle entschieden“ werden.

Die Klägerin begehrt, den beklagten Verein zu verpflichten, ihr Ansuchen um Aufnahme als ein außerordentliches Vereinsmitglied des Beklagten anzunehmen und dem Erwerb ihrer außerordentlichen Vereinsmitgliedschaft zuzustimmen. Die Klägerin stützte ihr mit 5.000 EUR bewertetes Begehren darauf, sie sei ungeachtet des gegen sie 2015 zu Unrecht eingeleiteten Ausschlussverfahrens damals dem Vorschlag des Vorstands der Beklagten gefolgt und habe ihren Austritt erklärt, dies „gegen die ausdrückliche Zusage des Vorstandes des Beklagten, ein allfälliges künftiges Ansuchen der Klägerin um ihre neuerliche Aufnahme als Vereinsmitglied mit Wirksamkeit ab der Saison 2017 und ohne Verrechnung einer Einschreibegebühr positiv zu behandeln“. Sie habe nunmehr ein Ansuchen um neuerliche Aufnahme als Vereinsmitglied gestellt. Dieses sei von zwei ordentlichen Vereinsmitgliedern unterstützt worden. Der Beklagte habe die Aufnahme mit der nicht näher begründeten Behauptung abgelehnt, die Voraussetzungen für eine Aufnahme als Vereinsmitglied lägen nicht vor.

Die Klägerin hat die vereinsinterne Schlichtungsstelle wegen gegenständlicher Streitigkeit nicht angerufen.

Der Beklagte wandte das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Gemäß § 8 VereinsG seien Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen. Eine solche bestehe beim Beklagten, welche die Klägerin nicht genützt habe.

Die Klägerin replizierte, dass sie kein Mitglied mehr sei und es sich daher um keine Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Mitglied handle.

Das Erstgericht wies die Klage unter Hinweis auf § 8 Abs 1 VerG 2002 zurück. Die Klägerin stütze ihr Begehren ausdrücklich auf die im November 2015 erfolgte Zusage durch den Vorstand des Beklagten, ihr zukünftiges Ansuchen um die Vereinsmitgliedschaft möglicherweise positiv zu behandeln. Diese Zusage habe ihre Wurzel unzweifelhaft in der bis ins Jahr 2015 bestehenden Vereinsmitgliedschaft der Klägerin beim Beklagten. Damit handle es sich um eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 VerG 2002. Vor dem Verstreichen von sechs Monaten seit Anrufung der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung stehe der Klage das nach § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Auch das Rekursgericht hob hervor, dass die Klägerin ihren Anspruch auf eine Zusage der Möglichkeit der Wiederaufnahme als Vereinsmitglied nach ihrem freiwilligen Austritt im Zuge eines begonnenen vereinsinternen Ausschlussverfahrens stütze. Der zu beurteilende Fall unterscheidet sich von dem Fall, bei dem jemand, der noch nie Mitglied in einem bestimmten Verein gewesen ist, diesem als Mitglied beitreten möchte. Daher handle es sich nicht um einen Anspruch, der in gleicher Weise auch von einem Nichtmitglied erhoben werden könnte.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige. Eine Mitgliedschaft in einem der renommiertesten Tennisvereine Österreichs sei mit mehr als 5.000 EUR zu bewerten. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob bei einem Antrag auf Wiederaufnahme in einen Verein nach einer beendeten Mitgliedschaft mit Wiedereinstiegszusage zunächst die Schlichtungseinrichtung im Sinn des § 8 Abs 1 VereinsG anzurufen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil er keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.

1. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RS0042410 [T28]; RS0042450 [T8]; RS0109332 [T1]). Das Rekursgericht darf daher den Wert des Entscheidungsgegenstands – bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache – weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen, im Fall einer offenkundigen Fehlbewertung wäre der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (RS0118748, RS0109332). Ein derartiger Fall liegt hier – entgegen der Rechtsansicht des Beklagten – aber nicht vor. Die Klägerin hat ihr Begehren auf Aufnahme selbst mit 5.000 EUR bewertet. Wenn das Berufungsgericht in der hier vorliegenden Konstellation davon ausgeht, dass der Wert des rekursgerichtlichen Entscheidungsgegenstands diesen Betrag übersteigt, ist darin jedenfalls eine offenkundige Überbewertung nicht erkennbar (vgl zB 7 Ob 89/11f [Feststellung eines Vereinsausschlusses]). Das Rechtsmittel ist daher nicht wegen § 528 Abs 1 Z 1 ZPO absolut unzulässig.

2.1 Gemäß § 8 Abs 1 VerG 2002 haben die Statuten eines Vereins vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten erst nach Ablauf von sechs Monaten seit Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen. Wird dieses Verfahren nicht eingehalten, so steht einer dennoch eingebrachten Klage die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen (RS0114603 [T3, T9, T10]), die von Amts wegen wahrzunehmen ist (RS0122426; RS0120837 [T1]). Die Beurteilung, ob das Schlichtungsverfahren eingehalten wurde, richtet sich nach dem Vorbringen in der Klage (RS0045718 [T26]). Der Kläger hat daher konkrete Tatsachen zu behaupten, aus denen sich ergibt, dass der Rechtsweg bereits offensteht (RS0124983).

2.2 Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis im Sinn des § 8 Abs 1 VerG 2002 sind zunächst jedenfalls solche, die ihre Wurzel in einer Vereinsmitgliedschaft haben, gleichviel, ob das Mitgliedsverhältnis bei Entstehen des Streitfalls noch besteht oder bereits beendet wurde (RS0122425 [T3]). Erfasst werden somit jedenfalls alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder zwischen Vereinsmitgliedern untereinander, sofern sie mit dem Vereinsverhältnis im Zusammenhang stehen (RS0122425 [T6]).

2.3 Für die Beurteilung der Frage, ob der konkret geltend gemachte Anspruch aus dem Vereinsverhältnis resultiert, ist maßgebend, ob eine Streitigkeit in der Vereinsmitgliedschaft wurzelt (RS0122425 [T7]) oder diese ohne vereinsmäßige Verbundenheit der Parteien typischerweise nicht denkbar wäre (4 Ob 240/18z mwN). Nicht notwendig ist aber, dass die Anspruchsgrundlage unmittelbar im Vereinsverhältnis gründet (4 Ob 240/18z mwN). Auch in dieser Hinsicht ist entscheidend, auf welche Tatsachen der Kläger seinen Anspruch stützt (RS0122425 [T9]; RS0119982 [T18]).

2.4 Zu prüfen ist daher, ob die Klägerin ihren Anspruch auf die Verletzung von Pflichten aus dem Vereinsverhältnis stützt, ihre Mitgliedschaft im Verein daher denknotwendige Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs ist, oder sie nicht vielmehr einen vom Vereinsverhältnis unabhängigen Anspruch geltend macht, der in gleicher Weise auch von einem Nichtmitglied erhoben werden könnte (4 Ob 73/09b).

3.1 Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass damit eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliegt, hält sich im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung und kann damit keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung begründen. Die Klägerin stützt ihr Begehren darauf, sie habe ihren Austritt gegen die Zusage der Wiederaufnahme erklärt. Ein solcher im Austausch zum Austritt erlangter „Anspruch auf Wiederaufnahme“ kann in gleicher Weise von einer Person, die noch nie Mitglied des Vereins war, nicht erhoben werden.

3.2 Der Hinweis im Rechtsmittel, dass die 2015 vom Beklagten erteilte Zusage „in keinem Zusammenhang mit der ursprünglichen Mitgliedschaft“ stehe, deckt sich nicht mit dem Vorbringen der Klägerin und der damit korrespondierenden Feststellung, wonach ihr der Wiedereintritt anlässlich ihres Austritts (somit als ausscheidendes Mitglied) zugesagt wurde.

4. Der Revisionsrekurs der Klägerin ist somit ungeachtet seiner Zulassung durch das Rekursgericht mangels einer Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Dass Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt (hier „Wiederaufnahmszusage“ an ein scheidendes Vereinsmitglied) fehlt, begründet noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RS0122015).

5. Der Beklagte hat in seiner Revisions-rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen, weshalb ihm die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zweckmäßig zuzusprechen waren (RS0035979 [T22]).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte