OGH 5Ob169/19t

OGH5Ob169/19t27.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. D*, 2. D*, beide vertreten durch DDr. Gebhard Klötzl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. I*, 2. Verlassenschaft nach D*, vertreten durch die erbantrittserklärten Erben D*, mj E*, vertreten durch die Mutter D*, und A*, alle *, 3. D*, 4. D*, 5. D*, 6. D*, 7. M*, 8. B*, 9. J*, 10. A*, 11. B*, und 13. M*,1.‑, 7.‑ und 9.‑Antragsgegner vertreten durch Mag. Martin Bican, Rechtsanwalt in Wien, 4.‑, 5.‑ und 8.‑Antragsgegner vertreten durch D*, wegen § 52 Abs 1 Z 3 WEG iVm § 30 Abs 1 Z 1 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der 1.‑, 7.‑ und 9.‑Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. August 2018, GZ 39 R 53/18k‑21, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 23. November 2017, GZ 22 MSch 14/17i‑10, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E128628

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen, die in Ansehung der Abweisung des Antrags betreffend die 13.‑Antragsgegnerin und die diesbezügliche Kostenentscheidung als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die 1.‑Antragstellerin und der 2.‑Antragsteller sind schlichte Miteigentümer einer Liegenschaft in Wien, die 1.‑ bis 11.‑Antragsgegner sind die weiteren Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft. Die 13.‑Antragsgegnerin ist die Hausverwalterin.

Es handelt sich um ein sogenanntes Mischhaus, in dem noch nicht an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten Wohnungseigentum begründet wurde.

Die Baupolizei der Stadt Wien trug den Mit- und Wohnungseigentümern der Liegenschaft mit Bescheid vom 2. Mai 2013 gemäß § 129 Abs 1, 2, 4 und 10 der BO für Wien unter Fristsetzung die Durchführung von insgesamt 16 näher bezeichneten baulichen Maßnahmen auf. Laut Punkt 2 dieses Auftrags ist die konsenswidrige Nutzung des als Magazin gewidmeten Raumes als Bad mit eingebautem WC und des als Gewölbe gewidmeten Raums als Schlafzimmer in der Wohnung Top 2 aufzulassen und die widmungswidrige Nutzung gemäß der Bewilligung vom 22. Mai 1895 konsensgemäß herzustellen, Punkt 3 betrifft den Auftrag, die Raumaufteilung im als Magazin gewidmeten Raum der Wohnung Top 2–3 (ein WC wurde eingebaut) gemäß dieser Bewilligung konsensgemäß herzustellen, nach Punkt 4 ist die Türe im als Gewölbe gewidmeten Raum der Wohnung Top 2–3 straßenseitig (wurde zugemauert und ein Fenster eingebaut) gemäß dieser Bewilligung konsensgemäß herzustellen.

Der Berufung der 9.‑Antragsgegnerin gegen diesen Auftrag gab die Bauoberbehörde der Stadt Wien mit Berufungsentscheidung vom 1. September 2013 nicht Folge. Der Bescheid der Baupolizei ist in Rechtskraft erwachsen. „Zumindest den Punkten 2, 3 und 4 dieses Bescheides betreffend Top 2–3“ wurde bisher nicht entsprochen. Der Antrag der 9.‑Antragsgegnerin auf Erteilung einer nachträglichen baubehördlichen Bewilligung für das Zumauern einer straßenseitigen Tür und den Einbau eines Fensters in ihrem Objekt Top 2–3 wurde mangels Nachweises der Zustimmung sämtlicher Mit‑ und Wohnungseigentümer abgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde der 9.‑Antragsgegnerin gab das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 2. Juli 2015 nicht Folge.

Am 31. Mai 2017 erließ die Baubehörde in Bezug auf Punkt 4 des baupolizeilichen Auftrags (Wiederherstellung der Türe in Top 2–3) eine an die Mit‑ und Wohnungseigentümer gerichtete Vollstreckungsverfügung.

Die Antragsteller begehrten, den 1.‑ bis 11.‑Antragsgegnern und der 13.‑Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft aufzutragen, binnen angemessener Frist die von der Baupolizei mit Bauauftrag vom 2. Mai 2013 und der Vollstreckungsverfügung vom 31. Mai 2017 aufgetragenen Arbeiten durchzuführen/fertigstellen zu lassen und deren Durchführung der Baubehörde nachzuweisen. Bislang sei unter anderem den Punkten 2, 3 und 4 des Bescheids vom 2. Mai 2013 nicht entsprochen worden.

Die 1.‑, 4.‑, 5.‑, 7.‑, 8.‑ und 9.‑Antragsgegner wendeten ein, aufgrund der rechtskräftigen verwaltungsrechtlichen Vollstreckungsverfügung sei das Gericht nicht zuständig, überdies hätten die 1.‑ bis 11.‑Antragsgegner durch einen Umlaufbeschluss vom November/Dezember 2014 alles getan, um eine nachträgliche Genehmigung des Einbaus eines Fensters anstelle einer straßenseitigen Eingangstür zu erwirken. Die Antragsteller hätten die baurechtliche Sanierung verhindert und den Umlaufbeschluss gerichtlich angefochten. Der Antrag sei unzulässig, weil er auf die Vornahme von Umbau‑ bzw Rückbauarbeiten abstelle, ohne dass Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung vorliege. Die Antragsteller als schlichte Miteigentümer und die Hausverwalterin hätten keine Parteistellung.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Wenn Räume anders genutzt bzw aufgeteilt, eine Tür zugemauert und dafür ein Fenster eingebaut werde, seien die Voraussetzungen der Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung nicht gegeben, sodass es sich nicht um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung handle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller teilweise Folge. Es bestätigte die Abweisung des Antrags in Bezug auf die als 13.‑Antragsgegnerin geführte Hausverwalterin. Im Übrigen änderte es den Sachbeschluss dahin ab, dass die Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft binnen acht Wochen die von der MA37 aufgetragenen Arbeiten entsprechend dem Bescheid MA37/16‑51035‑01/2012 und der Vollstreckungsverfügung MA25 500700‑2016‑12 durchführen und fertigstellen lassen werde.

Der Verwalterin komme keine Parteistellung zu; die Abweisung des gegen sie gerichteten Antrags sei richtig. Das Erstgericht habe allerdings übersehen, dass gemäß § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinn des § 3 MRG zähle. Damit seien sämtliche dort genannten Erhaltungsarbeiten – ausgenommen jene, die zur Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung erforderlich sind – in das Wohnungseigentumsrecht übernommen worden. Nach § 3 Abs 3 Z 2 lit a MRG seien Arbeiten, die kraft eines öffentlich‑rechtlichen Auftrags vorzunehmen sind, auch im Bereich des Wohnungseigentumsrechts privilegiert. § 3 Abs 2 Z 4 MRG sehe vor, dass Arbeiten zwecks Neueinführung oder Umgestaltung kraft öffentlich‑rechtlicher Verpflichtungen keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen. Eine ausreichende Rücklage für diese Arbeiten sei nicht relevant. Daher seien die von der Baupolizei aufgetragenen Maßnahmen Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG, die die Verwalterin umzusetzen habe. Das Begehren der Antragsteller sei insofern richtig zu stellen, als die Entscheidung im Verfahren nach § 30 Abs 1 WEG 2002 rechtsgestaltend sei.

Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 10.000 EUR übersteigend. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der 1.‑, 7.‑ und 9.‑Antragsgegner aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der Antrag zurück‑ bzw abgewiesen werde, hilfsweise begehren sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Antragsteller beantragen, die Revisionsrekurse mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind zulässig, weil die erstgerichtlichen Feststellungen nicht ausreichen, um die Berechtigung des – hinsichtlich seines Umfangs noch erörterungsbedürftigen – Antrags der Antragsteller abschließend klären zu können. Sie sind im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1. Die Revisionsrekurswerber meinen, der Sachbeschluss sei über eine Sache gefällt worden, die nicht auf den außerstreitigen Rechtsweg gehöre. Weder der Bescheid der MA37 noch die Vollstreckungsverfügung der MA25 enthielten Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002. Es gehe nicht um eine Neueinführung oder Umgestaltung aufgrund öffentlich‑rechtlicher Verpflichtungen wie etwa den Anschluss an eine Wasserleitung, sondern lediglich um einen Rückbau entsprechend dem Baukonsens. Baurecht sei ausschließlich Landessache. Befasse sich das Außerstreitgericht mit diesen Fragen, greife es in die ausschließliche Kompetenz der Baubehörden ein. Ob eine Baubewilligung vorliege und welche Konsequenzen dies habe, sei nur von der Baubehörde und nicht von den Zivilgerichten zu prüfen. Den Antragstellern stehe es offen, einen allfälligen Anspruch auf Beseitigung wegen eigenmächtiger Änderungen im streitigen Rechtsweg durchzusetzen.

1.2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Sache in das Außerstreitverfahren oder auf den ordentlichen Rechtsweg gehört, ist von den Behauptungen der Antragsteller, nicht von den Einwendungen des Antragsgegners oder den Feststellungen auszugehen, die das Gericht aufgrund der erhobenen Beweise trifft. Machen die Antragsteller nach ihren Behauptungen einen Anspruch mit Recht im Außerstreitverfahren geltend, stellt sich aber heraus, dass die Voraussetzungen dafür fehlen, liegt keine Nichtigkeit vor, sondern das Begehren ist im außerstreitigen Verfahren – wenn auch abschlägig – zu erledigen (RIS‑Justiz RS0005861). Auch im Verfahren nach § 37 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG ist somit immer der Inhalt des von der Partei gestellten Entscheidungsbegehrens und ihr Sachvorbringen maßgeblich (5 Ob 224/09s).

1.3. Der Antrag ist aufgrund der behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen und des verfolgten Rechtsschutzziels (Umsetzung der von der Baubehörde aufgetragenen Arbeiten durch die Eigentümergemeinschaft) eindeutig als solcher im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu qualifizieren, der jedem Wohnungseigentümer das Recht zugesteht, mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Antrag die Entscheidung des Gerichts darüber zu verlangen, dass Arbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG binnen angemessener Frist durchgeführt werden. Dass ungeachtet des dort verwendeten Begriffs „Wohnungseigentümer“ sowohl die Aktiv‑ als auch die Passivlegitimation in dem hier vorliegenden „Mischhaus“ auch bloß schlichten Miteigentümern zukommt, hat schon das Rekursgericht zutreffend aus § 56 Abs 12 WEG 2002 abgeleitet. Danach gelten – besteht die Eigentümergemeinschaft aufgrund einer vor dem 1. Juli 2002 durchgeführten, nicht alle wohnungseigentumstauglichen Objekte der Liegenschaft erfassenden Wohnungseigentumsbegründung zum Teil auch aus schlichten Miteigentümern – die sich auf die Wohnungseigentümer beziehenden Regelungen des neuen Rechts sinngemäß auch für die schlichten Miteigentümer, soweit die ihnen entsprechenden Bestimmungen des WEG 1975 auch für die schlichten Miteigentümer galten. Diese vom Obersten Gerichtshof geteilte Rechtsauffassung zieht der Revisionsrekurs auch nicht in Zweifel.

1.4. Die Antragsteller machen im Übrigen nach ihrem Vorbringen nicht etwa einen Eigentumsfreiheitsanspruch nach § 523 ABGB geltend, sondern ausschließlich ihr Minderheitsrecht nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002. Dass sie sich zu dessen Begründung auf einen öffentlich‑rechtlichen Auftrag einer Baubehörde berufen, macht ihr Begehren nicht zu einem solchen, für dessen Durchsetzung die Baubehörde zuständig wäre. Gegenstand ihres Begehrens ist ja nur die faktische Umsetzung der aufgetragenen Arbeiten durch die Eigentümergemeinschaft, die bisher unterblieben sein soll. Ob die Durchführung dieser Arbeiten unter § 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG fällt oder nicht, ist eine Frage der materiellen Antragsberechtigung, nicht der Zulässigkeit des (außerstreitigen) Rechtswegs.

Eine „Nichtigkeit“ im Sinn eines schweren Verfahrensmangels nach § 56 Abs 1 AußStrG liegt daher nicht vor.

2.1. Eine Widersprüchlichkeit im Sinn des § 57 Z 1 AußStrG behaupten die Revisionsrekurswerber, weil der gestellte Antrag abgewiesen, gleichzeitig allerdings einem berichtigten Begehren stattgegeben worden sei.

2.2. Die Revisionsrekurswerber verkennen dabei, dass der Antrag nur gegenüber der als 13.‑Antragsgegnerin bezeichneten Hausverwalterin abgewiesen und (nur) insoweit der erstinstanzliche Sachbeschluss mangels Passivlegitimation bestätigt wurde. Dieser Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung ist mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Gegenüber den 1.‑ bis 11.‑Antragsgegnern wurde der Antrag nicht abgewiesen. Das Rekursgericht hat lediglich den begehrten Leistungsbefehl im Sinn eines Rechtsgestaltungsausspruchs berichtigt, was der ständigen Judikatur des Fachsenats entspricht (RS0123170 [T1]). Eine solche Berichtigung (etwa auch in Form einer Maßgabewiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses) ist zulässig. Der Verwalter ist im Fall der Ersetzung des von der Eigentümergemeinschaft versäumten oder abgelehnten Mehrheitsbeschlusses durch rechtsgestaltende gerichtliche Entscheidung daran im Sinn des § 20 Abs 1 WEG 2002 gebunden (5 Ob 212/13g = wobl 2015/19 [Etzersdorfer] = immolex 2015/51 [Cerha]). Widersprüchlichkeiten im Spruch sind daher nicht zu erkennen.

3.1. Letztlich halten die Revisionsrekurswerber das Verfahren auch deshalb für mangelhaft, weil sich aus dem Sachbeschluss des Rekursgerichts nicht zweifelsfrei ergebe, welche Arbeiten nun durchzuführen seien. Schon der Antrag sei unklar. Soweit der Spruch des Rekursgerichts dahin auszulegen sei, dass alle 16 aufgetragenen Arbeiten laut Bescheid der MA37 durchzuführen seien, mangle es an Feststellungen, ob die dort aufgetragenen Arbeiten nicht bereits durchgeführt und der Bescheid daher „insoweit obsolet“ geworden sei. Damit sprechen die Revisionsrekurswerber die Frage der ausreichenden Bestimmtheit des Antrags und des Spruchs des Rekursgerichts im Sinn des § 9 AußStrG an.

Nur insoweit ist ihre Mängelrüge berechtigt.

3.2. An die Bestimmtheit eines Begehrens sind im Außerstreitverfahren zwar keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, was insbesondere für ein Begehren auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten gilt (RS0070562 [T7; T8; T25]; 5 Ob 19/12y). Eine Festlegung der Details der Ausführung durchzuführender, ihrer Art nach hinreichend deutlich definierter Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG wird daher nicht für erforderlich erachtet (5 Ob 42/09a). Die Detaillierung des zu erteilenden Instandhaltungsauftrags könnte etwa den Ergebnissen eines im Verfahren einzuholenden Sachverständigengutachtens vorbehalten werden, das die dem Antragsteller bei Antragstellung noch nicht bekannten Entscheidungsgrundlagen klärt; diesfalls hat das Gericht den Antragsteller aber nach Einlangen des Sachverständigengutachtens zur Präzisierung seines Begehrens anzuleiten (5 Ob 19/12y mwN).

3.3. Hier berufen sich die Antragsteller zur Begründung ihres Antrags auf den Bescheid der Baupolizei vom 2. Mai 2013, der in 16 Punkten konkrete Anordnungen an die Mit‑ und Wohnungseigentümer vorsieht. Eine nähere Präzisierung anhand eines Sachverständigengutachtens ist daher nicht erforderlich. Aus den verfahrenseinleitenden Anträgen lässt sich aber nicht ausreichend erkennen, in welchem konkreten Umfang die Antragsteller tatsächlich die rechtsgestaltende Ersetzung des bisher versäumten Beschlusses der Eigentümergemeinschaft auf Umsetzung dort aufgetragener Arbeiten erreichen wollen. Das Antragsbegehren selbst nennt zwar – ohne Differenzierung – „die von der MA37 aufgetragenen Arbeiten entsprechend des Bescheides MA37/16‑51035‑01/2012 und der Vollstreckungsverfügung MA25 500700‑2016‑12“. Die Antragsteller verwenden dazu aber die Verben „durchführen“ einerseits und „fertigstellen lassen“ andererseits, sodass nicht klar ist, ob sie nicht selbst davon ausgehen, dass gewisse (welche?) der dort aufgetragenen Arbeiten tatsächlich bereits teilweise durchgeführt wurden (und sich der Antrag darauf somit gar nicht beziehen sollte). Hinweise in diese Richtung ergeben sich aus dem Antragsvorbringen, in dem davon die Rede ist, Punkt 2, 3 und 4 des Bescheids vom 2. Mai 2013 sei nicht entsprochen worden, während zu den übrigen Punkten des Bauauftrags Ausführungen fehlen. Die Bezugnahme auf den Vollstreckungsbescheid könnte wiederum ein Hinweis darauf sein, dass es den Antragstellern möglicherweise nur um die Umsetzung des in der Vollstreckungsverfügung genannten Punkt 4 des baupolizeilichen Auftrags gehen könnte. Da auch die Revisionsrekursbeantwortung dazu keine verlässliche Klarstellung enthält, wird dies vom Erstgericht mit den Antragstellern zu erörtern sein. Sollte diese Erörterung ergeben, dass sich ihr Antrag tatsächlich auf sämtliche oder mehrere der im Auftrag der Baupolizei genannten 16 Punkte bezieht, wird über die zu den Punkten 2, 3 und 4 des Bauauftrags getroffenen Feststellungen hinaus – allenfalls nach Durchführung eines Beweisverfahrens – eine Sachverhaltsgrundlage zu schaffen sein, ob die aufgetragenen Arbeiten tatsächlich bislang noch nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurden. Den Revisionsrekurswerbern ist nämlich Recht zu geben, dass ein Individualrecht nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG, auf Basis eines baupolizeilichen Auftrags Erhaltungsmaßnahmen zu verlangen, insoweit nicht (mehr) bestehen kann, als diese Maßnahmen bereits gesetzt worden sind. Im Hinblick darauf, dass – wie im Folgenden noch zu zeigen ist – der Verweis in § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 auf § 3 MRG auch § 3 Abs 2 Z 4 MRG umfasst, sodass ein Antrag auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten an sich auf die mangelnde Umsetzung eines baupolizeilichen Auftrags durch die Eigentümergemeinschaft gestützt werden könnte, ist der Verfahrensmangel auch relevant und hat zur Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen zwecks Erörterung zu führen.

4.1. In ihrer Rechtsrüge vertreten die Revisionsrekurswerber die Auffassung, die im Bescheid der Baubehörde aufgetragenen Arbeiten seien inhaltlich nicht als Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu werten, weshalb den Antragstellern kein Individualrecht zukomme. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts definiere § 3 Abs 3 Z 2 MRG Erhaltungspflichten nicht.

Hiezu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

4.2. § 30 Abs 1 WEG 2002 räumt Wohnungseigentümern über die Rechte zur Anfechtung von Beschlüssen hinaus die Möglichkeit ein, in bestimmten Angelegenheiten, darunter der Durchführung von Arbeiten nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002, auch gegen den grundsätzlich maßgebenden Mehrheitswillen aufzutreten und gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (5 Ob 212/13g = wobl 2015/19 [Etzersdorfer] = immolex 2015/51 [Cerha]; 5 Ob 42/09a = wobl 2010/55). Dementsprechend kann gemäß § 30 Abs 1 Z 1 WEG jeder Wohnungseigentümer die Entscheidung des Gerichts darüber verlangen, dass Arbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden. Voraussetzung für die Anrufung des Gerichts ist die Untätigkeit der Mehrheit oder des Verwalters, entweder durch die Unterlassung einer Beschlussfassung oder die Ablehnung einer Erhaltungsarbeit (5 Ob 212/13g; 5 Ob 195/17p = immolex 2018/75 [Gottardis]; vgl auch RS0116139).

4.3. Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers nach §§ 28 Abs 1 Z 1, 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 umfasst die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinn des § 3 MRG (Erhaltung „im jeweils ortsüblichen Standard“ – 5 Ob 212/13g mwN), einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt. Zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten gehören auch dann noch zur Erhaltung bestehender Anlagen, wenn es sich dabei um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handelt, es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt und/oder dabei Veränderungen vorgenommen werden, die gegenüber dem vorigen Zustand als „Verbesserung“ anzusehen sind (RS0114109, RS0083121). An sich ist Voraussetzung für die Qualifikation als Erhaltungsarbeit die Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung (RS0116998; RS0069944 [T11]).

4.4. Wesentliches Kriterium für die Durchsetzbarkeit des Individualrechts des einzelnen Wohnungseigentümers auf Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen ist nach ständiger Judikatur deren Dringlichkeit; grundsätzlich ist dabei auch auf wirtschaftliche Aspekte wie den Kostenaufwand und die Finanzierbarkeit der Erhaltungsmaßnahmen Bedacht zu nehmen (5 Ob 212/13g; 5 Ob 195/17p; RS0123169 [T1, T4, T5]; RS0116139; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 30 WEG Rz 14). Um die dem einzelnen Wohnungseigentümer sonst eingeräumte Möglichkeit, den anderen Wohnungseigentümern eine „permanente Modernisierung“ der Liegenschaft aufzuzwingen, zu vermeiden, ist nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0116139 [T7, T9]) dem Erhaltungsbegriff im Kontext des § 3 Abs 1 MRG und des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 ein restriktives Verständnis zu unterlegen. Das in Frage stehende Individualrecht sollte historisch dem einzelnen lediglich Abhilfe gegen eine unzumutbare Untätigkeit der Mehrheit im Hinblick auf die Erhaltung des Hauses bieten.

4.5. § 28 Abs 1 Z 1 WEG verweist ohne jegliche Einschränkung auf § 3 MRG und erklärt damit auch Maßnahmen als solche der ordentlichen Verwaltung, die an sich nach ABGB solche der außerordentlichen Verwaltung wären. Dies gilt etwa für die in § 3 Abs 2 Z 4 und Z 5 MRG enthaltenen Maßnahmen, so etwa (§ 3 Abs 2 Z 4 MRG) die als Erhaltung zu wertenden Neueinführungen oder Umgestaltungen, die kraft öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen vorzunehmen sind, wie etwa der Anschluss an eine Wasserleitung oder eine Kanalisierung, die Installation von geeigneten Schutzvorrichtungen für die Energieversorgung oder von Geräten zur Feststellung des individuellen Energieverbrauchs (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 28 WEG Rz 45). Demgemäß sprach der Oberste Gerichtshof bereits aus (5 Ob 187/07x = wobl 2008/102 [Call]), dass mittels öffentlich‑rechtlichen Auftrags rechtskräftig angeordnete Feuerschutzmaßnahmen als privilegierte Arbeiten vom Verweis in § 28 Abs 1 Z 1 WEG erfasst sind. Den Revisionsrekurswerbern ist daher nicht zu folgen, dass dieser Verweis nur Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 3 Abs 2 Z 1 MRG erfasst, er betrifft auch die sogenannten „fiktiven“ Erhaltungsarbeiten (vgl Hausmann/Riss in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 3 MRG Rz 27 f; Pletzer in GeKo Wohnrecht I § 3 MRG Rz 85 f). Die grundsätzlich für die Definition der Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 Abs 2 Z 1 MRG in der Judikatur geforderte Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung ist bei solchen „fiktiven“ Erhaltungsarbeiten nicht maßgeblich.

5.1. In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die von der Baubehörde aufgetragenen Arbeiten als Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinn des § 3 MRG, konkret als Neueinführung oder Umgestaltung kraft öffentlich‑rechtlicher Verpflichtung nach § 3 Abs 2 Z 4 MRG zu werten sind. Dabei ist auf den Inhalt des dem erstgerichtlichen Sachbeschluss angeschlossenen Bescheids der Baupolizei abzustellen. Teils kann bereits aufgrund des Inhalts der dort aufgetragenen Arbeiten gesagt werden, dass es sich dabei nicht um Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 handelt, teilweise reichen die Feststellungen für eine derartige Beurteilung noch nicht aus:

5.2. Eine Reihe von Punkten im Bescheid (wie etwa 2, 3, 8, 11 oder 13.) ordnet die Wiederherstellung der konsensgemäßen Raumaufteilung in im Wohnungseigentum stehenden Objekten an und betrifft möglicherweise daher keine allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG. Folgerichtig stellte auch die Berufungsbehörde im Bauverfahren in ihrem Bescheid vom 1. 9. 2013 in Erwiderung des Arguments mehrerer Mit‑ und Wohnungseigentümer in der Berufung, Aufträge im Sinn des § 129 Abs 4 und 10 der BauO für Wien seien bei Wohnungseigentum nur an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten, klar, dass sich (nur) die unter den Spruchpunkten 1, 4, 5, 6, 7, und 12 angeführten Konsens‑ bzw Vorschriftswidrigkeiten sowie die unter den Spruchpunkten 15 und 16 angeführten Baugebrechen nicht auf das Innere eines einzelnen Wohnungseigentumsobjekts beziehen, sondern auf die Außenhaut des Gebäudes, den allgemein zugänglichen Dachboden, die Mauern zwischen verschiedenen Objekten, das allgemein zugängliche Stiegenhaus und im schlichten Miteigentum stehende Räumlichkeiten, somit allgemeine Teile des Hauses. Die diesbezüglichen Bauaufträge seien daher an sämtliche Miteigentümer des Hauses zu richten gewesen. Damit ist aber klargestellt, dass die im Berufungsbescheid dort nicht angeführten Aufträge sich – ungeachtet des Umstands, dass die Baubehörde erster Instanz formell den Bescheid an alle Mit‑ und Wohnungseigentümer adressiert hatte – nur an die jeweils von den Konsenswidrigkeiten betroffenen Wohnungseigentümer des jeweiligen Objekts richten sollten. Soweit der öffentlich‑rechtliche Auftrag gar nicht an die beiden Antragsteller erging bzw ausschließlich allgemeine Teile betraf, ist ein auf Durchführung von dort aufgetragenen Arbeiten gerichtetes Minderheitsrecht daher zu verneinen.

5.3. In einem nächsten Schritt ist der Umfang der in § 3 Abs 2 Z 4 MRG genannten „fiktiven“ Erhaltungsmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt der restriktiven Auslegung des Minderheitsrechts im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu erörtern. Nach § 3 Abs 2 Z 4 MRG zählen die Neueinführungen oder Umgestaltungen, die kraft öffentlich‑rechtlicher Verpflichtungen vorzunehmen sind, wie etwa der Anschluss an eine Wasserleitung oder an eine Kanalisierung, die Installation von geeigneten Schutzvorrichtungen für die Energieversorgung oder von Geräten zur Feststellung des individuellen Energieverbrauchs, zu den fiktiven Erhaltungsarbeiten. Die dort genannten Beispiele sind nach der Lehre nur demonstrativ aufgezählt (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 28 WEG Rz 63; Beer/Vospernik in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht3 § 3 MRG Rz 27). Einigkeit besteht dahingehend, dass Voraussetzung für die Anwendung von § 3 Abs 2 Z 4 MRG jedenfalls das Bestehen einer öffentlich‑rechtlichen Verpflichtung – somit kraft Hoheitsakt – ist, gleichgültig ob durch Gesetz, Verordnung oder Bescheid begründet. Dem Kriterium der öffentlich‑rechtlichen Verpflichtung kommt ein solches Gewicht zu, dass bei seinem Vorliegen die an sich in § 3 Abs 2 Z 5 MRG für Energiesparmaßnahmen als Erhaltungsarbeit vorgesehenen Rentabilitätserwägungen nicht maßgeblich sind (Löcker aaO; Pletzer in GeKo Wohnrecht I § 3 MRG Rz 87). Zum Gegenstand dieser Maßnahmen meinen Würth/Zingher/Kovanyi (Miet‑ und Wohnrecht23 MRG § 3 Rz 17), aus der demonstrativen Aufzählung ergebe sich, dass es weniger auf den Inhalt der Leistung ankomme, sondern darauf, dass die Verpflichtung aus einem Hoheitsakt resultiere; Privatwirtschaftsverwaltung oder reine Geldleistungen fielen nicht darunter (ähnlich Haybäck/Heindl in Schwimann, ABGB2 § 3 MRG Rz 16; Pletzer inGeKo Wohnrecht I § 3 MRG Rz 85 ff). Beer/Vospernik (in Illedits/Reich/Rohrwig, Wohnrecht3 § 3 MRG Rz 27), Hausmann/Riss (in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht³ § 3 MRG Rz 28) und Etzersdorfer (Erhaltung und nützliche Verbesserung in MRG, WEG und WGG [2007] 21 f) sprechen davon, die unter § 3 Abs 2 Z 4 zu subsumierenden Arbeiten seien sehr weit gesteckt. Call (in Korinek/Krejci HbzMRG 653) verweist auf den Zusammenhang zwischen der Vereinbarung gemäß Art 15a B‑VG über die Einsparung von Energie (BGBl 1980/351) und § 3 Abs 2 Z 4 und 5 MRG. Nach Art 14 der Vereinbarung sollten Verbesserungen zum Zweck der Energieeinsparungen in Miethausbauten wie Erhaltungsauslagen zu behandeln sein, diese Zielvorstellung habe der Bundesgesetzgeber in § 3 Abs 2 Z 4 und 5 MRG in das einfache Gesetz transferieren wollen. Auch Würth (in Rummel, ABGB³ § 3 MRG Rz 7) meint, § 3 Abs 2 Z 4 und Z 5 MRG unterschieden sich weniger im Gegenstand, sondern dadurch, dass Z 4 eine öffentlich‑rechtliche Verpflichtung voraussetze, beide Tatbestände betreffen nach seiner Auffassung nur energetische Maßnahmen.

5.4. Die Materialien zu § 3 Abs 2 Z 4 MRG (ErlRV 425 BlgNR 15. GP  36 f) nehmen zur Frage des Inhalts der vorgesehenen fiktiven Erhaltungsarbeiten nicht explizit Stellung, titulieren sie allerdings dort noch als „notwendige Veränderung (Verbesserung)“ und nennen nur Neueinführungen, nicht auch erst die nach Behandlung des Entwurfs im Justizausschuss in den Gesetzestext aufgenommenen Umgestaltungen kraft öffentlich‑rechtlicher Verpflichtungen (JAB 880 BlgNR 15. GP  2 f, 9). Der Begriff „Erhaltung“ anstelle von „notwendiger Veränderung (Verbesserung)“ sollte den Gesetzeswortlaut entlasten (JAB 880 BlgNR 15. GP  2). Bei der Beurteilung des Inhalts der nunmehr als fiktive Erhaltungsmaßnahmen bezeichneten Arbeiten ist aber auch auf den Gesetzeszweck zum § 3 MRG Bedacht zu nehmen, wonach die Regelung im Interesse der Erhaltung des erhaltungswürdigen Hausbestands sowie der Überwindung des in diesen Häusern drohenden Standardabfalls dienen sollte (RV 425 BlgNR 15. GP  31 f und 36).

5.5. Die Rechtsprechung zum notwendigen Inhalt von aufgrund öffentlich‑rechtlichen Auftrags durchzuführenden fiktiven Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs 2 Z 4 MRG ist spärlich, lässt aber erkennen, dass sie nicht nur den in § 3 Abs 2 Z 4 MRG demonstrativ aufgezählten Maßnahmen gleichzuhaltende Arbeiten betraf:

Zu 5 Ob 18/93 wurde die Anbringung von Wärmemessgeräten, für die eine öffentlich‑rechtliche Verpflichtung besteht, als Erhaltungsarbeit im Sinn des § 3 Abs 2 Z 4 MRG gewertet.

Zu 5 Ob 340/98f (= RS0111511), wo es um die Herstellung einer Gegensprechanlage mit Türschließmechanismus ging, meinte der Fachsenat, bei einem größeren Miethaus kann die Anbringung einer elektrischen Türöffnungs‑ und Gegensprechanlage eine Erhaltungsarbeit im Sinn des § 3 Abs 2 Z 4 MRG sein, wenn eine zur Einhaltung einer öffentlich‑rechtlichen Sperrverpflichtung erforderliche technische Einrichtung überhaupt fehlt oder erneuert werden muss.

5 Ob 222/99d ließ die Frage, ob die Schaffung zusätzlicher Parkmöglichkeiten unter Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs 2 Z 4 MRG fallen könnte, mangels Feststellungen zu einem öffentlich‑rechtlichen Auftrag unbeantwortet.

Zu 5 Ob 104/06i war die Frage der Subsumtion der Entfernung eines Baumes und Vornahme einer Ersatzpflanzung unter § 3 Abs 2 Z 4 MRG nicht zu beantworten, weil Adressat des Bewilligungsbescheids nach dem Wiener BaumschutzG der Bestandnehmer und nicht der Bestandgeber gewesen war.

5 Ob 187/07x ging – im Zusammenhang mit der Definition der ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 – davon aus, rechtskräftig aufgetragene Feuerschutzmaßnahmen seien privilegiert und daher kraft öffentlich‑rechtlichen Auftrags jedenfalls durchzuführen.

Auch 5 Ob 42/09a betraf die Definition der ordentlichen Verwaltungsmaßnahme in § 28 Abs 1 Z 1 WEG im Zusammenhang mit dem Minderheitsrecht nach § 30 Abs 1 WEG. Gegenstand des Verfahrens war die vom Antragsteller angestrebte Sanierung baufälliger Balkone, wobei die Baubehörde bereits die Durchführung der im Bescheid aufgetragenen Maßnahmen angeordnet hatte. Der Fachsenat billigte, dass das Erstgericht die Dringlichkeit der Sanierung der Balkone wegen ihrer festgestellten Baufälligkeit und des behördlichen Auftrags bejaht habe. Die Frage, ob schon der rechtskräftige baubehördliche Auftrag zur Sanierung der Balkone allein nach § 3 Abs 2 Z 4 MRG den Antrag des Minderheiteneigentümers rechtfertigen hätte können, wurde nicht erörtert.

Zu 5 Ob 180/18h war die – vom Rekursgericht verneinte – öffentlich‑rechtliche Verpflichtung des Antragsgegners zum Einbau eines Fehlerstromschutzschalters mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge zu § 3 Abs 2 Z 4 MRG nicht zu beantworten.

5.6.1. Die Auslegung des § 3 Abs 2 Z 4 MRG hat mit der Wortinterpretation, somit der Erforschung des Wortsinns zu beginnen (RS0008896). Die Gesetzesauslegung darf aber nicht bei der Wortauslegung stehen bleiben. Zu berücksichtigen sind auch der Zusammenhang der auszulegenden Worte und Sätze mit anderen Worten und Sätzen der betreffenden Gesamtregelung und ihre systematische Stellung (logisch‑systematische Auslegung – RS0008787), die – mit Vorsicht anzuwendende – historische Auslegung anhand der Feststellung des Willens des geschichtlichen Gesetzgebers anhand der Gesetzesmaterialien (RS0008776) und letztlich die objektiv‑teleologische Interpretation, nämlich das Erfassen des Sinns einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung, wobei der Auslegende die gesetzgeberische Regelung und die darin zum Ausdruck kommenden Wertmaßstäbe selbständig weiter und zu Ende zu denken hat (RS0008836).

5.6.2. Hier sind überwiegend (Punkt 1 bis 14) baurechtliche Konsenswidrigkeiten zu beurteilen, zum Großteil betreffend den Baukonsens aus dem Jahr 1895. Die Punkte 15 und 16 des Bauauftrags betreffen Instandsetzungsarbeiten an der Dachbodenpflasterung und beim Verputz von Mauerteilen oberhalb der Dachbodentüre. Der Begriff der „Neueinführung“ aufgrund öffentlich‑rechtlicher Verpflichtung in § 3 Abs 2 Z 4 MRG ist nach seinem Wortsinn insofern eindeutig, als er die öffentlich‑rechtlich aufgetragene Neuschaffung von etwas vorher nicht Bestehendem betrifft. Darunter lässt sich aber keine der im Bauauftrag aufgetragenen (Wiederherstellungs‑)Maßnahmen subsumieren.

5.6.3. Nach der gewöhnlichen Bedeutung der Worte nicht ganz klar ist der Begriff der „Umgestaltung“ aufgrund öffentlich‑rechtlicher Verpflichtung. Bei rein wörtlicher und weiter Auslegung – wie vom Rekursgericht vorgenommen – könnten die allgemeinen Teile des Hauses betreffenden, im Bauauftrag angeordneten Maßnahmen darunter subsumiert werden. Eine derart weite Auslegung ist aber insbesondere für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts und den Verweis in § 30 Abs 1 Z 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG nicht vorzunehmen:

5.6.4. Aus dem dokumentierten Willen des historischen Gesetzgebers des § 3 MRG ergibt sich, dass die Einordnung der fiktiven Erhaltungsarbeiten unter diese Bestimmung der Überwindung des in diesen Häusern drohenden Standardabfalls und der Ermöglichung von Verbesserungen zum Zweck der Energieeinsparung in Miethausbauten dienen sollte. Auch der ursprünglich verwendete Begriff der „notwendigen Veränderung (Verbesserung)“ lässt erkennen, dass die öffentlich‑rechtlich aufgetragene Maßnahme jedenfalls nicht eine solche sein sollte, die zu einer Absenkung des Standards führt.

5.6.5. In logisch‑systematischer Hinsicht ist für das Wohnungseigentumsrecht zu berücksichtigen, dass es ohnedies durch den weiten (dynamischen) Erhaltungsbegriff zur Ausdehnung des Bereichs der ordentlichen Verwaltung zu Lasten der außerordentlichen Verwaltung gekommen ist, womit der einzelne Wohnungseigentümer in sehr weitem Umfang die Durchführung von Arbeiten durchsetzen könnte, sodass die Rechtsprechung auf die „Angemessenheit“ dieser Arbeiten abstellt, die von der Natur der beabsichtigten Maßnahme, ihrer Dringlichkeit und dem damit zusammenhängenden Kostenaufwand abhängt (RS0116139) und zu einer restriktiven Auslegung des Begriffs zwingt. Der einzelne Wohnungseigentümer soll den anderen nicht eine permanente Modernisierung der Liegenschaft aufzwingen dürfen (5 Ob 116/07f). Umso weniger kann es Sinn und Zweck des Gesetzes sein, dem einzelnen Mit‑ und Wohnungseigentümer das Recht auf Durchführung einer – wenn auch öffentlich‑rechtlich aufgetragenen – Maßnahme gegen den Willen der Mehrheit zu gewähren, die gar nicht zu einer Modernisierung oder sogar einer Standardverschlechterung des Objekts führen würde, wie dies bei einem baubehördlich angeordneten Rückbau auf den Urzustand aus 1895 möglicherweise der Fall sein könnte.

5.7. Zusammenfassend folgt:

Der Verweis auf die vom einzelnen Mit‑ und Wohnungseigentümer nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG durchzusetzenden Erhaltungsarbeiten in § 28 Abs 1 Z 1 WEG betrifft auch „fiktive“ Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 3 Abs 2 Z 4 MRG. Der dort genannte Begriff „Umgestaltung aufgrund öffentlich‑rechtlicher Verpflichtung“ ist jedenfalls für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts dahin einschränkend auszulegen, dass er sich nur auf solche Maßnahmen bezieht, die nicht zu einer Standardverschlechterung führen. Ein Individualrecht des Wohnungseigentümers auf Durchsetzung von – selbst behördlich aufgetragener – Maßnahmen, die nicht nur keine Verbesserung mit sich bringen, sondern den Standard der allgemeinen Teile des Hauses sogar verschlechtern, besteht gegen den Mehrheitswillen nicht.

6.1. Der Aspekt der allfälligen Verschlechterung des Standards des Hauses aufgrund Durchführung der angeordneten Maßnahmen wurde im bisherigen Verfahren nicht berücksichtigt. Da das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen darf, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (RS0037300), und weil dieses Verbot von Überraschungsentscheidungen auch im Verfahren außer Streitsachen und dort auch für den Obersten Gerichtshof gilt (RS0037300 [T53; T55]), ist den Parteien Gelegenheit zur Äußerung zu diesem neuen Aspekt zu geben.

6.2. Soweit sich nach Erörterung des präzisen Umfangs der Anträge und allfälligem ergänzenden Vorbringen herausstellen sollte, dass die noch zu prüfenden Maßnahmen nach den dann im fortgesetzten Verfahren zu treffenden Feststellungen fiktive Erhaltungsarbeiten sind, wird auf den Aspekt der Dringlichkeit dieser Maßnahmen Bedacht zu nehmen sein. Zwar sind die im Bauauftrag genannten Fristen zur Umsetzung und auch die Frist laut Vollstreckungsverfügung bereits abgelaufen, was ein Indiz für die von der Rechtsprechung geforderte Dringlichkeit ist. Dem stehen aber die Einwendungen entgegen, dass – jedenfalls für das in Punkt 4 des Bauauftrags genannte Fenster – eine nachträgliche Baubewilligung beantragt wurde, dieses Bauverfahren noch anhängig sein soll und im Fall des von der Baubehörde nachträglich bewilligten Verbleibs des Fensters in Top 2 bis 3 der von den Antragstellern verlangte Umbau mit unnötig großen Kosten verbunden wäre. Da die Revisionsrekurswerber zutreffend darauf verweisen, dass ein baupolizeilicher Auftrag nach § 129 Abs 10 der BauO für Wien dann gegenstandslos würde, wenn die Abweichung vom Baukonsens nachträglich baubehördlich bewilligt wird, wird auch dazu eine Tatsachengrundlage zu schaffen sein. Die Feststellung des Erstgerichts, das Bauansuchen der 9.‑Antragsgegnerin betreffend nachträgliche baubehördliche Bewilligung sei final vom „Verwaltungsgerichtshof“ (richtig: Verwaltungsgericht Wien) am 2. 7. 2015 abgewiesen worden, dürfte sich nämlich nicht auf diese von den Antragsgegnern erst am 1. 8. 2017 erhobenen (vgl ON 8) Einwendungen beziehen. Die vom Erstgericht genannte Entscheidung betraf nach dem Akteninhalt vielmehr eine Zurückweisung des Antrags mangels Vorlage der vollständigen Unterlagen, die darauf Bezug nahm, dass der im Bauverfahren vorgelegte Umlaufbeschluss von zwei Miteigentümern (nämlich den Antragstellern) bekämpft wurde und die Verfahren beim Bezirksgericht noch anhängig waren. Auf die in der Revisionsrekursbeantwortung dargestellten Entwicklungen (wie die angeblich vom Rekursgericht am 20. 2. 2019 beschlossene Unwirksamerklärung eines Mehrheitsbeschlusses der Mit‑ und Wohnungseigentümer betreffend nachträgliche Baugenehmigung zum Einbau eines Fensters) kann der Oberste Gerichtshof aufgrund des im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltenden Neuerungsverbots nicht eingehen.

7. Damit waren die angefochtenen Sachbeschlüsse zur Erörterung des präzisen Umfangs der Anträge und allfälligen Ergänzung des Sachverhalts im dargestellten Umfang aufzuheben.

8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG.

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