Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist seit 1958 Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 446 GB ***** mit der Grundstücksadresse *****. Auf dieser Liegenschaft wurde im Jahr 1964 Wohnungseigentum begründet. Die Antragstellerin ist seither zu 344/4846-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft, womit Wohnungseigentum am Werkstättengebäude mit Büro und Garage (Top 18) untrennbar verbunden ist.
Die Antragsgegner sind die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der gegenständlichen Liegenschaft.
Im Wohnungseigentumsvertrag vom 23. 6. 1964 wurde unter Punkt VII vereinbart:
„Zu einem Objekt, das in ausschließlicher Benützung des Wohnungseigentümers steht, gehören:
a) die Innen- und Außenfenster und Fenstertüren samt Stöcken,
b) die vor den Fenstern bzw. Fenstertüren des Objektes angebrachten Balkone und Loggien,
c) Eingangstür(en) bzw. Eingangstor zum Objekt sowie die innerhalb desselben befindlichen Türen,
d) die Zu- und Ableitungen für Leitungs- und Abwasser, für Gas, elektrischen Strom, Telefon etc innerhalb des Objektes sowie außerhalb des Objektbereiches vom und bis zum Anschluß an die gemeinsame Steigleitung bzw bis zur Einmündung in den gemeinsamen Abfallstrang,
e) Heizungs- und sanitäre Anlagen,
f) Fußboden bis zur Rohdecke,
g) der Deckenunterputz inklusive Berohrung,
h) Zwischenwände innerhalb des Wohnungseigentumsobjektes, soweit diese Wände ohne wesentliche Beeinträchtigung der Rechte anderer Wohnungseigentümer, ohne Beschädigung gemeinsamer Hausteile und insbesondere ohne Gefährdung der Standfestigkeit des Hauses entfernt oder versetzt werden können.“
Unter Punkt IX wurde vereinbart:
„1. Jeder Miteigentümer trägt die Kosten der Instandhaltung seines Wohnungseigentumsobjektes und der gemäß Abschnitt VII dieses Vertrags dazu gehörenden Bestandteile selbst.
2. Die für die Liegenschaft zu entrichtenden Abgaben, gemeinsame Betriebs- und Verwaltungskosten, die Ausgaben für die Instandhaltung der gemeinsamen Bestandteile der Liegenschaft und allfällige andere Aufwendungen, welchen die Liegenschaft betreffen, tragen die Miteigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, sofern in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt wird.
3. Die Miteigentümer können vereinbaren, dass die Kosten der Instandhaltung bestimmter gemeinsamer Liegenschaftsbestandteile von jenem Miteigentümer allein zu tragen sind, in dessen ausschließlichem Interesse die Instandhaltung dieser Bestandteile gelegen ist. Eine solche Vereinbarung wird für und gegen alle Miteigentümer wirksam, wenn ihr die nach den Liegenschaftsanteilen zu beurteilende Mehrheit der Miteigentümer zustimmt.“
1969 oder 1970 vereinbarten einzelne Wohnungseigentümer anlässlich einer Eigentümerversammlung mündlich, das Werkstättengebäude mehr oder weniger aus der allgemeinen Instandhaltungspflicht sämtlicher Wohnungseigentümer herauszunehmen. Dass bei dieser Eigentümerversammlung sämtliche damalige Mit- und Wohnungseigentümer anwesend waren, steht nicht fest. Ebenso wenig steht fest, dass damals alle Wohnungseigentümer dieser Vereinbarung zugestimmt haben.
1973 forderte die Antragstellerin die „Antragsgegner“ vergeblich auf, das Dach und das Mauerwerk des Werkstättengebäudes reparieren sowie die Behebung von Feuchtigungsschäden bzw notwendige Baumeisterarbeiten durchführen zu lassen.
Zu 5 Nc 66/73 des Bezirksgerichts Döbling erwirkte die Antragstellerin in einem Beweissicherungsverfahren nach Begutachtung durch einen Sachverständigen die Feststellung von Schäden an der Stützmauer, an Kaminköpfen, an der Dachhaut und an der Dachkonstruktion. In der Folge führte sie Reparaturarbeiten am Werkstättengebäude selbst durch. Den ihr dadurch entstandenen Kostenaufwand machte sie zum Gegenstand einzelner Klagen gegen einzelne Miteigentümer. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. 9. 1975 im Verfahren gegen den damaligen Miteigentümer F***** F***** zu 4 C 919/75 des Bezirksgerichts Döbling stellte die Antragstellerin (als Klägerin) folgende Zwischenanträge auf Feststellung:
„1. Es wird festgestellt, dass eine Vereinbarung gem. Punkt 9/3 des Wohnungseigentumsvertrages vom 23. 6. 64, abgeschlossen zwischen den Miteigentümern der EZ 446 KG W*****, die Kosten der Instandhaltung der gemeinsamen Bestandteile der Liegenschaft der Werkstättengebäude im Hof, nämlich der tragenden Elemente des Daches und der Dachfläche, Punkt 6/b des Wohnungseigentumsvertrages [dort als allgemeine Teile definiert] von der klagenden Partei allein zu tragen sei, bisher nicht getroffen worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass eine Vereinbarung gem. Punkt 9/3 [des Wohnungseigentumsvertrags wie oben] keine rückwirkende Wirkung hat und ihr auch keine solche zukommen kann.
3. Es wird festgestellt, dass die klagende Partei berechtigt ist, den Ersatz jener Reparaturkosten von den übrigen Miteigentümern der Liegenschaft ... zu verlangen, welche Schäden aus der Zeit betreffen, in welcher die klagende Partei vereinbarungsgemäß Zahlungen in den Fonds (Instandhaltungsfonds) geleistet hat.“
Mit Urteil vom 10. 11. 1975 wurde das Klagebegehren der Antragstellerin gegen den bezeichneten Miteigentümer abgewiesen. Darin finden sich keine Feststellungen über ein Zustandekommen einer Vereinbarung hinsichtlich einer geänderten Kostentragung gemäß Punkt IX/3 des Wohnungseigentumsvertrags. In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht, aus dem Wortlaut des Punkts IX/3 des Wohnungseigentumsvertrags ergebe sich, dass für das gültige Zustandekommen einer solchen Vereinbarung nur die Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer erforderlich und die Vereinbarung daher rechtlich unbedenklich sei.
Die Zwischenanträge auf Feststellung waren zuvor in der letzten mündlichen Streitverhandlung unmittelbar vor Schluss der Verhandlung mündlich durch Beschluss begründungslos abgewiesen worden. Im schriftlichen Urteil wurde darauf nicht Bezug genommen.
Auch alle anderen Klagen der Antragstellerin gegen Wohnungseigentümer wurden abgewiesen.
Mit Kaufvertrag vom 4. 3. 1976 erwarb der Gatte der nunmehrigen 35. Antragsgegnerin Miteigentumsanteile der Liegenschaft, womit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 12 verbunden ist. Eine schriftliche Überbindung einer Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels findet sich darin nicht. Der Käufer ist einer solchen Vereinbarung auch nicht schriftlich beigetreten.
Im Jahr 1994 wurden der Antragstellerin die von ihr bis dahin geleisteten Instandhaltungskostenbeiträge zurückbezahlt.
Ab dem Jahr 2005 wurden der Antragstellerin wieder Instandhaltungsbeiträge vorgeschrieben und von ihr auch bezahlt.
2006 kam es zu einer schriftlichen Vereinbarung aller Mit- und Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Antragstellerin, worin getrennte Abrechnungseinheiten vorgesehen waren, darunter eine Abrechnungseinheit I bestehend aus dem Objekt der Antragstellerin, wobei die Erhaltungsarbeiten allein von der Antragstellerin zu tragen seien.
Das Hofgebäude der gegenständlichen Liegenschaft ***** besteht aus Büros, Werkstätten und einer Garage. Der Hof ist durch eine Hauseinfahrt von der Straße aus zu erreichen. Das Hofgebäude wurde im Jahre 1928 errichtet. Mit Bescheid vom 29. 12. 1928 wurde die Benützungsbewilligung erteilt. Im Jahr 1947 wurde die Behebung von Kriegsschäden bewilligt und durchgeführt. Im Jahr 1955 wurde das als „Hintergebäude“ bezeichnete Objekt umgebaut, wobei dafür mit Bescheid vom 25. 5. 1955 die Baubewilligung und mit Bescheid vom 12. 12. 1955 die Benützungsbewilligung erteilt wurde. Das Hofgebäude ist nicht unterkellert und hat ein Flachdach mit Oberlichten. Über eine links neben dem Gebäude situierte Stiege ist eine ca 4 m über dem Hofniveau befindliche Grünfläche zu erreichen und von da aus kann das Dach des Hofgebäudes betreten werden. Die Dachdeckung des Gebäudes ist in einem schlechten Zustand. Bei Betreten der Dachfläche schwingt diese deutlich. Als Abschluss des Gebäudes über Dach zur Nachbarliegenschaft besteht eine Ziegelmauer mit liegenden Ziegeln als oberer Abschluss. Darauf sind vier freistehende Ziegelpfeiler errichtet. Auch diese Bauteile sind in einem schlechten Zustand. Im Inneren der Garage befindet sich an der Decke ein Wasserschaden. Die Untersicht besteht aus Heraklithplatten, wo der Putz zum Teil abgefallen ist. In der Werkstatt sind an der Decke Folgen von Wassereinbrüchen vorhanden. Wand- und Deckenputz sind schadhaft. In einer Mauernische im linken rückwärtigen Raumbereich ist die Decke unterstellt. Das Platzgewölbe hat im Scheitel einen Riss und ist einsturzgefährdet. Diese Nische in der Werkstatt ist mit Erde überschüttet.
Da die Dachkonstruktion teilweise stark schwingt, besteht die Gefahr des Durchbrechens. Die schadhafte Dachdeckung und Dachschalung sind abzutragen, das Abbruchmaterial zu verführen und zu entsorgen, die tragende Dachkonstruktion zu übergehen und allfällige Einzelhölzer zu verstärken, um diesen Zustand hintan zu halten. Die Dachschalung und Dachdeckung ist mit geeignetem Material zu erneuern samt den erforderlichen Wandhochzügen. Die Kosten für die Dachsanierung betragen geschätzt 30.000 EUR (Sachverständigengutachten). Die schadhafte Verblechung und die Hängerinnen sind abzutragen, zu verführen und zu entsorgen. Anschließend ist die Verblechung zu erneuern. Saumbleche, Kiesleisten, Winkelsäume, Hängerinnen und Ablaufrohre mit Vorköpfen und dergleichen sind danach anzubringen. Für die Spenglerarbeiten ist ein geschätzter Kostenbetrag von 10.000 EUR zu erwarten (Sachverständigengutachten). Die Dachlaternen sind stellenweise angerostet, weshalb die Gefahr des Dacheinbruchs besteht. Teilweise sind Gläser beschädigt oder gebrochen. Für die Beschichtungs- und Glaserarbeiten bei den Dachlaternen ist ein Kostenaufwand von ca 5.000 EUR erforderlich. Die Sanierung des Gewölbes erfordert einen Kostenaufwand von ca 10.000 EUR. Die Kosten für die Sanierungsarbeiten bei der hinteren Ziegelmauer, die Abtragungs- und Pölzungsarbeiten sowie die Schutttransporte betragen ca 5.000 EUR, jene für die Ergänzung des Mauerwerks samt den Putzarbeiten im Gebäudeinneren ca 10.000 EUR. An Baustellen-allgemeinkosten für Einrichtung und Räumen der Baustelle samt Nebenkosten ist mit einem Betrag von 5.000 EUR zu rechnen. Die Instandsetzungsarbeiten erfordern insgesamt einen geschätzten Kostenaufwand von ca 75.000 EUR (Sachverständigengutachten).
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Antragstellerin, die Antragsgegner zu verpflichten, innerhalb einer Frist von zwei Monaten die allgemeinen Teile des Hofgebäudes (Werkstättengebäude mit Büro und Garage Top 18) zu sanieren und zwar die Decke, das Dach, das Glasdach insbesondere im Bereich der Dachlaternen sowie die rückwärtige Mauer, die über Dach geführt wird. Dabei handle es sich um ernste Schäden des Hauses. An mehreren Stellen seien Nässeschäden vorhanden, im Garagenbereich sei auch die Dachkonstruktion durchfeuchtet. Trotz Aufforderung durch die Antragstellerin weigere sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer zur Durchführung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Dieses Begehren wurde in der Folge mehrfach modifiziert (ON 47, AS 196 und 203).
Die Antragsgegner bestritten diese Verpflichtung und beantragten die Abweisung des Antrags. Sie wendeten Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ein. Zwischen den Wohnungseigentümern bestehe eine vertragliche Vereinbarung über eine geänderte Kostentragung gemäß Punkt IX/3 des Wohnungseigentumsvertrags. Dementsprechend habe die Antragstellerin ihr gesamtes Objekt auch hinsichtlich dessen tragender Elemente, Dach und Dachhaut selbst zu erhalten und die Aufwendungen dafür zu tragen. Eine Änderung dieser vertraglichen Lage sei seither nicht eingetreten. Hiezu hätte es einer eigenen Aufhebungsvereinbarung bedurft. Im Zeitpunkt der Vereinbarung sei es zulässig gewesen, eine solche formlos zu treffen. Auch nach Inkrafttreten des WEG 1975 und des WEG 2002 gelte diese Vereinbarung weiter. Sie sei ohne weiteres auf die jeweiligen Rechtsnachfolger im Anteilseigentum übergegangen. Im Jahr 2006 hätten die Wohnungseigentümer neuerlich eine Regelung der Instandhaltung und des Reparaturfonds festgelegt. Auch gemäß dieser Vereinbarung habe die Antragstellerin die Kosten für die Erhaltung ihres Wohnungseigentumsobjekts selbst zu tragen. Dadurch sei es nicht zu einer neuen Vereinbarung, sondern nur zum Festschreiben einer bestehenden Vereinbarung gekommen.
Weil der Bestand dieser Vereinbarung strittig sei, sei die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs nicht gegeben.
In den von der Antragstellerin geführten Verfahren gegen einzelne Wohnungseigentümer, in denen diese mit dem Begehren auf Ersatz getätigten Erhaltungsaufwands unterlegen sei, sei der Bestand dieser abweichenden Instandhaltungsvereinbarung rechtskräftig festgestellt worden. Instandhaltungsversuche der Antragstellerin seien völlig ungenügend und sogar nachteilig für das Gebäude gewesen. Überdies habe sie es unterlassen, die auf sie entfallenden Beiträge zum Reparaturfonds zu entrichten. Hingegen habe sie durch Vermietung sehr hohe monatliche Erträge erwirtschaftet.
Eine Beschädigung der Dachhaut habe die Antragstellerin selbst zu verantworten, weil sie ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer dort Kollektoren und Leitungen angebracht habe, die sie über Betreiben der Antragsgegner wieder beseitigen hätte müssen.
Schließlich habe sich die Antragstellerin im Jahr 1994 unter Bestreitung ihrer Verpflichtung bereits geleistete Beiträge zum Instandhaltungsfonds rückzahlen lassen. Damit habe sie jedenfalls die von den Antragsgegnern behauptete rechtliche Situation anerkannt, wonach sie für die Instandhaltung ihres Gebäudes selbst aufzukommen habe.
Die Antragstellerin bestritt unter Hinweis auf den Wohnungseigentumsvertrag das Bestehen der von den Antragsgegnern behaupteten Vereinbarung. Vor allem enthalte der Wohnungseigentumsvertrag keine Vereinbarung, die sie verpflichte, die Erhaltungskosten allgemeiner Teile ihres Wohnungseigentumsobjekts selbst zu tragen.
In den von ihr gegen einzelne Wohnungseigentümer geführten Verfahren sei keineswegs bindend der Bestand einer solchen Vereinbarung festgestellt worden. Vielmehr sei das Nichtbestehen der behaupteten Vereinbarung festgeschrieben worden.
Auch seien im Haus sämtliche Liegenschaftsaufwendungen einschließlich der Beiträge zum Reparaturfonds nach dem gesetzlichen Aufteilungsschlüssel vorgeschrieben und eingehoben worden.
Selbst wenn eine Vereinbarung zustandegekommen sei, sei sie mit Inkrafttreten des WEG 1975 jedenfalls weggefallen. Die Antragstellerin habe nie an einer erforderlichen einstimmigen Vereinbarung über die sie treffende Erhaltungspflicht mitgewirkt. Auch sei eine Überbindung einer solchen allfälligen Vereinbarung auf Rechtsnachfolger nicht erfolgt.
Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen verpflichtete das Erstgericht die Antragsgegner, „binnen drei Monaten das Hofgebäude der Liegenschaft (Werkstättengebäude mit Büro und Garage 18) zu sanieren, und zwar die Decke, das Dach, das Glasdach, insbesondere im Bereich der Dachlaternen sowie die rückwärtige Mauer, die über das Dach geführt wird, inklusive der für die Sanierung des Gebäudes notwendigen Dachsanierungs-, Spenglerarbeiten (insbesondere Erneuerung der Verblechung samt Nebenarbeiten), Beschichtungs-, Gewölbesanierungs- und Verputzarbeiten.“
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Berechtigung des auf § 30 Abs 1 Z 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG und § 3 MRG gestützten Begehrens der Antragstellerin, die Antragsgegner zur Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten binnen angemessener Frist zu verhalten. Reparaturen an der Gemeinschaftssubstanz fielen grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Höhe der Kosten unter den wohnungseigentumsrechtlichen Erhaltungsbegriff. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit sei seitens der Antragsgegner nicht behauptet worden. Unzweifelhaft stehe auch fest, dass es sich bei den Mängeln der Dachkonstruktion und des Gewölbes um ernste Schäden des Hauses handle und damit um Erhaltungsarbeiten iSd § 3 MRG, zumal sogar feststehe, dass beim Dach und Gewölbe Einsturzgefahr bestehe. Es handle sich sogar um privilegierte Arbeiten iSd § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG, nämlich um die Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährdeten. Solche Arbeiten seien unabhängig von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen.
Nach den Behauptungen und dem Begehren des verfahrenseinleitenden Antrags handle es sich eindeutig um ein im außerstreitigen Rechtsweg durchzusetzendes Begehren. Ohne Bedeutung für die Frage der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs sei der Einwand der Antragsgegner. Dieser sei auch nicht berechtigt:
In Punkt IX/3 sei die Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels nicht enthalten. Den Miteigentümern sei darin lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, eine solche Vereinbarung zu treffen. Zwar enthalte Punkt IX/3 die Bestimmung, dass eine solche Vereinbarung durch Mehrheitsentscheidung zustandekommen könne und dann für und gegen alle Miteigentümer wirksam sei, doch widerspreche das der damals in Kraft stehenden Bestimmung des § 8 Abs 4 WEG 1948. Die Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels habe auch nach dieser Bestimmung, wenn auch formlos, ja sogar konkludent, doch stets Einstimmigkeit als Wirksamkeitsvoraussetzung normiert.
Selbst wenn man eine solche Vereinbarung zugrunde lege, hätte diese in der Folge nur bei schriftlicher Überbindung auf Einzelrechtsnachfolger oder deren freiwilligem, schriftlichem Beitritt wirksam bleiben können. Das sei nicht der Fall, da der Rechtsvorgänger der 35. Antragsgegnerin, der seine Anteile im Jahr 1976 käuflich erworben habe, eine solche Vereinbarung weder im Kaufvertrag übernommen noch seinen schriftlichen Beitritt zu einer solchen erklärt habe.
Auch in der Folge sei ein abweichender Verteilungsschlüssel nicht wirksam vereinbart worden, da dieser seit dem 3. WÄG, somit seit 1. 1. 1994 der Schriftform und der Einstimmigkeit bedurft hätte.
Eine Refundierung der Beiträge zum Instandhaltungsfonds bzw Nichtbezahlung solcher Beiträge durch die Antragstellerin habe keinen abweichenden Verteilungsschlüssel begründen können, da Vereinbarungen seit dem 1. 9. 1975 und immer der Schriftform bedurft hätten.
Der Einwand der Antragsgegner, die Antragstellerin habe einen Teil der Schäden am Wohnungseigentumsobjekt selbst zu verantworten, sei nach der Rechtsprechung für die Erhaltungspflicht bedeutungslos, soweit nicht von doloser Schadenszufügung, die hier nicht behauptet worden sei, auszugehen sei.
Im Weiteren verneinte das Erstgericht eine Bindungswirkung des Urteils des Bezirksgerichts Döbling 4 C 919/75 und der Abweisung der in diesem Verfahren gestellten Zwischenanträge auf Feststellung. Im bezeichneten Verfahren sei das Klagebegehren (im Übrigen rechtlich unrichtig begründet) abgewiesen worden, weil für das gültige Zustandekommen einer Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels im Wohnungseigentumsvertrag eine mehrheitliche Willensbildung der Wohnungseigentümer ausgereicht hätte.
Über die Zwischenanträge auf Feststellung sei hingegen vom Gericht gar nicht entschieden worden.
Dem gegen diesen Sachbeschluss von den aus dem Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Antragsgegnern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies das Begehren der Antragstellerin ab.
Einer neuerlichen Überprüfung des wirksamen Zustandekommens einer Vereinbarung über die Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels und damit die Überbindung der Instandhaltung auch allgemeiner Teile auf die Antragstellerin stehe die zu beachtende Bindungswirkung der Entscheidung über den im Verfahren 4 C 919/75 des Bezirksgerichts Döbling gestellten Zwischenantrag auf Feststellung entgegen. Das Feststellungsbegehren des Antragstellers, dass keine rechtswirksame abweichende Vereinbarung über die Instandhaltung allgemeiner Teile des Werkstättengebäudes zustandegekommen sei, sei, wenn auch nicht durch Zwischenurteil nach § 393 Abs 2 ZPO, doch mit Beschluss, abgewiesen worden. Dass sich das Erstgericht dabei in der Entscheidungsform vergriffen habe, sei unbeachtlich. Jedenfalls sei eine rechtskräftige Entscheidung über die Vorfrage des Bestehens einer solchen abweichenden Vereinbarung mit Bindungswirkung für alle nachfolgenden Prozesse zustandegekommen. Die Antragstellerin könne daher ihr Begehren weder auf Gesetz noch auf die ursprüngliche Vereinbarung im Wohnungseigentumsvertrag gründen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Frage der Bindungswirkung eines Zwischenurteils über einen Zwischenantrag auf Feststellung gemäß § 393 Abs 2 ZPO über den Einzelfall hinaus keine rechtliche Bedeutung habe.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des verfahrenseinleitenden Antrags. Hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Sachbeschlusses und die Zurückverweisung an das Gericht erster, allenfalls zweiter Instanz beantragt.
Die 3., 4., 9., 15., 16., 19., 21., 24.-27., 31.-34. und 36.-38. Antragsgegner haben von der ihnen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Revisionsrekursbeantwortung zu erstatten und darin beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil dem Rekursgericht bei Beurteilung der Bindungswirkung eine zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Der Revisionsrekurs ist im Sinn des in ihm gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die ganz überwiegende jüngere höchstgerichtliche Rechtsprechung nimmt eine Bindungswirkung nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage, nicht aber eine dort beurteilte Vorfrage an. Mit dem Zwischenantrag auf Feststellung kennt die österreichische Zivilprozessordnung ein Institut, das ausnahmsweise die Möglichkeit einer rechtskräftigen Feststellung von Vorfragen ermöglicht (6 Ob 176/06k mwN). Diesfalls kann durch ein der Entscheidung der Hauptsache vorausgehendes Zwischenurteil über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder Rechts entschieden werden. Es handelt sich dabei um ein echtes Feststellungsurteil, das materieller Rechtskraft zugänglich ist (5 Ob 89/88 Wobl 1989/88 [zust Call]; 5 Ob 45/89 WoBl 1990/32; Fasching/Klicka in Fasching/Konecny 2, § 411 ZPO Rz 68).
Weil die Beurteilung des Umfangs der Rechtskraftwirkung eines Urteils notwendig auch eine rechtliche Individualisierung des Anspruchs voraussetzt und sich diese Individualisierung meist aus dem Urteilsspruch nicht erkennen lässt, sind in solchen Fällen auch die Entscheidungsgründe zur Auslegung und Individualisierung eines rechtskräftigen Ausspruchs heranzuziehen (RIS-Justiz RS0043259; Fasching/Klicka aaO Rz 74 mwN). Damit ergibt sich aber auch der Umfang der Rechtskraftwirkung eines abweisenden Urteils. Die rechtskräftige Verneinung des Anspruchs beschränkt sich grundsätzlich nur auf den vom Gericht zur Abweisung herangezogenen Grund, den „maßgeblichen Sachverhalt“ (1 Ob 201/02v EvBl 2003/68; Fasching/Klicka aaO; Rechberger in Rechberger, ZPO3 § 411 Rz 10 mwN). Ob bei Abweisung eines negativen Feststellungsbegehrens das zugrundeliegende Recht oder Rechtsverhältnis positiv festgestellt ist, ergibt sich auch nur aus den meritorischen Gründen (1 Ob 281/01g MietSlg 53.730; Rechberger aaO Rz 8). Daher kann eine gerichtliche Entscheidung ohne jegliche Begründung (wie dies hier im Vorverfahren 4 C 919/75 der Fall war: Blg 2 und 17) umso weniger Bindungswirkung iSd § 411 ZPO entfalten, weil ihr eine rechtliche Individualisierung des Anspruchs nicht zu entnehmen ist (vgl RIS-Justiz RS0039843).
Das Rekursgericht hat bei Annahme einer Bindungswirkung aber auch übersehen, dass abgesehen von Fällen der gesetzlich erweiterten Rechtskraftwirkung und der Wirkung auf Rechtsnachfolger die Rechtskraftwirkung zivilgerichtlicher Entscheidungen in subjektiver Hinsicht auf die Parteien des rechtskräftig entschiedenen Prozesses beschränkt ist. Identität der Parteien ist selbst dann erforderlich, wenn im Vorfragenbereich Rechtsbeziehungen zu Dritten gelöst werden mussten. Eine Bindungswirkung einer Vorentscheidung ist nur anzunehmen, wenn nicht nur der rechtserzeugende Sachverhalt verbunden mit notwendig gleicher rechtlicher Qualifikation gegeben ist, sondern auch die Identität der Parteien (RIS-Justiz RS0041572; RS0108828; RS0041340; RS0041157).
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist daher der von den Antragsgegnern im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG zulässigerweise erhobene Einwand, der Durchsetzung von Erhaltungsmaßnahmen als Minderheitsrecht nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG stehe eine Vereinbarung entgegen (vgl nur Würth/Zingher/Kovanyi 22 II § 52 WEG Rz 7, 18 mwN), zu prüfen.
Die Antragsgegner haben sich hiezu auf eine im Wohnungseigentumsvertrag 1964, und zwar in dessen Punkt IX/3 getroffene, vom Gesetz abweichende Vereinbarung von Erhaltungspflichten berufen, die dem Begehren der Antragstellerin, von den Antragsgegnern die Erhaltung allgemeiner Teile seines Wohnungseigentumsobjekts zu verlangen, entgegenstehe.
Für diese Vereinbarung gilt § 8 Abs 4 WEG 1948, wonach auch formlose, selbst konkludente Vereinbarungen aller Miteigentümer über die Aufteilung der Aufwendungen für die Liegenschaft abweichend vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel getroffen werden konnten. Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, liegt nach dem Wortlaut von Punkt IX/3 keine solche Vereinbarung vor. In diesem Vertragspunkt haben die Wohnungseigentümer nämlich keine abweichende Instandhaltungsvereinbarung im Sinn einer abweichenden Aufteilung der Aufwendungen für die Liegenschaft getroffen, sondern die Zulässigkeit einer Vereinbarung - abweichend von § 8 Abs 4 WEG 1948 - nach dem Mehrheitsprinzip vereinbart.
Die Vereinbarung verstieß auch gegen zwingendes Recht. Zwar konnte mit einer schuldrechtlichen Vereinbarung nach § 8 Abs 4 WEG 1948 von den gesetzlichen Aufteilungsvorschriften abgegangen werden, infolge des zwingenden Charakters dieser Vorschrift aber nicht von ihr selbst, also auch nicht vom Einstimmigkeitserfordernis.
Für die Behauptung eines späteren Zustandekommens einer mündlichen oder konkludenten Vereinbarung dahingehend, dass die Antragstellerin allein die Kosten der Erhaltung ihres Hofgebäudes zu tragen hätte, finden sich allerdings keine tragfähigen Feststellungen, die eine Einbindung der Antragstellerin in eine solche Vereinbarung zugrunde legen ließen. Auf die Frage der fehlenden Überbindung einer solchen „Vereinbarung“ auf Wohnungseigentümer kommt es daher nicht an. Dass nach Inkrafttreten des 3. WÄG BGBl 1993/800 mit 1. 1. 1994 das generelle Schriftlichkeitsgebot einer konkludenten Änderung der Aufteilungsvereinbarung durch Rückzahlung geleisteter Instandhaltungsbeiträge an die Antragstellerin im Jahr 1994 entgegensteht, hat das Erstgericht richtig erkannt. Dass schließlich im Jahr 2010 alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Antragstellerin einen abweichenden Verteilungsschlüssel vereinbart haben, ist überdies wegen des Einstimmigkeitsgebots des § 32 Abs 2 WEG unbeachtlich.
Unstrittig ist, dass die festgestellten Mängel an allgemeinen Teilen des Hofgebäudes Erhaltungsarbeiten iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG erfordern. Zutreffend hat schon das Erstgericht darauf hingewiesen, dass Fragen des Verschuldens eines Wohnungseigentümers - abgesehen von doloser Schadenszufügung, für die keine Feststellungsgrundlagen bestehen - für die Erhaltungspflicht bedeutungslos sind (MietSlg 48.250; 51.242; 53.261). Damit sind alle Streitpunkte, die im Verfahren gegenständlich waren, erledigt.
Einer Stattgebung des Antrags auf Durchführung der bezeichneten Arbeiten steht jedoch derzeit noch folgender Umstand entgegen:
An die Bestimmtheit eines Begehrens im Außerstreitverfahren sind zwar keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, was insbesondere für ein Begehren auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten gilt (RIS-Justiz RS0070562 [T7; T8; T26]). So ist auch im Antrag eine Festlegung der Details der Ausführung durchzuführender, ihrer Art nach hinreichend deutlich definierter Erhaltungsarbeiten iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG nicht erforderlich (5 Ob 42/09a wobl 2010/55). Die Detaillierung des zu erteilenden Instandhaltungsauftrags kann den Ergebnissen eines im gerichtlichen Verfahren einzuholenden Sachverständigengutachtens vorbehalten werden (5 Ob 146/00g wobl 2002/90). Ein solches Gutachten hat zu ergeben, welche konkreten Arbeiten notwendig sind, um die Schadensursachen und die Schäden zu beseitigen. Nach Klärung der Entscheidungsgrundlagen, die ein Antragsteller in seinem Antrag meist noch nicht liefern kann, hat das Gericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens den Antragsteller aber zur Präzisierung seines Begehrens anzuleiten (5 Ob 146/00g; 5 Ob 155/01g; 5 Ob 187/10a).
Eine derartige Präzisierung erweist sich im vorliegenden Fall vor allem in Anbetracht einer möglicherweise erforderlichen zwangsweisen Durchsetzung des gerichtlichen Auftrags als unumgänglich, reicht doch die Verwendung des Begriffs „Sanierung“ nicht annähernd aus, den Umfang der konkret durchzuführenden Arbeiten zu bestimmen.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Antragstellerin daher unter Heranziehung des bereits eingeholten Sachverständigengutachtens zur Präzisierung aufzufordern und allenfalls anzuleiten haben.
Eine Aufhebung erweist sich damit als unumgänglich.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG.
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