OGH 5Ob23/20y

OGH5Ob23/20y3.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. R*, vertreten durch Mag. Carmen Thornton, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. K*, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Teilung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 4. Dezember 2019, GZ 42 R 317/19g‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128121

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach § 81 Abs 1 EheG sind im Fall der Ehescheidung das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse aufzuteilen. Eheliches Gebrauchsvermögen sind gemäß § 81 Abs 2 EheG die beweglichen oder unbeweglichen körperlichen Sachen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben; dazu gehören insbesondere der Hausrat und die Ehewohnung. Eheliche Ersparnisse sind nach § 81 Abs 3 EheG Wertanlagen gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind. Darunter können auch Liegenschaften fallen (RIS‑Justiz RS0057809).

1.2 Ein Haus, das Ehegatten während ihrer aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft in der Absicht errichteten, es als Ehewohnung zu verwenden, das sie aber bis zur Aufhebung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft tatsächlich noch nicht zu Wohnzwecken in Benützung nahmen, unterliegt zwar nicht als Ehewohnung, wohl aber als eheliche Ersparnis der eherechtlichen Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG (RS0057426). Mangels bücherlicher Einverleibung des Wohnungseigentums wird das Anwartschaftsrecht auf eine Eigentumswohnung wie das Eigentumsrecht selbst behandelt (RS0057932 [T1]).

2.1 Die Streiteile haben den Kaufvertrag über eine „reihenhausartige“ Wohnung und einen KFZ-Abstellplatz nach ihrer Eheschließung unterfertigt und zur Finanzierung des Kaufpreises je ca 110.000 EUR an Ersparnissen, die sie in die Ehe einbrachten, sowie Geldmittel, die ihnen zur Hochzeit geschenkt worden waren, aufgewendet und zur Finanzierung des Restkaufpreises gemeinsam einen Kredit aufgenommen, der in monatlichen Raten von 1.200 EUR zurückzuführen ist. Zu ihren Gunsten ist die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG einverleibt. Nach Fertigstellung diente das Objekt entgegen den ursprünglichen Intentionen nicht als Ehewohnung, sondern wurde von der Beklagten mit der gemeinsamen Tochter der Streiteile alleine bezogen.

2.2 Das obligatorische Titelgeschäft über die Liegenschaftsanteile, mit denen in weiterer Folge Wohnungseigentum verbunden werden soll, wurde nach Eingehen der Ehe abgeschlossen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, das gemeinsam während aufrechter Ehe erworbene Anwartschaftsrecht falle als eheliche Ersparnis grundsätzlich in das aufzuteilende Vermögen und könnte daher Gegenstand eines zukünftigen Aufteilungsverfahrens sein, ist damit unbedenklich und entspricht der Rechtsprechung (vgl 5 Ob 29/98w); auch Schulden, die zur Anschaffung von der Aufteilung unterliegenden Gegenständen eingegangen wurden, sind im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen (RS0057635 [T1, T5]). Gehen in die Ehe eingebrachte Mittel wertmäßig in einem der Aufteilung unterliegenden Vermögensgegenstand auf, geht zwar die besondere aufteilungsrechtliche Qualität iSd § 82 EheG verloren (vgl RS0057298), sie sind nach der Rechtsprechung aber zugunsten des Einbringenden wertverfolgend zu berücksichtigen (RS0057490). Mit seiner auf den Umstand, dass voreheliche Ersparnisse zur Finanzierung des Kaufpreises verwendet worden waren, aufbauenden Argumentation, kann der Kläger daher ebenso wenig eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigen, wie mit seinem Hinweis auf die zur Wertsteigerung von in die Ehe eingebrachten Liegenschaften ergangene aufteilungsrechtliche Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl dazu RS0057681 [T4; T5]; RS0130671).

3.1 Das Scheidungsverfahren zwischen den Streitteilen ist nach wie vor anhängig. Eine – hier auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft hinsichtlich des Anwartschaftsrechts – gerichtete Teilungsklage ist daher grundsätzlich möglich (vgl RS0112736 [T2]). Bei einer auf § 830 ABGB (analog: dazu Sailer in KBB5 § 825 ABGB Rz 7) gestützten Teilungsklage ist die Vermögensmasse den früheren Miteigentümern im Verhältnis ihrer jeweiligen Anteilsgrößen zuzuordnen. Demgegenüber erfolgt die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens im außerstreitigen Verfahren gemäß §§ 81 ff EheG nach Billigkeit; dabei ist auch zu berücksichtigen, mit welchen Anteilen die vormaligen Ehegatten zur Ansammlung des aufzuteilenden Vermögens beigetragen haben (RS0112736 [T4]). Es wurde bereits ausgesprochen, dass in diesen möglichen unterschiedlichen Ergebnissen auch ein Nachteil eines Miteigentümers liegen kann, der als Teilungshindernis zu beurteilen ist (4 Ob 251/99m; vgl auch 5 Ob 217/05f). Dass das Aufteilungsverfahren zu einem günstigeren Ergebnis führen kann, als das auf Zivilteilung gerichtete Begehren des Klägers, ist schon wegen des das Verfahren nach §§ 81 ff EheG tragenden Billigkeitsgrundsatzes nicht zu bezweifeln, sodass es im Einzelfall unbedenklich ist, wenn das Berufungsgericht unter Verweis auf diesen Verfahrensgrundsatz das Vorliegen eines Teilungshindernisses annahm und zur Bestätigung des das Teilungsbegehren des Klägers abweisenden Ersturteils gelangte. Fragen im Zusammenhang mit § 13 Abs 6 WEG oder § 97 ABGB hat bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend dahinstehen lassen. Sie sind auch im Revisionsverfahren nicht von Relevanz.

4. Eine im Verfahren vorgelegte Urkunde, die ihrem Inhalt nach – wie hier das von der Beklagten vorgelegte Schreiben vom 21. 8. 2018 – unstrittig ist, ist der Rechtsmittelentscheidung ohne weiteres zugrunde zu legen (vgl RS0121557 [T3]). Es begründet daher auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor dem Berufungsgericht, wenn dieses zur Begründung seiner Entscheidung auch den Inhalt dieser Urkunde heranzog.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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