OGH 4Ob251/99m

OGH4Ob251/99m19.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg O*****, vertreten durch Dr. Marisa Schamesberger und Dr. Günther Millner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Friedrich O*****, vertreten durch Dr. Irmgard Kramer, Rechtsanwältin in Graz, wegen Zivilteilung (Streitwert 450.000 S), infolge Revision der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 27. Mai 1999, GZ 2 R 23/99s-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. November 1998, GZ 16 Cg 71/98s-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.370 S (darin 1.395 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Der Revision des Beklagten wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in ihren abweisenden Aussprüchen unberührt bleiben, werden im übrigen aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile leben in aufrechter Ehe; ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Bis zum Wegzug der Klägerin 1997 diente den Streitteilen eine Wohnung in dem auf der Liegenschaft EZ ***** KG K***** errichteten Wohnhaus als Ehewohnung. Diese Liegenschaft steht ebenso wie die weiteren Liegenschaften EZ ***** KG Ke***** sowie EZ ***** KG K***** im Hälfteeigentum der Streitteile. An der Liegenschaft EZ ***** KG K***** ist die Klägerin zu einem Drittel, der Beklagte zu zwei Drittel Miteigentümer. Die Parteien sind sich darin einig, daß nur eine Zivilteilung der Liegenschaften tunlich ist.

Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an sämtlichen Liegenschaften durch Realteilung, in eventu durch Zivilteilung, hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***** KG K***** in eventu mit der Maßgabe der Einräumung eines lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnrechts für beide Parteien an einer im zweiten Stock gelegenen Wohnung in den Versteigerungsbedingungen. Der Beklagte sei zu einer einvernehmlichen wirtschaftlichen Trennung trotz eines anhängigen Scheidungsverfahrens nicht bereit; Teilungshindernisse lägen nicht vor.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. In Ansehung jener Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befinde, sei der streitige Rechtsweg unzulässig; der Beklagte habe ein dringendes Wohnbedürfnis an der darauf befindlichen Wohnung. Eine Teilung käme hier nur aus wichtigen Gründen in Betracht; solche lägen aber nicht vor. Eine Teilung der übrigen Liegenschaften wäre für ihn mit unwiederbringlichen Nachteilen verbunden. Die überwiegenden Zahlungen zur Anschaffung der Liegenschaften habe der Beklagte geleistet, welcher Umstand zwar nicht im Rahmen des auf § 830 ABGB gestützten streitigen Teilungsverfahrens, wohl aber im Rahmen eines Aufteilungsverfahrens gemäß §§ 81 ff EheG zu berücksichtigen wäre.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren auf Realteilung zur Gänze sowie das Eventualbegehren auf Zivilteilung hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***** KG K***** samt dem darauf bezogenen weiteren Eventualbegehren ab; im übrigen hob es die Miteigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung auf. Die Parteien hätten selbst der Zivilteilung gegenüber einer Realteilung den Vorzug gegeben. Wichtige Gründe zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an jener Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befinde, lägen nicht vor. Die Behauptung des Beklagten, er würde durch die Teilung einen unwiederbringlichen Schaden erleiden, sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nicht vorgebracht worden, daß es sich bei den Liegenschaften um eheliches Gebrauchsvermögen handle.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob ein in Zukunft zu erwartendes Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG einem Teilungsbegehren entgegenstehe, zulässig sei. Werde ein beiden Ehegatten gehörendes Haus als Ehewohnung gewidmet, so sei eine Teilung vor Auflösung des Ehebands nur aus wichtigen Gründen möglich; solche seien nicht ersichtlich. Der Beklagte habe keine konkreten wirtschaftlichen Nachteile vorgebracht, die einer Zivilteilung der übrigen Liegenschaften entgegenstünden. Ein anhängiges Scheidungsverfahren sei für sich allein nicht als Teilungshindernis zu beurteilen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist unzulässig. Die Revision der Beklagten ist zulässig, ihr Rechtsmittel ist auch berechtigt.

1. Zur Revision der Klägerin:

Die Vereinbarung zwischen Ehegatten, Räumlichkeiten auf einer gemeinsamen Liegenschaft als Ehewohnung zu verwenden, verpflichtet beide Teile zur Aufrechterhaltung dieser familienrechtlich gebundenen Eigentumsgemeinschaft. Während des aufrechten Bestehens der Ehe kann Teilung daher wie bei jedem Dauerschuldverhältnis nur aus wichtigen

Gründen gefordert werden (JBl 1972, 615 = EvBl 1972/281 mwN; EvBl

1976/138 = MietSlg 27.073 = EFSlg 24.764; EFSlg 27.106; ähnlich 3 Ob

622/83). Das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes hat die Klägerin in Ansehung der Liegenschaft EZ 384 KG Kirchenviertel nicht behauptet, weshalb den Vorinstanzen insoweit in der Abweisung des Teilungsbegehrens kein Rechtsirrtum unterlaufen ist. Eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird nicht aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat nach dem gesamten Inhalt seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente. Der Einheitssatz beträgt beim hier vorliegenden Streitwert 50 %.

2. Zur Revision des Beklagten:

Der Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, durch eine Teilung der gemeinsam angeschafften Liegenschaften ohne Zuwarten auf ein allenfalls der Scheidung nachfolgendes Aufteilungsverfahren deshalb benachteiligt zu sein, weil er im Aufteilungsverfahren einerseits die Liegenschaftsanteile der Klägerin (allenfalls nach Leistung einer Ausgleichszahlung) erwerben könnte, andererseits dort sein größerer Beitrag bei Anschaffung der Liegenschaften entsprechend Berücksichtigung fände. Im streitigen Teilungsverfahren sei hingegen nur eine schematische Aufteilung allein nach der Größe der Miteigentumsanteile möglich. Dazu ist zu erwägen:

Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung ist eine erst nach

rechtskräftiger Scheidung eingebrachte Teilungsklage, die sich auf

eheliches Gebrauchsvermögen und/oder eheliche Ersparnisse bezieht,

innerhalb der Frist des § 95 EheG unzulässig (Pichler aaO Rz 4a zu §

81 EheG; Gamerith in Rummel, ABGB**2 Rz 13 zu § 830; EFSlg 41.367; SZ

54/36) und wäre gemäß § 235 Abs 1 AußStrG in das außerstreitige

Verfahren zu überweisen (EvBl 1996/55 = EFSlg 79.800). Im Konflikt

zwischen einem ehescheidungsrechtlichen Aufteilungsanspruch - der

nach § 81 Abs 1 EheG frühestens mit der rechtskräftigen (Pichler in

Rummel, ABGB**2 Rz 1 zu § 81 EheG; SZ 60/116 = EvBl 1988/7 = EFSlg

54.522) Scheidung der Ehe geltend gemacht werden kann - und einem

allgemeinen Teilungsanspruch wird demnach letzterer verdrängt

(Ziehensack, Aspekte des allgemeinen und ehescheidungsrechtlichen

Teilungsanspruchs, WoBl 1996, 230 ff, 234); erst nach rechtskräftiger

Entscheidung des Außerstreitrichters ist in einem solchen Fall für

die dann noch im Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden

Anteile eine Auseinandersetzung nach den Bestimmungen des § 830 ABGB

möglich (MietSlg 34.805 = EFSlg 41.367; MietSlg 35.688 = EFSlg

43.788; EFSlg 46.351; EvBl 1996/14 = EFSlg 78.427 = MietSlg 47.037).

Im vorliegenden Fall ist die Ehe der Streitteile noch aufrecht; eine Teilungsklage ist daher nach der wiedergegebenen Rechtsprechung grundsätzlich möglich. Der Beklagte erhebt aber unter Hinweis auf ein anhängiges Scheidungsverfahren zwischen den Miteigentümern sinngemäß die Einrede des Nachteils der übrigen Miteigentümer mit dem Vorbringen, er habe zum Erwerb der Liegenschaften einen größeren Beitrag geleistet als die Klägerin; seine Rechtsposition wäre deshalb im Falle einer Vermögensauseinandersetzung in einem Aufteilungsverfahren nach rechtskräftiger Scheidung günstiger als im streitigen Teilungsverfahren, zumal er dort auch den Miteigentumsanteil der Klägerin zugewiesen erhalten könnte. Diese Argumente sind nicht von der Hand zu weisen.

Die in Lehre und Rechtsprechung vertretene unbedingte Teilungsbefugnis des Miteigentümers (Nachweise bei Gamerith in Rummel, ABGB**2 Rz 3 zu § 830; WoBl 1994, 67) unterliegt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung der Einschränkung durch die mittels Einwendung geltend zu machenden Teilungshindernisse der "Unzeit" und des "Nachteils der übrigen". Das selbständige Teilungshindernis des "Nachteils der übrigen" ist ein vorübergehender, absehbarer Ausnahmezustand, der aus Umständen resultiert, die dem Teilungsgegner nach objektiven Kriterien zum Nachteil gereichen und deshalb eine Teilung zwar nicht auf Dauer, wohl aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig oder gar schädigend erscheinen lassen (Gamerith aaO Rz 11; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann, ABGB**2 Rz 64 ff zu § 830 je mwN).

Eine auf § 830 ABGB gestützte Teilungsklage führt im streitigen Verfahren zur Aufhebung des Miteigentums, wobei die Vermögensmasse den früheren Miteigentümern im Verhältnis ihrer jeweiligen Anteilsgrößen zuzuordnen ist. Demgegenüber erfolgt die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens im außerstreitigen Verfahren gemäß §§ 81 ff EheG nach Billigkeit; dabei ist auch zu berücksichtigen, mit welchen Anteilen die vormaligen Ehegatten zur Ansammlung des aufzuteilenden Vermögens beigetragen haben. Bei in die Aufteilungsmasse fallenden unbeweglichen Sachen kann das (Mit-)Eigentumsrecht eines Ehegatten ganz auf den anderen übertragen werden; zur Erzielung eines individuell gerechten Aufteilungsergebnisses kann eine Ausgleichszahlung angeordnet werden kann (§ 94 Abs 1 EheG). In tatsächlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht kann das Ergebnis einer Vermögensauseinandersetzung zwischen Miteigentümern demnach ein ganz unterschiedliches sein, je nachdem, ob die Auseinandersetzung nach den Vorschriften des § 830 ABGB oder nach jenen der §§ 81 ff EheG vorzunehmen war.

In diesen möglichen unterschiedlichen Ergebnissen kann auch ein Nachteil eines Miteigentümers liegen, der als Teilungshindernis zu beurteilen ist. Hat nämlich etwa ein Ehepartner zum Erwerb einer im Miteigentum der Ehegatten stehenden Liegenschaft einen größeren Beitrag geleistet als der andere Ehepartner, kann dieser Umstand nur im Rahmen der Billigkeitserwägungen im Aufteilungsverfahren berücksichtigt werden. Auch ist bei einer Versteigerung im Rahmen einer Zivilteilung nach § 830 ABGB der Erwerb der Liegenschaft durch einen Dritten möglich, während Eigentumsverschiebungen im Aufteilungsverfahren nur zwischen den vormaligen Ehegatten angeordnet werden können. In einem Rechtsstreit über eine Teilungsklage gemäß § 830 ABGB zwischen Ehegatten kann daher der Beklagte für den Fall, daß eine Scheidungsklage zwischen den Ehegatten-Miteigentümern bereits anhängig ist, die Einrede des Nachteils der übrigen dann mit Erfolg erheben, wenn die Liegenschaft, auf die sich das Teilungsverfahren bezieht, zum ehelichen Gebrauchsvermögen zählt und der Beitrag des Beklagten zu den Kosten der Anschaffung größer ist als der Wert seines Miteigentumsanteils oder der Beklagte den Erwerb des Alleineigentums an der Liegenschaft anstrebt. Dieses Teilungshindernis erlischt jedoch, wenn das Scheidungsverfahren nicht gehörig fortgesetzt oder ohne Ausspruch der Scheidung beendet wird oder wenn nach erfolgter Scheidung binnen der Frist des § 95 EheG kein Aufteilungsverfahren eingeleitet worden ist.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe die überwiegenden Beiträge zur Anschaffung der Liegenschaften geleistet, diese unterlägen auch der nachehelichen Vermögensaufteilung gemäß §§ 81 ff EheG, erzwingt demnach eine Verfahrensergänzung, um die Berechtigung der Einrede des Nachteils der übrigen zu prüfen. Diese Verfahrensergänzung wird zweckmäßigerweise vom Erstgericht durchzuführen sein, weil es dem noch auszuwertenden Beweismaterial näher ist. Sollten danach sämtliche oder einige der noch streitgegenständlichen Liegenschaften als eheliches Gebrauchsvermögen iSd § 81 Abs 2 EheG zu beurteilen sein und damit im Fall eines Aufteilungsverfahrens in die vom Außerstreitrichter aufzuteilende Vermögensmasse fallen, und sollten weiters dem Beklagten aus den aufgezeigten Gründen durch eine Zivilteilung noch vor Einleitung eines Aufteilungsverfahrens Nachteile erwachsen können, wäre der Rechtsstreit spruchreif im Sinne einer Klageabweisung. Sollte allerdings die Ehe der Streitteile noch vor dem Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz rechtskräftig geschieden worden sein, wäre die Rechtssache gemäß § 235 AußStrG in jeder Lage des Verfahrens - auch von Amts wegen - in das außerstreitige Verfahren zu überweisen (§ 235 Abs 2 AußStrG iVm § 44 Abs 1 JN; vgl. EFSlg 79.800). Für den Fall, daß sämtliche oder einige Liegenschaften aus den Gründen des § 82 Abs 1 EheG nicht nach den Grundsätzen der §§ 81 ff EheG aufzuteilen sein sollten, wäre dem Zivilteilungsbegehren der Klägerin insoweit erneut stattzugeben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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