Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 21.375,- (darin enthalten S 3.362,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die am 23.2.1996 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 10.3.1997 aus gleichteiligem Verschulden geschieden.
Das Erstgericht wies - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - den Antrag der Antragstellerin auf nacheheliche Aufteilung gemäß den § 81 ff EheG dergestalt, daß ihr die 662/376.130 Anteile des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, mit denen (zusammen mit dem gleich großen Miteigentumsanteil der Antragstellerin) untrennbar Wohnungseigentum an der Wohnung 54 auf Stiege 3 samt Garage verbunden ist, gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 20.000,- übertragen werde, ab.
Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die genannte Eigentumswohnung - einziges aufzuteilendes Vermögen - haben die Streitteile mit Kaufvertrag vom 30.10.1995 (je 662/376.130 Anteile) erworben. Eine bereits am 27.10.1995 geleistete Anzahlung von S 750.000,- stammt von den Eltern der Antragstellerin. Den Restkaufpreis von S 1,000.000,- haben die Streitteile durch ein Bauspardarlehen finanziert (Unterzeichnung der Schuld- und Pfandurkunde am 10.6.1996), wobei der nach Bezahlung des Restkaufpreises verbleibende restliche Kreditbetrag von S 108.000,-
von der Antragstellerin im Einvernehmen mit dem Antragsgegner zur Renovierung und teilweisen Einrichtung der genannten Eigentumswohnung verwendet wurde. Abgesehen von Juli und August 1996 hat immer die Antragstellerin die monatlichen Kreditraten von S 10.000,- gezahlt, der Antragsgegner hingegen lediglich je S 10.000,- in den Monaten Juli und August 1996.
Am 23.10.1996 verließ die Antragstellerin die Ehewohnung nach einem Streit mit dem Antragsgegner, wohnte vorübergehend bei einer Freundin und seit 2.11.1996 allein in der streitgegenständlichen Eigentumswohnung. Die Streitteile haben diese Wohnung zu keiner Zeit gemeinsam bewohnt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die genannte Eigentumswohnung weder eheliches Gebrauchsvermögen darstelle, noch zu den ehelichen Ersparnissen zähle. Es handle sich vielmehr um eine von den Streitteilen vor der Eheschließung gekaufte und zum Großteil bezahlte Sache. Die von Lebensgefährten oder Verlobten einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen würde ihre bisherige rechtliche Zuordnung behalten und gehörten nicht in die nacheheliche Aufteilungsmasse. Dies gelte auch für die im Zusammenhang mit den Wohnungserwerb begründeten Darlehensverbindlichkeiten.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß das den Parteien je zur Hälfte gehörende Wohnungseigentumsobjekt der Antragstellerin allein zugewiesen wird.
Die Antragstellerin wurde schuldig erkannt, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen eine Ausgleichszahlung von S 20.000,- zu leisten; ferner wurde sie verpflichtet das von den Parteien gemeinsam aufgenommene Bauspardarlehen allein zurückzuzahlen und den Antragsgegner diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Zunächst stellte das Rekursgericht ergänzend fest, daß auf Grund des Kaufvertrages vom 30.10.1995 das Eigentumsrecht für die Streitteile zu TZ 6389/1996 im Range TZ 6415/1995 vorgemerkt wurde. Die Rechtsfertigung erfolgte zu TZ 3928/1997. Aus dem Kaufvertrag vom 30.10.1995 ergibt sich, daß dieser unter der aufschiebenden Bedingung der nachfolgenden Eheschließung der Käufer abgeschlossen worden war.
Rechtlich beurteilte das Rekursgericht den Gesamtsachverhalt wie folgt:
Auch wenn die Vormerkung und spätere Rechtfertigung des Eigentumsrechtes für die Streitteile im grundbücherlichen Rang einer Ranganmerkungsanordnung erfolgt sei, so ändere dies nichts daran, daß in zeitlicher Hinsicht der Eigentumserwerb erst nach der Eheschließung erfolgt sein konnte. Diesbezüglich sei auf die aufschiebende Bedingung im Kaufvertrag zu verweisen. Für die rechtliche Qualifikation, ob eine Sache im Sinne des § 82 Abs 1 Z 1 EheG in die Ehe eingebracht wurde, sei nicht der Abschluß des schuldrechtlichen Titelgeschäftes oder dessen Rechtswirksamkeit, sondern der sachenrechtliche Erwerb maßgeblich, welcher im vorliegenden Fall jedenfalls erst nach der Eheschließung erfolgt sei.
Ein noch nicht bezugsfertiges Haus bzw eine renovierungsbedürftige Wohnung, welche noch nicht gemeinsam in Benützung genommen worden sei, gelte als eheliches Ersparnis und sei in die Aufteilung einzubeziehen (SZ 52/129; EFSlg 36.451, 48.907; Picher in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 81 EheG; Bernat in Schwimann2 Rz 14 zu § 81 EheG).
In der hier zu beurteilenden Sache sei das verfahrensgegenständliche Wohnungseigentumsobjekt während der Zeit der aufrechten Ehegemeinschaft unter Verwendung eines Teiles des gemeinsam aufgenommenen Kredites einvernehmlich renoviert und eingerichtet worden. Es handle sich daher um ein der Aufteilung unterliegendes Ersparnis, mit dem die mit dem Wohnungserwerb begründeten Darlehensverbindlichkeiten im inneren Zusammenhang stünden. Die Zuweisung des Wohnungseigentumsobjektes in das Alleineigentum der Antragstellerin spreche schon deswegen der Billigkeit, weil dem Antragsgegner die bisherige Ehewohnung verblieben sei, wogegen die Antragstellerin zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses offenbar auf die gegenständliche Wohnung angewiesen sei. Darüber hinaus seien die finanziellen Beiträge zur Anschaffung dieser Wohnung zum weitaus überwiegenden Teil von der Antragstellerin gekommen. Nach der neueren Rechtsprechung seien nämlich die Leistungen von Verwandten eines Ehegatten in der Regel diesem allein zuzurechnen, nicht aber auch dem anderen Ehegatten, zudem die familienrechtlichen Beziehungen durch die Scheidung erloschen seien (EFSlg 57.361, 75.608, 78.720). Auch die Rückzahlungsraten haben zum überwiegenden Teil - eben mit Ausnahme bloß S 20.000,- - die Antragstellerin geleistet.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob für die rechtliche Qualifikation einer Sache als "in die Ehe eingebracht" (§ 82 Abs 1 Z 1 EheG) der Zeitpunkt des Abschlusses des schuld- rechtlichen Titelgeschäftes bzw bei einer aufschiebenden Bedingung der Beginn der Rechtswirksamkeit des Titel- geschäftes oder der Zeitpunkt des sachenrechtlichen Erwerbes maßgeblich ist.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, dem Beschluß des Ertgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Im Revisionsrekurs wird geltend gemacht:
1.) Das Rekursgericht habe entscheidungswesentliche Feststellungen ohne mündliche Verhandlung getroffen und davon ausgehend
2.) den Antragsgegner mit einer Rechtsansicht überrascht, ohne daß er dazu im Rahmen der Parteienvernehmung hätte Stellung nehmen können;
3.) die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung stelle in Wahrheit kein eheliches Ersparnis dar, weil Titelgeschäft, maßgebende Rangordnungsanmerkung und Übergabe der Wohnung vor der Eheschließung erfolgt seien, die Rechtfertigung der Eigentumsvormerkung hingegen erst nach der Ehescheidung; die allein während aufrechter Ehe erfolgte Eigentumsvormerkung reiche nicht aus, die Einbeziehung dieser Wohnung in die Aufteilungsmasse zu bewirken;
4.) nur 2 % des Kaufpreises seien während aufrechter Ehe, noch dazu von den Streitteilen gemeinsam, bestritten worden.
Dem ist folgendes zu erwidern:
Der von der Antragstellerin vorgelegte Kaufvertrag wurde vom Antragsgegner als echt und richtig anerkannt (ON 7, AS 29). Diesbezüglich handelt es sich daher um übereinstimmendes Parteienvorbringen, welches ohne weiteres der Entscheidung zu Grunde gelegt werden darf. Auch die vom Rekursgericht vorgenommene Verwertung des Inhaltes des Grundbuches betreffend die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung ist unbedenklich, weil es sich dabei um allgemein zugängliche öffentliche Urkunden handelt und der Antragsgegner überdies gegen die Richtigkeit des Inhaltes nichts vorbringt.
Eine mündliche Verhandlung ist zur bloßen Urkundenauslegung nicht erforderlich. Der Antragsgegner wurde auch mit keiner, zur umfassenden Beurteilung allenfalls weiters Vorbringen erfordernden oder zumindest zu gestattenden Rechtsansicht überrascht, weil der Themenkomplex der Zugehörigkeit dieser Wohnung zur Aufteilungsmasse schon in erster Instanz Gegenstand der Erörterung war.
Der nachehelichen Aufteilung unterliegen (ua) eheliche Ersparnisse, ds nach § 82 Abs 3 EheG Wertanlagen gleich welcher Art, welche die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind (Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 82 EheG mwN, insbes EFSlg 41.346/6). Folgerichtig nimmt § 82 Abs 1 Z 1 EheG Sachen von der Aufteilung aus, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat.
Wendet man diese Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Erwerb der den Parteien gemeinsam gehörenden Eigentumswohnung an, so ergibt sich folgendes:
Sowohl das obligatorische Titelgeschäft (Kauf unter der aufschiebenden Bedingung der Eheschließung) als auch der sachenrechtliche Erwerb (erfolgt bereits im Zeitpunkt der Vormerkung zu TZ 6389/1996 wegen der mit der erst späteren Rechtfertigung verbundenen - auch sachenrechtlichen, nicht bloß rangbegründenden - Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Eigentumsvormerkung) wurden erst während der Ehe wirksam. Es ist also davon auszugehe, daß der Erwerb der Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum an der verfahrensgegenständlichen Wohnung verbunden ist, erst während der Ehe erfolgte. Die vorher vorgenommenen Handlungen - Abschluß des aufschiebend bedingten Titelgeschäftes, Erwirkung der Anmerkung der Rangordnung und physische Übergabe der Wohnung - stellen nur Vorbereitungshandlungen dar, die ohne die tatsächlich erfolgte Eheschließung nicht zum beabsichtigten und erst dann möglichen Erfolg, den gemeinsamen Liegenschaftserwerb, hätten führen können. Ein so gestalteter Eigentumserwerb stellt etwas ganz anderes als die Einbringung einer vor der Ehe von dem einen oder anderen oder auch beiden späteren Ehegatten erworbenen Sachen in die Ehe dar, weil eben vor der Ehe noch keiner der Ehegatten die Sache erworben hatte und daher auch nicht in die Ehe einbringen konnte.
Auch das für den Eigentumserwerb benötigte Bauspardarlehen wurde erst während der Ehe aufgenommen und teilweise - planmäßig - zurückgezahlt. Es steht unzweifelhaft mit dem Erwerb der der Aufteilung unterliegenden Eigentumswohnung in einem inneren Zusammenhang, sodaß auch diesbezüglich zu regeln ist, wer im Innenverhältnis der Streitteile diese Schulden zu tilgen hat.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes bezüglich der im Revisionsrekursverfahren allein noch strittigen Fragen der Zugehörigkeit der genannten Eigentumswohnung zur Aufteilungsmasse wird daher vom Obersten Gerichtshof gebilligt.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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