OGH 5Ob92/19v

OGH5Ob92/19v31.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S*****, vertreten durch das Land Niederösterreich (Bezirkshauptmannschaft Amstetten) als Kinder‑ und Jugendhilfeträger, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 3. April 2019, GZ 23 R 108/19h‑16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Haag vom 21. Februar 2019, GZ 307 Pu 299/18f‑9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00092.19V.0731.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die in Ansehung der Punkte 1 und 3 des erstgerichtlichen Beschlusses bereits in Rechtskraft erwachsen sind, werden in ihrem abweisenden Teil dahin abgeändert, dass die Punkte 1 und 2 des erstinstanzlichen Beschlusses insgesamt zu lauten haben wie folgt:

„1. J***** ist als Vater der mj S***** schuldig, zu deren Unterhalt vom 1. 12. 2018 bis 31. 12. 2018 einen Betrag von monatlich 240 EUR, ab 1. 1. 2019 hingegen einen solchen von 255 EUR bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, zu Handen des jeweiligen Vertreters, derzeit des Landes Niederösterreich als Kinder‑ und Jugendhilfeträger, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Amstetten, bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Die bis zur Rechtskraft des Beschlusses fälligen Beträge sind – abzüglich bisher geleisteter Zahlungen – binnen 14 Tagen, die weiterhin fällig werdenden Beträge jeweils am 1. eines jeden Monats im Vorhinein zu entrichten.

2. Das Mehrbegehren der Minderjährigen, ihren Vater zu weiteren monatlichen Unterhaltsbeiträgen von 5 EUR, insgesamt daher monatlich 260 EUR ab 1. 1. 2019 zu verpflichten, wird abgewiesen.“

 

Begründung:

Die Minderjährige lebt im Haushalt ihrer Mutter und wird von ihr betreut. Die Geldunterhaltsverpflichtung des Vaters war bislang noch nicht endgültig festgesetzt, aufgrund der einstweiligen Verfügung des Erstgerichts vom 3. 12. 2018 ist er zur Leistung eines vorläufigen monatlichen Unterhaltsbeitrags von 121,90 EUR verpflichtet.

Die Minderjährige beantragte für Dezember 2018 einen Unterhaltsbeitrag von 240 EUR, ab 1. 1. 2019 hingegen monatlich 260 EUR. Der Vater habe als Leasingarbeiter ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 1.517 EUR erzielt. Er beziehe seit 29. 12. 2018 Arbeitslosengeld, bei Anspannung aller Kräfte sei es ihm aber weiterhin möglich, eine Anstellung zu finden, die ihm dieses Einkommen ermögliche. Da die Mutter Kinderbetreuungsgeld beziehe und den Familienbonus Plus nicht in Anspruch nehme, habe der Vater diesen nach der Anspannungstheorie zu beantragen, dadurch erhöhe sich sein Nettoeinkommen auf 1.628 EUR monatlich. Weitere Sorgepflichten des Vaters seien nicht zu berücksichtigen.

Der Vater, dem die Anträge gemäß § 17 AußStrG zur Äußerung zugestellt wurden, beteiligte sich am Verfahren nicht.

Das Erstgericht setzte die monatlichen Unterhaltsbeiträge des Vaters ab 1. 12. 2018 mit monatlich 240 EUR fest und wies das Mehrbegehren von 20 EUR ab 1. 1. 2019 ab. Es ging von einem erzielten bzw seit Anfang 2019 erzielbaren monatlichen Nettoeinkommen von 1.300 EUR aus. Das steuerpflichtige Einkommen des Vaters betrage 16.536 EUR, weitere Sorgepflichten seien nicht feststellbar. Der mit 1. 1. 2019 neu eingeführte Familienbonus Plus sei aufgrund der Anspannungsobliegenheit auch dann zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltsschuldner ihn trotz erfüllter Voraussetzungen nicht beantrage. Dem Kind stehe nach der Prozentsatzmethode ein Unterhaltsanspruch von 16 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu. Der Familienbonus Plus erhöhe die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht, sondern sei nur auf den wegen der notwendigen Anrechnung der Transferleistungen auf den Unterhaltsanspruch erforderlichen Kürzungsbetrag anzurechnen. Da nach der in der Rechtsprechung entwickelten Formel Unterhalt (gekürzt) = Unterhalt – (Unterhalt x Grenzsteuersatz x 0,004) + Unterhaltsabsetzbetrag + Familienbonus die durch die Prozentquoten vom Nettoeinkommen vorgegebenen Leistungsgrenzen nicht überschritten werden dürfen, seien die Unterhaltsbeträge auch ab 1. 1. 2019 nur auf 240 EUR zu erhöhen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Minderjährigen gegen den abweisenden Teil dieses Beschlusses nicht Folge. Der Bezug des Familienbonus Plus könne bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht außer Betracht bleiben, weil er zu einer Erhöhung des Nettoeinkommens führe. Zusätzlich sei der Familienbonus Plus in den Fällen, in denen er zur steuerlichen Entlastung herangezogen werden müsse, auch bei dieser durch Anrechnung zu berücksichtigen. Insgesamt dürfe die dadurch bewirkte Unterhaltserhöhung aber niemals mehr ausmachen als der Familienbonus Plus, was eine Parallelrechnung „mit“ und „ohne“ Familienbonus Plus sowohl bei Einkommen als auch bei der steuerlichen Entlastung erfordere. Hier sei von einer Einkommenssteigerung des Unterhaltsschuldners von nur 78 EUR pro Monat unmittelbar aufgrund des Familienbonus Plus auszugehen. Die vom Kinder‑ und Jugendhilfeträger zugrunde gelegte Einkommenserhöhung um 111 EUR monatlich sei nicht nachvollziehbar, möglicherweise aber durch eine SV‑Rückerstattung gemäß § 33 Abs 8 Z 2 EStG zu erklären, deren Berücksichtigung im Unterhaltsverfahren nicht in Betracht komme. Angesichts des hier anzuwendenden Grenzsteuersatzes von 25 % ergebe sich die ausreichende Entlastung des Unterhaltsschuldners aufgrund der Anrechnung der Familienbeihilfe bereits durch den Unterhaltsabsetzbetrag, den das Erstgericht bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage ohnedies nicht veranschlagt habe. Damit ergebe sich aufgrund der Prozentsatzmethode ein monatlicher Unterhaltsanspruch des Kindes ab 1. 1. 2019 von 255 EUR.

Allerdings verneinte das Rekursgericht die Verpflichtung des Vaters, den Familienbonus Plus bereits ab Jänner 2019 im Weg der Auszahlung über den Dienstgeber zu beantragen. Da der Unterhaltsschuldner die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs durch Vorlage des Titels und der Zahlungsbelege nachweisen müsse, komme eine derartige Anspannung einer unterhaltsrechtlichen Offenbarungspflicht gleich. Überdies hänge die Höhe des dem Unterhaltsschuldner letztlich zufließenden Steuervorteils davon ab, dass er dem Dienstgeber die vollständige Erfüllung der Unterhaltspflicht nachweise. Mache der Unterhaltsschuldner geltend, dass er den Unterhalt nicht zur Gänze habe leisten können, weil er zu hoch festgesetzt sei, er rechtzeitig eine Herabsetzung beantragt habe, sich das Verfahren aber lange hinziehe, seien während des Herabsetzungsverfahrens aufgelaufene Rückstände allenfalls nicht vom Unterhaltsschuldner zu verantworten. Die Anspannung des Unterhaltsschuldners auf den Bezug des ihm tatsächlich mangels voller Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung nicht zustehenden Familienbonus Plus könne daher dazu führen, dass das Kind doppelt profitiere, weil der (erhöhte) Unterhalt einerseits früher festgesetzt werde und der betreuende Elternteil (oder dessen Partner) andererseits den vollen Familienbonus Plus ausschöpfen könne.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, dass es zur Berücksichtigung des Familienbonus Plus noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe.

In ihrem ordentlichen Revisionsrekurs wendet sich die Minderjährige gegen die Abweisung ihres Unterhaltsmehrbegehrens und beantragt die Festsetzung der Unterhaltspflicht des Vaters unter Berücksichtigung des Familienbonus Plus ab 1. 1. 2019 mit 260 EUR. Die Anspannungsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen auf sofortigen Bezug des Familienbonus Plus sei zu bejahen. Da für die Unterhaltsbemessung nur das Nettoeinkommen maßgeblich sei, reduziere der Familienbonus Plus die Steuerlast des Empfängers. Auch Negativsteuern wie die SV‑Rückerstattung und der Verkehrsabsetzbetrag seien als die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhend zu berücksichtigen.

Der Vater hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Er ist auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Grundsätzliches zum Familienbonus Plus:

1.1. Mit 1. 1. 2019 hat der Gesetzgeber in § 33 Abs 3a EStG einen neuen Steuerabsetzbetrag eingeführt. Der sogenannte Familienbonus Plus ersetzt den Kinderfreibetrag nach § 106a EStG aF sowie die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten. Ausdrückliches Ziel war die finanzielle Entlastung von berufstätigen Eltern (ErläutRV 190 BlgNR 26. GP  1). Der Familienbonus Plus beträgt bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat, für jedes Kalendermonat 125 EUR (§ 33 Abs 3a Z 1 lit a EStG), ab diesem Zeitpunkt für jeden Kalendermonat 41,68 EUR (§ 33 Abs 3a Z 1 lit b EStG). Gemäß § 33 Abs 3a Z 3 EStG ist der Familienbonus Plus in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs 4 Z 3 zusteht:

‑ beim Familienbeihilfeberechtigen oder dessen (Ehe‑)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

‑ beim Familienbeihilfeberechtigen und dessen (Ehe‑)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrags;

b) für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs 4 Z 3 zusteht:

‑ beim Familienbeihilfeberechtigen oder dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

‑ beim Familienbeihilfeberechtigen und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrags.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu. Gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit c EStG ist die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit a und b bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrags zu berücksichtigen. Im Regelfall ist daher davon auszugehen dass der Familienbonus Plus den Eltern jeweils zur Hälfte zusteht ( Gitschthaler , Familienbonus Plus und Unterhaltsrecht, EF-Z 2019/62, 116; Neuhauser , Einige Auswirkungen des Familienbonus Plus auf die Bemessung des Kindesunterhalts, iFamZ 2018, 196 [197]).

1.2. Grundsätzlich soll nach dem Willen des Gesetzgebers (ErläutRV 190 BlgNR 26. GP  9) der Familienbonus Plus der Systematik der Lohnverrechnung sowie der Familienbeihilfe folgend einer monatsweisen Betrachtung unterliegen, die Entscheidung der Eltern, ob nur einer der beiden oder beide jeweils die Hälfte des Familienbonus Plus beantragen, soll nur jahresweise möglich sein. Die Regeln des Familienbonus Plus gelten stets für jedes Kind gesondert. Voraussetzung für den Bezug des Familienbonus Plus ist der Bezug der Familienbeihilfe für das Kind nach dem FLAG 1967. Während § 33 Abs 3a Z 3 lit a EStG typischerweise Kinder betrifft, deren Eltern im gemeinsamen Haushalt leben und nur bei diesen neben dem Familienbeihilfeberechtigen auch dessen (Ehe‑)Partner als anspruchsberechtigt normiert wird, betrifft lit b leg cit Kinder, für die ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, somit solche, für die vom nicht im selben Haushalt mit dem Kind lebenden Elternteil Alimente geleistet werden. Diesfalls fällt die Antragsberechtigung des Ehepartners des Familienbeihilfeberechtigten weg. Der Familienbonus Plus ist mit dem Unterhaltsabsetzbetrag verknüpft, für den nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG nicht nur Voraussetzung ist, dass das Kind nicht dem Haushalt des Unterhaltspflichtigen zugehört, sondern auch, dass der Steuerpflichtige für dieses Kind den gesetzlichen Unterhalt tatsächlich leistet. Nach den Materialien soll die in Z 3 lit a und c leg cit vorgesehene Wahlmöglichkeit zwischen dem Familienbeihilfeberechtigten und seinem (Ehe‑)Partner auch insoweit zur Anwendung kommen als ein Unterhaltsverpflichteter seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht oder nicht zur Gänze nachkommt und daher für die entsprechende Anzahl der Monate kein Unterhaltsabsetzbetrag und damit auch kein Familienbonus Plus zusteht.

1.3. Der Familienbonus Plus ist als erster Absetzbetrag von der sich aufgrund des Einkommensteuertarifs errechneten Steuer abzuziehen (ErläutRV 190 BlgNR 26. GP  8), ein Steuerbetrag unter Null kann durch den Familienbonus Plus selbst nicht zustande kommen ( Peyerl , Der steuerliche Familienbonus Plus in der Unterhaltsbemessung, iFamZ 2018, 193). Allenfalls könnte es durch in weiterer Folge abzuziehende Absetzbeträge zu einer Einkommensteuer unter Null und gemäß § 33 Abs 8 EStG zu einer SV‑Rückerstattung bzw Rückerstattung des Alleinverdiener‑ oder Alleinerzieherabsetzbetrags kommen (ErläutRV 190 BlgNR 26. GP  8; Peyerl aaO). Bei steuerpflichtigen Jahreseinkommen bis etwa 11.000 EUR fällt der Familienbonus Plus mangels Einkommensteuerschuld gänzlich aus ( Bräumann , Umfassende Reformen der steuerlichen Familienförderung – der neue Familienbonus Plus und die umstrittene Indexierung familienbezogener Steuererleichterungen bei Kindern im Ausland, iFamZ 2018, 186 [188]). Die volle Ausschöpfung des Familienbonus Plus für ein minderjähriges Kind durch einen Berechtigten erfordert ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen von zumindest 17.000 EUR, bei Unselbständigen daher einen Bruttobezug von etwa 1.960 EUR ( Bräumann aaO; Tews – Familienbonus Plus – Ende der Familienbeihilfenanrechnung, EF‑Z 2019/3).

1.4. Erstmalig kann der Familienbonus Plus für das Kalenderjahr 2019 geltend gemacht werden. Bei Unselbständigen, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen, ist die Berücksichtigung schon unterjährig durch reduzierten Steuerabzug und nicht erst nachträglich im Zuge einer Steuererklärung und -rückerstattung möglich ( Bräumann aaO [188]; Tews aaO [8 f]; § 66 Abs 1 EStG idF JStG 2018). Dem Arbeitgeber ist dafür je Kind ein amtlicher Vordruck zu übergeben und der Anspruch auf Familienbeihilfe (etwa durch Bestätigung des Finanzamts) und den Unterhaltsabsetzbetrag (etwa durch Gerichtsbeschluss und Zahlungsbelege) nachzuweisen ( Bräumann aaO; § 129 EStG idF JStG 2018). Der Arbeitgeber soll nach den Materialien eine Art Gutglaubensschutz im Hinblick auf die Angaben der Steuerpflichtigen genießen und nur haften, wenn diese „offensichtlich unrichtig“ waren (ErläutRV 190 BlgNR 26. GP  20; Bräumann aaO).

2. Anspannung auf (sofortigen) Bezug des Familienbonus:

2.1. Nach der im Unterhaltsrecht allgemein anerkannten (RIS-Justiz RS0009564) Anspannungstheorie trifft den Unterhaltsschuldner die Obliegenheit, alle seine Kräfte anzuspannen und alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit hätte erzielen können (RS0047686; RS0047550; RS0047511). Unterlässt es ein Unterhaltspflichtiger aus in seiner Sphäre liegenden Gründen, einen Antrag auf Gewährung öffentlich-rechtlicher Leistungen zu stellen, muss er sich auch dieses ihm mögliche Einkommen für die Unterhaltsleistung anrechnen lassen (RS0047385; Gitschthaler , Unterhaltsrecht 3 Rz 334 f). Diese Verpflichtung bejahte der Oberste Gerichtshof etwa bereits im Fall der unterlassenen Arbeitnehmerveranlagung zwecks Lohnsteuerrückvergütung durch den Unterhaltspflichtigen (RS0123500 = 7 Ob 97/08b).

2.2. Die Literatur bejaht die Anspannungsobliegenheit betreffend Bezug des Familienbonus Plus einhellig:

Neuhauser (Einige Auswirkung des Familienbonus Plus auf die Bemessung des Kinderunterhalts, iFamZ 2018/196) geht davon aus, dass im Fall der Teilung der Unterhaltspflicht zwischen dem hauptsächlich betreuenden und dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil verfahrensrechtlich auch bei der Unterhaltsbemessung – mangels spezifischen anderweitigen Vorbringens – von einer Teilung des Familienbonus Plus im Verhältnis 1:1 durch beide Eltern auszugehen sei. Die Inanspruchnahme allein durch den betreuenden oder allein durch den geldunterhaltspflichtigen Elternteil verlange entsprechendes Vorbringen. Dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil sei ein wirksames Vorbringen, die Betreuungsperson beziehe den gesamten Familienbonus Plus, regelmäßig zu verwehren, zumal er es selbst in der Hand habe, die Voraussetzungen für den Bezug der Hälfte des Familienbonus Plus herzustellen. Erhalte der Unterhaltspflichtige wegen mangelnder Erfüllung der Geldunterhaltspflicht den Unterhaltsabsetzbetrag und den Familienbonus Plus nicht, sei er im Verhältnis zum Kind so zu behandeln, als ob er diese Beträge erhielte. Beziehe der Geldunterhaltspflichtige weder Unterhaltsabsetzbetrag noch Familienbonus Plus müsse er darlegen, dass dies aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen erfolge.

P eyerl (Der steuerliche Familienbonus Plus in der Unterhaltsbemessung, iFamZ 2018, 193 [195]) meint, der Unterhaltspflichtige sei zur vollen Geltendmachung des Familienbonus Plus immer dann verpflichtet, wenn der Familienbeihilfeberechtigte seinen Hälfteanteil (mangels entsprechend hohen Einkommens) nicht optimal nutzen könne.

Auch Te ws (Familienbonus Plus – Ende der Familienbeihilfenanrechnung, EF-Z 2019/3, 8 [9]) vertritt die Auffassung, der geldunterhaltspflichtige Elternteil müsse sich den Steuervorteil bei der Unterhaltsbemessung laufend anrechnen lassen.

Gitschthaler (Familienbonus Plus und Unterhaltsrecht, EF-Z 2019/62 [116]) betont ebenfalls, dass der Familienbonus Plus im Regelfall den Eltern jeweils zur Hälfte zustehe; liege kein solcher Regelfall vor, müsse der dadurch Begünstigte entsprechende Behauptungen aufstellen, warum es konkret zu dieser Abweichung kam. Beziehe der geldunterhaltspflichtige Elternteil den Familienbonus Plus nicht, obwohl er bei Antragstellung Anspruch darauf hätte, sei er anzuspannen, was jedenfalls für den halben Familienbonus Plus gelte. Wisse der geldunterhaltspflichtige Elternteil, dass der andere kein Einkommen (und damit keine Steuerersparnis) habe bzw den Kindermehrbetrag erhalte und er als Geldunterhaltspflichtiger deshalb den Familienbonus Plus geltend machen könnte, so sei dies im Rahmen der Anspannung zu seinen Lasten zu berücksichtigen.

Schwimann/Kolmasch (Unterhaltsrecht 9 , S 158) meinen, dass aufgrund der Anspannungsobliegenheit der Familienbonus Plus zumindest mit dem halben Betrag auch dann zu berücksichtigen sei, wenn der Unterhaltsschuldner diesen Absetzbetrag trotz Vorliegens der Voraussetzungen nicht beantragt oder die Inanspruchnahme aus von ihm zu vertretenden Gründen scheitert so etwa, weil er Unterhalt nicht vollständig geleistet hat. Dass in diesem Fall der betreuende Elternteil den vollen Familienbonus geltend machen könne (sofern er denn ein entsprechendes Einkommen habe), sei unerheblich, komme es doch ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Geldunterhaltspflichtigen und dem Kind an.

2.3. Der erkennende Senat schloss sich in der kürzlich ergangenen Entscheidung 5 Ob 236/18v dieser von der einheitlichen Lehre vertretenen Auffassung an. Im Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung ist der geldunterhaltspflichtige Elternteil, der einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, grundsätzlich auf den halben Betrag anzuspannen, wenn er den Familienbonus Plus mangels Antragstellung nicht bezieht. Auch wenn der Bezug des Familienbonus Plus an den Bezug des Unterhaltsabsetzbetrags gekoppelt und damit von der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht abhängig ist, kommt insoweit der Anspannungsgrundsatz zum Tragen. Ein geldunterhaltspflichtiger Elternteil, der mangels Erfüllung seiner Verpflichtungen den Unterhaltsabsetzbetrag und deshalb den Familienbonus Plus nicht erhält, ist im Verhältnis zu seinem unterhaltsberechtigten Kind so zu behandeln, als ob er diese Beträge erhielte. Dazu zwingt schon die Überlegung, dass sonst jede Nichtleistung des Unterhalts gleichzeitig eine Verringerung des Unterhaltsanspruchs nach sich ziehen müsste.

2.4. An diesen Grundsätzen ist ungeachtet der Bedenken des Rekursgerichts gegen eine Anspannungsobliegenheit festzuhalten. Dass es einem Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich unzumutbar wäre, seinem Dienstgeber seine Geldunterhaltspflicht und die von ihm erbrachten Zahlungen nachzuweisen, trifft schon deshalb nicht zu, weil der Gesetzgeber gerade dies bewusst als Voraussetzung für die sofortige Inanspruchnahme des Familienbonus Plus angeordnet hat. Dieser neue Steuerabsetzbetrag betrifft eine große Zahl von unselbständig Erwerbstätigen, die naheliegenderweise danach trachten werden, den Familienbonus Plus sofort und nicht erst im Weg der Arbeitnehmerveranlagung im Nachhinein lukrieren zu können. Die Entgegennahme von Unterhaltstiteln samt Zahlungsbelegen wird daher gängige Praxis von Lohnverrechnern werden (müssen). Der zu erbringende Nachweis betrifft die Erfüllung der Unterhaltspflicht, was die Gefahr einer Lohnexekution für den Dienstgeber augenscheinlich reduziert.

2.5. Im Sinn Gitschthalers (aaO 116) wird darüber hinaus in dem Fall, dass der geldunterhaltspflichtige Elternteil weiß oder wissen muss, dass der andere kein Einkommen und damit keine Steuerersparnis hat, auch verpflichtet sein, sofort den vollen Familienbonus zu beantragen. Eine derartige Verpflichtung des Unterhaltspflichtigen ohne derartige Anhaltspunkte (so offenbar Payerl aaO [195]) findet in der Anspannungsobliegenheit des Unterhaltsschuldners hingegen keine Deckung mehr und ist als zu weitgehend abzulehnen.

2.6. Dessen ungeachtet ist dem Rekursgericht insoweit zu folgen, als die grundsätzliche Anspannungsobliegenheit des Geldunterhaltspflichtigen dann nicht besteht, wenn es ihm aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen unmöglich oder unzumutbar sein sollte, bei seinem Arbeitgeber den sofortigen Bezug des Familienbonus Plus in voller oder auch nur halber Höhe zu beantragen. Behauptungs‑ und beweispflichtig für derartige Umstände ist nach allgemeinen Grundsätzen der Geldunterhaltsschuldner (vgl RS0006261 [T18, T19]; RS0111084 [T1]).

2.7. Hier hat sich der geldunterhaltspflichtige Vater am Verfahren nicht beteiligt. Vorbringen dahin, dass und aus welchen Gründen ihm der sofortige Bezug des Familienbonus Plus im Wege der Lohnverrechnung bei der ihm als möglich und zumutbar unterstellten (Wieder‑)Aufnahme einer Beschäftigung als Leiharbeiter unmöglich bzw unzumutbar wäre, hat der Vater nicht erstattet. Aus der Aktenlage lassen sich derartige Umstände nicht ableiten; dass Leiharbeitsfirmen grundsätzlich Unterhaltspflichtige nicht einstellten, ist nicht zu erkennen und hat das Erstgericht nicht festgestellt. Ein Unterhaltstitel lag dem Vater in Form der einstweiligen Verfügung vom 3. 12. 2018 vor. Zusammen mit entsprechenden Zahlungsbelegen hätte er daher den Familienbonus Plus bereits mit Jänner 2019 beantragen können. Dass die Mutter aufgrund ihres Kinderbetreuungsgeldbezugs den Familienbonus Plus nicht in Anspruch nehmen kann und dies auch nicht tut, ergibt sich aus ihrem dem Vater bereits im Jänner 2019 zugestellten Antrag. Zusätzliches Vorbringen zu einem Bezug des Familienbonus Plus durch einen – allfälligen – neuen Partner der Mutter im Fall, dass dem Vater der Unterhaltsabsetzbetrag wegen nicht vollständiger Unterhaltszahlung nicht gewährt werden sollte, war im Gegensatz zur Auffassung des Rekursgerichts hier nicht erforderlich, zumal die Aktenlage keinen Hinweis auf eine weitere bezugsberechtigte Person im Haushalt der Mutter bietet.

2.8. Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass hier schon aufgrund des Antragsvorbringens davon auszugehen ist, dass dem Vater der volle Familienbonus Plus von seinem Dienstgeber nach entsprechender Antragstellung ab Anfang 2019 ausbezahlt wird bzw werden könnte.

3. Unterhaltsrechtliche Behandlung des Familienbonus Plus:

3.1. Nach ständiger Rechtsprechung muss der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten zu bemessende Geldunterhalt um jenen Teil der Familienbeihilfe, der zur steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen bestimmt ist, gekürzt werden, sofern die nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, B 1285/00, geforderte Entlastung nicht schon durch den Unterhaltsabsetzbetrag oder (bis zum Inkrafttreten des JStG 2018 am 31. 12. 2018) durch den Kinderfreibetrag des § 106a EStG aF eingetreten war (vgl RS0117015; 5 Ob 236/18v; Gitschthaler aaO [116] mwN). Wird der Unterhaltspflichtige bereits durch die Unterhaltsabsetzbeträge ausreichend steuerlich entlastet, braucht der Unterhaltsberechtigte keine Kürzung des nach zivilrechtlichen Kriterien bemessenen Unterhaltsbetrags hinzunehmen (RS0117016 [T5]; Neuhauser aaO [196]). Die (teilweise) Anrechnung des Bezugs der Familienbeihilfe auf die Geldunterhaltspflicht ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch dann vorzunehmen, wenn die Unterhaltsbemessungsgrundlage nach dem Anspannungsgrundsatz ermittelt wird (3 Ob 40/02g; 6 Ob 83/02b; 10 Ob 49/10v; Gitschthaler , Unterhaltsrecht 3 Rz 736; krit Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 9 152).

3.2. Die Literatur vertritt ausgehend von der zuletzt in der Entscheidung 6 Ob 240/17p zur Berücksichtigung der Steuerersparnis durch den Kinderfreibetrag nach § 106a EStG aF entwickelten Formel (Unterhaltsanspruch = Prozentunterhalt – [Prozentunterhalt x Grenzsteuersatz {als ganze Zahl} x 0,004] + Unterhaltsabsetzbetrag + Ersparnis durch Kinderfreibetrag) zur Anrechnung des Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung überwiegend die Auffassung, dass in dieser Formel ab 1. 1. 2019 an die Stelle der Steuerersparnis durch den Kinderfreibetrag der (in der Regel halbe) Familienbonus zu treten habe ( Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 9 161; Kolmasch , Die Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Kindesunterhalt ab 2019, ZAK 2018, 324 [325]; Payerl aaO; Neuhauser aaO; Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 5 § 231 Rz 205). Diese Ansichten beruhen auf der Überlegung, dass in einem System der mittelbaren Steuerentlastung von Unterhaltsleistungen zusätzliche Absetzbeträge für den geldunterhaltspflichtigen Elternteil ein „Nullsummenspiel“ bewirken und mittelbar dem Kind durch geringere Anrechnung der Transferleistungen zugute kommen müssen (so ausdrücklich 6 Ob 240/17p zum Kinderfreibetrag; vgl auch Gitschthaler aaO [117]). Die Frage, ob zusätzlich zur Anrechnung mittels Formel der Familienbonus auch in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, wird unterschiedlich beantwortet (dafür etwa Payerl iFamZ 2018, 193 [195]); dagegen soweit der Familienbonus zur steuerlichen Entlastung des Unterhalts dient Kolmasch aaO [327]; Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 9 14; Kolmasch , Familienbonus und Unterhalt – zwischen Zweck und Verteilungsfragen, ZAK 2019, 144).

3.3.  Tews aaO (9) nennt drei Varianten für die Berücksichtigung und plädiert für die gänzliche Vernachlässigung der Steuerersparnis, womit der Familienbonus Plus weder die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhe noch die Steuerersparnis bei der Anrechnung der Familienbeihilfe eingesetzt werde. Als zweite Variante erörtert er die Erhöhung nur der Unterhaltsbemessungsgrundlage und damit Weitergabe der Steuerersparnis im Ausmaß der Beteiligungsprozente für die Kinder; diesfalls sei eine Berücksichtigung bei der Anrechnung der Familienbeihilfe ausgeschlossen. Die dritte von ihm genannte Variante wäre keine Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage, dafür aber die Berücksichtigung der steuerlichen Entlastung bei der Anrechnung der Familienbeihilfe, was zu einer 1:1‑Erhöhung des Unterhalts im Ausmaß des tatsächlich wirksamen Steuerabsetzbetrags führte.

3.4.  Gitschthaler (aaO) fordert die Anrechnung zum Vorteil des Geldunterhaltspflichtigen ohne Berücksichtigung des Familienbonus Plus beizubehalten und das Kind nur durch Einbeziehung des Familienbonus Plus in die Unterhaltsbemessungsgrundlage partizipieren zu lassen. Ein Ergebnis, in dem die Steuerentlastung durch den Familienbonus Plus und im Kürzungsbetrag aufgrund der Familienbeihilfenrechnung das Ergebnis der Prozentsatzmethode übersteigen würde, sei abzulehnen; bei Anwendung der Formel sei insgesamt nur der Prozentunterhalt begründbar. Der den Kürzungsbetrag übersteigende Teil der Steuerersparnis habe jedenfalls dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil zu verbleiben und könnte nur allenfalls die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhen. Einer Kombination aus Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage sowie den Familienbonus Plus und dessen Berücksichtigung in der Anrechnungsformel tritt er grundsätzlich entgegen. Im Hinblick darauf, dass eine Absicht des historischen Gesetzgebers den Kinderfreibetrag 1:1 durch den Familienbonus Plus zu ersetzen nicht erkennbar sei, sei es sachgerecht, den Familienbonus Plus nur bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

3.5. In der bereits zitierten Entscheidung 5 Ob 236/18v hat der erkennende Senat die Auffassung von Tews , den Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung überhaupt nicht zu berücksichtigen, mit der Begründung abgelehnt, angesichts der Höhe des Familienbonus Plus führe dieser Absetzbetrag zu einer steuerlichen Entlastung in einem solchen Ausmaß, dass dies nicht zur Gänze unberücksichtigt bleiben könne. Daran ist festzuhalten. Ob der Familienbonus Plus die Anrechnung der Transferleistungen kürzen und damit zu einer Erhöhung des Kindesunterhalts im Ausmaß der Steuerersparnis führen soll oder es nicht nur sachgerecht, sondern auch richtig erscheint, den Familienbonus Plus (nur) bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, war dort nicht zu beantworten, weil der noch strittige Erhöhungsbetrag in beiden Varianten Deckung fand.

3.6. Auch im hier zu beurteilenden Fall ist diese Frage letztlich nicht entscheidend.

Folgte man der Auffassung Gitschthalers , wäre die Steuerersparnis und die dadurch bewirkte Erhöhung des Nettoeinkommens des Vaters durch den Familienbonus Plus jedenfalls im Weg der Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, die Minderjährige würde dann im Rahmen des ihr gebührenden Prozentunterhalts partizipieren.

Aber auch dann, wenn man mit Kolmasch , Peyerl und Neuhauser den Familienbonus Plus auf den wegen Anrechnung der Transferleistungen erforderlichen Kürzungsbetrag des Unterhalts anrechnen wollte, würde dies im hier zu beurteilenden Fall kein anderes Ergebnis bringen: Vorauszuschicken ist, dass der erkennende Senat – dem Rekursgericht folgend – die Auffassung vertritt, dass eine Kombination aus einer Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage und der Anrechnung auf den Kürzungsbetrag wegen der Transferleistungen nicht in Betracht kommt, zumal dies in einzelnen Fällen sogar zum– abwegigen – Ergebnis einer Erhöhung der Geldunterhaltspflicht über das Ausmaß des tatsächlich bezogenen Familienbonus Plus führen könnte (so auch Gitschthaler aaO; Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 9 14, 157) . Ebenso ist Gitschthaler und Kolmasch dahin zu folgen, dass selbst bei Anwendung der „Formel“ das Ergebnis den nach der Prozentsatzmethode ermittelten Unterhaltsbeitrag nicht übersteigen darf. Allerdings geht die Literatur nahezu einhellig davon aus, dass der Bezug des Familienbonus Plus die Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund des höheren Nettoeinkommens an sich erhöht (nach Kolmasch zumindest in dem Ausmaß, als er nicht als Kürzungsbetrag für die Anrechnung von Familienleistungen zu verwenden ist). Dass in einem Fall, wo die ausreichende steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bereits durch den Unterhaltsabsetzbetrag erfolgt (sodass der Unterhaltsberechtigte keine Kürzung hinzunehmen hat), der Bezug des Familienbonus Plus durch den Unterhaltsschuldner keine unterhaltsrechtlichen Auswirkungen haben sollte, meint nur Tews (aaO), dessen Auffassung der Oberste Gerichtshof aber bereits zu 5 Ob 236/18v abgelehnt hat. Der erkennende Senat vertritt vielmehr die Auffassung, dass das durch einen echten Steuerabsetzbetrag erhöhte Nettoeinkommen durch Bezug des Familienbonus Plus jedenfalls dann zu einer höheren Unterhaltsbemessungsgrundlage zu führen hat, wenn die Anrechnung von Transferleistungen bereits durch den Unterhaltsabsetzbetrag ausreichend gewährleistet ist.

3.7. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass zunächst anhand der Feststellungen über das steuerpflichtige Jahreseinkommen des unterhaltsverpflichteten Vaters der Grenzsteuersatz zu ermitteln war (wobei darauf abzustellen ist, aus welchem Einkommensbereich der Jahresunterhalt überwiegend bezahlt wird – vgl Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 9 , 163–164). Hier ergab sich mit den Vorinstanzen ein Grenzsteuersatz von 25 %, der im Sinn der ständigen Rechtsprechung (RS0117015) um 20 % zu reduzieren war. Die bereits dargestellte Formel, in der zunächst das Nettoeinkommen ohne Berücksichtigung des Steuervorteils durch den Familienbonus Plus einzusetzen war, zeigt, dass der Unterhaltsabsetzbetrag für die Minderjährige von 29,20 EUR (den die Vorinstanzen im Übrigen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht einrechneten) ausreicht, um die gebotene steuerliche Entlastung durch Anrechnung der Familienbeihilfe zu erzielen. Damit kommt aber die von Kolmasch , Peyerl und Neuhauser vorgeschlagene Anrechnung des Familienbonus Plus auf die Kürzung des Unterhaltsanspruchs wegen der Transferleistungen im konkreten Fall überhaupt nicht in Betracht. Der Familienbonus Plus erhöhte aber das Nettoeinkommen, das grundsätzlich der Unterhaltsleistung zugrunde zulegen ist (2 Ob 115/11t; 5 Ob 236/18v; Gitschthaler aaO 118). Die Minderjährige kann hier daher nur mit dem nach der Prozentsatzmethode ermittelten Anteil von 16 % am Familienbonus Plus Bezug ihres Vaters partizipieren; eine Anrechnung auf den Kürzungsbetrag wegen Anrechnung der Familienbeihilfe kommt bei Unterhaltsbeträgen, denen ein Einkommen mit einem Grenzsteuersatz von 25 % zugrunde zulegen ist, hingegen auch bei Verwendung der bereits erwähnten Formel nicht in Betracht.

4. Höhe des Familienbonus Plus:

4.1. Eine Berücksichtigung des Familienbonus Plus bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage kann nur in dem Ausmaß erfolgen, als er tatsächlich steuerlich wirksam wird. Da es sich dabei um einen Steuerabsetzbetrag handelt, der nur die tatsächliche Steuerbelastung reduzieren kann, bedarf es nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanzen zunächst der Ermittlung des Bruttoeinkommens und der darauf entfallenden Lohnsteuer (ohne Berücksichtigung von Sonderzahlungen). Das Rekursgericht ermittelte ausgehend von einem Nettoeinkommen des Vaters von 1.300 EUR und einem Bruttobezug von 1.623,47 EUR eine Einkommensteuerbelastung von monatlich 78 EUR und berücksichtigte die Steuerwirksamkeit des Familienbonus Plus daher nur mit diesem Betrag. Dabei handelt es sich einerseits um der Kognition des Obersten Gerichtshofs ohnedies entzogene Tatsachenfragen (vgl RS0111996). Andererseits kann aus rechtlicher Sicht dahingestellt bleiben, ob „Negativsteuer“ aufgrund der SV‑Rückerstattung oder eines rückzuerstattenden Verkehrsabsetzbetrags und/oder Alleinverdienerabsetzbetrags bei dem hier zugrunde gelegten Einkommen zu berücksichtigen wären, weil es diesbezüglich an jeglichem Vorbringen in erster Instanz fehlte. Die Behauptungs- und Beweislast für ein zumutbarerweise erzielbares höheres Einkommen (hier: aufgrund von „Negativsteuern“) traf aber die durch den Anspannungsgrundsatz begünstigte Partei (RS0006261 [T5]), hier also die Minderjährige. Ihre nicht näher begründete Behauptung, unter Berücksichtigung des Familienbonus Plus könne der Vater ein Einkommen von 1.628 EUR monatlich netto im Jahresschnitt erzielen, hat sie nicht bewiesen; theoretische Erörterungen über die Auswirkung von „Negativsteuern“ aufgrund Verkehrsabsetzbetrag oder SV‑Rückerstattung sind aus diesem Grund entbehrlich.

4.2. Der Onlinerechner des BMF vermag – als bloßes Rechenprogramm – für sich allein die Anrechnung eines höheren als vom Rekursgericht ermittelten Betrags von 78 EUR als Familienbonus Plus ohne weitere Behauptungen nicht zu rechtfertigen. Davon abgesehen wird eine „Negativsteuer“ nach dem Konzept des EStG (vgl § 33 Abs 8 EStG) nicht laufend vom Arbeitgeber, sondern erst im Weg der Veranlagung ausbezahlt und kann daher als Lohnsteuerrückvergütung erst in dem Jahr überhaupt Berücksichtigung finden, in dem dieser Betrag dem unselbständig Erwerbstätigen tatsächlich zugeflossen ist (vgl RS0047261).

5. Ergebnis

5.1. Zusammenfassend folgt:

Jedenfalls in den Fällen, in denen das Ergebnis der vom Obersten Gerichtshof entwickelten Formel (Unterhaltsanspruch = Prozentunterhalt – [Prozentunterhalt x Grenzsteuersatz {als ganze Zahl} x 0,004] + Unterhaltsabsetzbetrag) ergibt, dass die ausreichende Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bereits durch den Unterhaltsabsetzbetrag erfolgte, ist es sachgerecht, die Erhöhung des Nettoeinkommens durch den Steuervorteil des Familienbonus Plus dadurch zu berücksichtigen, dass dieser der Unterhaltsbemessungsgrundlage zugeschlagen wird. Allenfalls aufgrund des Familienbonus Plus im Weg der „Negativsteuer“ anzurechnende andere Absetzbeträge sind hingegen erst im darauffolgenden Jahr als steuermindernd zu berücksichtigen. Auf den Bezug des halben Familienbonus Plus ist der Geldunterhaltspflichtige grundsätzlich anzuspannen; es steht ihm frei zu behaupten und zu beweisen, dass ihm der sofortige Bezug des Familienbonus Plus aus bestimmten Gründen unmöglich oder unzumutbar ist. Den Antrag auf den vollen Familienbonus Plus hat der Unterhaltspflichtige dann zu stellen, wenn er weiß oder wissen muss, dass der Familienbeihilfeberechtige keinen Anspruch auf Familienbonus Plus hat.

5.2. Für den konkreten Fall ergibt sich daraus, dass die Unterhaltsbemessungsgrundlage des Vaters um den steuerlich wirksamen Familienbonus Plus von 78 EUR zu erhöhen ist, den der Vater bei Aufnahme der ihm zumutbaren Beschäftigung mit dem festgestellten Einkommen in dieser Höhe steuermindernd beim Dienstgeber beantragen hätte können. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage ist daher von monatlich durchschnittlich 1.517 EUR auf 1.595 EUR zu erhöhen. Davon stehen der Minderjährigen mangels nachgewiesener weiterer Sorgepflichten des Vaters 16 %, das sind daher 255 EUR als monatlicher Unterhaltsanspruch ab 1. 1. 2019, zu.

5.3. In diesem Umfang war dem Revisionsrekurs der Minderjährigen daher Folge zu geben, das Mehrbegehren von 5 EUR ab 1. 1. 2019 bleibt hingegen als nicht in einer Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage gedeckt abgewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte