OGH 4Ob52/02d (RS0117015)

OGH4Ob52/02d18.3.2022

Rechtssatz

Bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 %.

Prozent — IAEO — Unterhalt — Bemessung — Einkommen(sbestandteile)

 

Normen

ABGB §140 Ba
ABGB §140 Bb
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §231 Ba
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §231 Bb
FamLAG §12a

4 Ob 52/02dOGH19.11.2002
4 Ob 46/02xOGH19.11.2002
4 Ob 42/02hOGH19.11.2002
4 Ob 225/02wOGH19.11.2002
4 Ob 224/02yOGH19.11.2002
1 Ob 27/02fOGH13.12.2002
1 Ob 79/02bOGH26.11.2002

Beisatz: Der jeweils maßgebliche Grenzsteuersatz (50%, 41% beziehungsweise 31%) ist pauschal abzusenken, weil ein Geldunterhaltspflichtiger typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte bezieht und auch diese begünstigten Einkünfte für die Unterhaltszahlungen verwenden kann. Auf die individuellen Verhältnisse muss nicht eingegangen werden. Da mit der Weiterverrechnung eines Teils der Transferleistungen eine steuerliche Entlastung verbunden ist, erhöht sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners und damit auch dessen Unterhaltspflicht. (T1)<br/>Beisatz: Bei verfassungskonformer Auslegung ist die Hälfte des vom Geldunterhaltspflichtigen zu zahlenden Unterhalts steuerlich zu entlasten. Dabei sind die Grenzsteuersätze linear um etwa 10 % abzusenken. (T2)

3 Ob 56/02kOGH18.12.2002

Auch

3 Ob 81/02mOGH18.12.2002

Auch

2 Ob 196/02sOGH05.12.2002

Beisatz: Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch 2, mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltabsetzbetrag, ergibt jenen (Teilbetrag) Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist. (T3)

7 Ob 175/02iOGH27.11.2002
7 Ob 71/02wOGH27.11.2002

Auch; nur: Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 %. (T4)<br/>Beis wie T3; Beisatz: Dabei macht es keinen Unterschied, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20%] multipliziert wird. (T5)

7 Ob 26/02bOGH27.11.2002

Auch; nur T4; Beis wie T3; Beis wie T5

7 Ob 174/02tOGH11.12.2002

Auch; Beis wie T1 nur: Der jeweils maßgebliche Grenzsteuersatz (50%, 41% beziehungsweise 31%) ist pauschal abzusenken, weil ein Geldunterhaltspflichtiger typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte bezieht und auch diese begünstigten Einkünfte für die Unterhaltszahlungen verwenden kann. (T6)<br/>Beis wie T3; Beis wie T5

7 Ob 167/02pOGH11.12.2002

Auch; Beis wie T3; Beis wie T5; Beis wie T6

9 Ob 4/02gOGH18.12.2002

nur: Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist. (T7)<br/>Beis wie T3; Beisatz: Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden (reduzierten) Steuersatz entspricht. Als Ergebnis erhält man den Betrag, von dem vorweg der Unterhaltsabsetzbetrag als Transferleistung an den Geldunterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Der Rest ist die Grundlage für die weitere Berechnung zur Ermittlung jenes Betrages, der von der nach der Prozentmethode ermittelten Unterhaltsschuld - zugunsten des Unterhaltspflichtigen - in Abzug zu bringen ist. (T8)

6 Ob 140/02kOGH19.12.2002
6 Ob 108/02dOGH19.12.2002

Beisatz: Die im Rahmen der Unterhaltsbemessung im Sinne der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2001 und vom 19. Juni 2002 gebotene steuerliche Entlastung hat dann nicht zu erfolgen, wenn der Unterhaltsschuldner nicht steuerpflichtig ist (hier: Angestellter der Internationalen Atomenergiebehörde). (T9)

1 Ob 97/02zOGH26.11.2002

Beis wie T1

1 Ob 177/02iOGH26.11.2002
1 Ob 186/02pOGH26.11.2002
1 Ob 114/02zOGH26.11.2002
1 Ob 183/02xOGH13.12.2002
1 Ob 182/02zOGH13.12.2002
1 Ob 90/02wOGH26.11.2002

Beisatz: Die Steuerentlastung mit dem "Spitzensteuersatz" ist daher sachlich nicht berechtigt. Es ist auch nicht erforderlich, auf die individuellen Verhältnisse einzugehen. (T10)

3 Ob 193/02gOGH26.02.2003

Auch

5 Ob 36/02hOGH17.12.2002

Vgl auch; nur T4; Beis wie T3

2 Ob 5/03dOGH27.02.2003

Auch; nur T7; Beis wie T3

5 Ob 37/02fOGH21.01.2003

Vgl auch; nur T4; Beis wie T3

1 Ob 50/03iOGH25.03.2003
2 Ob 65/03bOGH21.05.2003
2 Ob 83/03zOGH08.05.2003

Beisatz: Die Familienbeihilfe soll die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken, damit dieser für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet wird. Daher ist nicht die gesamte, von der betreuenden Person bezogene Familienbeihilfe auf den Geldunterhalt anzurechnen, sondern jeweils nur insoweit, um die gebotene steuerliche Entlastung zu erreichen. (T11)

2 Ob 77/03tOGH21.05.2003
5 Ob 64/03bOGH31.03.2003

Beis wieT3

7 Ob 219/02kOGH30.06.2003

Vgl auch

1 Ob 135/02pOGH29.04.2003

Beis wie T8

1 Ob 208/03zOGH17.10.2003

Vgl auch; Beisatz: Die gesetzlich gebotene steuerliche Entlastung ist grundsätzlich auch ohne einen ausdrücklich darauf abzielenden Antrag zu berücksichtigen. (T12)

4 Ob 185/03iOGH18.11.2003

Vgl auch

10 Ob 18/04aOGH27.04.2004

Vgl; Beisatz: Berechnungsformel für die steuerliche Entlastung des getrennt lebenden Geldunterhaltspflichtigen. (T13)

10 Ob 7/06mOGH22.05.2006

Vgl auch; Beis ähnlich wie T6; Beisatz: Diese von der Rechtsprechung für Unterhaltsperioden vor dem 1. 1. 2005 - also vor dem Inkrafttreten der Einkommensteuerreform - regelmäßig vorgenommene pauschale Absenkung um etwa 20% bewirkt, dass der zu leistende Unterhalt höher ist als ohne Reduktion. Durch die vom Rekursgericht im vorliegenden Fall. nicht vorgenommene Reduktion des Steuersatzes kann der Vater also nicht belastet sein. (T14)

6 Ob 177/06gOGH31.08.2006

Auch; Beis wie T5; Beisatz: Der abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag - wie er sich nach rein zivilrechtlichen Kriterien ergibt - zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist nach bisheriger Rechtsprechung darauf Bedacht zu nehmen, ob der zu entlastende Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen (ins Gewicht fallenden) Teilbetrag der nächst niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist. (T15)

6 Ob 44/07zOGH16.03.2007

Auch; Beisatz: Die vom Obersten Gerichtshof entwickelte konkrete Ermittlung der steuerlichen Entlastung lässt sich mathematisch auf die Formel „Unterhaltsanspruch = Prozentunterhalt - (Prozentunterhalt x Grenzsteuersatz x 0,004) + Unterhaltsabsetzbetrag" zusammenfassen. (T16)<br/>Beisatz: Die früheren Berechnungsmethoden lassen sich - mit etwas veränderten Prozentsätzen - auch auf Zeiträume nach dem 1.1. 2005 anwenden. (T17)<br/>Beisatz: Die „veränderten Prozentsätze" („Grenzsteuersätze") betragen seit 1. 1. 2005 bei einem Jahreseinkommen zwischen 10.001 und 25.000 EUR 38,3 %, zwischen 25.001 und 51.000 EUR 43,6 % und über 51.000 EUR 50%. (T18)

10 Ob 31/08vOGH06.05.2008

Vgl auch

4 Ob 215/09kOGH23.02.2010

Vgl auch

10 Ob 49/10vOGH17.08.2010

Auch; Vgl Beis wie T18

4 Ob 143/12aOGH18.10.2012

Vgl; Beisatz: Auch einem Grenzgänger mit Wohnsitz in Österreich, der im Inland weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig ist, ist eine steuerliche Entlastung entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung zuzubilligen. (T19)

6 Ob 145/13mOGH28.08.2013

Vgl auch

9 Ob 31/14wOGH27.05.2014

Auch; Beisatz: Allgemein ist hinsichtlich der Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht nur der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. (T20)

9 Ob 75/15tOGH25.05.2016

Auch

6 Ob 107/16bOGH27.06.2016

Auch; Beis wie T20

4 Ob 4/17tOGH30.05.2017

Auch

10 Ob 23/18gOGH26.06.2018

Auch; Beisatz: Die nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen basiert auf dem Modell der getrennten Haushaltsführung. Im unterhaltsrechtlichen Betreuungsmodell mit gleichwertigen Betreuungs‑ und Naturalleistungen tritt zunächst die Funktion der Familienbeihilfe als Abgeltung von Betreuungsleistungen in den Vordergrund. Die Familienbeihilfe und der nach § 33 Abs 3 EStG gemeinsam ausgezahlte Kinderabsetzbetrag dienen bei gleichwertigen Betreuungsleistungen primär der Unterstützung der Betreuenden in finanzieller Sicht. Der Restgeldunterhaltspflichtige wird durch die Gegenüberstellung der fiktiven Unterhaltsansprüche und die dieser entsprechende Aufteilung der Familienbeihilfe (1 Ob 158/15i) hinreichend begünstigt. (T21)

4 Ob 150/19sOGH11.12.2019

Vgl; Beisatz: Der Familienbonus Plus ist als echter Steuerabsetzbetrag nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. (T22)<br/>Veröff: SZ 2019/118

7 Ob 139/19wOGH16.12.2019

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 89/19zOGH16.12.2019

Vgl; Beis wie T22

10 Ob 75/19fOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

1 Ob 171/19gOGH16.12.2019

Vgl; Beis wie T22

6 Ob 208/19kOGH19.12.2019

Vgl; Beis wie T22

10 Ob 65/19kOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

9 Ob 46/19hOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

9 Ob 83/19zOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

4 Ob 161/19hOGH19.12.2019

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 80/19aOGH16.12.2019

Vgl; Beis wie T22

10 Ob 68/19aOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

1 Ob 194/19iOGH16.12.2019

Vgl; Beis wie T22

3 Ob 160/19dOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

10 Ob 71/19tOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

9 Ob 54/19kOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

9 Ob 51/19vOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

9 Ob 82/19bOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

3 Ob 154/19xOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

5 Ob 187/19iOGH16.01.2020

Vgl; Beis wie T22

6 Ob 1/20wOGH23.01.2020

Vgl; Beis wie T22

3 Ob 149/19mOGH17.12.2019

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 141/19xOGH24.01.2020

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 90/19xOGH24.01.2020

Vgl; Beis wie T22

1 Ob 3/20bOGH21.01.2020

Vgl; Beis wie T22

4 Ob 240/19aOGH28.01.2020

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 131/19aOGH24.01.2020

Vgl; Beis wie T22

5 Ob 127/19sOGH16.01.2020

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 136/19mOGH24.01.2020

Vgl; Beis wie T22

8 Ob 130/19dOGH24.01.2020

Vgl; Beis wie T22

10 Ob 8/20dOGH18.02.2020

Vgl; Beis wie T22

6 Ob 18/22yOGH18.03.2022

Vgl; Beis wie T21; Beisatz: Wenn nun beim betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell beide Elternteile „nahezu gleichwertig“ betreuen, dann kann dies nur bedeuten, dass die Transferleistungen beiden Elternteilen (rechnerisch) jeweils zur Hälfte zugutekommen müssen. (T22)

Dokumentnummer

JJR_20021119_OGH0002_0040OB00052_02D0000_001

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