OGH 3Ob173/18i

OGH3Ob173/18i21.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W*, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei E*, vertreten durch ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Linz, wegen Exekution zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung gemäß § 354 EO und Fahrnisexekution, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Juni 2018, GZ 47 R 188/18x‑9, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E123686

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Die Rekursentscheidung wird in ihrer Urschrift dahin berichtigt, dass sie in ihrem ersten Spruchpunkt zwischen den Worten „gemäß § 354 EO“ und „und der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages von € 1.985,82 die Fahrnisexekution zu bewilligen, wird abgewiesen.“ lautet: „... aufzutragen, binnen einer angemessenen Frist von 14 Tagen der urteilsmäßigen Verpflichtung nachzukommen, den stattgebenden Teil des Unterlassungsbegehrens laut Urteil des Handelsgerichts Wien vom 16. Februar 2017, 19 Cg 77/16v, auf der Homepage der verpflichteten Partei www.e* einen Monat lang durch einen Pop-up bei Einstieg auf dieser Seite mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt sowie fett gedruckten Namen der Prozessparteien, im Übrigen mit Normallettern auf ihre Kosten zu veröffentlichen, widrigenfalls der verpflichteten Partei eine Beugestrafe aufzuerlegen und diese zu steigern ist, wenn die Frist bzw. Fristen ungenützt verstreichen, ...“.

Die Durchführung der Berichtigung in der Urschrift und den Ausfertigungen obliegt dem Rekursgericht.

II. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten dieses Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die Verpflichtete wurde mit Urteil vom 16. Februar 2017 schuldig erkannt, es ab sofort zu unterlassen, in Österreich Dienstleistungen anzubieten, die dem Gewerbe der Ernährungsberatung vorbehalten sind, ohne hierfür über die notwendigen Berechtigungen zu verfügen, wie hier beispielsweise das Anbieten von Training, Coaching, Schulung oder ähnliche bezeichnete Ernährungsberatung zu den Themen Gewichtsmanagement (wie hier beispielsweise „Gesund und dauerhaft Übergewicht abbauen“), „Ernährung bei Allergien und Unverträglichkeiten“, „optimale Nährstoffversorgung bei veganer und vegetarischer Lebensweise“, „Ernährung und Sport“, „Ernährung im Alter“, „Kinderernährung“ oder zu anderen Aspekten der Ernährung (Punkt 1). Weiters wurde dem Betreibenden die Ermächtigung erteilt, den der Klage stattgebenden Teil des Urteilsspruchs und den Urteilskopf samt vorangehender Überschrift „Im Namen der Republik“ auf Kosten der Verpflichteten auf deren Homepage www.e* einen Monat lang durch ein Pop-up bei Einstieg auf dieser Seite mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt sowie fett gedruckten Namen der Prozessparteien, im Übrigen mit Normallettern veröffentlichen zu lassen (Punkt 2).

Aufgrund des Punktes 2 dieses Exekutionstitels begehrte der Betreibende wider die Verpflichtete die Exekution zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen gemäß § 354 EO durch die Verpflichtung, die für die Urteilsveröffentlichung notwendigen Zugangsdaten zu ihrer Domain www.e* herauszugeben, um der betreibenden Partei die urteilsmäßig zuerkannte Urteilsveröffentlichung entsprechend der Ermächtigung zu ermöglichen, und die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrags.

Nach einem Verbesserungsauftrag mit dem Hinweis, dass eine Verpflichtung zur Herausgabe von Domain-Daten dem Exekutionstitel nicht zu entnehmen sei, modifizierte der Betreibende sein Begehren dahin, dass der Verpflichteten aufgetragen werde, binnen einer angemessenen Frist von 14 Tagen der urteilsmäßigen Verpflichtung nachzukommen, den (näher beschriebenen) stattgebenden Teil des Unterlassungsbegehrens auf der Homepage der Verpflichteten www.e* einen Monat lang durch ein Pop-up bei Einstieg auf dieser Seite mit näher genannten Details auf ihre Kosten zu veröffentlichen, widrigenfalls der Verpflichteten eine Beugestrafe aufzuerlegen und diese zu steigern sei, wenn die Frist bzw Fristen ungenützt verstreichen (ON 3).

Das Erstgericht bewilligte die Exekution entsprechend dem verbesserten Antrag.

Über Rekurs der Verpflichteten änderte das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es den ursprünglich gestellten Antrag nach § 354 EO und auf Fahrnisexekution abwies, die Rekursbeantwortung des Betreibenden zurückwies und aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei.

Es sei davon auszugehen, dass die Verpflichtete als Betreiberin der Homepage und daher als Medieninhaberin anzusehen sei. Die dem Berechtigten nach dem UWG eingeräumte Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils bedeute keine Verpflichtung des Gegners zur Vornahme einer solchen Veröffentlichung, sodass darin keine vollstreckbare Verpflichtung des Gegners liege. Da das zur Urteilsveröffentlichung verpflichtete Medienunternehmen mit der Verpflichteten ident sei, wäre es dem Betreibenden freigestanden, bereits im Titelverfahren eine Verpflichtung der Verpflichteten zur Urteilsveröffentlichung zu begehren. Im Fall einer bloßen Publikationsbefugnis laut Titel müsse der zur Urteilsveröffentlichung ermächtigte Kläger erst auf Durchführung der Veröffentlichung klagen und diese gegebenenfalls gemäß § 354 EO als unvertretbare Handlung exekutieren, wenn das Medienunternehmen die Veröffentlichung verweigere. Nichts anderes könne bei Identität des Verurteilten und des Medieninhabers gelten. Das UWG schaffe nur eine Anspruchsgrundlage. Die Bewilligung der Exekution gemäß § 354 EO bedürfe aber eines Exekutionstitels in Form einer hier nicht vorliegenden Leistungsverpflichtung. Folglich sei auch der Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Exekutionsantragskosten abzuweisen.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Betreibenden mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Exekutionsbewilligung, hilfsweise auf Aufhebung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwecks Klarstellung der Bedeutung der Bestimmungen des § 25 Abs 3 und 7 UWG und der dazu in Titelverfahren ergangenen Judikatur im Exekutionsverfahren zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Die vom Rechtsmittelwerber gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens, das Rekursgericht habe nicht geprüft, ob der verbesserte, auf Veröffentlichung gerichtete Exekutionsantrag zu bewilligen sei, weil es über den ursprünglichen Exekutionsantrag abgesprochen habe, liegt nicht vor.

Zwar wird im Spruch der Entscheidung des Rekursgerichts tatsächlich der ursprüngliche Exekutionsantrag abgewiesen; der Begründung ist aber unzweifelhaft zu entnehmen, dass die zweite Instanz den verbesserten Exekutionsantrag prüfte und für nicht bewilligungsfähig erachtete.

2. Nach § 419 Abs 1 ZPO kann das erkennende Gericht jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten einer Entscheidung berichtigen. Eine Berichtigung kann nach § 419 Abs 3 ZPO auch in höherer Instanz angeordnet werden, worunter nicht die Erteilung einer Anweisung, sondern die Berichtigung durch das Gericht höherer Instanz selbst zu verstehen ist; der Vollzug der Berichtigung obliegt dem ursprünglich erkennenden Gericht (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ § 419 ZPO Rz 15; RIS‑Justiz RS0041727 [T2]; RS0041527).

Zulässig ist eine Berichtigung, wenn das Ausgesprochene offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat und sich dies aus dem ganzen Zusammenhang und insbesondere aus den Entscheidungsgründen ergibt (RIS-Justiz RS0041418). Wie bereits dargelegt, kann hier angesichts der Entscheidungsbegründung kein Zweifel daran bestehen, dass das Rekursgericht in seinem Spruch nicht den ursprünglichen, sondern den verbesserten Exekutionsantrag abweisen wollte, sodass amtswegig mit Berichtigung vorzugehen war.

3. § 25 Abs 3 UWG sieht nach seinem Wortlaut („Wird, ausgenommen die Fälle der §§ 11 und 12, auf Unterlassung geklagt, so hat das Gericht der obsiegenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen.“) nur eine Ermächtigung der obsiegenden (hier der klagenden) Partei zur Veröffentlichung des Urteils vor (4 Ob 91/18p).

Eine Verpflichtung der beklagten Partei zur Veröffentlichung kommt nur ausnahmsweise, und zwar in einem Medium der beklagten Partei in Betracht. Bedarf die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung der Mitwirkung der beklagten Partei, dann trifft diese – analog einem Medienunternehmer – nach § 25 Abs 7 UWG (wonach „Die Veröffentlichung auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder eines anderen vollstreckbaren Exekutionstitels ... vom Medienunternehmer ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen.“ ist) die Verpflichtung, die Veröffentlichung ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen. Ist die klagende Partei berechtigt, die Urteilsveröffentlichung in einem Medium der beklagten Partei zu verlangen, kann sie sofort die Verurteilung der beklagten Partei zur Veröffentlichung begehren, ohne davor im Sinn des § 25 Abs 3 UWG formal dazu ermächtigt worden zu sein (4 Ob 141/04w; 4 Ob 155/04d; 4 Ob 91/18p; RIS‑Justiz RS0119287; Schmid in Wiebe/G. Kodek² § 25 UWG Rz 51).

4. Das Bewilligungsgericht hat bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag zu prüfen, ob das Begehren (§ 54 EO) durch den Exekutionstitel gedeckt ist (§ 7 EO); es hat dabei die Verpflichtung nur aufgrund des Titels festzustellen, aber nicht zu untersuchen, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hat (RIS‑Justiz RS0000217 [T2, T5]; RS0000279; RS0000122; RS0000015). Für die Auslegung des Exekutionstitels ist in erster Linie der Spruch maßgebend, eine Exekution hat sich streng an den Wortlaut des Exekutionstitels zu halten (RIS‑Justiz RS0000296; RS0000207 [T15]). Da im Exekutionsverfahren vor der Exekutionsbewilligung die materielle Berechtigung des betriebenen Anspruchs, ausgenommen es wäre die Bestimmung des § 7 Abs 1 und Abs 2 EO betroffen, und das rechtswirksame Zustandekommen des Exekutionstitels nicht zu prüfen sind (RIS‑Justiz RS0013464 [T1, T2]), sind keine Überlegungen dazu anzustellen, ob der im Titelverfahren gewährte Anspruch der materiellen Rechtslage (voll) entsprochen hat oder nicht.

Die Betreibende erwirkte im Titelverfahren bloß eine Ermächtigung iSd § 25 Abs 3 UWG, machte also von der zuvor dargelegten, materiell-rechtlich gebotenen Möglichkeit, eine urteilsmäßige Verpflichtung der beklagten Partei zur Urteilsveröffentlichung zu erwirken, keinen Gebrauch, obwohl ihr diese als Medieninhaberin gegenüberstand. Deren Berücksichtigung im Exekutionsverfahren kommt daher wegen gebotener Orientierung am Spruch des Exekutionstitels nicht in Betracht.

5. Es entspricht der Lehre (Höllwerth in Deixler-Hübner EO § 353 Rz 13; Jakusch in Angst/Oberhammer³ § 7 EO Rz 63; Klicka in Angst/Oberhammer³ § 353 EO Rz 5) und jüngeren Rechtsprechung (3 Ob 275/75; 3 Ob 87/90; 4 Ob 10/91; 4 Ob 15/12b; 4 Ob 91/18p; RIS‑Justiz RS0000012 [T9]; RS00004695 [T2]), dass die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung keinen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch gegen den Beklagten schafft, weil nach dem Inhalt des Titels keine Verpflichtung zu einer Leistung besteht. Das Rekursgericht versagte dem verbesserten Exekutionsantrag des Betreibenden daher zutreffend die Bewilligung.

6. Da die in zweiter Instanz begehrte Honorierung der Rekursbeantwortung des Betreibenden schon an deren mangelndem Erfolg scheitert, ist unerheblich, ob dieser Rechtsmittelschriftsatz zurückzuweisen war (vgl dazu allerdings RIS‑Justiz RS0118686 [T11 und T12]).

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.

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