OGH 9ObA129/16k

OGH9ObA129/16k29.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** Z*****, vertreten durch Dr. Alexandra Knell, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch TELOS Law Group Winalek, Wutte‑Lang, Nikodem, Weinzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. August 2016, GZ 10 Ra 19/16m‑28, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00129.16K.1129.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Eine erfolgreiche Anfechtung einer Kündigung wegen Sozialwidrigkeit iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG bedarf des Nachweises durch den Arbeitnehmer (RIS‑Justiz RS0051845; RS0051746), dass für ihn durch die Kündigung eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Lage erfolgt (RIS‑Justiz RS0051753). In die Untersuchung, ob durch eine Kündigung wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt sind, ist nicht nur die Möglichkeit der Erlangung eines neuen, einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes, sondern vielmehr die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen einzubeziehen (RIS‑Justiz RS0051741; RS0051806; RS0051703).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass es keine starren Prozentsätze der durch die Arbeitgeberkündigung bedingten Einkommensminderung des betroffenen Arbeitnehmers gibt, bei denen das Vorliegen von Sozialwidrigkeit jedenfalls zu bejahen oder jedenfalls zu verneinen wäre (9 ObA 54/12z; 8 ObA 46/15w; 9 ObA 116/15x ua). Es sind vielmehr alle wirtschaftlichen und sozialen Umstände zueinander in Beziehung zu setzen und nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu gewichten (RIS‑Justiz RS0110944 [T3]). Ob die Sozialwidrigkeit der Kündigung nachgewiesen werden kann, stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0051640 [T5]; RS0051741 [T3, T9]; 8 ObA 44/16b). Das Berufungsgericht hat die wesentliche Interessenbeeinträchtigung der Klägerin durch die Kündigung unter Heranziehung der vom Obersten Gerichtshof in seiner Judikatur erarbeiteten Grundsätze verneint. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zeigt die Revision der Klägerin nicht auf:

Abgestellt auf den maßgeblichen Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Konkretisierungs-zeitpunkt) (RIS‑Justiz RS0051772; 9 ObA 24/16v), kann die 45‑jährige Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb von sechs Monaten eine vergleichbare Teilzeitbeschäftigung erlangen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Klägerin durch die gegenüber dem von ihr zuletzt erzielten (deutlich überdurchschnittlichen) Entgelt absehbare Einkommenseinbuße unter Berücksichtigung ihrer jährlichen Einnahmen aus der Vermietung einer Eigentumswohnung sowie den notwendigen Lebenshaltungskosten der Ehegatten und ihrem minderjährigen Kind bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung noch keine derart erheblichen sozialen Nachteile entstünden, die über die normale Interessenbeeinträchtigung bei jeder Kündigung hinausgingen (RIS‑Justiz RS0051746 [T7]; RS0051753 [T5]), ist nach der Lage des Falls vertretbar.

Der Standpunkt der Revision, dass mit dem zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin erzielten Einkommen des Ehegatten und den Mieteinnahmen nicht einmal das normale Leben der Familie gedeckt werden könnte, lässt das von der Klägerin nach den bindenden Feststellungen des Erstgerichts mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb von sechs Monaten zu erzielende Einkommen außer Betracht.

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagten stehen für die ihr nicht freigestellte Revisionsbeantwortung (§ 508a Abs 2 ZPO) keine Kosten zu (RIS‑Justiz RS0043690 [T6, T7]).

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