European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070NC00026.14D.1015.000
Spruch:
Dem Ablehnungsantrag wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.351,80 EUR (darin 225,30 EUR USt) bestimmten Kosten des Ablehnungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Für das Verfahren ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der 5. Senat zuständig. Der Vorsitzende dieses Senats wird vom Kläger als befangen abgelehnt. Im Wesentlichen stützt er sich dabei darauf, der Senatspräsident habe ein Naheverhältnis zu dem im Verfahren federführenden Partner der Kanzlei der Beklagtenvertreter, Univ.‑Prof. Dr. *****, das über eine gewöhnliche Kollegialität weit hinausgehe. Dazu beruft sich der Ablehnungswerber auf ein „engeres Kollegialitäts- und Zusammenarbeitsverhältnis“, das sich aus der Tätigkeit der beiden als Mitherausgeber und Bearbeiter des KBB (Kurzkommentar zum ABGB) sowie im Zusammenhang mit Seminaren aus Privatrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien jeweils im Jänner der Jahre 2010 bis 2014 ergebe. Das in einem Schriftsatz von der Partnerschaft der Beklagtenvertreter „(Herr Univ.‑Prof. [WU‑Wien] Dr. *****)“ pauschal bekanntgegebene Wissen um die zukünftige Rechtsmeinung des Obersten Gerichtshofs im vorliegenden Fall „mute eigenartig“ an.
Die Beklagte beantragte, dem Ablehnungsantrag des Klägers und Revisionswerbers nicht Folge zu geben. Sie wies darauf hin, dass Herr Univ.‑Prof. Dr. ***** in diesem Verfahren nicht einmal Parteienvertreter sei und der Kläger nicht schlüssig erklären könne, weshalb die Vertretung durch Univ.‑Prof. Dr.***** in anderen Verfahren maßgeblich sein sollte. Außerdem stellten die behaupteten Umstände nach ständiger Rechtsprechung gar keine Ablehnungsgründe dar.
Der betroffene Senatspräsident erklärte, nicht befangen zu sein. Er sei mit dem Rechtsanwalt Univ.‑Prof. Dr.***** per du, habe mit ihm jedoch keinerlei private Kontakte und treffe ihn regelmäßig nur einmal im Jahr bei den genannten Lehrveranstaltungen. Die sonstigen Kontakte beschränkten sich auf maximal zwei Mails zwecks Terminabstimmung. In der vorliegenden Rechtssache habe ihn der Genannte niemals kontaktiert.
Rechtliche Beurteilung
Der Ablehnungsantrag ist nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung kommen als Befangenheitsgründe in erster Linie private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu erwecken (RIS‑Justiz RS0045935). Geht es bei der Befangenheit doch um unsachliche psychologische Motive, die eine unparteiische Entscheidung hemmen können (RIS‑Justiz RS0045975). Im Interesse des Ansehens der Justiz ist bei der Beurteilung der Befangenheit ein strenger Maßstab anzulegen (RIS‑Justiz RS0045949; RS0046052). Damit darf aber nicht die Möglichkeit geboten werden, sich nicht genehmer Richter zu entledigen (RIS‑Justiz RS0109379).
Der Kläger vermag keine stichhaltigen Befangenheitsgründe zu behaupten. Seine Ausführungen laufen im Ergebnis auf eine gewisse berufliche Verbindung des abgelehnten Senatspräsidenten zum (angeblichen) Partner der Kanzlei der Beklagtenvertreter wegen ihrer Funktionen als Mitherausgeber und Bearbeiter des KBB und die Tätigkeit an derselben Universität hinaus.
Regelmäßig kann allein in dem oft auf Grund der gemeinsamen Aus- und Fortbildung freundschaftlich kollegialen Kontakt zwischen Richtern und Rechtsanwälten kein Befangenheitsgrund gesehen werden, außer der Richter erklärt sich selbst für befangen (RIS‑Justiz RS0046076; zum kollegialen Verhältnis zu Richterkollegen RIS‑Justiz RS0108696). Grundsätzlich kann eine professionelle Trennung zwischen beruflicher und privater Beziehung erwartet werden (7 Nc 29/13v; vgl auch RIS‑Justiz RS0045970), sodass eine Hemmung an einer unparteiischen Entscheidung auch bei objektiver Betrachtung schon dem Anschein nach nicht befürchtet werden muss (RIS‑Justiz RS0045975). Auch die gemeinsame Tätigkeit in einer von einem konkreten Verfahren gar nicht betroffenen Institution wird zur Annahme einer Befangenheit im Allgemeinen noch nicht ausreichen (RIS‑Justiz RS0045892). Entscheidend ist letztlich die konkrete Konstellation im konkreten Verfahren (RIS‑Justiz RS0045933; RS0042064). Es geht also nicht um die kollegiale Bekanntschaft und die Tätigkeit im Rahmen desselben Instituts, sondern darum, welche weiteren Umstände hinzukommen und inwieweit aus diesen der objektive Anschein der Voreingenommenheit im konkreten Rechtsstreit begründet wird (7 Nc 29/13v; RIS‑Justiz RS0045935).
Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen; die Tätigkeiten als Mitherausgeber und Bearbeiter eines Gesetzeskommentars sowie im Rahmen von Seminaren, die jeweils in keinen Zusammenhang mit dem Verfahren gebracht werden können, stellen keinen Umstand dar, aus dem der objektive Anschein der Voreingenommenheit im konkreten Rechtsstreit begründet werden könnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Wird die Zweiseitigkeit des Verfahrens bejaht, besteht kein Grund, an der bisher einen Kostenersatz ablehnenden Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0035778) festzuhalten. Das Ablehnungsverfahren bildet vielmehr einen Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des zugrundeliegenden Verfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist, wenn ‑ wie hier ‑ eine Partei einen Antrag stellt und die andere diesem Antrag entgegentritt (4 Ob 151/13d; 7 Nc 19/13y; 7 Nc 29/13v jeweils mwN). Der Einheitssatz von 50 % aus 749,80 EUR ergibt 374,90 EUR und nicht ‑ wie verzeichnet ‑ 449,88 EUR.
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