OGH 6Ob136/07d

OGH6Ob136/07d27.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Mag. Eva B*****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. Irene W*****, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Susanne H*****, vertreten durch Dr. Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, Vermögensangabe und Zahlung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Februar 2007, GZ 15 R 189/06h-33, womit über Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Dezember 2005, GZ 24 Cg 120/05a-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

Beschluss

gefasst:

Die Revision wegen Nichtigkeit wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Erstklägerin und der Zweitklägerin deren mit je 4.587,12 EUR (davon 764,52 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind die Töchter Dr. Karl K*****s und seiner Ehefrau Gertrude K*****.

In seinem eigenhändigen Testament vom 3. 6. 1957 verfügte Dr. Karl K*****

„Ich setze zum Vorerben über meinen Nachlass meine Ehefrau Gertrude, geb. ..., ein. Meine Kinder sollen ihre Nacherben sein. Den Kindern soll ihr Pflichtteil ausgezahlt werden. ..."

Dr. Karl K***** verstarb am 20. 3. 1975. Seine Witwe traf mit ihren Töchtern am 20. 5. 1975 folgende Vereinbarung:

„Die Vertragschließenden stellen übereinstimmend fest, dass sie diese Verfügung [Anm: die Anordnung der Nacherbschaft] des Erblassers als Einsetzung eines Substitutionsbandes „eius quod super erit" betrachten und die Verlassenschaftsabhandlung in diesem Sinn durchführen werden."

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. 11. 1976 wurde der Nachlass des Vaters der Streitteile der unbedingt erbserklärten Erbin Gertrude K***** „zur Gänze unter Hinweis auf das außergerichtliche, vor der Einantwortung zwischen ihr und den pflichtteilsberechtigten Töchtern und Nacherbinnen Irene K*****, Eva K***** und Susanne K***** getroffene Übereinkommen vom 20. 5. 1975" eingeantwortet. Es wurde angeordnet, auf den zum Nachlass gehörenden Liegenschaften die „Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution eius quod super erit (Nacherbschaft auf den Überrest)" einzuverleiben.

Die Verlassenschaft nach dem Vater der Streitteile bestand insbesondere aus dem Forstgut K***** („K***** Forstverwaltung") in P*****, aus 9/10-Anteilen am Zinshaus A*****gasse ***** in Wien, 232/400-Anteilen an Wohn- und Geschäftshäusern am M*****gürtel in Wien, 19/20-Anteile am Haus H*****gasse ***** in Wien, 7/10-Anteilen am Haus in der S*****gasse ***** in Wien, aus Gemälden, Antiquitäten und anderen Wertgegenständen und Wertpapieren.

Am 3. 12. 1976 schenkte Gertrude K***** die 7/10-Anteile am Haus S*****gasse ***** in Wien zu je einem Drittel ihren Töchtern auf den Todesfall.

Zwischen 1977 und 1985 verkaufte Gertrude K***** mit Zustimmung der Parteien weitere zum Substitutionsgut gehörende Liegenschaften, nämlich die 232/400-Anteile an Wohn- und Geschäftshäusern am M*****gürtel, die 9/10-Anteile am Zinshaus A*****gasse *****, die 19/20-Anteile am Haus H*****gasse ***** und mehrere zum Forstgut K***** gehörige Grundstücke zum Gesamtpreis von 11.273.002 S (das entspricht 819.300 EUR) an Dritte.

Mit Notariatsakt vom 14. 8. 1990 schenkte Gertrude K***** der Beklagten ihre Eigentumswohnung in M***** samt Inventar, darunter 14 Ölgemälde, zwei Heiligenfiguren und Antiquitäten. Im Schenkungsvertrag ist festgehalten, dass die Eigentumswohnung aus eigenem Vermögen der Schenkerin erworben worden und nicht durch die von Dr. Karl K***** verfügte fideikommissarische Substitution eius quod super erit gebunden sei. Die vor 1975 angeschafften Einrichtungsgegenstände seien Gertrude K***** schon zu Lebzeiten ihres Ehemanns geschenkt worden.

Mit einem weiteren Notariatsakt vom selben Tag schenkte Gertrude K***** der Beklagten ihre Eigentumswohnung in R*****. Auch in diesem Schenkungsvertrag steht, dass die Eigentumswohnung aus eigenem Vermögen der Schenkerin erworben worden und nicht durch die vom Erblasser verfügte fideikommissarische Substitution eius quod super erit gebunden sei.

Tatsächlich stammte keiner der Schenkungsgegenstände aus dem freien Vermögen Gertrude K*****s. Sie hatte beide Eigentumswohnungen aus den Erlösen der von ihr mit Zustimmung ihrer Töchter verkauften Liegenschaften angeschafft.

Vier näher bezeichnete Bilder, die ihrem Ehemann gehört hatten, nahm Gertrude K***** nach seinem Tod an sich. Einige der Bilder befinden sich in der Wohnung, die anderen im Büro der Beklagten.

Mit Notariatsakt vom 22. 5. 1992 vereinbarten Gertrude K***** und die Beklagte als geschäftsführende Gesellschafterin der von ihr mit ihrer Mutter gegründeten Forstgut K***** KEG den Zusammenschluss dieser Gesellschaft mit dem Einzelunternehmen „Forstgut K*****" der Gertrude K*****. An der KEG waren die Beklagte als Komplementärin und ihre Mutter als Kommanditistin mit einer Vermögenseinlage von 10.000 S beteiligt. Gertrude K***** war Alleininhaberin des Einzelunternehmens „Forstgut K*****" (bzw „K***** Forstverwaltung"). Sie übertrug das Forstgut zum Stichtag 1. 1. 1992 mit allen Rechten und Pflichten an die KEG gegen Aufstockung ihres Kommanditanteils auf 9 Mio S.

Mit Beschluss vom 22. 5. 1992 fassten Gertrude K***** und die Beklagte den Gesellschaftsvertrag der KEG neu. Danach war die Beklagte Komplementärin und ihre Mutter Kommanditistin mit einer Hafteinlage von 9 Mio S. Die Vermögenseinlage von 9 Mio S wurde durch Einzahlung von 10.000 S und Einbringung des Forstguts K***** laut Zusammenschlussvertrag erbracht. Die Beklagte brachte ihre Arbeitskraft in die Gesellschaft ein. Sie war an deren Substanz nicht beteiligt und erhielt eine Vergütung und einen Anteil von 1 % am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft. 99 % des Gewinns und allfälligen Verlusts wurden der Kommanditistin zugewiesen.

Mit Notariatsakt vom 29. 5. 1996 schenkte Gertrude K***** der Beklagten 26 % ihrer 100 %-Beteiligung an der Substanz der KEG und ihren Schmuck, den sie von ihrem Ehemann geschenkt erhalten hatte, sowie die gesamte in der Wohnung der Beklagten in der S*****gasse ***** in Wien befindliche Einrichtung.

Im Hinblick auf diesen Schenkungsvertrag fassten Gertrude K***** und die Beklagte mit Notariatsakt vom 29. 5. 1996 einen Beschluss auf Änderung des Gesellschaftsvertrags der KEG. Demnach war die Beklagte als Komplementärin mit 26 % und ihre Mutter mit 74 % an der Substanz der Gesellschaft beteiligt. Gewinn und Verlust der Gesellschaft wurden beginnend mit dem Geschäftsjahr 1997 im Verhältnis der festen Kapitalkonten verteilt.

Punkt 13. des Gesellschaftsvertrags lautet:

„(1) Das von Frau Gertrude K***** aufgrund des Zusammenschlussvertrags vom 22. 5. 1992 in die Gesellschaft eingebrachte Forstgut K***** ist aufgrund des Testaments vom 3. 6. 1957 im Sinne der Vereinbarung vom 20. 5. 1975 vom Substitutionsband „eius quod super erit" zu Gunsten von Frau Irene W*****, Mag. Eva B***** und Mag. Susanne H***** umfasst. Das Substitutionsband erstreckt sich auf den Kommanditanteil von Frau Gertrude K*****. Daher geht der Kommanditanteil von Frau Gertrude K***** nach ihrem Ableben auf ihre vorgenannten Töchter oder deren Erben zu je einem Drittel über, wobei Frau Mag. Susanne H***** ihre Stellung als Komplementärin behält und Frau Irene W***** und Frau Mag. Eva B***** die Stellung von Kommanditisten erhalten. ..."

Mit Gesellschafterbeschluss vom 25. 9. 1997 wurde der Gesellschaftsvertrag der KEG wie folgt neu gefasst:

„Im Falle des Ablebens eines Gesellschafters wächst sein Gesellschaftsanteil dem anderen überlebenden Gesellschafter zur Gänze zu. Diese Bestimmung wirkt wechselseitig."

Mit Testament vom 19. 2. 2001 setzte Gertrude K***** die Beklagte als Alleinerbin ihres nicht vom Substitutionsband erfassten Vermögens ein. Sie verstarb am 3. 9. 2002. Mit Einantwortungsurkunde vom 9. 7. 2004 wurde ihr - nach dem im Verlassenschaftsverfahren erstellten Inventar mit 92.898,79 EUR überschuldeter - Nachlass der unbedingt erbserklärten Beklagten zur Gänze eingeantwortet.

In dem nach dem Tod Gertrude K*****s fortgesetzten Verlassenschaftsverfahren nach Dr. Karl K***** gaben die Klägerinnen jeweils eine bedingte Erbserklärung zu je einem Drittel des Substitutionsnachlasses ab. Die Beklagte gab für den Fall, dass trotz fehlenden Vermögens eine Substitutionsabhandlung stattfinden sollte, eine bedingte Erbserklärung als Nacherbin aufgrund des Testaments ihres Vaters vom 3. 6. 1957 ab.

Die Klägerinnen haben vom Lebensgefährten ihrer Mutter und von dessen Sohn erfahren, dass der Lebensgefährte im Jahr 2001 oder 2002 6.500.000 S an ihre Mutter überwiesen habe, wobei es sich um eine Schenkung gehandelt habe. Der Verbleib des Geldes ist den Klägerinnen nicht bekannt. Die Mutter war zunächst als Sekretärin am Forstgut K***** angestellt gewesen und hatte nach dem Tod ihres Ehemanns dieses Unternehmen allein geführt. Sie bezog Einkünfte aus dem Unternehmen in nicht feststellbarer Höhe. Nach ihrer Pensionierung bezog sie eine Angestelltenpension und eine Witwenpension nach ihrem Ehemann. Die Höhe dieser Pensionen steht nicht fest.

Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem auf Feststellung gerichteten Klagebegehren, dass

- der Kommanditanteil an der Forstgut K***** KEG mit einer Beteiligung an 100 % der Substanz und des Gewinns/Verlusts der Gesellschaft,

- 100 % des Gewinns der Forstgut K***** KEG seit 4. 9. 2002,

- die der Beklagten geschenkte Eigentumswohnung in M*****

- die der Beklagten geschenkte Eigentumswohnung in R*****

- näher bezeichnete, insbesondere der Beklagten von ihrer Mutter geschenkte Gemälde, Bilder und Antiquitäten

im Eigentum der Verlassenschaft nach Dr. Karl K***** stehen, ebenso statt wie jenem auf eidliche Vermögensangabe und Rechnungslegung betreffend das nicht substitutionsgebundene Vermögen Gertrude K*****s gerichteten Klagebegehren. Den von der Beklagten gestellten Zwischenantrag auf Feststellung, dass die Verlassenschaft nach Dr. Karl K***** als Nacherbschaft auf den Überrest abzuhandeln sei und Gertrude K***** zu ihren Lebzeiten über das Substitutionsvermögen ohne Zustimmung der Nacherben rechtswirksam habe verfügen können, wies es ab. In den Entscheidungsgründen verneinte es die Berechtigung der von der Beklagten erhobenen Einrede, dass im Hinblick auf das im Verfahren 2 Cg 392/92 des Landesgerichts St. Pölten zwischen der Erstklägerin und der Beklagten ergangene Urteil das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Streitsache vorliege. In der Sache führte es aus, der Erblasser habe in seinem Testament eindeutig eine echte fideikommissarische Substitution und nicht bloß eine auf den Überrest angeordnet. Die Vereinbarung vom 20. 5. 1975 hätte in Form eines Notariatsakts oder eines gerichtlichen Protokolls geschlossen werden müssen, weil sie einer Erbschaftsschenkung bzw einem gänzlichen Verzicht auf die Nacherbschaft so ähnlich sei, dass die Formvorschrift des § 1278 Abs 2 ABGB analog heranzuziehen sei. Mangels Einhaltung der vorgeschriebenen Form sei die Vereinbarung vom 20. 5. 1975 rechtsunwirksam. Deshalb habe die Vorerbin ohne Zustimmung sämtlicher Nacherben nicht wirksam über nachlasszugehörige Gegenstände verfügen können. Da die beiden der Beklagten geschenkten Eigentumswohnungen aus Erlösen aus dem Verkauf anderer Nachlassgegenstände gekauft worden seien, erstrecke sich die Nacherbschaft aufgrund des Surrogationsprinzips auch auf diese beiden Wohnungen. Die Schenkungen der beiden Eigentumswohnungen und der Bilder, Figuren und Antiquitäten seien deshalb unwirksam gewesen, sodass diese Sachen im Eigentum des ruhenden Nachlasses des Vaters der Streitteile stünden. Dies treffe auch auf die vier aus diesem Nachlass stammenden Bilder zu, die in der Gewahrsame der Beklagten stünden, ihr aber nicht von ihrer Mutter geschenkt worden seien. Das Feststellungsbegehren sei auch in Bezug auf den Kommanditanteil an der Forstgut K***** KEG und auf den Gewinn dieser KEG für die Zeit seit dem Tod von Gertrude K***** infolge des Surrogationsprinzips zu bejahen, weil das aus dem Nachlass nach Dr. K***** stammende Forstgut in diese KEG eingebracht worden sei. Infolge Berechtigung der Feststellungsbegehren der Klägerinnen sei der von der Beklagten gestellte Zwischenantrag auf Feststellung abzuweisen gewesen. Das Rechnungslegungsbegehren sei gemäß Art XLII Abs 1 EGZPO berechtigt.

Das Berufungsgericht wies die Nichtigkeitsberufung der Beklagten zurück und gab der Berufung im Übrigen nicht Folge. Das Erstgericht habe zutreffend der Prozesseinrede inhaltlich nicht stattgegeben, seien doch die Streitgegenstände im Anlassfall und im Vorprozess nicht identisch, weil die rechtserzeugenden Sachverhalte nicht übereinstimmten. In der Sache führte es aus, die Vorerbin sei durch die Vereinbarung vom 20. 5. 1975 vorweg zu Handlungen ermächtigt worden, durch die sie den Nacherben den gesamten Nachlass habe entziehen können, sodass die Nacherbschaft im Ergebnis untergehe. Daher erscheine es sachgerecht, die Regeln über die Veräußerung des Erbrechts als solches heranzuziehen. Es sei deshalb die Rechtsansicht des Erstgerichts zu teilen, dass die Umwandlung der fideikommissarischen Substitution in eine Substitution auf den Überrest im Weg der Analogie zu § 1278 Abs 2 ABGB zu lösen sei. Das Berufungsgericht billigte weiters die Auffassung des Erstgerichts, dass das Manifestationsbegehren gemäß Art XLII Abs 1 EGZPO berechtigt sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der (analogen) Anwendbarkeit der Formvorschrift des § 1278 Abs 2 ABGB auf die rechtsgeschäftliche Umwandlung einer fideikommissarischen Substitution in eine solche auf den Überrest gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die von den Klägerinnen beantwortete Revision der Beklagten.

I. Zur Revision wegen Nichtigkeit:

Der Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem es - wie im Anlassfall - die in die Entscheidung über die Hauptsache aufgenommene Verwerfung einer Prozesseinrede (§ 261 Abs 3 ZPO) bestätigt, ist gemäß § 519 Abs 1 ZPO unanfechtbar (G. Kodek in Fasching/Konecny2 § 261 ZPO Rz 79, 87 mwN). Das Berufungsgericht hat zwar die Berufung wegen Nichtigkeit zurückgewiesen, sich jedoch inhaltlich mit der Bekämpfung der Verwerfung der Prozesseinrede durch das Erstgericht befasst und die Verwerfung als berechtigt bestätigt.

Die Revision wegen Nichtigkeit, mit der abermals das Vorliegen des Prozesshindernisses der Rechtskraft des Urteils im Verfahren 2 Cg 392/92 des Landesgerichts St. Pölten geltend gemacht wird, ist daher unzulässig.

II. Im Übrigen ist die Revision aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist die Beurteilung des Berufungsgerichts zutreffend, dass das erstmals in der Berufung erstattete Vorbringen der Beklagten, sie habe an den Nachlassgegenständen durch gutgläubigen Erwerb nach § 824 letzter Satz ABGB bzw durch Ersitzung Eigentum erworben, gegen das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO) verstoßen. Zwar verstoßen neue rechtliche Gesichtspunkte nicht gegen das Neuerungsverbot; dabei muss aber das bisherige tatsächliche Vorbringen zugrundegelegt werden (3 Ob 168/02f; SZ 30/34; E. Kodek in Rechberger3 § 482 ZPO Rz 9; Pimmer in Fasching/Konecny2 § 482 ZPO Rz 18 ff). Konkrete Tatsachenbehauptungen, die dem Inhalt der Tatbestände des originären Erwerbs vom Scheinerben oder kraft Ersitzung entsprechen, hat die Beklagte in erster Instanz nicht aufgestellt.

2. Zutreffend bejahte das Berufungsgericht die Berechtigung des Manifestationsbegehrens. Insoweit genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen. Die Revisionswerberin macht in diesem Punkt nur geltend, das Erstgericht habe die Schenkungen, die sie von ihrer Mutter erhalten habe, ihr eidesstättiges Vermögensbekenntnis im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer Mutter und das in diesem Verfahren aufgrund eines Antrags der Klägerinnen errichtete Inventar festgestellt, die beide eine Überschuldung des Nachlasses mit 92.889,79 EUR auswiesen. Schon der Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren habe Nachforschungen über die angebliche Schenkung des Betrags von 6,5 Mio S angestellt, die ergebnislos gewesen seien. Nunmehr neuerlich eine eidliche Vermögensangabe zu verlangen, sei schikanös, weil ein anderes Ergebnis nicht erwartet werden könne.

Dem ist zu erwidern:

Der dem Noterben nach der Rechtsprechung unabhängig von seinen Befugnissen im Abhandlungsverfahren zustehende Anspruch auf eidliche Angabe des Nachlassvermögens nach Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO ist nicht an die Glaubhaftmachung einer Verheimlichung oder Verschweigung geknüpft. Er wird bereits durch die Weigerung des Anspruchgegners ausgelöst, seiner Verpflichtung nachzukommen; seine Ausübung wird nur durch das Schikaneverbot beschränkt. Der Verweisung auf das im Abhandlungsverfahren errichtete Inventar gegenüber genügt die subjektiv motivierte Vermutung des Noterben, es könnte Nachlasswerte geben, die im Inventar nicht aufscheinen (RIS-Justiz RS0012974). Für ein schikanöses Vorgehen der Klägerinnen gibt es keine Grundlage in den Feststellungen der Vorinstanzen, die - insbesondere im Hinblick auf die Informationen über eine (angebliche) Schenkung von 6,5 Mio S - eine ausreichende subjektive Besorgnis der Klägerinnen, nicht Kenntnis vom gesamten Umfang des Nachlasses ihrer Mutter zu haben, zu Recht annahmen.

3. Die Revisionswerberin vertritt den Standpunkt, eine analoge Anwendung der Formvorschrift des § 1278 Abs 2 ABGB auf die Vereinbarung vom 20. 5. 1975, die an der Rechtsstellung der Beteiligten als Vor- und Nacherben oder an ihren Erbquoten nichts ändere, sei abzulehnen. Diese Vereinbarung sei nämlich einem Erbschaftskauf nicht ähnlich, übertrage sie doch kein Recht. Der Eintritt von Erbfall und Nacherbfall bleibe unberührt. Die Begründung der Handlungsfreiheit des Vorerben sei ebenso unbedenklich wie bei Begründung einer fideikommissarischen Substitution durch den Erblasser selbst. Dass durch die Vereinbarung vom 20. 5. 1975 ebenso wie bei einer Erbschaftsveräußerung auf irgendeine Weise die Rechtsstellung der Beteiligten verändert worden sei, reiche für eine Analogie nicht aus, weil unzählige für das Erbrecht relevante rechtsgeschäftliche Akte die Rechtsstellung der Vertragspartner änderten, aber des Notariatsakts nicht bedürften. Selbst für den Verzicht auf den Pflichtteil, auf Vermächtnisse oder auf Teile davon nach dem Tod des Erblassers werde die Form des Erbschaftskaufs nicht verlangt. Unverzichtbarer Kern des § 1278 Abs 2 ABGB sei die Übertragung eines erbrechtlichen Rechts, das auch dritten Personen überlassen werden könne. Diese Voraussetzung sei bei der Umwandlung einer vollen Substitution in eine solche auf den Überrest nicht erfüllt. Das Argument des Übereilungsschutzes sei zu allgemein: In gewisser Weise trage jedes Rechtsgeschäft die Gefahr der Übervorteilung und des übereilten Handelns eines Partners in sich. Was mit dem in den Gesetzesmaterialien angeführten Formzweck „Klarstellung der Rechtslage" gegenüber Dritten gemeint sei, sei seit der Erlassung der Vorschrift unklar. Der Nacherbe habe keine Nutzungs- oder Veräußerungsrechte, die er dem Vorerben übertragen könne. Die Vereinbarung vom 20. 5. 1975 ändere bloß die Befugnisse des Vorerben, habe aber keine Änderungen der Erbrechtszuständigkeit zur Folge. Im Wesentlichen sei die Vereinbarung nichts anderes als die Zustimmung des Nacherben zu Verfügungen eines Vorerben unter Lebenden, die das in einer fideikommissarischen Substitution liegende Veräußerungsverbot beseitige und nicht notariatspflichtig sei.

Hiezu wurde erwogen:

4. Gegenstand des Erbschaftskaufs (§ 1278 Abs 1 ABGB) ist die entgeltliche Veräußerung des Erbrechts (oder eines Bruchteils davon) zwischen Erbanfall und Einantwortung oder - bei Vorliegen einer fideikommissarischen Substitution - nur des Rechts des Vorerben oder Nacherben (3 Ob 415/57 SZ 30/64; 6 Ob 198/64 SZ 37/104; Karner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² §§ 1278 - 1281 Rz 1 f mwN; vgl Koziol/Welser II13 581). Die unentgeltliche Veräußerung des Erbrechts ist Erbschaftsschenkung, auf die die §§ 1278 ff ABGB analog anzuwenden sind (SZ 30/64; SZ 37/104; Welser in Rummel, ABGB³ § 1281 Rz 8 mwN; Karner aaO §§ 1278 - 1281 Rz 8 mwN). Auch eine Entschlagung des Erben zugunsten von Personen, die bei seinem Wegfall nicht ohnedies zu Erben berufen wären, kann eine (entgeltliche oder unentgeltliche) Erbschaftsveräußerung sein (10 ObS 37/94 SZ 67/175; 6 Ob 193/98w SZ 71/152; RIS-Justiz RS0013025; Welser aaO Rz 9 mwN; Karner aaO Rz 8 mwN).

Gemäß § 1278 Abs 2 ABGB bedarf der Erbschaftskauf eines Notariatsakts oder eines gerichtlichen Protokolls. Nach den Materialien bezweckt diese Form die Klarstellung der Rechtslage gegenüber Dritten und die Herstellung der Formgleichheit zwischen Erbverzicht (§ 551 ABGB) und Erbschaftskauf (Herrenhausbericht zur III. TN 147; vgl auch RIS-Justiz RS0041430). Formzweck ist auch der Übereilungsschutz für die Beteiligten (1 Ob 630/94 SZ 68/61 mwN; RIS-Justiz RS0041430).

In Rechtsprechung und Lehre wird diese Formvorschrift auf jede - ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund - rechtsgeschäftliche Verfügung über das angefallene Erbrecht erstreckt (6 Ob 299/70 RIS-Justiz RS0022350; Welser aaO § 1278 Rz 3 mwN). Formpflichtig sind auch jene Verträge, durch die sich der Erbe zu einer solchen Verfügung verpflichtet (Welser aaO mwN). Die Formpflicht gilt auch für die Veräußerung des Vor- und des Nacherbrechts (Kletecka, Ersatz- und Nacherbschaft 268 f; Welser aaO).

Durch die Einantwortung werden formungültige Geschäfte nicht geheilt (SZ 14/2; Welser aaO; B. Jud, Erbschaftskauf 39 f; Karner aaO Rz 3; aA Demelius, NZ 1930, 104).

6. Bei der Nacherbschaft (fideikommissarischen Substitution) wird der Vorerbe mit der Einantwortung Eigentümer des Nachlasses; sein Recht ist aber durch den Nacherbfall auflösend bedingt oder (wie im Anlassfall durch den Tod der Vorerbin; vgl Welser aaO § 615 Rz 8) befristet (5 Ob 97/94 SZ 67/193). Er hat aber nur die Rechte und Pflichten eines Fruchtnießers (vgl § 613 ABGB). Dem Nacherben steht zunächst ein Anwartschaftsrecht zu, das die Rechtstellung des Vorerben mit absoluter Wirkung beschränkt (Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 613 Rz 1; vgl Welser aaO § 613 Rz 4 - 6). Die Rechte am Nachlass sind zwischen Vor- und Nacherben funktionell geteilt (9 ObA 317/92 SZ 66/35; Welser aaO § 613 Rz 3 mwN). Ihre Berechtigungen ergänzen einander, sodass beide zusammen die Rechte eines Vollerben und freien Eigentümers haben (JB 2009; 5 Ob 97/94 SZ 67/193). Daher kann der Vorerbe mit Zustimmung aller Nacherben über die Substanz der Substitutionsmasse verfügen (5 Ob 99/90 SZ 63/209); gemeinsam können sie die Substitution auch aufheben (7 Ob 539/91; 2 Ob 121/01k NZ 2001, 446; Welser aaO mwN).

Die fideikommissarische Substitution begreift ein Veräußerungs- und Belastungsverbot in sich, für das die Schranken des § 364c ABGB nicht gelten. Die den Nacherben beeinträchtigende sachenrechtliche Verfügung ist auch gegenüber Dritten nichtig (6 Ob 75/65 SZ 38/58 [das Verpflichtungsgeschäft ist aber gültig]; 5 Ob 34/73 SZ 46/28; 3 Ob 512, 513/93 SZ 66/34; Welser aaO § 613 Rz 6 mwN).

Bei der Substitution (und zwar auch bei einer auf den Überrest) gilt dinglich wirkende Surrogation: Was durch rechtsgeschäftliche Aufopferung von Gegenständen des Substitutionsnachlasses erworben wurde, insbesondere ein Verkaufserlös, fällt in die Substitutionsmasse; hat etwa der Vorerbe ihm angefallene Werte in eine Personengesellschaft eingebracht, so sind sie in dadurch erworbenen oder dadurch vermehrten Gesellschaftsanteilen noch vorhanden (7 Ob 196/68 SZ 41/136 mwN; Welser aaO § 613 Rz 4 mwN; Apathy aaO Rz 5 mwN).

7. Bei der nicht besonders geregelten, aber zulässigen (5 Ob 30/88 SZ 61/82) Substitution auf den Überrest (befreite Vorerbschaft) erhält der Nacherbe von der Erbschaft nur, was beim Eintritt des Nacherbfalls (hier: beim Tod der Vorerbin) übrig ist (4 Ob 529/74 SZ 47/62; SZ 61/82; Welser aaO § 613 Rz 26). Der Vorerbe kann über das Substitutionsgut zwar unter Lebenden, nicht aber von Todes wegen (2 Ob 508/96 SZ 71/83) frei - also ohne Zustimmung der Nacherben bzw eines Substitutionskurators oder substitutionsbehördliche Genehmigung (8 Ob 32/68 SZ 41/15; SZ 61/82) - verfügen. Er kann Nachlassstücke auch verschenken (SZ 61/82). Während der Vorerbschaft hat der auf den Überrest eingesetzte Nacherbe kein dingliches oder sonstiges absolutes Recht (6 Ob 520/94 NZ 1994, 255; Welser, Befreite Vorerbschaft und „Löschungsklage" des Vorerben, NZ 1993, 141; Welser aaO § 613 Rz 26 mwN). Die Befreiung des Vorerben findet ihre Grenze im Rechtsmissbrauch; gegen unmittelbar bevorstehende rechtsmissbräuchliche Verfügungen des Vorerben kann der Nacherbe nur mit Unterlassungsklage vorgehen (4 Ob 529/74 SZ 47/62).

8. Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass die Anordnung im Testament des Vaters der Streitteile vom 3. 6. 1957 als volle Nacherbschaft und nicht als befreite Vorerbschaft (Nacherbschaft auf den Überrest) zu verstehen ist. Die Auslegungsregel des § 614 ABGB gilt auch bei Zweifeln darüber, ob eine fideikommissarische Substitution als eine volle Substitution oder als eine solche auf den Überrest gemeint ist. Doch ist nicht jede fideikommissarische Substitution ohne Zusatz eine solche auf den Überrest; es müssen Zweifel vorliegen (3 Ob 592/87 EvBl 1988/117 = NZ 1990, 151; Welser aaO § 614 Rz 1 mwN). Da als Quelle für die Feststellung des Inhalts der letztwilligen Verfügung des Erblassers nur das von ihm errichtete Testament zur Verfügung steht, ist von dessen Wortlaut auszugehen. Danach besteht kein Zweifel, dass der Erblasser eine volle Nacherbschaft anordnen wollte.

9. Durch die zwischen der Vorerbin und den Nacherbinnen nach dem Anfall der Erbschaft und vor der Einantwortung geschlossenen Vereinbarung vom 20. 5. 1975 wurde die volle Nacherbschaft in eine solche auf den Überrest umgewandelt. Die Nacherbinnen haben dadurch ihre Rechtsstellung als volle Nacherbinnen aufgegeben und die Vorerbin zur befreiten Vorerbin gemacht und es ihr so ermöglicht, durch Schenkungen die Nacherbschaft im Endergebnis zu beseitigen. Auf diese Vereinbarung ist die Formvorschrift des § 1278 Abs 2 ABGB entsprechend anwendbar:

9.1. Weiß in Klang² III, 446 lehrt, verzichte der Nacherbe durch Rechtsgeschäft gegenüber dem Vorerben, die beide Erben seien, auf die Stellung als Nacherbe, so sei dies ein der Konsolidation des belasteten dinglichen Rechts ähnlicher oder gleichartiger Vorgang; in dem Rechtsgeschäft liege eine Veräußerung einer Erbschaft, die der Nacherbe entweder bereits angetreten oder die ihm angefallen sei; gleiches gelte für den Vorerben.

9.1.1. Ehrenzweig II/2² 465 vertritt, Vorerbe und Nacherbe könnten die Substitution schon vor dem Substitutionsfall einverständlich aufheben. Der Nacherbe könne nämlich ausschlagen und, selbst wenn er sich bereits als Erbe erklärt habe, sein unbedingtes Nacherbrecht gemäß § 1278 ABGB dem Vorerben abtreten.

9.1.2. Kralik, Erbrecht 199, ist der Auffassung, der Nacherbe könne die Substitution dadurch unwirksam machen, dass er sein auch noch nicht angefallenes Nacherbrecht für den Fall, dass es entstehen sollte, in der Form und mit den Rechtsfolgen der §§ 1278 ff ABGB auf den Vorerben übertrage.

9.2. Welser, Erbschaftskauf und fideikommissarische Substitution, NZ 2006, 65 ff, lehnt diese Lehrmeinungen ab. Die Vereinbarung zwischen Vorerben und Nacherben, die Substitution aufzuheben, sei keine Veräußerung des (Nach-)Erbrechts, sondern ein bloßer Verzicht. Eine solche Vereinbarung bedürfe daher auch nicht der Form des Erbschaftskaufs. Die Annahme einer Veräußerung des „Nacherbrechts" an den Vorerben erscheine gekünstelt und sei in Wirklichkeit auch dogmatisch nicht haltbar. Die Aufhebung von Beschränkungen oder der Verzicht darauf führe ganz allgemein nicht zum Rechtsübergang auf den Verpflichteten, sondern zum Rechtsuntergang. Verzichte der Nacherbe auf seine Rechte, so bleibe das Erbrecht des Vorerben vollkommen aufrecht; in Umfang und Quote trete keine Änderung ein, nur die zeitlichen Limitierungen und Beschränkungen in der Verfügung über die Substanz fielen weg. Die Verbesserung der Rechtsstellung des Vorerben sei vielmehr eine Reflexwirkung des Verzichts des Nacherben. Das Nacherbrecht eigne sich nicht ohne weiteres zur Konfusion: Durch die Vereinigung der Position des Vorerben mit jener des Nacherben würden die beiden absoluten Rechte nicht „konsumiert". Bei einer Vereinbarung zwischen Vorerben und Nacherben, dass eine fideikommissarische Substitution eine solche auf den Überrest sein soll, fehle die Übertragung eines Erbrechts vollständig. Sinn dieser Vereinbarung sei nur, dass durch die Zustimmung des Nacherben zur Verfügungsfreiheit unter Lebenden beim Vorerben ein Teil der einem Erben an sich zustehenden Befugnisse wiederhergestellt werde, ohne dass diese Rechte bisher dem Nacherben selbstständig zugestanden wären. Dass die Vereinbarung dem Vorerben Vorteile bringe, reiche für eine Analogie nicht, gebe es doch viele Fälle, in denen auf eine erbrechtliche Position zum Vorteil eines Erben verzichtet werde und die dennoch keine Erbschaftsveräußerung seien.

9.3. Den Schluss Welsers vom Nichtvorliegen einer Erbrechtsübertragung, wenn Vorerbe und Nacherbe gemeinsam die fideikommissarische Substitution aufheben oder auf eine solche auf den Überrest beschränken, auf die Unanwendbarkeit des § 1278 Abs 2 ABGB in diesen Fällen, vermag der erkennende Senat nicht zu teilen.

9.3.1. Wie schon ausgeführt, gilt nach Rechtsprechung und Lehre diese Formvorschrift ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund für jeden Vertrag, mit dem der Erbe über sein Erbrecht verfügt (vgl auch B. Jud, Der Erbschaftskauf 122: „Soll durch die Vereinbarung die Erberechtigung im Verhältnis zur tatsächlichen Rechtslage verändert werden, so stellt das Rechtsgeschäft in Wirklichkeit eine Verfügung über die Erbberechtigung, also über das Erbrecht, dar. Verfügungen über das Erbrecht werden aber von dem Gesetz ganz bestimmten Regelungen, nämlich den §§ 1278 ff, unterworfen. Eine inhaltliche Differenzierung danach, ob die Parteien ihre Vereinbarung als Erbschaftskauf oder als Anerkenntnis, Verzicht oder Vergleich bezeichnen, ist nicht gerechtfertigt. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarungen setzt also voraus, dass die Formvorschrift des § 1278 Abs 2 eingehalten wurde.").

9.3.2. Die Vereinbarung des Vorerben mit dem Nacherben, die fideikommissarische Substitution aufzuheben, ist eine Verfügung über das Erbrecht des Nacherben; der Nacherbe verzichtet auf sein Nacherbrecht; dieses geht unter. Auch die Vereinbarung zwischen Vorerben und Nacherben, die volle Nacherbschaft solle eine solche auf den Überrest sein, lässt sich als Verfügung über des Erbrecht des Nacherben verstehen, verzichtet doch damit der Nacherbe auf seine Rechtsstellung als voller Nacherbe; er zieht sich auf die Rechtsposition eines Nacherben auf den Überrest zurück.

9.3.3. Die analoge Erstreckung eines Formgebots hängt von seinen Zwecken ab (vgl RIS-Justiz RS0031424; RS0071185).

Unter dem Gesichtspunkt der Übereilungsgefahr ist der Nacherbe, der sein Nacherbrecht durch Vereinbarung mit dem Vorerben aufgibt, im Hinblick auf den Rechtsverlust gleich einem Erbschaftsverkäufer und Erbschaftsschenker schutzbedürftig. Eine gleichartige Übereilungsgefahr birgt die Vereinbarung der Umwandlung einer fideikommissarischen Substitution in eine solche auf den Überrest. Der Nacherbe verzichtet auf seine Rechtsposition als voller Nacherbe. Durch Schenkungen kann der Vorerbe dem Nacherben den gesamten Substitutionsnachlass entziehen. Er kann dadurch die Nacherbschaft im Endergebnis beseitigen. Dem Nacherben verbliebe wegen des substanzlos gewordenen Substitutionsnachlasses nur ein nacktes Recht.

Unter dem Blickwinkel des Formzwecks der Harmonisierung mit der Form des Erbverzichts liegt in beiden genannten Fällen des Verzichts des Nacherben (gänzliche und teilweise Aufgabe seines Anwartschaftsrechts) eine entsprechende Anwendung des § 1278 Abs 2 ABGB nahe.

Die besondere Form dient unter dem Aspekt der Beweissicherung auch der Klarstellung gegenüber Dritten (vgl zum Beweissicherungszweck als Formzweck bloß Koziol/Welser I13 185).

9.3.4. Dass der Verzicht auf den Pflichtteil nach Eintritt des Erbfalls oder der Verzicht auf ein Legat nicht der Form eines Notariatsakts bedürfen, spricht nicht gegen die hier vertretene Auffassung, weil auch die Übertragung (Zession) dieser Rechte nicht dem Formgebot unterliegt.

10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Werden mehrere Verfahren mit Gerichtsbeschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und sind die obsiegenden Parteien je durch einen eigenen Rechtsanwalt vertreten, verbleibt einer jeden der eigene Ersatzanspruch auf Basis nur des sie betreffenden Streitwerts (RIS-Justiz RS0072286).

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