OGH 5Ob97/94

OGH5Ob97/948.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Dr.Franz B*****, geboren am 29.3.1914, Pensionist, ***** und 2.) Susanne M*****, geboren am 17.11.1945, Konsulentin, ***** beide vertreten durch Klimscha & Schreiber, öffentliche Notare in Wien, wegen Einverleibung eines Pfandrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 22.August 1994, GZ 46 R 2018/94, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 16. Februar 1994, TZ 717/94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der abweisende Teil der Entscheidungen der Vorinstanzen wird dahin abgeändert, daß dieser wie folgt zu lauten hat:

"Auf Grund des Schuldscheines vom 20.1./24.1.1994 und der Zustimmungserklärung der Substitutionsberechtigten vom 20.1.1994 wird im Grundbuch ***** Einlagezahl ***** die Eintragung

C

LNR 7 auf Anteil 1

b....../1994 IM RANG 717/1994 Schuldschein 1994-01-24

PFANDRECHT 275.000,-- S

8,75 % Z, 14 % VuZZ, NGS 82.500,-- S für die Erste österreichische Spar-Casse-Bank Aktiengesellschaft

und die Löschung der Eintragung C-LNR 7a durch Übertragung in das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen gemäß § 3 Abs 4 GUG bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1.) Die E***** Aktiengesellschaft, ***** mit Schuldschein (Beilage A) und Zustimmungserklärung (Beilage B)

2.) Dr.Franz B*****, Pensionist, *****

3.) Susanne M*****, Konsulentin, *****, mit Beilage ./C,

4.) Finanzamt für den 12., 13., 14 und 23 Bezirk, 1140 Wien, Ullmannstraße 54,

5.) Dr.Ulrich Klimscha, öffentlicher Notar, 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 7, zu AZ 238/3 K."

Text

Begründung

Der Erstantragsteller ist Eigentümer von 40/96 Anteilen (B-LNR 1), belastet mit einer fidekommissarischen Substitution zugunsten der Zweitantragstellerin (B-LNR 1e), sowie von 17/96 Anteilen (B-LNR 2) jeweils der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft.

Das Erstgericht bewilligte ob den in B-LNR 2 genannten Anteilen die Einverleibung eines Pfandrechtes für die Forderung der E***** Aktiengesellschaft im Betrag von S 275.000,-- s.A. (C-LNR 6) sowie die Anmerkung der Namensänderung der aus der fidekommissarischen Substitution berechtigten Zweitantragstellerin (B-LNR 1 f) und wies das Mehrbegehren auf Einverleibung des genannten Pfandrechtes ob den weiteren 40/96 Anteilen (B-LNR 1) des Erstantragstellers mit der Begründung ab, daß hiezu nicht nur die vorliegende Zustimmung der Zweitantragstellerin als Nacherbin erforderlich sei, sondern auch die Genehmigung durch die zuständige Substitutionsbehörde, und merkte die Abweisung im Grundbuch an (C-LNR 7a).

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

Dem Rekursgericht erscheine es an sich durchaus vertretbar, den Nachweis der Zustimmung des Nacherben durch notariell beglaubigte Zustimmungserklärung - wie hier gegeben - als ausreichend anzusehen. Da jedoch in oberstgerichtlichen Entscheidungen (SZ 46/28 und SZ 49/103) immer wieder auch auf die erforderliche Zustimmung der Substitutionsbehörde hingewiesen werde, sei ungeachtet der an sich überzeugenden Argumente der Rekurswerber davon auszugehen, daß für eine Belastung des Substitutionsgutes die Genehmigung der Substitutionsbehörde unbedingt erforderlich sei (RPflSlgG 718 unter Berufung auf EvBl 1955/269, JBl 1947/397 und EvBl 1963/225).

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof bisher mit der Frage nicht auseinandergesetzt habe, ob bei Vorliegen einer notariell beglaubigten Zustimmungserklärung des eigenberechtigten Nacherben die Genehmigung der Substitutionsbehörde erforderlich ist.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den abweisenden Teil der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß auch die zweite begehrte Pfandrechtseinverleibung bewilligt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der Vorerbe erlangt mit der Einantwortung die Stellung eines zeitlich beschränkten Eigentümers, dessen Recht auflösend bedingt oder befristet ist. Da er die Erbschaft bei Eintritt des Nacherbfalles den Nacherben herausgeben muß, kann er sie zwar unbeschränkt nutzen, hat jedoch ihre Substanz zu schonen. Seine Rechtsstellung ist der eines Fruchtnießers ähnlich (§ 613 ABGB), von dem er sich allerdings durch das Eigentumsrecht unterscheidet. Vorerbe und Nacherbe zusammen haben die Rechte eines freien Eigentümers. Sie können daher gemeinsam die Substitutionsbindung aufheben, einschränken oder auf eine andere Sache übertragen; der Vorerbe kann mit Zustimmung des Nacherben über die Substitutionsmasse verfügen (SZ 63/209 unter Hinweis ua auf Welser in Rummel, ABGB2, Rz 1, 3 und 7 zu § 613 je mwN). Es ist die Zustimmung aller in Betracht kommenden Nacherben, auch der Ersatzerben, notwendig (SZ 63/209; SZ 48/98; NZ 1981, 110; Welser aaO Rz 12 zu § 615; Eccer in Schwimann, ABGB, Rz 1 und 7 zu § 613; Heller/Berger/Stix II 909). Demgemäß darf auch eine Pfandrechtseinverleibung ohne Zustimmung des berechtigten Nacherben nicht erfolgen (NZ 1969, 40; SZ 41/97; SZ 46/28).

Aus all dem folgt, daß zusätzlich zur Zustimmung des berechtigten Nacherben eine Genehmigung der Substitutionsbehörde nicht erforderlich ist. In der vom Rekursgericht angeführten Entscheidung SZ 41/97 wird über das Erfordernis der Genehmigung der Substitutionsbehörde überhaupt nichts ausgesagt. In der Entscheidung SZ 46/28 wird lediglich ausgeführt, daß "grundsätzlich" alle dinglichen Verfügungen des Vorerben, welche die Rechte des Nacherben beeinträchtigen und ohne Genehmigung der Substitutionsbehörde erfolgen, nichtig seien. Schon aus dieser Formulierung ergibt sich, daß die Genehmigung der Substitutionsbehörde nur dann erforderlich ist, wenn es sich um eine Verfügung handelt, durch welche die Rechte des Nacherben beeinträchtigt werden. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Nacherbe einer solchen Verfügung zustimmt. Demgemäß wird auch in dieser Entscheidung im folgenden auf die fehlende Zustimmung des Nacherben zur Einverleibung eines Pfandrechtes abgestellt.

In der Entscheidung JBl 1947, 397 wird zwar ganz allgemein ausgeführt, daß der Grundbuchsrichter die Übertragung des Eigentums an dem Substitutionsgut im Grundbuch nicht durchführen dürfe, wenn ihm nicht die Zustimmung der Substitutionsbehörde und der Nacherben (Nachvermächtnisnehmer) nachgewiesen sei. Auch in dieser Entscheidung wird jedoch im folgenden lediglich auf begründete Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit eines Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand der Eintragung abgestellt, dort im konkreten Fall darin gelegen, daß die Erblasserin die vermachte Liegenschaft mit einer fidekommissarischen Substitution zugunsten ihrer anderen Kinder belastet habe und eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen der Vermächtnisnehmerin und den Nachvermächtnisnehmern über die Aufhebung des Substitutionsbandes nicht ersichtlich sei. Den am Beginn dieser Entscheidungsbegründung enthaltenen Ausführungen über die Notwendigkeit der Zustimmung der Substitutionsbehörde kam daher auch in dieser Entscheidung nicht die von den Vorinstanzen angenommene Bedeutung zu.

Auch in den Entscheidungen EvBl 1955/269 und EvBl 1963/225 war ein Sachverhalt zu beurteilen, bei dem die Zustimmung des Nacherben zur Belastung des Substitutionsgutes fehlte; dies gilt auch für die in RPflSlgG 718 veröffentlichte Entscheidung eines Gerichtes zweiter Instanz.

Der erkennende Senat folgt daher der erst jüngst ergangenen, mit der herrschenden Lehre und der überwiegenden Rechtsprechung übereinstimmenden Entscheidung SZ 63/209, wonach Vorerbe und (eigenberechtigte) Nacherben (jedweder Art) zusammen wie ein Eigentümer über das Substitutionsgut verfügen dürfen, demgemäß auch zur Verpfändung desselben ohne Zustimmung der Substitutionsbehörde berechtigt sind.

Dem Revisionsrekurs war daher dahin Folge zu geben, daß auch die begehrte Pfandrechtseinverleibung ob den 40/96 Anteilen des Erstantragstellers (B-LNR 1) bewilligt wird.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte