OGH 8Ob32/68

OGH8Ob32/686.2.1968

SZ 41/15

Normen

ABGB §608
ABGB §613
ABGB §608
ABGB §613

 

Spruch:

Der Verkauf der Erbschaft durch den Vorerben bei Substitution auf den Überrest ist von einer Genehmigung durch das Nachlaßgericht nicht abhängig.

Entscheidung vom 6. Februar 1968, 8 Ob 32/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der am 13. November 1957 verstorbene Dkfm. Albert P. hat in seinem Testament seine Gattin Melanie P. zur Alleinerbin seines gesamten Vermögens und Maria Sch. zur Nacherbin desjenigen Teiles seines Nachlasses, der beim Ableben seiner Gattin noch vorhanden sein werde, eingesetzt.

Mit Einantwortungsurkunde vom 28. April 1960 ist der Nachlaß des Verstorbenen der Melanie P. mit der Beschränkung des zugunsten der Maria Sch. angeordneten Nacherbrechtes auf den Überrest eingeantwortet worden.

Mit Eingabe vom 29. September 1967 begehrte Melanie P. die verlassenschaftsbehördliche Genehmigung eines mit Marianne A. abgeschlossenen Kauf- und Leibrentenvertrages, durch welchen sie das den wesentlichen Teil des Nachlasses ihres verstorbenen Mannes bildende Vermögen, nämlich die Firma Dkfm. Albert P., gegen eine monatliche Leibrente von 30.000 S an Marianne A. verkauft hat. Die Nacherbin Maria Sch. beantragte, den Verkauf als unzulässig abzulehnen und Melanie P. aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist die für die Ermittlung des Verkehrswertes des erblasserischen Unternehmens erforderlichen Unterlagen, und zwar Grundbuchsauszüge, Grundbesitzbögen, die Bilanzen der letzten fünf Jahre mit Gewinn- und Verlustrechnungen und die Schillingeröffnungsbilanz dem Gerichte vorzulegen sowie ihre Einnahmsquellen und die Gründe für den beabsichtigten Verkauf bekanntzugeben.

Das Erstgericht hat Melanie P. aufgefordert, die von Maria Sch. geforderten Unterlagen binnen einem Monat vorzulegen oder bekanntzugeben, welche Hindernisse der Vorlage der gewünschten Unterlagen entgegenstunden.

Das Rekursgericht hat den erstgerichtlichen Beschluß abgeändert und den Antrag der Maria Sch. abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Maria Sch. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Revisionsrekurswerberin leitet daraus, daß die Nacherbschaft auf den Überrest ein Fall der fideikommissarischen Substitution sei, ab, daß die Vorerbin nicht berechtigt sei, über das Substitutionsvermögen frei zu verfügen, und meint, daß der Vorerbin nach dem Willen des Erblassers lediglich die unbedingt notwendigen Verfügungen über das Nachlaßvermögen gestattet seien, die aber ihre Grenze in dem standesgemäßen Unterhalt der Vorerbin auf Lebzeiten hätten. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Das Wesen einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest besteht darin, daß der Vorerbe, über die Substitutionsmasse unter Lebenden frei zu verfügen, berechtigt ist und der Nacherbe nur das erhält, was von der Erbschaft beim Eintritt der Nacherbfolge übrig ist (Ehrenzweig, Erbrecht[2], S. 469, 8 Ob 151, 152/65). Der Vorerbe kann sogar Nachlaßstücke verschenken; nur arglistiger Verbrauch ist nicht zulässig (Weiss in Klang[2] III 431, 433). Daß arglistiges Handeln der Melanie P. vorliege, ist nicht behauptet worden. Zu der von der Nacherbin begehrten Überprüfung der Angemessenheit des Kaufpreises ist daher das Nachlaßgericht als Substitutionsbehörde ebensowenig berechtigt wie zur Prüfung des Einkommens der Vorerbin.

Der von der Revisionsrekurswerberin begehrte Ausspruch, daß ein Verkauf des erblasserischen Vermögens gegen Leibrente nicht zulässig sei, würde dem freien Verfügungsrecht der Vorerbin widersprechen. Dasselbe gilt von dem Begehren, auszusprechen, daß der etwa erzielte Verkaufserlös zur Wahrung der Substitutionsrechte der Revisionsrekurswerberin sicherzustellen sei.

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