OGH 1Ob189/07m

OGH1Ob189/07m29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** L***** AG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Hämmerle GmbH, Rechtsanwaltskanzlei in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Werner F*****, vertreten durch Oberhofer & Hibler, Rechtsanwaltskanzlei in Innsbruck, wegen Abgabe einer Zustimmungserklärung und Feststellung (Streitwert gesamt 70.000 EUR), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 9. Juli 2007, GZ 4 R 168/07y-39, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Während in der älteren Judikatur der Revisionsrekurs gegen die Bejahung einer Prozessvoraussetzung durch das Rekursgericht in Analogie zu den Anfechtungsbeschränkungen des § 519 ZPO wegen des untragbaren Wertungswiderspruchs, dass zwar die Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht angefochten werden könne (siehe RIS-Justiz RS0043405), ein inhaltsgleiches Rechtsschutzbegehren im Rekursverfahren aber einer Überprüfung in dritter Instanz zugänglich wäre (RIS-Justiz RS0054895; siehe Zechner in Fasching/Konecny2 § 503 ZPO Rz 75), als unzulässig angesehen wurde, geht die neuere Rechtsprechung davon aus, dass der Oberste Gerichtshof - vorbehaltlich des § 528 Abs 1 ZPO - mit Revisionsrekurs angerufen werden kann, wenn das Rekursgericht in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung eine Prozesseinrede verworfen hat (zuletzt etwa 1 Ob 114/07g; 9 Ob 25/07b; 6 Ob 276/06s; 4 Ob 12/06b; 4 Ob 218/06x; RIS-Justiz RS0120715, RS0121604). Der Revisionsrekurs ist daher nicht absolut unzulässig.

2. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO wird aber nicht aufgeworfen:

Die klagende Partei nimmt den Beklagten auf Zustimmung zur Errichtung, zum Bestand und Betrieb von Erweiterungen einer Beschneiungsanlage in einem Wasserrechtsverfahren sowie auf Feststellung seiner Haftung für Schäden, die aus der Erhebung von Einwendungen und der Verweigerung der Zustimmung entstehen bzw entstanden sind, in eventu auf Duldung der Wasserentnahme in entsprechendem Umfang in Anspruch und stützt dies auf eine in einem früheren, vom Beklagten angestrengten Wasserrechtsverfahren getroffene Vereinbarung, wonach sich die nunmehr klagende Partei mit dem dortigen Projekt des nunmehrigen Beklagten einverstanden zeigte und beide vereinbarten, dass für den Fall, dass die Rohrleitung des Beklagten über den Grund der klagenden Partei führen sollte, der Beklagte keinen Einwand erhebe, wenn die klagende Partei aus dem betroffenen Gewässer zusätzlich Wasser entnehme.

Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gemäß § 1 JN ist nach der Judikatur dann gegeben, wenn in Übereinkommen zivilrechtliche Rechtsverhältnisse, dh solche, die im Fall der Nichteinigung von der Wasserrechtsbehörde - mangels Entscheidungskompetenz - gemäß § 113 WRG auf den Zivilrechtsweg zu verweisen wären, geregelt werden, weil sie „Rechtsbeziehungen der Bürger unter sich" betreffen, die von § 111 Abs 3 zweiter Satz WRG nicht erfasst werden (RIS-Justiz RS0045814). Soweit in Übereinkommen „freiwillig" zivilrechtliche Rechte eingeräumt werden, die sonst grundsätzlich auch zwangsweise von der Behörde eingeräumt werden könnten oder die als kraft Gesetzes eingeräumt gelten könnten, entscheidet über Umfang und Inhalt der eingeräumten Rechte - nicht der allenfalls in diesem Zusammenhang vereinbarten Entschädigung etc - die Wasserrechtsbehörde und im Rahmen der „sukzessiven Zuständigkeit" nach § 117 Abs 4 und 6 WRG das Gericht; hiebei ist das Verfahren außer Streitsachen die maßgebliche Verfahrensnorm. Soweit in Übereinkommen im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens Leistungen ausbedungen werden, die als Entschädigungsleistungen oder Ersatzleistungen oder Beitragsleistungen iSd § 117 WRG zu deuten sind, entscheidet darüber im Streitfall betreffend die Auslegung oder die Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens gemäß § 117 Abs 7 WRG ohne vorherige Befassung der Wasserrechtsbehörde ausschließlich das Gericht (RIS-Justiz RS0045814; 1 Ob 27/93 = SZ 67/6). Über Streitigkeiten aufgrund eines im Zuge eines wasserbehördlichen Verfahrens geschlossenen Parteienübereinkommens, das der Beurkundung in einem wasserbehördlichen Bescheid entbehrt, aber auch über solche aufgrund von Schadenersatzansprüchen nach allgemeinem bürgerlichem Recht - gleichviel ob ex contractu oder ex delicto - ist im streitigen Rechtsweg zu verhandeln und entscheiden (1 Ob 265/99y). Wird also das Klagebegehren auf einen Privatrechtstitel und nicht auf eine im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffene Vereinbarung über sonst zwangsweise einzuräumende Rechte gestützt, ist der streitige Rechtsweg zulässig (1 Ob 300/01a).

Hier behauptet die klagende Partei, dass die Rohrleitung des Beklagten tatsächlich auf ihrem Grund liege und der Beklagte aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung nicht berechtigt sei, ihrem wasserrechtlichen Begehren auf zusätzliche Wasserentnahme entgegenzutreten bzw verpflichtet sei, dem zuzustimmen. Dass die klagende Partei dem Inhalt nach einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, nämlich die Abgabe von Parteienerklärungen in einem Verwaltungsverfahren, der der Entscheidung durch das Zivilgericht entzogen sei - wie im Revisionsrekurs eingewendet - geltend mache, widerspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. So bestehen ja auch gegen die Zulässigkeit eines Begehrens, mit dem die Zurückziehung eines bei einer Verwaltungsbehörde eingebrachten Rechtsmittels gefordert wird, grundsätzlich keine Bedenken, wenn sich der Kläger auf eine privatrechtliche Vereinbarung darüber bezieht (RIS-Justiz RS0012239; SZ 66/133).

Insgesamt wird keine erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung gebracht. Der Revisionsrekurs ist daher unzulässig.

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