OGH 8Ob92/06x

OGH8Ob92/06x22.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Raiffeisenverband S*****, vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Nikolaus T*****, wegen EUR 12.126,59 sA über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 18. April 2006, GZ 4 R 48/06s-13, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 13. Dezember 2005, GZ 12 Cg 237/04g-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.765,70 (darin enthalten EUR 124,95 an USt und EUR 1.016 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens und die mit EUR 1.041,60 (darin enthalten EUR 173,60 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 14. Juli 1993 zedierte der Kreditnehmer der Klägerin jener zur Abdeckung offener Kredite zahlungshalber „unter Berücksichtigung des Schreibens" seines Rechtsanwaltes, des Beklagten jene Beträge, die aufgrund des vor dem Bezirksgericht Salzburg geführten Aufteilungsverfahrens des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse beim Beklagten einlangen würden. In dem erwähnten Schreiben an die Klägerin hielt der Beklagte Rechtsvertreter des Kreditnehmers unter Bezugnahme auf ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Klägerin fest, dass sich die Zession nur auf die aufgrund einer Entscheidung oder eines Vergleiches tatsächlich bezahlten Ansprüche aus dem konkreten Aufteilungsverfahren beziehe. Sein Mandant sei zur vollen Verfügung über die zedierte Forderung berechtigt. Vergleiche könnten im Aufteilungsverfahren ohne Zustimmung der Klägerin nur geschlossen werden, wenn sie eine Bezahlung von ATS 600.000 sicherstellen würden. Mit Schreiben vom 14. Jänner 1997 bestätigte der Beklagte, dass die ersiegten und vereinnahmten Beträge bis zur Höhe von 600.000 ATS der Klägerin zukommen sollten und die Bezahlung seiner Leistungen aus dem Superfluens erfolgen solle. Er forderte die Klägerin auf, zu diesem Verfahren einen Prozesskostenbeitrag zu leisten. Sein Mandant sein nicht zahlungsfähig. Aufgrund der ihr zedierten (zu ersiegenden) Beträge aus dem Aufteilungsverfahren bis zur Höhe von ATS 600.000,-- habe die Klägerin aber ein Interesse am Obsiegen des Kreditnehmers. Die Klägerin war zu einem Prozesskostenbeitrag nicht bereit. Ein positiver Ausgang des Verfahrens sei für sie nicht absehbar. Dem Kreditnehmer wurden im am 20. November 2003 rechtskräftig beendeten Aufteilungsverfahren EUR 30.000,-- zugesprochen, wovon nach Aufrechnung mit berechtigten Gegenforderungen seiner geschiedenen Ehefrau schließlich EUR 12.126,59 am Konto des Beklagten einlangten. Der Beklagte forderte die Klägerin auf, sein Pfandrecht gemäß § 19 Abs 4 RAO an diesem Betrag anzuerkennen.

Die Klägerin erkannte das Pfandrecht des Beklagten nicht an. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Einwilligung des Beklagten zur Ausfolgung des mittlerweile gerichtlich hinterlegten Betrages an die Klägerin, da ihr diese Forderung vertraglich zediert worden sei. Dem Beklagten komme ein Aufrechnungsrecht mit seinen Honorarforderungen nicht zu. Dem stehe die Forderungsabtretung entgegen. Ein Vertreter eines Zedenten, der im Wissen um die Zession mit seinen Honoraransprüchen aufrechne hafte auch wegen Eingriffs in fremde Forderungsrechte. Nach dem Bevollmächtigungsvertrag hätte eine Entlohnung des Beklagten nur aus dem Superfluens der erstrittenen Beträge erfolgen sollen.

Der Beklagte beantragte die kostenpflichtige Klagsabweisung. Er wendete zusammengefasst ein, dass seine Kosten bereits 1997 sehr erheblich gewesen seien. Nach § 19 RAO sei er zum Abzug von den eingegangenen Barschaften berechtigt. Es handle sich im Ergebnis um ein Aufrechnungsrecht. Mit der Klägerin als Zessionarin stehe der Beklagte in keinerlei Rechtsverhältnis und könne auch auf keine Ansprüche verzichten. Die Gelder seien dem Beklagten auch nicht mit einer besonderen Zweckwidmung übergeben worden, die dem Abzugsrecht nach § 19 RAO entgegenstehe könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Rechtlich führte es aus, dem Beklagten stünde zwar prinzipiell ein Aufrechnungsrecht seiner Kosten mit dem ihm zugekommenen Betrag zu, jedoch habe er durch die Aufrechnung zu Lasten der Klägerin in deren aufgrund des Zessionsvertrages bestehenden Forderungsrecht, von dem der Beklagte seit Beginn der Rechtsvertretung im Aufteilungsverfahren gewusst habe, eingegriffen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung statt, änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne einer Klagsabweisung ab und lies die ordentliche Revision zu. Rechtlich erwog es, dass gesetzliche Pfandrechte wie jenes nach § 19 Abs 4 RAO rechtsgeschäftlich begründeten Pfandrechten vorgingen. Die Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwaltes sei nur dann abzulehnen, wenn die Zahlung zu einer bestimmten anderen Verwendung als der Ausfolgung an den Klienten bei diesem eingingen. Aufgrund § 442 dritter Satz ABGB habe der Kreditnehmer die Forderung nicht unbelastet an die Klägerin abtreten können. Da der Beklagte auch nicht konkludent auf das Rückbehaltungsrecht des § 19 RAO verzichtet habe, bestünde dieses auch nach der Abtretung der Forderung gegenüber der Klägerin zu Recht.

Die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, da zur Frage, ob das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwaltes gemäß § 19 RAO einer vertraglichen Zession vorgeht, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene Revision ist zulässig und berechtigt. Der OGH hat sich in seiner Entscheidung 1 Ob 55/98i nur mit einem Fall befasst, in dem der Rechtsanwalt gem § 19 RAO aufgerechnet hat, obwohl die eingeklagte Forderung abgetreten worden war, nicht aber wie hier des Abrechnungsanspruches gegen den Rechtsanwalt. Auf die von der Klägerin in der Revision ausgeführte Feststellungs- und Beweisrüge ist nicht weiter einzugehen, da der Beklagte in der Rechtsrüge der Berufung ausdrücklich auf die Feststellungen des Erstgerichtes Bezug genommen hat, die Klägerin diese aber in der Berufungsbeantwortung nicht bekämpft hat (vgl dazu Kodek in Rechberger ZPO2 § 468 Rz 5; RIS-Justiz RS0112020 mzwN). Die Rechtsrüge der Klägerin ist jedoch berechtigt.

I Gegenstand der Zession

Vorweg zu klären ist, was überhaupt als Gegenstand der Zession an die Klägerin anzusehen ist.

Wollte man davon ausgehen, dass Gegenstand der Zession die Forderung des Kreditschuldners gegen seine ehemalige Ehefrau wäre, so wäre eine wirksame Zession gar nicht zustande gekommen, weil die Publizitätserfordernisse für Sicherungszessionen nicht eingehalten wurden (Ertl in Rummel ABGB3, § 1392 Rz 3 mwN; Bydlinski in Klang2 IV/2, 691; vgl auch RS0111152 bei Abtretungen an Kreditinstitute zahlungshalber ist auch die Sicherung als Zweck anzusehen). Eine Verständigung der Drittschuldnerin (der ehemaligen Ehefrau) wurde nicht vorgenommen. Die ehemalige Ehefrau des Kreditgebers hat ja auch bereits - wie dies in der Zessionsvereinbarung zugrundegelegt wurde - schuldbefreiend an den Rechtsanwalt geleistet, womit die Forderung gegen sie erloschen ist. Als Objekt des Zessionsvertrages sind vielmehr entsprechend dem Zessionsvertrag „die im Zuge der Ehescheidung ersiegten Beträge, welche beim Rechtsvertreter des Zedenten eingelangt sind" zu verstehen. Im Hinblick auf den Verweis auf das Schreiben des Beklagten und dessen Inhalt ist damit die Forderung des Kreditschuldners (des Mandanten) gegen den beklagten Rechtsanwalt auf Abrechnung der Gelder im Rahmen des konkreten Bevollmächtigungsvertrages zu verstehen. Die Zession dieser Forderung ist auch wirksam, weil der beklagte Rechtsanwalt von dieser Vereinbarung informiert wurde und somit die erforderliche Drittschuldnerverständigung gegeben ist.

II Aufrechnungsrecht nach § 19 RAO

Im Rahmen des Bevollmächtigungsvertrages eines Rechtsanwaltes kommen die Regelungen der RAO und des §§ 1002 ff ABGB zur Anwendung (vgl etwa Strasser in Rummel ABGB3 § 1002 Rz 26 mwN; Apathy in Schwimann ABGB2 § 1002 Rz 4 mwN). Die klagende Zessionarin wendet sich im Ergebnis gegen die Aufrechnung des vom beklagten Rechtsanwalt behaupteten Honoraranspruch gegen den Anspruch auf Abrechnung nun Ausfolgung der ihm für seinen Mandanten vom Prozessgegner bezahlten Beträge.

§ 19 RAO, auf den sich der Beklagte stützt, hat folgenden Wortlaut:

„(1) Der Rechtsanwalt ist berechtigt, von den für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, in soweit sie durch erhaltene Vorschüsse nicht gedeckt ist, in Abzug zu bringen, ist jedoch schuldig, sich hierüber sogleich mit seiner Partei zu verrechnen......

(3) Der Rechtsanwalt ist aber im Falle, als die Richtigkeit und Höhe seiner Forderung bestritten wird, zu seiner Deckung auch zum gerichtlichen Erlage der ihm eingegangenen Barschaften bis zur Höhe der bestrittenen Forderung befugt, zugleich aber, wenn die angesuchte gütliche Beilegung ohne Erfolg geblieben ist, verpflichtet, die Richtigkeit und Höhe der letzteren nachzuweisen.

(4) Auf den erlegten Betrag kommt dem Rechtsanwalt ein gesetzliches Pfandrecht für seine Forderung aus der Vertretung zu."

Das Recht des Rechtsanwaltes nach § 19 Abs 1 RAO, von den an ihn eingegangenen Barschaften ua seinen Verdienst „in Abzug zu bringen" ist eine Aufrechnungsrecht, auf dessen Auslegung die Regelungen der §§ 1438 ff ABGB zur Anwendung gelangen, soweit dem nicht die Besonderheiten des Bevollmächtigungsvertrages entgegenstehen

(RIS-Justiz RS0110833 mwN etwa 1 Ob 55/98i = SZ 71/155 oder 8 Ob

194/01i = SZ 2002/25). § 19 RAO derogiert etwa - als lex specialis zu

den allgemeinen Kompensationsregeln - § 1440 ABGB (vgl RS0110833;

Griß in KBB, § 1440 Rz 6; Dullinger in Rummel3, § 1440 ABGB Rz 16a;

beide mwN). Es wird nur dort verneint, wo die Zahlung an den Rechtsanwalt nicht zur Ausfolgung an den Mandanten, sondern zu einer bestimmten anderen Verwendung erfolgt (RIS-Justiz RS0110836 mwN, 6 Ob 312/04g).

III Aufrechnung nach der Verständigung von der Zession zukünftiger

Forderungen

Ausgehend davon dass hier eine Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwalts im vorliegenden Fall grundsätzlich gegeben wäre, stellt sich die Frage, ob die Zession des „zukünftigen" Herausgabeanspruchs des Mandanten daran etwas ändert. Dies ist vorweg allgemein zu erörtern. III a Gesetzliche Rahmenbedingungen

Im Rahmen der Regelungen über die Aufhebung von Rechten und Verbindlichkeiten im 3. Hauptstück des dritten Teiles des ABGB, in dem sich auch die Bestimmungen über die Aufrechnung finden, bestimmt § 1441 ABGB, dass der Schuldner immer nur mit Forderungen gegen den Gläubiger aufrechnen kann. Es legt dann § 1442 ABGB für den Fall einer „allmählichen" Übertragung einer Forderung auf mehrere fest, dass der Schuldner zwar mit Forderungen, die er zur Zeit der Abtretung gegen den ersten Inhaber hatte, sowie auch jene die ihm gegen den nunmehrigen Gläubiger zustehen kompensieren kann (ohne dass auf einen Zusammenhang mit der Hauptforderung abgestellt würde), nicht aber mit jenen gegen Gläubiger, denen die Forderungen dazwischen abgetreten waren. Bei den Regelungen über die Zession selbst wird in den §§ 1392 ff ABGB im 2. Hauptstück über die Umänderung von Rechten und Verbindlichkeiten in § 1394 ABGB festgehalten, dass die Rechte des Übernehmers aus den überlassenen Forderungen mit jenen des Überträgers ident sind (allgemein dazu, dass niemand mehr Rechte übertragen kann, als er selbst hat - § 442 ABGB). Zur Befriedigung wird in § 1395 ABGB festgelegt, dass der Schuldner bis zur Verständigung von der Zession noch den ersten Gläubiger zahlen oder sich sonst mit ihm abfinden kann, und damit auch mit Forderungen aus anderen Rechtsverhältnissen jedenfalls bis dahin kompensieren kann. Das Recht, „Einwendungen" gegen die Forderung zu erheben, bleibt ihm aber nach § 1396 ABGB auch darüber hinaus gewahrt (vgl auch Lukas, Zession und Synallagma, 151 mwN, 180 ff). Wenn er allerdings die Richtigkeit der Forderung gegenüber dem redlichen Übernehmer anerkennt, so ist er nach dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung auch zur Befriedigung verpflichtet. Insbesondere § 1396 ABGB unterscheidet also in gewisser Form zwischen der Befriedigung - ua durch Kompensation - und den „Einwendungen" gegen die Forderung selbst - die allenfalls auch zur Kompensation berechtigen können (aus der Schlechterfüllung resultierende Schadenersatzansprüche). Die Bedeutung dieser Unterscheidung und deren Umfang ist strittig (Kerschner, Zur Aufrechnung bei Zession künftiger Forderungen, ÖBA 1989, 560 - historisch wurde nicht unterschieden; Lukas, Zession und Synallagma, 205; zum Abstellen auf die Rechtsbeziehung zum Zedenten und inwieweit die Gegenforderungen als „angelegt" zu beurteilen sind Neumayr in KBB, §§ 1395-1396 Rz 4 mwN).

Aus § 1442 über den Ausschluss von Kompensationen mit Forderungen gegen „Zwischengläubiger", lässt sich eine gewisse Förderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit von Forderungen ableiten. Dies wollte der Gesetzgeber mit dem Zessionsrechtsänderungsgesetz und der damit geschaffenen verstärkten „Handelbarkeit" von Forderungen zu Besicherungszwecken durch Relativierung der Zessionsverbote in § 1396a ABGB auch noch fördern (ausführlich RV 861 22. GP 2 ff; geschichtlich - Lukas, Zession und Synallagma, 17 ff). III b Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat aber auch stets den ua aus den §§ 1394, 1395 und 1396 ableitbaren Gedanke hervorgehoben, dass sich die - bestehenden - Rechtspositionen des Schuldners durch die Zession, auf die er ja keinen Einfluss hat (was durch die Abschwächung allenfalls vereinbarter Zessionsverbote mit § 1396a ABGB noch verstärkt wurde) nicht verschlechtern dürfen (vgl RIS-Justiz RS0032740 mwN, etwa zuletzt 3 Ob 80/05v; vgl im Übrigen zu der allgemeinen Entwicklung der Abdeckung des „Aufspaltungsrisikos" bei „gespaltenen" Schuldverhältnissen zuletzt etwa OGH 8 Ob 76/06v mzwN). Unter Bezugnahme darauf hat sie regelmäßig ausgesprochen, dass der Abtretungsschuldner nicht nur mit all jenen Gegenforderungen aufrechnen kann, die er bis zur Verständigung von der Abtretung der Hauptforderung - auch im Rahmen anderer Rechtsverhältnisse begründet hat -, sondern auch danach bis zum Entstehen der Hauptforderung (RIS-Justiz RS0032808, wobei die erste Entscheidung 5 Ob 321/63 - ohnehin zu einer Gegenforderung aus einem früheren Rechtsgeschäft erging). So hat der OGH etwa in der Entscheidung zu 3 Ob 518/77 (= SZ 51/77) die Möglichkeit der Aufrechnung auch dann als gegeben erachtet, wenn im Rahmen eines dauernden Abrechnungsverhältnisses zwischen einem Frächter und seinem Auftraggeber als Art Vorschuss vom Auftraggeber als debitor cessus der Frachtforderungen Leistungen an die Gläubiger seines Gläubigers (Reparaturleistungen für die LKWs) erbracht wurden. Im Rahmen der Entscheidung zu 5 Ob 561/85 (= ÖBA 1988, 172 [Griß-Reiterer] wurde der Schutz des Schuldners vor Verschlechterungen betont und die Zulässigkeit der Geltendmachung der Unwirksamkeit des Grundgeschäftes, der Verkürzung über die Hälfte, der Vertragskorrektur, der Ansprüche aus Nicht- und Schlechterfüllung (zur Preisminderung etwa SZ 55/79) aber auch - hier - eines Nachlasses (versteckter Rabatt) gegen einen zedierten, aber noch nicht entstandenen Anspruch festgehalten. Im Verfahren zu 8 Ob 560/89 ging es auch um Forderungen aus dem gleichen Rechtsverhältnis, nämlich Schadenersatz- und Gewährleistungsforderungen des Abtretungsschuldners gegen den Zedenten, und wurde wie in der eben dargestellten Vorentscheidung die Aufrechenbarkeit bejaht; ähnlich in der Entscheidung zu 10 Ob 2205/96d, als es um die Aufrechnung der Investitionsersatzforderung des Mieter gegen den abgetretenen Mietzins ging. Der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 1 Ob 406/97f lag die Zession sämtlicher „entgeltlicher Ansprüche und Forderungen" gegen den debitor cessus aus einer Geschäftsbeziehung, in der wechselseitig Leistungen ausgetauscht wurden, zugrunde. Hier hat der Oberste Gerichtshof auch über das konkreten einzelne Rechtsverhältnis im Rahmen der von der Zession nach deren Erklärungsumfang ja insgesamt betroffenen Geschäftsbeziehung hinaus auch nach der Verständigung des debitor cessus die Aufrechnung mit dessen Forderungen gegen den Zedenten zugelassen.

III c 1 Zustimmende Lehrmeinungen

In der Lehre wurde dies teilweise begrüßt und übernommen Iro (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II, Rz 2/115), Karollus (Aktuelle Probleme der Sicherungszession, ÖBA 1999, 327 [328], Griß-Reiterer (Anm zu OGH 5 Ob 561, 562/85, ÖBA 1988, 173; dieselbe in KBB, § 1442 Rz 2), Neumayr (in KBB, §§ 1395-1396 Rz 4), Koch (Nochmals zur Aufrechnung bei der Zession künftiger Forderungen, ÖBA 1989, 1160). Dazu wird darauf verwiesen, dass andernfalls dem debitor cessus regelmäßig die Aufrechnung mit konnexen Schadenersatzansprüchen wegen Nicht- oder Schlechterfüllung gegen den Zedenten verwehrt wäre (Koch, ÖBA 1989, 1166 f; Griß-Reiterer, ÖBA 1998, 173) und die Forderung ja auch bereits als aufrechenbare entstehe und nur als solche vom Zessionar erworben werden könne (OGH 10 Ob 2205/96d; 1 Ob 406/97f; in diese Richtung auch Koch, ÖBA 1998, 1162; 1165; Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II, Rz 2/115). Der Zessionar könne vor dem Entstehen der abgetretenen Forderung ohnehin nicht auf den Erwerb der Forderung vertrauen. Debitor cessus und Zedent könnten die Ausgestaltung der Forderung noch beeinflussen (OGH 10 Ob 2205/96d; 1 Ob 406/97f; Koch, ÖBA 1989, 1165).

III c 2 Ablehnende Lehrmeinungen

Diese Rechtsprechung ist aber bei erheblichen Teilen der Lehre auch auf Kritik gestoßen (Rummel in Rummel2, § 1442 Rz 5; Kerschner, Zur Aufrechnung bei Zession künftiger Forderungen, ÖBA 1989, 557;

derselbe, Abermals: Zur Aufrechnung bei Zession künftiger Forderungen, ÖBA 1990, 524; Dullinger, Handbuch der Aufrechnung, 9 f;

dieselbe in Rummel3, § 1442 Rz 5; Beig, Die Aufrechnungsbefugnis des Abtretungsschuldners bei der Zession künftiger Forderungen, JBl 2006, 155). Die Kritik lässt sich im Wesentlichen dahin zusammenfassen, dass auch bei der Vorauszession der Zeitpunkt der Kenntnis des debitor cessus von der Abtretung entscheidend sein müsse. Nach der Abtretung mangle es an der zentralen Voraussetzung für das Gestaltungsrecht nach § 1438 ABGB, und zwar der Gegenseitigkeit der aufzurechnenden Forderungen. Danach dürfe der Abtretungsschuldner nicht mehr auf das Entstehen einer Aufrechnungslage vertrauen und sei bei Dispositionen außerhalb des betroffenen Schuldverhältnisses nicht mehr schutzwürdig (so etwa Dullinger Rummel ABGB3 § 1442 Rz 5, Kerschner aaO ÖBA 1989, 558 ff; vgl dazu auch die Rspr des BGH und die hM in Deutschland etwa Roth in MünchKomm4 § 406 Rz 16; Busche in Staudinger [2005] § 406 Rz 27; beide mwN). Nur wenn der debitor cessus bereits vor der Zession eine Aufrechnungslage erworben habe (§ 1442 ABGB) oder auf deren Entstehen vertrauen durfte, weil ihm die Abtretung unbekannt gewesen sei (§ 1395 ABGB), sei eine Aufrechnung trotz fehlender Gegenseitigkeit möglich. Auch wird teilweise geltend gemacht, dass der Grundsatz der Identität der Forderung nach § 1394 ABGB, wonach Einwendungen, die dasselbe Schuldverhältnis betreffen, stets geltend gemacht werden können (etwa Nicht- oder Schlechterfüllung; Lukas, Zession und Synallagma, 144 ff, 208 ff, der allgemein auf die Fälligkeit der Gegenforderung abstellt) den debitor cessus ohnehin ausreichend sichere; bei der Aufrechnung mit anderen (inkonnexen) Forderungen sei die Aufrechnung eben nicht den Inhalt der Forderung, sondern eine Disposition außerhalb des Schuldverhältnisses (vgl etwa Beig, JBl 2006, 158 ff). III d Partielle Neuregelung durch den Gesetzgeber

Die Neuregelungen durch das Zessionsrechtsänderungsgesetz BGBl I 51/2005 könnten nun durchaus Anlass bieten, die dargestellte Rechtsprechung neu zu überdenken, weil ja die Wirkung von Zessionsverboten in der Beurteilung des Gesamtsystems der Verhältnisse von Zession und Kompensationsmöglichkeiten - wie auch die dargestellte Lehre zeigt (vgl etwa die Zusammenfassung von Lukas aaO, 243) - durchaus eine Rolle spielt. War es doch ein Argument mancher Kritiker an der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass sich der debitor cessus bei Abschluss des Vertrages gegen Zessionen ohnehin durch Vereinbarung eines Zessionsverbotes absichern kann (Kerschner, Zur Aufrechnung bei Zession künftiger Forderungen, ÖBA 1989, 557 ff [563]; geht es ja auch um das Vertrauen auf zukünftige Aufrechnungslagen (Karollus in seiner Besprechung OGH 1 Ob 406/97f, ÖBA 1999, 327). Die Novellierung mit dem Zessionsrechtsänderungsgesetz BGBl I 51/2005, relativiert entgegen einer langjährigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur absoluten Wirkung von Zessionsverboten nunmehr stark. III e Bewertung

Voranzustellen ist dazu, dass für die Kompensationsmöglichkeiten bei der Abtretung zukünftiger Forderungen auch nunmehr im Gesetz keine ausdrückliche Regelung vorgesehen ist (OGH 3 Ob 518/77 = SZ 51/38). Der Anwendungsbereich der Zessionen hat sich gegenüber dem Zeitpunkt der Entstehung wesentlicher einschlägiger Bestimmungen des ABGB stark erweitert (vgl dazu, dass die Verfügung über künftige Ansprüche grundsätzlich bekannt war, etwa Strasser, Die Abtretung künftiger Forderungsrechte, in FS Hämmerle, 405), sodass sich ua auch die Frage stellt, ob die §§ 1395, 1396 ABGB über die Einschränkung der „Abfindungsmöglichkeit" auf den Zeitpunkt bis zur Verständigung von der „Übernahme der Forderung" (vgl dazu § 1395 ABGB) nicht eben im Sinne der dargestellten Rechtsprechung auf eine „entstandene" Forderung abstellen.

Die Schlüsse, die aus der Neuregelung des § 1396a ABGB durch das Zessionsrechtsänderungsgesetz zu ziehen sind, sind ambivalent. Einerseits wollte der historische Gesetzgeber - wie dargestellt - die Verwertbarkeit von Forderungen auch zu Sicherungszwecken fördern. Andererseits hat er aber diese Novelle nicht zum Anlass genommen, zu der dem Gesetzgeber zweifelsohne auch bekannten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach der debitor cessus auch mit Gegenforderungen aufrechnen kann, die er bis zum Zeitpunkt des Entstehens der abgetretenen Hauptforderung erlangt hat, gesetzliche Änderungen vorzunehmen. Weiters hat der Gesetzgeber mit der Relativierung vertraglicher Zessionsverbote auch eines der Argumente mancher Kritiker der Rechtsprechung, nämlich dass sich der Vertragspartner ohnehin gegen Zessionen vertraglich absichern könne, abgeschwächt. Es ist nun gerade den zuletzt angestellten Überlegungen der Kritiker zur „Identität" der Schuld zuzubilligen, dass damit viele der Fälle, in denen der OGH auf den Zeitpunkt des „Entstehens" zukünftiger Forderungen, abgestellt hat, auch gelöst wären. Dies könnte als eine Entwicklung dahin verstanden werden, dass die Kompensation als Zahlung durch Aufrechnung mit Forderungen aus anderen Rechtsverhältnissen, eben so wie eine tatsächliche Zahlung nach Kenntnis von der Zession nicht mehr schuldbefreiend wirken kann (vgl § 1395 ABGB). Ungelöst blieben dadurch allerdings etwa jene Fällen, in denen im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung in vielen Einzelverträgen in einem Synallagma stehende Leistungen ausgetauscht werden. Der debitor cessus ist insoweit regelmäßig auch Gläubiger. Ein Produzent, der mit einem Lieferanten Rohstofflieferungen vereinbart, ist nicht nur Schuldner der allenfalls in einer Globalzession vorweg abgetretenen Geldforderungen, sondern er ist auch Gläubiger der typischerweise vorweg zu erbringenden Sachleistungen. Solange er diesen Anspruch auf die Sachleistung hat, von dessen Erfüllung er im Rahmen der Geschäftsbeziehung ja regelmäßig ausgehen kann, stehen ihm unter Berücksichtigung des für die Abwicklung vorgesehenen Zeitablaufes zumindest in gewissen Zeitfenstern auch gewisse Sicherungsmittel zur Verfügung, etwa für Preisminderungsansprüche aus anderen Lieferungen oder eigenen Sachleistungen. Er kann dem Lieferanten insoweit „kreditieren", und damit etwa auch zwischen Abschluss des ersten Liefervertrags und der tatsächlichen Lieferung und Entstehung der Lieferantenforderungen leichter eigene Sachleistungen an den Lieferanten vereinbaren und erbringen. Es geht um die Frage, inwieweit der „synallagmatische" Charakter einer Geschäftsbeziehung, die als solche von der Rechtsordnung ja auch vielfach als wirtschaftlicher Wert anerkannt ist, zu berücksichtigen ist. Dabei wäre auch zu erörtern, inwieweit ein davor zwischen Lieferanten und Zessionar geschlossener Vertrag Bindungen gegenüber dem Produzenten entfalten, die die Herbeiführung einer Aufrechnungslage in dieser Geschäftsbeziehung ausschließen (Forderung als Sicherungsgut wird schon vor Entstehen einer Kompensation entzogen) und insoweit die Kontrahierungsfreiheit einschränken kann (vgl einerseits zum Aspekt der Knebelung des Zedenten durch Überbesicherung als bloß relative Nichtigkeit kritisch Karollus in seiner Besprechung OGH 1 Ob 406/97f, ÖBA 1999, 327; andererseits zum Schutz vor dem Eingriff in „fremde" - hier aber eher die durch § 1396a ABGB nun eingeschränkte Gestaltung „eigener" - Forderungsrechte OGH 8 Ob 194/01i mwN). Dadurch, dass von der Rechtsprechung auf das „Entstehen" der zedierten Forderung abgestellt wird, hat der debitor cessus zumindest in diesem Zeitpunkt einmal tatsächlich die Möglichkeit gegen diese entstandene Forderung mit eigenen davor entstandenen Forderungen aufzurechnen, was ihm beim Abstellen auf einen früheren Zeitpunkt entzogen würde. Damit verlöre er etwa auch den Sicherungsvorteil der bei einer Vorleistungsberechtigung auf eine Sachleistung darin zu sehen ist, dass der Einwand nach § 1052 ABGB (Zug um Zug Prinzip) dann ja an besondere Voraussetzungen gebunden ist (vgl etwa Aicher in Rummel ABGB3 § 1052 Rz 28 ff; Binder in Schwimann ABGB3 § 1052 Rz 82 ff; Apathy in KBB Rz 4 jeweils mwN). Auch wäre damit die Position des Zessionars stärker ausgebaut als jene des Berechtigten aus Verträgen zugunsten Dritter, die immerhin von beiden Vertragsparteien zuerkannt wird. Wird doch beim Vertrag zugunsten Dritter davon ausgegangen, dass im Zweifel die Rechtspositionen des Dritten von den Vertragsparteien bis zum „Entstehen" von dessen Forderung abgeändert werden können (vgl etwa Rummel in Rummel ABGB3 § 881 Rz 11; Apathy/Riedler in Schwimann ABGB3 § 882 Rz 9).

III f Analyse des konkreten Falles der Verständigung von einer Zession in einem bereits begründeten Vertragsverhältnis Nähere Überlegungen dazu können bei dem unmittelbar vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.

Hier war das maßgebliche Rechtsverhältnis - der Bevollmächtigungsvertrag des beklagten Rechtsanwaltes - im Zeitpunkt der Abtretung und der Verständigung davon bereits begründet. Sowohl der geltend gemachte Abrechnungsanspruch als auch der eingewendete Honoraranspruch resultieren aus diesem Vertrag. Jedenfalls dann, wenn es sich um Ansprüche aus einem im Zeitpunkt der Abtretung und der Verständigung bereits bestehenden Vertragsverhältnis handelt, aus dem auch der abgetretene Anspruch resultiert, hat es dabei zu bleiben, dass der debitor cessus auch mit Gegenforderungen aufrechnen kann, die er nach seiner Benachrichtigung, aber bis zum Zeitpunkt des Entstehens der abgetretenen Hauptforderung erlangt hat. Diese sind ja durch die Verpflichtung aus dem Vertragsverhältnis schon als angelegt zu betrachten. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Vertragspartner dem anderen einseitig (durch Zession an einen Dritten) diese Möglichkeit entziehen und den Vertragspartner etwa zur Aufkündigung zwingen kann.

IV Auslegung des § 19 RAO

Vor diesem Verständnis ist § 19 Abs 1 RAO jedenfalls dahin zu interpretieren, dass nach Bevollmächtigung das Aufrechnungsrecht des Rechtsanwaltes trotz der davor erfolgten Verständigung von der Abtretung des Abrechnungsanspruches zu bejahen ist. Es ist jedoch weiter zu prüfen, wie die konkreten Erklärungen des beklagten Rechtsanwaltes, dass die Beträge „voll" zur Verfügung stehen, zu beurteilen sind. Zum Anerkenntnis gem § 1396 letzter Satz ABGB ist vieles umstritten, etwa ob dieses nur Einwendungen, die der debitor cessus kannte, ausschließt oder auch jene, die der debitor cessus kennen musste (Neumayr in KBB, §§ 1395-1396 Rz 6; Ertl in Rummel3, § 1396 Rz 2 mwN; Karollus in seiner Besprechung OGH 1 Ob 406/97f, ÖBA 1999, 327; zum konstitutiven Anerkenntnisses - Bereinigungsgrundes RIS-Justiz RS0032912 mwN; 5 Ob 519/91; OGH 8 Ob 560/89 mwN; zur Haftung aus dem Setzen eines Rechtsscheins bei - hier nicht vorliegender - Veranlassung von Dispositionen Lukas aaO, 194 ff unter Hinweis auf SZ 70/24).

Hier lag aber nicht nur ein „Anerkenntnis" gegenüber der Klägerin vor, sondern der beklagte Rechtsanwalt und der Kreditnehmer der Klägerin haben übereinstimmend unter Bezugnahme auf einander erklärt, dass dieser die vereinnahmten Beträge bis zur Höhe von 600.000 S „voll" zur Verfügung stehen. Darin ist aber die Vereinbarung einer Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis nach § 19 RAO zu sehen. Diese ist als wirksam zu beurteilen, bewirkt eine unmittelbare Berechtigung der Zessionarin (vgl auch § 881 Abs 2 ABGB) und steht einer späteren Aufrechnung durch den Rechtsanwalt nach § 19 Abs 1 RAO entgegen. Das Pfandrecht nach § 19 Abs 4 RAO dient nur dessen Absicherung. Der Revision der Klägerin war somit in Abänderung des Berufungsurteiles Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO.

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